Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 26. Feb. 2018 - Au 5 K 17.35634

bei uns veröffentlicht am26.02.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 1. Dezember 2017 (Gz.: *) wird in Nr. 2 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Anerkennung als Asylberechtigte bzw. die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Die am * 1991 in * (Irak) geborene Klägerin ist irakische Staatsangehörige mit kurdischer Volkszugehörigkeit und yezidischem Glauben.

Ihren Angaben zufolge, reiste die Klägerin am 29. August 2017 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie unter dem 7. September 2017 bzw. 13. November 2017 Asylantrag stellte. Eine Beschränkung des Asylantrages gemäß § 13 Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) auf die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) erfolgte im Verfahren nicht.

Die persönliche Anhörung der Klägerin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) erfolgte am 28. November 2017. Die Klägerin führte hierbei u.a. aus, dass sich sowohl ihr Sohn, als auch sechs weitere Geschwister im Irak aufhielten. Sie selbst sei Hausfrau gewesen. Nach dem Einmarsch der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) sei es ihr sehr schlecht gegangen, da die Familie alles verloren hätte. Sie sei mit ihren Schwiegereltern vor dem Einmarsch des IS geflohen. Die Schwiegereltern seien im Anschluss mit der Tochter der Klägerin nach Deutschland gereist. Sie sei mit ihrem Mann im Zuge der Familienzusammenführung nach Deutschland gelangt. Vor ungefähr zwei Jahren sei sie mit ihren Schwiegereltern vor dem IS in einem Dorf, welches sich ungefähr eine halbe Stunde von ihrem Heimatdorf entfernt sei, geflohen. Ein Bruder der Klägerin sei im Alter von 20 Jahren vom IS getötet worden. Er sei auf einem Acker bei, den er mit einem Partner zusammen bewirtschaftet habe, vom IS getötet worden. Dies sei am 3. August 2014 geschehen. Der IS habe wahllos Männer und Kinder getötet. Auch Frauen seien mitgenommen worden. Sie selbst habe das Haus aus Angst nicht mehr verlassen. Persönlich sei ihr nichts passiert, da sie rechtzeitig habe fliehen können .

Für das weitere Vorbringen der Klägerin wird auf die über die Anhörung gefertigte Niederschrift des Bundesamtes verwiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 1. Dezember 2017 wurde der Klägerin der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt (Nr. 1 des Bescheids). In Nr. 2 wurde der weitergehende Asylantrag der Klägerin abgelehnt.

In den Gründen des Bescheides ist ausgeführt, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus vorlägen. Aufgrund des ermittelten Sachverhaltes sei davon auszugehen, dass der Klägerin in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG drohe. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen hingegen nicht vor. Ein Ausländer sei Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitze (§ 3 AsylG). Die Klägerin sei kein Flüchtling im Sinne dieser Definition. Es läge keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 3a AsylG vor. Die Klägerin habe lediglich vorgetragen, dass sie vor der Terrormiliz IS zusammen mit ihrer Familie geflohen sei. Persönlich sei ihr nichts geschehen. Darüber hinaus habe sie vorgetragen, dass viele Männer und Kinder getötet worden seien; auch Frauen seien durch den IS verschleppt worden. Eine individuelle und konkrete Verfolgungshandlung in Form von psychischer oder physischer Gewalt gegenüber der Klägerin wurde nicht geltend gemacht. Die Schilderungen der Klägerin gingen nicht über die Darstellung von kriegsbedingten Gefahren hinaus, die jeder Einwohner der Provinz Ninive zu ertragen habe. Auch bezüglich des Schicksals ihres Bruders mangele es an einem Verfolgungsgrund gemäß § 3a Abs. 3 AsylG. Auch eine Ableitung des Flüchtlingsschutzes gemäß § 26 Abs. 3 AsylG von der minderjährigen Tochter der Klägerin komme nicht in Betracht. Insoweit müsse eine Antragstellung unverzüglich nach der Einreise erfolgt sein. Ein persönlicher Antrag der Klägerin liege erst mit Datum 13. November 2017 vor. Der Klägerin sei unmissverständlich mitgeteilt worden, dass ein schriftlicher Asylantrag nicht bearbeitet werden könne. Von den Feststellungen zu Abschiebungsverboten werde gemäß § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylG absehen.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 1. Dezember 2017 wird ergänzend verwiesen.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,

1. Der Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2017 (Gz.: *) wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen und ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

Eine Begründung dieser Klage ist im Weiteren nicht erfolgt.

Die Beklagte hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 10. Januar 2018 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Am 26. Februar 2018 fand die mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung, in der die Klägerin informatorisch angehört wurde, wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegte Verfahrensakte verwiesen.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage der Klägerin verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 26. Februar 2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO). Die Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung am 26. Februar 2018 form- und fristgerecht geladen worden.

1. Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Das Gericht legt die Klage der Klägerin insoweit aus, dass diese sich lediglich gegen die sie beschwerende Ablehnung ihres Asylantrages im Übrigen im Bescheid des Bundesamtes vom 1. Dezember 2017 (dort Nr. 2) wendet. Da der Klägerin in Nr. 1 des mit der Klage angegriffenen Bescheides der subsidiäre Schutzstatus gemäß § 4 AsylG gewährt wurde, fehlt es insoweit bereits an einer rechtlichen Beschwer der Klägerin.

2. Die in Nr. 2 des mit der Klage angegriffenen Bescheides getroffene Ablehnung des Asylantrages der Klägerin im Übrigen ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin besitzt einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß Art. 16a Grundgesetz (GG). Zwar hat die Klägerin den Irak im August 2017 unverfolgt verlassen, nachdem sie sich bereits seit dem Jahr 2014 in einem Flüchtlingscamp in der Provinz * in der Region Irak-Kurdistan aufgehalten hat und im Übrigen die Voraussetzungen für eine Gruppenverfolgung der Yeziden selbst in der Provinz Ninive, aus der die Klägerin ursprünglich stammt, im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) nicht mehr vorliegen (vgl. hierzu VG Augsburg, U.v. 15.1.2018 – Au 5 K 17.35594 – juris Rn. 51 ff. m.w.N.).

Jedoch kann sich die Klägerin entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auf die Grundsätze des Familienasyls in § 26 Abs. 3 AsylG berufen.

Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylG werden die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Art. 2 j) der Richtlinie 2011/95/EU auf Antrag auf Asylberechtigte anerkannt, wenn die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist (Nr. 1), die Familie im Sinne des Art. 2 j) der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird (Nr. 2), sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben (Nr. 3), und die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist (Nr. 4) und sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben (Nr. 5). Diese Voraussetzungen liegen zu Gunsten der Klägerin vor.

Strittig unter den Beteiligten ist insoweit lediglich, ob zu Gunsten der Klägerin die Voraussetzungen des § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AsylG vorliegen, was erfordert, dass die Klägerin ihren Asylantrag unverzüglich nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland (hier am 29. August 2017 auf dem Luftweg von * nach *) gestellt hat. Diese Voraussetzung erachtet das Gericht zu Gunsten der Klägerin als gegeben, da diese am 7. September 2017 schriftlich über ihre Bevollmächtigten um Asyl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nachgesucht hat. Auch die Beklagte geht ausweislich der von ihr im Verfahren vorgelegten Akte (dort Bl. 53) aus, dass die Klägerin nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland Anfang September schriftlich beim Bundesamt um Asyl nachgesucht habe.

Nach § 13 Abs. 1 AsylG liegt ein Asylantrag bereits dann vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder das er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht. Ein so verstandener Asylantrag muss „gestellt“ werden (sogenannter Asylantrag im engeren Sinne, vgl. BVerwG, B.v. 3.12.1997 – 1 B 219.97 – Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 11). Gestellt werden kann der Asylantrag grundsätzlich nach § 14 Abs. 1 Satz 1 AsylG nur bei der Außenstelle des Bundesamtes, die der für die Aufnahme des Ausländers zuständigen Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, und ausnahmsweise unter den in § 14 Abs. 1 Satz 2 AsylG genannten Voraussetzungen bei einer anderen Außenstelle oder in den in § 14 Abs. 2 AsylG genannten Fällen bei dem Bundesamt (vgl. zum Ganzen NdsOVG, B.v. 8.12.2016 – 8 ME 183/16 – juris Rn. 6).

Dies zugrunde legend konnte die Klägerin am 7. September 2017 ihren Asylantrag schriftlich beim Bundesamt stellen. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 AsylG ist der Asylantrag beim Bundesamt zu stellen, wenn der Ausländer im Zeitpunkt der Antragstellung einen Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besitzt. Ausweislich der im Verfahren von der Beklagten vorgelegten Akte (dort Bl. 54) verfügte die Klägerin seit dem 4. September 2017 über eine bis zum 4. September 2018 gültige Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland. Da mithin ein Aufenthaltstitel für die Klägerin mit einer Gesamtgeltungsdauer von einem Jahr vorliegt, war die Klägerin nicht darauf verwiesen, ihren Asylantrag gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 AsylG bei der für sie zuständigen Außenstelle des Bundesamtes zu stellen. Die Klägerin hat mithin bereits Anfang September 2017 (7. September 2017) einen rechtskonformen Asylantrag beim Bundesamt gestellt.

Dieser war auch unverzüglich im Sinne des § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Alt. 2 AsylG. Unverzüglich bedeutet – wie im Zivilrecht – „ohne schuldhaftes Zögern“ (Marx, AsylVfG, 8. Aufl. 2014, § 26 Rn. 16). Erforderlich ist nicht eine sofortige, aber eine alsbaldige Antragstellung. Dies setzt grundsätzlich eine Antragstellung binnen zwei Wochen nach der Ersteinreise in die Bundesrepublik Deutschland voraus (vgl. VG Hamburg, U.v. 5.2.2014 – 8 A 1236/12 – juris Rn. 27 m.w.N.). Wie lange das Zögern mit einer Antragstellung dauern darf, bevor es schuldhaft wird, hängt grundsätzlich von einer Würdigung der besonderen Verhältnisse im konkreten Fall ab. Jedenfalls muss auch die Möglichkeit gewährleistet sein, Rechtsrat einzuholen (VG Leipzig, U.v. 7.1.2004 – A 6 K 30241/01 – juris Rn. 18). Nach diesen Grund-sätzen erfolgte die schriftsätzlich mögliche Asylantragstellung am 7. September 2017 unverzüglich und im Zusammenhang mit der Ersteinreise der Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland am 29. August 2017. Demnach hatte die Beklagte nicht mehr zu prüfen, ob für die Klägerin ein Rechtsanspruch auf Prüfung eigener Verfolgungsgründe gegeben war. Die Beklagte hatte nur noch über den abgeleiteten Status der Klägerin und nicht über den Antrag auf originäre Asylberechtigung bzw. auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu entscheiden (vgl. Marx, a.a.O. § 26 Rn. 44).

Demzufolge besitzt die Klägerin einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte auf der Grundlage des § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylG. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes vom 1. Dezember 2017 war in Folge dessen teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen.

3. Die Kosten des Verfahrens hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Beklagte zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 4 Subsidiärer Schutz


(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt: 1. die Verhängung oder Vollstreckung der To

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3 Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft


(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3a Verfolgungshandlungen


(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 76 Einzelrichter


(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist od

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 31 Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge


(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 26 Familienasyl und internationaler Schutz für Familienangehörige


(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn 1. die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,2. die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Sta

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 13 Asylantrag


(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer s

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 14 Antragstellung


(1) Der Asylantrag ist bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der für die Aufnahme des Ausländers zuständigen Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist. Das Bundesamt kann den Ausländer in Abstimmung mit der von der obersten Landesbehörde besti

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 15. Jan. 2018 - Au 5 K 17.35594

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 05. Feb. 2014 - 8 A 1236/12

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Tenor 1. Die Beklagte wird – unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 2 bis 4 des Bescheids vom 10. Dezember 2012 – verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Gerichtskosten

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(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.

Die am ... 1997 in ... – ... (Irak) geborene Klägerin ist irakische Staatsangehörige mit kurdischer Volkszugehörigkeit und yezidischem Glauben.

Ihren Angaben zufolge reiste die Klägerin am 26. Dezember 2015 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie unter dem 13. Mai 2016 Asylerstantrag stellte.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 6. Oktober 2016 wurde der Asylantrag der Klägerin als unzulässig abgelehnt und gegenüber der Klägerin die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet. Weiter wurde bestimmt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) im Falle der Klägerin nicht vorliegen. Auf die Gründe dieses Bescheides wird verwiesen.

Die Klägerin hat gegen den vorbezeichneten Bescheid Klage erhoben (Az.: Au 1 K 16.50110).

Nach Ablauf der Überstellungsfrist für die Klägerin am 22. Dezember 2016 wurde das Klageverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt und mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 26. Januar 2017 eingestellt.

Am 2. Mai 2017 stellte die Klägerin einen Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens (Folgeantrag). Mit Bescheid des Bundesamtes vom 11. August 2017 wurde das Asylfolgeverfahren der Klägerin wegen Nichtbetreibens gemäß § 33 Abs. 5 Asylgesetz (AsylG) eingestellt. Gegenüber der Klägerin wurde die Abschiebung in den Irak angedroht.

Mit Antrag vom 8. September 2017 begehrte die Klägerin die Fortführung ihres Asylfolgeverfahrens. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10. Oktober 2017 wurde die Abschiebungsandrohung im Bescheid vom 11. August 2017 aufgehoben und das Verfahren nach § 33 Abs. 5 Satz 5 AsylG fortgesetzt.

Bei ihrer persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt am 9. Oktober 2017 trug die Klägerin im Wesentlichen vor, dass in der Provinz Ninive die Yeziden angegriffen und viele von ihnen getötet worden seien. Ebenfalls seien viele Frauen vergewaltigt worden. Es habe keinen Schutz für die Yeziden im Irak gegeben. Zuletzt habe sie sich in ... aufgehalten. Die Terrormiliz ‘Islamischer Staat‘ (IS) habe das Gebiet, welches eine halbe Autostunde von ... entfernt sei, besetzt. Der Klägerin sei persönlich nichts geschehen.

Für den weiteren Vortrag der Klägerin anlässlich deren persönlicher Anhörung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift des Bundesamtes Bezug genommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 10. Oktober 2017 wurde der Klägerin der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt (Nr. 1. des Bescheids). Im Übrigen wurde der Asylantrag der Klägerin abgelehnt (Nr. 2.).

In den Gründen des Bescheids ist ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorliegend gegebenen seien. Es läge der Wiederaufgreifensgrund einer Sachlagenänderung gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) vor. Im Falle der Klägerin lägen auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes vor. Aufgrund des ermittelten Sachverhaltes sei davon auszugehen, dass der Klägerin in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG drohe. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen hingegen nicht vor. Ein Ausländer sei Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung außerhalb des Landes befinde, dessen Staatsangehörigkeit er besitze (§ 3 AsylG). Die Klägerin sei kein Flüchtling im Sinne dieser Definition. Soweit die Klägerin vorgetragen habe, sie sei yezidische Glaubensangehörige und sei aus Angst vor der Terrormiliz IS ausgereist, könne dies nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen. Die Klägerin habe angegeben, dass sie aus dem Ort, ... zwischen der Stadt ... und der Stadt ... stamme. Der Ort ... sei seit Mitte November 2015 unter kurdischer Kontrolle. Dem Bundesamt lägen keine Erkenntnisse darüber vor, dass der Klägerin im kurdisch kontrollierten Gebiet eine Verfolgung aufgrund ihrer yezidischen Religionszugehörigkeit drohen könne. Von einer Gruppenverfolgung yezidischer Glaubensangehöriger sei derzeit in der kurdischen Autonomiezone im Nordirak nicht auszugehen. Der IS befände sich nicht mehr in der Nähe von ... und sei weitgehend aus der Provinz Ninive vertrieben worden. Aus dem Sachvortrag der Klägerin ergäben sich auch keine Anhaltspunkte, wonach sie persönlich bei Rückkehr mit staatlicher oder nichtstaatlicher Verfolgung zu rechnen habe. Somit sei die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG abzulehnen gewesen. Von der Feststellung von Abschiebungsverboten werde gemäß § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylG abgesehen.

Die Klägerin hat gegen den vorbezeichneten Bescheid mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin unter Aufhebung von Ziffer 2 des Bescheides vom 10. Oktober 2017 die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG zuzuerkennen.

Zur Begründung ist vorgetragen, dass die Klägerin irakische Staatsangehörige mit yezidischem Glauben sei. Sie stamme aus dem zentralen Irak, Provinz Ninive. Der angefochtene Bescheid sei teilweise rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Dem Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sei stattzugeben. Seit Anfang Juni 2014 habe die islamistische Terrororganisation Isis eine Offensive gestartet, in deren Verlauf sie bis zum heutigen Tag weite Gebiete im Norden an der Grenze zu Syrien und im Westen an der Grenze zu Jordanien unter ihre Kontrolle gebracht habe. Ein gezielter Vorstoß nach Bagdad habe bis dato noch nicht stattgefunden. Die Klägerin sei bei einer Rückkehr in den Irak einer individuellen Verfolgung in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale ausgesetzt. Weil sie der yezidischen Religion zugehörig sei, wäre eine Verfolgung seitens aktiver Kämpfer oder Sympathisanten der Isis in der derzeitigen Situation beachtlich wahrscheinlich. Yeziden würden als Ungläubige betrachtet und seien damit in der derzeitigen Lage einer großen Gefährdung seitens radikaler Islamisten ausgesetzt. Eine echte Fluchtalternative bestehe nicht. Zwar sei der IS politisch besiegt, jedoch sei die Gegend in und um Sindschar nach wie vor von Anhängern und Kämpfern des IS bewohnt. Die Heimatregion der Klägerin sei aufgrund der Zerstörungen durch den Krieg gegen den Islamischen Staat und wegen der gegenwärtigen Sicherheitslage unbewohnbar geworden.

Auf den weiteren Vortrag im Klageschriftsatz vom 13. Dezember. 2017 wird ergänzend verwiesen.

Die Beklagte hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 10. Januar 2018 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter übertragen.

Mit Schriftsatz vom 10. Januar 2018 haben die Bevollmächtigten der Klägerin ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.

Die Beklagte hat mit Generalerklärung vom 27. Juni 2017 ebenfalls auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Beklagten vorgelegten Verfahrensakten Bezug genommen.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage der Klägerin ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO).

Die ausschließlich auf die Verpflichtung zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtete Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2017 ist, soweit er mit der Klage vom 13. Dezember 2017 angegriffen worden ist, rechtmäßig und nicht geeignet, die Klägerin in ihren Rechten zu verletzen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO; Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Bescheid ist unter Würdigung der Verhältnisse in dem gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im schriftlichen Verfahren rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechen. Die Klägerin besitzt keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Gem. § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er Flüchtling im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG ist. Hiernach ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK –, BGBl. 1953 II Seite 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

Weitere Einzelheiten zum Begriff der Verfolgung, den maßgeblichen Verfolgungsgründen sowie zu den in Betracht kommenden Verfolgungs- und Schutzakteuren regeln die §§ 3a-d AsylG in Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. EU, L 337 vom 20. Dezember 2011, S. 9-26, sog. Qualifikationsrichtlinie, im Folgenden: RL 2011/95/EU).

Nach § 3a Abs. 1 AsylG (vgl. auch Art. 9 der RL 2011/95/EU) gelten als Verfolgung Handlungen, die – Nr. 1 – aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung grundlegender Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II Seite 685,953) keine Abweichung zulässig ist, oder die – Nr. 2 – in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie in der Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

Als Verfolgung können nach § 3a Abs. 2 AsylG u.a. folgende Handlungen gelten: die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt – Nr. 1 – sowie Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind – Nr. 6 –.

Ferner muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylG zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1 und § 3b AsylG und den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.

Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen von – Nr. 1 – dem Staat, – Nr. 2 – Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen, oder – Nr. 3 – von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung im Sinne des § 3d AsylG zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

In der Definition der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Abs. 1 AsylG) und der RL 2011/95/EU ist angelegt, dass bei ihrer Prüfung als Prognosemaßstab derjenige der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen ist. Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn sich die Rückkehr in den Heimatstaat aus der Sicht eines besonnen und vernünftig denkenden Menschen als unzumutbar erweist, weil bei Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände die für eine bevorstehende Verfolgung streitenden Tatsachen ein größeres Gewicht besitzen als die dagegen sprechenden Gesichtspunkte (Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. August 2010 – 8 A 4063/06.A – juris).

Nach Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU – dieser hat keine nationale Entsprechung – ist hierbei die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits vorverfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird.

Dies entspricht dem der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht zugrunde liegenden Gedanken, die Zumutbarkeit der Rückkehr danach differenzierend zu beurteilen, ob der Antragsteller bereits verfolgt worden ist oder nicht (vgl. grundlegend BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 1980 – 1 BvR 147, 181, 182/80 – BVerfGE 54, (360 f.); dem folgend BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 5/09 – BVerwGE 136, 377-388 und vom 31. März 1981 – 9 C 237.80 – juris).

Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 5/09 – und vom 18. Februar 1997 – 9 C 9.96 –, BVerwGE 104, 97 (101 ff.), juris), beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 5/09 – und vom 27. April 1982 – 9 C 308.81 –, BVerwGE 65, 250 (252), juris).

Zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal der Verfolgung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden – auch seelischen – Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (vgl. BVerwG, Urteile vom 27. April 2010 – 10 C 5/09 – und vom 18. Februar 1997 – 9 C 9.96 – BVerwGE 104, 97 (99), juris).

Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Sie misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für Ihre Wiederholung bei und begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei der Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden und entlastet sie von der Notwendigkeit, stichhaltige Gründe dafür vorzulegen, dass sich die vorverfolgungsbegründenden oder einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in das Heimatland erneut realisiert werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 5/09 –; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 28. Februar 2008 – 37201/06 – Saadi, Rn. 128 m.w.N., juris).

Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Die Beurteilung, ob stichhaltige Gründe die Vermutung widerlegen, obliegt dem Tatrichter im Rahmen freier Beweiswürdigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. April 2010 – 10 C 5/09 –; Verwaltungsgericht Augsburg, Urteil vom 11. Juli 2016 – Au 5 K 16/30604 – juris).

Aus den in § 25 AsylG (und Art. 4 RL 2011/95/EU) geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Drittstaatsangehörigen folgt, dass es auch unter Berücksichtigung dieser Vorgaben Sache des Ausländers ist, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Dazu hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. März 1987 – 9 C 321.85 – juris).

Hierzu gehört, dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Bei der Bewertung der Stimmigkeit des Sachverhalts müssen u.a. Persönlichkeitsstruktur, Wissensstand und Herkunft des Ausländers berücksichtigt werden.

Gemäß nach diesen Kriterien liegen die Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG hinsichtlich der Klägerin nicht vor. Da die Klägerin im Verfahren keine individuelle Bedrohung insbesondere seitens der Terrormiliz ‘Islamischer Staat‘ (IS) geltend gemacht hat, ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an die Klägerin ausschließlich über die Grundsätze der Gruppenverfolgung für yezidische Glaubensangehörige möglich.

Das Gericht ist der Auffassung, dass für Glaubenszugehörige der yezidischen Glaubensgemeinschaft, die wie die Klägerin aus der Provinz Ninive im Zentralirak stammen, die Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im schriftlichen Verfahren (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) nicht mehr gegeben sind.

Die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung grundsätzlich geklärt (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. April 2009 – 10 C 11/08 – und vom 5. Juli 1994 – 9 C 158.94 – juris).

Danach kann sich die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG begehrt, nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben (anlassgeprägte Einzelverfolgung), sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 1991 – 2 BvR 902/85 u.a. – BVerfGE 83, 216; BVerwG, Urteile vom 21. April 2009 – 10 C 11/08 – und vom 5. Juli 1994 – 9 C 158.94 – juris).

Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Religion anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Mai 2003 – 1 B 234.02 – und Urteil vom 30. April 1996 – 9 C 171.95 – BVerwGE 101, 134 (140 f.), juris).

Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt – abgesehen von den Fällen eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms –,

(vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 – 9 C 158.94 – BVerwGE 96, 200 (204), juris), ferner eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. Juli 2006 – 1 C 15.05 – Rn. 20 und vom 5. Juli 1994 – 9 C 158.94 – BVerwGE 96, 200 (203), juris).)

Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines der in § 3 AsylG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 – 9 C 158.94 – BVerwGE 96, 200 (204), juris).

Ob Verfolgungshandlungen gegen eine bestimmte Gruppe von Menschen in deren Herkunftsstaat die Voraussetzungen der Verfolgungsdichte erfüllen, ist aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne von § 3 d AsylG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, möglichst detailliert festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3 AsylG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juli 2006 - 1 C 15.05 – juris Rn 20).

Der Feststellung dicht und eng gestreuter Verfolgungsschläge bedarf es jedoch nicht, wenn hinreichend sichere Anhaltspunkte für ein (staatliches) Verfolgungsprogramm bestehen, dessen Umsetzung bereits eingeleitet ist oder alsbald bevorsteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 – 9 C 158.94 – BVerwGE 96, 200 (204)); zu der ferner zu beachtenden Möglichkeit einer „Einzelverfolgung wegen Gruppenzugehörigkeit“ vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 5. Mai 2003 – 1 B 234.02 –; BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 1991 – 2 BvR 902/85 – BVerfGE 83, 216-238 (234), juris, jeweils m.w.N).

Diese Grundsätze für die unmittelbare und die mittelbare staatliche Gruppenverfolgung sind prinzipiell auch auf die private Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure übertragbar, wie sie durch das Asylgesetz ausdrücklich als schutzbegründend geregelt ist (vgl. BVerwG, Urteile 21. April 2009 – 10 C 11/08 – und vom 18. Juli 2006 – 1 C 15/05 – BVerwGE 126, 243-254; OVG NRW, Beschluss vom 30. März 2011 – 9 A 567/11.A – juris).

Gruppengerichtete Verfolgungen, die von Dritten ausgehen, erfassen nicht immer ein ganzes Land gewissermaßen flächendeckend. Die ihnen zugrundeliegenden ethnischen, religiösen, kulturellen oder sozialen Gegensätze können in einzelnen Landesteilen unterschiedlich ausgeprägt sein; die darin wurzelnden Spannungen können sich in unterschiedlichem Grade auf das Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsteile auswirken. Deshalb ist – jedenfalls bei gruppengerichteten Verfolgungen durch nicht-staatliche Kräfte – von der Möglichkeit auszugehen, dass solche Verfolgungen regional oder lokal begrenzt sind mit der Folge, dass sich die verfolgungsfreien Räume als inländische Fluchtalternative darstellen können und dass die dort ansässigen Gruppenangehörigen als unverfolgt zu gelten haben. Allerdings bedarf dabei näherer Ermittlung, ob eine bestehende Schutzunwilligkeit des Staates die Gefahr einer Ausweitung der Verfolgung in bisher verfolgungsfreie Räume begründet (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Januar 1991 – 2 BvR 902/85 – BVerfGE 83, 216-238, juris).

Nach diesen Maßstäben ist die Klägerin als Angehörige der yezidischen Religionsgemeinschaft bezogen auf ihren letzten Aufenthaltsort ... in der Provinz Ninive keiner regionalen Gruppenverfolgung durch den IS als nichtstaatlichem Akteur ausgesetzt.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fehlt es jedenfalls an der erforderlichen „Verfolgungsdichte“, die für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung erforderlich ist.

Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen belief sich die Zahl der in der Provinz Ninive ansässigen Yeziden vor dem Überfall durch den IS auf ca. 291.000 Menschen in der Region Sindschar, wobei diese Zahl anhand der ausgegebenen Lebensmittelkarten ermittelt werden konnte, und weiteren ca. 65.000 Menschen in der Region Sheikhan (vgl. Gutachten des Europäischen Zentrums für Kurdische Studien vom 16. September 2013 an das OVG NRW, S. 11 f., juris).

Zwar wurden seit 2014 Schätzungen zufolge 5000 Yeziden aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit getötet, mehr als 6000 Yezidinnen versklavt, 300 000 Yeziden wurden vertrieben. 24 Massengräber wurden in der Region Sindschar bereits gefunden. Befürchtet wird, dass fast doppelt so viele an verschiedenen Orten in der Region liegen, viele davon weiter südlich der aktuellen Frontlinie (vgl. Die Zeit online, Die Vergessenen von Sindschar, 13. Juni 2016, http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-06/jesiden-nordirak-islamischer-staat; Die Jesiden von Sindschar, Le Monde diplomatique, Januar 2017, S. 11).

Diese Verfolgungssituation für yezidische Glaubenszugehörige besteht seit Mitte/Ende des Jahres 2017 jedoch nicht mehr unverändert fort und führt im vorbezeichneten Verfahren dazu, dass die Voraussetzungen für die Gruppenverfolgung von Yeziden in der Provinz Ninive nicht mehr angenommen werden können. Im August 2017 erklärte der irakische Ministerpräsident Haidar al-Abadi, dass mit der Stadt Tal Afar eine der letzten IS-Bastionen im Land befreit worden sei. Die US-geführte Anti-IS-Koalition teilte ebenfalls mit, dass der Irak 90% des ehemals von der Terrormiliz kontrollierten Gebietes zurückerobert habe. Der IS hat nach seinem Vormarsch vor mehr als drei Jahren (2014) auf dem Höhepunkt seiner Macht riesige Gebiete im Norden und Westen des Irak beherrscht, darunter große Städte. Hierzu gehörte auch die Millionenstadt Mossul östlich von Tal Afar. Auch die Provinz Ninive, die an der Grenze zu Syrien liegt, wurde im Sommer 2014 vom IS überrannt. In der Provinzhauptstadt Mossul haben die Dschihadisten damals ihr so genanntes Kalifat ausgerufen. Im Juli 2017 wurde Mosul nach Monate langer Belagerung von den irakischen Truppen mit internationaler Hilfe zurückerobert. Bereits zuvor hatten die Extremisten die größten Teile der ehemals kontrollierten Gebiete im Irak verloren. Die Rückeroberung von Tal Afar habe nur zehn Tage gedauert. Tal Afar war eine der letzten irakischen Städte in der Hand der IS-Miliz. Diese kontrolliert nach aktuellen, dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen, nur noch zwei Gebiete im Irak, von denen Großteile unbewohnt sind. Es handelt sich hierbei um Hawidscha im Zentralirak und die Städte Al-Kaim, Rawa und Anna in der Wüste an der Grenze zu Syrien. In den übrigen Gebieten ist die Terrormiliz IS auch in der Provinz Ninive vollständig besiegt.

Mit der geschilderten Zurückdrängung des IS aus der Provinz Ninive, der Tatsache, dass die Terrormiliz lediglich noch zwei Gebiete im Irak beherrscht, ist es nach Auffassung des Gerichtes ausgeschlossen, dass die Terrormiliz noch über Strukturen verfügt, die es ihr ermöglicht, yezidische Glaubenszugehörige in der Provinz Ninive systematisch im Rahmen eines eingeleiteten und durchgeführten Verfolgungsprogramms (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 7. Februar 2017, Seite 12, 18) zu verfolgen, wie es Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung wäre.

Über dies ist im Falle der Klägerin festzustellen, dass diese mit dem von ihr selbst benannten vormaligen Aufenthaltsort ... nordöstlich von Mossul gelegen, gerade nicht aus einem der vormals im unmittelbaren Einflussbereich des IS liegenden Regionen stammt. Im Wesentlichen waren dies die Regionen Sinjar, Tal Afar und die Ninive-Ebene. Insbesondere kontrollierten Kämpfer des IS yezidische Dörfer im Süden der Region Sinjar und griffen von dort aus kurdische und yezidische Stellungen an (vgl. Die Jesiden von Sindschar, Le Monde diplomatique, Januar 2017, S. 11; UNHCR, Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA) for Yazidis in the Kurdistan Region of Iraq (KR-I), liegt in deutscher Übersetzung vor; vgl. Karte zum aktuellen Frontverlauf, https://isis.live-uamap.com).

Soweit die Bevollmächtigten der Klägerin darauf verweisen, dass diese aus der Region ... stamme, ist dies unzutreffend. Die Stadt, die im Zentrum der vormaligen Verfolgungen durch Angehörige der Terrormiliz IS stand, befindet sich in einer Entfernung von ca. 127 km von Mossul und ist deutlich westlich gelegen. Die Klägerin stammt vielmehr aus einem Gebiet in der Provinz Sheikhan, welches nordöstlich der Stadt Mossul gelegen ist. Dass der Heimatort ... vormals und gegenwärtig nennenswert von Aktivitäten der Terrormiliz IS betroffen gewesen ist, ist für das Gericht nicht erkennbar. Jedenfalls liegen für Glaubensangehörige der yezidischen Glaubensgemeinschaft seit Mitte/Ende des Jahres 2017 Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung in der Provinz Ninive nicht mehr vor. Gerichtsbekannt ist ebenfalls, dass auch bereits christliche Glaubensangehörige, die ebenfalls unter erheblichem Verfolgungsbzw. Vernichtungsdruck der Terrormiliz IS gestanden sind, zwischenzeitlich bereits in die Ninive-Ebene zurückkehren. Auch dies spricht letztlich dagegen, dass der derzeit in der Heimatprovinz der Klägerin nennenswerte Vertreibungsaktivitäten der Terrormiliz IS stattfinden bzw. stattfinden können. Es ist für das gesamte Gebiet eine gewisse Befriedung eingetreten und festzustellen. Dies schließt die Annahme einer Gruppenverfolgung für die Klägerin bei fehlender anlassgeprägter Einzelverfolgung im vorliegenden Fall aus. Dies gilt jedenfalls für den der gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Zeitpunkt im schriftlichen Verfahren.

Nach allem war die Klage daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) Ein Asylantrag liegt vor, wenn sich dem schriftlich, mündlich oder auf andere Weise geäußerten Willen des Ausländers entnehmen lässt, dass er im Bundesgebiet Schutz vor politischer Verfolgung sucht oder dass er Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat begehrt, in dem ihm eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht.

(2) Mit jedem Asylantrag wird die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 beantragt. Der Ausländer kann den Asylantrag auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränken. Er ist über die Folgen einer Beschränkung des Antrags zu belehren. § 24 Absatz 2 bleibt unberührt.

(3) Ein Ausländer, der nicht im Besitz der erforderlichen Einreisepapiere ist, hat an der Grenze um Asyl nachzusuchen (§ 18). Im Falle der unerlaubten Einreise hat er sich unverzüglich bei einer Aufnahmeeinrichtung zu melden (§ 22) oder bei der Ausländerbehörde oder der Polizei um Asyl nachzusuchen (§ 19). Der nachfolgende Asylantrag ist unverzüglich zu stellen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Der Asylantrag ist bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der für die Aufnahme des Ausländers zuständigen Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist. Das Bundesamt kann den Ausländer in Abstimmung mit der von der obersten Landesbehörde bestimmten Stelle verpflichten, seinen Asylantrag bei einer anderen Außenstelle zu stellen. Der Ausländer ist vor der Antragstellung schriftlich und gegen Empfangsbestätigung darauf hinzuweisen, dass nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung seines Asylantrages die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 10 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes Beschränkungen unterliegt. In Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 ist der Hinweis unverzüglich nachzuholen.

(2) Der Asylantrag ist beim Bundesamt zu stellen, wenn der Ausländer

1.
einen Aufenthaltstitel mit einer Gesamtgeltungsdauer von mehr als sechs Monaten besitzt,
2.
sich in Haft oder sonstigem öffentlichem Gewahrsam, in einem Krankenhaus, einer Heil- oder Pflegeanstalt oder in einer Jugendhilfeeinrichtung befindet, oder
3.
minderjährig ist und sein gesetzlicher Vertreter nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
Die Ausländerbehörde leitet einen bei ihr eingereichten schriftlichen Antrag unverzüglich dem Bundesamt zu. Das Bundesamt bestimmt die für die Bearbeitung des Asylantrags zuständige Außenstelle.

(3) Befindet sich der Ausländer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 2 in

1.
Untersuchungshaft,
2.
Strafhaft,
3.
Vorbereitungshaft nach § 62 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes,
4.
Sicherungshaft nach § 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Aufenthaltsgesetzes, weil er sich nach der unerlaubten Einreise länger als einen Monat ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten hat,
5.
Sicherungshaft nach § 62 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Aufenthaltsgesetzes,
6.
Mitwirkungshaft nach § 62 Absatz 6 des Aufenthaltsgesetzes,
7.
Ausreisegewahrsam nach § 62b des Aufenthaltsgesetzes,
steht die Asylantragstellung der Anordnung oder Aufrechterhaltung von Abschiebungshaft nicht entgegen. Dem Ausländer ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, mit einem Rechtsbeistand seiner Wahl Verbindung aufzunehmen, es sei denn, er hat sich selbst vorher anwaltlichen Beistands versichert. Die Abschiebungshaft endet mit der Zustellung der Entscheidung des Bundesamtes, spätestens jedoch vier Wochen nach Eingang des Asylantrags beim Bundesamt, es sei denn, es wurde auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages über die Zuständigkeit für die Durchführung von Asylverfahren ein Auf- oder Wiederaufnahmeersuchen an einen anderen Staat gerichtet oder der Asylantrag wurde als unzulässig nach § 29 Absatz 1 Nummer 4 oder als offensichtlich unbegründet abgelehnt.

Tenor

1. Die Beklagte wird – unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 2 bis 4 des Bescheids vom 10. Dezember 2012 – verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung des jeweils anderen Beteiligten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere Beteiligte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Der irakische Kläger begehrt die Anerkennung als Asylberechtigter, hilfsweise die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, weiter hilfsweise subsidiären Schutz.

2

Der ausweislich seines irakischen Personalausweises am ... 1957 in Scheichan geborene Kläger ist irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit und jesidischen Glaubens. Seine Familie stammt aus der Stadt Scheichan in der Provinz Ninive. Nach der bei der Beklagten vorgelegten Heiratsurkunde vom ... 1985 ist er seit diesem Tag mit der ..., der Klägerin im Verfahren 8 A 1238/12, verheiratet. Er ist Vater des nach eigenen Angaben am ... 1994 geborenen U., dem mit Bescheid vom ... 2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (Gz. der Beklagten: 5381754-438), sowie Vater der Klägerinnen in den Verfahren 8 A 1273/12 und 8 A 289/13.

3

Der Kläger erlitt im Jahr 2008 zwei Schlaganfälle und ist seitdem teilweise gelähmt. Bereits im Irak befand er sich deshalb in ständiger ärztlicher Behandlung. Er reiste am ... 2010 mit seinem gültigen irakischen Reisepass und einem darin enthaltenen Visum zur Familienzusammenführung legal ins Bundesgebiet ein. Am ... 2010 erhielt er eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 36 Abs. 1 AufenthG zum Familiennachzug zu seinem damals minderjährigen Sohn U.. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Oktober 2010 – bei der Beklagten am Folgetag eingegangen – stellt er einen Asylantrag. Mit Bescheid vom ... Oktober 2010 wurde für den weiterhin pflegebedürftigen Kläger ein Grad der Behinderung von 100 festgestellt.

4

Am ... Februar 2011 hörte die Beklagte den Kläger zu seinem Verfolgungsschicksal an (Bl. 94 ff. der Asylakte). Mit Bescheid vom ... Dezember 2012 lehnte sie seine Anträge auf Anerkennung als Asylberechtigter und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG nicht bestehen. Er könne nicht als Asylberechtigter anerkannt werden und genieße keinen Flüchtlingsschutz, weil er legal und unverfolgt ausgereist sei. Die Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung der Jesiden lägen nicht mehr vor. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Abschiebungsverbotes gebe es trotz seiner Erkrankung nicht. Es sei nicht ersichtlich, dass ihm eine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes bei einer Rückkehr in den Irak drohe.

5

Mit seiner am ... Dezember 2012 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Unter Berufung auf verschiedene Gerichtsurteile meint er, dass die Voraussetzungen einer Gruppenverfolgung im Irak noch vorlägen. Es sei zumindest ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen, weil die medizinische Versorgung im Irak zusammen gebrochen sei.

6

Der Kläger beantragt,

7

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom ... Dezember 2012 zu verpflichten,
1. den Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen;
2. hilfsweise, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen;
3. weiter hilfsweise, den Kläger als subsidiär Schutzberechtigten anzuerkennen;
4. weiter hilfsweise, Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1, Abs. 5 AufenthG festzustellen.

8

Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich der Antrag,

9

die Klage abzuweisen.

10

Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Familienflüchtlingsschutz. Der Gesetzgeber habe bei § 26 AsylVfG bewusst für die Bestimmung der Minderjährigkeit auf unterschiedliche Zeitpunkte abgestellt. Durch § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG solle allein dem Bedürfnis von Minderjährigen nach familiärer Fürsorge und dem Schutz dieser Personen Rechnung getragen werden. Sei der Stammberechtigte – wie hier – mittlerweile volljährig geworden, bestünde kein Schutzbedürfnis mehr. Dem Kläger sei durch die lange Bearbeitungszeit kein Nachteil entstanden, da die Norm, auf die er sich berufe, erst zum 1. Dezember 2013 in Kraft getreten sei.

11

Bei der Entscheidung haben die Asylakte und die Ausländerakte des Klägers sowie die Asylakte seines Sohnes ... (...-438) vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

12

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten (Bl. 18, 20; 87, 88 d. A.) durch den Berichterstatter anstelle der Kammer gemäß § 87a Abs. 2, Abs. 3 VwGO und im schriftlichen Verfahren gemäß § 101 Abs. 2 VwGO.

II.

13

Die zulässige Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO ist im Hinblick auf die Anerkennung als Asylberechtigter unbegründet (dazu 1.), hinsichtlich des ersten Hilfsantrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 113 Abs. 5 VwGO begründet (dazu 2.).

14

1. Der Kläger kann schon deshalb nicht als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG anerkannt werden, weil er gemäß § 27a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auf dem Landweg – und damit zwingend über einen sicheren Drittstaat – ins Bundesgebiet eingereist ist. Die Ausnahmetatbestände von § 27a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG sind nicht erfüllt.

15

2. Die Versagung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch Bescheid vom ... Dezember 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3, 26 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, 2 AsylVfG i. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl. I, S. 3474; im Folgenden: „Richtlinienumsetzungsgesetz“). Nach § 26 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 5 Satz 1, 2 AsylVfG werden die Eltern eines minderjährigen ledigen Flüchtlingsschutzberechtigten auf Antrag als Flüchtlinge anerkannt, wenn die in den § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 5 AsylVfG genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Dies ist der Fall.

16

2.1 Der Kläger ist der Vater des nach eigenen glaubhaften Angaben am ... 1994 geborenen U., dem mit Bescheid vom ... September 2009 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (Stammberechtigter). Die Altersangaben basieren auf den glaubhaften Angaben der Tante des Stammberechtigten, mit der er ins Bundesgebiet eingereist ist. Er hat bei seiner Anhörung am ... Juli 2009 die Namen seiner Eltern zutreffend angegeben.

17

2.2 Der Stammberechtigte war im maßgeblichen Zeitpunkt der Asylantragstellung des Klägers ledig und noch minderjährig. Zwar ist nach § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz AsylVfG grundsätzlich für das Erfüllen der Tatbestandsmerkmale auf die Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt abzustellen. Von diesem Grundsatz ist jedoch eine Ausnahme zu machen, wenn sich aus dem materiellen Recht ergibt, dass ein früherer Zeitpunkt maßgeblich ist (Bergmann, in: Renner, Ausländerrecht Kommentar, 9. Aufl. 2011, § 77 AsylVfG, Rn. 2; ausdrücklich für die zeitlichen Anknüpfungspunkte beim Familienasyl auch Hailbronner, Ausländerrecht, 68. EL, Stand: April 2010, § 77 AsylVfG, Rn. 13). Dies ist hier der Fall. Bis auf § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG wird in den übrigen beiden Fällen, in denen § 26 AsylVfG den Rechteerwerb von der Minderjährigkeit eines Familienmitglieds abhängig macht, ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung des Zuziehenden abgestellt (§ 26 Abs. 2 und § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG). Zwar könnte man nach einer grammatischen Auslegung von § 26 Abs. 2 AsylVfG auch auf einen früheren Zeitpunkt, nämlich die Antragstellung des Stammberechtigten abstellen (Das Personalpronomen „seiner“ vor „Antragstellung“ könnte sich auf den Stammberechtigten oder das zuziehende Kind beziehen). Aus der Gesetzgebungsgeschichte wird jedoch deutlich, dass es auf die Antragstellung des zuziehenden Minderjährigen ankommt (BT-Drs. 15/420, S. 109 [zu Nr. 17 Buchstabe c]: „Durch die Wörter 'seiner Asylantragstellung' wird sichergestellt, dass Kinder nur eine abgeleitete Asylberechtigung erhalten, wenn sie zum Zeitpunkt ihrer Asylantragstellung minderjährig und ledig sind.“). Aus dem Unterlassen bei § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG, den maßgeblichen Zeitpunkt zu benennen, kann nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass bei dieser Norm auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen wäre. Vielmehr muss auch hierbei für die Bestimmung der Minderjährigkeit auf den Zeitpunkt der Antragstellung – in diesem Fall des zuziehenden Elternteils – abgestellt werden. Dies ergeben eine richtlinienkonforme (dazu 2.2.1) und systematische (dazu 2.2.2) Auslegung von § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG. Bei diesem Normverständnis ist der Kläger ein Elternteil eines minderjährigen Flüchtlings (dazu 2.2.3).

18

2.2.1 Um den Zweck der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 über „Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes“ (ABl. EU 2011 L 337/9; im Folgenden: „Richtlinie“ oder „Richtlinie 2011/95/EU“) möglichst effektiv zu erreichen, muss für die Minderjährigkeit des Stammberechtigten auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung abgestellt werden. Mit dem Schutzziel der Aufrechterhaltung des Familienverbands (Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie) knüpft die Richtlinie an einen tatsächlichen Zustand an, nämlich daran, dass sich Familienmitglieder in einen Mitgliedstaat geflüchtet haben und nunmehr dort ein (Teil-)Familienverband besteht. Eine vollständige Umsetzung der Verpflichtung aus Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie kann im Lichte dieses Schutzziels nur dann erreicht werden, wenn das Recht auf Aufrechterhaltung des Familienverbandes erworben wird, sobald der Familienverband tatsächlich im Fluchtstaat besteht. Würde man dagegen auf den Zeitpunkt der behördlichen (oder gerichtlichen) Entscheidung abstellen, würde das zu schützende Rechtsgut – der tatsächlich bestehende Familienverband – nicht durchgängig geschützt. Da sich das genaue Einreisedatum häufig nicht ermitteln lässt, ist es vom Schutzziel der Richtlinie gedeckt, auf das Datum der Antragstellung des zuziehenden Familienmitglieds abzustellen.

19

Vor diesem Hintergrund geht der Einwand der Beklagten fehl, dass heute – nachdem der Stammberechtigte volljährig geworden ist – das vermeintlich alleinige Ziel der Vorschrift, die im „Bedürfnis von Minderjährigen nach familiärer Fürsorge und dem Schutz dieser Personen“ liegen soll, nicht mehr erreicht werden könne. Das Recht, das die Familienangehörigen durch die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft erwerben, ist zeitlich nicht – wie bei § 36 AufenthG – auf die Minderjährigkeit beschränkt, sondern hängt vom Bestand des Flüchtlingsschutzes des Stammberechtigten ab, der mit der Minderjährigkeit nicht endet. Eine vollständige Umsetzung der Richtlinie verlangt daher, dass Familienflüchtlingsschutz gewährt werden muss, sobald bei Entstehung des Familienverbandes im Fluchtstaat die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen.

20

2.2.2 Selbst wenn man annähme, dass es die Richtlinie 2011/95/EU nicht zwingend erfordert, bei der Minderjährigkeit auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen, ergibt sich dies aus der Systematik von § 26 AsylVfG. Die von der Beklagten vertretene Ansicht würde in mehrfacher Hinsicht zu Wertungswidersprüchen führen.

21

Würde man einzig bei § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG für die Bestimmung der Minderjährigkeit nicht auf den Zeitpunkt der Antragstellung abstellen, könnte die Behörde (oder das Gericht) durch die Wahl des Entscheidungszeitpunktes beeinflussen, ob der Tatbestand erfüllt ist. Zwar kommt es vor, dass der Entscheidungszeitpunkt über den Erfolg einer Klage entscheidet, etwa weil es zwischen Antragstellung und endgültiger Entscheidung zu einem Machtwechsel im Fluchtstaat gekommen und daher die Verfolgungsgefahr weggefallen ist. Derartige Umstände liegen jedoch – anders als die Entscheidung, wann über den Fall entschieden wird – außerhalb des Einflussbereichs der Verfahrensbeteiligten und müssen daher hingenommen werden. Die Überlegung, dass sich die Verfahrensdauer nicht nachteilig auf das Entstehen des Familienasyls auswirken soll, hat den Gesetzgeber bei § 26 Abs. 2 AsylVfG dazu bewogen, nicht auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidung des Stammberechtigten (so noch der Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Asylverfahrens, BT-Drs. 12/2062 v. 12.2.1992, S. 26), sondern auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen (so ausdrücklich die Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses, BT-Drs. 12/2718 v. 2.6.1992, S. 20, 60; siehe auch: Bodenbender, in GK-AsylVfG, 82. EL, Juni 2008, § 26 AsylVfG, Rn. 21).

22

Es wäre widersprüchlich, beim Familienflüchtlingsschutz für Eltern, die zu ihren Kindern ziehen (§ 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG), andere Maßstäbe anzulegen als im umgekehrten Fall, in dem die Kinder den Flüchtlingsschutz von den stammberechtigten Eltern (§ 26 Abs. 2 AsylVfG) ableiten. In beiden Fällen geht es um die Wahrung des im Fluchtstaat (neu) bestehenden Familien(teil)verbands (Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie) und die Integration der nahen Angehörigen eines Stammberechtigten (zu diesem gesetzgeberischen Ziel des Familienasyls: BT-Drs. 11/6960, S. 30). Beide Schutztatbestände unterscheiden sich nur hinsichtlich des Familienmitglieds, das zuerst Flüchtlingsschutz erhält, uns basieren auf derselben unionsrechtlichen Grundlage (Art. 23 Abs. 1 und 2 der insoweit gleichlautenden Richtlinien 2011/95/EU und 2004/83/EG). Die Definitionen der jeweils Berechtigten (Art. 2 Buchst. h 2. Anstrich Richtlinie 2004/83/EG bzw. Art. 2 Buchst. j 3. Anstrich Richtlinie 2011/95/EU) geben keinen Anlass zu einer unterschiedlichen Behandlung, weil sie beide den maßgeblichen Zeitpunkt für die Bestimmung der Minderjährigkeit nicht festlegen. In der Begründung des Richtlinienumsetzungsgesetzes wird nicht erläutert, warum § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG den maßgeblichen Zeitpunkt für die Bestimmung der Minderjährigkeit nicht nennt. Dort wird lediglich mitgeteilt, dass § 26 Abs. 2 AsylVfG unverändert bleiben könne und in § 26 Abs. 3 Satz 1 der „Familienschutz erstmalig auf die Eltern minderjähriger lediger Asylberechtigter“ ausgedehnt werde (BR-Drs. 218/13, S. 30).

23

Noch weniger nachvollziehbar wäre es, minderjährige Stammberechtigte, zu denen ein Elternteil zuziehen will, schlechter zu stellen als solche, zu denen ein Geschwisterkind zuziehen will. Während im ersten Fall die Eltern nach der Auffassung der Beklagten Flüchtlingsschutz nur erhalten sollen, wenn das stammberechtigte Kind im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch minderjährig ist, reicht es nach § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG im zweiten Fall aus, dass der Stammberechtigte bei Antragstellung des zuziehenden Geschwisterkindes (das ebenfalls minderjährig sein muss) noch minderjährig ist (hierzu VG Hamburg, Urt. v. 13.11.2013, 8 A 214/12, S. 14f.). Ein solches Ergebnis wäre auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Zuzug von (minderjährigen) Geschwistern zu minderjährigen Stammberechtigten nicht von der Richtlinie 2011/95/EU gefordert wird, der Zuzug von Eltern dagegen gemäß Art. 23 Abs. 2 i. V. m. Art. 2 Buchst. j) 3. Anstrich der Richtlinie von den Mitgliedstaaten ermöglicht werden muss. Wenn die Gesetzesbegründung für § 26 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG darauf verweist, dass „[z]ur Aufrechterhaltung der Familieneinheit und im Interesse des Minderjährigenschutzes“ minderjährige ledige Geschwister in das Familienasyl einbezogen werden (BR-Drs. 218/13, S. 30) – und hierbei auf die Minderjährigkeit bei Antragstellung abgestellt wird –, muss dies auch für den Fall gelten, dass ein Elternteil zu einem minderjährigen Stammberechtigten zieht.

24

2.2.3 Nach dem hier vertretenen Verständnis von § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG war der Kläger ein Elternteil eines minderjährigen ledigen Kindes, weil der Stammberechtigte bei der Asylantragstellung des Klägers am... Oktober 2010 noch minderjährig war. Dass der Stammberechtigte zwischenzeitlich – am ... Mai 2012 – volljährig geworden ist, ist rechtlich unerheblich.

25

2.3 Unschädlich für den Anspruch des Klägers ist, dass bei seiner Asylantragstellung am 12. Oktober 2010 die Anspruchsgrundlage des § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG in der Fassung vom 1. Dezember 2013 noch nicht in Kraft war. Hinsichtlich der Rechtslage verbleibt es nämlich bei dem in § 77 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz AsylVfG formulierten Grundsatz, dass es auf den Entscheidungszeitpunkt ankommt. Soweit sich aus dem anzuwendenden Recht nicht etwas Anderes ergibt, ist es eine vom Gesetzgeber gewollte Folge von § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, dass ein ursprünglich begründeter Asylantrag wegen nachträglich veränderter Verhältnisse unbegründet werden kann oder umgekehrt, dass eine anfangs unbegründete Klage wegen Eintritts nachträglicher Ereignisse im maßgeblichen Zeitpunkt Erfolg hat (Marx, AsylVfG 7. Aufl. 2009, § 77 Rn. 7; Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 90. EL, Februar 2011, § 77 AsylVfG, Rn. 3). Anders als beim maßgeblichen Zeitpunkt für die Bestimmung der Minderjährigkeit (siehe oben 2.2), ergibt sich aus dem materiellen Recht für das anzuwendende Recht kein von § 77 Abs. 1 AsylVfG abweichender Zeitpunkt. Wenn es der Gesetzgeber gewollt hätte, dass Familienflüchtlingsschutz nur dann gewährt werden soll, wenn die Voraussetzungen auch bei Inkrafttreten der Norm vorlagen, hätte er Übergangsvorschriften erlassen können. Hierauf hat er jedoch im Hinblick auf § 26 AsylVfG verzichtet (s. Art. 7 des Richtlinienumsetzungsgesetzes).

26

2.4 Auch die übrigen Voraussetzungen von § 26 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG liegen vor. Die Flüchtlingsanerkennung des Stammberechtigten vom ... September 2009 ist gemäß § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AsylVfG seit dem... September 2009 unanfechtbar (Bl. 117 der Asylakte des Stammberechtigten). Sie ist nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 AsylVfG). Die Lage im Irak hat sich nicht grundsätzlich zum Besseren gewendet, so dass ein Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht in Betracht kommt. Anhaltspunkte dafür, dass der Stammberechtigte unrichtige Angaben im Verfahren gemacht hat, so dass eine Rücknahme nach § 73 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in Betracht zu ziehen wäre, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Zwar hat das Einwohner-Zentralamt der Freien und Hansestadt Hamburg mit Schreiben vom ... November 2009 ein Widerrufsverfahren angeregt. Die Beklagte hat jedoch mit Schreiben vom ... Januar 2010 mitgeteilt, dass sie davon absieht (Bl. 123, 161 der Asylakte des Stammberechtigten). Die Familie bestand schon im Herkunftsland (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG). Der Stammberechtigte ist im Jahr 2009 mit seiner Tante ausgereist; bis dahin lebte er mit seiner Familie in Scheichan.

27

Die Antragstellung mit Schreiben vom ... Oktober 2010 erfolgte noch unverzüglich i.S.v. § 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 AsylVfG nach der Einreise am x. September 2010. Unverzüglich bedeutet – wie im Zivilrecht – „ohne schuldhaftes Zögern“ (Marx, AsylVfG, 7. Auflage 2009, §, 26, Rn. 46). Erforderlich ist nicht eine sofortige, aber eine alsbaldige Antragstellung. Dies setzt grundsätzlich eine Antragstellung binnen zweier Wochen voraus (siehe die Nachweise bei Bodenbender, GK-AsylVfG, 82. EL, Stand: Juni 2008, § 26 AsylVfG, Rn. 59). Wie lange das Zögern mit einer Antragstellung dauern darf, bevor es schuldhaft wird, hängt grundsätzlich von einer Würdigung der besonderen Verhältnisse im konkreten Fall ab. Insoweit muss u. a. auch die Möglichkeit gewährleistet sein, Rechtsrat einzuholen (VG Leipzig, Urt. v. 7.1.2004, A 6 K 30241/01, juris, Rn. 18). Nach diesem Maßstab erfolgte die Antragstellung noch unverzüglich. Es muss einem schwerkranken, aus einem fremden Kulturkreis kommenden älteren Mann, der bei der Bewältigung des Alltags auf Hilfe angewiesen ist, vor der Asylantragstellung zugestanden werden, sich zunächst im Zielland zu orientieren. Hierzu gehört es jedenfalls, sich eine Wohnung zu suchen, und die medizinische und pflegerische Versorgung zu organisieren. Da für ihn nicht ohne Weiteres klar sein konnte, welche Auswirkungen die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 36 AufenthG auf einen Asylantrag haben würde, war es vertretbar, zunächst eine anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Diese erfolgte am ... September 2010, mithin knapp drei Wochen nach der Einreise. Vor diesem Hintergrund hat der Kläger den Asylantrag noch unverzüglich gestellt.

28

Der Kläger hatte als Vater des bei Antragstellung minderjährigen Stammberechtigten mangels anderweitiger Anhaltspunkte die Personensorge inne (§ 26 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 AsylVfG).

29

2.5 Für das Vorliegen von Ausschlussgründen nach §§ 26 Abs. 4 Satz 1, Abs. 6 AsylVfG ist nichts ersichtlich.

III.

30

Da die Klage bereits mit dem ersten Hilfsantrag Erfolg hat, braucht über die weiteren Hilfsanträge nicht entschieden zu werden.

IV.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf § 83b AsylVfG, § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

(1) Der Ehegatte oder der Lebenspartner eines Asylberechtigten wird auf Antrag als Asylberechtigter anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit dem Asylberechtigten schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
der Ehegatte oder der Lebenspartner vor der Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter eingereist ist oder er den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt hat und
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.
Für die Anerkennung als Asylberechtigter nach Satz 1 ist es unbeachtlich, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam oder aufgehoben worden ist; dies gilt nicht zugunsten des im Zeitpunkt der Eheschließung volljährigen Ehegatten.

(2) Ein zum Zeitpunkt seiner Asylantragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylberechtigten wird auf Antrag als asylberechtigt anerkannt, wenn die Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter unanfechtbar ist und diese Anerkennung nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist.

(3) Die Eltern eines minderjährigen ledigen Asylberechtigten oder ein anderer Erwachsener im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU werden auf Antrag als Asylberechtigte anerkannt, wenn

1.
die Anerkennung des Asylberechtigten unanfechtbar ist,
2.
die Familie im Sinne des Artikels 2 Buchstabe j der Richtlinie 2011/95/EU schon in dem Staat bestanden hat, in dem der Asylberechtigte politisch verfolgt wird,
3.
sie vor der Anerkennung des Asylberechtigten eingereist sind oder sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise gestellt haben,
4.
die Anerkennung des Asylberechtigten nicht zu widerrufen oder zurückzunehmen ist und
5.
sie die Personensorge für den Asylberechtigten innehaben.
Für zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung minderjährige ledige Geschwister des minderjährigen Asylberechtigten gilt Satz 1 Nummer 1 bis 4 entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Familienangehörige im Sinne dieser Absätze, die die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2 erfüllen oder bei denen das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat. Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Kinder eines Ausländers, der selbst nach Absatz 2 oder Absatz 3 als Asylberechtigter anerkannt worden ist.

(5) Auf Familienangehörige im Sinne der Absätze 1 bis 3 von international Schutzberechtigten sind die Absätze 1 bis 4 entsprechend anzuwenden. An die Stelle der Asylberechtigung tritt die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz. Der subsidiäre Schutz als Familienangehöriger wird nicht gewährt, wenn ein Ausschlussgrund nach § 4 Absatz 2 vorliegt.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Ausländer durch den Familienangehörigen im Sinne dieser Absätze eine Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Absatz 1 droht oder er bereits einer solchen Verfolgung ausgesetzt war oder einen solchen ernsthaften Schaden erlitten hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.