Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 02. Dez. 2014 - Au 3 K 14.1015

bei uns veröffentlicht am02.12.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit fachaufsichtlicher Weisungen an die Klägerin, eine verkehrsrechtliche Anordnung und die diesbezüglichen Beschlüsse des Bau- und Umweltausschusses sowie des Gemeinderates aufzuheben.

1. Die ... - und die ...straße führen in zwei Ortsteilen der Klägerin, einer kreisangehörigen Gemeinde, von der Staatsstraße ... in Richtung Osten. Sie dienen innerorts der Erschließung der Wohnbebauung, sind 4,3 m bis 4,5 m breit und sind außerhalb der Bebauung als Gemeindeverbindungsstraßen gewidmet; außerorts dienen sie überwiegend der Erschließung der angrenzenden land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke sowie von zwei Aussiedlerhöfen. Die Geschwindigkeit ist jeweils auf 30 km/h begrenzt.

Am 30. Juli 2013 erließ die Klägerin - aufgrund eines Beschlusses des Bau- und Umweltausschusses vom 2. Juli 2013 - folgende verkehrsrechtliche Anordnung: Aufgrund des durch ein Fachbüro festgestellten Zustands der ...straße im Ortsteil ... und der ...straße im Ortsteil ... wird das Befahren von Fahrzeugen bis zu einem tatsächlichen Gewicht von 10 Tonnen begrenzt. Das Verbot gilt bis zur Gemarkungsgrenze. Es ist mit den Zeichen 262 und der Aufschrift „10 t“ zu beschildern. Das Befahren der Straße wird für Anlieger sowie Ver- und Entsorgungsfahrzeuge in der ...straße bis zur Hausnummer ... und in der ...straße bis zur Hausnummer ... erlaubt.

Nach den Gutachten eines Baustoffprüfinstituts (vom 18.4.2013) ist der Straßenoberbau dieser Straßen nach den Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO 12) maximal in die Bauweise für Rad- und Gehwege in Asphaltbauweise einzuordnen. Das Schädigungsbild der Fahrbahn (starke Verdrückungen, Netzrisse und Ausbrüche) kann danach auf den nicht frostsicheren Gesamtaufbau des Straßenoberbaus und die geringe Tragfähigkeit des ungebundenen Oberbaus zurückgeführt werden. Der ungebundene Oberbau (Asphalt) zeige bereits eine starke Schädigung, die sich bei Zunahme des Verkehrs erheblich verstärken dürfte. Für eine erweiterte Verkehrsfreigabe von Schwerverkehr solle die Fahrbahn vollständig erneuert werden.

Eine behördeninterne Mitteilung des Landratsamtes ... vom 7. August 2013 beinhaltet, ein Genehmigungsbescheid für eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Schweinen in der Gemarkung ... (vom 29.9.2008) führe aus, die Gemeindeverbindungsstraße ... - ... /... sei zur Erschließung des landwirtschaftlichen Betriebes ausreichend. Die Straße sei so ausgebaut, dass auch ein Begegnungsverkehr gefahrlos möglich sei. Die niedrigste Ausbauklasse für Straßen (Ausbauklasse VI) lege einen täglichen Schwerverkehr von zehn Fahrten pro Tag zugrunde, die nicht erreicht würden. Eine Ortseinsicht habe ergeben, dass die An- und Abfahrt über ... und ... zwar nicht optimal, aber möglich sei. Die o.g. Innerortsstraßen seien in einem sehr schlechten Zustand, die Geschwindigkeit sei auf 30 km/h beschränkt. Einem Aktenvermerk des Landratsamtes vom 20. August 2013 ist zu entnehmen, die Klägerin habe auf Anfrage mitgeteilt, in den o.g. Ortsteilen die Zeichen 262 in der Ortsmitte an der Abzweigung der ... - bzw. ...straße von der Staatsstraße ... und am Ortsende am 20. oder 21. August 2013 aufzustellen. Zudem werde ein Zusatzzeichen „Anlieger frei“ bis Ortsende aufgestellt. Für die bis zur Gemarkungsgrenze ... (vor der Abbiegung am Sportplatz) anliegenden landwirtschaftlichen Flächen werde den zwei betroffenen Landwirten eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Grundlage der Beschränkungen sei der schlechte Straßenzustand; ein beauftragtes Ingenieurbüro habe nach Bohrungen die Notwendigkeit der Beschränkung empfohlen. Die Tragfähigkeit über 10 Tonnen sei nicht mehr gegeben. Die Sanierung der Straßen sei für nächstes Jahr geplant.

Mit Schreiben vom 23. September 2013 bat ein betroffener Landwirt, dessen Hofstelle in der Gemarkung ... liegt, die Regierung von ... um Überprüfung der Tonnagebegrenzung, nachdem er sich vorab bereits an das Landratsamt gewandt und dargelegt hatte, dass diese Straßenanbindung unverzichtbar sei. Denn ein Großteil der für den Ackerbau notwendigen Fahrten erfolge über .../..., die Anbindung über ... sei für Ackerbau und Tierhaltung alternativlos, da dort etwa eine Fläche von 120 Hektar bewirtschaftet werde. Der Landwirt verwies u. a. auf einen Brief des Bürgermeisters der Klägerin an die Anlieger, wonach es nicht einzusehen sei, „dass diese Straßen, durch ein besonders vom ... Hof ausgehendes, ständig steigendes Schwerlastaufkommen kaputt gefahren werden, die dann zulasten der Gemeinde und ihrer Bürger erneuert werden müssen.“

Bei einer Ortseinsicht am 17. Oktober 2013 seitens des Landratsamtes und der Regierung bestätigte sich der schlechte Ausbauzustand der ...- und ...straße. Die Gemeindeverbindungsstraßen nach Ortsende seien jeweils in einem relativ besseren Zustand. Zudem wurde die vorgetragene Alternativstrecke über den ... Hof und die Kreisstraße ... abgefahren. Hierzu ist festgehalten, dass man nach dem ... Hof noch ca. 200 m Richtung Norden fährt, dann nach links Richtung Westen in einen Feldweg abbiegt, der in die o.g. Kreisstraße mündet. Die Einmündung sei unübersichtlich, der aus dem Feldweg Einfahrende habe eine unzureichende Sicht und müsse weit in den Mündungsbereich hineinfahren, um den Verkehr auf der Kreisstraße einsehen zu können. Der Feldweg sei nach Regenfällen nass und schmutzig sowie nicht geschottert bzw. befestigt und als Alternativstrecke für den Schwerverkehr nicht geeignet.

In seiner Sitzung vom 25. März 2014 beschloss der Gemeinderat der Klägerin, „aus verschiedenen Gründen“ an der o.g. Sperrung der ...- und ...straße für Fahrzeuge mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht über 10 Tonnen festzuhalten. Mit E-Mail vom 23. April 2013 bestätigte das vorgenannte Ingenieurbüro u. a., dass die beiden Straßenabschnitte hinsichtlich Straßenaufbau und derzeitiger Schädigung für eine höhere Belastung dauerhaft nicht geeignet seien.

2. Nach vorheriger Anhörung erließ das Landratsamt ... mit Schreiben vom 11. Juni 2014 folgende fachaufsichtliche Weisung:

Die Beschlüsse des Bau- und Umweltausschusses vom 2. Juli 2013 Nr. B 6/13 und des Gemeinderates der Klägerin vom 25. März 2014 Nr. G 3/14 sowie deren verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 werden fachaufsichtlich beanstandet. Sie sind rechtswidrig (Nr. 1). Die Klägerin hat die beanstandeten Beschlüsse bis zum 5. Juli 2014 aufzuheben (Nr. 2). Die Klägerin wird aufgefordert, die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 bis zum 5. Juli 2014 aufzuheben und die aufgestellten Verkehrszeichen (Zeichen 262, 10 t) sowie die Zusatzzeichen unverzüglich zu entfernen (Nr. 3).

Die sofortige Vollziehung der vorstehenden Nr. 1 bis 3 wurde angeordnet und für den Fall der Nichterfüllung der Nr. 2 und 3 bis zur genannten Frist angekündigt, die Rechtsaufsichtsbehörde wegen Ersatzvornahme einzuschalten.

Zur Begründung wurde u. a. angeführt, die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 sei rechtswidrig, da die Beschränkung nicht aufgrund besonderer Umstände bzw. örtlicher Verhältnisse und einer damit verbundenen Gefahrenlage zwingend geboten sei. Da die Klägerin nicht bereit sei, diese Anordnung aufzuheben, müsse die untere Straßenverkehrsbehörde als Fachaufsichtsbehörde die Weisung erteilen. Die Anordnung finde keine Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 StVO. Unabhängig vom Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen sei die Gemeinde nur zu Anordnungen befugt, die sich im Rahmen der Widmung hielten. Sie könne nicht eine danach zulässige Verkehrsart von der Benutzung der Straße ausschließen. Die erfolgte Verkehrsbeschränkung sei straßenverkehrsrechtlich nur nach einer entsprechenden Teileinziehung zulässig. Andernfalls würden das Widmungsrecht und das mit ihm verbundene förmliche Verfahren umgangen. Zwar seien Anordnungen als Maßnahmen der Gefahrenabwehr zugunsten der geschützten Rechtsgüter, Leben, Gesundheit und Vermögen der Verkehrsteilnehmer, welche situationsbedingt und nicht von dauerhafter Natur seien, denkbar. Hierzu müsse jedoch eine entsprechende Gefahrenlage gegeben sein; diese werde im vorliegenden Fall nicht gesehen. Die betroffenen Straßen wiesen seit längerer Zeit die beschriebenen Schäden auf, laufende Unterhaltsmaßnahmen seien in der Vergangenheit offensichtlich nicht durchgeführt worden. Die Schäden seien jedoch nicht von solcher Beschaffenheit, dass die vorgenannten Rechtsgüter akut gefährdet würden; dies werde auch durch die Gutachten des Baustoffprüfinstituts bestätigt. Eine Zunahme des Verkehrs sei nicht ersichtlich. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anordnung der Sperrung lägen nicht vor; das Landratsamt greife daher in keine Ermessensentscheidung der Gemeinde ein. Unabhängig davon greife die Beschränkung des Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO nicht, so dass die für das Gemeinwohl erforderliche Weisung erteilt werden könne. Die Verkehrsteilnehmer hätten einen Anspruch auf ungehinderte Nutzung der Straßen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Gemeinde Ermessenserwägungen angestellt habe sowie, dass zum jetzigen Zeitpunkt außerordentliche Schäden durch Fahrzeuge mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht von mehr als 10 Tonnen drohten. Hierfür würden auch die Ausnahmen sprechen, die für die Bewirtschafter der anliegenden landwirtschaftlichen Flächen der Gemarkungen der beiden Ortsteile erteilt worden seien; was bedeute, dass ein Teil des Schwerverkehrs weiter zugelassen werde. Zudem könne dem ausgesperrten Schwerverkehr keine Alternativstrecke angeboten werden. Die Verkehrsteilnehmer und insbesondere die Betreiber des ... Hofes hätten derzeit unzumutbare Umwege zurückzulegen; es sei für diese nicht hinnehmbar, eine eventuelle Gerichtsentscheidung abzuwarten.

3. Die Klägerin beantragt:

Der Bescheid des Landratsamtes ... vom 11. Juni 2014 wird aufgehoben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die Straßenbaubehörde könne zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt seien, Verkehrsbeschränkungen anordnen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Abs. 2 StVO). Die Begrenzung des Tonnagegewichts sei für die beiden Straßen vom Gutachter empfohlen worden; hiermit sollen weitere Schäden, welche die Verkehrstüchtigkeit der Straßen beinträchtigen würden, verhindert werden. Die Annahme der geforderten Gefahrenlage setze nicht voraus, dass sich ein Schadensfall bereits realisiert habe; die konkrete Situation stelle eine das allgemeine Verkehrsrisiko erheblich übersteigende Gefahrenlage dar. Es liege die Befürchtung nahe, dass ohne die verkehrsrechtliche Anordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten werden. Durch eine dauerhafte Befahrung mit Fahrzeugen über 10 Tonnen käme es verstärkt zu akuten Setzungen und Aufbrüchen der Asphaltdecke, demnach zu außerordentlichen Schäden. Es könne zur Gefährdung von Leib, Gesundheit und Eigentum Dritter, insbesondere der anliegenden Wohnbevölkerung durch Steinschläge aufgrund abgebrochener Asphaltstücke, kommen. Ausnahmegenehmigungen seien nur für einen ganz engen betroffenen Personenkreis erteilt worden. Begegnungs- bzw. Ausweichverkehr sei insbesondere innerorts nicht gefahrlos möglich, da die Bebauung zum Teil bis zur Straße heranreiche; es handle sich um alte Feldwege, die maximal 3 bis 4 Meter breit seien, Bankette seien größtenteils nicht vorhanden bzw. befahrbar. Die Einmündungsbereiche zur Staatsstraße seien unübersichtlich. Die Interessen der übrigen Verkehrsteilnehmer würden gegenüber dem Interesse auf Teilnahme am Verkehr mit Fahrzeugen über 10 Tonnen überwiegen; dies gelte vor allem, da es sich nur um einen einzelnen Anlieger handle, dessen Hofstelle auch anderweitig erreichbar sei. Dieser habe keinen Anspruch, sein Grundstück über eine bestimmte Wegstrecke zu erreichen; eine zumutbare Alternativstrecke bestehe.

Der nachgereichten Stellungnahme des vorgenannten Baustoffprüfinstituts vom 30. September 2014 ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass ergänzend zur Bestandsaufnahme vom April 2013 die Ursachen - für das zum damaligen Zeitpunkt vorhandene Schadensbild der Fahrbahnen - ermittelt werden sollten. Dabei sei bei beiden Straßenabschnitten eine unzureichende Tragfähigkeit sowie ein zu geringer Gesamtaufbau des Straßenkörpers für die vorhandene Verkehrsbelastung festgestellt worden. Beide Straßen seien als Erschließungsstraßen für einen gewerblichen Schweinemastbetrieb mit einem Ausstoß von ca. 75.000 Ferkeln pro Jahr vorgesehen. Die entstehende Belastung durch den Schwerlastverkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Lastkraftwagen entspreche nicht dem derzeitigen Ausbau, sondern einer wesentlich höheren Belastungsklasse. Um eine derartige Ausbauklasse zu erreichen, müssten die beiden Straßenabschnitte im Vollausbau auf eine Belastungsklasse nach RStO 12 von mindestens BK 1.0 ausgebaut werden. Die Ausbaubreite der derzeitigen Wege von ca. 4,5 m sei für derartige Straßen nicht ausreichend. Ein Begegnungsverkehr nach RAL (Richtlinien für die Anlagen von Landstraßen) würde hier mindestens einen Regenquerschnitt RQ 7,5 (zutreffend wohl: Regelquerschnitt) vorsehen. Sollten die beiden Straßen im derzeitigen Zustand für die Erschließung freigegeben werden, sei ein Versagen des gesamten Straßenaufbaus nach kurzer Zeit zu erwarten. Bei der derzeitigen Regelung, der Beschränkung auf 10 t, könne von einer längeren Nutzungsdauer der im jetzigen Zustand befindlichen Straßen ausgegangen werden.

4. Das Landratsamt ... beantragt für den ...,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei nicht begründet, da die angeordnete Beschränkung des Verkehrs auf 10 t auf den streitgegenständlichen Straßen nicht mit § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO i. V. m. § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StVO zu rechtfertigen sei. Hierzu werde auf die Begründung der fachaufsichtlichen Weisung Bezug genommen. Die streitgegenständlichen Straßen seien nicht in einem so schlechten Zustand, dass die Sperrung für Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 10 t gerechtfertigt sei. Die vorgenannten Gutachten vom 18. April 2013 kämen nicht zu dem Ergebnis, dass derzeit außerordentliche Schäden zu erwarten seien, ein erweiterter Schwerverkehr sei nach dem oben genannten Genehmigungsbescheid für den Betrieb nicht zu erwarten; wären derart gravierende Schäden zu befürchten, müssten die Straßen kurzfristig für die Dauer der Behebung der Schäden für den gesamten Straßenverkehr gesperrt werden. Zudem wiesen die vorgenannten Straßen die Schäden vor allem innerorts schon länger auf.

Ergänzend wurde eine Stellungnahme der Tiefbauverwaltung des Landratsamtes vom 1. Dezember 2014 nachgereicht. Danach sei die ...straße derzeit in einem technisch „nicht optimalen Zustand“, sie weise teils hohe Schäden auf und erfülle kaum noch die Anforderungen an ihre Funktion als Verbindungsstraße. Der vorgesehene Verkehr bzw. die Fahrzeugmenge von etwa 12 Fahrzeugen pro Tag könne unter der Voraussetzung einer entsprechend vorsichtigen Fahrweise und geringer Geschwindigkeit aufgenommen werden. Dies gelte auch für den landwirtschaftlichen Verkehr.

5. Mit Beschluss vom 11. August 2014 hat das Gericht den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage abgelehnt (Au 3 S 14.1016).

6. Die Berichterstatterin nahm die streitgegenständlichen Straßenabschnitte in Augenschein. Auf die Niederschrift vom 23. Oktober 2014 hierzu wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist nicht begründet. Der Bescheid des Landratsamtes ... vom 11. Juni 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO. Zwar ist strittig, ob fachaufsichtliche Weisungen gegenüber einer Gemeinde einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) darstellen bzw. ob diese von den Gemeinden im Allgemeinen mangels Verletzung in eigenen Rechten nicht angefochten werden können (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand November 2013, Art. 116 GO Rn. 4 m. w. N.; BayVGH, U.v. 20.9.1976 - 67 V 70 - BayVBl 1977, 152). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann aber eine fachaufsichtliche Weisung im Straßenverkehrsrecht nach ihrem objektiven Sinngehalt dann die für einen Verwaltungsakt erforderliche Gerichtetheit auf Außenwirkung haben, wenn ihre Rechtswirkung unter Berücksichtigung des zugrundeliegenden materiellen Rechts nicht im staatlichen Innenbereich verbleibt, sondern auf den rechtlich geschützten Bereich der Gemeinde in Selbstverwaltungsangelegenheiten übergreift und damit Außenwirkung erzeugt (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1994 - 11 C 4/94 - BayVBl 1995, 474 und B.v. 27.2.1978 - VII B 36.77 - BayVBl 1978, 374; BayVGH, B.v. 21.7.2009 - 11 C 09.712 - juris).

Die Klägerin hat nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes auch als örtliche Straßenverkehrsbehörde aus Art. 109 Abs. 2 Satz 2 der Gemeindeordnung (GO) eine wehrfähige Rechtsposition gegen staatliche Aufsichtsmaßnahmen, wenn das Gesetz - wie vorliegend § 45 Abs. 1 Satz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) - ihr ein Ermessen einräumt (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.1984 - 11 B 83 A.2869 - BayVBl 1985, 368), so dass ihr bereits insoweit eine wehrfähige Rechtsposition zukommt; wenngleich der Vollzug der Straßenverkehrs-Ordnung eine Angelegenheit des übertragenen Wirkungskreises darstellt und die Gemeinden in diesen Angelegenheiten grundsätzlich an die Weisungen der übergeordneten Staatsbehörden gebunden sind (Art. 83 Abs. 4 Satz 3 der Bayerischen Verfassung - BV). Zumal in Betracht kommt, dass die gemeindliche Verkehrsplanung - als eine der Klägerin „zur Selbstverwaltung übertragene Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft“ (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.1991 - 11 CS 91.2202 - BayVBl 1992, 177) - und die Verantwortlichkeit der Klägerin als Straßenbaubehörde (vgl. Art 47 Abs. 1, 46 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz - BayStrWG) durch die Weisungen berührt werden.

Demnach ist hier von einer Außenwirkung der streitgegenständlichen fachaufsichtlichen Weisungen auszugehen, gegen die die Klägerin nach den vorgenannten Darlegungen auch klagebefugt ist (§ 42 Abs. 2 VwGO).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn gegen die Weisung des Landratsamtes an die Klägerin, die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 aufzuheben, bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken; vielmehr erweisen sich die seitens der Klägerin angeordneten Verkehrsbeschränkungen als rechtswidrig.

a) Rechtsgrundlage für die streitgegenständlichen Weisungen ist Art. 116 Abs. 1 Satz 2 GO. Danach können die Fachaufsichtsbehörden der Gemeinde für die Behandlung übertragener Angelegenheiten (Art. 8 GO) unter Beachtung des Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO Weisungen erteilen. Gemäß Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO sind Eingriffe in das Verwaltungsermessen auf die Fälle zu beschränken, in denen u. a. das Gemeinwohl oder öffentlich-rechtliche Ansprüche einzelner eine Weisung oder Entscheidung erfordern.

Das Weisungsrecht umfasst die Befugnis, von der Gemeinde die Aufhebung gemeindlicher Beschlüsse und Verfügungen (unter Erteilung einer Weisung für diese Änderung) zu verlangen. Im Rahmen des Weisungsrechts steht den Fachaufsichtsbehörden bei rechts- oder sachwidrigen Beschlüssen auch ein Beanstandungsrecht - als minus gegenüber dem Weisungsrecht - zu (vgl. BayVGH, U.v. 16.8.1993 - 26 B 92.942 - juris). Die Grenze des Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO vermittelt der Klägerin, wie dargelegt, eine "wehrfähige Rechtsposition" auf Beachtung der Eingriffsschranken (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.1984 - 11 B 83 A.2869 - BayVBl 1985, 368). Der Begriff des Gemeinwohls deckt eine Vielfalt von Sachverhalten und Zwecken ab; er bedarf daher der Konkretisierung im einzelnen Fall (vgl. BVerfGE, E.v. 18.12.1968 - 1 BvR 638/64, 1 BvR 673/64, 1 BvR 200/56, 1 BvR 238/56, 1 BvR 249/56 - BVerfGE 24, 367).

b) Die Voraussetzungen für die erfolgte Anordnung von Verkehrsbeschränkungen durch die Vorschriftszeichen 262 (10 Tonnen) sind nicht gegeben. Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) können die Straßenverkehrsbehörden u. a. die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken. Das gleiche Recht haben sie zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße (§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StVO). Zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können auch die Straßenbaubehörden gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 StVO - vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden - Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen. Verkehrszeichen sind nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist (§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO).

aa) Anordnungen nach § 45 StVO sind als Maßnahmen der Gefahrenabwehr zugunsten der in dieser Vorschrift geschützten Rechtsgüter und Interessen grundsätzlich situationsbedingt und nicht dauerhafter Natur (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2010 - 11 ZB 10.581 - juris). Sie bleiben in ihrer Geltung abhängig von der Dauer der Gefahrensituation, die ihre Vornahme veranlasst hat (vgl. Steiner, Rechtsprobleme hoheitlicher Eingriffe in den Innenstadtverkehr, DVBl 1992, 1561 [1564]). Der Erlass einer verkehrsregelnden Anordnung aufgrund der erstgenannten Bestimmung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine konkrete Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs voraus. Weitere rechtssatzmäßige Voraussetzung einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme ist, dass sie zur Abwendung oder Minderung der Gefahr erforderlich und geeignet ist (vgl. BVerwG, U. v. 25.04.1980 - 7 C 19/78 - NJW 1981, 184; OVG Bremen, B.v. 10.11.1998 - 1 BA 20/97 - NZV 2000, 140). Zur Annahme einer derartigen Gefahrenlage bedarf es nicht des Nachweises, dass jederzeit mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist; sondern es genügt die Feststellung, die konkrete Situation an einer bestimmten Stelle oder einer bestimmten Strecke einer Straße lege die Befürchtung nahe, es könnten - möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände - irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.1979 - 7 C 46/78 - BVerwGE 59, 221). Verkehrsbeschränkungen aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung können stets nur den Gesamtverkehr oder eine gesetzlich bestimmte Verkehrsart betreffen, bestimmte Verkehrsteilnehmer dürfen dadurch grundsätzlich nicht privilegiert werden (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 45 StVO Rn. 28 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 28.5.1998 - 3 C 11/97 - BVerwGE 107, 38; U.v. 9.6.1967 - VII C 18.66 - BVerwGE 27, 181). Das Straßenverkehrsrecht allein ist keine geeignete rechtliche Grundlage zur Einschränkung des Widmungsumfangs durch die Straßenverkehrsbehörde.

Die Vorschrift des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO trifft spezielle Bestimmungen für Beschränkungen des fließenden Verkehrs und modifiziert und konkretisiert die allgemeine Ermächtigungsgrundlage des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO, ersetzt diese aber nicht; das bedeutet, dass auch Maßnahmen im Regelungsbereich des § 45

Abs. 9 Satz 2 StVO prinzipiell im Ermessen der zuständigen Behörden stehen (vgl. BVerwG, U.v. 5.4.2001 - 3 C 23/00 - NJW 2001, 3139). Eine Beschränkung des fließenden Verkehrs darf die zuständige Behörde - abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen - nur anordnen, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter - also etwa der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs - erheblich übersteigt (§ 45 Abs. 9 Satz 2 StVO). Eine qualifizierte Gefährdungslage, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt, liegt dabei nicht erst dann vor, wenn ohne ein Handeln der Straßenverkehrsbehörde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zusätzliche Schadensfälle zu erwarten wären. Es reicht aus, dass eine entsprechende konkrete Gefahr besteht, die sich aus den besonderen örtlichen Verhältnissen ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 16.4.2012 - 3 B 62/11 - NJW 2012, 3048; U.v. 18.11.2010 - 3 C 42.09 - BVerwGE 138, 159; U. v. 23.9.2010 - 3 C 37/09 - BVerwGE 138, 21).

Außergewöhnliche Schäden sind solche, die durch die Benutzung einer öffentlichen Straße durch eine bestimmte Gruppe von Verkehrsteilnehmern drohen und geeignet sind, den Gemeingebrauch durch andere zu beeinträchtigen oder die zu Unterhaltungsmaßnahmen durch den Straßenbaulastträger führen, die über das sonst übliche Maß hinausgehen (vgl. VG München, B.v. 8.12.2011 - M 23 S 11.5676; U.v. 4.11.2009 - M 23 K 09.2916 - beide juris). Dabei ist davon auszugehen, dass es sich bei der Zustandsgefährdung (etwa bei Frostaufbrüchen oder Fahrbahnschäden anderer Art) um vorläufige Maßnahmen handelt, bis die Straße wieder verkehrssicher ist, sowie, dass eine solche Gefährdung besteht, wenn Bauzustand und Oberflächen- oder Unterbaubeschaffenheit der Straße den Verkehr beeinträchtigen oder bei Weiterbenutzung außergewöhnliche Schäden befürchten lassen (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 45 StVO Rn. 39). Demnach können nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bzw. § 45 Abs. 2 StVO Beschränkungen nur für kurze Zeit angeordnet werden und zwar für Fälle, in denen eine an sich verkehrsübliche Nutzung wegen eines ungewöhnlichen baulichen Zustandes der Straße geeignet sein kann, diese außerordentlich, d. h. erheblich mehr in Mitleidenschaft zu ziehen, als es bei der normalen Abnutzung der Straßen durch den Verkehr der Fall ist (vgl. Rebler, NZV 2006, 113 [117] unter Bezugnahme auf Kodal, Straßenrecht, 5. Aufl., S. 556, § 7 Abs. 2 FStrG Rn. 33).

Ob diese Gründe vorliegen und der behördliche Eingriff erforderlich ist, unterliegt in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung (vgl. (BVerwG, U. v. 25.04.1980 - 7 C 19/78 - NJW 1981, 184). Der Straßenverkehrsbehörde steht also kein Ermessen bei der Frage zu, ob ein milderes Mittel gleich wirksam ist (vgl. BVerwG, U.v. 21.1.1999 - 3 C 9/98 - NJW 1999, 2056; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 45 StVO Rn. 26). Erst bei Erfüllung dieser Voraussetzungen verbleibt der Behörde für ihre Entscheidung, ob und wie sie eingreifen will, ein Ermessensspielraum.

bb) Die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 findet keine Rechtsgrundlage in den hier allein einschlägigen Vorschriften des § 45 Abs. 1 Satz 1, § 45 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 Nr. 2 StVO bzw. § 45 Abs. 2 StVO; auch wenn insofern keine rechtlichen Einwände dagegen bestehen, dass diese nunmehr auf mehrere Tatbestände gestützt wird (vgl. Steiner, NJW 1993, 3161), was zwar erst nach Erlass der Anordnung erfolgt ist, aber aufgrund des Charakters der Verkehrszeichen als Dauerverwaltungsakte Berücksichtigung findet.

Aufgrund der gegebenen Einzelfallumstände ist hier davon auszugehen, dass bereits die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die verkehrsrechtliche Anordnung hinsichtlich der Vorschriftszeichen 262 (10 Tonnen) für die betroffenen Streckenabschnitte der streitgegenständlichen ...- bzw. ...straße nicht gegeben sind. Denn ausgehend von den vorgenannten Maßgaben sind weder eine die Anordnung rechtfertigende Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs noch drohende außerordentliche Schäden an der ...- und der ...straße feststellbar.

(1) Allein aus dem - im Rahmen des Streitverfahrens erfolgten - Vortrag der Klägerin, im Bereich der ...- und ...straße sei ein Begegnungs- bzw. Ausweichverkehr nicht gefahrlos möglich, folgt keine konkrete Gefahr im vorgenannten Sinn. Eine konkrete Verkehrsbelastung und eine daraus resultierende signifikante Unfallhäufigkeit bzw. (straßenausbaubedingte) Verkehrsunfälle im Bereich der ...- und ...straße sind weder dargelegt noch ersichtlich. Insbesondere wird durch den vorgetragenen Ausstoß des genannten Schweinemastbetriebs von etwa 75.000 Ferkeln pro Jahr kein neues bzw. zusätzliches Verkehrsaufkommen geltend gemacht. Denn es ist davon auszugehen, dass sich die hieraus ergebende Verkehrsbelastung im Rahmen der seit mehreren Jahren genehmigten Kapazität hält (s.a. LT-Drs. 16/18390 S. 3 zu 3.c, weniger als 10 Fahrzeuge/Tag Schwerverkehr) und diese auch nicht die Verkehrsstärke überschreitet, die nach der vorgelegten Stellungnahme des Tiefbauamtes aufgenommen werden kann. Zumal im Bereich der betroffenen Streckenabschnitte die Geschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt ist. Das Gericht sieht daher eine qualifizierte Gefährdungslage im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO für die streitgegenständliche...- und ...straße als nicht gegeben an.

Auch der Verweis des klägerseits vorgelegten Gutachtens auf die Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL), Ausgabe 2012, führt insofern zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung; denn diese Richtlinien enthalten lediglich Grundsätze, Entwurfselemente und Ausstattungsmerkmale für den Neubau sowie für den Um- und Ausbau von Landstraßen (vgl. RdSchr der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern v. 29.10.2013 - IID9-43411-001/95). Gleiches gilt für die Bezugnahme des klägerischen Gutachtens auf die Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (Ausgabe 2012 - RStO 12). Diese Richtlinien sind künftig bei neuen Straßenplanungen im Zuge der Bundesfernstraßen, der Staatsstraßen und der von den Staatlichen Bauämtern betreuten Kreisstraßen anzuwenden. Im Interesse einer einheitlichen Handhabung wird (lediglich) empfohlen, die Richtlinien auch für Baumaßnahmen im Zuständigkeitsbereich der Landkreise, Städte und Gemeinden anzuwenden (vgl. Bek. der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern v. 4.3.2013 - IID9-43415-005/96 - AllMBl 2013, 135). Der Einwand, die Richtlinien für die Anlage von Landstraßen würden für einen Begegnungsverkehr bestimmte Mindestregelquerschnitte beinhalten, greift demnach ebenfalls nicht durch. Lediglich ergänzend ist daher festzuhalten, dass diese Richtlinien im Übrigen vorsehen, dass in Abhängigkeit von der zu erwartenden Verkehrsnachfrage von der nach der Straßenkategorie grundsätzlich vorgesehenen Entwurfsklasse auch abgewichen werden kann; die Entwurfsklassen entsprechen dabei den Kategorien der Landstraßen. Die Bestimmung der maßgebenden Verbindungsfunktionsstufe und darauf aufbauend der Straßenkategorie - Landstraßen I bis IV - richtet sich gemäß ARS 21/2008 (allgemeine Rundschreiben Straßenbau des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur) nach den RIN, d. h. den Richtlinien für die integrierte Netzgestaltung - eine explizite Einführung dieser ist in Bayern jedoch noch nicht erfolgt.

(2) Die Annahme der Klägerin, dass außerordentliche Schäden am Straßenkörper - trotz der bestehenden Geschwindigkeitsbegrenzung - durch Fahrzeuge mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht von mehr als 10 Tonnen drohen und die ...- und ...straße infolgedessen nicht mehr verkehrssicher sind, ist unter Berücksichtigung der gegebenen Gesamtumstände nicht tragfähig. Dagegen spricht bereits die seitens der Klägerin nicht bestrittene Darlegung des Beklagten, dass die Straßen zwar in einem sehr schlechten Zustand sind, die bestehenden Schäden aber schon längere Zeit aufweisen, ohne dass im Übrigen insofern ein Handlungsbedarf gesehen wurde. Soweit die Klägerin nun ausführt, die Tragfähigkeit über 10 Tonnen sei nicht mehr gegeben, lässt sich dies den Gutachten des Baustoffprüfinstituts vom 18. April 2013 gerade nicht entnehmen. Gleiches gilt für den Vortrag, dass es durch eine dauerhafte Befahrung mit Fahrzeugen über 10 Tonnen verstärkt zu akuten Setzungen und Aufbrüchen der Asphaltdecke komme. Denn die vorgenannten Gutachten beinhalten demgegenüber, dass sich die starke Schädigung des ungebundenen Oberbaus bei Zunahme des Verkehrs erheblich verstärken dürfte, ohne explizit auf eine Benutzung durch Fahrzeuge mit einer tatsächlichen Masse von über 10 Tonnen abzustellen. Die ergänzende Stellungnahme vom 30. September 2014 stellt insoweit generell einen zu geringen Gesamtaufbau des Straßenkörpers und eine unzureichende Tragfähigkeit für die vorhandene Verkehrsbelastung fest; es ist demnach nicht von außerordentlichen, sondern üblichen verschleißbedingten Schäden relativ schlecht ausgebauter Straßen auszugehen. Die Stellungnahme der Tiefbauverwaltung beinhaltet diesbezüglich, dass der vorgesehene Verkehr bzw. die Fahrzeugmenge von etwa 12 Fahrzeugen/Tag unter der Voraussetzung einer entsprechend vorsichtigen Fahrweise und geringer Geschwindigkeit aufgenommen werden kann; dies gelte auch für den landwirtschaftlichen Verkehr. Zumal - wie ausgeführt - eine Zunahme des Verkehrs auf den streitgegenständlichen Straßen weder geltend gemacht noch dargelegt wird und eine erweiterte Verkehrsfreigabe für den Schwerverkehr nicht im Raum steht. Gegen drohende außergewöhnliche Schäden bei Nutzung der Straßen durch Fahrzeuge mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht von mehr als 10 Tonnen sprechen darüber hinaus die erteilten Ausnahmegenehmigungen sowie das Zusatzzeichen „Anlieger frei“, welches Anliegern sowie Ver- und Entsorgungsfahrzeugen die uneingeschränkte Nutzung ermöglichen soll.

cc) Da demnach bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für die verkehrsrechtliche Anordnung nicht vorliegen, ist diese rechtswidrig und ein Ermessen der Klägerin nicht eröffnet. Insoweit handelt es sich also um keine Ermessensausübung, sondern Rechtsanwendung, so dass ein uneingeschränktes Weisungsrecht besteht (vgl. Hölzl/Hien/Bauer, Gemeindeordnung u. a., Stand April 2014, Art. 109 GO Nr. II 2). Die Weisung des Landratsamtes als Fachaufsichtsbehörde, die rechtswidrige verkehrsrechtliche Anordnung aufzuheben, ist daher nicht zu beanstanden.

c) Unabhängig davon ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, das Gemeinwohl erfordere - selbst bei Vorliegen der vorgenannten rechtssatzmäßigen Voraussetzungen - eine fachaufsichtliche Weisung. Die erforderlichen Gemeinwohlgründe können dem angegriffenen Bescheid selbst entnommen werden; auch eine Abwägung seitens der Fachaufsichtsbehörde im Rahmen der getroffenen Weisungen ist erfolgt. Danach haben die Verkehrsteilnehmer einen Anspruch auf ungehinderte Nutzung der Straßen im Rahmen der Widmung. Der damit letztlich angestrebte einheitliche Gesetzesvollzug rechtfertigt aber gerade im übertragenen Wirkungskreis (Art. 11 Abs. 3, Art. 83 Abs. 4 Satz 3 BV, Art. 8 Abs. 1 und 2, Art. 58 GO) ein fachaufsichtliches Einschreiten gegenüber Gemeinden, um eigentlich staatliche Aufgaben im ganzen Land „nach einigermaßen einheitlichen Kriterien zu erfüllen“ (vgl. BayVGH, B.v. 9.10.2009 - 22 ZB 08.756 - NVwZ-RR 2010, 280 m. w. N.; Bauer/Böhle/Masson/Samper, Bayerische Kommunalgesetze, Stand Februar 2014, Art. 109 Rn. 23).

Im Übrigen wäre die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 auch bei Vorliegen der vorgenannten tatbestandlichen Voraussetzungen rechtswidrig, da ausweislich der Behördenakte (s. S. 26) von einer Zweckverfehlung, demnach einem Ermessensfehlgebrauch der Klägerin auszugehen ist. Zwar besteht für eine verkehrsrechtliche Anordnung, die mit der Aufstellung der Verkehrszeichen bekanntgegeben wird, keine formelle Begründungspflicht (Art. 39 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG). Das ändert jedoch nichts an der materiell-rechtlichen Verpflichtung zur Ermessensausübung, die im Streitfall auch gerichtlich nachvollziehbar sein muss (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2010 - 11 ZB 10.581 - juris). Gemäß § 114 Satz 1 VwGO unterliegt eine Ermessensentscheidung der Behörde gerichtlicher Überprüfung dahingehend, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind (sog. Ermessensüberschreitung) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (sog. Ermessensfehleinschätzung). Hinsichtlich letzterer kann weiter danach differenziert werden, ob die Behörde wesentliche Gesichtspunkte, die nach dem gesetzlichen Entscheidungsprogramm von ihr gefordert sind, übersehen hat (sog. Ermessensdefizit) oder sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (sog. Ermessensfehlgebrauch; vgl. zum Ganzen: Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 16 ff.). Die Behördenakte beinhaltet für die streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung keine Begründung, diese nimmt vielmehr lediglich auf die vorgenannten Gutachten Bezug, so dass ihr auch keine Ermessenserwägungen entnommen werden können. Ermessenserwägungen ergeben sich aber aus dem Schreiben der Klägerin an die Anlieger der ...- bzw. ...straße vom 27. August 2013 (Bl. 26 der Behördenakte; vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2010 - 11 ZB 10.581 - juris, hinsichtlich der Ermessenserwägungen für eine verkehrsrechtliche Anordnung lag hier ebenfalls ein Schreiben der anordnenden Behörde an die Straßenanlieger zugrunde). Maßgeblich für die Verkehrsbeschränkung war danach, dass „nicht einzusehen“ sei, dass diese Straßen durch ein besonders vom ... Hof ausgehendes, ständig steigendes Schwerlastaufkommen „kaputt gefahren“ werden. Dies aber zielt auf den Ausschluss eines Verkehrsteilnehmers von einer nach der Widmung zulässigen Benutzungsart, nicht auf eine Verhütung drohender außerordentlicher Schäden an den Straßen durch eine bestimmte Gruppe von Verkehrsteilnehmern und eine ggf. daraus resultierende Gefährdung, mithin den Zweck der Gefahrenabwehr. Ebenso wenig sind damit Erwägungen gegeben, die darauf zielen, einer erkannten qualifizierten Gefährdungslage entgegenzuwirken.

Zumal bei der Auswahl der Mittel, mit denen eine konkrete - sich aus den besonderen örtlichen Verhältnissen ergebende - Gefahr bekämpft oder gemildert werden soll, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, U.v. 5.4.2001 - 3 C 23/00 - NJW 2001, 3139) und nach den Feststellungen des Landratsamtes zum Teil für die von den Beschränkungen betroffenen Verkehrsteilnehmer, insbesondere einen Aussiedlerhof, keine zumutbare Alternativstrecke gegeben ist. Der Einwand der Klägerin, dass die streitgegenständlichen Straßen vor allem auch der Erschließung dieses Hofes und damit dem Verkehrsbedürfnis einer anderen Gemeinde dienen, führt insoweit zu keiner anderen Beurteilung; lediglich ergänzend wird angemerkt, dass Art. 49 BayStrWG eine Aufwendungserstattung vorsieht.

d) Demnach ist die Weisung der Fachaufsichtsbehörde an die Klägerin, die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 und die diesbezüglichen Beschlüsse des Bau- und Umweltausschusses sowie des Gemeinderates aufzuheben, ebenso wie die Weisung, die aufgestellten Verkehrszeichen umgehend zu entfernen, rechtlich nicht zu beanstanden.

3. Die Klage war demnach mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 45 Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen


(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie1.zur Durchführung von A

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(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit fachaufsichtlicher Weisungen an die Antragstellerin, eine verkehrsrechtliche Anordnung und die diesbezüglichen Beschlüsse des Bau- und Umweltausschusses sowie des Gemeinderates aufzuheben.

1. Die ... - und die ...straße führen in zwei Ortsteilen der Antragstellerin, einer kreisangehörigen Gemeinde, von der Staatsstraße ...in Richtung Osten. Sie dienen innerorts der Erschließung der Wohnbebauung, sind 4,3 m bis 4,5 m breit und sind außerhalb der Bebauung als Gemeindeverbindungsstraßen gewidmet; außerorts dienen sie überwiegend der Erschließung der angrenzenden land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke sowie von zwei Aussiedlerhöfen.

Am 30. Juli 2013 erließ die Antragstellerin - aufgrund eines Beschlusses des Bau- und Umweltausschusses vom 2. Juli 2013 - folgende verkehrsrechtliche Anordnung: Aufgrund des durch ein Fachbüro festgestellten Zustands der ...straße im Ortsteil ... und der ...straße im Ortsteil ... wird das Befahren von Fahrzeugen bis zu einem tatsächlichen Gewicht von 10 Tonnen begrenzt. Das Verbot gilt bis zur Gemarkungsgrenze. Es ist mit dem Zeichen 262 und der Aufschrift „10 t“ zu beschildern. Das Befahren der Straße wird für Anlieger sowie Ver- und Entsorgungsfahrzeuge in der ...straße bis zur Hausnummer ... und in der ...straße bis zur Hausnummer ... erlaubt.

Nach den Gutachten des Baustoffprüfinstituts (vom 18.4.2013) ist der Straßenoberbau dieser Straßen nach den Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO 12), maximal in die Bauweise für Rad- und Gehwege in Asphaltbauweise einzuordnen. Das Schädigungsbild der Fahrbahn (starke Verdrückungen, Netzrisse und Ausbrüche) kann danach auf den nicht frostsicheren Gesamtaufbau des Straßenoberbaus und die geringe Tragfähigkeit des ungebundenen Oberbaus zurückgeführt werden. Der ungebundene Oberbau (Asphalt) zeige bereits eine starke Schädigung, die sich bei Zunahme des Verkehrs erheblich verstärken dürfte. Für eine erweiterte Verkehrsfreigabe von Schwerverkehr solle die Fahrbahn vollständig erneuert werden.

Eine behördeninterne Mitteilung des Landratsamtes ... vom 7. August 2013 beinhaltet, ein Genehmigungsbescheid für eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Schweinen in der Gemarkung ... (vom 29.9.2008) führe aus, die Gemeindeverbindungsstraße ... - ... /... sei zur Erschließung des landwirtschaftlichen Betriebes ausreichend. Die Straße sei so ausgebaut, dass auch ein Begegnungsverkehr gefahrlos möglich sei. Die niedrigste Ausbauklasse für Straßen (Ausbauklasse VI) lege einen täglichen Schwerverkehr von zehn Fahrten pro Tag zugrunde, die nicht erreicht würden. Eine Ortseinsicht habe ergeben, dass die An- und Abfahrt über ... und ... zwar nicht optimal, aber möglich sei. Die o.g. Innerortsstraßen seien in einem sehr schlechten Zustand, die Geschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt. Einem Aktenvermerk des Landratsamtes vom 20. August 2013 ist zu entnehmen, die Antragstellerin habe auf Anfrage mitgeteilt, in den o.g. Ortsteilen die Zeichen 262 in der Ortsmitte an der Abzweigung der ...- bzw. ...straße von der Staatsstraße ... und am Ortsende am 20. oder 21. August 2013 aufzustellen. Zudem werde ein Zusatzzeichen „Anlieger frei“ bis Ortsende aufgestellt. Für die bis zur Gemarkungsgrenze ... (vor der Abbiegung am Sportplatz) anliegenden landwirtschaftlichen Flächen werde den zwei betroffenen Landwirten eine Ausnahmegenehmigung erteilt. Grundlage der Beschränkungen sei der schlechte Straßenzustand; ein beauftragtes Ingenieurbüro habe nach Bohrungen die Notwendigkeit der Beschränkung empfohlen. Die Tragfähigkeit über 10 Tonnen sei nicht mehr gegeben. Die Sanierung der Straßen sei für nächstes Jahr geplant.

Mit Schreiben vom 23. September 2013 bat ein betroffener Landwirt, dessen Hofstelle in der Gemarkung ... liegt, die Regierung von ... um Überprüfung der Tonnagebegrenzung, nachdem er sich vorab bereits an das Landratsamt gewandt und dargelegt hatte, dass diese Straßenanbindung unverzichtbar sei. Denn ein Großteil der für den Ackerbau notwendigen Fahrten erfolge über ... /..., die Anbindung über ... sei für Ackerbau und Tierhaltung alternativlos, da dort etwa eine Fläche von 120 ha bewirtschaftet werde. Der Landwirt verwies u. a. auf einen Brief des Bürgermeisters der Antragstellerin an die Anlieger, wonach es nicht einzusehen sei, „dass diese Straßen, durch ein besonders vom ... Hof ausgehendes, ständig steigendes Schwerlastaufkommen kaputt gefahren werden, die dann zulasten der Gemeinde und ihrer Bürger erneuert werden müssen.“

Bei einer Ortseinsicht am 17. Oktober 2013 seitens des Landratsamtes und der Regierung bestätigte sich der schlechte Ausbauzustand der ...- und ...straße. Die Gemeindeverbindungsstraßen nach Ortsende seien jeweils in einem relativ besseren Zustand. Zudem wurde die vorgetragene Alternativstrecke über den ... Hof und die Kreisstraße ... abgefahren. Hierzu ist festgehalten, dass man nach dem ... Hof noch ca. 200 m Richtung Norden fährt, dann nach links Richtung Westen in einen Feldweg abbiegt, der in die o.g. Kreisstraße mündet. Die Einmündung sei unübersichtlich, der aus dem Feldweg Einfahrende habe eine unzureichende Sicht und müsse weit in den Mündungsbereich hineinfahren, um den Verkehr auf der Kreisstraße einsehen zu können. Der Feldweg sei nach Regenfällen nass und schmutzig sowie nicht geschottert bzw. befestigt und als Alternativstrecke für den Schwerverkehr nicht geeignet.

In seiner Sitzung vom 25. März 2014 beschloss der Gemeinderat der Antragstellerin, „aus verschiedenen Gründen“ an der o.g. Sperrung der ...- und ...straße für Fahrzeuge mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht über 10 Tonnen festzuhalten. Mit E-Mail vom 23. April 2013 bestätigte das vorgenannte Ingenieurbüro u. a., dass die beiden Straßenabschnitte hinsichtlich Straßenaufbau und derzeitiger Schädigung für eine höhere Belastung dauerhaft nicht geeignet seien.

Nach vorheriger Anhörung erließ das Landratsamt ... mit Schreiben vom 11. Juni 2014 folgende fachaufsichtliche Weisung:

Die Beschlüsse des Bau- und Umweltausschusses vom 2. Juli 2013 Nr. B 6/13 und des Gemeinderates der Antragstellerin vom 25. März 2014 Nr. G 3/14 sowie deren verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 werden fachaufsichtlich beanstandet. Sie sind rechtswidrig (Nr. 1). Die Antragstellerin hat die beanstandeten Beschlüsse bis zum 5. Juli 2014 aufzuheben (Nr. 2). Die Antragstellerin wird aufgefordert, die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 bis zum 5. Juli 2014 aufzuheben und die aufgestellten Verkehrszeichen (Zeichen 262, 10 t) sowie die Zusatzzeichen unverzüglich zu entfernen (Nr. 3).

Die sofortige Vollziehung der vorstehenden Nr. 1 bis 3 wurde angeordnet und für den Fall der Nichterfüllung der Nr. 2 und 3 bis zur genannten Frist angekündigt, die Rechtsaufsichtsbehörde wegen Ersatzvornahme einzuschalten.

Zur Begründung wurde u. a. angeführt, die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 sei rechtswidrig, da die Beschränkung nicht aufgrund besonderer Umstände bzw. örtlicher Verhältnisse und einer damit verbundenen Gefahrenlage zwingend geboten sei. Da die Antragstellerin nicht bereit sei, diese Anordnung aufzuheben, müsse die untere Straßenverkehrsbehörde als Fachaufsichtsbehörde die Weisung erteilen. Die Anordnung finde keine Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2 StVO. Unabhängig vom Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen sei die Gemeinde nur zu Anordnungen befugt, die sich im Rahmen der Widmung hielten. Sie könne nicht eine danach zulässige Verkehrsart von der Benutzung der Straße ausschließen. Die erfolgte Verkehrsbeschränkung sei straßenverkehrsrechtlich nur nach einer entsprechenden Teileinziehung zulässig. Andernfalls würden das Widmungsrecht und das mit ihm verbundene förmliche Verfahren umgangen. Zwar seien Anordnungen als Maßnahmen der Gefahrenabwehr zugunsten der geschützten Rechtsgüter, Leben, Gesundheit und Vermögen der Verkehrsteilnehmer, welche situationsbedingt und nicht dauerhafter Natur seien, denkbar. Hierzu müsse jedoch eine entsprechende Gefahrenlange gegeben sein; diese werde im vorliegenden Fall nicht gesehen. Die betroffenen Straßen wiesen seit längerer Zeit die beschriebenen Schäden auf, laufende Unterhaltsmaßnahmen seien in der Vergangenheit offensichtlich nicht durchgeführt worden. Die Schäden seien jedoch nicht von solcher Beschaffenheit, dass die vorgenannten Rechtsgüter akut gefährdet würden; dies werde auch durch die Gutachten des Baustoffprüfinstituts bestätigt. Eine Zunahme des Verkehrs sei nicht ersichtlich. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Anordnung der Sperrung lägen nicht vor; das Landratsamt greife daher in keine Ermessensentscheidung der Gemeinde ein. Unabhängig davon greife die Beschränkung des Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO nicht, so dass die für das Gemeinwohl erforderliche Weisung erteilt werden könne. Die Verkehrsteilnehmer hätten einen Anspruch auf ungehinderte Nutzung der Straßen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Gemeinde Ermessenserwägungen angestellt habe sowie, dass zum jetzigen Zeitpunkt außerordentliche Schäden durch Fahrzeuge mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht von mehr als 10 Tonnen drohten. Hierfür würden auch die Ausnahmen sprechen, die für die Bewirtschafter der anliegenden landwirtschaftlichen Flächen der Gemarkungen der beiden Ortsteile erteilt worden seien; was bedeute, dass ein Teil des Schwerverkehrs weiter zugelassen werde. Zudem könne dem ausgesperrten Schwerverkehr keine Alternativstrecke angeboten werden. Die Verkehrsteilnehmer und insbesondere die Betreiber des ... Hofes hätten derzeit unzumutbare Umwege zurückzulegen; es sei für diese nicht hinnehmbar, eine eventuelle Gerichtsentscheidung abzuwarten.

2. Die Antragstellerin ließ hiergegen fristgerecht Anfechtungsklage erheben, die unter dem Aktenzeichen Au 3 K 14.1015 anhängig ist. Sie beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.

Die Straßenbaubehörde könne zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt seien, Verkehrsbeschränkungen anordnen (§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Abs. 2 StVO). Die Begrenzung des Tonnagegewichts sei für die beiden Straßen vom Gutachter empfohlen worden; hiermit sollen weitere Schäden, welche die Verkehrstüchtigkeit der Straßen beinträchtigen würden, verhindert werden. Die Annahme der geforderten Gefahrenlage setze nicht voraus, dass sich ein Schadensfall bereits realisiert habe; die konkrete Situation stelle eine das allgemeine Verkehrsrisiko erheblich übersteigende Gefahrenlage dar. Es liege die Befürchtung nahe, dass ohne die verkehrsrechtliche Anordnung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten werden. Durch eine dauerhafte Befahrung mit Fahrzeugen über 10 Tonnen käme es verstärkt zu akuten Setzungen und Aufbrüchen der Asphaltdecke, demnach zu außerordentlichen Schäden. Es könne zur Gefährdung von Leib, Gesundheit und Eigentum Dritter, insbesondere der anliegenden Wohnbevölkerung, durch Steinschläge aufgrund abgebrochener Asphaltstücke kommen. Ausnahmegenehmigungen seien nur für einen ganz engen betroffenen Personenkreis erteilt worden. Begegnungs- bzw. Ausweichverkehr sei insbesondere innerorts nicht gefahrlos möglich, da die Bebauung zum Teil bis zur Straße heranreiche; es handle sich um alte Feldwege, die maximal 3 bis 4 Meter breit seien, Bankette seien größtenteils nicht vorhanden bzw. befahrbar. Die Einmündungsbereiche zur Staatsstraße seien unübersichtlich. Die Interessen der übrigen Verkehrsteilnehmer würden gegenüber der Teilnehmer mit Fahrzeugen über 10 Tonnen überwiegen; vor allem, da es sich um einen einzelnen Anlieger handle, dessen Hofstelle auch anderweitig erreichbar sei. Dieser habe keinen Anspruch, sein Grundstück über eine bestimmte Wegstrecke zu erreichen; eine zumutbare Alternativstrecke bestehe.

3. Das Landratsamt ... beantragt für den Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Die Weisung stelle einen Verwaltungsakt dar; der zulässige Antrag sei aber unbegründet. Die streitgegenständlichen Straßen seien nicht in einem so schlechten Zustand, dass die erfolgte Sperrung gerechtfertigt sei. Die o.g. Gutachten kämen nicht zu dem Ergebnis, dass derzeit außerordentliche Schäden zu erwarten seien, ein erweiterter Schwerverkehr sei nach dem o.g. Genehmigungsbescheid für den Betrieb nicht zu erwarten; wären derart gravierende Schäden zu befürchten, müssten die Straßen kurzfristig für die Dauer der Behebung der Schäden für den gesamten Schwerverkehr gesperrt werden. Zudem wiesen die vorgenannten Straßen die Schäden vor allem innerorts schon länger auf.

4. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist zulässig, führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er statthaft. Zwar ist strittig, ob fachaufsichtliche Weisungen gegenüber einer Gemeinde einen Verwaltungsakt i. S.v. Art. 35 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) darstellen bzw. diese von den Gemeinden im Allgemeinen mangels Verletzung in eigenen Rechten nicht angefochten werden können (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand November 2013, Art. 116 GO Rn. 4 m. w. N.; BayVGH, U.v. 20.9.1976 - 67 V 70 - BayVBl 1977, 152). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann aber eine fachaufsichtliche Weisung im Straßenverkehrsrecht nach ihrem objektiven Sinngehalt dann die für einen Verwaltungsakt erforderliche Gerichtetheit auf Außenwirkung haben, wenn ihre Rechtswirkung unter Berücksichtigung des zugrundeliegenden materiellen Rechts nicht im staatlichen Innenbereich verbleibt, sondern auf den rechtlich geschützten Bereich der Gemeinde in Selbstverwaltungsangelegenheiten übergreift und damit Außenwirkung erzeugt (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1994 - 11 C 4/94 - BayVBl 1995, 474 und B.v. 27.2.1978 - VII B 36.77 - BayVBl 1978, 374; BayVGH, B.v. 21.7.2009 - 11 C 09.712 - juris). Die Antragstellerin hat nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes auch als örtliche Straßenverkehrsbehörde aus Art. 109 Abs. 2 Satz 2 der Gemeindeordnung (GO) eine wehrfähige Rechtsposition gegen staatliche Aufsichtsmaßnahmen, wenn das Gesetz - wie vorliegend § 45 Abs. 1 Satz 2 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) - ihr ein Ermessen einräumt (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.1984 - 11 B 83 A.2869 - BayVBl 1985, 368), so dass ihr bereits insoweit eine wehrfähige Rechtsposition zukommt; wenngleich der Vollzug der Straßenverkehrs-Ordnung eine Angelegenheit des übertragenen Wirkungskreises darstellt und die Gemeinden in diesen Angelegenheiten grundsätzlich an die Weisungen der übergeordneten Staatsbehörden gebunden sind (Art. 83 Abs. 4 Satz 3 der Bayerischen Verfassung - BV). Zumal in Betracht kommt, dass die gemeindliche Verkehrsplanung - als eine der Antragstellerin „zur Selbstverwaltung übertragene Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft“ (vgl. BayVGH, B.v. 18.9.1991 - 11 CS 91.2202 - BayVBl 1992, 177) - und die Verantwortlichkeit der Antragstellerin als Straßenbaubehörde (Art 47 Abs. 1, 46 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz - BayStrWG) durch die Weisungen berührt werden. Demnach ist von einer Außenwirkung der streitgegenständlichen fachaufsichtlichen Weisungen auszugehen, gegen die die Antragstellerin nach den vorgenannten Darlegungen auch antragsbefugt ist (§ 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - analog).

2. Die Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Die Behörde hat demnach unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls darzulegen, warum sie abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung, die Widerspruch und Klage grundsätzlich zukommt, die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts angeordnet hat. An den Inhalt der Begründung sind dabei allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (Schmidt in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 43). In der Begründung wurden vorliegend die auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben, die den Antragsgegner dazu bewogen haben, die aufschiebende Wirkung auszuschließen.

3. Die Anordnung des Sofortvollzugs hält auch materiell der gerichtlichen Überprüfung stand. Das Gericht hat eine eigene originäre Ermessensentscheidung zu treffen, bei der das Interesse der Antragstellerin, zumindest vorläufig die Benutzung der streitgegenständlichen Straßen weiterhin einschränken zu dürfen, abzuwägen ist gegen das öffentliche Interesse daran, dass die Nutzung alsbald auch für Fahrzeuge mit einer tatsächlichen Masse über 10 Tonnen wieder möglich ist.

Den Erfolgsaussichten der Klage kommt insoweit Bedeutung zu, als am sofortigen Vollzug eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes ebenso wenig ein schützenswertes Interesse besteht, wie an der aufschiebenden Wirkung einer ersichtlich unbegründeten Klage (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 146). Umfangreiche Beweisaufnahmen sind hier in der Regel nicht geboten (vgl. BVerfG, B. v. 1.10.1984 - 1 BvR 231/84 - GewArch 1985, 17).

Die Interessenabwägung fällt vorliegend zulasten der Antragstellerin aus. Denn nach der im Verfahren der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass sich die angefochtenen fachaufsichtlichen Weisungen als rechtmäßig erweisen und die Antragstellerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Rechtsgrundlage für die streitgegenständlichen Weisungen ist Art. 116 Abs. 1 Satz 2 GO. Danach können die Fachaufsichtsbehörden der Gemeinde für die Behandlung übertragener Angelegenheiten (Art. 8 GO) unter Beachtung des Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO Weisungen erteilen. Gemäß Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO sind Eingriffe in das Verwaltungsermessen auf die Fälle zu beschränken, in denen u. a. das Gemeinwohl oder öffentlich-rechtliche Ansprüche einzelner eine Weisung oder Entscheidung erfordern.

Das Weisungsrecht umfasst die Befugnis, von der Gemeinde die Aufhebung gemeindlicher Beschlüsse und Verfügungen (unter Erteilung einer Weisung für diese Änderung) zu verlangen. Im Rahmen des Weisungsrechts steht den Fachaufsichtsbehörden bei rechts- oder sachwidrigen Beschlüssen auch ein Beanstandungsrecht - als minus gegenüber dem Weisungsrecht - zu (vgl. BayVGH, U.v. 16.8.1993 - 26 B 92.942 - juris). Die Grenze des Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO vermittelt der Antragstellerin, wie dargelegt, eine "wehrfähige Rechtsposition" auf Beachtung der Eingriffsschranken (vgl. BayVGH, B.v. 31.10.1984 - 11 B 83 A.2869 - BayVBl 1985, 368). Der Begriff des Gemeinwohls deckt eine Vielfalt von Sachverhalten und Zwecken ab; er bedarf daher der Konkretisierung im einzelnen Fall (vgl. BVerfGE, E.v. 18.12.1968 - 1 BvR 638/64, 1 BvR 673/64, 1 BvR 200/56, 1 BvR 238/56, 1 BvR 249/56 - BVerfGE 24, 367).

Die Weisung des Landratsamtes ... an die Antragstellerin, die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 aufzuheben, ist aller Voraussicht nach rechtmäßig, da sich die angeordnete Verkehrsbeschränkung wohl als rechtswidrig erweisen wird.

b) Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) können die Straßenverkehrsbehörden u. a. die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken. Das gleiche Recht haben sie zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße (§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StVO). Zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können auch die Straßenbaubehörden gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 StVO - vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden - Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen. Verkehrszeichen sind nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist (§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO).

aa) Anordnungen nach § 45 StVO sind als Maßnahmen der Gefahrenabwehr zugunsten der in dieser Vorschrift geschützten Rechtsgüter und Interessen grundsätzlich situationsbedingt und nicht dauerhafter Natur (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2010 - 11 ZB 10.581 - juris). Sie bleiben in ihrer Geltung abhängig von der Dauer der Gefahrensituation, die ihre Vornahme veranlasst hat (vgl. Steiner, Rechtsprobleme hoheitlicher Eingriffe in den Innenstadtverkehr, DVBl 1992, 1561 [1564]). Der Erlass einer verkehrsregelnden Anordnung aufgrund der erstgenannten Bestimmung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine konkrete Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung des Straßenverkehrs voraus. Weitere rechtssatzmäßige Voraussetzung einer verkehrsbeschränkenden Maßnahme ist, dass sie zur Abwendung oder Minderung der Gefahr erforderlich und geeignet ist (BVerwG, U.v. 25.04.1980 - 7 C 19/78 - NJW 1981, 184; OVG Bremen, B.v. 10.11.1998 - 1 BA 20/97 - NZV 2000, 140). Zur Annahme einer derartigen Gefahrenlage bedarf es nicht des Nachweises, dass jederzeit mit einem Schadenseintritt zu rechnen ist; sondern es genügt die Feststellung, die konkrete Situation an einer bestimmten Stelle oder einer bestimmten Strecke einer Straße lege die Befürchtung nahe, es könnten - möglicherweise durch Zusammentreffen mehrerer gefahrenträchtiger Umstände - irgendwann in überschaubarer Zukunft mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Schadensfälle eintreten (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.1979 - 7 C 46/78 - BVerwGE 59, 221). Die Vorschrift des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO trifft spezielle Bestimmungen für Beschränkungen des fließenden Verkehrs und modifiziert und konkretisiert die allgemeine Ermächtigungsgrundlage des § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO, ersetzt diese aber nicht; das bedeutet, dass auch Maßnahmen im Regelungsbereich des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO prinzipiell im Ermessen der zuständigen Behörden stehen (vgl. BVerwG, U.v. 5.4.2001 - 3 C 23/00 - NJW 2001, 3139). Eine Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt, liegt dabei nicht erst dann vor, wenn ohne ein Handeln der Straßenverkehrsbehörde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zusätzliche Schadensfälle zu erwarten wären. Es reicht aus, dass eine entsprechende konkrete Gefahr besteht, die sich aus den besonderen örtlichen Verhältnissen ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 23.9.2010 - 3 C 37/09 - BVerwGE 138, 21).

Außergewöhnliche Schäden sind solche, die durch die Benutzung einer öffentlichen Straße durch eine bestimmte Gruppe von Verkehrsteilnehmern drohen und geeignet sind, den Gemeingebrauch durch andere zu beeinträchtigen oder die zu Unterhaltungsmaßnahmen durch den Straßenbaulastträger führen, die über das sonst übliche Maß hinausgehen (vgl. VG München, B.v. 8.12.2011 - M 23 S 11.5676; U.v. 4.11.2009 - M 23 K 09.2916 - beide juris). Dabei ist davon auszugehen, dass es sich bei der Zustandsgefährdung (etwa bei Frostaufbrüchen oder Fahrbahnschäden anderer Art) um vorläufige Maßnahmen handelt, bis die Straße wieder verkehrssicher ist, sowie, dass eine solche besteht, wenn Bauzustand und Oberflächen- oder Unterbaubeschaffenheit der Straße den Verkehr beeinträchtigen oder bei Weiterbenutzung außergewöhnliche Schäden befürchten lassen (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, § 45 StVO Rn. 39). Demnach können nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bzw. § 45 Abs. 2 StVO Beschränkungen nur für kurze Zeit angeordnet werden und zwar für Fälle, in denen eine an sich verkehrsübliche Nutzung wegen eines ungewöhnlichen baulichen Zustandes der Straße geeignet sein kann, diese außerordentlich, d. h. erheblich mehr in Mitleidenschaft zu ziehen, als es bei der normalen Abnutzung der Straßen durch den Verkehr der Fall ist (vgl. Rebler, NZV 2006, 113 [117] unter Bezugnahme auf Kodal, Straßenrecht, 5. Aufl., S. 556, § 7 Abs. 2 FStrG Rn. 33).

Ob diese Gründe vorliegen und der behördliche Eingriff erforderlich ist, unterliegt in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung (vgl. (BVerwG, U. v. 25.04.1980 - 7 C 19/78 - NJW 1981, 184). Erst bei Erfüllung dieser Voraussetzungen verbleibt der Behörde für ihre Entscheidung, ob und wie sie eingreifen will, ein Ermessensspielraum.

bb) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin findet die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 keine Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 Nr. 2 StVO bzw. § 45 Abs. 2 StVO; auch wenn insofern keine rechtlichen Einwände dagegen bestehen, dass diese nunmehr auf mehrere Tatbestände gestützt wird (vgl. Steiner, NJW 1993, 3161), was zwar erst nach Erlass der Anordnung erfolgt ist, aber aufgrund des Charakters der Verkehrszeichen als Dauerverwaltungsakte Berücksichtigung findet. Nach Aktenlage ist vorliegend davon auszugehen, dass bereits die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Anordnung nicht gegeben sind.

Denn ausgehend von den vorgenannten Maßgaben sind hier drohende außerordentliche Schäden an der ...- und der ...straße nach summarischer Prüfung nicht feststellbar.

Die Annahme der Antragstellerin, dass derartige Schäden am Straßenkörper - trotz der bestehenden Geschwindigkeitsbegrenzung - durch Fahrzeuge mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht von mehr als 10 Tonnen zu erwarten sind, ist unter Berücksichtigung der gegebenen Gesamtumstände nicht tragfähig. Dagegen spricht bereits die seitens der Antragstellerin nicht bestrittene Darlegung des Antragsgegners, dass die Straßen zwar in einem sehr schlechten Zustand sind, die bestehenden Schäden aber schon längere Zeit aufweisen, ohne dass insofern Handlungsbedarf gesehen wurde. Soweit die Antragstellerin nun ausführt, die Tragfähigkeit über 10 Tonnen sei nicht mehr gegeben, lässt sich dies den Gutachten des Baustoffprüfinstituts vom 18. April 2013 gerade nicht entnehmen. Gleiches gilt für den Vortrag, dass es durch eine dauerhafte Befahrung mit Fahrzeugen über 10 Tonnen verstärkt zu akuten Setzungen und Aufbrüchen der Asphaltdecke komme. Denn die vorgenannten Gutachten beinhalten demgegenüber, dass sich die starke Schädigung des ungebundenen Oberbaus bei Zunahme des Verkehrs erheblich verstärken dürfte, ohne explizit auf eine Benutzung durch Fahrzeuge mit einer tatsächlichen Masse von über 10 Tonnen abzustellen; örtliche Absenkungen und vertiefte Spurrinnen, wie sie häufig bei unzureichendem Straßenaufbau und/oder zu hoher Belastung festzustellen sind, werden gerade nicht angeführt. Zumal eine Zunahme des Verkehrs auf den streitgegenständlichen Straßen weder geltend gemacht noch dargelegt wird und eine erweiterte Verkehrsfreigabe für den Schwerverkehr nach Aktenlage nicht im Raum steht. Gegen drohende außergewöhnliche Schäden bei Nutzung der Straßen durch Fahrzeuge mit einem tatsächlichen Gesamtgewicht von mehr als 10 Tonnen sprechen darüber hinaus die erteilten Ausnahmegenehmigungen sowie das Zusatzzeichen „Anlieger frei“, welches Anliegern sowie Ver- und Entsorgungsfahrzeugen die uneingeschränkte Nutzung ermöglichen soll.

cc) Da demnach bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für die verkehrsrechtliche Anordnung nach summarischer Prüfung nicht vorliegen, ist diese rechtswidrig, ein Ermessen der Antragstellerin nicht eröffnet. Insoweit handelt es sich also um keine Ermessensausübung, sondern Rechtsanwendung, so dass ein uneingeschränktes Weisungsrecht besteht (vgl. Hölzl/Hien/Bauer, Gemeindeordnung u. a., Stand April 2014, Art. 109 GO Nr. II 2). Die Weisung des Landratsamtes als Fachaufsichtsbehörde, die rechtswidrige verkehrsrechtliche Anordnung aufzuheben, ist daher nicht zu beanstanden.

c) Unabhängig davon ist der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen, das Gemeinwohl erfordere - selbst bei Vorliegen der vorgenannten rechtssatzmäßigen Voraussetzungen - eine fachaufsichtliche Weisung. Die erforderlichen Gemeinwohlgründe können dem angegriffenen Bescheid selbst entnommen werden; auch eine Abwägung seitens der Fachaufsichtsbehörde im Rahmen der getroffenen Weisungen ist erfolgt. Danach haben die Verkehrsteilnehmer einen Anspruch auf ungehinderte Nutzung der Straßen im Rahmen der Widmung. Der damit letztlich angestrebte einheitliche Gesetzesvollzug rechtfertigt aber gerade im übertragenen Wirkungskreis (Art. 11 Abs. 3, Art. 83 Abs. 4 Satz 3 BV, Art. 8 Abs. 1 und 2, Art. 58 GO) ein fachaufsichtliches Einschreiten gegenüber Gemeinden, um eigentlich staatliche Aufgaben im ganzen Land „nach einigermaßen einheitlichen Kriterien zu erfüllen“ (vgl. BayVGH, B.v. 9.10.2009 - 22 ZB 08.756 - NVwZ-RR 2010, 280 m. w. N.; Bauer/Böhle/Masson/Samper, Bayerische Kommunalgesetze, Stand Februar 2014, Art. 109 Rn. 23).

Im Übrigen wäre die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 auch bei Vorliegen der vorgenannten tatbestandlichen Voraussetzungen rechtswidrig, da nach Aktenlage von einer Zweckverfehlung, demnach einem Ermessensfehlgebrauch der Antragstellerin auszugehen ist. Zwar besteht für eine verkehrsrechtliche Anordnung, die mit der Aufstellung der Verkehrszeichen bekanntgegeben wird, keine formelle Begründungspflicht (Art. 39 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG). Das ändert jedoch nichts an der materiell-rechtlichen Verpflichtung zur Ermessensausübung, die im Streitfall auch gerichtlich nachvollziehbar sein muss (vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2010 - 11 ZB 10.581 - juris). Nach Aktenlage enthält die streitgegenständliche verkehrsrechtliche Anordnung keine Begründung, sondern nimmt nur auf die vorgenannten Gutachten Bezug, so dass ihr auch keine Ermessenserwägungen entnommen werden können. Diese ergeben sich aber aus dem Schreiben der Antragstellerin an die Anlieger der ...- bzw. ...straße vom 27. August 2013 (Bl. 26 der Behördenakte; vgl. BayVGH, B.v. 7.6.2010 a. a. O., dem hinsichtlich der Ermessenserwägungen für eine verkehrsrechtliche Anordnung ebenfalls ein Schreiben der anordnenden Behörde an die Straßenanlieger zugrunde lag). Maßgeblich für die Verkehrsbeschränkung war danach, dass „nicht einzusehen“ sei, dass diese Straßen durch ein besonders vom ... Hof ausgehendes, ständig steigendes Schwerlastaufkommen „kaputt gefahren“ werden. Dies aber zielt auf den Ausschluss eines Verkehrsteilnehmers von einer nach der Widmung zulässigen Benutzungsart, nicht auf eine Verhütung drohender außerordentlicher Schäden an den Straßen durch eine bestimmte Gruppe von Verkehrsteilnehmern und eine ggf. daraus resultierende Gefährdung, mithin den Zweck der Gefahrenabwehr.

Zumal bei der Auswahl der Mittel, mit denen eine konkrete - sich aus den besonderen örtlichen Verhältnissen ergebende - Gefahr bekämpft oder gemildert werden soll, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, U.v. 5.4.2001 - 3 C 23/00 - NJW 2001, 3139) und nach den Feststellungen des Landratsamtes zum Teil für die von den Beschränkungen betroffenen Verkehrsteilnehmer, insbesondere einen Aussiedlerhof, keine zumutbare Alternativstrecke gegeben ist.

d) Demnach ist die Weisung der Fachaufsichtsbehörde an die Antragstellerin, die verkehrsrechtliche Anordnung vom 30. Juli 2013 und die diesbezüglichen Beschlüsse des Bau- und Umweltausschusses sowie des Gemeinderates aufzuheben, ebenso wie die Weisung, die aufgestellten Verkehrszeichen umgehend zu entfernen, rechtlich nicht zu beanstanden.

4. Nach allem ist der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i. V. m. Nr. 22.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

Gründe

1

Die auf alle drei Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger in Anspruch genommenen Revisionszulassungsgründe sind nicht in der gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt oder sie liegen - soweit dem Substanziierungserfordernis genügt wurde - nicht vor.

2

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht, die 1998 ergangen ist und mit Verkehrszeichen 241 (Getrennter Rad- und Gehweg) umgesetzt wurde. Diese Anordnung betrifft eine rund 300 m lange Strecke in der Münchener Innenstadt entlang der Rosenheimer Straße zwischen der Kreuzung Friedenstraße und der Kreuzung Orleansstraße. Es handelt sich hier um eine in Fahrtrichtung zweispurige Hauptverkehrsstraße; die Fahrspuren weisen jeweils eine Breite von 2,75 bis 2,80 m auf. Der für die Benutzung durch Radfahrer vorgesehene Fahrstreifen auf dem Rad- und Gehweg erreicht mit einer Breite zwischen 72 cm und 1,29 m (jeweils ohne die weiß gefärbte Fahrbahnmarkierung, die etwa 26 cm Breite hat) nicht die Mindestbreite von 1,50 m, die die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) für einen mit Zeichen 241 ausgeschilderten getrennten Rad- und Gehweg grundsätzlich vorsieht; die schmalste Stelle weist der für Radfahrer vorgesehene Streifen in der etwa 50 m langen Unterführung unter einer S-Bahn-Strecke auf.

3

Der im April 2007 eingelegte Widerspruch des Klägers und seine Klage blieben erfolglos. Sie seien unzulässig, denn die einjährige Widerspruchsfrist, die mit dem Aufstellen der Verkehrszeichen zu laufen begonnen habe, sei bei Einlegung des Widerspruchs bereits abgelaufen gewesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Klage sei, nachdem der Kläger erstmals im Frühjahr 2006 auf die Verkehrszeichen getroffen sei, zulässig. Sie erweise sich jedoch als unbegründet. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht nach § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO lägen vor. Da die Mitbenutzung der Fahrbahn durch Radfahrer hier zu einer im Verhältnis zu der auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruhenden Gefahr im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO nochmals deutlich gesteigerten Gefährdung der Radfahrer selbst führte, ein Radweg vorhanden, dessen Benutzung zumutbar und ein Ausbau des Radwegs aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht ohne Weiteres möglich sei, schade auch die Unterschreitung der Mindestbreite für den Radweg nach der VwV-StVO nicht.

4

1. Die Rechtssache weist nicht die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung auf. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts der revisionsgerichtlichen Klärung bedarf. Diese Anforderungen erfüllt keine der in der Beschwerde aufgeführten Fragen.

5

a) Der Kläger hält die Frage für klärungsbedürftig,

ob das geltende Recht der VwV-StVO allein deshalb ignoriert werden darf, weil das entscheidende Gericht entgegen den gesicherten Erkenntnissen der jahrzehntelangen Unfallforschung an frei erfundene Tatsachenbehauptungen glaubt.

7

Die "frei erfundene Tatsachenbehauptung" sieht der Kläger in der Annahme des Berufungsgerichts, dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO die Trennung von motor- und muskelbetriebenen Fahrzeugen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs diene; diese Annahme stehe im Widerspruch zur gesicherten Erkenntnis der Verkehrsunfallforschung.

8

Damit ist revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf jedoch entgegen § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht schlüssig dargetan. Der vom Kläger angegriffene Passus des Berufungsurteils gibt - ausgedrückt in anderen Worten - nur das wieder, was den Regelungsgehalt des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO ausmacht und was daher auch der hinter dieser Regelung stehenden generalisierenden Wertung des Normgebers entspricht. § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO besagt, dass die Straßenverkehrsbehörde bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen - einer qualifizierten Gefährdungslage - nach pflichtgemäßem Ermessen über die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht zu entscheiden hat (vgl. dazu auch Urteil vom 18. November 2010 - BVerwG 3 C 42.09 - BVerwGE 138, 159 <162> Rn. 17 m.w.N.). Ausgehend davon hat das Berufungsgericht zunächst geprüft, ob aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse eine das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigende Gefährdungslage gegeben ist; es hat sich - nachdem es das wegen des Zusammentreffens verschiedener im Urteil im Einzelnen dargestellten Umstände bejaht hat - in einem zweiten Schritt mit der Frage befasst, ob die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht auch ermessensfehlerfrei erfolgt ist. In diesem zweiten Prüfungsschritt hat das Berufungsgericht darauf abgestellt, ob es die Gefährdungslage in besonderer Weise noch weiter erhöhende Umstände gibt, die eine Abweichung von den Vorgaben der VwV-StVO zu dessen Mindestbreite rechtfertigen können. Diese Vorgehensweise ist im Grundsatz nicht zu beanstanden. Entscheidend ist, ob die Mitbenutzung der Fahrbahn durch Radfahrer zu einer Gefährdungssituation im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO führen würde, die auch mit Blick auf den Ausbauzustand des Radwegs nicht hinnehmbar ist. Alles Weitere ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles.

9

b) Klärungsbedarf sieht der Kläger weiter hinsichtlich der Frage,

ob ein allerorts vorkommender Umstand einen konkreten örtlichen Umstand im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO darstellen kann.

11

Auch das rechtfertigt eine auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Revisionszulassung nicht. Nachdem § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO "besondere" örtliche Verhältnisse verlangt, die zudem zu einer das allgemeine Risiko erheblich übersteigenden Gefährdung der dort in Bezug genommenen Rechtsgüter führen müssen, ist auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens schon aufgrund des Wortlauts der Norm klar, dass ein "allerorts vorkommender Umstand" für sich genommen nicht genügt.

12

Entgegen der Annahme des Klägers bietet das Verfahren ebenso wenig Anlass zu einer revisionsgerichtlichen Klärung der Frage,

ob ungeübte Radfahrer eine Radwegebenutzungspflicht gegen alle Radfahrer rechtfertigen können.

14

Eine solche Auffassung liegt dem Berufungsurteil nicht zugrunde und wäre daher auch nicht Gegenstand der revisionsgerichtlichen Überprüfung. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO nicht allein damit begründet, dass es - wie es dazu in den Entscheidungsgründen heißt - "ungeübte und/oder eher ängstliche Radfahrer" gibt; es hat diese Annahme vielmehr auf mehrere nach seinen tatsächlichen Feststellungen hier kumulativ vorliegende Umstände gestützt. Zu der im Bereich der Unterführung verminderten Wahrnehmbarkeit von Radfahrern komme die Abschüssigkeit der Straße, die jedenfalls für ungeübte und/oder ängstliche Fahrer zu einer schwereren Beherrschbarkeit des Fahrrades führe, sowie ein hohes Verkehrsaufkommen und eine geringe Breite der Fahrspuren, die ein gefahrloses Überholen von Radfahrern erschwere. Liegt eine qualifizierte Gefahrenlage im Sinne der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO vor, kann das bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zur Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht führen. Sie trifft, entsprechend der Geltung, die zur Umsetzung dieser Anordnung aufgestellten Verkehrszeichen für sich beanspruchen, alle Radfahrer. Auch insoweit besteht kein weiterer revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf.

15

c) Die vom Kläger des Weiteren aufgeworfene Frage,

ob eine überdurchschnittliche Gefährlichkeit der Fahrbahnbenutzung mit einem technischen Regelwerk belegt werde könne, das - wie die vom Berufungsgericht hier herangezogenen Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA 1995) - zum Zeitpunkt der Entscheidungsfindung bereits durch ein jüngeres Regelwerk ersetzt worden sei,

führt ebenfalls nicht auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Es versteht sich von selbst, dass technische Regelwerke grundsätzlich in ihrer aktuellen Fassung zugrunde zu legen sind. Soweit der Kläger rügt, das Berufungsgericht habe hier zu Unrecht die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen in der alten Fassung von 1995 herangezogen, betrifft das allein den konkreten Einzelfall. Die nicht weiter unterlegte Behauptung, es werde auch in jüngster Zeit und auch nach Veröffentlichung der ERA 2010 mit unzutreffenden Belastungszahlen argumentiert, genügt nicht, um dem hier in Rede stehenden Verfahren eine grundsätzliche und damit fallübergreifende Bedeutung zu verleihen.

18

d) In Bezug auf die in der Beschwerde außerdem aufgeworfenen Frage,

ob technische Hinweise für den Bau von Sonderwegen (unterstellt sie sind 1. aktuell und nicht durch neuere überholt und 2. auch nicht durch konkrete Forschungsergebnisse als im Grunde überholt entlarvt) ein Fahrbahnbenutzungsverbot rechtfertigen können,

ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 1 Nr. 2 StVO ebenfalls nicht in der gebotenen Weise dargetan. Der Kläger stellt zur Begründung darauf ab, das Berufungsgericht habe übersehen, dass sich die Frage der Einrichtung einer getrennten Radverkehrsanlage rechtlich und tatsächlich von der Anordnung einer Benutzungspflicht unterscheide. Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht geht ausdrücklich davon aus, dass Radfahrer nach dem Inkrafttreten der 24. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 7. August 1997 (BGBl I S. 2028, ber. BGBl I 1998 S. 515) nicht mehr bereits dann auf den Radweg verwiesen werden können, wenn er vorhanden ist (vgl. Rn. 33 des Urteils). Es weist ergänzend auch selbst darauf hin, dass die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ERA 1995, die es als bloßen Anhaltspunkt für die Bewertung des Gefährdungspotenzials herangezogen hat, zu einem Zeitpunkt erarbeitet worden seien, als die sich aus § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 9 StVO ergebenden verschärften Anforderungen noch nicht einmal im Entwurf vorgelegen hätten (vgl. Rn. 36 des Urteils). Im Übrigen ist in der Rechtsprechung auch des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt, dass für die Wertung, ob die in § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO vorausgesetzte besondere Gefährdungslage vorliegt, auch auf die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen zurückgegriffen werden kann (vgl. Urteil vom 18. November 2010 - BVerwG 3 C 42.09 - BVerwGE 138, 159 Rn. 27); davon gehen auch die Instanzgerichte aus (vgl. etwa VGH Mannheim, Urteil vom 10. Februar 2011 - 5 S 2285/09 - VKM 2012, 12 <14> m.w.N.).

21

Die Beantwortung der Frage,

ob das falsche Lesen eines mit dem technischen Regelwerk nicht vertrauten Richters eine Gefahr im Sinne von § 5 Abs. 9 StVO begründen kann,

erfordert ebenfalls nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Diese Frage ist ohne Weiteres zu verneinen. Es liegt auf der Hand, dass die gerichtliche Annahme, es liege eine besondere Gefährdungslage im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO vor und die Behörde habe bei der Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht ermessenfehlerfrei gehandelt, auf nicht zu beanstandenden tatsächlichen Feststellungen und darauf fehlerfrei gestützten tatsächlichen und rechtlichen Schlussfolgerungen beruhen muss. Die hinter der Fragestellung stehende Rüge des Klägers, das Berufungsgericht habe die ERA 1995 falsch gelesen, soweit dort bezogen auf die Verkehrsbelastung der Straße eine Einsatzgrenze für die Einrichtung eine Radverkehrsanlage genannt wird, betrifft allein die Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall; die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist damit nicht schlüssig dargetan.

24

e) Weiter wirft der Kläger die Frage auf,

ob allein der Wunsch schnellfahrwilliger Kraftfahrer, langsamere Fahrzeuge ohne Rücksicht auf Gegenverkehr und ohne Inanspruchnahme des - vorhandenen - zweiten Fahrstreifens jederzeit überholen zu können, schon ein Verkehrsverbot gegen die langsameren Verkehrsteilnehmer rechtfertigen kann.

26

Auch das führt nicht auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. In einem Revisionsverfahren würde sich die Frage in dieser Form nicht stellen. Die rechtmäßige Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht setzt - wie bereits dargelegt - eine besondere Gefährdung der in § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO in Bezug genommenen Rechtsgüter sowie außerdem eine fehlerfreie Ermessensausübung der Straßenverkehrsbehörde voraus. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen können sowohl die Straßenverkehrsbehörde als auch das Verwaltungsgericht berücksichtigen, ob die besonderen örtlichen Verhältnisse nach allgemeiner Erfahrung Anlass für die Annahme geben, dass Kraftfahrer hier langsamer fahrende Radfahrer ohne Beachtung des erforderlichen Sicherheitsabstandes überholen und diese dadurch gefährden, oder ob das unvermittelte Ausweichen von überholenden Kraftfahrern auf den zweiten Fahrstreifen zu einer Gefährdung anderer Kraftfahrer führen kann.

27

f) Ebenso wenig rechtfertigt die Frage,

ob es einem Gericht zusteht, eine Behörde von sämtlichen für sie geltenden gesetzlichen Regelungen zu befreien,

die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

30

Die Frage würde in dieser Form in dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren aus mehreren Gründen nicht zur Beantwortung stehen. Es kann schon nicht davon die Rede sein, das Berufungsgericht befreie die Beklagte von sämtlichen für sie geltenden gesetzlichen Regelungen. In Rede steht insoweit in sachlicher Hinsicht allein die Mindestbreite, die die VwV-StVO bei einem getrennten Rad- und Gehweg für den Fahrstreifen fordert, den die Radfahrer benutzen sollen. Die rechtliche Qualität dieser Bestimmung ist zudem nicht die einer "gesetzlichen Regelung". Zu entnehmen ist diese Vorgabe vielmehr einer Verwaltungsvorschrift, also einer verwaltungsinternen Regelung, die - worauf auch das Berufungsgericht zu Recht abgestellt hat - nach allgemeiner Auffassung zwar die Verwaltung, nicht aber ein Gericht zu binden vermag. Überdies misst sich diese Verwaltungsvorschrift auch selbst, was die Vorgabe einer Mindestbreite angeht, keine strikte Bindungswirkung im Sinne einer "Muss"-Regelung bei. Vielmehr heißt es unter II. (Radwegebenutzungspflicht) Nr. 2 Buchst. a: die lichte Breite (befestigter Verkehrsraum mit Sicherheitsraum) "soll in der Regel dabei durchgehend betragen". Im Folgenden wird ausgeführt, dass ausnahmsweise und nach sorgfältiger Überprüfung von den Mindestmaßen dann abgewichen werden kann, wenn es aufgrund der örtlichen oder verkehrlichen Verhältnisse erforderlich und verhältnismäßig ist, an kurzen Abschnitten (z.B. kurze Engstelle) unter Wahrung der Verkehrssicherheit abgewichen werden kann.

31

Abgesehen davon kann - ohne dass es hierfür erst der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf - nicht ernstlich zweifelhaft sein, dass unter den vom Berufungsgericht aufgeführten engen Voraussetzungen, also dann, wenn die Mitbenutzung der Fahrbahn durch Radfahrer zu einer im Verhältnis zu der auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruhenden besonderen Gefährdungssituation im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO nochmals deutlich gesteigerten Gefährdung der Radfahrer selbst führen würde, und ein Radweg vorhanden ist, dessen Benutzung zumutbar und dessen Ausbau aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht ohne Weiteres möglich ist, eine Radwegebenutzungspflicht unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auch dann angeordnet werden darf, wenn der Radweg nicht den Vorgaben der VwV-StVO an seine Mindestbreite entspricht. Inwieweit solche Umstände vorliegen, die eine Unterschreitung der Mindestbreite ausnahmsweise rechtfertigen können, ist nach den Gesamtumständen jedes konkreten Einzelfalls zu entscheiden und einer grundsätzlichen Klärung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht zugänglich. Eine weitergehende revisionsgerichtliche Klärung stößt in diesem Zusammenhang schon deshalb an Funktionsgrenzen, weil die Bewertung der Gefährdungssituation auf der einen und die Beurteilung der Zumutbarkeit der Benutzung eines solchen Radweges auf der anderen Seite jeweils auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz erfolgen muss, an die das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist.

32

g) Es liegt auf der Hand, dass die Beantwortung der vom Kläger aufgeworfenen Frage,

ob ein Gericht aufgrund eigener Gefahrphantasien das geltende Recht verwerfen darf,

ebenfalls kein Revisionsverfahren erfordert. Sie ist zu verneinen.

35

Die im Zusammenhang damit aufgeführte Frage,

ob im Straßenverkehrsrecht gegen die Nichtstörer (vom Kläger gemeint sind die Radfahrer) vorgegangen werden darf, obwohl die Störer (vom Kläger gemeint sind unter Verletzung verkehrsrechtlicher Vorschriften überholende Kraftfahrer) greifbar sind,

kann ebenfalls nicht zur Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass sich die Regelung des Straßenverkehrs durch Verkehrszeichen nicht gegen "Störer" im polizeirechtlichen Sinne richtet. Es geht vielmehr darum, allgemeine Verhaltensregeln vorzugeben, die die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs aufrechterhalten oder Gefahrenquellen, die der Straßenverkehr eröffnet, durch Reglementierung der Fortbewegungsmöglichkeiten einzudämmen (vgl. Urteil vom 23. September 2010 - BVerwG 3 C 37.09 - BVerwGE 138, 21 <33> Rn. 44).

38

h) Auch mit der Frage,

ob gesetzliches Recht, das die Verkehrssicherheit von Radfahrern und Fußgängern schützen soll, schon deswegen von Gerichten außer Kraft gesetzt werden darf, weil Radfahrer sich an § 1 StVO halten müssen, Kraftfahrern das aber gerichtlicherseits nicht zugemutet wird,

ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargetan. Diese Frage zielt, trotz des Versuches einer allgemeinen Einkleidung, erkennbar auf den konkreten Einzelfall. Sie beruht auf der Unterstellung des Klägers, das Berufungsgericht verlange von Kraftfahrern nicht die Einhaltung der sich aus § 1 StVO ergebenden Verhaltenspflichten. Das trifft aber nicht zu. Das Berufungsgericht geht allein von der - auch allgemeinkundigen - Tatsache aus, dass Kraftfahrer den ihnen auferlegten Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten im Straßenverkehr nicht immer genügen. Bereits deshalb würde sich die vom Kläger aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Ebenso wenig steht aus den bereits dargestellten Gründen die Außerkraftsetzung von "gesetzlichem Recht" in Rede, wie der Kläger behauptet.

41

i) Schließlich stützt der Kläger sein Begehren, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, auf den Einwand, das Berufungsgericht habe eine verkürzte und damit unzureichende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung arbeitet er im Zusammenhang damit aber nicht heraus. Soweit er Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage sieht, unter welchen Bedingungen mit straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen der Nichtstörer statt des - greifbaren - Störers in Anspruch genommen werden dürfe, gilt das vorstehend unter g) bereits Ausgeführte. Überdies hängt die Beantwortung der Frage, inwieweit sich die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht als verhältnismäßig erweist, von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab; sie ist somit einer fallübergreifenden revisionsgerichtlichen Beantwortung nicht zugänglich.

42

2. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass das Urteil des Berufungsgerichts - wie der Kläger geltend macht - von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

43

Eine solche Abweichung sieht der Kläger zum einen darin, dass das Berufungsgericht eine vollständige Verhältnismäßigkeitsprüfung für entbehrlich gehalten habe, obwohl sich nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 25. April 1980 (BVerwG 7 C 19.78 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 8 = NJW 1981, 184) eine Maßnahme nach § 45 Abs. 1 StVO nur dann als rechtmäßig erweise, wenn sie geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn sei. Damit hat der Kläger jedoch nicht dargetan, dass das Berufungsgericht einen vom genannten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, wie das § 132 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO voraussetzt. Behauptet wird damit allein die fehlerhafte Anwendung eines solchen vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten rechtlichen Obersatzes. Darin wäre - die Richtigkeit dieser Auslegung des Berufungsurteils durch den Kläger unterstellt - allein ein Subsumtionsfehler des Berufungsgerichts zu sehen, nicht aber Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

44

Ebenso wenig hat der Kläger eine Abweichung des Berufungsurteils vom Urteil des Senats vom 5. April 2001 (BVerwG 3 C 23.00 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 41 = NJW 2001, 3139) schlüssig dargetan. Sein Vortrag hierzu beschränkt sich auf die Rüge, das Berufungsgericht habe keinerlei nachvollziehbare Ausführungen dazu gemacht, inwiefern die Gefahrenlage an der hier in Rede stehenden Strecke das allgemeine Risiko erheblich übersteige. Das richtet sich der Sache nach gegen die Beurteilung der Gefährdungssituation durch das Berufungsgericht. Dass das Berufungsurteil einen von der vom Kläger herangezogenen revisionsgerichtlichen Rechtsprechung abweichenden rechtlichen Obersatz aufweist, arbeitet die Beschwerde dagegen nicht heraus. Sie wird den Darlegungserfordernissen einer Divergenzrüge daher nicht gerecht.

45

3. Die Beschwerde zeigt keinen Verfahrensmangel auf, der vorliegt und auf dem das angegriffene Berufungsurteil beruht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

46

a) Der Kläger sieht einen Verfahrensfehler darin, dass das Berufungsgericht wesentliche Teile seines Vortrags übergangen habe. Er habe nachgewiesen, dass die Anordnung einer Radwegebenutzungspflicht bei Straßen, wie hier, die Verkehrssicherheit nicht verbessere, sondern verschlechtere. Diesen Vortrag habe das Berufungsgericht willkürlich nicht zur Kenntnis genommen, sondern sei ohne nähere Begründung vom Gegenteil ausgegangen. Damit wird jedoch der Sache nach kein Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ("error in procedendo") geltend gemacht, gerügt wird vielmehr im Kern eine unzutreffende Beurteilung der Gefährdungssituation durch das Berufungsgericht und damit eine fehlerhafte Anwendung des sachlichen Rechts.

47

b) Für verfahrensfehlerhaft hält der Kläger außerdem, dass das Berufungsurteil auf die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA) 1995 abstelle, obwohl diese Empfehlungen zum Entscheidungszeitpunkt bereits von den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen in der Fassung von 2010 überholt gewesen seien. Außerdem habe das Gericht seinen Vortrag missachtet, dass die in den Empfehlungen 1995 genannten Kfz-Belastungszahlen unhaltbar seien. Auch das zielt jedoch nicht auf einen Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, sondern auf eine - nach Auffassung des Klägers - fehlerhafte Beweiswürdigung und im Ergebnis unrichtige Bejahung der Voraussetzungen von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO durch das Berufungsgericht.

48

c) Darüber hinaus macht der Kläger geltend, das Berufungsgericht sei unzutreffend und damit verfahrensfehlerhaft davon ausgegangen, er habe auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Auch insoweit kann kein Verfahrensfehler festgestellt werden, auf dem das Berufungsurteil beruht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat mit Schriftsatz vom 26. Mai 2010 auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet. Auch wenn man davon ausgeht, dass ein Widerruf dieser Prozesshandlung zumindest unter engen Voraussetzungen in Betracht kommen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 2006 - BVerwG 7 B 90.05 - juris Rn. 13 m.w.N.), sind doch an die Erklärung des Widerrufs als "actus contrarius" schon aus Gründen der Verfahrenssicherheit dieselben formalen Anforderungen zu stellen wie an den vorangegangen Verzicht auf mündliche Verhandlung. Der Verzicht auf mündliche Verhandlung kann aber nur schriftlich, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll erklärt werden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 101 Rn. 5 m.w.N.). Ein diesen formalen Anforderungen genügender Widerruf des Verzichts auf mündliche Verhandlung ist seitens des Klägers nicht erfolgt. Er kann insbesondere nicht in dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 10. Juni 2010 gesehen werden; dort wird die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nur für den Fall beantragt, dass es aus Sicht des Gerichts darauf ankomme, ob das Bayerische Staatministerium des Innern die Ungültigkeit der StVO-Novelle behauptet habe. Offen bleiben kann, ob ein solcher unter eine Bedingung gestellter Widerruf überhaupt zulässig wäre; jedenfalls ist die im Schriftsatz genannte Bedingung nicht eingetreten. Die Annahme des Klägers, dass der zuvor erklärte Verzicht auf mündliche Verhandlung aufgrund der Einführung weiteren Tatsachenmaterials durch den Beklagten nach diesem Verzicht von selbst, also auch ohne einen wirksamen Widerruf, entfallen sein könnte, ist unzutreffend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 2006 a.a.O. Rn. 16).

49

Dass das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör dadurch verletzt haben könnte, dass es die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet hat, ist vom Kläger nicht dargetan. Er hat zum Schriftsatz der Beklagten vom 31. Mai 2010 seinerseits unter dem 10. Juni 2010 ausführlich schriftsätzlich Stellung genommen und dort in Kenntnis des Beklagtenvortrags nur unter den bereits dargestellten - nicht eingetretenen - Voraussetzungen die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt. Was der Kläger im Falle der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung noch ergänzend zu den von ihm in der Beschwerdebegründung aufgeführten Beklagtenschriftsätzen hätte darlegen wollen und inwieweit das für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung gewesen wäre, ist nicht dargelegt.

50

d) Schließlich wendet sich der Kläger gegen die in den Entscheidungsgründen enthaltene Feststellung, dass es auf der streitgegenständlichen Strecke im Bereich der Unterführung "eine herabgesetzte Wahrnehmbarkeit von Radfahrern" gebe. Das sei während des Ortstermins nicht festgestellt worden, sondern vom Gericht frei erfunden. Damit wendet sich der Kläger gegen eine tatsächliche Feststellung des Berufungsgerichts, die das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindet, wenn er nicht einen Verstoß gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung, allgemeine Erfahrungssätze oder gegen die Denkgesetze geltend machen kann. Das ist jedoch nicht der Fall. Dass der Kläger die Wahrnehmbarkeit von Radfahrern in dem hier in Rede stehenden Streckenabschnitt anders beurteilt als das Berufungsgericht, genügt nicht.

Tatbestand

1

Der Kläger, der als selbständiger Fuhrunternehmer Segel- und Motoryachten transportiert, wendet sich gegen Lkw-Überholverbote auf der Bundesautobahn A 8 Ost.

2

Dort ist zwischen km 97,65 und km 125 in Richtung Salzburg und zwischen km 123,2 und km 87,2 in Richtung München eine Streckenbeeinflussungsanlage (SBA) installiert, die am 1. März 2000 zunächst in Probe- und später in Dauerbetrieb genommen wurde. Sie zeigt seit dem 6. Oktober 2000 das Verkehrszeichen für Lkw-Überholverbote automatisch an, wenn in der jeweiligen Fahrtrichtung eine Verkehrsstärke von 2 700 Pkw-E/h und ein Lkw-Anteil von 15 % erreicht werden; zuvor, seit der ersten Schaltung der Anlage im April 2000, wurden Lkw-Überholverbote erst ab einem Aufkommen von 4 000 Pkw-E/h angezeigt. Darüber hinaus sind zwischen km 97,65 und km 100,9 sowie zwischen km 122 und km 125 in Richtung Salzburg sowie zwischen km 123,2 und km 87,2 in Richtung München starre Verkehrsschilder und Prismenwender aufgestellt, die ebenfalls Lkw-Überholverbote anzeigen.

3

Den Widerspruch des Klägers hat der Beklagte nicht beschieden. Nach Einlegung des Widerspruchs wurden bestimmte Verbotsschilder durch Prismenwender ersetzt.

4

Das Verwaltungsgericht hat die am 18. Juli 2003 erhobenen Klagen nach Einholen eines Sachverständigengutachtens mit Urteilen vom 14. November 2007 als unbegründet abgewiesen.

5

Die Berufungen des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, der den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung nochmals angehört hat, mit Urteil vom 29. Juli 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Klagen seien unzulässig, soweit sie sich gegen die durch Prismenwender bekannt gegebenen Überholverbote richteten. Der Kläger habe sich in seinem Widerspruch vom 21. August 2001 nur gegen durch die Streckenbeeinflussungsanlage und starre Verkehrszeichen angezeigte Lkw-Überholverbote gewandt. Ansonsten seien die Klagen zulässig, insbesondere nicht verfristet. Die Rechtsmittelfrist beginne erst dann zu laufen, wenn sich der Verkehrsteilnehmer dem Verkehrszeichen erstmals gegenübersehe. Hier sei es außerdem zu Änderungen der der Beschilderung zugrunde liegenden verkehrsrechtlichen Anordnungen gekommen; sie hätten den Lauf der Rechtsmittelfrist erneut ausgelöst. Soweit die Klagen zulässig seien, seien sie unbegründet. Eine Gefahrenlage, die auf besondere örtliche Verhältnisse im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO zurückzuführen sei, ergebe sich aus den Streckencharakteristika (erhebliche Höhenunterschiede mit entsprechenden Steigungs- und Gefällstrecken; Nichterreichen der erforderlichen Haltesichtweiten wegen der Kuppen- und Wannenhalbmesser sowie engen Kurvenradien; dichte Abfolge von Anschlussstellen; nur zwei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung ohne Standstreifen und mit einem nur schmalen Mittelstreifen) in Verbindung mit einem überdurchschnittlichen Verkehrsaufkommen. Die Unfallraten hätten in den Jahren von 1991 bis 1993 in beiden Fahrtrichtungen deutlich über dem bayerischen Durchschnitt gelegen. Daraus und aus der weit überdurchschnittlichen Verkehrsbelastung folge, dass die konkrete Gefahrenlage das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteige. Bei der Auswahl des Mittels zur Bekämpfung dieser Gefahren habe der Beklagte den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht verletzt. Aus der Studie der Zentralstelle für Verkehrssicherheit der Straßenbauverwaltung (ZVS) vom 21. September 2007 ergebe sich, dass Lkw-Überholverbote geeignet seien, die Verkehrssicherheit auf den streitigen Autobahnabschnitten zu verbessern. Der dort angestellte Vergleich der Zeit vor und nach der Anordnung von Lkw-Überholverboten weise für die untersuchten Strecken eine Abnahme der Unfallzahlen aus. Das zeige auch ein Vergleich der Überholverbotsstrecken mit dem übrigen bayerischen Autobahnnetz. Dieses Ergebnis könne auch für die streitgegenständlichen Autobahnabschnitte zugrunde gelegt werden. Den Einwand des Klägers, der Zahlenvergleich beruhe auf einem methodischen Fehler, habe der hierzu angehörte Sachverständige entkräftet. Nach seinen Angaben könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass sich ein Teil des Lkw-Verkehrs in die überholverbotsfreien Zeiten verlagere; das bedeute aber nicht, dass sich die Unfallzahlen in einer Weise veränderten, die die Aussagekraft des angestellten Vergleichs verringere. Soweit der Kläger bemängele, dass die Untersuchung der ZVS auch einen Autobahnabschnitt einschließe, auf dem 2005 und 2006 gar keine Überholverbotszeichen aufgestellt gewesen seien, müsse dem nicht nachgegangen werden, weil der Vorher-Nachher-Vergleich nicht wesentlich anders ausfalle, wenn man die dortigen Unfallzahlen nicht berücksichtige. Wegen der Besonderheiten der hier streitigen Autobahnabschnitte könne der Kläger die Eignung der Überholverbote auch nicht mit dem Verweis auf die Studien von Drews und Assing in Frage stellen. Weniger weitgehende Beschränkungen, die die Verkehrssicherheit in gleichem Maße gewährleisteten, hätten sich dem Beklagten nicht aufdrängen müssen. Es bleibe der Straßenverkehrsbehörde vorbehalten, aufgrund ihres Erfahrungswissens und ihrer Sachkunde zu entscheiden, welche Maßnahme den bestmöglichen Erfolg verspreche. Zwar habe der Kläger als Alternative eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung genannt, doch nicht im Ansatz den Nachweis geführt, dass es sich beim Lkw-Überholverbot um eine ersichtlich sachfremde und damit unvertretbare Maßnahme handele. Die nach § 45 Abs. 1 StVO gebotenen Ermessenserwägungen habe der Beklagte angestellt. Das ergebe sich zwar nicht aus den verkehrsrechtlichen Anordnungen, doch habe die zuständige Autobahndirektion in ihrem Schreiben an die Regierung von Oberbayern die Notwendigkeit einer Anordnung der Lkw-Überholverbote im Einzelnen begründet. Außerdem handele es sich, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 45 Abs. 9 StVO vorlägen, um intendiertes Ermessen. Der Kläger werde schließlich auch nicht in seinen Grundrechten verletzt. Soweit er in seiner Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) betroffen sei, hätten die Überholverbote ihren sachlichen Grund in der Notwendigkeit, die festgestellten Verkehrsgefahren zu vermindern. Dass der Kläger dadurch in seiner Existenz gefährdet werde, habe er weder vorgetragen noch sei dies sonst ersichtlich. Eine Beschränkung der straßenrechtlichen Widmung zu Lasten des Schwerlastverkehrs sei mit den Überholverboten nicht verbunden. Sie bedeuteten auch keine unzulässige Privilegierung des Pkw-Verkehrs.

6

Zur Begründung seiner Revision macht der Kläger geltend: Zu Unrecht habe der Verwaltungsgerichtshof seine Klage für unzulässig gehalten, soweit sie sich gegen die durch Prismenwender bekannt gegebenen Überholverbote richte. Sein Widerspruch habe auch diese Streckenabschnitte umfasst. Dass in Widerspruch und Klage nicht von Prismenwendern die Rede gewesen sei, habe seinen Grund darin, dass dort damals noch keine Prismenwender, sondern starre Verkehrszeichen gestanden hätten. Abgesehen davon seien die den Überholverboten zugrunde liegenden Anordnungen mehrfach geändert worden; darin liege eine Neuregelung, mit der die Rechtsmittelfrist neu in Gang gesetzt werde. Schließlich beginne die Jahresfrist jedes Mal neu zu laufen, wenn er das Verkehrszeichen erneut passiere; insoweit könne nichts anderes gelten als bei Einzelanordnungen eines Polizeivollzugsbeamten. Seine Klage sei auch begründet, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Lkw-Überholverbote hätten nicht vorgelegen. Das Berufungsgericht habe sich trotz der Ortsbezogenheit von § 45 Abs. 9 StVO nicht mit den einzelnen Streckenabschnitten befasst. Es habe auf Unfallraten aus den Jahren 1991 bis 1993 verwiesen, obwohl es auf den Sachstand zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, also zum 27. Juli 2009, ankomme. Tragfähige aktuelle Unfalldaten habe der Beklagte nicht vorgelegt, insbesondere nicht dazu, dass die Unfallzahlen nach der Anordnung der Lkw-Überholverbote gesunken seien. Aus den Streckencharakteristika - hier Steigungen und Gefälle - könne keine konkrete, sondern nur eine abstrakte Gefahr abgeleitet werden. Ebenfalls zu Unrecht habe das Berufungsgericht Ermessensfehler verneint. Die Eignung der Lkw-Überholverbote könne es mit der Studie der Zentralstelle für Verkehrssicherheit der Straßenbauverwaltung (ZVS) vom 21. September 2007 nicht begründen. Die dort angewandte Methodik sei fehlerhaft. Der Sachverständige sei dieser Kritik zwar nicht gefolgt. Es bestünden aber erhebliche Zweifel an dessen Unparteilichkeit, nachdem er einen Verkehrsversuch zur Wirksamkeit von Geschwindigkeitsbeschränkungen und Überholverboten wissenschaftlich begleitet habe. Außerdem gebe es eine Reihe von Zweifeln an der Richtigkeit seiner Annahmen. Es widerspreche den allgemeinen Beweiswürdigungsgrundsätzen, wenn das Berufungsgericht den teils widersprüchlichen, teils nicht fundierten Annahmen von ZVS und Sachverständigem gefolgt sei. Nachdem die herrschende Meinung in der Verkehrswissenschaft eine positive Wirkung von Lkw-Überholverboten nicht als belegt ansehe, sei bis zum Beweis des Gegenteils von deren mangelnder Eignung auszugehen. Auch hinsichtlich der Erforderlichkeit von Lkw-Überholverboten habe das Berufungsgericht einen falschen Maßstab angelegt, wenn es annehme, er - der Kläger - habe den Nachweis zu führen, dass das Verbot ersichtlich sachfremd und daher unvertretbar sei. Es sei vielmehr der Beklagte, der die Erforderlichkeit der getroffenen Maßnahme zu belegen habe. Im Übrigen habe er nachgewiesen, dass allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkungen oder die Anordnung von Mindestgeschwindigkeiten auf Überholspuren vorzuziehen gewesen seien. Diese Maßnahmen würden auch in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung empfohlen. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht nicht beanstandet, dass sich der Beklagte mit diesen Alternativen nicht auseinandergesetzt habe. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Maßnahme habe es verkannt, dass das Lkw-Überholverbot zu einer erheblichen Beschränkung der Verkehrsqualität führe, da sich die Lkw-Fahrer in ihrer Fahrweise dem Langsamsten anpassen müssten. Ihnen werde außerdem die Nutzung eines erheblichen Teils der zum Gemeingebrauch freigegebenen Verkehrsfläche vorenthalten. Das behindere sie in der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit und in ihrer Berufsfreiheit. Darauf, dass die Lkw-Fahrer gegenüber den Pkw-Fahrern in der Minderzahl seien, könne nicht verwiesen werden, da die Grundrechte nicht aufrechenbar seien.

7

Der Beklagte tritt der Revision entgegen. Der Kläger müsse sich daran festhalten lassen, dass er seinen Widerspruch nur gegen Lkw-Überholverbote durch die Streckenbeeinflussungsanlage und starre Verkehrsschilder gerichtet habe. Die nach Auffassung des Klägers gebotene Ausweisung von Unfällen, die speziell auf Lkw-Überholmanöver zurückzuführen seien, sei faktisch nicht möglich. Daten über das Unfallgeschehen von 1993 bis 1997 hätten nicht vorgelegen. Die Zahlen für die Jahre 1998 bis 2009 ergäben einen stetigen Rückgang der Unfallzahlen und der Unfallrate. Besondere örtliche Verhältnisse habe das Berufungsgericht nicht nur aus Steigungen und Gefällen abgeleitet, sondern noch auf weitere Umstände abgestellt. Zu Recht habe es auch die Eignung und Erforderlichkeit der Lkw-Überholverbote bejaht.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist wie der Beklagte der Auffassung, dass die Rechtsmittelfrist für alle Verkehrsteilnehmer mit dem Aufstellen des Verkehrszeichens als dessen öffentlicher Bekanntgabe zu laufen beginne. Das sei zur Sicherung des Rechtsfriedens auch unerlässlich; andernfalls könnte eine solche Allgemeinverfügung nie bestandskräftig werden. Die streitigen Lkw-Überholverbote hätten aufgrund der besonderen Streckencharakteristika angeordnet werden dürfen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist zulässig. Zwar ist seine Revisionsschrift erst am 2. Oktober 2009 und damit nach Ablauf der am 30. September 2009 endenden Revisionsfrist beim Berufungsgericht eingegangen. Der Briefumschlag wurde von der Post aber schon am 27. September 2009 abgestempelt; der Schriftsatz wurde danach so frühzeitig aufgegeben, dass er bei normalem Postlauf fristgerecht hätte eingehen müssen. Dem Kläger ist deshalb Wiedereinsetzung in die versäumte Revisionsfrist zu gewähren (§ 60 Abs. 1 und 2 VwGO).

10

Seine Revision ist im Ergebnis unbegründet. Zwar hat das Berufungsgericht die Klage zu Unrecht für unzulässig gehalten, soweit sich der Kläger gegen in den streitigen Streckenabschnitten durch Prismenwender bekannt gegebene Lkw-Überholverbote wendet. Doch lagen auch dort die rechtlichen Voraussetzungen für deren Anordnung - soweit sie angegriffen wird - vor, so dass das Berufungsurteil insgesamt Bestand hat (§ 144 Abs. 4 VwGO).

11

1. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klagen seien wegen fehlender Widerspruchseinlegung unzulässig, soweit sie sich gegen die durch Prismenwender bekannt gegebenen Überholverbote richteten, steht nicht im Einklang mit Bundesrecht. Das Berufungsgericht hat insoweit die Reichweite von § 68 Abs. 1 VwGO verkannt.

12

Zwar trifft es zu, dass der Kläger in seinem Widerspruch vom 21. August 2001 und dessen Ergänzung durch Schriftsatz vom 7. Mai 2002 als Gegenstand seines Rechtsbehelfs nur die Anordnung von Überholverboten durch die Verkehrsbeeinflussungsanlage und starre Verkehrszeichen genannt hat. Doch wird aus seinem Vorbringen deutlich, dass er die in den genannten Streckenabschnitten geltenden Lkw-Überholverbote ungeachtet ihrer Bekanntmachungsform insgesamt beseitigt wissen will. Wurden nach der Einlegung des Widerspruchs starre Verkehrsschilder durch Prismenwender ersetzt, mit denen ebenfalls Lkw-Überholverbote bekannt gegeben wurden, war die erneute Einleitung eines Widerspruchsverfahrens entbehrlich, da der Streitstoff im Wesentlichen der Gleiche blieb (vgl. u.a. Urteile vom 23. März 1982 - BVerwG 1 C 157.79 - BVerwGE 65, 167 = NJW 1982, 2513 <2514> und vom 18. Mai 1990 - BVerwG 8 C 48.88 - BVerwGE 85, 163 <167>). Andernfalls müsste der Widerspruchsführer die von ihm angegriffenen Verkehrszeichen und deren Bekanntmachungsform unter ständiger Kontrolle halten, um zu vermeiden, dass eventuelle Nachfolgeregelungen in Bestandskraft erwachsen. Das kann von ihm mit Blick auf den nach Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz nicht erwartet werden.

13

Soweit innerhalb der streitgegenständlichen Streckenabschnitte zusätzlich Prismenwender aufgestellt wurden, um damit Verkehrskontrollen zu ermöglichen, sind die dadurch bekannt gemachten Verkehrsverbote, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, nicht Angriffsgegenstand. Ohnehin nicht von der Klage erfasst sind Prismenwender, die außerhalb der in den Klageanträgen bezeichneten Streckenabschnitte aufgestellt wurden.

14

2. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die wegen des Fehlens einer Rechtsmittelbelehrung einjährige Widerspruchsfrist nach § 70 Abs. 2 i.V.m. § 58 Abs. 2 VwGO gegenüber dem Kläger nicht schon mit dem Aufstellen der betreffenden Verkehrszeichen zu laufen begann, sondern erst zu dem Zeitpunkt, in dem er erstmals auf diese Verkehrszeichen traf.

15

Das Lkw-Überholverbot nach Zeichen 277, das wie andere Verkehrsverbote und -gebote ein Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 Satz 2 VwVfG ist (stRspr seit den Urteilen vom 9. Juni 1967 - BVerwG 7 C 18.66 - BVerwGE 27, 181 <182> und vom 13. Dezember 1979 - BVerwG 7 C 46.78 - BVerwGE 59, 221 <224>), wird gemäß § 43 VwVfG gegenüber demjenigen, für den es bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem es ihm bekannt gegeben wird. Die Bekanntgabe erfolgt nach den bundesrechtlichen (Spezial-)Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung durch Aufstellen des Verkehrsschildes (vgl. insbesondere § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 4 StVO). Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon "mit einem raschen und beiläufigen Blick" erfassen kann (BGH, Urteil vom 8. April 1970 - III ZR 167/68 - NJW 1970, 1126 f.), äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht (Urteil vom 11. Dezember 1996 - BVerwG 11 C 15.95 - BVerwGE 102, 316 <318>). Das gilt unabhängig davon, ob die Bekanntgabe in Form starrer Verkehrszeichen erfolgt oder mithilfe einer Anzeige über eine Streckenbeeinflussungsanlage oder einen Prismenwender.

16

Damit ist nicht gesagt, dass auch die Anfechtungsfrist gegenüber jedermann bereits mit dem Aufstellen des Verkehrszeichens in Gang gesetzt wird. Diese Frist wird vielmehr erst dann ausgelöst, wenn sich der betreffende Verkehrsteilnehmer erstmals der Regelung des Verkehrszeichens gegenübersieht. Jedes andere Verständnis geriete in Konflikt mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG, die es verbietet, den Rechtsschutz in unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren. Liefe die Anfechtungsfrist für jedermann schon mit dem Aufstellen des Verkehrsschildes, könnte ein Verkehrsteilnehmer, der erstmals mehr als ein Jahr später mit dem Verkehrszeichen konfrontiert wird, keinen Rechtsschutz erlangen; denn bis zu diesem Zeitpunkt war er an der Einlegung eines Rechtsbehelfs mangels individueller Betroffenheit (§ 42 Abs. 2 VwGO) gehindert, danach würde ihm der Ablauf der einjährigen Anfechtungsfrist entgegengehalten. Dieses Rechtsschutzdefizit wird auch durch die Möglichkeit, ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zu beantragen, nicht in der verfassungsrechtlich gebotenen Weise ausgeglichen, dies schon wegen der besonderen Voraussetzungen, die § 51 VwVfG an einen solchen Rechtsbehelf stellt.

17

Dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 1996 (a.a.O.) lässt sich Gegenteiliges nicht entnehmen (so aber VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. März 2009 - 5 S 3047/08 - JZ 2009, 738). Es stellt ausdrücklich klar, dass es nicht im Widerspruch zur Aussage des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 13. Dezember 1979 (a.a.O.) stehe, wonach ein Verkehrsteilnehmer von dem Verwaltungsakt erst dann betroffen werde, "wenn er sich (erstmalig) der Regelung des Verkehrszeichens gegenübersieht". Dass in dem Urteil aus dem Jahre 1996 die Bekanntgabe nach den Vorschriften der Straßenverkehrs-Ordnung als eine besondere Form der öffentlichen Bekanntmachung bezeichnet wird, zwingt ebenso wenig zu dem Schluss, dass auch die Anfechtungsfrist für jedermann mit dem Aufstellen des Verkehrszeichens zu laufen beginnt; denn es handelt sich - wie dort zutreffend ausgeführt wird - um eine "besondere" Form der öffentlichen Bekanntmachung, die von der Wirkung anderer Formen öffentlicher Bekanntmachung durchaus abweichen kann.

18

Entgegen der Auffassung des Klägers beginnt die gemäß § 58 Abs. 2 VwGO einjährige Rechtsbehelfsfrist allerdings nicht erneut zu laufen, wenn sich derselbe Verkehrsteilnehmer demselben Verkehrszeichen ein weiteres Mal gegenübersieht. Das Verkehrsge- oder -verbot, das dem Verkehrsteilnehmer bei seinem ersten Herannahen bekannt gemacht wurde, gilt ihm gegenüber fort, solange dessen Anordnung und Bekanntgabe aufrechterhalten bleiben. Kommt der Verkehrsteilnehmer erneut an diese Stelle, hat das Verkehrszeichen für ihn nur eine erinnernde Funktion. Daraus, dass Verkehrszeichen gleichsam an die Stelle von Polizeivollzugsbeamten treten (so etwa Beschluss vom 7. November 1977 - BVerwG 7 B 135.77 - NJW 1978, 656), kann der Kläger nichts anderes herleiten. Trotz der Funktionsgleichheit und wechselseitigen Vertauschbarkeit einer Verkehrsregelung durch Verkehrszeichen einerseits und durch Polizeibeamte andererseits unterscheiden sie sich dadurch, dass Verkehrszeichen die örtliche Verkehrssituation regelmäßig dauerhaft regeln (so auch bereits Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O. S. 225).

19

Dagegen begann mit der Änderung der Ein- und Ausschaltwerte an der Streckenbeeinflussungsanlage zum 6. Oktober 2000 - wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend erkannt hat - die einjährige Rechtsmittelfrist neu zu laufen. Denn von da an ging die Anzeige des Zeichens 277 auf eine wesentliche Änderung der dem Lkw-Überholverbot zugrunde liegenden verkehrsrechtlichen Anordnung zurück, was nach außen zur Bekanntgabe eines neuen Verwaltungsaktes führt. Auch soweit nach den Feststellungen des Berufungsgerichts am 7. August 2001 an starr angebrachten Verkehrszeichen 277 die Zusatzschilder entfernt wurden, mit denen das Lkw-Überholverbot auf Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t beschränkt worden war, liegt darin eine Neuregelung, für die der Lauf der Rechtsmittelfrist neu zu bestimmen ist.

20

3. Die danach zulässige Klage ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage seiner tatsächlichen Feststellungen zutreffend angenommen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Lkw-Überholverbote vorlagen und der Beklagte auch ermessensfehlerfrei gehandelt hat.

21

a) Maßgeblich für den Erfolg einer gegen einen Dauerverwaltungsakt gerichteten Klage ist regelmäßig die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten tatsachengerichtlichen Verhandlung (stRspr; vgl. für verkehrsbeschränkende Anordnungen u.a. Urteile vom 21. August 2003 - BVerwG 3 C 15.03 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 19 = NJW 2004, 698<699>, vom 14. Dezember 1994 - BVerwG 11 C 25.93 - BVerwGE 97, 214 <221> = Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 31 und vom 27. Januar 1993 - BVerwG 11 C 35.92 - BVerwGE 92, 32 <35 f.> = Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 24), hier also am 27. Juli 2009.

22

Zwar lag dieser Rechtsprechung die Anfechtung starrer Verkehrszeichen zugrunde, doch gilt bei einer Klage, die gegen die zeitlich unterbrochene Anzeige eines Lkw-Überholverbotes durch eine Streckenbeeinflussungsanlage oder einen Prismenwender gerichtet ist, nichts anderes. Insbesondere kann es in diesen Fällen nicht auf den Zeitpunkt ankommen, zu dem die konkrete Anzeige wieder erloschen ist, der sich der Betroffene beim Vorbeifahren gegenübersah. Die Rechtfertigung dafür, auch bei der gerichtlichen Überprüfung von Wechselanzeigen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Tatsachengerichts abzustellen, liegt darin, dass der Anzeige des Lkw-Überholverbotes durch eine Streckenbeeinflussungsanlage feste Algorithmen zugrunde liegen. Ein solches Verkehrsgebot oder -verbot ist, wenn auch nicht im strengen Sinn auf Dauer, so doch in Abhängigkeit von den voreingestellten Werten auf stetige Wiederholung angelegt. Ähnliches gilt für die Anzeige eines Lkw-Überholverbotes durch Prismenwender, wenn es ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen automatisch "aktiviert" wird.

23

b) Der rechtliche Maßstab für die Beurteilung der Lkw-Überholverbote ergibt sich danach aus § 45 Abs. 1 und Abs. 9 der Straßenverkehrs-Ordnung in der Fassung der Fünfundvierzigsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 26. März 2009 (BGBl I S. 734). Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Nach Satz 2 dürfen - abgesehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen - Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter - also etwa der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs - erheblich übersteigt.

24

§ 45 Abs. 1 StVO, der als Ermächtigungsgrundlage mit der Anfügung von § 45 Abs. 9 durch die Vierundzwanzigste Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 7. August 1997 (BGBl I S. 2028) zwar modifiziert, nicht aber ersetzt worden ist, setzt somit in Verbindung mit § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO für Verbote und Beschränkungen des fließenden Verkehrs auf Autobahnen eine Gefahrenlage voraus, die - erstens - auf besondere örtliche Verhältnisse zurückzuführen ist und - zweitens - das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der relevanten Rechtsgüter (hier insbesondere: Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern sowie öffentliches und privates Sacheigentum) erheblich übersteigt.

25

Als in Bezug auf Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs speziellere Regelung konkretisiert und verdrängt § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO in seinem Anwendungsbereich die allgemeine Regelung in § 39 Abs. 1 und § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO.

26

aa) Besondere örtliche Verhältnisse im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO können bei verkehrsbehördlichen Maßnahmen wie einem Lkw-Überholverbot insbesondere in der Streckenführung, dem Ausbauzustand der Strecke, witterungsbedingten Einflüssen (z.B. Nebel, Schnee- und Eisglätte), der dort anzutreffenden Verkehrsbelastung und den daraus resultierenden Unfallzahlen begründet sein. Sie liegen - wie der Senat in Bezug auf Geschwindigkeitsbeschränkungen bereits entschieden hat - etwa dann vor, wenn eine Bundesautobahn den Charakter einer innerstädtischen Schnellstraße angenommen hat, bei der unterschiedliche Verkehrsströme zusammengeführt oder getrennt werden und wo deshalb eine erhöhte Unfallgefahr gegeben sein kann, oder wenn der Streckenverlauf durch eng aufeinanderfolgende Autobahnkreuze oder -dreiecke und eine Vielzahl von sonstigen Ab- und Zufahrten geprägt wird (vgl. Urteil vom 5. April 2001 - BVerwG 3 C 23.00 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 41 S. 22). Neben diesen auf die Streckenführung bezogenen Faktoren hat der Senat auf die Verkehrsbelastung abgestellt. So kommt es auch auf die im sog. DTV-Wert ausgedrückte durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke an; ebenso fällt ein überproportional hoher Anteil des Schwerlastverkehrs ins Gewicht. Eine besondere Verkehrsbelastung kann auch für sich allein die Gefahren begründen, die Lkw-Überholverbote rechtfertigen können (Beschluss vom 4. Juli 2007 - BVerwG 3 B 79.06 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 43 S. 2 m.w.N.).

27

Eine Gefahrenlage, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt, hat das Berufungsgericht erst dann annehmen wollen, wenn alsbald mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermehrt Schadensfälle eintreten würden, sähe die zuständige Straßenverkehrsbehörde von einem Eingreifen ab. Auch insoweit hat es auf vorangegangene Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bezug genommen (Beschluss vom 4. Juli 2007 a.a.O. und Urteil vom 5. April 2001 a.a.O.). Das bedarf der Richtigstellung. Unfälle beruhen in der Regel auf einer Mehrzahl von Faktoren, die sowohl subjektiver (Fahrerverhalten) wie objektiver Art (Streckencharakter und Verkehrsverhältnisse) sein können. Auch für die Streckeneigenschaften und die Verkehrsverhältnisse ihrerseits sind - wie bereits gezeigt - eine Reihe von Umständen (mit-)bestimmend. Angesichts dessen wird sich in der konkreten Situation eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit vermehrter Schadensfälle kaum je dartun lassen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass es bei Verkehrsbeschränkungen und -verboten im Sinne des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO regelmäßig - bei solchen zur Unfallvermeidung wie den hier in Rede stehenden Lkw-Überholverboten immer - um die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben und bedeutende Sachwerte geht. Nach den allgemeinen Grundsätzen des Gefahrenabwehrrechts ist jedoch, wenn derart hochrangige Rechtsgüter betroffen sind, ein behördliches Einschreiten bereits bei einer geringeren Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zulässig und geboten. Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit wird daher von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO nicht gefordert. Die Vorschrift setzt nur - aber immerhin - eine das allgemeine Risiko deutlich übersteigende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts voraus. Erforderlich ist somit eine entsprechende konkrete Gefahr, die auf besonderen örtlichen Verhältnissen beruht.

28

bb) Die Beantwortung der Frage, ob eine solche qualifizierte Gefahrenlage besteht, bedarf einer Prognose, für deren Tatsachenbasis der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht maßgeblich ist. Das bedeutet, dass die Voraussetzungen für die getroffenen Anordnungen von der Straßenverkehrsbehörde fortlaufend "unter Kontrolle" gehalten werden müssen. Dementsprechend bleibt es ihr - ebenso wie dem betroffenen Verkehrsteilnehmer - möglich, bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht neue, also auch nachträglich entstandene Tatsachen vorzubringen, mit denen die Rechtmäßigkeit der Anordnungen untermauert oder in Frage gestellt werden kann.

29

Bei der Prüfung, ob die in § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO geforderten Voraussetzungen vorliegen, ist das Revisionsgericht an die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden, soweit hiergegen nicht zulässige und begründete Verfahrensrügen erhoben werden; weiterer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren ist ausgeschlossen (§ 137 Abs. 2 VwGO). Um solche tatsächlichen Feststellungen handelt es sich zum einen, wenn es darum geht, welche der oben skizzierten das Unfallgeschehen beeinflussenden Faktoren in den hier streitigen Autobahnabschnitten gegeben sind, und zum anderen bei der Wertung, aus welchen dieser Faktoren oder aus welcher Kombination dieser Faktoren sich das besondere Gefährdungspotenzial für die Verkehrssicherheit ergibt. Ferner gehört zu den tatsächlichen Feststellungen die Wertung, welcher Erfolg von welcher straßenverkehrsrechtlichen Maßnahme zu erwarten ist. Aus der in § 137 Abs. 2 VwGO angeordneten Bindung des Revisionsgerichts folgt zugleich, dass es nicht ausreicht, wenn eine Partei den vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen nur ihre eigene andere Wertung entgegensetzt. Die Feststellungen des Berufungsgerichts können nur damit in Frage gestellt werden, dass ein Verstoß gegen die Beweiswürdigungsgrundsätze, allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze geltend gemacht wird und vorliegt.

30

cc) Hier hat das Berufungsgericht besondere örtliche Verhältnisse im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO daraus hergeleitet, dass die A 8 Ost im streitgegenständlichen Bereich erhebliche Höhenunterschiede aufweist, die deshalb vorhandenen Kuppen- und Wannenhalbmesser in Verbindung mit teilweise engen Radien dazu führen, dass die erforderlichen Haltesichtweiten nicht erreicht werden, Anschlussstellen dicht aufeinander folgen und die A 8 Ost im streitgegenständlichen Bereich nur zweispurig ausgebaut ist, über keinen Standstreifen und nur einen schmalen Mittelstreifen verfügt. Hinzu kommen ein überdurchschnittliches Verkehrsaufkommen und eine den bayerischen Durchschnittswert übersteigende Unfallrate. Dass deshalb eine das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigende Gefahrenlage im Sinne von § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO bestehe, hat das Berufungsgericht einer gemessen an den bayerischen Verhältnissen deutlich überdurchschnittlichen Unfallhäufigkeit entnommen.

31

Diese vom Berufungsgericht herangezogenen Bestimmungsfaktoren und die von ihm zur Gefahrenlage getroffenen tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geeignet, die in § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO vorausgesetzte konkrete Gefahr und nicht - wie der Kläger meint - eine nur abstrakte Gefahr zu begründen. Konkret wird sie dadurch, dass auf die besonderen örtlichen Gegebenheiten und die sich daraus ergebende Gefahrenlage abgestellt wird. Für die Annahme einer solchen konkreten Gefahr bedarf es - wie der Senat bereits entschieden hat - zwar einer sorgfältigen Prüfung der Verkehrssituation jedoch nicht zwingend der Heranziehung von Unfalltypensteckkarten oder sonst vertiefter Ermittlungen dazu, wie hoch im Einzelnen der Anteil an Unfällen ist, der ausschließlich oder überwiegend auf überholende Lastkraftwagen zurückzuführen ist. Dem steht das Erfahrungswissen entgegen, dass Unfälle - zumal Unfälle auf Autobahnen - selten monokausal sind, sondern ganz überwiegend auf einer Mehrzahl von zusammenwirkenden Ursachen beruhen, die in ihren Verursachungsanteilen nicht oder nur schwer festzulegen sind (vgl. Urteil vom 5. April 2001 a.a.O. S. 23).

32

Entgegen der Revisionsbegründung beschränkt sich das Berufungsgericht bei seiner Würdigung keineswegs darauf, allein die Streckencharakteristika heranzuziehen; einbezogen werden ebenso der Ausbauzustand, das Verkehrsaufkommen und die Unfallhäufigkeit. Ein noch weitergehendes Eingehen auf einzelne Streckenabschnitte war nicht veranlasst. Der Kläger hat nichts dazu vorgetragen, dass einzelne Abschnitte abweichende Charakteristika aufweisen. Gegen die vom Berufungsgericht zu den örtlichen Gegebenheiten getroffenen Feststellungen hat er auch keine Verfahrensrügen erhoben.

33

Ebenso wenig begründet es einen Verstoß gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze, wenn das Berufungsgericht bei seiner Bewertung der Gefahrenlage unter anderem auf die deutlich überdurchschnittlichen Unfallraten der Jahre 1991 bis 1993 abgestellt hat. Die für diese Unfälle nach seinen Feststellungen maßgeblichen besonderen örtlichen Verhältnisse haben sich seitdem nicht geändert, vielmehr ist es - wie das Berufungsgericht ebenfalls festgestellt hat - noch zu einem weiteren Anstieg des Verkehrsaufkommens auf den streitigen Streckenabschnitten gekommen. Anderes hat auch der Kläger nicht vorgetragen.

34

dd) Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Beklagte bei der Anordnung der Lkw-Überholverbote ermessensfehlerfrei gehandelt hat, ist revisionsgerichtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

35

Aus § 45 Abs. 9 Satz 2 i.V.m. § 45 Abs. 1 StVO folgt, dass auch Maßnahmen im Regelungsbereich des § 45 Abs. 9 StVO im Ermessen der zuständigen Behörden stehen. Soweit es um die Auswahl der Mittel geht, mit denen die konkrete Gefahr bekämpft oder gemildert werden soll, ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 5. April 2001 a.a.O. S. 21). Der vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang gebrauchte Begriff des intendierten Ermessens der Straßenverkehrsbehörde ist jedenfalls missverständlich. Richtig ist nur, dass bei Bejahung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO, zumal bei einer konkreten Gefahr für die Rechtsgüter Leib und Leben, in der Regel ein Tätigwerden der Behörde geboten und somit ihr Entschließungsermessen reduziert ist. Die Auswahl der Mittel ist indes nicht in bestimmter Weise durch die Verordnung vorgezeichnet; sie steht im Ermessen der Behörde.

36

Nach dem Urteil des Senats vom 5. April 2001 ist es der Straßenverkehrsbehörde aufgrund ihres Sachverstandes und ihres Erfahrungswissens vorbehalten festzulegen, welche von mehreren in Betracht zu ziehenden Maßnahmen den bestmöglichen Erfolg verspricht (a.a.O. S. 24). Im damaligen Fall ging es um den Umfang einer Geschwindigkeitsbeschränkung; bei einem Lkw-Überholverbot gilt aber nichts Anderes.

37

Der Senat ist im gleichen Zusammenhang außerdem davon ausgegangen, dass dem Einwand des damaligen Klägers, gleiche Erfolge wären auch bei einer milderen Geschwindigkeitsbeschränkung zu erzielen gewesen, nur dann nachgegangen werden müsse, wenn er jedenfalls ansatzweise den Nachweis einer ersichtlich sachfremden und damit unvertretbaren Maßnahme geführt hätte. Das meint nicht die Verteilung der Darlegungslast - sie liegt, da es sich dabei um Eingriffsvoraussetzungen handelt, grundsätzlich beim Beklagten -, sondern die inhaltlichen Anforderungen, die mit Blick auf die Einschätzungsprärogative der Straßenverkehrsbehörde an den Gegenvortrag des von einer Verkehrsbeschränkung Betroffenen zu stellen sind. Dementsprechend hat das Berufungsgericht, das diese Formulierung aufgegriffen hat, nicht die Verteilung der Darlegungslast verkannt.

38

(1) Das Berufungsgericht konnte ohne Verstoß gegen allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze die Eignung von Lkw-Überholverboten zur Verbesserung der Verkehrssicherheit aus der Unfallentwicklung herleiten, wie sie in der Studie der Zentralstelle für Verkehrssicherheit der Straßenbauverwaltung (ZVS) über die "Auswirkungen von Lkw-Überholverboten auf die Verkehrssicherheit diverser Autobahnabschnitte in Bayern" vom 21. September 2007 dargestellt wird.

39

Dass der Schluss auf die Eignung dieser Maßnahme, den das Berufungsgericht aus dem in der Studie angestellten Vergleich der Unfallzahlen vor und nach der Anordnung von Lkw-Überholverboten einerseits und dem Vergleich der Maßnahme- mit einer Kontrollgruppe andererseits gezogen hat, gegen Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder sonstige allgemeine Beweiswürdigungsgrundsätze verstoßen hat, hat der Kläger nicht darzulegen vermocht.

40

Seiner Auffassung, dass die in der Studie genannten Unfallzahlen ihrerseits mit einer unzulässigen Berechnungsmethode gewonnen wurden, ist das Berufungsgericht mit dem in der mündlichen Verhandlung dazu gehörten Sachverständigen nicht gefolgt. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Beweisanträge hat der auch im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger dort nicht gestellt, die Notwendigkeit einer weiteren Beweiserhebung, etwa einer Neuberechnung, musste sich dem Gericht auch nicht aufdrängen. Im Revisionsverfahren ist für weitere tatsächliche Feststellungen kein Raum.

41

Soweit der Kläger sinngemäß geltend machen will, der Sachverständige sei befangen gewesen, weil er einen Verkehrsversuch des Beklagten wissenschaftlich begleitet habe, kann er damit in der Revision nicht mehr gehört werden, nachdem er eine solche Rüge im Berufungsverfahren nicht erhoben hat (§ 54 und § 98 VwGO i.V.m. § 42 f. und § 406 ZPO). Abgesehen davon kann er mit dieser Begründung auch inhaltlich keine vernünftigen Zweifel an der Unbefangenheit des Sachverständigen dartun.

42

(2) Vermeintlich mildere Mittel wie die Anordnung von Höchstgeschwindigkeiten für alle Verkehrsteilnehmer oder einer Mindestgeschwindigkeit auf der Überholspur hat das Berufungsurteil mit Recht verworfen.

43

Die rechtliche Wertung des Klägers, dass eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung generell, also ohne Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse, als milderes Mittel einzustufen ist, trifft nicht zu. Das ergibt sich aus ihrer gegenüber einem Lkw-Überholverbot erheblich größeren Breitenwirkung in Bezug auf den Adressatenkreis. Mit einem solchen Abstellen auf den Kreis der von einem Eingriff Betroffenen ist keine Aufrechnung von Grundrechten verbunden. Hinzu kommt, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit - folgte man den Vorstellungen des Klägers - in erheblichem Umfang herabgesetzt werden müsste, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Durch die von ihm propagierte allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung sollen erklärtermaßen die Gefahren ausgeschaltet oder verringert werden, die aus der Geschwindigkeitsdifferenz zwischen Überholendem und Überholtem resultieren. Geht man aber von der für Lastkraftwagen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h aus, dürfte die für alle anderen Fahrzeuge einzuführende Höchstgeschwindigkeit nicht weit darüber liegen. Dementsprechend einschneidend wäre der Eingriff für die anderen Verkehrsteilnehmer. Umgekehrt relativiert diese für Lastkraftwagen ohnehin geltende Höchstgeschwindigkeit die vom Kläger hervorgehobene Eingriffstiefe eines Lkw-Überholverbotes. Im Zusammenwirken mit dem Gebot eines deutlichen Geschwindigkeitsüberschusses beim überholenden Fahrzeug (vgl. § 5 Abs. 2 StVO) und bei Berücksichtigung der starken Motorisierung moderner Lastkraftwagen müsste sie dazu führen, dass Überholvorgänge zwischen Lastkraftwagen ohnehin eher die Ausnahme bleiben. Dass die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung unter bestimmten Voraussetzungen, etwa bei einem unübersichtlichen Straßenverlauf, die Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen empfiehlt, schließt nicht aus, dass die Straßenverkehrsbehörde gleichwohl zum Mittel des Lkw-Überholverbotes greifen darf, weil sie es unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen Verhältnisse für wirksamer hält.

44

Die Mittelauswahl ist auch nicht deswegen rechtswidrig, weil die Straßenverkehrsbehörde ihre Maßnahmen - wie der Kläger meint - nicht gegen die Lkw-Fahrer, sondern in erster Linie gegen die Pkw-Fahrer als Störer zu richten habe. Die Regelung des Straßenverkehrs durch Verkehrszeichen richtet sich nicht gegen "Störer" im polizeirechtlichen Sinne. Weder sind Pkw-Fahrer wegen ihrer regelmäßig höheren Fahrgeschwindigkeit noch überholende Lkw-Fahrer per se Verursacher einer Gefahr. Es geht vielmehr darum, allgemeine Verhaltensregeln vorzugeben, die die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs aufrechterhalten oder Gefahrenquellen, die der Straßenverkehr eröffnet, durch Reglementierung der Fortbewegungsmöglichkeiten einzudämmen.

45

Ebenso wenig kann in der vom Kläger befürworteten Anordnung von Mindestgeschwindigkeiten auf Überholspuren an Steigungsstrecken ein Eingriff gesehen werden, dem die gleiche Wirksamkeit wie Lkw-Überholverboten zukommt. Das Berufungsgericht geht beanstandungsfrei davon aus, dass der Schwerlastverkehr nach seiner heutigen Motorisierung die nach § 18 Abs. 5 Nr. 1 StVO zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ohne Weiteres erreichen kann, was es für die überholenden Lastkraftwagen ohnehin schwierig macht, die gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 StVO erforderliche Differenzgeschwindigkeit zu erreichen. Es scheidet jedoch aus, für Lastkraftwagen eine höhere Mindestgeschwindigkeit als die zulässige Höchstgeschwindigkeit anzuordnen. Sollte es - worauf der Kläger abstellt - auf dem rechten Fahrstreifen tatsächlich einmal ein besonders langsam fahrendes Fahrzeug geben, das ein Lastkraftwagen unter Beachtung dieser straßenverkehrsrechtlichen Vorgaben überholen könnte, bleibt es gleichwohl bei einem Fahrstreifenwechsel, der aufgrund der gegenüber herannahenden Personenkraftwagen bestehenden Differenzgeschwindigkeit zu einer Gefahrensituation führen kann. Zudem ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Kontrolle, ob die Geschwindigkeitsvorgaben eingehalten wurden, schwieriger und aufwendiger ist als die Kontrolle der Einhaltung eines Lkw-Überholverbotes.

46

Auf die Umgestaltung und Erweiterung der Fahrbahnen als gegenüber Lkw-Überholverboten vorrangige Maßnahme kann der Kläger den Beklagten schon deshalb nicht verweisen, weil er keinen Anspruch auf Erweiterung der vorhandenen Autobahnkapazitäten hat.

47

(3) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, dass die Lkw-Überholverbote angemessen (verhältnismäßig i.e.S.) sind und den Kläger nicht in seinen Grundrechten verletzen. Abwägungserheblich sind dabei nur qualifizierte Interessen des Klägers, also solche, die über das Interesse jedes Verkehrsteilnehmers hinausgehen, in seiner Freiheit möglichst wenig beschränkt zu werden (Urteil vom 27. Januar 1993 - BVerwG 11 C 35.92 - BVerwGE 92, 32 <35 und 40> m.w.N.).

48

Eine Verletzung der Berufsfreiheit des Klägers (Art. 12 Abs. 1 GG) scheidet schon deshalb aus, weil das angegriffene Lkw-Überholverbot ersichtlich keine berufsregelnde Tendenz aufweist. Die allgemeine Handlungsfreiheit ist von vornherein nur in den Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet. Die eher als geringfügig anzusehende Beeinträchtigung der Fortbewegungsmöglichkeit durch abschnittsweise verhängte Lkw-Überholverbote findet ihre Rechtsgrundlage in § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO, der zur Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung gehört, und ist in Hinblick auf den damit bezweckten Schutz von Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer fraglos angemessen.

49

Eine unzulässige Privilegierung des Pkw-Verkehrs ist mit der Anordnung der Lkw-Überholverbote nicht verbunden (vgl. zur Privilegienfeindlichkeit des Straßenverkehrsrechts etwa Urteil vom 28. Mai 1998 - BVerwG 3 C 11.97 - BVerwGE 107, 38 <44>). Die Lkw-Überholverbote bezwecken die Erhöhung der Verkehrssicherheit und dienen der Gefahrenabwehr. Soweit dadurch zugleich der Verkehrsfluss auf der Überholspur verbessert wird, was im Ergebnis insbesondere den Pkw-Fahrern nutzen mag, handelt es sich um eine mittelbare Folgewirkung, nicht aber um eine gezielte Privilegierung des Pkw-Verkehrs.

50

Ebenso wenig kann in den Lkw-Überholverboten eine unzulässige Beschränkung der Widmung der Bundesfernstraße gesehen werden. An der Zweckbestimmung der Bundesautobahn, dem Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen zu dienen (vgl. § 1 Abs. 2 des Bundesfernstraßengesetzes - FStrG), ändert sich dadurch nichts. Vielmehr bewirken die Verbote eine nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FStrG grundsätzlich zulässige straßenverkehrsrechtliche Beschränkung des Gemeingebrauchs.

51

Sonstige Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Nachdem unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative des Beklagten weder eine allgemeine Geschwindigkeitsbeschränkung noch die Anordnung einer Mindestgeschwindigkeit auf Überholspuren noch die weiteren vom Kläger ins Spiel gebrachten Alternativen gegenüber den angeordneten Lkw-Überholverboten eindeutig vorzugswürdig gewesen wären, ist es im Ergebnis unschädlich, wenn sich in den vom Beklagten erlassenen straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen keine Erwägungen dazu finden.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.