Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 26. März 2015 - Au 2 K 13.30209

bei uns veröffentlicht am26.03.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts vom 19. Juni 2013 (Gz. 5436864 - 273) wird in Nummer 2 aufgehoben.

II.

Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 hinsichtlich Ungarn vorliegen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III.

Die Beteiligten tragen die Kosten Verfahrens je zur Hälfte.

IV.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist eigenen Angaben zufolge somalischer Staatsangehöriger und dem Clan der Madiban zugehörig. Nach seinem Vorbringen reiste er im Juli 2010 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 9. August 2010 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Anerkennung als Asylberechtigter.

Bei seiner Anhörung am 27. März 2013 trug er vor, im März/April 2009 aus Angst vor Al-Shaabab Milizen Somalia verlassen zu haben. Er sei über Äthiopien, Syrien und die Türkei nach Griechenland gekommen. Dort habe er keinen Asylantrag gestellt und sich versteckt. Die Somalier hätten sich gegenseitig unterstützt. Nach ca. einem Jahr sei er über Serbien nach Ungarn gelangt. Eigentliches Ziel sei aber Deutschland gewesen.

In Ungarn habe er mehr Probleme gehabt als in Somalia. Er habe dort eigentlich keinen Asylantrag stellen wollen. Er sei letztlich als Flüchtling anerkannt worden und habe einen Pass erhalten. Nach der Anerkennung habe er aber das Asylheim Debrecen verlassen und auf der Straße leben müssen. Er habe keine Arbeit gehabt und auch keine Sozialhilfe erhalten. Den ungarischen Pass habe er inzwischen weggeworfen. Er wolle nun weder zurück nach Somalia noch nach Ungarn. Er besitze keinerlei Ausweisdokumente.

Mit Schreiben vom 11. April 2013 bestätigten die ungarischen Asylbehörden gegenüber dem Bundesamt, dass der Kläger bereits am 17. März 2010 als Flüchtling anerkannt worden sei. Einer Aufnahme des Klägers wurde mit Schreiben vom 10. Juni 2013 zugestimmt.

Mit Bescheid vom 19. Juni 2013 stellte das Bundesamt fest, dass dem Kläger wegen seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zustehe und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an.

Am 8. Juli 2013 ließ der Kläger gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 19. Juni 2013 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben. Für ihn ist zuletzt beantragt:

1. Der Bescheid des Bundesamtes vom 19. Juni 2013 wird in Nummer 2 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass beim Kläger Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hinblick auf Ungarn vorliegen.

Gleichzeitig ließ er einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellen, mit dem er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragte (Az. Au 7 S 13.30210).

Zur Begründung ließ er im Wesentlichen vortragen, dass die Abschiebungsanordnung rechtswidrig sei, weil schon nicht feststehe, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne. Eine Rücknahmezusicherung der ungarischen Behörden liege nicht vor. Weiter sei von einem Ausnahmefall des Konzepts der normativen Vergewisserung hinsichtlich Ungarns auszugehen. Ungarn sei kein sicherer Drittstaat. Die Situation von anerkannten Flüchtlingen in Ungarn sei nicht besser als diejenige von Schutzsuchenden, hinsichtlich derer inzwischen Gerichte Eilrechtschutz aufgrund systemischer Mängel gewähren würden. Anerkannte Flüchtlinge erhielten zwar Abschiebungsschutz, aber nicht einmal die minimalsten Lebensgrundlagen. Sie würden spätestens nach einem halben Jahr in ihrer Existenz gefährdet sein. Dies gelte erst recht für dunkelhäutige Flüchtlinge. Die Flüchtlingsanerkennung habe dem Kläger in Ungarn wenig geholfen, da er das Asylheim habe verlassen müssen und ein halbes Jahr auf der Straße ohne Arbeit und Sozialhilfe gelebt habe. Es habe Angriffe von Rechtsradikalen gegeben. Der Kläger habe nur durch Betteln und Spenden der Kirche überleben können.

Die Situation stelle sich derart dar, dass einem anerkannten Flüchtling zunächst für die Dauer von sechs Monaten ein Anspruch auf Verpflegung und Unterkunft sowie Integrationsdienstleistungen zustehe. Weitergehende Unterstützung bei der Arbeitssuche und Integration gebe es kaum. Als weiteres Problem trete die verbreitete Fremdenfeindlichkeit hinzu. Der Kläger sei selbst von diesen Problemen konkret betroffen gewesen.

Im Übrigen werde der Kläger durch die angeordnete Abschiebung in seinen Menschenrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 3 EMRK verletzt, da ihm in Ungarn nur ein Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums bevorstehe.

Als Konsequenz der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides habe in Deutschland eine inhaltliche Prüfung des Antrags des Klägers zu erfolgen. Es sei ein Abschiebungsverbot festzustellen, wozu auf die Entscheidungspraxis zu Somalia verwiesen werde. Da die Kritik an den ungarischen Verhältnissen bisher lediglich im Hinblick auf Dublin-Il-Rückkehrer judiziert sei und es keine ausführlichen Darstellungen oder Untersuchungen zur Situation anerkannter Flüchtlinge in Ungarn gebe, seien jedenfalls in der Hauptsache vertiefende Auskünfte hierüber einzuholen. Es wurde ein dahingehender Beweisantrag schriftlich gestellt. Aufgrund dieser nötigen Beweiserhebung sei dem Kläger aber Eilrechtsschutz zu gewähren.

Die Beklagte legte am 24. Juli 2013 die Behördenakten vor.

Mit Beschluss vom 25. Juli 2013 wurde der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Mit weiterem Beschluss vom 30. Juli 2013 wurde die Streitsache auf den Einzelrichter übertragen.

Unter dem 20. August 2013 ließ der Kläger mitteilen, wegen akuter Suizidalität von der Polizei in die Bezirkskliniken Schwaben eingeliefert worden zu sein. Der Kläger sei wegen der Hautfarbe und des offenen Rassismus in Ungarn sowie aufgrund seiner psychischen Labilität besonders schutzbedürftig. Der Zugang zur medizinischen Versorgung sei für den Kläger von existentieller Bedeutung, sei aber für ihn nicht gegeben. Er habe aber nach dem Verlassen der Asylaufnahmelager keinen Zugang mehr zum Sozial- und Gesundheitssystem.

Nach dem vorläufigen Arztbrief der Bezirkskliniken Schwaben vom 12. August 2013 wurde beim Kläger eine Anpassungsstörung und v.a. eine depressive Episode, mittelgradig, diagnostiziert. Er sei durch den Tod seines Vaters vor einigen Wochen sehr belastet gewesen. Auf Station habe sich der Kläger unter Medikation rasch stabil gezeigt. Er sei affektiv ausgeglichen und von akuter Suizidalität durchgehend klar distanziert. Es werde eine ambulante psychiatrische Weiterbehandlung sowie eine Fortführung der Medikation empfohlen.

Am 13. September und 15. Oktober 2013 führte der Kläger ergänzend unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte Hannover und Sigmaringen aus, dass anerkannte Asylberechtigte in Ungarn kein Leben in Würde und oberhalb des Existenzminimums führen könnten und daher eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK und Art. 4 GR-Charta ernsthaft zu befürchten sei. Sie hätten nur nach dem Asylgesetz dieselben Rechte wie ungarische Flüchtlinge, tatsächlich aber hätten sie keinen Zugang zu Beschäftigung, Sozialhilfeleistungen, medizinischer Versorgung und Wohnraum.

Laut Aktenvermerk vom 3. Dezember 2013 sicherte die Ausländerbehörde im Benehmen mit der Beklagten zu, bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig von einer Rückführung des Klägers nach Ungarn abzusehen.

Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2013 führte die Beklagte aus, dass weder der aktualisierte Bericht zur Lage in Ungarn von Pro Asyl von Oktober 2013 noch die vorgetragenen gesundheitlichen Probleme eine Abhilfeentscheidung zu rechtfertigen vermögen. Anerkannte Flüchtlinge seien in Ungarn ungarischen Staatsbürgern hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten gleichgestellt. Zudem hätten sie für einen Übergangszeitraum von sechs bis zwölf Monate Anspruch auf Unterbringung in einer sogenannten Vorintegrationseinrichtung und anschließend könnten sie verschiedene Unterstützungsleistungen beantragen, beispielsweise finanzielle Starthilfen beim Verlassen der Einrichtung, Mietbeihilfen, Arbeitslosenhilfe, Schulstarthilfe und Sprachunterricht.

Hierzu entgegnete der Kläger am 9. Januar 2014, dass Gesetzeslage und Realität nicht selten differierten und nach der objektiven Lage anerkannte Flüchtlinge die in den Gesetzen versprochenen Rechte nicht erlangten, was besonders für vulnerable Personen wie dem Klägerfremdsprachig, dunkle Hautfarbe, psychisch belastet und behandlungsbedürftig - gelte. Allein die Tatsache, dass die Gerichte aus den Berichten des UNHCR und von Pro Asyl eine unterschiedliche tatsächliche Lage herauslesen würden, gebiete eine weitere Aufklärung.

Laut eines vorläufigen Arztbriefs der Bezirkskliniken Schwaben vom 5. November 2013 wurde beim Kläger eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome diagnostiziert. Der Kläger sei freiwillig und selbsteinweisend zur zweiten stationären Aufnahme gelangt, welche vom 17. September bis 5. November 2013 angedauert habe. Nach Durchführung eines multimodalen Behandlungssettings und unter Medikation sei es zu einer deutlichen affektiven Stabilisierung gekommen. Zum Zeitpunkt der Entlassung seien keine Hinweise auf Eigen- oder Fremdgefährdung vorgelegen, von akuter Suizidalität habe sich der Kläger klar und glaubhaft distanziert.

Die Beklagte führte am 24. April 2014 ergänzend aus, dass sich nach der Rechtsprechung des EGMR allein aus der mit der Rücküberstellung in einen Mitgliedstaat verbundenen Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse kein Verstoß gegen Art. 3 EMRK ableiten lasse. Nach den vorliegenden Erkenntnissen wäre der Kläger in Ungarn nicht Lebensbedingungen ausgesetzt, die auf unabsehbare Zeit eine Lage extremer materieller Armut befürchten ließen. Es ergebe sich keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren, um ihnen einen gewissen Lebensstandard zu ermöglichen. Nach Abschluss des Asylverfahrens sei der Kläger wie ungarische Staatsangehörige auch auf den Einsatz seiner Arbeitskraft zur Sicherung seines Lebensunterhalts zu verweisen. Es gebe kein Menschenrecht auf Vollalimentation ohne eigene Arbeitsleistung. Eine beachtliche Unterschreitung der vom Unionsrecht vorgesehenen Mindestanforderungen könne nicht ausgemacht werden. Angesichts dessen dränge sich daher eine Durchbrechung des „Konzepts der normativen Vergewisserung" bzw. des „Prinzips des gegenseitigen Vertrauens" und der darauf beruhenden Zuständigkeitsordnung bezüglich Ungarns nicht auf.

Mit Schreiben vom 3. Februar 2015 legte der Kläger seine Arbeitsverträge seit 2012 bis Ende 2015 vor, woraus sich ergibt, dass er in den Jahren 2012 (April bis Dezember) rund 8.111,- EUR, 2013 (Januar bis August) knapp 10.000,- EUR und 2014 (November und Dezember) rund 2.228,- verdient hat, wobei er bis September 2014 wegen psychischer Erkrankung und Aufenthalts im Bezirkskrankenhaus seine Arbeit abgebrochen habe. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde die Klage nur noch gegen die Abschiebungsanordnung und auf Feststellung von Abschiebungsverboten gerichtet.

Nach den vorgelegten ärztlichen Attesten der Bezirkskliniken Schwaben vom 8. Juli 2014 und 3. Februar 2015 habe sich der Kläger seit 27. November 2013 bis 13. Oktober 2014 in ambulantpsychiatrischer Behandlung durch die Institutsambulanz des BKH befunden. Diagnostisch bestehe eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert (ICD-10: F33.4) und eine soziale Phobie (ICD-10: F40.1). Der Kläger nehme seine Arzttermine regelmäßig und gewissenhaft wahr. Bei der ersten stationärpsychiatrischen Aufnahme aufgrund eines Suizidversuchs durch Strangulation habe der Kläger als Grund u. a. die Angst vor einer Abschiebung angegeben. Seit Oktober 2014 habe der Kläger die medikamentöse und ambulantpsychiatrische Behandlung eingestellt. Als Grund hierfür habe er eine ausreichende affektive Stabilität genannt, welche er durch die bisherige Behandlung und den Erwerb einer Arbeitsstelle erreicht habe. Im Falle einer Destabilisierung der psychosozialen Verhältnisse durch eine Abschiebung aus Deutschland müsse aus fachärztlicher Sicht mit einer erneuten Verschlechterung des psychischen Zustandes mit Wiederauftreten von Suizidalität gerechnet werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26. März 2015 verwiesen.

Gründe

Streitgegenstand der vorliegenden Klage ist nach der Änderung der Antragstellung mit Schriftsatz vom 3. Februar 2015 nur noch die Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Die zulässige Klage ist, soweit mit ihr die Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begehrt wird, begründet (1.). Hinsichtlich des Begehrens auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG erweist sich die Klage hingegen als unbegründet (2.).

1. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, ein Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Ungarns festzustellen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Insoweit war der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 19. Juni 2013 aufzuheben.

Da der Kläger in erster Linie Krankheitsgründe als Prüfungsmaßstab zielstaatsbezogener Abschiebungsverbote geltend macht, kommt allein ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen im Fall des Klägers vor.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Maßgebend ist insoweit allein das Bestehen einer konkreten, individuellen - zielstaatsbezogenen - Gefahr für die genannten Rechtsgüter, ohne Rücksicht darauf, von wem die Gefahr ausgeht und aufweichen Ursachen sie beruht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Vorschrift erforderlich, aber auch ausreichend, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, die diesem alsbald nach seiner Rückkehr in die Heimat droht (BVerwG, U. v. 17.10.2006 - 1 C 18.05 - juris; B. v. 23.7.2007 - 10 B 85.07 - juris).

Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG kann sich daraus ergeben, dass die Gefahr der Verschlimmerung einer Krankheit, unter welcher der Ausländer bereits in Deutschland leidet, in seinem Heimatstaat besteht, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind (BVerwG, U. v. 29.10.2002- 1 C 1.02-juris Rn. 9). Für die Bestimmung der „Gefahr" gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, das heißt die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein. Eine Gefahr ist „erheblich", wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Zuständen (BVerwG, U. v. 24.05.2006 - 1 B 118.05 - juris; OVG Lüneburg, U. v. 10.11.2011 - 8 LB 108/10 - juris). Dies ist dann der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde (BVerwG, U. v. 29.7.1999 - 9 C 2.99 - juris). Dabei muss sich der Ausländer grundsätzlich auf den Behandlungsstandard, der in seinem Herkunftsland für die von ihm geltend gemachten Erkrankungen allgemein besteht, verweisen lassen, wenn damit keine grundlegende schwerwiegende Gefährdung verbunden ist (OVG NW, B. v. 10.1.2007- 13 A 1138/04.A-juris).

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG können aber auch dann vorliegen, wenn im Herkunftsland zwar geeignete Behandlungsmöglichkeiten bestehen, die für den betreffenden Rückkehrer aber im Einzelfall aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht erreichbar sind (BVerwG, U. v. 29.10.2002 - 1 C 1.02 - juris Rn. 9; BayVGH, U.V. 23.11.2012 - 13a B 12.30061 -juris Rn. 18).

Dies ist hier der Fall. Das Gericht ist nach den vorliegenden medizinischen Feststellungen, die von der Beklagten nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden sind, davon überzeugt, dass der Kläger bei einer Rückkehr binnen kurzer Zeit einer erheblichen individuellen Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgesetzt wäre. Das aktuelle fachärztliche Attest von Frau Gabriele Einsiedler, Bezirkskliniken Schwaben, vom 3. Februar 2015 belegt, dass der Kläger an einer rezidivierenden depressiven Störung und einer sozialen Phobie leidet. Aufgrund der Vorgeschichte gelangt sie zu der fachärztlichen Einschätzung, dass bei einer Abschiebung aus Deutschland wegen der Destabilisierung der psychosozialen Verhältnisse mit einer erneuten Verschlechterung des psychischen Zustandes mit Wiederauftreten von Suizidalität gerechnet werden müsse. Die den Kläger zuletzt behandelnde Ärztin führte hierzu in der mündlichen Verhandlung aus, dass sie eine erneute depressive Episode für nicht unwahrscheinlich halte, auch mit einem erneuten Suizidversuch. Aufgrund der Anamnese müsse beim Kläger wegen der vorangegangenen psychischen Probleme mit einem erneuten Auftreten von Suizidalität gerechnet werden. An der Richtigkeit dieser Ausführungen hegt das Gericht keine Zweifel. Die Feststellungen in den vorgelegten fachärztlichen Stellungnahmen sind eindeutig, in sich widerspruchsfrei und wurden in der mündlichen Verhandlung für das Gericht nachvollziehbar erläutert. Aus den Attesten geht hervor, auf welcher Grundlage die behandelnden Ärzte ihre Diagnose gestellt haben und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Der Kläger befand sich u. a. aufgrund eines Suizidversuchs für zehn Tage bzw. für rund sieben Wochen in stationärer Behandlung. Nach der Entlassung aus der letzten stationären Behandlung wegen eines depressivsuizidalen Syndroms Anfang November 2013 war der Kläger noch knapp ein Jahr bis Mitte Oktober 2014 in ambulantpsychiatrischer Behandlung in der Institutsambulanz am Bezirkskrankenhaus Augsburg. Es wurde dort monatlich ein Therapiegespräch geführt. Die den Kläger zuletzt behandelnde Ärztin hat den Kläger in dem Zeitraum elf Mal gesehen.

Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen wird der Kläger bei seiner Rückkehr nach Ungarn nicht in der Lage sein, eine dauerhafte und spezielle Behandlung der bei ihm diagnostizierten Krankheiten zu erreichen.

Der Kläger ist ein in Ungarn anerkannter Flüchtling. Als solcher genießt er dieselben Rechte und Pflichten wie ungarische Staatsbürger. Die Einbürgerung ist erleichtert. Die medizinische Versorgung ist in Ungarn in Notfällen kostenlos, auch für Ausländer. Anerkannte Flüchtlinge werden hinsichtlich der ärztlichen Versorgung wie ungarische Bürger behandelt. In Ungarn werden sowohl in der Hauptstadt wie auch in den Komitatshauptstädten alle überlebensnotwendigen medizinischen Maßnahmen durchgeführt (Auskunft, Auswärtiges Amt vom 2.3.2015 an das VG München). Auch chronische Krankheiten aus dem Bereich der inneren Medizin und der Psychiatrie können hier behandelt werden (VG Kassel, U. v. 31.10.2013 - 6 K 1167/12.KS.A - n. v.). Hiervon ausgehend gelangt das Gericht zu der Einschätzung, dass allenfalls in engen Ausnahmen und nur bei besonders schutzbedürftigen Rückkehrern einzelfallbezogene Gründe vorliegen können, die ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot zu begründen vermögen. Dies ist etwa der Fall bei schweren oder schwersten psychischen Erkrankungen, wenn die Betroffenen angesichts der schwierigen Lebensbedingungen sowie der Unterbringungsmöglichkeiten für anerkannte Flüchtlinge in Ungarn den Zugang zum Arbeitsmarkt und zu einer medizinischen Versorgung nicht erlangen können. Insofern weist Pro Asyl in seinem Bericht vom Oktober 2013 „Ungarn, Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit" (im Internet abrufbar, S. 20 f.) darauf hin, dass viele Rückkehrer nach Ablauf der Integrationsleistungen nur unter erschwerten Bedingungen Zugang zur staatlichen Gesundheitsversorgung haben. Denn in der Praxis gestaltet es sich oftmals schwierig, eine staatliche Gesundheitskarte ausgestellt zu bekommen, für deren Beantragung wiederum eine Adresskarte vorzulegen ist. Dies hängt in erster Linie davon ab, ob der/die Betroffene über einen festen Wohnsitz verfügt. Wenn der Betroffene über einen festen Wohnsitz verfügt, kann die Sozialversicherungskarte ohne weiteres beantragt werden. Ohne festen Wohnsitz müsse auf der Adresskarte eine Gemeinde bzw. ein Stadtbezirk eingetragen werden, um eine Sozialversicherungskarte beantragen zu können. Ohne diesen Zusatz könne die Sozialversicherungskarte nicht beantragt werden. Allerdings würden gerade die Bezirksämter in Budapest bei Wohnsitzlosen eine Meldung in ihrem Bezirk teilweise nicht akzeptieren, um die Anzahl der Leistungsempfänger in „ihrem" Gebiet einzuschränken. Im Ergebnis ist zwar der Erhalt der Gesundheitskarten nicht ausgeschlossen, ist aber in der Praxis mit vielen, für die Betroffenen nur unter erschwerten Bedingungen überwindbaren Hürden, verbunden.

Da der Kläger aufgrund seiner Erkrankung als besonders schutzbedürftige Person einzustufen ist, wird er noch größere Probleme haben, überhaupt einen Arbeitsplatz zu erhalten, der es ihm ermöglicht, eine eigene Wohnung zu begründen, die wiederum grundsätzlich Voraussetzung ist für die Registrierung und damit für eine Teilhabe am Fürsorgesystem. Ist es bereits für gesunde und belastbare Rückkehrer nur unter Überwindung oben dargestellter Hürden möglich, effektiven Zugang zum Gesundheitssystem zu erhalten, wird dies dem Kläger als besonders schutzbedürftige Person nach Überzeugung des Gerichts erst recht nicht gelingen können, so dass eine zeitnahe medizinische Behandlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden kann (vgl. VG Kassel, a. a. O.). Allein die Versorgung der Klägers mit den notwendigen Medikamenten, welche in Ungarn grundsätzlich erhältlich sind (vgl. BVwG Österreich, Entscheidung vom 30.7.2014 - W211 2010073-1 - im Internet abrufbar), genügt nach insofern überzeugender Darstellung der den Kläger behandelnden Fachärztin nicht, die beim Kläger vorhandenen psychischen Erkrankungen effektiv zu stabilisieren bzw. die diese auslösenden Faktoren wirksam zu eliminieren. Hierfür spricht auch die Krankheitsgeschichte des Klägers, der trotz der erforderlichen Medikation insgesamt rund acht Wochen stationär und anschließend fast ein Jahr lang ambulantpsychiatrisch behandelt werden musste. In den Arztbriefen vom 12. August und vom 5. November 2013 wurde beim Kläger u. a. aufgrund seines Suizidversuchs (noch) eine schwere depressive Episode diagnostiziert, deren Wiederauftreten ohne Behandlung der die Krankheit auslösenden Faktoren seitens der Fachärztin auch derzeit als wahrscheinlich eingestuft wird.

Unter zusammenfassender Betrachtung aller relevanten Umstände und Aspekte, insbesondere in Anbetracht der Erkenntnisse zur Versorgungslage in Ungarn sowie des durch die ärztlichen Berichte dokumentierten, von der Beklagtenseite nicht bestrittenen besonderen Krankheitsbilds des Klägers, ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass für den Kläger ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht. Es besteht eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers im Falle seiner Rückkehr nach Ungarn aufgrund der dort vorhandenen Verhältnisse erheblich verschlechtern wird, insbesondere ein Wiederauftreten der Suizidalität wahrscheinlich ist.

2. Soweit der Kläger die Feststellung eines Abschiebungsverbots aus § 60 Abs. 5 AufenthG begehrt, war die Klage abzuweisen. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) in der Fassung vom 22. Oktober 2010 (BGBl II S. 1198) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Der sachliche Schutzbereich des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK ist dabei weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG und geht über dieses nicht hinaus (BVerwG, U. v. 13.6.2013 - 10 C 13.12 - BVerwGE 147, 8). Eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung droht dem Kläger nach obigen Ausführungen insbesondere aufgrund der rechtlichen Gleichbehandlung mit ungarischen Staatsangehörigen nicht. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten dabei nicht dazu, Flüchtlingen ein Recht auf Unterkunft zu geben oder sie finanziell zu unterstützen (EGMR, U. v. 21.1.2011 -M.S.S./Belgien u. Griechenland, Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413 Rn. 249). Es ist zu berücksichtigen, dass die vom Kläger angeführten Punkte Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit aufgrund der allgemein schwierigen Lebenssituation in Ungarn (vgl. UNHCR, „Ungarn als Asylland" vom April 2012, Fn. 80/81 zu Ziffer 69) auch ungarische Staatsangehörige betrifft. Ein Ausländer hat nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Allgemeinen kein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK (EGMR, v. 2.5.1997 -30240/96, D.A/ereinigtes Königreich; v. 27.5.2008 - 26565/05 - N./Vereinigtes Königreich Rn. 42 ff.; v. 22.6.2010 - 50068/08, Al-Zawatia/Schweden). Solche liegen hier nicht vor, da in Ungarn zumindest eine Notversorgung garantiert ist, die die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst (vgl. BVwG, v. 30.7.2014, a. a. O.).

Soweit mit den hilfsweise gestellten Beweisanträgen zum einen die Rückkehrsituation von anerkannten Flüchtlingen, insbesondere im Hinblick auf die allgemeine Versorgung, wie auch auf die medizinische Versorgung, Zugang zum Arbeitsmarkt usw. vertiefend ermittelt werden sollte, drängte sich für das Gericht eine weitere Einholung von Auskünften nicht auf, da weder dargetan noch zu erwarten ist, dass die beantragten Auskünfte andere oder bessere Erkenntnisse bringen als die bereits in das Verfahren eingeführten Stellungnahmen. Der weitere, hilfsweise gestellte Beweisantrag zur anzunehmenden Rechtsstellung des Klägers als Ausländer ohne Aufenthaltsstatus wurde nicht innerhalb der Frist des § 74 Abs. 2 AsylVfG gestellt. Die Verspätung wurde nicht genügend entschuldigt, obwohl über die Verpflichtung nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AsylVfG und die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist. Im Übrigen ist der unter Beweis gestellte Sachvortrag unerheblich. Auf ihn kommt es für die Entscheidung des Gerichts nicht an.

Nach alledem ist die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2. des Bescheides vom 19. Juni 2013 rechtswidrig, da wegen der Zuerkennung des Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG die Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht mehr vorliegen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylVfG.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.