Verwaltungsgericht Augsburg Gerichtsbescheid, 21. März 2018 - Au 4 K 17.35681

bei uns veröffentlicht am21.03.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben

III. Der Gerichtsbescheid ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Ablehnung ihrer Asylanträge als unzulässig.

Nach den Feststellungen der Beklagten sind die Kläger syrische Staatsangehörige arabischer Volkszugehörigkeit. Die Klägerin zu 1 ist die Mutter der Kläger zu 2 bis 4.

Die am 4. Oktober 2017 gestellten Asylanträge der Kläger lehnte das Bundesamt für ... (Bundesamt) nach Anhörung am 10. Oktober 2017 mit Bescheid vom 12. Dezember 2017 als unzulässig ab (1.). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen nicht vor (2.). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollten die Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten, würden sie nach Litauen abgeschoben. Die Kläger könnten auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den sie einreisen dürften oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei. Die Kläger dürften nicht nach Syrien abgeschoben werden (3.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Tage ab dem Tag der Abschiebung befristet (4.). Die Asylanträge seien gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig, weil den Klägern zu 1 bis 3 bereits in Litauen Flüchtlingsschutz gewährt worden sei. Für den Asylantrag des in Deutschland geborenen Klägers zu 4. sei der Mitgliedstaat zuständig, der für das Asylverfahren der Eltern zuständig gewesen sei und diesen internationalen Schutz zuerkannt habe. Abschiebungsverbote in Bezug auf Litauen lägen nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Die Kläger ließen am 21. Dezember 2017 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben und beantragen,

den Bescheid vom 12.12.2017 aufzuheben.

Eine Begründung der Klage erfolgte nicht.

Die Beklagte übermittelte am 22. Dezember 2017 ihre Akten; in der Sache äußerte sie sich nicht.

Mit Beschluss vom 5. März 2018 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Die Klägerseite wurde zum beabsichtigten Erlass eines Gerichtsbescheids angehört; die Beklagte hat auf eine solche Anhörung mit allgemeiner Prozesserklärung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht kann durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid vom 12. Dezember 2017 ist jedenfalls nicht zu Lasten der Kläger rechtswidrig und verletzt diese daher nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Asylanträge Kläger zu 1 bis 3 hat die Beklagte zu Recht gem. § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt. Unstreitig wurde den Klägern bereits durch Litauen als anderem Mitgliedstaat der Europäischen Union der Flüchtlingsstatus zuerkannt (vgl. auch Bundesamtsakte, Bl. 139). Für die Kläger wurde dies bei der Anhörung durch das Bundesamt eingeräumt (vgl. Bundesamtsakte, Bl. 110).

Für den Kläger zu 4 gilt im Ergebnis ebenfalls, dass sein Asylantrag unzulässig ist. Dies ergibt sich zwar nicht aus § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, denn der Kläger wurde in Deutschland geboren, nachdem die Kläger zu 1 bis 3 Litauen verlassen hatten, so dass für ihn keine Schutzgewährung durch Litauen anzunehmen ist (vgl. auch Bundesamtsakte, Bl. 139). Die Unzulässigkeit des Asylantrags folgt jedoch aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) AsylG. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin III–VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Gemäß Art. 20 Abs. 3 Satz 2 Dublin III-VO ist das Verfahren des minderjährigen Klägers untrennbar mit dem Verfahren seiner Eltern verbunden; der Asylantrag ist daher – auch nach Abschluss des Asylverfahrens der Eltern in Litauen – wegen der Zuständigkeit Litauens unzulässig (vgl. VG München, B.v. 17.10.2017 – M 21 S 17.44597 – juris Rn. 17; VG Regensburg, B.v. 13.9.2017 – RN 14 S 17.33783 – juris Rn. 17 f.).

Die Feststellung von Abschiebungsverboten in Bezug auf Litauen haben die Kläger mit der vorliegenden Klage nicht beantragt; solche sind auch nicht ersichtlich. Auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids wir Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Auch werden in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Litauen durchweg verneint (vgl. etwa VG Ansbach, B.v. 30.10.2017 – AN 14 S 17.51092 – juris Rn. 21; VG München B.v. 14.7.2016 – M 7 S 16.50401 – juris Rn. 18; jeweils m.w.N.); dass dies für Personen, denen der Flüchtlingsschutz zuerkannt wurde, anders sein sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Keine Rechtsfehler zu Lasten der Kläger weist auch die ergangene Abschiebungsandrohung aus. Zu Gunsten der Kläger zu 1 bis 3 hat das Bundesamt entgegen den eindeutigen Vorgaben in § 36 Abs. 1 AsylG die 30-tägige Ausreisefrist des § 38 Abs. 1 AsylG herangezogen. Für den Kläger zu 4 gilt § 34a Abs. 1 Satz 4 AsylG; insoweit erweist sich die Anwendung des § 38 Abs. 1 AsylG als zutreffend (vgl. VG Regensburg, B.v. 13.9.2017 – RN 14 S 17.33783 – juris Rn. 19).

Auf die Gründe des Bescheids wird im Übrigen Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Die Klage war daher abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 84 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3, 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 36 Verfahren bei Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und bei offensichtlicher Unbegründetheit


(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 34a Abschiebungsanordnung


(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 84


(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 38 Ausreisefrist bei sonstiger Ablehnung und bei Rücknahme des Asylantrags


(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Ab

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tenor

I. Es wird festgestellt, dass der Klage gegen den Bescheid vom 2. Juni 2017 aufschiebende Wirkung zukommt.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der am ... 2015 in der Bundesrepublik Deutschland geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Die Kindsmutter, die beim Bundesamt ein Asylverfahren unter dem Aktenzeichen 5897466 geführt hat, erhielt bereits in Italien internationalen Schutz.

Mit Schreiben vom 15. Juli 2015 stellte die Mutter des Antragstellers für diesen einen Asylantrag.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2016 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und dem Antragsteller die Abschiebung nach Italien oder einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zu einer Rückübernahme verpflichtet ist, mit Ausnahme von Nigeria, angedroht (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise– und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Zur Begründung wurde unter Bezug auf Artikel 20 Abs. 3 EUV 604/2013 (im Folgenden: Dublin– III –VO) und § 29 Abs. 1 Nrn. 1 a und 2 AsylG ausgeführt, der Asylantrag sei unzulässig, da der Mutter des Antragstellers bereits in Italien internationaler Schutz zuerkannt worden wäre und die Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags untrennbar mit der Situation der Eltern verbunden sei. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG lägen in Bezug auf Italien weder allgemein noch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Antragstellers vor. Die Abschiebungsandrohung sei nach §§ 35, 34a Abs. 1 Satz 4, 26a AsylG zu erlassen gewesen, die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG.

Dem Bescheid war eine Rechtsbehelfsbelehrung: beigefügt, wonach gegen den Bescheid innerhalb von einer Woche nach Zustellung Klage zu erheben sei. Zudem wurde darauf hingewiesen, die Klage gegen die Abschiebungsandrohung habe keine aufschiebende Wirkung. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage könne innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe des Bescheids gestellt werden.

Die Bevollmächtigte hat für den Antragsteller, vertreten durch seine Mutter, am 12. Juni 2017 Klage erhoben (M 21 K 17. 44593), mit der sie sinngemäß beantragt, den Bescheid des Bundesamts vom 1. Juni 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen, ihm die Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutz zuzuerkennen sowie festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 bis7 AufenthG vorliegen.

Zugleich beantragt sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung verweist sie auf das Klage- und Antragsverfahren der Mutter des Antragstellers (M 21 K 17.44593 und M 21 S. 17.44595).

Die Antragsgegnerin übersandte die Akten mit Schreiben vom 27. Juni 2017. Eine Äußerung zum Verfahren erfolgte nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Klageverfahren sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Der nach seinem Wortlaut auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gerichtete Antrag ist im Rahmen der möglichen und gebotenen Auslegung gemäß § 88 VwGO auch auf die Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung gerichtet und mit diesem Inhalt statthaft. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung würde leer laufen, wenn der Klage bereits von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukommt. Verkennt die Behörde die aufschiebende Wirkung bzw. respektiert sie sie aus sonstigen Gründen nicht, liegt ein sogenannter faktischer Vollzug vor. In derartigen Konstellationen ist der gebotene Rechtsschutz in analoger Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO durch die Feststellung der aufschiebenden Wirkung zu gewähren (vgl. allgemein zum faktischen Vollzug Schoch in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand Juni 2016, § 80 Rn. 352 ff.; zur vergleichbaren Problematik bei Verzicht auf ein Asylverfahren nach § 14a Abs. 3 AsylG VG Osnabrück, B.v. 25.11.2009 – 5 B 105/09 – juris Rn. 1 ff.). In der Sache zielt ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung darauf ab, eine Abschiebung des Antragstellers vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu verhindern und ist daher so auszulegen, dass im Falle eines faktischen Vollzugs die aufschiebende Wirkung der Klage festgestellt werden soll.

Die Fallkonstellation eines faktischen Vollzugs liegt vor. Das Bundesamt geht im Hinblick auf die gesetzte Ausreisefrist und entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung:des angefochtenen Bescheids davon aus, dass der Klage gegen die Abschiebungsandrohung keine aufschiebende Wirkung zukommt. Nach § 75 Abs. 1 AsylG hat die Klage gegen Entscheidungen nach dem Asylgesetz – neben den hier nicht einschlägigen Fälle nach §§ 73, 73b und 73c AsylG – nur in den Fällen des § 38 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung. Die Regelung erfasst alle Maßnahmen nach dem Asylgesetz einschließlich des Erlasses einer Abschiebungsandrohung und sichert in den Fällen des § 38 Abs. 1 AsylG das Bleiberecht für die Dauer des Klageverfahrens (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Auflage 2016, AsylG, § 75 Rn. 4; BT– Drs. 12/2062, S. 40). Maßgeblich für die aufschiebende Wirkung ist im Hinblick auf § 75 Abs. 1 i.Vm. § 38 Abs. 1 AsylG die zu setzende Ausreisefrist, nicht die vom Bundesamt tatsächlich gesetzte Ausreisefrist. Geht das Bundesamt im Hinblick auf eine unzutreffend festgesetzte Ausreisefrist von der sofortigen Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung aus bzw. ist die entsprechende Auffassung strittig, ist zur Verhinderung einer Abschiebung des Ausländers vor der Entscheidung über die Hauptsache in analoger Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ein Antrag auf gerichtliche Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage statthaft.

Der Antrag ist nach Maßgabe der summarischen Prüfung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO auch begründet, da das Bundesamt voraussichtlich eine Ausreisefrist von 30 Tagen gemäß § 38 Abs. 1 AsylG festsetzen hätte müssen und der der erhobenen Klage daher nach § 75 i.V.m. § 38 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung zukommt.

Nach § 38 Abs. 1 AsylG beträgt die Ausreisefrist in den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, einen Monat.

Die Voraussetzungen für die vom Bundesamt herangezogene Ausreisefrist von einer Woche gemäß § 36 Abs. 1 AsylG lagen nach dessen Wortlaut nicht vor. § 36 Abs. 1 AsylG knüpft an die Unzulässigkeit eines Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 AsylG an. Das Bundesamt hat zwar im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass der Asylantrag des Antragstellers unzulässig ist. Dies ergibt sich jedoch entgegen der Begründung des Bescheids ausschließlich aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 a AsylG und nicht auch aus § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Dublin –III– VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen vor. Gemäß Art. 20 Abs. 3 Satz 2 Dublin III – VO ist das Verfahren des minderjährigen Antragstellers untrennbar mit dem Verfahren seiner Eltern verbunden und daher – auch nach Abschluss des Asylverfahrens der Eltern in Italien – wegen der Zuständigkeit Italiens nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a AsylG unzulässig (BayVGH, B.v. 17.8.2015 – 11 B 15.50110 – juris Rn. 14; VG Ansbach, U.v. 27.6.2014 – AN 14 K 15.50289 – juris Rn. 16 ff.).

Demgegenüber liegen die Voraussetzungen für eine Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht vor. Die Regelung setzt voraus, dass ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne der RL 2011/95/EU gewährt hat. Anders als der Mutter des Antragstellers ist diesem in Italien aber bisher nicht internationaler Schutz gewährt worden. Der Umstand, dass Italien nach der Dublin –III–VO auf Grund der Untrennbarkeit der Asylverfahren des Antragstellers und seiner Mutter für das Asylverfahren des Antragstellers zuständig ist und der Antragsteller voraussichtlich die Voraussetzungen für internationalen Schutz bzw. die damit verbundenen Leistungen nach Maßgabe von Art. 23 RL 2011/95/EU erfüllt, genügt im Hinblick auf Wortlaut und Systematik von § 29 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AsylG und die daran anknüpfenden unterschiedlichen Rechtsfolgen nicht (vergleiche zur analogen Anwendung des § 36 Abs. 1 AsylG: VG München, B. v. 29.12.2016 - M 21 S. 16.35313 – juris).

Im Zusammenhang mit der vom Bundesamt im Rahmen der Abschiebungsandrohung ebenfalls in Bezug genommenen Regelung nach § 26a AsylG ist ergänzend noch darauf hinzuweisen, dass – unabhängig davon, ob § 26a AsylG und die korrespondierende Regelung in § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG zur Unzulässigkeit eines Asylantrags bei Rücknahmebereitschaft eines sicheren Drittstaats einschlägig sind – auch diese Vorschriften die verkürzte Ausreisefrist nach § 36 Abs. 1 AsylG nicht tragen.

Der am 12. Juni 2017 erhobenen Klage des Antragstellers kommt damit bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die in Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22.05.2017 (Gesch-Z. …-232) enthaltene Abschiebungsandrohung nach Italien wird angeordnet.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die in einem Bescheid des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) enthaltene Abschiebungsandrohung nach Italien.

Der am ... 2015 in Deutschland geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er hält sich derzeit mit seinen Eltern ... und ... in Deutschland auf. Die Asylanträge der Eltern des Antragstellers wurden mit Bescheiden des Bundesamts vom 25.4.2017 hinsichtlich des Vaters (Gz.: …-232) und vom 26.4.2017 hinsichtlich der Mutter (Gz.: …-232) bestandskräftig als unzulässig abgelehnt, da diesen bereits in Italien internationaler Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt worden sei.

Am 9.3.2015 wurde – aufgrund der Antragsfiktion des § 14 a Abs. 2 Satz 3 AsylG – ein Asylantrag des Antragstellers mit Eingang des Schreibens der Ausländerbehörde vom 9.3.2015 als gestellt erachtet. Eine gesonderte Begründung des Antrags erfolgte nicht. Von einer persönlichen Anhörung im Asylverfahren wurde abgesehen, weil der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren als gestellt erachtet wurde und der Sachverhalt aufgrund der Verfahrensakten der Eltern, die beigezogen wurden, für ausreichend geklärt erachtet wurde. Mit dem Asylantrag wurde sowohl die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) als auch die Anerkennung als Asylberechtigter beantragt.

Mit Bescheid vom 22.5.2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2). Unter Androhung seiner Abschiebung nach Italien oder einen anderen zu seiner Aufnahme bereiten oder zu seiner Rückübernahme verpflichteten Staat forderte das Bundesamt den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen (Ziffer 3). Eine Abschiebung nach Nigeria wurde ausgeschlossen. Ferner wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 des AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a und 2 AsylG unzulässig. Für ein in Deutschland geborenes Kind, dessen Eltern bereits internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union erhalten habe, sei in Deutschland kein Asylverfahren durchzuführen. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen. Gegen den Bescheid vom 22.05.2017, zugestellt am 24.5.2017 ließ der Antragsteller gesetzlich vertreten durch seine Mutter mit Schreiben vom 31.5.2017, bei Gericht eingegangen am gleichen Tage, Klage erheben, die unter dem Az. RN 14 K 17.33302 geführt wird. Im Hinblick auf die Wahrung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) hat das Gericht den Schriftsatz der gesetzlichen Vertreterin des Antragstellers nach einem entsprechenden Hinweis so ausgelegt, dass auch ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt sein soll. Dem diesbezüglich erteilten richterlichen Hinweis wurde nicht widersprochen. Eine Begründung wurde bisher nicht vorgelegt.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.5.2017 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf die Gründe des angegriffenen Bescheids,

den Antrag abzulehnen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die Akten des Bundesamtes Bezug genommen. Die Akten des Bundesamtes in den Asylverfahren der Eltern des Antragstellers ( Gesch-Z. …-232 und …-232) wurden beigezogen.

II.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO ist die in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Abschiebungsandrohung, die gemäß §§ 35, 34 a Abs. 1 Satz 4, 36 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) erlassen worden ist. Da der Asylantrag als unzulässig abgelehnt worden ist, wurde nach § 36 Abs. 1 AsylG eine Ausreisefrist von einer Woche gesetzt, was zur Folge hat, dass die gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Klage nach § 77 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung hat.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsandrohung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägungsentscheidung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs zu berücksichtigen. Im Falle einer Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Wochenfrist darf das Gericht gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG die Aussetzung der Abschiebung nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen.

Solche ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung liegen hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) vor. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamts verfügten Abschiebungsandrohung nach Italien unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche.

Zweifel bestehen hier bereits daran, ob im vorliegenden Fall überhaupt die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsandrohung gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 4 AsylG vorlagen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes kommt dies nur in Betracht, wenn eine Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 oder 2 AsylG nicht erlassen werden konnte. Die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat ist anzuordnen, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Der Bescheid enthält keinerlei Ausführungen oder Begründungen dazu, warum die Voraussetzungen einer Abschiebungsanordnung nicht vorliegen. Offensichtlich ist dies im Hinblick auf das Alter des Antragstellers unterblieben. Ob diese Entscheidung im Hinblick auf die bestandskräftigen Bescheide der Eltern des Antragstellers und den Hinweis der Antragsgegnerin an die Ausländerbehörde, dass der Vollzug der Abschiebungsandrohung nur bei Sicherstellung und Dokumentation einer gemeinsamen Unterbringung der Familie in Italien richtig ist, kann hier dahingestellt bleiben, nachdem die Abschiebungsandrohung jedenfalls mangels ordnungsgemäßer Fristsetzung rechtswidrig ist.

Die Voraussetzungen für eine Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Wochenfrist, welche die Antragsgegnerin auf die §§ 35, 34 a Abs. 1 Satz 4, 36 Abs. 1 AsylG gestützt hat, sind allerdings hier nach Auffassung der zur Entscheidung berufenen Einzelrichterin nicht gegeben, da die Unzulässigkeit des Asylantrags in Deutschland nicht aus § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG folgt. § 36 Abs. 1 AsylG sieht eine Ausreisefrist von einer Woche nur in den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG vor. Eine andere Rechtsgrundlage, auf die eine Abschiebungsandrohung mit eine Ausreisefrist von einer Woche rechtmäßig gestützt werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag in Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Ausländer internationalen Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. In den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG droht das Bundesamt gem. § 35 AsylG dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er von Verfolgung sicher war. Dabei beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG).

Im Rahmen der Asylverfahren der Eltern des Antragstellers wurde davon ausgegangen, dass diesen in Italien internationaler Schutz i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt wurde. Die Bescheide der Eltern des Antragstellers vom 25.4.2017 bzw. 26.4.2017 sind bestandskräftig. Die Eltern des Antragstellers hielten sich von 2011 bis 2014 nach ihren eigenen Angaben in Italien auf und sind Ende des Jahres 2014 bzw. Anfang des Jahres 2015 nach Deutschland eingereist. Der Antragsteller ist hingegen erst am 19.2.2015, also offensichtlich nach der durch das Bundesamt angenommenen Schutzgewährung durch Italien in Deutschland geboren worden. Der Antragsteller kann daher schon denknotwendigerweise nicht von der seinerzeitigen Schutzfeststellung durch Italien erfasst sein (so auch VG Ansbach, U. v. 27.7.2016 – AN 14 K 15.50534 – juris, VG Bayreuth, B. v. 4.4.2017 – B 3 S. 17.50316 – juris). Die Ablehnung eines Asylantrages auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG setzt aber nach dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut voraus, dass eine anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Dies ist kann für den Antragsteller nicht der Fall gewesen sein. Die vom Verwaltungsgericht Hamburg vertretene Auffassung, wonach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG analog auch auf minderjährige in Deutschland geborene Antragsteller Anwendung fände, deren Eltern in einem anderen EU-Mitgliedstaat bereits internationalen Schutz gewährt worden sei (vgl. VG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 08.05.2017 – 16 A 808/15 - juris), überzeugt die zur Entscheidung berufene Einzelrichterin nicht. Zum einen dürfte eine Analogie schon im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlauf ausscheiden, zum anderen besteht auch im Hinblick auf die vom VG Hamburg angemahnte Konformität des nationalen Asylgesetzes mit der europarechtlichen Regelung in Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO kein Erfordernis zur analogen Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in diesem Fall. Bei Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO handelt es sich um eine Zuständigkeitsregelung zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags eines minderjährigen Kindes zuständigen Mitgliedsstaatesauch ohne eine Analogie ist im vorliegenden Fall sichergestellt, dass das minderjährige Kind untrennbar mit der Situation seiner Familienangehörigen verbunden ist und der gleiche Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylbegehrens des Kindes zuständig ist wie für die Eltern.

Auch nach Auffassung des Gerichts ist der Asylantrag des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland als unzulässig abzuweisen, für die Durchführung des Asylverfahrens ist vielmehr Italien zuständig. Die Unzulässigkeit ergibt sich vorliegend allerdings aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 a AsylG. Die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers begründet sich aus dem Schutz und der Wahrung der Familieneinheit und einer insoweit über Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO vermittelten verfahrensrechtlichen Akzessorietät zum Verfahren seiner Eltern.

Nach Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO ist für die Zwecke der Dublin-Verordnung die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutzes dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die – wie vorliegend - nach Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss. Der Umstand, dass die Eltern des Antragstellers zum jetzigen Zeitpunkt selbst keine Antragsteller im Dublin-Verfahren (mehr) sind bzw. sie wegen des angenommenen ihnen in Italien zuerkannten internationalen Schutzes aktuell nicht mehr von der Dublin III-VO erfasst werden, ändert daran nichts. Entscheidend ist vielmehr, ob Italien nach den Kriterien der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens der Eltern zuständig war und infolge dessen zur Wahrung der Familieneinheit Italien auch für das Verfahren des Antragstellers zuständig ist. Das steht auch im Einklang mit Art. 23 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie), wonach die Mitgliedsstaaten dafür Sorge tragen, dass der Familienverband aufrechterhalten werden kann. Der Antragsteller hat daher in Italien Anspruch auf die in Art. 24 bis 35 der genannten Qualifikationsrichtlinie genannten Leistungen wie etwa Aufenthaltstitel, Sozialhilfe, medizinische Versorgung, Wohnraum und Integrationsmaßnahmen (VG Ansbach, U. v. 29.07.2016 - AN 14 K 15.50534 - juris; VG Meiningen, B. v. 10.12.2014 5 E 20238/14 Me – juris; VG Cottbus, B.v. 11.07.2014 – VG 5 L 190/14.A – juris).

Die erlassene Abschiebungsandrohung ist aber mangels ordnungsgemäßer Fristsetzung rechtswidrig. Eine Abschiebungsandrohung nach § 34 a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AsylG führt zwingend – da § 36 Abs. 1 AsylG nicht für die Fälle des § 29 Abs. 1 Nr. 1 a gilt und eine andere Rechtsgrundlage für eine Ausreisefrist von einer Woche nicht ersichtlich ist – zur Anwendbarkeit von § 38 Abs. 1 AsylG, wonach „in sonstigen Fällen“ die Ausreisefrist 30 Tage beträgt (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 14.11.2016 – 22 L 2936/16.A – juris, VG Bayreuth, B. v. 4.4.2017 – B 3 S. 17.50316 – juris). Die von der Antragsgegnerin festgesetzte Ausreisefrist von einer Woche ist daher rechtswidrig, was voraussichtlich zur Aufhebung der Ziffer 3 des Bescheids im Hauptsacheverfahren führen wird.

Nachdem ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsandrohung bestehen, war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Das Gericht weist explizit darauf hin, dass die Prüfung inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse im Fall einer Abschiebungsandrohung durch die Ausländerbehörde zu erfolgen hat. Auch wenn die Bescheide der Eltern des Antragstellers mit den darin enthaltenen Ausreiseverpflichtungen bestandskräftig geworden sind, sind das Wohl des Kindes und die Aufrechterhaltung der Familieneinheit bei dieser Entscheidung vorrangig zu berücksichtigen. Im Rahmen der Rücküberstellung nach Italien wird die zuständige Ausländerbehörde darauf zu achten haben, dass die Familieneinheit aufrecht erhalten bleibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b AsylG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Abschiebungsanordnung nach Litauen im Rahmen des „Dublin-Verfahrens“.

Der Antragsteller ist kasachischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben am 13. Mai 2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 29. Mai 2017 stellte er dort einen Asylantrag. Nachdem ein Abgleich der Fingerabdrücke einen EURODAC-Treffer der Kategorie 1 ergeben hat, richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am 13. Juni 2017 ein Übernahmeersuchen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an Litauen. Die litauischen Behörden erklärten ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 d) Dublin III-VO mit Schreiben vom 28. Juni 2017.

Daraufhin lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers mit Bescheid vom 19. Juli 2017 als unzulässig ab (Nummer 1 des Bescheides) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des AufenthG nicht vorliegen (Nummer 2). Unter Nummer 3 des Bescheides wurde die Abschiebung des Antragstellers nach Litauen angeordnet. Außerdem wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nummer 4). Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 31. Juli 2017 zugestellt.

Der Antragsteller hat gegen diesen Bescheid am 7. August 2017 Klage erhoben und Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt.

Der Antragsteller befürchtet vor allem, von Litauen nach Kasachstan abgeschoben zu werden, wo ihm Lebensgefahr drohe. Sein Bevollmächtigter beruft sich im Wesentlichen auf das Vorliegen systemischer Mängel im litauischen Asylverfahren. In Litauen würden die Verfahrensrechte im Rahmen der Anordnung von Asylhaft und bei der Durchführung des Aslyverfahrens missachtet. Im Falle einer Überstellung des Antragstellers nach Litauen sei von einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung des Antragstellers auszugehen.

Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beantragt der Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung verweist sie auf ihre Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die in elektronischer Form vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 19. Juli 2017 hat keinen Erfolg.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist zulässig. Der Antrag ist am 7. August 2017 und damit innerhalb der einwöchigen Frist ab Zustellung des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamts (am 31. Juli 2017) gestellt worden (vgl. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG).

Der zulässige Antrag ist aber unbegründet.

Die vom Antragsteller erhobene Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 19. Juli 2017 entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG). Das Gericht der Hauptsache kann aber nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage dieser Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die im Eilverfahren nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann.

Nach diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage, weil diese aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird. Die in Nummer 3 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 19. Juli 2017 getroffene Abschiebungsanordnung erweist sich nach summarischer Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1, Halbs. 2 AsylG) als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Der zuständige Staat bestimmt sich hier gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG nach den Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. L 180 v. 19. Juni 2013, S.31 – „Dublin IIIVO“).

Nach zutreffender Auffassung der Antragsgegnerin ist im vorliegenden Fall Litauen für die Behandlung des Asylgesuchs des Antragstellers zuständig. Dies ergibt sich aus Art. 13 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 Buchst. d, Art. 23 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1, Art. 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Dublin III-VO. Der Antragsteller hat am 26. Oktober 2016 bereits in Litauen einen Asylantrag gestellt, der allerdings abgelehnt wurde. Litauen ist deshalb nach Art. 18 Abs. 1 d) Dublin III-VO für die Prüfung seines Asylantrages zuständig. Die litauischen Behörden haben das Wiederaufnahmegesuch, das am 13. Juni 2017 und damit rechtzeitig innerhalb der Zwei-Monats-Frist des Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO gestellt wurden, mit Schreiben vom 28. Juni 2017 ausdrücklich akzeptiert.

Die Zuständigkeit Litauens ist auch nicht wegen Ablaufs der sechsmonatigen Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO entfallen und auf die Beklagte übergegangen. Die Überstellungsfrist wird zwar grundsätzlich mit der Erklärung des anderen Mitgliedstaates in Lauf gesetzt, den Schutzsuchenden zur Durchführung des Asylverfahrens aufzunehmen, hier also mit dem Schreiben der litauischen Behörden vom 28. Juni 2017. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterbricht jedoch ein vor Ablauf der Überstellungsfrist gestellter, zulässiger Eilantrag gegen die Abschiebungsanordnung den Lauf der Überstellungsfrist, weil dann bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine Überstellung kraft Gesetzes ausgeschlossen ist. Demzufolge hat der vom Antragsteller am 7. August 2017 eingereichte Eilantrag den Lauf der sechsmonatigen Überstellungsfrist unterbrochen. Die Überstellungsfrist beginnt ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieses ablehnenden Eilbeschlusses vollständig neu zu laufen (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2016 - 1 C 22.15 - und U.v. 26.5.2016 - 1 C15.15 - juris; Sächs.OVG, B. 5.10.2015 - 5 B 259/15.A -, juris, Rn. 10, VG Augsburg, U.v. 22.10.2014 – Au 3 K 14.50135 – juris Rn. 31, 33; VG Regensburg, B.v. 21.11.2014 – RN 5 S. 14.50276 – juris Rn. 15).

Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Litauens in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen ließen. Besondere Umstände, die die Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO begründen würden, sind seitens des Antragstellers weder konkret vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 – C 4 11/10 und C 493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer ernsthaften und durch Tatsachen bestätigten Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 Grundrechtscharta bwz. Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a.a.O.). Der Asylbewerber kann der Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat mithin nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten (so grundsätzlich EUGH, große Kammer, U.v. 10.12.2013, RS: 10-394/12, juris). So bestimmt Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO, dass im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedsstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat der zuständige Mitgliedsstaat wird. An die Feststellung systemischer Mängel sind hohe Anforderungen zu stellen. Einzelne Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK der zuständigen Mitgliedstaaten genügen hierfür nicht. Von systemischen Mängeln ist vielmehr erst dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 -, juris; B.v. 6.6.2014, 10 B 25/14, juris).

Ausgehend davon bestehen im gegenwärtigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in Litauen aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Der Antragsteller hat keine systemischen Mängel im litauischen Asylsystem dargelegt, von denen er individuell betroffen sein könnte. Die Verneinung systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Litauen entspricht auch der Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. VG München, Beschlüsse v. 14.7.2016 – M 7 S. 16.50401 und M 7 S. 16.50403 -, juris; VG Düsseldorf, B. v. 14.12.2015 – 22 L 3629/15.A -, juris; B. v. 17.6.2015 - 13 L 1896/15.A –, juris; VG Regensburg, B. v. 13.1.2015 - RO 9 S. 14.50347 -, juris) sowie der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. VG Ansbach, U. v. 27.1.2016 - AN 14 K 15.50615 -, juris; B. v. 16.10.2015 - AN 14 S. 15.50445 -, juris). Ergänzend hierzu wird auf die ausführliche Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes vom 19. Juli 2017 Bezug genommen.

Auch außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, sind nicht ersichtlich.

Die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung des Antragstellers nach Litauen begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Dies gilt zum einen hinsichtlich zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), deren Nichtvorliegen die Antragsgegnerin in Nummer 2 des angefochtenen Bescheides in nicht zu beanstandender Weise gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG festgestellt hat. Auch inlandsbezogene Abschiebehindernisse im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, die die Antragsgegnerin bei Abschiebungsanordnungen nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ebenfalls zu prüfen hat (vgl. vgl. BVerfG, B. v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 -, juris Rn. 11 f; BayVGH, B. v. 21.4.2015 - 10 CE 15.810, 10 C10 C 15.813 -, juris Rn. 4), sind nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat zwar im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt einige gesundheitliche Beschwerden vorgetragen und auch ein ärztliches Attest vorgelegt. Es ist aber nicht ersichtlich und wurde auch nicht vorgetragen, dass sich daraus eine Reiseunfähigkeit des Antragstellers in Bezug auf Litauen ergeben könnte. Im Übrigen ist auch davon auszugehen, dass der Antragsteller die notwendige ärztliche Betreuung auch in Litauen erhalten kann.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Nummer 4 des Bescheides vom 19. Juli 2017 bleibt ebenfalls erfolglos. Die erfolgte Befristung des Einreiseverbots auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung begegnet nach summarischer Prüfung keinen rechtlichen Bedenken. Rechtsgrundlage hierfür ist § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG. Anhaltspunkte dafür, dass die im vorliegenden Fall festgesetzte Frist von sechs Monaten gegen die gesetzlichen Vorgaben verstößt, bestehen nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Befristungsentscheidung im vorliegenden Fall unzutreffende Erwägungen zu Grunde gelegt oder Belange des Antragsstellers nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG) gez.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller, ein ukrainischer Staatsangehöriger mit russischer Muttersprache, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen seine Überstellung nach Litauen im Rahmen des Dublin-Verfahrens.

Nach der Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender reiste er am 18. März 2016 ins Bundesgebiet ein. Dabei war er im Besitz eines von Litauen am 11. März 2016 ausgestellten Visums für Kurzaufenthalte (15 Tage), gültig bis zum 9. April 2016.

Am 19. April 2016 beantragte der Antragsteller Asyl. Bei seiner Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) am selben Tag gab er an, alleinstehend und am 11. März 2016 von der Ukraine nach Deutschland geflogen zu sein. Grund für seine Ausreise sei, dass der ukrainische Staat wegen der Kampfhandlungen mit den Separatisten versuche, Soldaten zu rekrutieren. Für den Fall, dass er sich nicht stelle, sei ihm mit einer Gefängnisstrafe gedroht worden. Er habe die letzte Zeit unter wechselnden Adressen gelebt. Außerdem sei die Bevölkerung gegen die russischsprachige Bevölkerung eingestellt. Er sei dreimal geschlagen worden. Seine Arbeitsstelle bei der Polizei habe er gekündigt. Danach hätten die Rekrutierungsbemühungen eingesetzt. Er wolle nicht in einen anderen EU-Mitgliedstaat überstellt werden, weil seine Rechte in Deutschland mehr respektiert würden. Zudem habe er hier Verwandte, die bereit seien, ihm zu helfen.

Am 28. April 2016 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmeersuchen an Litauen, dem mit Schreiben der Asyleinheit der litauischen Migrationsbehörde vom 1. Juni 2016 entsprochen wurde.

Mit per Post zugestelltem Bescheid vom 14. Juni 2016 lehnte das Bundesamt den Asylantrag gem. § 27a AsylG als unzulässig ab (Nummer 1), ordnete gestützt auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG die Abschiebung des Antragstellers nach Litauen an (Nummer 2) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nummer 3). In den Gründen des Bescheids ist ausgeführt, Litauen sei gem. Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin dazu veranlassen könnte, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen, seien nicht ersichtlich. Die Verwandten des Antragstellers seien keine Familienangehörige im Sinne von Art. 2g Dublin III-VO. Weder er noch seine Verwandten seien nach eigenen Angaben auf gegenseitige Unterstützung angewiesen. Ferner sei davon auszugehen, dass im Herkunftsland keine Familieneinheit bestanden habe, welche es wiederherzustellen gelte, da der Antragsteller es verneint habe, von verwandten Personen aufgrund eines Krieges, einer bürgerkriegsähnlichen Situation oder der anschließenden Flucht getrennt worden zu sein.

Am 20. Juni 2016 erhob der Antragsteller Klage (M 7 K 16.50388). In diesem Verfahren stellten seine Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 23. Juni 2016 den Antrag, den Bescheid vom 14. Juni 2016 aufzuheben und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Am 22. Juni 2016 beantragte der Antragsteller unter Bezug auf seine Angaben gegenüber dem Bundesamt zur Niederschrift des Urkundsbeamten des Gerichts in der Aufnahmeeinrichtung M.,

hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Litauen die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung der Klage wurde auf die in der Anhörung geschilderten Asylgründe Bezug genommen und ausgeführt, das Interview sei ziemlich oberflächlich geführt worden. Seinem Begleiter sei das Dolmetschen untersagt worden. Er habe das lettische Visum beantragt, weil das Reisebüro keine Reisen in andere EU-Staaten angeboten habe. Er habe nicht beabsichtigt, nach Lettland zu reisen, weil dort ebenfalls eine aggressive Haltung gegenüber Russischsprachigen vorherrsche.

Mit Schreiben vom 24. Juni 2016 übersandte das Bundesamt die Behördenakten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid vom 14. Juni 2016 verfügte Anordnung der Abschiebung nach Litauen gerichtete Antrag ist zulässig, insbesondere fristgerecht gestellt (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG), aber unbegründet.

Entfaltet ein Rechtsbehelf wie hier von Gesetzes wegen (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V. m. § 75 Abs. 1 AsylG) keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für und gegen die Begründetheit des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens sind.

Vorliegend überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Anordnung gegenüber dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Denn nach der gebotenen summarischen Prüfung auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) ist davon auszugehen, dass der Antragsteller durch die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung nach Litauen nicht in subjektiven Rechten verletzt wird.

Nach § 27a AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gem. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG kann das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Litauen ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Nach Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ist der EU-Mitgliedstaat, der dem Betreffenden ein Visum ausgestellt hat, für die Prüfung seines Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Solange der Betreffende das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat, gilt dies nach Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO auch dann, wenn das Visum, aufgrund dessen der Betreffende in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates einreisen konnte, im maßgeblichen Zeitpunkt der Stellung des Gesuchs auf internationalen Schutz (Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO) noch nicht sechs Monaten abgelaufen ist. Litauen hat dem Antragsteller unstreitig am 11. März 2016 ein Visum für einen Kurzaufenthalt (15 Tage), gültig bis zum 9. April 2016, ausgestellt, das ihm die Einreise ins Bundesgebiet ermöglicht hat. Dementsprechend hat Litauen auch der Aufnahme des Antragstellers gem. Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO mit Schreiben vom 1. Juni 2016 zugestimmt.

Art. 9 ff., 16 Abs. 2 Dublin III-VO sind aus den im Bescheid der Antragsgegnerin genannten Gründen (§ 77 Abs. 2 AsylG) nicht einschlägig.

Einen Selbsteintritt gem. Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO hat die Antragsgegnerin ermessensfehlerfrei abgelehnt. Insbesondere ist derzeit nicht ersichtlich, dass eine Überstellung nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO unmöglich ist. Das ist dann der Fall, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller im zuständigen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - EUGRCh - mit sich bringen. Nach der zur Rechtslage unter der Dublin II-VO ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 21. Dezember 2011 - C-411/10 u. C-493/10 - NVwZ 2012, 417/419 Rn. 80) gilt eine widerlegbare Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat mit den Erfordernissen der EUGRCh sowie der Genfer Flüchtlingskonvention - GF - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - in Einklang steht. Die Vermutung ist dann widerlegt, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsmängel regelhaft so defizitär sind, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19. März 2014 - 10 B 6.14 - S. 7). An diese Feststellung sind hohe Anforderungen zu stellen (OVG Lüneburg, B. v. 18. März 2014 - 13 LA 75/13 - juris Rn. 14). Einzelne Missstände stellen noch keine systemischen Schwachstellen dar. Diese liegen vielmehr erst dann vor, wenn dem Betroffenen in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, der Zugang zu einem Asylverfahren verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder wenn er während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (OVG NW, U. v. 7. März 2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 126). Es besteht allerdings keine allgemeine Verpflichtung, jedermann mit einer Wohnung zu versorgen, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (OVG NW, a. a. O., Rn. 118 f. m. w. N.).

Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller Gefahr läuft, nach der Rücküberstellung nach Litauen unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK behandelt zu werden, haben sich nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen und im Internet frei recherchierbaren Quellen nicht ergeben; und zwar auch nicht unter dem Aspekt einer etwaigen Diskriminierung der russischsprachigen bzw. russischen Minderheit (ebenso VG Regensburg, B. v. 13. Januar 2015 - RO 9 S 14. 50347 - juris Rn. 25), die etwa 5% der litauischen Gesamtbevölkerung ausmacht. Die diesbezüglichen vom Antragsteller vorgetragenen Vorfälle haben sich im Übrigen in der Ukraine zugetragen. Entsprechend geht auch die Rechtsprechung der deutschen Verwaltungsgerichte einhellig davon aus, dass das litauische Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen nicht an systemischen Mängeln leiden (vgl. VG Ansbach, U. v. 27. Januar 2016 - AN 14 K 15.50615 - juris Rn. 33 f.; VG Düsseldorf, B. v. 14. Dezember 2015 - 22 L 3629/15.A - juris Rn. 26; VG Magdeburg, Gerichtsbescheid v. 23. Juni 2015 - 9 A 416/15 - juris Rn. 10 f.; VG Regensburg, B. v. 13. Januar 2015 - RO 9 S 14.50347 -, juris, unter Verweis auf den Österreichischen Asylgerichtshofs, Entscheidung v. 14. Mai 2012 - S6 426460-1/2012 - und das österreichische Bundesverwaltungsgericht).

Dass der Antragsteller in seinem Heimatland aus tatsächlichen Gründen nur ein litauisches Visum für die Europäische Union beantragen konnte, nach seinem Vortrag aber von Anfang an zu seinen Verwandten nach Deutschland einreisen und hier um Asyl nachsuchen wollte, ändert an der Rechtslage nichts. Unter Geltung der festen Zuständigkeitsregelungen der Dublin III-VO kann sich ein Asylbewerber den Mitgliedstaat nicht frei aussuchen, in dem er sein Asylbegehren prüfen lassen will.

Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote hinsichtlich Litauens bestehen nicht. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe, die im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vom Bundesamt zu prüfen sind (BayVGH, B. v. 12. März 2014 - 10 CE 14.427- juris Ls), sind ebenfalls nicht ersichtlich. Damit sind die Voraussetzungen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) In den sonstigen Fällen, in denen das Bundesamt den Ausländer nicht als Asylberechtigten anerkennt, beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist 30 Tage. Im Falle der Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.

(2) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags vor der Entscheidung des Bundesamtes oder der Einstellung des Verfahrens beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(3) Im Falle der Rücknahme des Asylantrags oder der Klage oder des Verzichts auf die Durchführung des Asylverfahrens nach § 14a Absatz 3 kann dem Ausländer eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt.

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die in Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 22.05.2017 (Gesch-Z. …-232) enthaltene Abschiebungsandrohung nach Italien wird angeordnet.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die in einem Bescheid des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) enthaltene Abschiebungsandrohung nach Italien.

Der am ... 2015 in Deutschland geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er hält sich derzeit mit seinen Eltern ... und ... in Deutschland auf. Die Asylanträge der Eltern des Antragstellers wurden mit Bescheiden des Bundesamts vom 25.4.2017 hinsichtlich des Vaters (Gz.: …-232) und vom 26.4.2017 hinsichtlich der Mutter (Gz.: …-232) bestandskräftig als unzulässig abgelehnt, da diesen bereits in Italien internationaler Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt worden sei.

Am 9.3.2015 wurde – aufgrund der Antragsfiktion des § 14 a Abs. 2 Satz 3 AsylG – ein Asylantrag des Antragstellers mit Eingang des Schreibens der Ausländerbehörde vom 9.3.2015 als gestellt erachtet. Eine gesonderte Begründung des Antrags erfolgte nicht. Von einer persönlichen Anhörung im Asylverfahren wurde abgesehen, weil der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren als gestellt erachtet wurde und der Sachverhalt aufgrund der Verfahrensakten der Eltern, die beigezogen wurden, für ausreichend geklärt erachtet wurde. Mit dem Asylantrag wurde sowohl die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) als auch die Anerkennung als Asylberechtigter beantragt.

Mit Bescheid vom 22.5.2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Ziffer 2). Unter Androhung seiner Abschiebung nach Italien oder einen anderen zu seiner Aufnahme bereiten oder zu seiner Rückübernahme verpflichteten Staat forderte das Bundesamt den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen (Ziffer 3). Eine Abschiebung nach Nigeria wurde ausgeschlossen. Ferner wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 des AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 a und 2 AsylG unzulässig. Für ein in Deutschland geborenes Kind, dessen Eltern bereits internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union erhalten habe, sei in Deutschland kein Asylverfahren durchzuführen. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen. Gegen den Bescheid vom 22.05.2017, zugestellt am 24.5.2017 ließ der Antragsteller gesetzlich vertreten durch seine Mutter mit Schreiben vom 31.5.2017, bei Gericht eingegangen am gleichen Tage, Klage erheben, die unter dem Az. RN 14 K 17.33302 geführt wird. Im Hinblick auf die Wahrung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) hat das Gericht den Schriftsatz der gesetzlichen Vertreterin des Antragstellers nach einem entsprechenden Hinweis so ausgelegt, dass auch ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt sein soll. Dem diesbezüglich erteilten richterlichen Hinweis wurde nicht widersprochen. Eine Begründung wurde bisher nicht vorgelegt.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.5.2017 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf die Gründe des angegriffenen Bescheids,

den Antrag abzulehnen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf die Akten des Bundesamtes Bezug genommen. Die Akten des Bundesamtes in den Asylverfahren der Eltern des Antragstellers ( Gesch-Z. …-232 und …-232) wurden beigezogen.

II.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO ist die in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Abschiebungsandrohung, die gemäß §§ 35, 34 a Abs. 1 Satz 4, 36 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) erlassen worden ist. Da der Asylantrag als unzulässig abgelehnt worden ist, wurde nach § 36 Abs. 1 AsylG eine Ausreisefrist von einer Woche gesetzt, was zur Folge hat, dass die gegen die Abschiebungsandrohung gerichtete Klage nach § 77 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung hat.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsandrohung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägungsentscheidung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs zu berücksichtigen. Im Falle einer Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Wochenfrist darf das Gericht gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG die Aussetzung der Abschiebung nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen.

Solche ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung liegen hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG) vor. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamts verfügten Abschiebungsandrohung nach Italien unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche.

Zweifel bestehen hier bereits daran, ob im vorliegenden Fall überhaupt die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsandrohung gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 4 AsylG vorlagen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes kommt dies nur in Betracht, wenn eine Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 oder 2 AsylG nicht erlassen werden konnte. Die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat ist anzuordnen, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Der Bescheid enthält keinerlei Ausführungen oder Begründungen dazu, warum die Voraussetzungen einer Abschiebungsanordnung nicht vorliegen. Offensichtlich ist dies im Hinblick auf das Alter des Antragstellers unterblieben. Ob diese Entscheidung im Hinblick auf die bestandskräftigen Bescheide der Eltern des Antragstellers und den Hinweis der Antragsgegnerin an die Ausländerbehörde, dass der Vollzug der Abschiebungsandrohung nur bei Sicherstellung und Dokumentation einer gemeinsamen Unterbringung der Familie in Italien richtig ist, kann hier dahingestellt bleiben, nachdem die Abschiebungsandrohung jedenfalls mangels ordnungsgemäßer Fristsetzung rechtswidrig ist.

Die Voraussetzungen für eine Abschiebungsandrohung unter Setzung einer Wochenfrist, welche die Antragsgegnerin auf die §§ 35, 34 a Abs. 1 Satz 4, 36 Abs. 1 AsylG gestützt hat, sind allerdings hier nach Auffassung der zur Entscheidung berufenen Einzelrichterin nicht gegeben, da die Unzulässigkeit des Asylantrags in Deutschland nicht aus § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG folgt. § 36 Abs. 1 AsylG sieht eine Ausreisefrist von einer Woche nur in den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG vor. Eine andere Rechtsgrundlage, auf die eine Abschiebungsandrohung mit eine Ausreisefrist von einer Woche rechtmäßig gestützt werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag in Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Ausländer internationalen Schutz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. In den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG droht das Bundesamt gem. § 35 AsylG dem Ausländer die Abschiebung in den Staat an, in dem er von Verfolgung sicher war. Dabei beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG).

Im Rahmen der Asylverfahren der Eltern des Antragstellers wurde davon ausgegangen, dass diesen in Italien internationaler Schutz i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt wurde. Die Bescheide der Eltern des Antragstellers vom 25.4.2017 bzw. 26.4.2017 sind bestandskräftig. Die Eltern des Antragstellers hielten sich von 2011 bis 2014 nach ihren eigenen Angaben in Italien auf und sind Ende des Jahres 2014 bzw. Anfang des Jahres 2015 nach Deutschland eingereist. Der Antragsteller ist hingegen erst am 19.2.2015, also offensichtlich nach der durch das Bundesamt angenommenen Schutzgewährung durch Italien in Deutschland geboren worden. Der Antragsteller kann daher schon denknotwendigerweise nicht von der seinerzeitigen Schutzfeststellung durch Italien erfasst sein (so auch VG Ansbach, U. v. 27.7.2016 – AN 14 K 15.50534 – juris, VG Bayreuth, B. v. 4.4.2017 – B 3 S. 17.50316 – juris). Die Ablehnung eines Asylantrages auf der Grundlage von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG setzt aber nach dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut voraus, dass eine anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Dies ist kann für den Antragsteller nicht der Fall gewesen sein. Die vom Verwaltungsgericht Hamburg vertretene Auffassung, wonach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG analog auch auf minderjährige in Deutschland geborene Antragsteller Anwendung fände, deren Eltern in einem anderen EU-Mitgliedstaat bereits internationalen Schutz gewährt worden sei (vgl. VG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 08.05.2017 – 16 A 808/15 - juris), überzeugt die zur Entscheidung berufene Einzelrichterin nicht. Zum einen dürfte eine Analogie schon im Hinblick auf den klaren Gesetzeswortlauf ausscheiden, zum anderen besteht auch im Hinblick auf die vom VG Hamburg angemahnte Konformität des nationalen Asylgesetzes mit der europarechtlichen Regelung in Art. 20 Abs. 3 Dublin-III-VO kein Erfordernis zur analogen Anwendung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in diesem Fall. Bei Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO handelt es sich um eine Zuständigkeitsregelung zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags eines minderjährigen Kindes zuständigen Mitgliedsstaatesauch ohne eine Analogie ist im vorliegenden Fall sichergestellt, dass das minderjährige Kind untrennbar mit der Situation seiner Familienangehörigen verbunden ist und der gleiche Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylbegehrens des Kindes zuständig ist wie für die Eltern.

Auch nach Auffassung des Gerichts ist der Asylantrag des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland als unzulässig abzuweisen, für die Durchführung des Asylverfahrens ist vielmehr Italien zuständig. Die Unzulässigkeit ergibt sich vorliegend allerdings aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 a AsylG. Die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers begründet sich aus dem Schutz und der Wahrung der Familieneinheit und einer insoweit über Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO vermittelten verfahrensrechtlichen Akzessorietät zum Verfahren seiner Eltern.

Nach Art. 20 Abs. 3 Dublin III-VO ist für die Zwecke der Dublin-Verordnung die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutzes dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die – wie vorliegend - nach Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaats geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss. Der Umstand, dass die Eltern des Antragstellers zum jetzigen Zeitpunkt selbst keine Antragsteller im Dublin-Verfahren (mehr) sind bzw. sie wegen des angenommenen ihnen in Italien zuerkannten internationalen Schutzes aktuell nicht mehr von der Dublin III-VO erfasst werden, ändert daran nichts. Entscheidend ist vielmehr, ob Italien nach den Kriterien der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens der Eltern zuständig war und infolge dessen zur Wahrung der Familieneinheit Italien auch für das Verfahren des Antragstellers zuständig ist. Das steht auch im Einklang mit Art. 23 der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie), wonach die Mitgliedsstaaten dafür Sorge tragen, dass der Familienverband aufrechterhalten werden kann. Der Antragsteller hat daher in Italien Anspruch auf die in Art. 24 bis 35 der genannten Qualifikationsrichtlinie genannten Leistungen wie etwa Aufenthaltstitel, Sozialhilfe, medizinische Versorgung, Wohnraum und Integrationsmaßnahmen (VG Ansbach, U. v. 29.07.2016 - AN 14 K 15.50534 - juris; VG Meiningen, B. v. 10.12.2014 5 E 20238/14 Me – juris; VG Cottbus, B.v. 11.07.2014 – VG 5 L 190/14.A – juris).

Die erlassene Abschiebungsandrohung ist aber mangels ordnungsgemäßer Fristsetzung rechtswidrig. Eine Abschiebungsandrohung nach § 34 a Abs. 1 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AsylG führt zwingend – da § 36 Abs. 1 AsylG nicht für die Fälle des § 29 Abs. 1 Nr. 1 a gilt und eine andere Rechtsgrundlage für eine Ausreisefrist von einer Woche nicht ersichtlich ist – zur Anwendbarkeit von § 38 Abs. 1 AsylG, wonach „in sonstigen Fällen“ die Ausreisefrist 30 Tage beträgt (vgl. VG Düsseldorf, B. v. 14.11.2016 – 22 L 2936/16.A – juris, VG Bayreuth, B. v. 4.4.2017 – B 3 S. 17.50316 – juris). Die von der Antragsgegnerin festgesetzte Ausreisefrist von einer Woche ist daher rechtswidrig, was voraussichtlich zur Aufhebung der Ziffer 3 des Bescheids im Hauptsacheverfahren führen wird.

Nachdem ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsandrohung bestehen, war die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Das Gericht weist explizit darauf hin, dass die Prüfung inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse im Fall einer Abschiebungsandrohung durch die Ausländerbehörde zu erfolgen hat. Auch wenn die Bescheide der Eltern des Antragstellers mit den darin enthaltenen Ausreiseverpflichtungen bestandskräftig geworden sind, sind das Wohl des Kindes und die Aufrechterhaltung der Familieneinheit bei dieser Entscheidung vorrangig zu berücksichtigen. Im Rahmen der Rücküberstellung nach Italien wird die zuständige Ausländerbehörde darauf zu achten haben, dass die Familieneinheit aufrecht erhalten bleibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b AsylG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.

(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,

1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a),
2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist,
4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt,
5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.

(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.

(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.