I.
Der am 1988 in Damaskus geborene, ledige Antragsteller (ungeklärte Staatsangehörigkeit, nach eigenen Angaben palästinensischer Volkszugehörigkeit), begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Anordnung seiner Abschiebung nach Ungarn.
Nach eigenen Angaben reiste der Antragsteller am 15. Februar 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 7. April 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (nachfolgend: Bundesamt) einen Asylantrag. In einem persönlichen Gespräch mit dem Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates zur Durchführung des Asylverfahrens gab der Antragsteller u. a. an, er habe sein Herkunftsland im Oktober 2014 verlassen. Sein Reiseweg nach Deutschland habe über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich geführt. In Ungarn seien ihm Anfang Februar 2015 Fingerabdrücke abgenommen worden. Er gab ferner an, er wolle nicht nach Ungarn, er habe von Anfang an nach Deutschland gewollt und wolle hier arbeiten. Er habe einen Cousin, der seit einem Jahr in Deutschland sei. Die genaue Adresse kenne er nicht.
Eine Überprüfung durch das Bundesamt ergab hinsichtlich des Antragstellers einen EURODAC-Treffer für Griechenland und zwei EURODAC-Treffer für Ungarn. Auf den Wiederaufnahmeantrag des Bundesamtes vom 5. Juni 2015 erklärten die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 16. Juni 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO und teilten mit, dass der Antragsteller in Ungarn am 3. Februar 2015 einen Asylantrag gestellt habe. Das Verfahren sei am 6. Februar 2015 eingestellt worden, da der Antragsteller verschwunden sei.
Mit Bescheid vom 23. Juni 2015, dem Antragsteller nach seinen Angaben zugestellt am 30. Juni 2015, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an.
Am 7. Juli 2015 stellte der Antragsteller beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg den Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage gem. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Am 13. Juli 2015 ließ der Antragsteller gegen den Bescheid vom 23. Juni 2015 durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben (Au 4 K 15.50367).
Zur Begründung wurde ausgeführt: Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin lägen in Ungarn systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vor, so dass die Gefahr bestehe, dass der Antragsteller einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta ausgesetzt werde. Bereits zum 1. Juli 2013 sei in Ungarn eine Gesetzesänderung in Kraft getreten, wonach Asylbewerber bis zu sechs Monate inhaftiert werden könnten, was ein erhebliches Risiko einer umfassenden Inhaftierung von Asylbewerbern mit sich bringe. Dublin-Rückkehrer würden regelmäßig, zumeist mit der Begründung der Fluchtgefahr, unter schlechten hygienischen Bedingungen inhaftiert, wobei die Haftanordnung schematisch, als nicht bezogen auf den konkreten Einzelfall, erfolge. Individuelle Rechtsmittel hiergegen könnten nicht eingelegt werden. Die materiellen Grundbedürfnisse und Versorgungsleistungen von Asylsuchenden seien in Ungarn nicht sichergestellt. Die in den einschlägigen EU-Richtlinien (Aufnahmerichtlinie; Verfahrensrichtlinie) normierten Standards würden nicht gewährleistet. Vor diesem Hintergrund hätten einige Verwaltungsgerichte, namentlich das VG Bremen und das VG Berlin entschieden, dass eine Rücküberstellung nach Ungarn unzulässig sei, da Dublin-Rückkehrer mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Behandlung ausgesetzt sein würden, die gegen die EU-GR-Charta und die EMRK verstoße. Zudem habe der EGMR mit Urteil vom 10. März 2015 entschieden, dass Ungarn wegen der Umstände der Unterbringung von Gefangenen und wegen diesbezüglicher ineffektiver Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Art. 3 bzw. Art. 13 EMRK verstoßen habe.
Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Bundesamtsakte verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG statthaft. Gem. § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO konnte der Antrag schon vor Erhebung der Anfechtungsklage gestellt werden. Ein derartiges Vorgehen setzt zwar voraus, dass eine Anfechtungsklage nachträglich fristgerecht (§ 74 Abs. 1 AsylVfG) erhoben wird. Dies war hier jedoch der Fall.
Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. Juni 2015 erweist sich nach derzeitiger Aktenlage als rechtmäßig. Das öffentliche Vollzugsinteresse an der in dem Bescheid ausgesprochenen, sofort vollziehbaren (vgl. § 75 Abs. 1 AsylVfG) Abschiebungsanordnung überwiegt daher das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet.
Eine Abschiebungsanordnung durch das Bundesamt ergeht nach § 34a Abs. 1 AsylVfG, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Ungarn ist vorliegend aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft (Europäischen Union), nämlich nach den Regelungen der Dublin III-VO, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, § 27a AsylVfG.
Eine Überstellung des Antragstellers nach Griechenland, dem gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO primär zuständigen Mitgliedstaat, kam nicht in Betracht, weil dort die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO (systemische Schwachstellen) vorliegen. Die Antragsgegnerin war daher gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO verpflichtet, die Prüfung fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat nach den Kriterien der Dublin III-VO als zuständig bestimmt werden kann. Die Antragsgegnerin hat sich für eine Anfrage an Ungarn auf Rückübernahme entschieden, wo der Antragsteller am 3. Februar 2015 einen Asylantrag gestellt hatte (Art. 3 Abs. 2 Unterabsätze 1 und 3 Dublin III-VO). Die ungarischen Behörden haben mit Schreiben vom 16. Juni 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags des Antragstellers gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin III-VO erklärt.
Es steht auch im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann, d. h. die Abschiebung ist tatsächlich möglich und rechtlich zulässig. Ersteres hängt in erster Linie von der Übernahmebereitschaft desjenigen Drittstaates ab, in den abgeschoben werden soll. Dies ist hier, wie ausgeführt, der Fall. Die Frist zur Überstellung nach Ungarn (Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO) ist noch nicht abgelaufen.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann der Asylbewerber allerdings in dem Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat seiner Aufnahme zustimmt, der Überstellung damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta ausgesetzt zu werden (vgl. u. a. EuGH, U.v. 10.12.2013 - C-394/12 - NVwZ 2014, 208 - juris Rn. 60). Diese Rechtsprechung ist nunmehr von Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO vom Unionsgesetzgeber aufgegriffen worden.
Derartige systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn vermag das Gericht jedoch entgegen dem entsprechenden Vortrag des Antragstellers nicht zu erkennen.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sich erst kürzlich mit der Frage beschäftigt, ob das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn im Hinblick auf die - auch von Antragsteller maßgeblich in Bezug genommenen - seit 1. Juni 2013 bestehenden Regelungen zur Asylhaft systemische Mängel aufweisen (BayVGH, B.v. 12.6.2015 - 13a ZB 15.50097 - juris Rn. 3 ff.). Dieser Entscheidung lässt sich entnehmen, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diese Frage verneint.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, soweit einzelne erstinstanzliche Verwaltungsgerichte systemische Mängel annähmen, gingen diese gerade nicht von einem systemischen Verstoß gegen Art. 4 EU-GR-Charta aus. Sie lägen daher offenbar einen anderen als den in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 der Dublin III-VO festgelegten Prüfungsmaßstab („Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-GR-Charta") zugrunde. Diesen Maßstab habe aber der EuGH bereits für die Dublin II-VO verbindlich festgelegt, indem er ausgeführt habe, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat genügt, um die Annahme systemischen Versagens zu tragen.
Im Übrigen verneine auch der Großteil der nationalen Verwaltungsgerichte systemische Mängel bzw. Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn.
Aus neueren Auskünften des UNHCR und von Pro Asyl ergebe sich nichts anderes. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf sei nach Auswertung von von ihm eingeholten Stellungnahmen zu dem Ergebnis gelangt, dass sich nicht feststellen ließe, dass ein Kläger Gefahr liefe, nach seiner Rücküberstellung nach Ungarn einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S.v. Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK zu unterfallen. Die Tatsache, dass das ungarische Asylrecht Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthalte und Ungarn auf dieser Grundlage Dublin-Rückkehr inhaftiere, sei für sich genommen noch kein begründeter Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) sei ebenfalls zu der Einschätzung gelangt, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung ein Asylsuchender nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr unterliege, bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin-VO einer Behandlung ausgesetzt zu werden, die Art. 3 EMRK verletzen würde (U.v. 6.6.2013 - Mohammed ./. Österreich, Nr. 2283/12 - InfAuslR 2014, 197, und U.v. 3.7.2014 - Mohammadi ./. Österreich, Nr. 71932/12 - NLMR - Newsletter Menschenrechte - 2014, 282). In dem Urteil vom 3. Juli 2014 halte der EGMR an seiner Bewertung im Urteil vom 6. Juni 2013 fest. Seither seien keine neuen Umstände bekannt geworden, die nunmehr zu dem Schluss führen könnten, dass das ungarische Asyl- und Asylhaftsystem systemische Mängel aufweise und für den Antragsteller die reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung bestehe. Zwar zeigten Länderberichte, dass es noch eine Praxis der Inhaftierung von Asylbewerbern gebe und auch Dublin-Rückkehrer davon betroffen wären. Auch seien die Haftgründe vage formuliert und es gebe kein Rechtsmittel gegen Asylhaft. Aus den Berichten würde sich allerdings auch ergeben, dass es keine systematische Inhaftierung von Asylsuchenden mehr gebe und jetzt im Gesetz Alternativen zur Haft vorgesehen seien. Die Höchstdauer des Gewahrsams sei auf sechs Monate beschränkt. Hinsichtlich der Haftbedingungen sei anzumerken, dass es zwar immer noch Berichte über Mängel gebe, in einer Gesamtschau aber von Verbesserungen auszugehen sei. Erneut weise der Gerichtshof darauf hin, dass sich auch der UNHCR bisher nicht generell gegen Rücküberstellungen nach Ungarn ausgesprochen habe.
In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und dem - wie auch vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof hervorgehoben - Großteil der Verwaltungsgerichte geht das erkennende Gericht davon aus, dass in Bezug auf Ungarn keine systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorliegen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta mit sich brächten (vgl. ebenso in jüngerer Zeit aus der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte: VG Gelsenkirchen, B.v. 10.4.2015 - 7a L 1208/15.A; VG München, B.v. 20.5.2015 - M 1 S 14.50568; VG Würzburg B.v. 18.5.2015 - W 6 S 15.50104; VG Regensburg, B.v. 10.4.2015 - RO 1 S 15.50123).
Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich, dass hohe Anforderungen an die Annahme eines systemischen Mangels und der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta zu stellen sind. Denn die auf Ebene der EU vereinbarte Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems (vgl. nunmehr Art. 78 Abs. 2 AEUV) gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden. Daraus hat der Europäische Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der EU-GR-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH, U.v. 21.12.2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - Rn. 80; vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - NVwZ 2014, 1039 - juris Rn. 6).
Diese Vermutung kann aus Sicht des erkennenden Gerichts nicht schon dadurch angezweifelt oder gar widerlegt werden, dass eine EU-weit einheitliche Anwendung oder Umsetzung der auf EU-Ebene erlassenen Regelwerke zum gemeinsamen europäischen Asylsystem nicht sichergestellt ist oder in den Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bestehen, EU-Recht einzuhalten oder gar im Einzelfall dagegen verstoßen wird. Die Bedeutung der vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Vermutung erhält erst und gerade deshalb besonderes Gewicht, weil auch innerhalb des „gemeinsamen europäischen Asylsystems“ die Durchführung selbst des unmittelbar verbindlichen EU-Rechts Sache der Mitgliedstaaten bleibt (Art. 291 Abs. 1 AEUV) und die erlassenen EU-Richtlinien der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten bedürfen (Art. 288 Abs. 4 AEUV).
Ist aber der Europäische Gerichtshof im Angesicht der Möglichkeit einer unter-schiedlichen Handhabung und Umsetzung der Regeln und der sonstigen Defizite des gemeinsamen europäischen Asylsystems von einer Vermutung zugunsten der Einhaltung der EU-GR-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK ausgegangen, kann vom Vorliegen systemischer Mängel nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden. Dementsprechend hat der Gerichtshof ausgeführt, dass aus der Möglichkeit, dass das Dublin-System in der Praxis „auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat“ stoßen kann, nicht zu schließen ist, dass jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat die Verpflichtungen der übrigen Mitgliedstaaten zur Beachtung der Bestimmungen der Dublin II-VO berühren würde. Wenn jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Dublin II-VO genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nachdem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist (EuGH, U.v. 21.12.2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, Rn. 82 ff.).
Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass in Bezug auf die Situation von Asylbewerbern in Ungarn von systemischen Mängeln auszugehen ist und die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta konkret bestünde, so dass die vom EuGH aufgestellte Vermutung widerlegt wäre.
In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist in letzter Zeit vor allem die - auch vom Antragsteller gerügte - Inhaftierung von Asylbewerbern, gerade von sog. „Dublin-Rückkehrern“, Grund für unterschiedliche Auffassungen gewesen, ob von systemischen Mängeln in Bezug auf das Asylverfahren in Ungarn auszugehen ist.
Zu diesem Aspekt hat das Auswärtige Amt in seiner Antwort an das Verwaltungs-gericht Düsseldorf vom 19. November 2014 auf dessen Frage, ob „rücküberstellte Dublin-Rückkehrer nach der Einreise immer, also regelhaft, in Haft genommen werden“, geantwortet, dies könne nicht bestätigt werden. Grundlegend anderes wird auch in der Auskunft von Pro Asyl an das Verwaltungsgericht München vom 31. Oktober 2014 nicht ausgeführt, wonach Dublin-Rückkehrer zwar „regelmäßig“, andererseits aber „nicht sämtliche“ Rückkehrer inhaftiert würden. Übereinstimmend berichten das Auswärtige Amt und Pro Asyl, dass für diese Inhaftierungen in Art. 31 A des ungarischen Asylgesetzes eine gesetzliche Grundlage existiert. Zwar ist nicht zu verkennen, dass die dortigen tatbestandlichen Voraussetzungen weit gefasst sind und gerade für Dublin-Rückkehrer häufig herangezogen werden können (Feststellung der Identität; Asylbewerber hat sich Feststellungen der Behörde entzogen; Fluchtgefahr; vgl. Antworten des Auswärtigen Amts und von Pro Asyl auf Frage 4 des Verwaltungsgerichts Düsseldorf). Allerdings ist auch insoweit eine Inhaftierung keine automatische Folge, da - wiederum nach übereinstimmenden Auskünften - nach den gesetzlichen Bestimmungen auch geprüft werden muss, ob durch andere Maßnahmen die Verfügbarkeit des Asylsuchenden gesichert werden kann.
Wenn in den vorliegenden Erkenntnisquellen allerdings teilweise geltend gemacht wird, von den Alternativen zur Haft werde in der Praxis kaum Gebrauch gemacht, ist diesbezüglich - wie auch generell zum Vollzug des ungarischen Asylgesetzes - festzustellen, dass deutsche Verwaltungsgerichte weder dafür zuständig noch in der Lage sind, die Ordnungsgemäßheit des Vollzugs des Gesetzes eines anderen Mitgliedstaats zu prüfen. Die gegenseitige Kontrolle des Vollzugs der jeweiligen mitgliedstaatlichen Asylgesetze durch die Gerichte anderer Mitgliedstaaten würde das genannte Ziel des Dublin-Systems konterkarieren, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. In Bezug auf die Frage der systemischen Mängel im Asylverfahren ist daher darauf zu verweisen, dass gem. Art 52 Abs. 1 EU-GR-Charta Eingriffe in die durch die Charta gewährten Rechte (hier: Art. 6 EU-GR-Charta) einer gesetzlichen Grundlage sowie der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bedürfen. Diese Voraussetzungen sind durch die von Ungarn geschaffene und auch hinsichtlich der Ausnahmen aus Verhältnismäßigkeitsgründen im Grundsatz vollzogene Gesetzeslage eingehalten.
Hinzu kommt, dass die Inhaftierungs-Entscheidungen nach übereinstimmenden Auskünften des Auswärtigen Amts und Pro Asyl gegenüber dem Verwaltungsgericht Düsseldorf bzw. dem Verwaltungsgericht München einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen, wie ebenfalls in der EU-GR-Charta (Art. 47) normiert. Über die vom Auswärtigen Amt diesbezüglich geschilderten abstrakten rechtlichen Rahmenbedingungen hinaus führt Pro Asyl näheres zu der aus seiner Sicht mangelhaften Praxis aus, wonach die Haftprüfungen ineffektiv seien. Insofern gilt jedoch insbesondere angesichts der auch in Art. 47 EU-GR-Charta normierten Unabhängigkeit der Gerichte, dass die Gerichte eines Mitgliedstaats nicht zur Kontrolle der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats berufen sind, zumal nach der Konzeption der europäischen Verträge der Einklang des mitgliedstaatlichen Rechts mit dem EU-Recht von jedem Gericht dieses Mitgliedstaats durch Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zum Europäischen Gerichtshof gem. Art. 267 AEUV geklärt werden kann.
In Bezug auf die konkreten Bedingungen in den Einrichtungen, in denen inhaftierte Asylbewerber untergebracht werden, geht das Gericht nicht von einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung aus. Den Antworten des Auswärtigen Amtes und von Pro Asyl gegenüber dem Verwaltungsgericht München und dem Verwaltungsgericht Düsseldorf lässt sich übereinstimmend entnehmen, dass sich die Belegungssituation in den Einrichtungen im Vergleich zu Mitte 2013 im Laufe des Jahres 2014 entspannt hat (Pro Asyl gibt Belegungsquoten im Februar 2014 zwischen 43% und 83% an). Tagsüber können sich die Insassen in den Einrichtungen frei bewegen, auch auf dem jeweiligen Freigelände. Eine ärztliche Grundversorgung ist sichergestellt, ebenso die Versorgung mit Lebensmitteln.
Insgesamt ist nicht zu verkennen, dass die Aufnahme- und Lebensbedingungen für Flüchtlinge in Ungarn oft beanstandenswert und teilweise unzureichend sind. Die - wie ausgeführt hohe - Schwelle für das Vorliegen von systemischen Mängeln, die die Annahme der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GR-Charta rechtfertigen könnten, ist jedoch aus Sicht des Gerichts nicht überschritten.
Das vom Antragsteller angeführte Urteil des EGMR vom 10. März 2015 betreffend die Unterbringung von Gefangenen in Ungarn rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dieses Urteil betraf nicht den Umgang mit Asylbewerbern, sondern die Haftbedingungen von Strafgefangenen ungarischer Nationalität.
Die Abschiebung ist auch nach den Maßstäben des innerstaatlichen Rechts zulässig. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte für ein inlandsbezogenes Vollzugshindernis nach § 34a AsylVfG, etwa wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen des Antragstellers und daraus resultierender fehlender Reisefähigkeit.
Nach allem war der Antrag abzulehnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylVfG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylVfG unanfechtbar.