Verwaltungsgericht Arnsberg Beschluss, 11. Nov. 2016 - 7 K 7/15
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Streitwert wird auf 15.000 € festgesetzt
1
G r ü n d e :
2Nachdem die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 26. Oktober und 2. November 2016 den vorliegenden Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren zur Klarstellung entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) eingestellt.
3Das Gericht hat nunmehr gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur noch über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Bei der Entscheidung gemäß § 161 Abs. 2 VwGO ist zu berücksichtigen, wer bei Durchführung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre. Ferner kann von Bedeutung sein, ob und inwieweit die Beteiligten durch eigene Maßnahmen die Erledigung herbeigeführt haben.
4Hiernach entspricht es der Billigkeit, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Der Kläger wäre mit seinem ursprünglichen Hauptantrag, den Bescheid der Beklagten vom 12. Dezember 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seinem Antrag auf Verlängerung der Ausnahmegenehmigung vom Leitererfordernis für die weitere Beratungsstelle in Iserlohn bis zum 6. Juli 2016 stattzugeben, voraussichtlich unterlegen. Die Erteilung der beantragten Ausnahmegenehmigung von dem sog. Leitererfordernis ist nach § 34 Abs. 2 Satz 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) in das Ermessen der Beklagten gestellt. Es spricht alles dafür, dass der Kläger keinen gebundenen Anspruch auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung hatte. Eine Ermessensreduzierung auf Null dürfte nicht gegeben gewesen sein. Hierfür dürfte es nicht genügen, wenn die in § 11 Abs. 3 der Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Berufsordnung, BOStB) im Einzelnen aufgeführten Kriterien erfüllt sind und also die Einsetzung eines anderen Steuerberaters als Leiter der weiteren Beratungsstelle zur Sicherstellung der Erfüllung der Berufspflichten nicht erforderlich ist. Auch wenn ein Steuerberater in der Lage ist, eine weitere Beratungsstelle ohne Verletzung der Berufspflichten zu betreuen, wird damit der Gesetzeszweck nicht in vollem Umfang erreicht. Ausnahmen von dem Leitererfordernis in § 34 Abs. 2 Satz 2 StBerG müssen zusätzlich durch atypische Umstände im Einzelfall gerechtfertigt sein und stehen im Ermessen der Steuerberaterkammer.
5Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 22. August 2000– 1 C 9.00 –, NJW-RR 2001, 351, zu einer vergleichbaren Regelung in § 47 der Wirtschaftsprüferordnung.
6Denn nach § 34 Abs. 2 Satz 1 StBerG können weitere Beratungsstellen ohnehin nur unterhalten werden, soweit dadurch die Erfüllung der Berufspflichten nicht beeinträchtigt wird. Damit darf auch eine Ausnahmegenehmigung nach § 34 Abs. 2 Satz 4 StBerG von vornherein nur dann erteilt werden, wenn die Erfüllung der Berufspflichten nicht beeinträchtigt wird. Wenn sie immer dann erteilt werden müsste, wenn die Erfüllung der Berufspflichten nicht gefährdet ist, würde kein Ermessensspielraum mehr übrig bleiben und die Regelung würde ihren Ausnahmecharakter verlieren. Dies entspräche weder dem Wortlaut des Gesetzes („kann“ „Ausnahme“) noch der Intention des Gesetzgebers, wie sie in der Begründung der Gesetzesvorlage zur Neufassung von § 34 Abs. 2 StBerG zum Ausdruck kommt. Dort heißt es, die Steuerberaterkammer solle die Möglichkeit haben, in begründeten Fällen Ausnahmen von Satz 2 zuzulassen.
7Vgl. BT-Drucksache 14/2667 S. 30.
8Eine Ermessensreduzierung auf Null hätte sich voraussichtlich auch nicht daraus ergeben, dass die Beklagte dem Kläger in den Jahren 2010 und 2012 jeweils Ausnahmegenehmigungen erteilt hat. Diese Ausnahmegenehmigungen knüpften ersichtlich daran an, dass dem Kläger nach Auflösung der überörtlichen Sozietät Zeit gegeben werden sollte, sein Büro neu zu ordnen. Zudem waren beide Genehmigungen befristet. Schon dies lässt erkennen, dass die Beklagte sich nicht mit Wirkung für alle Zukunft dahingehend binden wollte, weitere Ausnahmegenehmigungen zu erteilen.
9Angesichts der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wäre die Kammer voraussichtlich auch nicht davon ausgegangen, dass das Leitererfordernis mit höherrangigem Recht nicht vereinbar ist.
10Ob andererseits der Kläger einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrages gehabt hätte, ist offen. Insbesondere ist es offen, ob es verfahrensfehlerhaft war, dass vor Erlass des angegriffenen Bescheides intern nur das Präsidium der Beklagten und zwar im Umlaufverfahren entschieden hatte, und ob das Präsidium bzw. der Vorstand der Beklagten bei den Entscheidungen vom 11. September 2015 hinreichend berücksichtigt hat, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz an das Gericht vom 29. Mai 2015 darauf hingewiesen hatte, dass eine im Büro des Klägers beschäftigte Steuerfachwirtin sich in zwei Jahren zur Steuerberaterprüfung anmelden und sodann die Nachfolge im J. Büro antreten solle.
11Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Anlehnung an Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs 2004 und unter Berücksichtigung der Rechtsprechungspraxis in vergleichbaren Fällen (vgl. Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. Dezember 2011 – 4 A 1940/10 -) auf 15.000 € festgesetzt.
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(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.
(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte müssen unmittelbar nach der Bestellung eine berufliche Niederlassung begründen und eine solche unterhalten. Berufliche Niederlassung eines selbständigen Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten ist die eigene Praxis, von der aus er seinen Beruf überwiegend ausübt. Als berufliche Niederlassung eines ausschließlich nach § 58 angestellten Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten gilt seine regelmäßige, bei mehreren Anstellungsverhältnissen seine zuerst begründete Arbeitsstätte.
(2) Weitere Beratungsstellen können unterhalten werden, soweit dadurch die Erfüllung der Berufspflichten nicht beeinträchtigt wird. Leiter der weiteren Beratungsstelle muss jeweils ein anderer Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter sein, der seine berufliche Niederlassung am Ort der Beratungsstelle oder in deren Nahbereich hat. Satz 2 gilt nicht, wenn die weitere Beratungsstelle in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz liegt. Die für die berufliche Niederlassung zuständige Steuerberaterkammer kann auf Antrag eine Ausnahme von Satz 2 zulassen. Liegt die weitere Beratungsstelle in einem anderen Kammerbezirk, ist vor der Erteilung der Ausnahmegenehmigung die für die weitere Beratungsstelle zuständige Steuerberaterkammer zu hören. Eine Ausnahmegenehmigung ist nur für eine weitere Beratungsstelle des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten zulässig.
Zweigniederlassungen müssen jeweils von wenigstens einem Berufsangehörigen oder EU- oder EWR-Abschlussprüfer geleitet werden, der seine berufliche Niederlassung am Ort der Zweigniederlassung hat. Für Zweigniederlassungen von in eigener Praxis tätigen Berufsangehörigen kann die Wirtschaftsprüferkammer Ausnahmen zulassen.
(1) Steuerberater und Steuerbevollmächtigte müssen unmittelbar nach der Bestellung eine berufliche Niederlassung begründen und eine solche unterhalten. Berufliche Niederlassung eines selbständigen Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten ist die eigene Praxis, von der aus er seinen Beruf überwiegend ausübt. Als berufliche Niederlassung eines ausschließlich nach § 58 angestellten Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten gilt seine regelmäßige, bei mehreren Anstellungsverhältnissen seine zuerst begründete Arbeitsstätte.
(2) Weitere Beratungsstellen können unterhalten werden, soweit dadurch die Erfüllung der Berufspflichten nicht beeinträchtigt wird. Leiter der weiteren Beratungsstelle muss jeweils ein anderer Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter sein, der seine berufliche Niederlassung am Ort der Beratungsstelle oder in deren Nahbereich hat. Satz 2 gilt nicht, wenn die weitere Beratungsstelle in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz liegt. Die für die berufliche Niederlassung zuständige Steuerberaterkammer kann auf Antrag eine Ausnahme von Satz 2 zulassen. Liegt die weitere Beratungsstelle in einem anderen Kammerbezirk, ist vor der Erteilung der Ausnahmegenehmigung die für die weitere Beratungsstelle zuständige Steuerberaterkammer zu hören. Eine Ausnahmegenehmigung ist nur für eine weitere Beratungsstelle des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten zulässig.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.