Verwaltungsgericht Arnsberg Urteil, 14. Sept. 1999 - 11 K 4768/97
Tenor
1
Der am 28. Juni 1991 geborene Kläger wird seit seinem 3. Lebensjahr wegen Verhaltensverzögerung, Wahrnehmungsstörungen sowie Störungen der Körperkoordination und der Körperwahrnehmung in der Praxis für Heilpädagogik und Psychomotorik der Heilpädagogin X1. behandelt. Die Mutter des Klägers beantragte im Juni 1997 für diesen Eingliederungshilfe nach § 35 a des Sozialgesetzbuches - 8. Buch: Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) und gab an, daß die bisherige Behandlung zwar bereits zu einer Verminderung der entwicklungshemmenden Faktoren geführt habe, doch bestehe weiterhin Behandlungsbedarf. In einem am 12. Juni 1997 durchgeführten Hilfeplangespräch kamen die Eltern des Klägers mit den Mitarbeitern des Jugendamtes überein, daß die Maßnahme ab dem 28. Juni 1997 für zunächst 12 Monate fortzusetzen sei, um eine gezielte Förderung zu ermöglichen. Notwendig seien wöchentlich 2 Einheiten Heilpädagogik in Einzeltherapie sowie ein monatliches Elterngespräch.
2Der Beklagte bewilligte dem Kläger sodann mit Bescheid vom 8. Juli 1997 für die Zeit vom 28. Juni 1997 für die Zeit bis zum 30. Juni 1998 Eingliederungshilfe in Form einer heilpädagogischen Einzeltherapie mit 2 Sitzungen pro Woche sowie einem Elterngespräch pro Monat. Der Bescheid enthielt den Hinweis, daß die Hilfe im Rahmen der festgelegten Vergütungsregelung für heilpädagogische und mototherapeutische Behandlungen geleistet wird. Ferner heißt es in dem Bescheid, daß dieser der entsprechenden Praxis zur Abrechnung mit dem Jugendamt Witten vorzulegen sei. Nach der auf der Bescheidrückseite abgedruckten Vergütungsregelung werden für eine 45-minütige Einzelbehandlung höchstens 78,00 DM vergütet und für Kooperationsgespräche mit Ärzten, Lehrern, Kollegen und Diensten der psychosozialen Versorgung ebenfalls höchstens 78,00 DM je Zeitstunde.
3Bereits mit Schreiben vom 25. Juni 1997 hatte der Vater des Klägers den Beklagten gebeten, einen erneuten Behandlungsauftrag der auch bisher mit der Behandlung befaßten Frau X1. zu erteilen; die vom Jugendamt benannten Alternativen kämen wegen Wartezeiten von etwa 1 Jahr nicht in Betracht. Hierauf antwortete der Beklagte unter dem 4. Juli 1997, daß sich die Bewilligungspraxis seines Jugendamtes einheitlich nach dem zwischen dem Kreissozialamt und den heilpädagogischen Praxen im Ennepe-Ruhr-Kreis ausgehandelten Vergütungsrahmen richte.
4Unter dem 29. Juli 1997 übersandte die Heilpädagogin X1. dem Beklagten erstmals eine Rechnung über die im Juli 1997 durchgeführten Maßnahmen, wobei sie 132,81 DM je Einheit berechnete. Der Beklagte überwies einen geringeren als den geforderten Betrag, weil er pro Einheit lediglich 78,00 DM ansetzte.
5Am 1. August 1997 erhoben die Eltern des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 8. Juli 1997 Widerspruch und führten aus, daß sich dieser Widerspruch allein auf die auf der Bescheidrückseite abgedruckte Vergütungsregelung beziehe. Frau X1. , die ihren Sohn bereits seit 3 Jahren mit großem Erfolg behandele, sehe sich nämlich nicht mehr in der Lage, die Behandlung zu einem seit Jahren unveränderten Kostensatz von 78,00 DM je Einheit durchzuführen. Die Behauptung des Beklagten, daß die Vergütungsregelung mit den heilpädagogischen Praxen im Ennepe-Ruhr-Kreis ausgehandelt worden sei, treffe nicht zu. Vielmehr habe der Kreis diesen Satz schlicht festgelegt. Frau X1. indessen könne, wie Berechnungen ihres Steuerberaters ergeben hätten, nur dann kostendeckend arbeiten, wenn ihr ein Stundensatz von 132,00 DM bewilligt werde. Ein Anspruch auf Übernahme der vollen Kosten in Höhe von 132,00 DM folge aus § 35 a SGB VIII. Ein Wechsel der Therapeuten könne ihrem Sohn auch im Hinblick auf die Regelung in § 5 SGB VIII nicht zugemutet werden.
6Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 1997, zur Post gegeben am 30. September 1997, unter Hinweis auf die Verbindlichkeit der Vergütungsregelung, der sich das Jugendamt Witten im Interesse einer gleichmäßigen Handhabung angeschlossen habe, zurück.
7Der Kläger hat am 22. Oktober 1997 Klage erhoben. Er trägt vor, daß die Anspruchsvoraussetzungen des § 35 a SGB VIII unstreitig gegeben seien. Bei der vom Beklagten dennoch vorgenommenen Einschränkung der Kostenübernahme handele es sich um eine unselbständige Nebenbestimmung, die gegen § 32 Abs. 1 SGB X verstoße. Nach dieser Regelung dürften Verwaltungsakte, auf die ein Anspruch bestehe, grundsätzlich nur dann mit Nebenbestimmungen versehen werden, wenn dies durch eine Rechtsvorschrift zugelassen sei. Hier sei eine solche Rechtsvorschrift nicht ersichtlich. Bei dem am 12. Juni 1997 durchgeführten Hilfeplangespräch seien alle Beteiligten davon ausgegangen, daß die weitere Betreuung des Klägers in der heilpädagogischen Praxis X1. erfolgen solle. Bereits in diesem Gespräch habe Frau X1. darauf hingewiesen, daß sie ausweislich der Kostenberechnung ihres Steuerberaters pro Behandlungseinheit 132,81 DM berechnen müsse, um kostendeckend zu arbeiten. Zu der Durchführung einer Betriebskostenberechnung habe sie sich nach einem Gespräch mit dem Jugendamtsleiter, das am 29. Januar 1997 stattgefunden habe, veranlaßt gesehen. Der Amtsleiter habe ihr mitgeteilt, daß grundsätzlich auf Betriebskostenbasis abgerechnet werde. Hinsichtlich der Fortsetzung der Therapie in der Zeit vom 28. Juni 1997 bis 30. Juni 1998 habe sie mit den Eltern des Klägers lediglich mündlich vereinbart, daß die notwendigen Maßnahmen durchgeführt werden sollten; eine schriftlich Vereinbarung sei nicht geschlossen worden. Zivilrechtliche Dienstverträge seien nicht formbedürftig. Die vom Beklagten vorgenommene Beschränkung der Kostenübernahme verstoße auch gegen das in § 5 SGB VIII festgeschriebene Wunsch- und Wahlrecht. Auf die Frage, ob die Fortsetzung der Therapie in der Praxis X1. , wie der Kläger und seine Eltern es wünschten, unverhältnismäßige Mehrkosten verursache, komme es deswegen gar nicht an, weil gar keine Alternative zu einer Bedarfsdeckung in der Praxis X1. bestünde. Der Kläger werde bereits seit 3 ½ Jahren von Frau X1. betreut, und ein Wechsel zu einer anderen Einrichtung wäre mit Umstellungsschwierigkeiten behaftet, so daß der weitere Erfolg der Behandlung in Frage stünde. Falls es entgegen seiner - des Klägers - Auffassung doch auf die Grenze der unverhältnismäßigen Mehrkosten ankomme, könnten die in der Vergütungsregelung festgelegten Sätze nicht als Maßstab herangezogen werden. Es geht nicht an, daß der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die freien Träger systematisch auf einen bestimmten Satz drücke, zu dem diese freien Träger nicht kostendeckend arbeiten könnten, um sodann im Rahmen von § 5 SGB VIII auf diese für die freien Träger ruinösen Bedingungen zu verweisen. Bei den Frühförderstellen akzeptiere das Jugendamt des Beklagten Kostensätze, die nach dem Selbstkostendeckungsprinzip ermittelt seien. Falls der von Frau X1. errechnete Kostensatz von 132,81 DM gleichwohl entgegen seiner - des Klägers - Auffassung als unverhältnismäßig hoch zu qualifizieren sei, bestehe jedenfalls ein Anspruch auf Kostenübernahme in Höhe von 93,60 DM je Therapieeinheit. Dieser Betrag liege um 20 % oberhalb der vom Beklagten zugrundegelegten 78,00 DM, weshalb insoweit noch nicht von unverhältnismäßigen Mehrkosten gesprochen werden könne. Diese Grenze sei erst überschritten, wenn der Aufpreis mehr als 20 % betrage.
8Der Kläger beantragt,
9den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 8. Juli 1997 in der Fassung des Widerspruchsbeschei- des vom 19. September 1997 zu verpflichten, ihm - dem Kläger - Eingliederungshilfe gemäß § 35 a SGB VIII zur Durchführung einer heilpädagogischen Therapie in der Praxis für Heilpädagogik X1. , C1.-straße , X. zu bewilligen, und zwar ohne Begrenzung des zu vergütenden Honorars auf 78,00 DM pro Einheit Heilpädagogik (45 Minuten),
10hilfsweise,
11den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 8. Juli 1997 in der Fassung des Widerspruchsbeschei- des vom 19. September 1997 zu verpflichten, die Kosten für eine heilpädagogische Behandlung des Klägers in Höhe von 93,60 DM pro Behandlungseinheit (2 Einheiten pro Woche) zu übernehmen.
12Der Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Er macht geltend, daß eine Nichtbeachtung der Vergütungsregelung im Fall des Klägers gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße. Der Bewilligungsbescheid vom 8. Juli 1997 stelle eine einheitliche Regelung dar und enthalte keine Nebenbestimmung. Dem Kläger gegenüber sei die Zusage erteilt worden, die Kosten für heilpädagogische Maßnahmen bis zu dem festgestellten Höchstbetrag zu erstatten. Mit dieser Bewilligung sei auch der Anspruch des Klägers auf Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII erfüllt. Ein Wechsel zu einer anderen heilpädagogischen Praxis sei dem Kläger zumutbar.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verfahrensakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge.
16E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
17Die Klage hat weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg.
18Sie ist als Verpflichtungsklage zulässig, soweit der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von - unbegrenzter - Eingliederungshilfe für die Zeit vom 28. Juni 1997 bis zum 30. Juni 1998 erstrebt.
19Soweit das zeitlich nicht näher eingegrenzte Klagebegehren sich auf die Zeit nach dem 30. Juni 1998 bezieht, fehlt der Klage das notwendige Rechtsschutzbedürfnis. Zu berücksichtigen ist, daß der Hilfefall in dem streitgegenständlichen Bescheid für die Zeit bis zum 30. Juni 1998 geregelt ist. Die Dauer dieses Regelungszeitraums bestimmt auch die Zeitspanne die der gerichtlichen Prüfung des Begehrens in der Sache unterliegt, denn in der Rechtsprechung ist anerkannt, daß ein Anspruch auf laufende Sozialleistungen nur in dem zeitlichen Umfang der gerichtlichen Überprüfung unterliegt, den zuvor die beklagte Behörde durch ihre Bescheide geregelt hat.
20Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen (OVG NW), Urteil vom 8. November 1982 - 8 A 56/81 - und Beschluß vom 30. Juni 1982 - 8 B 176/82 -.
21Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn die Behörde sich - wie hier - entschlossen hat, die Bewilligung nicht auf die Zeit bis zum nächstgelegenen Zahlungszeitpunkt zu begrenzen, sondern die gesamte Zeit bis zum nächsten Hilfeplangespräch durch einen Bescheid abdecken wollte. In einem derartigen Fall kommt es auch nicht darauf an, wann der Widerspruchsbescheid, der regelmäßig die letzte den Hilfefall betreffende Verwaltungsentscheidung darstellt, ergangen ist.
22Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 8. Juni 1995 - 5 C 30/93 -, in: Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungs- und Sozialgerichte (FEVS), Band 46, S. 94 ff.
23In der Sache dringt der Kläger weder mit dem Haupt- noch dem Hilfsantrag durch, weil der Bescheid des Beklagten vom 8. Juli 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. September 1997 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, daß der Beklagte ihm für die Zeit vom 28. Juli 1997 bis zum 30. Juni 1998 weitere Eingliederungshilfemaßnahmen ohne Begrenzung des zu vergütenden Honorars auf 78,00 DM pro Einheit Heilpädagogik bewilligt bzw. die Kosten für eine heilpädagogische Behandlung in Höhe von 93,60 DM pro Behandlungseinheit übernimmt.
24Die Regelung in § 35 a SGB VIII, die nach Lage der Dinge allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, rechtfertigt ein derartiges Begehren des Klägers nicht. Allerdings gehört der Kläger - hierüber besteht zwischen den Beteiligten Einigkeit - zu dem in dieser Regelung angesprochenen Personenkreis der von einer seelischen Behinderung zumindest Bedrohten, weswegen für ihn in dem hier maßgeblichen Zeitraum - wie im Hilfeplan vom 12. Juni 1997 vereinbart - Eingliederungshilfe in Form einer heilpädagogischen und psychomotorischen Behandlung zu erbringen ist. Diese vereinbarten Eingliederungshilfeleistungen sind dem Kläger in dem zuvor festgelegten Umfang und vor allem unter Einschaltung der mit dem Hilfefall vertrauten Therapeutin X1. zuteil geworden. Art und Form der Leistungserbringung entsprechen damit vollständig den Erwartungen und Wünschen des Klägers bzw. seiner Eltern.
25Der Kläger bzw. seine Eltern mußten zur Erlangung der begehrten Therapieleistungen auch nicht zusätzlich eigene Mittel aufwenden. Vielmehr hat Frau X1. als Leistungserbringerin nur mit dem Beklagten abgerechnet. Ihre von dem Kläger zu den Akten gereichten Rechnungen weisen als Adressaten ausschließlich das Jugendamt der Stadt Witten aus. Der Kläger - bzw. seine Eltern - wurde demgegenüber von Frau X1. nicht in Anspruch genommen.
26Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger, vertreten durch seine Eltern, als Hilfeempfänger, Frau X1. als Leistungserbringerin und dem Beklagten als verpflichteten Leistungsträger haben sich dabei in der Weise gestaltet, daß zwischen dem Kläger und Frau X1. ein privatrechtlicher Behandlungsvertrag bestand und daß die Leistungspflicht des Beklagten sich aus dem Bewilligungsbescheid vom 8. Juli 1997 ergab. Wenn ein Jugendhilfeträger seiner Leistungsverpflichtung gegenüber einem Kind oder Jugendlichen nicht selbst durch eigene Kräfte nachkommt, sondern hierfür Dritte wie etwa eine heilpädagogische Praxis eingeschaltet werden, so kommt zwischen dem Leistungserbringer und dem Leistungsempfänger regelmäßig ein dem Privatrecht zuzuordnender Behandlungsvertrag zustande, der von den öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Jugendhilfeträger zu trennen ist. Eine rechtliche Beziehung des Jugendhilfeträgers mit der leistungserbringenden Institution ergibt sich nur dann, wenn eine Vereinbarung nach § 77 SGB VIII besteht oder eine Kostenzusage erteilt wurde.
27Vgl. Wiesner/Kaufmann/Moersberger/Oberloskamp/Struck: SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe, Kommentar, 1995, Rdnrn. 66 f., 73 ff. vor § 11.
28Zwischen diesen verschiedenen Rechtsbeziehungen besteht aber deswegen eine gewisse Interdependenz, weil die Höhe des Anspruchs des Hilfeempfängers gegen den öffentlichen Leistungsträger durch den Preis beeinflußt wird, den der Hilfeempfänger zur Erlangung der benötigten Hilfsmaßnahmen - unter Beachtung seines Wunsch- und Wahlrechts - zu entrichten hat.
29Hier hat der Beklagte dadurch Einfluß auf den Vertrag des Klägers mit der ausgewählten heilpädagogischen Praxis genommen, daß er in seinem Bewilligungsbescheid ausdrücklich dazu aufforderte, diesen Bescheid der entsprechenden Praxis zur Abrechnung mit dem Jugendamt Witten vorzulegen, und daß er außerdem auf die dem Bescheid beigegebene Vergütungsordnung hinwies. Durch die Beschränkung der Bewilligung auf die in dieser Vergütungsregelung genannten Höchstsätze ist der Kläger deswegen nicht beeinträchtigt, weil diese Verfahrensweise des Beklagten nicht dazu geführt hat, daß der Kläger - bzw. seine Eltern - aufgrund der Durchführung der Therapie in der Praxis X1. noch Zahlungsansprüchen ausgesetzt ist. Zwischen den Eltern des Klägers und Frau X1. wurde nach den Ausführungen der Klägerseite in dem Schriftsatz vom 4. Juni 1999 lediglich mündlich vereinbart, daß die notwendigen und erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden sollten. Von einer mündlichen oder schriftlichen Abrede über das pro Therapieeinheit zu zahlende Entgelt wird insoweit nichts mitgeteilt. Soweit der Kläger in dem nachgereichten Schriftsatz vom 20. September 1999 ergänzend vortragen läßt, seinen Eltern sei klar gewesen, daß die Leistung der Heilpädagogin X1. nur zu einem Satz von 132,81 DM erbracht werden würde, bezieht sich dies nicht auf den Inhalt der seinerzeit abgegebenen Willenserklärungen. Angesprochen sind damit lediglich mögliche subjektive Vorstellungen der Eltern des Klägers bei Abschluß des Behandlungsvertrages. Gegen eine Auslegung der Willenserklärungen im Sinne der in diesem Schriftsatz vom 20. September 1999 vertretenen Auffassung spricht weiter, daß die Abwicklung des Vertrages genauso erfolgte wie bei den vorangegangenen Behandlungseinheiten. Frau X1. richtete ihre Rechnungen wie zuvor nur an den Beklagten und unternahm nichts gegen die vorgenommenen Kürzungen. Dies läßt nur die Schlußfolgerung zu, daß sie selbst nicht von einer Zahlungsverpflichtung der Eltern des Klägers ausging, weil eine solche nicht vereinbart war.
30Der angegriffene Bewilligungsbescheid erweist sich ferner nicht wegen eines Verstoßes gegen § 42 SGB X als rechtswidrig.
31Die vom Kläger insoweit beanstandete Aussage, daß die Bewilligung im Rahmen der festgelegten Vergütungsregelung für heilpädagogische und mototherapeutische Behandlungen geleistet wird, stellt keine Auflage oder sonstige Nebenbestimmung dar. Daß es sich bei dem Verweis auf die Vergütungsregelung nicht um eine Bedingung oder Befristung handelt, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Bescheides. Der Hinweis auf die Vergütungsregelung bezieht sich nicht auf den Beginn und das Ende der Bewilligung, sondern allein auf den Umfang der gewährten Geldleistungen. Als Auflage nach § 32 Abs. 2 Nr. 4 SGB X ist die Einbeziehung der Vergütungsregelung und die Festlegung von Höchstpreisen für die einzelnen Therapiemaßnahmen deswegen nicht anzusehen, weil dem Kläger hierdurch keine - neben die Bewilligung tretende - Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht auferlegt wird. Die angesprochene Bewilligung erfährt hierdurch lediglich eine Beschränkung der Höhe bzw. des Umfangs nach, so daß von einer inhaltlichen Einschränkung oder Veränderung des Verwaltungsakts gegenüber dem Antrag gesprochen werden kann. In einem derartigen Fall aber ist von einer - vom Antrag aus betrachtet - modifizierten Bewilligung auszugehen. Eine isolierte Anfechtung und Aufhebung der Einschränkung oder Veränderung kommt nicht in Betracht; der Hilfeempfänger muß vielmehr sein auf den Erhalt der uneingeschränkten Bewilligung gerichtetes Begehren weiterverfolgen.
32Daß hier ein solcher Anspruch auf uneingeschränkte Bewilligung nicht besteht, wurde indessen oben bereits festgestellt. Aufgrund des Nichtsbestehens dieses Anspruchs ist die Klage sowohl mit dem Haupt- als auch mit dem Hilfsantrag abzuweisen.
33Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei. Die übrigen Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozeßordnung.
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ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Arnsberg Urteil, 14. Sept. 1999 - 11 K 4768/97
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Referenzen - Gesetze
(1) Die Leistungsberechtigten haben das Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern. Sie sind auf dieses Recht hinzuweisen.
(2) Der Wahl und den Wünschen soll entsprochen werden, sofern dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Wünscht der Leistungsberechtigte die Erbringung einer in § 78a genannten Leistung in einer Einrichtung, mit deren Träger keine Vereinbarungen nach § 78b bestehen, so soll der Wahl nur entsprochen werden, wenn die Erbringung der Leistung in dieser Einrichtung im Einzelfall oder nach Maßgabe des Hilfeplans (§ 36) geboten ist.
(1) Werden Einrichtungen und Dienste der Träger der freien Jugendhilfe in Anspruch genommen, so sind Vereinbarungen über die Höhe der Kosten der Inanspruchnahme sowie über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung und über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung zwischen der öffentlichen und der freien Jugendhilfe anzustreben. Zu den Grundsätzen und Maßstäben für die Bewertung der Qualität der Leistung nach Satz 1 zählen auch Qualitätsmerkmale für die inklusive Ausrichtung der Aufgabenwahrnehmung und die Berücksichtigung der spezifischen Bedürfnisse von jungen Menschen mit Behinderungen. Das Nähere regelt das Landesrecht. Die §§ 78a bis 78g bleiben unberührt.
(2) Wird eine Leistung nach § 37 Absatz 1 oder § 37a erbracht, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der Kosten der Inanspruchnahme nur verpflichtet, wenn mit den Leistungserbringern Vereinbarungen über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, über Grundsätze und Maßstäbe für die Bewertung der Qualität der Leistung sowie über geeignete Maßnahmen zu ihrer Gewährleistung geschlossen worden sind; § 78e gilt entsprechend.
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Satz 1 gilt nicht, wenn die erforderliche Anhörung unterblieben oder nicht wirksam nachgeholt ist.
(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit
- 1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung), - 2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung), - 3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
- 4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage), - 5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.
(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.