Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 24. Mai 2017 - AN 9 K 16.01159

bei uns veröffentlicht am24.05.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 30. Mai 2016 der Klägerin die begehrte Baugenehmigung zu erteilen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2) vorläufig vollstreckbar; die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin in gleicher Höhe vor Vollstreckung Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt im vorliegenden Verfahren von der Beklagten die Baugenehmigung für die Errichtung einer unbeleuchteten Plakatanschlagtafel.

Mit Bauantrag vom 17. September 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung einer unbeleuchteten großflächigen, einseitigen Plakatanschlagtafel auf dem Grundstück FlNr. …, Gemarkung …, in Ansbach Ortsteil … Die Werbeanlage soll auf zwei Stützen in einer Höhe von 1,20 m oberhalb des Geländes am Aufstellungsorts an der westlichen Grenze des Baugrundstücks unmittelbar nördlich der südwestlichen Grundstücksecke errichtet werden. Das bisher unbebaute Baugrundstück liegt an der Einmündung der ersten von Norden kommenden Neben Straße in die …, etwa 250 m nach dem Ortsschild von … kommend.

Laut Aktenvermerk vom 13. Oktober 2015 nahm das Straßenverkehrsamt der Stadt … in Übereinstimmung mit der Polizeiinspektion … zum Bauantrag dahingehend Stellung, dass dem beantragten Vorhaben nicht zugestimmt werde. In der Vergangenheit habe es in … an der relevanten Stelle immer wieder zum Teil auch schwere Unfälle gegeben, welche auf nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen gewesen seien, obwohl es sich um eine Innerortslage handele. Der Kurvenverlauf der … sei deshalb mit stark reflektierender Richtungstafeln noch deutlicher kenntlich gemacht worden. Die Werbetafel werde die Erkennbarkeit der Richtungstafeln ganz entscheidend herabsetzen und die Verkehrsteilnehmer ablenken.

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 teilte das Staatliche Bauamt … mit, das Einverständnis zur Baugenehmigung werde verweigert, da der Standort sich innerhalb einer Kurve befinde, eine Beeinflussung der dort angeordneten aufgelösten Richtungspfeile durch die geplante Anlage nicht ausgeschlossen werden könne und auch wegen des vorhandenen Straßenverlaufs und des dort angeordneten Verkehrsspiegels der Standort ungeeignet sei.

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2015 wies die Beklagte die Klägerin auf ihre Bedenken hin.

Mit Bescheid vom 30. Mai 2016 wurde der Bauantrag von der Beklagten abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Vorhaben sei im vereinfachten Verfahren geprüft worden, bauplanungsrechtlich sei es unbedenklich im vorhandenen Dorfgebiet/Mischgebiet, allerdings sei das Vorhaben aus anderen Gründen unzulässig. Zwar sei hier eine Zustimmung der Straßenbaubehörde nach § 9 Abs. 2 FStrG nicht notwendig, weil es sich um den Erschließungsbereich der … handele, allerdings habe sich das Staatliche Bauamt wie die Verkehrsbehörde gegen die Genehmigung ausgesprochen. Nach Art. 14 Abs. 2 BayBO sei die Baugenehmigung hier abzulehnen, da die bauliche Anlage die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gefährde. In der gegenständlichen Kurve komme es immer wieder zu Verkehrsunfällen, so dass gerade wegen der örtlichen Situation eine Ablenkung der Verkehrsteilnehmer durch die Werbeanlage nicht hingenommen werden könne. Die Werbeanlage könne zu einer Beeinträchtigung der aufgestellten Richtungstafeln führen und auch die Sichtverhältnisse beim Einbiegen in die vorfahrtsberechtigte … aus Richtung Norden negativ beeinflussen. Unter „Hinweise“ war in der Baugenehmigung angegeben, dass die Anlage möglicherweise einen Standort auf städtischem Grund habe, darauf komme es aber nach der oben genannten Würdigung des Gefahrenpotentials nicht mehr an. Auch seien die vorhandenen kleinen Werbeträger im Bereich der Richtungstafeln nach Lage der Dinge zwar baugenehmigungsfrei, aber möglicherweise ebenfalls verkehrsgefährdend, diese seien allerdings zwischenzeitlich bauaufsichtlich aufgegriffen worden.

Mit am 30. Juni 2016 beim Gericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten ließ die Klägerin Klage gegen die Stadt … erheben mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 30. Mai 2016, zugestellt am 8. Juni 2016, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Zur Begründung wurde mit Schriftsatz vom 8. August 2016 ausgeführt, die Klägerin habe Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung, insbesondere liege keine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vor. Auch planungsrechtlich habe die Beklagte selbst keine Einwände gegen die Werbeanlage vorgebracht. Für einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 BayBO müsse eine konkrete Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vorliegen, dies sei hier nicht gegeben. Zwar habe die Beklagte auf wiederholte und zum Teil schwere Unfälle verwiesen, es sei jedoch nicht angegeben, wann und welche Unfälle vor Ort passiert seien. Auch sei angegeben worden, dass diese Unfälle auf Grund nicht angepasster Geschwindigkeit erfolgt seien, was mit der Errichtung der geplanten Werbeanlage nichts zu tun habe. Auch solle die Werbeanlage unbeleuchtet und ohne Wechsel errichtet werden, deshalb sei der Klage stattzugeben.

Mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2016 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, im Gefährdungsbereich sei bisher keine Großwerbeanlage genehmigt und installiert worden, da solche großen Werbetafeln die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer weiter beeinträchtigten. Die hohe Zahl an amtlich registrierten Unfällen sei trotz der seit Jahren angebrachten Richtungsweiser zu verzeichnen, insofern sei eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch die Werbeanlage zu befürchten. Hinsichtlich der Anzahl der Verkehrsunfälle wurde auf die Tabellen in der Bauakte verwiesen.

Mit Beschluss der Kammer vom 28. März 2017 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter übertragen.

Am 24. Mai 2017 nahm der Einzelrichter das Baugrund und die nähere Umgebung in Augenschein, anschließend wurde vor Ort mündlich verhandelt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, hinsichtlich des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift sowie die gefertigten Lichtbilder verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 30. Mai 2016 ist rechtswidrig und verletzt sie in ihren Rechten.

Da es sich bei dem gegenständlichen Bauvorhaben nicht um einen Sonderbau handelt, ergibt sich der Prüfungsmaßstab für die Behörde und das Gericht aus Art. 59 BayBO. Soweit nach Art. 59 Nr. 1 BayBO das Bauplanungsrecht zu prüfen ist hat die Beklagte selbst angegeben, bauplanungsrechtlich sei die geplante Werbeanlage zulässig, etwas Entgegenstehendes hat sich auch im Augenschein und in der mündlichen Verhandlung nicht ergeben. Da die gegenständliche Werbeanlage keiner straßenverkehrsrechtlichen Genehmigung bedarf, die durch die Baugenehmigung ersetzt wird, erweitert Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO den Prüfungsumfang hier nicht. Allerdings kann die Behörde nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BayBO einen Bauantrag auch ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Dies hat die Beklagte getan, indem sie sich auf die Vorschrift des Art. 14 Abs. 2 BayBO gestützt und einen Verstoß gegen diese Regelung dem Ablehnungsbescheid zugrunde gelegt hat. Allerdings ist das Gericht insbesondere nach dem Ergebnis des Augenscheins der Auffassung, dass die Voraussetzungen für den von der Beklagten behaupteten Verstoß gegen diese Vorschrift hier nicht vorliegen.

Nach Art. 14 Abs. 2 BayBO darf die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch bauliche Anlagen und deren Nutzung nicht gefährdet werden. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erfordert die Anwendung des Art. 14 Abs. 2 BayBO eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs. Dafür ist aber nicht die überwiegende oder hohe Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass durch die Werbeanlage ein Verkehrsunfall verursacht oder der Verkehr in seinem Ablauf behindert wird, vielmehr liegt eine konkrete Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch eine bauliche Anlage bereits dann vor, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender oder bloßer Wahrscheinlichkeit ein Verkehrsunfall oder doch eine Verkehrsbehinderung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist (vgl. BayVGH, B.v. 27.10.2011 - 15 ZB 10.2409). Da es hier um die Gefährdung von Leben und Gesundheit als hochrangige Rechtsgüter geht, sind an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (vgl. VG Ansbach, U.v. 4.5.2016 - AN 3 K 16.00277).

Nach diesen Grundsätzen ist das Gericht der Auffassung, dass bei Verwirklichung des Bauvorhabens der Klägerin nicht mit einer solchen hinreichenden bloßen Wahrscheinlichkeit der Eintritt eines durch die Werbeanlage bedingten Verkehrsunfalls oder einer Verkehrsbehinderung durch diese in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist. Die … verläuft ab der Ortseinmündung von Westen kommend nach … zunächst ca. 250 m geradeaus, dann folgt eine Rechtskurve, an die sich wieder eine Linkskurve anschließt. Das Bauvorhaben liegt dabei im Bereich der Rechtskurve, wobei der Standort der Werbeanlage mehrere Meter von der nördlichen Fahrbahnbegrenzung nach Norden versetzt senkrecht zur Fahrtrichtung liegt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Werbeanlage von einem nach … von Westen einfahrenden Fahrer auf der linken Seite wahrgenommen werden kann, wobei in der näheren Umgebung des geplanten Vorhabens eine Vielzahl anderer Werbeanlagen, wenn auch mit kleinerem Umfang, vorhanden ist. Allerdings ist die Verkehrssituation auf der … im Bereich des geplanten Bauvorhabens nach Auffassung des Gerichts weder unübersichtlich noch gefährlich, es handelt sich um eine innerörtliche gut ausgebaute und gut einsehbare Ortsdurchfahrt, die lediglich durch die Rechtskurve eine gewisse Aufmerksamkeit des Fahrers erfordert. Inwiefern in dieser Situation für einen von Westen kommenden Fahrer angesichts der bereits seit ca. 250 m geltenden innerörtlichen Geschwindigkeitsbegrenzung auf 50 km/h und des deutlich sichtbaren Kurvenverlaufs eine Gefährdung durch die geplante Werbeanlage bewirkt werden sollte, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich zum einen um eine unbeleuchtete Werbeanlage ohne Bildwechsel handelt, die im innerörtlichen Bereich für den Verkehrsteilnehmer eine gewohnte und unproblematische Anlage darstellt, deren Ablenkungsgefahr sehr gering einzuschätzen ist. Hinzu kommt noch, dass die Aufstellung der Werbeanlage an der geplanten Stelle einem von Westen kommenden Fahrer ähnlich wie die aufgestellten Richtungshinweise deutlich machen würde, dass die Fahrbahn nicht geradeaus weiterverläuft, sondern abknickt, so dass von einer Erhöhung einer Gefahr für die Sicherheit des Verkehrs nicht ausgegangen werden kann. Die vorhandenen Richtungspfeile werden auch durch die Werbeanlage weder verdeckt noch in ihrer Wirkung beeinträchtigt.

In einem innerörtlichen, auch gewerblich geprägten Bereich sind Verkehrsteilnehmer an das Vorhandensein von Werbeanlagen gewohnt (VGH, B.v. 30.7.2012 - 9 ZB 11.2280). Werbeanlagen werden insbesondere dann wahrgenommen, wenn der Verkehr stockt oder gar vollständig zum Erliegen kommt, eine gewisse Ablenkungswirkung von Werbeanlagen mag immer bestehen, angesichts der erlaubten Fahrgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h ist die Sicherheit des Verkehrs grundsätzlich nicht merklich beeinträchtigt. Wenn ein der Straßenverkehrsordnung nicht entsprechendes Verhalten der Verkehrsteilnehmer, beispielsweise die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, erfolgt, kann dies bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens nicht zugrunde gelegt werden (vgl. VG München, U.v. 17.3.2016 - M 11 K 15.2618).

Da die Werbeanlage nur einseitig Richtung Westen errichtet werden soll, ist sie für aus östlicher Richtung kommende Fahrzeuge auf der … ohnehin nicht erkennbar. Aber auch für die aus der nördlichen Zufahrts Straße zur … kommenden Verkehrsteilnehmer bedeutet sie keine Sicherheitsgefährdung. Denn anders als von der Beklagten angeführt, hat der Augenschein ergeben, dass eine Sichtbeeinträchtigung durch die Werbeanlage für in die … einbiegende Fahrzeuge nicht gegeben sein wird, denn zum einen ist die Werbeanlage soweit vom Fahrbahnrand zurückversetzt, dass für abbiegende Fahrzeuge ein uneingeschränktes Sichtfeld sowohl nach Westen wie nach Osten vorhanden ist, zum anderen ist auf Grund der vorhandenen dichten Begrünung im Bereich des Baugrundstücks der Standort der geplanten Werbeanlage bereits jetzt für von Norden kommende Fahrzeuge nicht nach Osten einsehbar.

Das Gericht ist auch auf Grund des Augenscheins nicht der Auffassung, dass die Werbeanlage im Hinblick auf die Benutzung des vorhandenen Verkehrsspiegels zu einer nachteiligen Auswirkung auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs führen könnte. Zum einen ist dieser Verkehrsspiegel auf Grund der erkennbaren Beschädigung ohnehin nur im geringen Umfang funktionsfähig, darüber hinaus kann dieser eine Funktion allenfalls für von der gegenüberliegenden Straßenseite aus in die … einfahrende Fahrzeuge erfüllen, diese werden aber durch die nach Westen gerichtete Werbeanlage in keiner Weise berührt, zumal diese auch unbeleuchtet ist. Von einer Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch die Werbeanlage kann somit nach Überzeugung des Gerichts hier nicht ausgegangen werden.

Nachdem sonstige nicht prüfpflichtige Vorschriften des öffentlichen Rechts, etwa Art. 8 BayBO, hier von der Beklagten nicht geprüft wurden, sind sie auch im Gerichtsverfahren nicht Prüfungsgegenstand. Ob die Beklagte die beim Augenschein festgestellte Großflächenwerbetafel auf dem Grundstück FlNr. … genehmigt hat oder seit der Aufstellung duldet, spielt deshalb hier keine Rolle, ebenso wie die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit oder der Auswirkungen der sonstigen im Umfeld des Bauvorhabens vorhandenen Werbeanlagen, da eine störende Häufung hier nicht zu prüfen ist.

Damit hat die Klägerin Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung, da das Bauvorhaben nicht gegen im Rahmen der Erteilung der Baugenehmigung prüfpflichtiges Recht verstößt und die von der Beklagten im Rahmen des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BayBO angeführten Ablehnungsgründe nicht vorliegen.

Damit war der Klage stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wurde nach § 52 Abs. 1 GKG festgesetzt, wobei die Kammer bei unbeleuchteten Großflächenwerbetafeln regelmäßig von einem Streitwert von 3.000,00 EUR ausgeht, während der in der Streitwerttabelle vorgeschlagene Wert von 5.000,00 EUR für beleuchtete Großflächenwerbetafeln angesetzt wird.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 161


(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden. (2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 1

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 9 Bauliche Anlagen an Bundesfernstraßen


(1) Längs der Bundesfernstraßen dürfen nicht errichtet werden 1. Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 Meter bei Bundesautobahnen und bis zu 20 Meter bei Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten

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Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist in Ziffer 2 vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe vo

Verwaltungsgericht München Urteil, 17. März 2016 - M 11 K 15.2618

bei uns veröffentlicht am 17.03.2016

Tenor I. Der Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Mai 2015 der Klägerin die mit Bauantrag vom 21. August 2014 beantragte Genehmigung für die Errichtung einer City-Star-Werbeanlage auf dem Grundstück Fl.Nr

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(1) Längs der Bundesfernstraßen dürfen nicht errichtet werden

1.
Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 Meter bei Bundesautobahnen und bis zu 20 Meter bei Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten, jeweils gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn,
2.
bauliche Anlagen, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen werden sollen.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für Aufschüttungen oder Abgrabungen größeren Umfangs. Satz 1 Nummer 1 gilt nicht für technische Einrichtungen, die für das Erbringen von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten erforderlich sind. Weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Im Übrigen bedürfen Baugenehmigungen oder nach anderen Vorschriften notwendige Genehmigungen der Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde, an Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, der Zustimmung des Fernstraßen-Bundesamtes, wenn

1.
bauliche Anlagen längs der Bundesautobahnen in einer Entfernung bis zu 100 Meter und längs der Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten bis zu 40 Meter, gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn, errichtet, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen,
2.
bauliche Anlagen auf Grundstücken, die außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten über Zufahrten oder Zugänge an Bundesstraßen unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind, erheblich geändert oder anders genutzt werden sollen.
Die Zustimmungsbedürftigkeit nach Satz 1 gilt entsprechend für bauliche Anlagen, die nach Landesrecht anzeigepflichtig sind. Weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(3) Die Zustimmung nach Absatz 2 darf nur versagt oder mit Bedingungen und Auflagen erteilt werden, soweit dies wegen der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs, der Ausbauabsichten oder der Straßenbaugestaltung nötig ist.

(3a) Die Belange nach Absatz 3 sind auch bei Erteilung von Baugenehmigungen innerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen zu beachten.

(4) Bei geplanten Bundesfernstraßen gelten die Beschränkungen der Absätze 1 und 2 vom Beginn der Auslegung der Pläne im Planfeststellungsverfahren oder von dem Zeitpunkt an, zu dem den Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, den Plan einzusehen.

(5) Bedürfen die baulichen Anlagen im Sinne des Absatzes 2 außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten keiner Baugenehmigung oder keiner Genehmigung nach anderen Vorschriften, so tritt an die Stelle der Zustimmung die Genehmigung der obersten Landesstraßenbaubehörde, an Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, die Genehmigung des Fernstraßen-Bundesamtes.

(5a) Als bauliche Anlagen im Sinne dieses Gesetzes gelten auch die im Landesbaurecht den baulichen Anlagen gleichgestellten Anlagen.

(6) Anlagen der Außenwerbung stehen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten den Hochbauten des Absatzes 1 und den baulichen Anlagen des Absatzes 2 gleich. An Brücken über Bundesfernstraßen außerhalb dieser Teile der Ortsdurchfahrten dürfen Anlagen der Außenwerbung nicht angebracht werden. Weitergehende bundes- oder landesrechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(7) Die Absätze 1 bis 5 gelten nicht, soweit das Bauvorhaben den Festsetzungen eines Bebauungsplans entspricht (§ 9 des Baugesetzbuchs), der mindestens die Begrenzung der Verkehrsflächen sowie an diesen gelegene überbaubare Grundstücksflächen enthält und unter Mitwirkung des Trägers der Straßenbaulast zustande gekommen ist.

(8) Die oberste Landesstraßenbaubehörde oder das Fernstraßen-Bundesamt an den Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung einer Bundesfernstraße zusteht, kann im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten der Absätze 1, 4 und 6 zulassen, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist oder wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit die Abweichungen erfordern. Ausnahmen können mit Bedingungen und Auflagen versehen werden.

(9) Wird infolge der Anwendung der Absätze 1, 2, 4 und 5 die bauliche Nutzung eines Grundstücks, auf deren Zulassung bisher ein Rechtsanspruch bestand, ganz oder teilweise aufgehoben, so kann der Eigentümer insoweit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, als seine Vorbereitungen zur baulichen Nutzung des Grundstücks in dem bisher zulässigen Umfang für ihn an Wert verlieren oder eine wesentliche Wertminderung des Grundstücks eintritt. Zur Entschädigung ist der Träger der Straßenbaulast verpflichtet.

(10) Im Fall des Absatzes 4 entsteht der Anspruch nach Absatz 9 erst, wenn der Plan rechtskräftig festgestellt oder genehmigt oder mit der Ausführung begonnen worden ist, spätestens jedoch nach Ablauf von vier Jahren, nachdem die Beschränkungen der Absätze 1 und 2 in Kraft getreten sind.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2 vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Versagung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Außenwerbeanlage.

Mit Antrag vom 18. August 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Außenwerbeanlage auf dem Grundstück ... Straße ..., Gemarkung ..., FlNr. ... Bei dieser Außenwerbeanlage handelt es sich um eine statische, doppelseitige, beleuchtete Werbegroßtafel (CityStar-Board) mit wechselndem Plakatanschlag. Die Maße der Tafel weisen eine Breite von 3,96 m und eine Höhe von 2,96 m auf. Diese Tafel wird auf einen Monofuß befestigt, der eine Höhe von 2,50 m aufweist.

Bei der ... Straße in ... handelt es sich um eine Bundesstraße.

Das Stadtplanungsamt der Beklagten teilte der Bauaufsicht der Beklagten mit Schreiben vom 17. September 2015 mit, dass das geplante Vorhaben innerhalb des Geltungsbereichs des rechtsverbindlichen einfachen Bebauungsplans Nr. ... liege, welcher lediglich Festsetzungen zum Ausbau der...-straße enthalte. Die planungsrechtliche Zulässigkeit der beantragten Werbeanlage richte sich daher nach § 34 BauGB.

Das Vorhabengrundstück FlNr. ... befinde sich in einem Bereich, der im Flächennutzungsplan als gemischte Baufläche dargestellt sei. Aufgrund der hier vorhandenen Nutzungen seien das Grundstück und seine unmittelbare nähere Umgebung als Mischgebiet einzustufen, in welchem Werbeanlagen auch für Fremdwerbung grundsätzlich zulässig seien.

Im Umfeld befänden sich allerdings bereits zahlreiche Werbeanlagen, so dass nach Auffassung des Stadtplanungsamt beim Hinzukommen des beantragten CityStar-Boards eine nach Art. 8 BayBO unzulässige störende Häufung befürchtet werde: Neben einigen Werbeanlagen an der Stätte der Leistung auf dem eigenen Grundstück und in der Nachbarschaft befänden sich auf der gegenüberliegenden Seite der... Straße vier und schräg gegenüber nach der Einmündung der ...-straße fünf Großflächentafeln für Plakatwerbung sowie eine Bushaltestelle, ebenfalls mit großflächiger Fremdwerbung. Außerdem stehe auf der gleichen Seite der ... Straße in einer Entfernung von ca. 100 m stadtauswärts ein CityLight-Board.

Vor allem der geringe Abstand zu dem bestehenden CityLight-Board könne zu besonders störenden Auswirkungen führen: Die dichte Aufeinanderfolge von zwei gleichen bzw. sehr ähnlichen, aufgrund ihrer Größe, Stellung zur Fahrbahn und Anbringung auf einem Monofuß und Beleuchtung besonders im Nachtbild sehr auffälligen Werbeanlagen würden deren Wirkung bis zur Aufdringlichkeit steigern. Um Störungen des Ortsbildes zu vermeiden, sei gemäß Beschluss des Bauausschusses vom 7. Juli 2010 bei Sichtbeziehung ein Mindestabstand von 250 m zwischen zwei be- oder hinterleuchteten Werbeanlagen auf Monofuß mit oder ohne Wechselwirkung einzuhalten. Da der vom Bauausschuss beschlossene Mindestabstand bei Aufstellung der beantragten Werbeanlage deutlich unterschritten würde, stimme das Stadtplanungsamt dem Vorhaben nicht zu.

Gerade im Hinblick auf die bestehenden und geplanten Wohnnutzungen (Bebauungsplan Nr. ..., 3. Änderung in der Aufstellung) auf der gegenüberliegenden Seite der ... Straße, denen besonderer Schutz zukommen solle, sei eine störende Häufung von Werbeanlagen zu vermeiden. Es werde daher empfohlen, die beantragte Werbeanlage nicht zu genehmigen.

Der vorgesehene Standort des geplanten CityStar-Boards befinde sich an der ... Straße unmittelbar vor dem mit einer Verkehrsampel geregelten Kreuzungsbereich mit der ...-straße und ...-straße. Ob die geplante Werbeanlage direkt vor der Ampel möglicherweise zu einer Ablenkung von Kfz-Fahrern führen würde und somit eine Verkehrsgefährdung verursachen könnte, sei gesondert zu prüfen.

Mit Stellungnahme vom 4. November 2015 teilte das Straßenverkehrsamt der Beklagten mit, dass es die Lage der Werbegroßtafel aufgrund zur Nähe der Ampelanlage als problematisch einstufe. Aus diesem Grunde sei eine Stellungnahme des Verkehrssachbearbeiters der PI ... eingeholt worden, dessen Argumentation sich das Straßenverkehrsamt anschließe.

Mit Schreiben vom 3. November 2015 teilte die Polizeiinspektion ... mit, dass es sich bei der ... Straße um eine der meist befahrenen Einfall- und Ausfallstraßen im Stadtgebiet ... handele. Der beantragte Standort befinde sich in unmittelbarer Nähe eines komplexen Verkehrsknotens, nämlich ... Straße/...-straße/...-straße, welche die ganze Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmer erfordere. Durch eine Werbetafel dürften sich manche Verkehrsteilnehmer ablenken lassen und somit würde das Unfallrisiko steigen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sei der Knoten noch kein Unfallschwerpunkt. Des Weiteren könne aufgrund des Standortes nicht sichergestellt werden, dass durch die Werbetafeln nicht Verkehrszeichen, sprich hier die Lichtsignalanlage, verdeckt werden würden und dadurch von den Verkehrsteilnehmern zu spät bemerkt würden. Aus diesen Gründen könne aus polizeilicher Sicht eine Werbegroßtafel an diesem Standort nicht befürwortet werden.

Im Rahmen einer Anhörung teilte die Beklagte mit Schreiben vom 17. November 2015 der Klägerin mit, dass eine Genehmigung nicht erteilt werden könne.

Im Wesentlichen wird zur Begründung der Inhalt der Schreiben des Stadtplanungsamtes, des Straßenverkehrsamtes und der Polizeiinspektion ... angeführt.

Mit E-Mail vom 24. November 2015 nahm die Klägerin zur geplanten Bescheidsablehnung Stellung. In diesem Rahmen führte sie aus, dass in Mischgebieten Werbeanlagen grundsätzlich genehmigungsfähig seien. Der Argumentation, dass es zu einer störenden Häufung durch Werbeanlagen kommen könne, könne nicht gefolgt werden, denn es existierten in unmittelbarer Nähe bereits eine Vielzahl von Werbeanlagen. Es liege die Vermutung der Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vor, wenn nun gerade die eine geplante Werbeanlage zu einer unzulässigen Häufung führen sollte. Das gesamte Gebiet sei bereits durch Werbeanlagen geprägt. Hinzu komme, dass eine existente Werbeanlage in ca. 100 m Entfernung aufgegriffen würde für die Argumentation, welche aber hinsichtlich der einschlägigen Rechtsprechung zu diesem Thema hier nicht greifen würde. Der Argumentation des befürchteten Anstiegs der Unfallhäufung in diesem Kreuzungsbereich könne sich nicht angeschlossen werden, da sich die Werbeanlage auf dem Vorhabengrundstück, auf welchem sich bereits ein Pkw-Handel befinde, eher einfügen würde als herauszustechen.

Mit Bescheid vom 21. Januar 2016 versagte die Beklagte die beantragte Genehmigung.

Zur Begründung wird im Wesentlichen auf die Schreiben des Stadtplanungsamtes, des Straßenverkehrsamtes und der Polizeiinspektion ... Bezug genommen.

Im Wesentlichen wird vorgetragen, dass eine Genehmigung der beantragten Werbeanlage zu einer unzulässigen störenden Häufung von Werbeanlagen nach Art. 8 BayBO führen würde.

Gemäß Art. 14 Abs. 2 BayBO dürfe die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch bauliche Anlagen und deren Nutzung nicht gefährdet werden.

Auch bei großzügiger Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit könne nach Abwägung der privaten Belange der Klägerin dieser kein Vorrang vor dem wie oben begründeten öffentlichen Recht der Stadt ... eingeräumt werden.

Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2016, eingegangen beim Verwaltungsgericht Ansbach am 22. Februar 2016, erhob die Klägerin Klage gegen den Versagungsbescheid.

Zur Begründung trägt sie vor, dass das Werbevorhaben bauplanungs- und bauordnungsrechtlich genehmigungsfähig sei.

Das Vorhaben solle in einem planungsrechtlichen faktischen Mischgebiet errichtet werden. In Mischgebieten seien Fremdwerbeanlagen gemäß § 6 Abs. 2 Ziffer 4 BauNVO bauplanungsrechtlich zulässig und fügten sich gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO in die nähere Umgebung ein. Auf dem Vorhabengrundstück sei ein Pkw-Gebrauchtwagenhandel ansässig und der übrige Nahbereich sei auch gewerblich geprägt. Im Übrigen befänden sich im weiteren Straßenverlauf der ... Straße auch andere genehmigte Fremdwerbeanlagen, die allerdings nicht allesamt mit der hier zur Genehmigung gestellten Werbeanlage in einem Blick wahrnehmbar seien.

Das zur Genehmigung gestellte Werbevorhaben bewirke keine rechtserheblich gerechtfertigte Annahme einer störenden Häufung von Werbeanlagen gemäß Art. 8 BayBO.

Die Frage der störenden Häufung sei ein zweigliedriges Tatbestandsmerkmal. Auf erster Tatbestandsebene müsse überhaupt einmal eine Häufung von Werbeanlagen gegeben sein. Die Rechtsprechung nehme eine Häufung von Werbeanlagen erst dann an, wenn in einem Blick mindestens drei Werbeanlagen wahrnehmbar seien, dies allerdings unter der Einschränkung, dass der Betrachter weder seinen Standort noch den Blickwinkel verändere, den Kopf neige oder den Straßenzug in verschiedene Teile unterteile. Vor dem Hintergrund dieser Maßstäbe, sei eine Häufung von Werbeanlagen bereits ausgeschlossen. Die Fotomontage zum Bauantrag zeige bereits deutlich, dass eigentlich überhaupt keine anderen Werbeanlagen mit der hier zur Genehmigung stehenden Werbeanlage wahrnehmbar seien.

Selbst wenn in diesem Falle noch drei Werbeanlagen in einem Blick wahrnehmbar wären, indiziere dies nicht automatisch eine Störung aufgrund Häufung. Auf zweiter Tatbestandsebene sei zu prüfen, ob der streitgegenständliche Nahbereich eine weitere Werbeanlage vertrage oder ob es dadurch zu einer störenden Häufung komme.

Es seien zudem die Nutzungen in dem streitgegenständlichen Nahbereich zu berücksichtigen. Im vorliegenden Falle liege eine absolut gewerbliche Einprägung des Straßenbildes an der ... Straße in ... vor, so dass das Hinzutreten der hier zur Genehmigung stehenden Werbeanlage, die im Übrigen ihre Wirkung nur in den gewerblich geprägten Bereich hinein entfalte, nicht zur Annahme einer störenden Häufung führen dürfe. In einem solchen Gebiet rechne der Durchschnittsbetrachter mit der Werbung. Das Hinzutreten der Werbeanlage störe den Durchschnittsbetrachter nicht, da insbesondere kein Zustand erreicht werde, in dem das so viel zitierte ruhesuchende Auge keinen Ruhepunkt mehr finde.

Die Beklagte stelle auf Werbeanlagen ab, die sich nicht im unmittelbaren Sichtbereich der hier zur Genehmigung gestellten Werbeanlagen befinden würden. Die in dem Ablehnungsbescheid angesprochenen Werbeanlagen seien nicht ohne Weiteres in einem Blick mit der hier zur Genehmigung gestellten Werbeanlage wahrnehmbar. Einige der benannten Werbeanlagen befänden sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite der sehr großflächig ausgebauten ... Straße mit insgesamt am Vorhabenstandort fünf Fahrspuren. Hier sei die ... Straße so breit ausgebaut, dass diese Straße trennende Wirkung habe, auch hinsichtlich der bauordnungsrechtlichen vermeintlichen störenden Häufung. Der Betrachter müsse nämlich in jedem Fall den Blickwinkel verändern, sollten neben der hier zur Genehmigung gestellten Werbeanlage auch Werbeanlagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite wahrgenommen werden. Dies würde jedoch den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen widersprechen.

Das alleinige summarische Aufzählen von in der näheren Umgebung vorhandenen Werbeanlagen könne nicht dazu herangezogen werden, um eine störende Häufung von Werbeanlagen anzunehmen. Die von der Beklagten in ihrem Bescheid herangezogene Werbeanlage in einer Entfernung von ca. 100 m könne nicht zur Prüfung der Annahme einer störenden Häufung herangezogen werden. Diese sei zu weit entfernt; nach der Rechtsprechung sei zu fordern, dass eine Überladung eines engen räumlichen Bereichs vorliegen müsse, um eine störende Häufung anzunehmen.

Durch die beantragte Werbeanlage sei die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs nicht gefährdet.

Für eine solche Gefährdung müsse eine konkrete Verkehrsgefährdung vorliegen. Nach der Rechtsprechung sei nicht einmal für eine MegaLight-Werbeanlage eine abstrakte Verkehrsgefährdung ausreichend, sondern auch für eine derartige Werbeanlage sei eine konkrete Verkehrsgefährdung durch das Werbevorhaben zu verlangen. Hinsichtlich der hier zur Genehmigung stehenden Anlage finde ein automatischer Bildwechsel nicht statt. Zudem sei es so, dass die hier zur Genehmigung stehende Werbeanlage nicht hinterleuchtet werde, sondern angestrahlt, so dass insoweit kein Lichtauswurf aus der Anlage selbst heraustrete, so dass auch aus diesem Grunde keine Verkehrsgefährdung anzunehmen sei. Zur weiteren Begründung zieht der Klägervertreter das Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 28. August 2013 - 10 A 1150/12 - heran.

Erkennbare Kriterien, die die konkrete Annahme einer Verkehrsgefährdung rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Das Vorhaben sei deutlich von der Verkehrsfläche der ... Straße abgesetzt eingerückt auf dem Vorhabengrundstück beantragt. Insoweit finde keine Verdeckung/Überdeckung des freien Blicks hin zu einer Lichtzeichenanlage oder einem Verkehrszeichen statt. Im Übrigen liege am Vorhabenstandort auch kein Unfallschwerpunkt vor, so dass auch aus diesem Grund heraus die Annahme einer konkreten Verkehrsgefährdung ausscheide. Der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer könne den Vorhabenstandort ohne besondere Mühewaltung passieren. Eine Ablenkungswirkung gehe von der Werbeanlage nicht aus, da sie für den durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer normal und bekannt sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21. Januar 2016 zu verpflichten, die Baugenehmigung zur Errichtung einer statischen, doppelseitigen, beleuchteten CityStar-Werbeanlage auf der Liegenschaft ..., ... Straße ..., gemäß näherer Darstellung in den Bauvorlagen, zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

In ihrer Klageerwiderung vom 6. April 2016 trägt die Beklagte dieselben Umstände vor, wie bereits im streitgegenständlichen Bescheid. Darüber hinaus erwidert sie wie folgt:

Die Behauptung der Klägerin, dass zusammen mit der beantragten Werbeanlage überhaupt keine anderen Werbeanlagen im Blickfeld wahrnehmbar seien, sei unrichtig. Ein auf der ... Straße fahrender, gehender oder stehender Betrachter habe von jeder Stelle aus, von der er auf das betroffene Grundstück schaue, mehrere Werbeanlagen gleichzeitig im Blickfeld. Das gleiche gelte für jemanden, der sich aus der ...-straße dem Kreuzungsbereich nähere. Durch die zahlreichen Werbeanlagen, die sich an diesem Verkehrsknotenpunkt befänden, würden von manchen Standpunkten aus so viele verschiedene Werbeschilder und Plakattafeln in enger räumlicher Beziehung mit dem Vorhabenort wahrgenommen, dass das Hinzutreten einer weiteren Werbeanlage als lästig und damit störend empfunden würde. Die dominante Wirkung des beantragten CityStar-Boards aufgrund seiner Größe von über 10 qm, der exponierten Aufstellungsart in 2,50 m Höhe auf einem Monofuß senkrecht zur Fahrbahn und die beabsichtigte Beleuchtung würden diesen Eindruck sicher noch verstärken und zu einer störenden Häufung führen.

Verkehrsteilnehmer hätten, je nach Standort, von welchem aus sie sich dem Kreuzungsbereich näherten, gleichzeitig mit dem beantragten CityStar-Board verschiedene, zum Teil überdimensionierte Werbeschilder für den dort vorhandenen Gebrauchtwagenhandel und Autowerkstatt im Blick. Die Werkstatthalle werde auf ihrer der ... Straße zugewandten Seite von Werbetafeln, die die Einfahrt umrahmten, geradezu überfrachtet; zusätzlich stünden zwei weitere Schilder auf jeweils einem Mast am Straßenrand. Darüber hinaus seien auch weitere Werbeanlagen auf Nachbargrundstücken im Blick.

Besonders für Verkehrsteilnehmer auf der Hauptachse ... Straße könne der geringe Abstand zu dem in einer Entfernung von nur ca. 100 m stadtauswärts stehenden CityLight-Board störend wirken. Der von der Klägerin angezweifelte enge räumliche Bezug sei gegeben, insbesondere entstehe im Nachtbild bei einer dichten Aufeinanderfolge von zwei gleichen bzw. sehr ähnlichen, aufgrund ihrer Größe, Stellung zur Fahrbahn und Anbringung auf einem Monofuß sehr auffälligen Werbeanlagen in einer von Werbung bereits stark beeinflussten Umgebung, wie dieser, eine aufdringliche Wirkung. Um Störungen des Ortsbildes zu vermeiden, sei vom Bauausschuss am 7. Juli 2010 bei Sichtbeziehung ein Mindestabstand von 250 m zwischen zwei be- oder hinterleuchteten Werbeanlagen auf Monofuß mit oder ohne Wechselwirkung beschlossen worden. Dieser Beschluss werde seither als Richtlinie bei der Genehmigung dieser Anlagen angewendet.

Gerade im Hinblick auf die bestehenden und auf der gegenüberliegenden Seite der ... Straße geplanten Wohnnutzungen (westlich der ...-straße Bebauungsplan Nr. ..., 3. Änderung in Aufstellung und Bebauungsplan Nr. ... im Bereich des aufgegebenen ...-Altstandortes in Aufstellung), denen besonderer Schutz zukommen sollte, sei eine störende Häufung von Werbeanlagen in jedem Fall zu vermeiden.

Der vorgesehene Standort der Werbeanlage befinde sich an der ... Straße unmittelbar vor dem mit einer Verkehrsampel geregelten Kreuzungsbereich mit der ...-straße und ...-straße. Es bestehe die Möglichkeit, dass die geplante Werbeanlage direkt vor der Ampel zu einer Ablenkung von Verkehrsteilnehmern führen und somit eine Verkehrsgefährdung nicht ausgeschlossen werden könne.

Am 21. April 2016 wurde ein Augenscheinstermin auf dem streitgegenständlichen Grundstück und in der näheren Umgebung durchgeführt.

Die Beweiserhebung erbrachte im Wesentlichen Folgendes:

Der geplante Aufstellungsort der Werbeanlage hat einen Abstand von ca. 7 m bis 8 m zur Ampel an der Einmündung der ...-straße. Bei der Ampel handelt es sich um einen Ampelmast, an dem überhängend über die Straße eine weitere Ampel angebracht ist.

In der mündlichen Verhandlung vom selben Tag erbat der Klägervertreter eine Schriftsatzfrist bis zum 10. Mai 2016.

Zudem erklärten die Beteiligten übereinstimmend, auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung zu verzichten.

Mit Schriftsatz vom 2. Mai 2016 teilte der Klägervertreter folgendes mit:

Es werde eine Entscheidung des Rechtsstreits durch das Gericht gewünscht.

Die Klägerin gehe davon aus, dass die beantragte Werbeanlage keine konkrete Verkehrsgefährdung bewirke. Insbesondere bestehe zwischen der beantragten Werbeanlage und der in der näheren Umgebung vorhandenen Lichtzeichenanlage eine Distanz von 7 m bis 8 m. Eine konkrete Verkehrsgefährdung hinsichtlich einer Lichtzeichenverdeckung/-überdeckung scheide insoweit aus. Das Werbevorhaben sei seitlich versetzt von der Lichtzeichenanlage beantragt, so dass eine unmittelbare Beeinträchtigung der Lichtzeichenanlage durch das Werbevorhaben nicht gegeben sei. Darüber hinaus stelle sich auch die Verkehrssituation um den Vorhabenstandort herum nicht als unverhältnismäßig komplex dar. Es handele sich vielmehr um eine innerstädtisch normale Kreuzungssituation, die hier Abbiegespuren und Geradeausspuren aufweise. Der durchschnittliche Verkehrsteilnehmer, der den Sorgfaltspflichten der StVO Folge leiste, könne eine derartige Verkehrssituation ohne besondere Mühewaltung bewältigen. Es handele sich um eine völlig normale Verkehrssituation. Im Hinblick auf das Urteil des OVG NRW vom 28. August 2013, 10 A 1150/12, sei nicht von einer konkreten Verkehrsgefährdung auszugehen. Das Vorhaben sei bauplanungs- und bauordnungsrechtlich genehmigungsfähig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Behördenakte, die Gerichtsakte, die Niederschrift über den Augenschein sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung.

1.

Dem Vorhaben steht Art. 14 Abs. 2 BayBO entgegen, wonach die Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch bauliche Anlagen nicht gefährdet werden darf.

Die Vorschrift ist zwar nicht Gegenstand des hier einschlägigen vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach Art. 59 BayBO. Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO durfte die Beklagte den Bauantrag jedoch auch wegen der Verletzung von öffentlich-rechtlichen Vorschriften ablehnen, die nicht im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erfordert die Anwendung des Art. 14 Abs. 2 BayBO eine konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs.

Für eine solche konkrete Gefährdung des Straßenverkehrs ist jedoch nicht die überwiegende oder hohe Wahrscheinlichkeit erforderlich, dass durch die Werbeanlage ein Verkehrsunfall verursacht oder der Verkehr in seinem Ablauf behindert wird. Vielmehr liegt eine konkrete Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des öffentlichen Verkehrs durch eine bauliche Anlage bereits dann vor, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit hinreichender oder „bloßer“ Wahrscheinlichkeit ein Verkehrsunfall oder doch eine Verkehrsbehinderung in überschaubarer Zukunft zu erwarten ist (vgl. BayVGH, B. v. 27.10.2011 - 15 ZB 10.2409).

Geht es um die Gefährdung von Leben und Gesundheit als hochrangige Rechtsgüter sind an die Feststellung der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (vgl. auch VG Augsburg, U. v. 16.12.2015 - AU 4 K 15.869).

Bei Verwirklichung des Bauvorhabens der Klägerin ist mit einer solchen hinreichenden, bloßen Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Verkehrsunfalls oder einer Verkehrsbehinderung in überschaubarer Zukunft zu rechnen.

Die ... Straße in ..., eine Bundesstraße, weist an dem Vorhabenstandort bzw. der Kreuzungssituation je Fahrtrichtung drei Spuren, mithin insgesamt sechs Fahrspuren auf. Nach Stellungnahme der Polizeiinspektion ... vom 3. November 2015 handelt es sich bei der ... Straße um eine der meist befahrenen Einfall- und Ausfallstraßen im Stadtgebiet ... In unmittelbarer Nähe zum Vorhabenstandort befindet sich die Straßenkreuzung der ... Straße mit der ...-straße und der ...-straße, mithin einem komplexen Verkehrsknotenpunkt. Der Kreuzungsverkehr ist durch eine Lichtzeichenanlage geregelt. Die beantragte Werbeanlage soll in einem Abstand von nur 7 m bis 8 m vor dieser Lichtzeichenanlage errichtet werden.

Dahinstehen kann dabei, ob durch die Errichtung der Werbeanlage bereits die Lichtzeichenanlage direkt verdeckt wird. Jedenfalls führt das Aufstellen der Werbeanlagen in einem so geringen Abstand zur Lichtzeichenanlage mit mindestens hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verkehrsgefährdung; es ist damit zu rechnen, dass die Ablenkung durch die Anlage derart extensiv ist, dass es zu einem Schadenseintritt und auch Gefahr für Leib und Leben von Personen kommt.

Aufgrund des erheblichen Verkehrsaufkommens auf der ... Straße verlangt der Kreuzungsbereich dieser Straße mit der ...- und der ...-straße die gesamte Aufmerksamkeit des Verkehrsteilnehmers. Die Errichtung der beantragten Außenwerbeanlage in einer Entfernung von nur 7 m bis 8 m lässt jedoch befürchten, dass diese Anlage, zumal sie beleuchtet ist, die Verkehrsteilnehmer von der kritischen Verkehrssituation und der Lichtzeichenanlage - und zwar gerade unmittelbar im Kreuzungsbereich bzw. kurz davor - ablenkt.

Auf dem Abschnitt der ... Straße, innerhalb welchem die Verkehrsteilnehmer die Werbeanlage erfassen können, hat deren gesamte Aufmerksamkeit auf die Bremsvorgänge, wie sie vor einer „Rot“ zeigenden Lichtzeichenanlage stattfinden, und auf die entsprechenden Abbiegevorgänge und die damit einhergehenden Bremsvorgängen gerichtet zu sein. Eine entsprechende Ablenkung lässt mit mindestens hinreichender Wahrscheinlichkeit den Eintritt von Sach- und Personenschaden befürchten.

Mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ist aufgrund der Größe der Tafel von über 11 qm und der Beleuchtung zu erwarten, dass der Reiz, den die Lichtzeichenanlage dem Verkehrsteilnehmer senden soll, stark beeinträchtigt und abgeschwächt wird.

Für die Annahme einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Verkehrsunfalls oder einer Verkehrsbehinderung ist es nicht erforderlich, dass der Konzentration erfordernde Verkehrsbereich bereits einen Unfallschwerpunkt darstellt. Dass sich gemäß Stellungnahme der Polizeiinspektion ... der oben genannten Kreuzungsbereich noch nicht als Unfallschwerpunkt darstellt, vermag die Zulässigkeit der geplanten Werbeanlage an diesem Standort nicht zu rechtfertigen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof führt zu dieser Frage aus, dass eine Art Probephase, ob sich bei einer Genehmigung einer solchen Werbeanlage Unfälle mit schwerwiegenden Folgen ereignen können, sich verbiete angesichts der Gefährdung der hochrangigen Rechtsgüter Leben und Gesundheit, auch in Abwägung mit den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin (BayVGH, B. v. 27.10.2011 - 15 ZB 10.2409).

2.

Auf die Frage, ob dem Bauvorhaben auch § 9 Abs. 3a FStrG entgegensteht, wonach die Sicherheit und die Leichtigkeit des Verkehrs gewährleistet sein müssen, braucht vorliegend aufgrund der Einschlägigkeit des Art. 14 Abs. 2 BayBO nicht mehr eingegangen zu werden.

§ 9 Abs. 3a i. V. m. Abs. 3 FStrG hat insoweit einen anderen sachlichen Anwendungsbereich als Art. 14 Abs. 2 BayBO, als durch die Norm des Fernstraßengesetzes bereits ein „normaler“ Verkehrsablauf geschützt wird, ohne dass die Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen bestehen muss. Bereits der reibungslose und ungehinderte Verkehr soll geschützt werden, eine im Einzelfall bestehende gegenwärtige Gefahr braucht nicht zu befürchten sein (vgl. BayVGH, B. v. 25.10.2011 - 15 ZB 10.2590; BayVGH, U. v. 16.10.1990 - 14 B 89.835).

3.

Da die Versagung der Baugenehmigung bereits aufgrund der Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs rechtmäßig ist, bedarf es keiner Erörterung, ob der Vorhabenstandort und seine unmittelbare Umgebung eine störende Häufung von Werbeanlagen im Sinne des Art. 8 Satz 3 BayBO aufweisen.

4.

Der Kostenausspruch resultiert aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Tenor

I.

Der Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Mai 2015 der Klägerin die mit Bauantrag vom 21. August 2014 beantragte Genehmigung für die Errichtung einer City-Star-Werbeanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ... (Standort 2 gemäß dem Lageplan auf Bl. 1 der Bauvorlagen) zu erteilen.

Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für ursprünglich zwei Werbeanlagen auf den Fl.Nrn. ... sowie ..., Gemarkung ..., ...-str. 36 in ....

Mit Bauantrag vom 21. August 2014, beim Beklagten eingegangen am 27. August 2014, beantragte die Klägerin eine Baugenehmigung für die Errichtung einer City-Star-Werbeanlage sowie die Anbringung einer weiteren Werbeanlage auf den oben genannten Grundstücken. Auf die mit dem Bauantrag vorgelegten Bauvorlagen wird Bezug genommen. Die beabsichtigte Werbeanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. ... soll an der Gebäudewand des auf diesem Grundstück stehenden ...-Marktes errichtet werden (im bei den Bauvorlagen befindlichen Lageplan, Bl. 1 der Behördenakten - BA, ist dieser Standort mit „1“ bezeichnet). Die City-Star-Werbeanlage auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., soll freistehend quer zur B ... errichtet werden (im oben genannten Lageplan, Bl. 1 BA, als „Standort 2“ bezeichnet).

Mit Schreiben vom 9. Dezember 2014 hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Ablehnung des Bauantrages - bezogen auf beide Standorte - an.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 12. Januar 2015 nahm die Klägerin hierzu Stellung.

Mit Schreiben vom 25. Februar 2015 bot der Beklagte als Kompromiss an, dass es für die freistehende Werbeanlage „A“ (in den Bauvorlagen als „Standort 2“ bezeichnet) bei der Ablehnung bleibe; der anderen Werbeanlage „B“ (in den Bauvorlagen als „Standort 1“ bezeichnet) könne jedoch zugestimmt werden.

Mit Schreiben vom 13. April 2015 sowie 22. Mai 2015 ließ die Klägerin das Vergleichsangebot des Beklagten ablehnen.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2015 lehnte der Beklagte den Bauantrag (komplett) ab.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:

Beide Werbeanlagen stünden im Widerspruch zur Werbeanlagensatzung des Marktes ... (WAS). Nach § 4 Abs. 1 Spiegelstrich 3 WAS seien Werbeanlagen nur an Gebäuden und an der Stätte der Leistung zulässig. Die City-Star-Werbeanlage (Werbeanlage A) widerspreche somit als freistehende Werbeanlage den Vorgaben der WAS; beide Werbeanlagen widersprächen zudem der WAS insoweit, als die Werbefläche für Fremdwerbung zur Verfügung gestellt werde. Außerdem befinde sich in dem Anwesen ...-str. 36 ein großer Lebensmittelmarkt. Für diese Ladeneinheit seien mehrere Werbeanlagen an dem Anwesen angebracht worden. Durch die Anbringung einer weiteren Großflächenwerbetafel für Fremdwerbung (Werbeanlage B) käme es zu einer ungewollten Häufung von Werbeanlagen an dem Anwesen. Hinsichtlich der freistehenden City-Star-Werbeanlage (Werbeanlage A) sei eine Stellungnahme des Staatlichen Bauamtes ... als zuständige Fachbehörde wegen der beabsichtigten Lage der City-Star-Werbeanlage an der B ... eingeholt worden. Das Staatliche Bauamt ... habe in seiner Stellungnahme vom 12. September 2014 ausgeführt, dass eine Beeinträchtigung der Verkehrsteilnehmer durch die Aufstellung der City-Star-Werbeanlage nicht ausgeschlossen werden könne. Zudem solle die informatorische Belastung der Verkehrsteilnehmer aus Gründen der Verkehrssicherheit so gering wie möglich gehalten werden, denn nur so könne gewährleistet werden, dass wichtige Verkehrszeichen und -einrichtungen wahrgenommen würden. Jede Ablenkung solle daher ausgeschlossen werden. In dem betroffenen Streckenabschnitt hätten sich in den letzten Jahren überdurchschnittlich viele Verkehrsunfälle ereignet. Eine neue Werbeanlage würde zu einer erneuten Ablenkung führen und möglicherweise die Unfallzahlen weiter erhöhen. Daher werde die Aufstellung der City-Star-Werbeanlage vom Staatlichen Bauamt ... abgelehnt. Ferner sei vom Staatlichen Bauamt ... darauf hingewiesen worden, dass die Ablehnung auch im Sinne des neuen Verkehrssicherheitsprogrammes des Freistaates Bayern sei. Verkehrszeichen sowie Werbungen sollten auf das zwingend erforderliche Mindestmaß beschränkt werden. Eine zwingende Notwendigkeit der beantragten City-Star-Werbung werde hier auf keinen Fall gesehen. Da es sich bei der ...-straße um die durch den Ortsteil ... führende Ortsdurchfahrt der Bundesstraße (B ...), der Hauptverbindung zwischen dem Autobahnende aus Richtung ... und dem ...pass in Österreich, handele und diese Straße eine der beiden meistbefahrenen und wichtigsten Verkehrsadern in ... sei, sehe der Beklagte keine Veranlassung, von den Entscheidungen der beteiligten Fachbehörde abzuweichen.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 22. Juni 2015, beim Verwaltungsgericht München eingegangen per Telefax am 23. Juni 2015, ließ die Klägerin Klage erheben mit dem Antrag,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides zu verpflichten, die Baugenehmigung zur Errichtung einer City-Star-Werbeanlage auf der Liegenschaft ..., Fl.Nr. ..., sowie die Baugenehmigung zur Anbringung einer Werbeanlage auf der Liegenschaft ..., ...-str. 36, Fl.Nr. ... gemäß näherer Darstellung in den Bauvorlagen zu erteilen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt:

Das Vorhaben sei bauplanungs- und bauordnungsrechtlich genehmigungsfähig. Das Grundstück liege in einem faktischen Mischgebiet gemäß § 6 BauNVO, so dass bauplanungsrechtlich die Werbeanlagen genehmigungsfähig seien und sich gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO in die nähere Umgebung einfügten. Auf dem Vorhabengrundstück sei ein großflächiger Supermarkt der Firma ... errichtet; dieser weise eine Verkaufsfläche von über 800 m² aus und diene der überörtlichen Versorgung. Auf dem Nachbargrundstück sei ein weiteres Supermarktareal vorhanden; zudem befinde sich in der näheren Umgebung ein sehr großflächiges „...“-Hotel, so dass insgesamt von einem Mischgebiet auszugehen sei. Die Werbeanlagensatzung der Beklagten sei unwirksam. Eine störende Häufung von Werbeanlagen durch das Hinzutreten der beantragten Werbeanlage sei nicht gegeben. Die beiden beantragten Werbeanlagen würden wegen ihrer Entfernung nicht mit einem Blick wahrgenommen werden können. Auch eine bauordnungsrechtliche Verkehrsgefährdung liege nicht vor. Eine konkrete Verkehrsgefährdung werde durch das zur Genehmigung stehende Werbevorhaben nicht bewirkt. Die Verkehrsführung um den Vorhabenstandort zeige sich als innerstädtisch gewöhnlich bis einfach. Besondere Umstände, die hier von einer komplexen Verkehrssituation ausgehen lassen könnten, seien nicht gegeben. Weder verdecke das Vorhaben den freien Blick auf eine Lichtzeichenanlage noch auf andere Verkehrszeichen, so dass aus diesen Gründen die Annahme einer konkreten Verkehrsgefährdung ausscheide. Um den Vorhabenstandort herum sei auch kein Unfallschwerpunkt gegeben.

Mit Schreiben des Beklagten vom 28. August 2015 wurde

Entscheidung nach Sach- und Rechtslage

beantragt.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt:

Die beantragte Baugenehmigung würde gegen § 9 Abs. 3a FStrG i. V. m. Art. 59 Satz 1 Nr. 3, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO verstoßen. Nach § 9 Abs. 3a i. V. m. Abs. 3 FStrG sei bei Ortsdurchfahrten von Bundesstraßen unter anderem die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu beachten. Auf Bl. 23 f. (= Stellungnahme des Staatlichen Bauamts) werde Bezug genommen. Leider fehlten noch nähere Informationen zu den dort genannten überdurchschnittlichen vielen Verkehrsunfällen. Die beantragten Baugenehmigungen dürften auch nicht gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO verstoßen, insbesondere nicht gegen Art. 14 Abs. 2 BayBO.

Mit Bescheid vom 17. September 2015 erteilte der Beklagte die beantragte Baugenehmigung hinsichtlich der Werbeanlage an der Südfassade des Anwesens ...-str. 36, Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ... (Werbeanlage B; in den Bauvorlagen als „Standort 1“ bezeichnet).

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 23. Dezember 2015 ließ die Klägerin den Rechtsstreit insofern für teilerledigt erklären.

Mit Schreiben vom 1. Februar 2016 schloss sich der Beklagte der Teilerledigterklärung an und beantragte im Übrigen bezüglich des „Standortes 2“

Klageabweisung.

Es werde auf die beigefügte Stellungnahme des Staatlichen Bauamtes ... vom 11. Dezember 2015 verwiesen. Daraus gehe hervor, dass der Vorhabenstandort ein Unfallschwerpunkt sei. Die Unfälle hätten im Berichtszeitraum zum Teil erhebliche Folgen gehabt (4 Leichtverletzte, 2 Schwerverletzte, 1 Toter). Es handele sich bei der Ortsdurchfahrt der B ... um eine der am stärksten befahrenen Straßen im Ortsbereich. Die Verkehrssituation werde durch die Zu- und Abfahrten zu den dortigen Supermärkten und Tankstellen verkompliziert. Die Verkehrsführung erscheine angesichts der Abbiegespur zum Vorhabengrundstück und den dahinter gelegenen Tankstellen als durchaus anspruchsvoll. Eine Minderung der Aufmerksamkeit des Verkehrsteilnehmers infolge einer Ablenkung durch die streitgegenständliche Werbeanlage lasse sich mit der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht mehr vereinbaren.

Das Gericht erhob am 17. März 2016 Beweis über die örtlichen Verhältnisse durch Einnahme eines Augenscheins und führte anschließend die mündliche Verhandlung durch. Wegen der beim Augenschein getroffenen Feststellungen und wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift Bezug genommen.

Die Beteiligten stellten am Ende der mündlichen Verhandlung die in der Niederschrift protokollierten Anträge.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten einschließlich der darin enthaltenen Bauvorlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat Erfolg, soweit sie unter Berücksichtigung der übereinstimmenden Teilerledigterklärung aufrechterhalten wurde.

Im Übrigen ist das Verfahren einzustellen.

1. Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen, soweit die Beteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben; nämlich in Bezug auf den vom Beklagten mit Bescheid vom 17. Dezember 2015 genehmigten „Standort 1“ an der Fassade des Gebäudes auf dem Grundstück Fl.Nr. .... Die Verfahrenseinstellung und die entsprechende Kostenentscheidung müssen insoweit nicht gesondert durch Beschluss erfolgen. Vielmehr kann darüber gemeinsam im Urteil über den anhängig gebliebenen Streitgegenstand entschieden werden (BVerwG, U. v. 6.2.1963 - V C 24/61 -, NJW 1963, 923 = Buchholz 310, § 158 VwGO Nr. 1).

2. Soweit die Klage aufrechterhalten wurde - nämlich hinsichtlich der Baugenehmigung für den „Standort 2“, der freistehenden Werbeanlage quer zur B ... auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ... - hat sie Erfolg, da die Klägerin einen Anspruch auf die Erteilung der beantragten Baugenehmigung hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO).

Das genehmigungspflichtige - insbesondere fehlt die Baugenehmigungspflicht nicht nach Art. 56 Satz 1 Nr. 5 BayBO, da die Werbeanlage keiner Ausnahmegenehmigung nach Straßenverkehrsrecht bedarf - Vorhaben ist genehmigungsfähig (Art. 59 Satz 1 BayBO). Die vom Beklagten angeführten Ablehnungsgründe greifen nicht durch.

2.1 Das Vorhaben ist bauplanungsrechtlich zulässig (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Variante 1 i. V. m. §§ 29 ff. Baugesetzbuch - BauGB).

Das Vorhaben ist - unter den Beteiligten auch unstreitig - gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 2 Nr. 4 Baunutzungsverordnung (BauNVO) zulässig.

2.2 Die Werbeanlagensatzung des Beklagten steht dem Vorhaben nicht entgegen (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Variante 2 BayBO).

Die Werbeanlagensatzung des Beklagten ist unwirksam. Wie der Beklagte selbst in seinem Schriftsatz vom 28. August 2015 zurecht ausführt, hat das Gericht bereits wiederholt entschieden, dass die - insoweit bis zum Entscheidungszeitpunkt in diesem Verfahren unveränderte - Werbeanlagensatzung des Beklagten unwirksam ist, zum ersten Mal - soweit ersichtlich - mit Urteil vom 19. August 2004 (Az.: M 11 K 03.2998). Dies gilt auch weiterhin, da die Werbeanlagensatzung von der Ermächtigungsgrundlage in Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO nicht abgedeckt ist. Sie entspricht nicht den Maßgaben der hierzu ergangenen Rechtsprechung (vgl. insbesondere: BVerwG, U. v. 28.04.1972 - 4 C 11.69 -, BVerwGE 40, 94 = BayVBl 1973, 471; U. v. 16.03.1995 - 4 C 3.94 -, NVwZ 1995, 899; BayVerfGH, E. v. 23.01.2012 - Vf. 18-7-09 -, BayVBl 2012, 397 = NVwZ-RR 2012, 297). Ein - wie hier - vom Beklagten vorgenommener Ausschluss jeglicher Fremdwerbung im gesamten Ortsbereich ohne jegliche Differenzierung danach, welches Baugebiet jeweils vorliegt (vgl. § 4 Abs. 1 Spiegelstrich 3 der WAS des Beklagten), ist ohne weiteres rechtswidrig und damit unwirksam. Ebenso wenig leuchtet nach den Feststellungen im gerichtlichen Augenschein ein, warum im Umgriff des streitgegenständlichen Vorhabens der Ausschluss von Werbeanlagen aus ortsgestalterischen Gründen erforderlich sein sollte.

2.3 Auch die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs (Art. 14 Abs. 2 BayBO i. V. m. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO bzw. § 9 Abs. 3a FStrG i. V. m. Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO) steht dem Vorhaben nicht entgegen.

Der Beklagte beruft sich auf seine durch Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO eröffnete Befugnis, ausnahmsweise im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren auch Bauordnungsrecht zu prüfen und hat die Ablehnung auf einen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 2 BayBO gestützt bzw. macht der Beklagte geltend, dem Vorhaben stehe die Vorschrift des § 9 Abs. 3a FStrG, die über Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO zu prüfen ist, entgegen.

Die Voraussetzungen beider Rechtsgrundlagen liegen jedoch nicht vor. Es ist nicht davon auszugehen, dass die streitgegenständliche Werbeanlage am Vorhabenstandort die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gefährdet. Der Oberbegriff der „Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs“ hat zum Ziel, dass kein Verkehrsteilnehmer gefährdet (Sicherheit) oder mehr als nach den Umständen unvermeidlich behindert oder belästigt wird (Leichtigkeit). Die Sicherheit hat also die Abwendung von Gefahren für den Verkehr und von diesem, die Leichtigkeit den möglichst ungehinderten Verkehrsfluss im Blick.

Die Sicherheit des Verkehrs wird durch das Bauvorhaben nicht merklich beeinträchtigt. In einem innerörtlichen, gewerblich geprägten Bereich - wie hier - sind die Verkehrsteilnehmer an das Vorhandensein von Werbeanlagen gewöhnt (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 30.07.2012 - 9 ZB 11.2280 -, juris Rn. 10). Werbeanlagen werden insbesondere dann wahrgenommen, wenn der Verkehr stockt oder gar vollständig zum Erliegen kommt. Eine gewisse Ablenkungswirkung von Werbeanlagen für die Verkehrsteilnehmer besteht letztlich immer (vgl. BayVGH, ebenda). Angesichts der erlaubten Fahrgeschwindigkeit innerorts von 50 km/h ist die Sicherheit des Verkehrs grundsätzlich nicht merklich beeinträchtigt. Ein der Straßenverkehrsordnung nicht entsprechendes Verhalten der Verkehrsteilnehmer - beispielsweise die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit - kann der Beurteilung der Zulässigkeit des Vorhabens dabei nicht zugrunde gelegt werden.

Nichts anders ergibt sich unter Berücksichtigung der vom Beklagten als Argument gegen das Vorhaben angeführten Unfallzahlen. Unabhängig davon, ob vorliegend die Bezeichnung des Bereiches um den Vorhabenstandort als „Unfallschwerpunkt“ verkehrstechnisch gerechtfertigt sein mag oder nicht, legen die im Verfahren eingebrachten Stellungnahmen des zuständigen Staatlichen Bauamtes nicht nahe, dass vorliegend eine besondere Gefährdung der Sicherheit des Verkehrs zu besorgen wäre. Insbesondere das mit Schreiben des Beklagten vom 1. Februar 2016 vorgelegte Schreiben des Staatlichen Bauamtes ... vom 11. Dezember 2015 samt beigefügtem Datenauszug zu den Unfallzahlen, lässt diese Schlussfolgerung nicht zu. In dem Datenauszug sind laut dem Schreiben des Staatlichen Bauamts Unfälle seit 2011 dargestellt; aus dem Zusammenhang mit dem Schreiben vom 11. Dezember 2015 ersichtlich deckt der Datenauszug also fünf Jahre ab. Für einen derart großen Zeitraum erscheinen dem Gericht die Unfallzahlen (4 Leichtverletzte, 2 Schwerverletzte sowie 1 Toter; die übrigen Unfälle sind mangels Legende nicht zuzuordnen) nicht als außergewöhnlich hoch. Dies gilt umso mehr, wenn man bedenkt, dass es sich bei der Ortsdurchfahrt der B ... um eine Straße mit relativ hohem Verkehrsaufkommen handelt. Als Näherungswert ist (vgl. www.-stbawm.bayern.de/strassenbau/projekte/b23_kramertunnel.php) dabei ungefähr von einem Verkehrsdurchfluss von täglich etwa 15.000 - 17.000 Fahrzeugen auszugehen. Vor diesem Hintergrund lässt sich aus den im Verfahren in Bezug genommenen Unfallzahlen nichts dafür herleiten, dass die streitgegenständliche Werbeanlage die Verkehrssicherheit spürbar verschlechtern könnte. Davon ganz abgesehen, ergibt sich aus den vorgelegten Unfallzahlen ohnehin mangels Zuordnung zu bestimmten Unfallursachen nichts, was den Schluss nahelegen könnte, dass das Vorhaben die Verkehrssicherheit in irgendeiner Form merkbar beeinflussen würde.

Angesichts der ohnehin vorhandenen Werbungen (vgl. die Feststellungen im Augenschein), die auf den Straßenverkehr bereits einwirken, erscheint es auch nicht als realistisch, dass die Verkehrssicherheit in diesem Bereich der ...-straße durch eine weitere Werbeanlage signifikant sinken würde.

Schließlich sind auch die Verkehrsverhältnisse im Umgriff des Vorhabens nicht von einer derartigen Schwierigkeit, dass es die Verkehrssicherheit erfordern würde, die streitgegenständliche Werbeanlage abzulehnen. Der Einfahrtsbereich nördlich und westlich vom Vorhabenstandort wird sowohl für die Zufahrt zum Parkplatz des Supermarktes östlich als auch zur Zufahrt in die Tankstelle westlich des Vorhabens, außerdem noch zur Erschließung der Wohnhäuser Hausnr. 38 und 38 a der ...-straße genutzt. Bei der Ein- und Ausfahrt - insbesondere bezüglich der Tankstelle - ist sicherlich eine gewisse Sorgfalt der Verkehrsteilnehmer geboten, allerdings handelt es sich keineswegs um eine völlig außergewöhnliche oder verkehrsmäßig besonders schwierige Situation. Vielmehr ist vom durchschnittlichen Fahrzeugführer - der heutzutage an vielfältige Ablenkungen im Straßenverkehr gewöhnt ist - ohne weiteres zu verlangen, dass er seine Aufmerksamkeit auf den Ein- bzw. Ausbiegevorgang richtet.

Es ist auch nicht zu erwarten, dass etwa die Sichtverhältnisse durch die streitgegenständliche Werbeanlage unzumutbar erschwert würden oder ähnliches.

Nach alledem ist der Beklagte zu verpflichten, die streitgegenständliche Baugenehmigung hinsichtlich der freistehenden Werbeanlage zu erteilen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie aus § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Danach trägt der Beklagte sämtliche Kosten. Bezogen auf die streitig entschiedene Werbeanlage deswegen, weil er insoweit unterlegen ist. Bezogen auf die zweite Werbeanlage, hinsichtlich der die Beteiligten das Verfahren für erledigt haben, trägt der Beklagte die Kosten, weil er mit der insoweit erfolgten Erteilung der Baugenehmigung das erledigende Ereignis selbst herbeigeführt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 10.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2013, Beilage 2, dort Nr. 9.1.2.3.1; der Streitwert für jede der beiden Werbeanlagen wird auf jeweils 5.000,- EUR festgesetzt).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.