Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 12. Dez. 2017 - AN 15 K 17.00662

published on 12/12/2017 00:00
Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 12. Dez. 2017 - AN 15 K 17.00662
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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Ausschreibung des Klägers zur polizeilichen Beobachtung vom 2. Februar 2015 und um die Anordnung der Verlängerung der Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung des Klägers vom 22. Januar 2016.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2015 beantragte das Kriminalfachdezernat, Kommissariat …, … beim Polizeipräsidium …, Abschnitt Kriminalpolizei, die Anordnung einer Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung des Klägers gemäß Art. 36 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 i.V.m. 33 Abs. 5 PAG. Zur Begründung wurde dargelegt, der Kläger sei erstmals im Jahr 2010 strafrechtlich innerhalb von vier Wochen viermal in Erscheinung getreten. Am 1. Mai 2014 sei er als Punker dahingehend in Erscheinung getreten, dass er sich vermummt an Gewalttätigkeiten gegen Polizeieinsatzkräfte beteiligt habe. Hierbei habe er sich mit Pflastersteinen bewaffnet und ein Verkehrszeichen beschädigt. Trotz einer Verurteilung zu einem Jugendarrest sei er ein Jahr später am 1. Mai 2011 wiederum gewalttätig gegen Polizeibeamte aufgetreten und habe nach diesen getreten. Auch hier sei er zu einem Jugendarrest verurteilt worden. Am 13. April 2013 sei er durch das Polizeipräsidium … wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz zur Anzeige gebracht worden (Aktivbewaffnung bei Versammlung). Am 14. Mai 2015 sei er im Versammlungsgeschehen „NPD." strafrechtlich in Erscheinung getreten, als er Widerstand gegen polizeiliche Maßnahmen geleistet habe. Hierbei sei es zu einer Körperverletzung gekommen. Bereits einen Tag zuvor habe er sich in einer Gruppe befunden, aus der heraus ein Wahlplakat der AfD beschädigt worden sei. Wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und mehrerer Sachbeschädigungen an Kraftfahrzeugen sei der Kläger am 3. August 2014 festgenommenen und angezeigt worden. Mit zwei weiteren Personen sei der Kläger am 6. Oktober 2014 in das … Rathaus eingedrungen mit der Absicht, dort ein Transparent aus den Fenstern des zweiten Stocks zu hängen. Die Stadt … habe auf die Erstattung einer Anzeige verzichtet. Zuletzt sei der Kläger am 23. Januar 2015 strafrechtlich aktiv geworden, als er mit ca. 15-20 anderen Personen, welche teilweise vermummt gewesen seien, eine Parteiversammlung der AfD in geschlossenen Räumen gestört habe. Der Kläger sei hier wegen schweren Hausfriedensbruchs zur Anzeige gebracht worden. In seinem bisherigen Auftreten sei der Kläger wegen Beleidigung von Polizeibeamten sowie in einem neueren Fall wegen Beleidigung von JVABediensteten angezeigt worden. Aus einer zunächst jugendhaft widersetzenden Art habe sich der Kläger zwischenzeitlich bei den Autonomen etabliert und begehe mit einer Regelmäßigkeit Straftaten im Versammlungsbereich bzw. im Zusammenhang mit antifaschistischen Aktionen. Er dränge sich durch sein offenes aggressives Auftreten bei Demonstrationen oft in den Vordergrund und suche die Konfrontation mit der Polizei. Dabei wende er regelmäßig Gewalt an; insbesondere gegen Polizeibeamte. Auch Verurteilungen bewirkten keine Verhaltensänderung. Es sei eine Steigerung der Qualität zu erkennen. Der Kläger trage seine offene Ablehnung des Staates und seiner Organe offen zur Schau. Seit einiger Zeit sei er regelmäßig bei Veranstaltungen der … Autonomenszene anzutreffen. Es sei zu erwarten, dass der Kläger Gewaltstraftaten im Zusammenhang mit Versammlungen oder sonstigen politischen Aktionsformen im Bereich des Linksextremismus begehen werde. Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung solle zur Verdichtung von Informationen dienen, aus welchem genauen Personenkreis er Straftaten plane oder verübe; dies insbesondere bei Demonstrationen, um auch eventuelle Mittäter von zu erwartenden Ausschreitungen erkennen zu können. Insbesondere im Hinblick auf den bevorstehenden G7-Gipfel in … sei dies notwendig, um gegebenenfalls frühzeitig Maßnahmen zur Verhinderung von Ausschreitungen unter Teilnahme des Klägers zu verhindern. Dass der Kläger zu Straftaten fähig sei, hätten in der Vergangenheit mehrere gefährliche Körperverletzungen gegen Polizeibeamten sowie Widerstandshandlungen bewiesen.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2015 ordnete das Polizeipräsidium … durch den Polizeidirektor … die polizeiliche Beobachtung des Klägers an. Die Maßnahme war bis zum 1. Februar 2016 befristet.

Das Kriminalfachdezernat, Kommissariat …, … beantragte beim Polizeipräsidium … am 22. Januar 2016 die Verlängerung der Ausschreibung des Klägers zur polizeilichen Beobachtung. Zur Begründung wurde dargelegt, der Kläger sei in der Vergangenheit wie folgt in Erscheinung getreten:

01.05.2010

Gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung, Vg. VersammlG (Vermummung), Beleidigung Polizeibeamte

Kfd 1 … K14, SAz.

05.05.2010

Beleidigung Polizeibeamte

Kfd 1 … K14

A …

az. “

08.05.2010

Vg. VersammlG (Vermummung)

Kfd 1 … K14

A …

Az.

29.05.2010

Gefährliche Körperverletzung Polizeibeamte, Vg. VersammlG (Vermummung)

Kfd 1 … K14

A …

Az.

13.07.2010

Gemeinschaftliche Sachbeschädigung

Kpi … K5

A …

Az.

04.01.2011

Beleidigung rechts

Kfd 1 … K14

A …

Az.

01.05.2011

Gefährliche Körperverletzung gg. Polizeibeamte

Kfd 1 … K14

Az. …

13.04.2013

Vg. VersammlG (Aktivbewaffnung)

KFD 4 … K43

Az. …

24.05.2014

Körperverletzung Polizeibeamte, Widerstand gg. Vollstreckungsbeamte

Kfd 1 … K14, Saz.

31.10.2014

Beleidigung JVA-Beamte

KFD 1 … K14 Az …

23.01.2015

Schwerer Hausfriedensbruch

KFD 1 … K14 Az …

09.04.2015

Beleidigung Polizeibeamte (Verfahren noch offen)

KFD 1 … K14 Az …

18.04.2015

Nötigung bei Versammlung rechts (Verfahren noch offen)

Kpi … K5, Az.

Trotz mehrerer Verurteilungen habe der Kläger auch im Zeitraum der bisherigen Ausschreibung weitere Straftaten begangen, wobei diese alle einen Versammlungsbezug aufgewiesen hätten. Am 9. April 2015 habe der Kläger bei einer Pegida-Versammlung einen Polizeibeamten verletzt, wobei dies in aggressiver und drohender Haltung geschehen sei. Einige Tage später, am 18. April 2015, sei der Kläger Täter eine Nötigung zusammen mit weiteren Linksextremisten in … gewesen, als diese bei einer Versammlung die Abfahrt eines Rechten blockiert hätten. Nach wie vor dränge sich der Kläger durch sein offenes und aggressives Auftreten bei Demonstrationen oft in den Vordergrund und suche die Konfrontation mit der Polizei. Dabei wende er regelmäßig Gewalt an; insbesondere gegen Polizeibeamte. Er begehe mit einer Regelmäßigkeit Straftaten im Versammlungsbereich bzw. im Zusammenhang mit antifaschistischen Aktionen. Es sei zu erwarten, dass der Kläger weiterhin Gewaltstraftaten im Zusammenhang mit Versammlungen oder sonstigen politischen Aktionsformen im Bereich des Linksextremismus begehen werde und hierbei seine politischen Ziele mit Gewalt durchsetze.

Das Polizeipräsidium … verlängerte am 22. Januar 2016 durch Kriminaldirektor … die Beobachtung des Klägers im Sinne des Art. 36 PAG befristet bis zum 1. Februar 2017.

Das Polizeipräsidium … teilte dem Kläger mit Schreiben vom 7. März 2017 mit, dass er vom 2. Februar 2015 bis 1. Februar 2017 von einer gefahrenabwehren den Maßnahme gemäß Art. 36 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 i.V.m. Art. 33 Abs. 5 PAG betroffen gewesen sei. Die diesem Zusammenhang erhobenen Daten würden gelöscht, sofern sich der Kläger nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Benachrichtigung mit einem Rechtsbehelf gegen die Maßnahme wende. Diese Benachrichtigung erfolge aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung gemäß Art. 33 Abs. 7 PAG.

Der Kläger ließ durch Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. April 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erheben mit dem Antrag,

festzustellen, dass die Anordnung der Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung des Klägers vom 2. Februar 2015 und die Anordnung der Verlängerung der Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung des Klägers vom 22. Januar 2016 rechtswidrig waren.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, die Fortsetzungsfeststellungsklage sei gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Durch die Anordnung der polizeilichen Beobachtung und deren Verlängerung liege eine schwerwiegende Grundrechtsbeeinträchtigung des Klägers vor. Somit sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse gegeben. Die Anordnung der Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung sei formell und materiell rechtswidrig. Die Anordnung vom 2. Februar 2015 sei nicht begründet worden. Der einfache Verweis darauf, dass der Sachverhalt geprüft und eine polizeiliche Beobachtung angeordnet worden sei, entspreche nicht den Ansprüchen, die an eine Begründung der Anordnung zur Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung zu stellen seien. Die Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 PAG lägen nicht vor. Die vom Kläger begangenen Straftaten seien nicht in Art. 30 Abs. 5 PAG aufgezählt und seien auch nicht vergleichbar mit den dort genannten Katalogtaten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass polizeiliche Beobachtungen vor allem der vorbeugenden Bekämpfung von Schwerstkriminalität dienten. Solche Delikte sei nicht mit den Straftaten zu vergleichen, die der Kläger begangen habe. Der schwerste Vorwurf sei eine gefährliche Körperverletzung. Auch seien Delikte aufgeführt, für die der Kläger nicht verurteilt worden sei.

Das Polizeipräsidium … beantragte mit Schreiben vom 26. Juni 2017

Klageabweisung.

Der Kläger sei im Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis 18. März 2015 im Wesentlichen wegen politisch motivierter Straftaten während oder anlässlich von Demonstrationen auffällig geworden. Dabei sei es in vier Fällen zu Verurteilungen zu Jugendarrest und gemeinnütziger Arbeit gekommen. In den übrigen Fällen habe es eine Einstellung aus Opportunitätsgründen gegeben. Die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung sei rechtmäßig gewesen. Die Anordnung der Ausschreibung zur Beobachtung nehme explizit Bezug auf die Begründung im Schreiben vom 2. Februar 2015. In der Gesamtschau werde erkennbar, dass der anordnende Kriminaldirektor den Sachverhalt unter Berücksichtigung der beigefügten Begründung geprüft und aufgrund dessen die polizeiliche Beobachtung angeordnet habe. Auch die Verlängerung der Laufzeit vom 22. Januar 2016 sei begründet. Zum Zeitpunkt der Anordnung der polizeilichen Beobachtung habe der Kläger bereits Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen. Die Aufzählung der Straftaten in Art. 30 Abs. 5 Satz 2 PAG sei nicht abschließend. Der Kläger sei insbesondere wegen Vergehen der versuchten gefährlichen Körperverletzung und der einfachen Körperverletzung zum Nachteil von Polizeibeamten und dem Vergehen des schweren Hausfriedensbruchs in Erscheinung getreten. Im Wesentlichen sei der Kläger wegen politisch motivierter Straftaten anlässlich oder während einer Versammlung aufgefallen. Bei der Gefahrenabwehr könne nicht das Strafmaß allein ausschlaggebend sein. Maßgeblicher Gesichtspunkt in der Abwägung seien vielmehr die Gefahren, die für die öffentliche Sicherheit und Ordnung von den jeweiligen Straftaten ausgingen. Ziel sei vielmehr gerade die Verhinderung schwerer Folgen und Rechtsgutsbeeinträchtigungen. Die Gesamtwürdigung des Klägers und dessen bereits begangener Straftaten ergäben, dass der Kläger als gewaltbereite Person des linksextremistischen Spektrums eingestuft werde. Besondere Kennzeichen der von ihm verübten Straftaten seien die Kontinuität über einen mehrjährigen Zeitraum und die zugrundeliegende politische Motivation, mit der gegen andersdenkende Personen und/oder Vertreter des Staates vorgegangen werde. Die begangenen Straftaten seien als Straftaten von erheblicher Bedeutung außerhalb des Katalogs des Art. 30 Abs. 5 PAG eingestuft, weil sie aufwieglerischen und gewalttätigen Charakter hätten und damit in einem Höchstmaß geeignet seien, auf andere etwaige gewaltgeneigte Personen motivierend einzuwirken und grundsätzlich friedlichen Versammlungsverläufen und dem darin ausgeübten Grundrecht der Versammlungsfreiheit unbeteiligter Dritter entgegenzuwirken. Zudem sprächen die Anzahl der Delikte und die darin zum Ausdruck kommende Bereitschaft, die körperliche Unversehrtheit und Gesundheit anderer Menschen wie auch des Eigentums Dritter massiv und in aggressiver Weise zu verletzen, und die dadurch zutage getretene kriminelle Energie in ihrer Gesamtgewichtung dafür, dass die begangenen Straftaten mit den ausdrücklich genannten Straftaten in Art. 30 Abs. 5 PAG gleichzustellen seien. Wegen der Art oder Ausführung der Taten und der Persönlichkeit des Klägers bestehe Grund zu der Annahme, dass der Kläger auch weiterhin Straftaten in nicht unerheblichem Ausmaß bzw. von erheblicher Bedeutung begehen werde. Die Anordnung der polizeilichen Beobachtung wie auch deren Fristverlängerung seien mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar gewesen. Ermessensfehler seien nicht erkennbar.

Mit Schriftsatz vom 29. November 2017 vertiefte der Klägervertreter sein bisheriges Vorbringen.

In der mündlichen Verhandlung am 12. Dezember 2017 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Die Beteiligten wiederholten die schriftsätzlich gestellten Anträge.

Wegen der übrigen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und hat somit keinen Erfolg. Die Klage ist zulässig.

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft. Eine analoge Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist in den Fällen, in denen sich ein Verwaltungsakt vor Klageerhebung erledigt hat - wie dies hier aufgrund des Zeitablaufs der Anordnungen der polizeilichen Beobachtungen des Klägers der Fall ist -, allgemein anerkannt. Entgegen der Auffassung der Klägerseite handelt es sich bei der Anordnung der polizeilichen Beobachtung um einen Verwaltungsakt. Das für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes im Sinne des Art. 35 BayVwVfG erforderliche Merkmal der Außenwirkung ist gegeben. Die polizeiliche Beobachtung zielt nicht nur darauf ab, im Innenbereich einer Behörde Wirkung zu entfalten, sondern ist auch unmittelbar an den Kläger als außerhalb der Behörde stehendes Rechtssubjekt gerichtet. Dieses Verständnis von der Rechtsqualität der polizeilichen Beobachtung folgt auch aus Art. 36 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 PAG, wonach die Personen, gegen die die Maßnahme nach Art. 36 Abs. 1 PAG gerichtet war, von der Maßnahme zu unterrichten sind. Unerheblich ist, dass die polizeiliche Beobachtung nicht nach Art. 41 BayVwVfG dem Kläger bekanntgegeben wurde. Da es sich bei der polizeilichen Beobachtung um eine verdeckte Maßnahme handelt, würde die Bekanntgabe der Maßnahme dem Zweck der polizeilichen Maßnahme zuwiderlaufen. Somit liegt ein gesetzlich geregelter Sonderfall vor, in dem die vorherige Bekanntgabe des Verwaltungsaktes für die Wirksamkeit der Maßnahme nicht erforderlich ist (vgl. zur Vorschrift des Art. 9 Abs. 1 PAG: BayVGH, U.v. 25.2.1991 - 21 B 90.01727).

Der Kläger besitzt auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art.19 Abs. 4 GG besteht bei sich erledigenden Polizeimaßnahmen, gegen die ein Rechtschutz vor der Erledigung der Maßnahme nicht zu erreichen ist, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse schon dann, wenn ein besonders schwerwiegender Grundrechtseingriff festzustellen ist (vgl. BVerfG, B.v. 7.12.1998 - 1 BvR 831/89 - juris). Im vorliegenden Fall liegt ein tiefer Eingriff in das in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Schutz der Privatsphäre und in das ebenfalls aus

Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG abgeleitete Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor. Daher besteht ein berechtigtes Interesse an der nachträglichen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der polizeilichen Beobachtung.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die streitgegenständliche polizeiliche Beobachtung des Klägers war rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in analoger Anwendung).

Rechtsgrundlage für die polizeiliche Beobachtung des Klägers ist Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 PAG. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei personenbezogene Daten, insbesondere die Personalien eine Person sowie das amtliche Kennzeichen des von ihr benutzten Kraftfahrzeuges, zur polizeilichen Beobachtung ausschreiben, wenn die Gesamtwürdigung der Person und ihrer bisher begangenen Straftaten erwarten lassen, dass sie auch künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird und die polizeiliche Beobachtung zur vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erforderlich ist. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Fahndungsform, bei der verschiedene polizeiliche Zufallserkenntnisse zusammengetragen werden (vgl. Berner/Köhler/Maß, PAG, Art. 36, Rn. 1).

Die Anordnung der polizeilichen Beobachtung des Klägers ist formell rechtmäßig. Der Beklagte hat die Vorgabe des Art. 36 Abs. 3 Satz 1 PAG beachtet, wonach die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung nur durch die in Art. 33 Abs. 5 Sätze 1 und 2 PAG genannten Stelle angeordnet werden darf. Nach diesen Vorschriften darf die polizeiliche Beobachtung nur vom Leiter eines Präsidiums der Landespolizei oder des Landeskriminalamtes angeordnet werden, wobei die Anordnungsbefugnis nach Art. 33 Abs. 5 Satz 2 PAG auf Beamte des höheren Polizeivollzugsdienst übertragen werden kann. Von dieser Möglichkeit hat der Beklagte Gebrauch gemacht, indem Kriminaldirektor … die Anordnungen zur polizeilichen Beobachtung erlassen hat.

Die Anordnungen wurden entsprechend der Ziffer 36.5 der Vollzugsbekanntmachung zum PAG auch aktenkundig gemacht. Eine darüber hinausgehend Begründung der Anordnungen im Sinne des Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG hält das erkennende Gericht für nicht erforderlich, da der mit der Begründungspflicht einhergehende Zweck, dem Betroffenen Kenntnis über die Gründe, die die Behörde zum Erlass eines Verwaltungsaktes veranlasst haben, zu geben, hier mangels Bekanntgabeerfodernis der streitgegenständlichen Verwaltungsakte nicht einschlägig ist. Auch fordert Art. 36 Abs. 3 PAG anders als die Regelung des Art. 33 Abs. 5 Satz 4 PAG gerade keine schriftliche Begründung der Anordnung. Selbst wenn man eine Begründung der Anordnungen für erforderlich hielte, hat der anordnende Kriminaldirektor … durch die Bezugnahmen auf die Anträge des Kriminalfachdezernats ..., Kommissariat …, … zum Ausdruck gebracht, aus welchen Gründen er die Ausschreibungen zur polizeilichen Beobachtung des Klägers verfügt hat.

Die Anordnungen waren materiell rechtmäßig.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 36 Abs. 1 Nr. 1 PAG waren erfüllt.

Die Gesamtwürdigung des Klägers und seiner bisher begangenen Straftaten ließen erwarten, dass der Kläger auch zukünftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen wird.

Zunächst ist festzuhalten, dass der Kläger in der Vergangenheit zumindest zwei Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen hat. Hierbei handelt es sich um die versuchte gefährliche Körperverletzung vom 1. Mai 2010 und die vollendete gefährliche Körperverletzung vom 1. Mai 2011 jeweils begangen zu Lasten von Polizeibeamten im Rahmen von Versammlungsteilnahmen, wegen derer der Kläger durch die Urteile des Amtsgerichts … vom 21. Oktober 2010 und 9. Februar 2012 auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurde.

Bei diesen Straftaten handelt es sich um Straftaten von erheblicher Bedeutung. Der Begriff der Straftat von erheblicher Bedeutung ist in Art. 30 Abs. 5 Satz 2 PAG legaldefiniert. Dabei handelt es sich über um die in Art. 30 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 genannten Verbrechen hinaus um die in § 138 StGB genannten Vergehen sowie um die gewerbs- oder bandenmäßig begangenen Vergehen nach den §§ 243, 244, 253, 260, 263 a, 265 b, 266, §§ 283, 283 a, 291, 324 bis 330 a StGB, § 52 Abs. 1 Nr. 1 des Waffengesetzes, § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 oder § 29 a Abs. 1 Nr. 2 des Betäubungsmittelgesetzes oder § 96 des Aufenthaltgesetzes. Diese Aufzählung ist indes nicht abschließend, wie der Gesetzeswortlaut („insbesondere“) zeigt. Eine Straftat von erheblicher Bedeutung muss mindestens dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzurechnen sein, den Rechtsfrieden empfindlich stören und dazu geeignet sein, das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich zu beeinträchtigen (vgl. BGH, B.v. 7.8.2013 - 1 StR 156/13). Im Fall der nicht im Katalog des Art. 30 Abs. 5 Satz 2 PAG aufgeführten Straftaten muss die jeweilige Straftat einer vergleichenden Bewertung mit den dort enthaltenen Delikten im Hinblick auf ihr konkretes Gewicht unterzogen werden. Dabei ist nicht auf den abstrakten Charakter des Straftatbestands, sondern auf die Art und Schwere der begangenen Tat abzustellen (vgl. BecKOK Bayern/Petri, PAG, Art, 30 Rn. 3). In Anwendung dieser allgemeinen Grundsätze hat der Kläger Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen. Der Kläger hat am 1. Mai 2010 und am 1. Mai 2011 bei Demonstrationen aus der anonymen Masse heraus Polizeibeamte verletzt bzw. versucht zu verletzen, indem er zum einen eine Bierflasche auf Polizeibeamte geworfen und zum anderen einen Polizeibeamten mit dem Fuß gegen das Knie getreten hat. Diese Delikte der gefährlichen Körperverletzung bzw. der versuchten gefährlichen Körperverletzung, die vom Kläger nicht in Abrede gestellt werden und aufgrund derer der Kläger sich strafrechtlich verantworten musste, stören das Gefühl der Rechtssicherheit der Bevölkerung erheblich und sind geeignet, den Rechtsfrieden erheblich zu stören, da sie gegen Polizeibeamte und somit gegen eine Personengruppe gerichtet waren, die von der Allgemeinheit dazu beauftragt wird und deren Aufgabe es ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufrechtzuerhalten und Gefahren für die Allgemeinheit abzuwehren. Hinzu kommt insoweit, dass die Straftaten im Zusammenhang mit der Teilnahme des Klägers an Demonstrationen begangen wurden und der Kläger durch sein Verhalten friedliche Demonstrationsteilnehmer möglicherweise von der Wahrnehmung ihrer Grundrechte aus Art. 5 und 8 GG abgehalten hat. Aufgrund dessen, dass § 224 Abs. 1 StGB für eine gefährliche Körperverletzung eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren vorsieht, sind die vom Kläger begangenen Straftaten auch dem Bereich der mittleren Kriminalität zuzuordnen.

Darüber hinaus zeigt die Beteiligung des Klägers an weiteren politisch motivierten Straftaten, die von der Klägerseite nicht substantiiert in Frage gestellt wird, dass der Kläger eine Persönlichkeit aufweist, die zur Durchsetzung politischer Überzeugungen nicht davor zurückschreckt, den erlaubten Rahmen politscher Betätigungsmöglichkeiten zu überschreiten.

Nach alldem war zu befürchten, dass der Kläger auch künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen würde. Für das Bestehen einer Wiederholungsgefahr sprach dabei insbesondere, dass der Kläger in der Vergangenheit nicht nur einmal eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat, sondern derartige Straftatbestände wiederholt verwirklicht hat.

Die polizeiliche Beobachtung des Klägers war zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung auch erforderlich. Mildere Mittel, die zur Zweckerreichung in gleichem Maße geeignet gewesen wären, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kamen eine Gefährderansprache oder eine kurzzeitige polizeiliche Observation des Klägers als mildere Mittel nicht in Frage, um den von dem Kläger ausgehenden Gefahren zu begegnen. Da der Kläger bei der Begehung der Körperverletzungsdelikte im Rahmen von Versammlungen gemeinsam mit anderen Personen auftrat, war es geboten, im Rahmen einer polizeilichen Beobachtung auch den Aufenthalt den Klägers und mögliche Kontaktpersonen des Klägers zu ermitteln und die dabei gewonnenen Erkenntnisse zusammenführen.

Die Maßnahmen des Beklagten sind auch verhältnismäßig im engeren Sinn und führen nicht zu einem Nachteil, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis im Sinne des Art. 4 Abs. 2 PAG steht. Die streitgegenständlichen Maßnahmen sind zwar mit einem Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden (BVerfG, B.v. 1.6.2006 - 1 BvR 2293/03 - juris). Angesichts der vorstehend dargestellten Tatumstände und der Persönlichkeit des Klägers stehen die Maßnahmen zu dem mit ihnen verfolgten Zweck, weitere Straftaten von erheblicher Bedeutung zu verhindern, nicht außer Verhältnis, zumal entsprechend Art. 36 Abs. 3 PAG die Vorgabe der zeitlichen Befristung der polizeilichen Beobachtung des Klägers durch den Beklagten beachtet wurde, die Voraussetzungen der polizeilichen Beobachtung nach einem Jahr durch den Beklagten überprüft wurden und die Maßnahme insgesamt lediglich auf zwei Jahre beschränkt wurde.

Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Ermessensentscheidung des Beklagten, die dieser nach Art. 5 PAG getroffen hat und die durch die Kamer gemäß der Vorgabe des § 114 Satz 1 VwGO nur in Hinblick auf das Vorliegen von Ermessensfehlern überprüft werden kann, sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat insbesondere sich vom Zweck der Ermächtigung leiten lassen und damit die Vorgabe des Art. 40 BayVwVfG eingehalten. Der Umstand, dass der Beklagte die polizeiliche Beobachtung des Klägers im Jahr 2015 erstmalig angeordnet hat, obgleich der Kläger bereits im Jahr 2012 wegen der Körperverletzung vom 1. Mai 2011 strafrechtlich belangt wurde, führt nicht zu einem Ermessensfehlgebrauch. Zum einen unterliegen polizeiliche Eingriffsbefugnisse nicht der Verwirkung, zum anderen durfte der Beklagte zuwarten, um zu klären zu können, ob und in welchem Umfang das Urteil des Amtsgerichts … vom 9. Februar 2012 zu einer Verhaltensänderung des Klägers geführt hat.

Die Klage ist nach alldem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 07/08/2013 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 156/13 vom 7. August 2013 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu 1.: Vortäuschens einer Straftat zu 2.: Beihilfe zum Vortäuschen einer Straftat Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. August 2013 beschlo
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung

1.
(weggefallen)
2.
eines Hochverrats in den Fällen der §§ 81 bis 83 Abs. 1,
3.
eines Landesverrats oder einer Gefährdung der äußeren Sicherheit in den Fällen der §§ 94 bis 96, 97a oder 100,
4.
einer Geld- oder Wertpapierfälschung in den Fällen der §§ 146, 151, 152 oder einer Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in den Fällen des § 152b Abs. 1 bis 3,
5.
eines Mordes (§ 211) oder Totschlags (§ 212) oder eines Völkermordes (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Kriegsverbrechens (§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder eines Verbrechens der Aggression (§ 13 des Völkerstrafgesetzbuches),
6.
einer Straftat gegen die persönliche Freiheit in den Fällen des § 232 Absatz 3 Satz 2, des § 232a Absatz 3, 4 oder 5, des § 232b Absatz 3 oder 4, des § 233a Absatz 3 oder 4, jeweils soweit es sich um Verbrechen handelt, der §§ 234, 234a, 239a oder 239b,
7.
eines Raubes oder einer räuberischen Erpressung (§§ 249 bis 251 oder 255) oder
8.
einer gemeingefährlichen Straftat in den Fällen der §§ 306 bis 306c oder 307 Abs. 1 bis 3, des § 308 Abs. 1 bis 4, des § 309 Abs. 1 bis 5, der §§ 310, 313, 314 oder 315 Abs. 3, des § 315b Abs. 3 oder der §§ 316a oder 316c
zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
von der Ausführung einer Straftat nach § 89a oder
2.
von dem Vorhaben oder der Ausführung einer Straftat nach § 129a, auch in Verbindung mit § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2,
zu einer Zeit, zu der die Ausführung noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterlässt, der Behörde unverzüglich Anzeige zu erstatten. § 129b Abs. 1 Satz 3 bis 5 gilt im Fall der Nummer 2 entsprechend.

(3) Wer die Anzeige leichtfertig unterläßt, obwohl er von dem Vorhaben oder der Ausführung der rechtswidrigen Tat glaubhaft erfahren hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.1 oder 1.3.4 eine dort genannte Schusswaffe oder einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
2.
ohne Erlaubnis nach
a)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine Schusswaffe oder Munition erwirbt, um sie entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 einem Nichtberechtigten zu überlassen,
b)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1 erwirbt, besitzt oder führt,
c)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1 oder § 21a eine Schusswaffe oder Munition herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
d)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Absatz 1 Satz 1 oder § 32 Absatz 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition in den oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder mitnimmt,
3.
entgegen § 35 Abs. 3 Satz 1 eine Schusswaffe, Munition oder eine Hieb- oder Stoßwaffe im Reisegewerbe oder auf einer dort genannten Veranstaltung vertreibt oder anderen überlässt oder
4.
entgegen § 40 Abs. 1 zur Herstellung eines dort genannten Gegenstandes anleitet oder auffordert.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.2 bis 1.2.4.2, 1.2.5, 1.3.1 bis 1.3.3, 1.3.5 bis 1.3.8, 1.4.1 Satz 1, Nr. 1.4.2 bis 1.4.4 oder 1.5.3 bis 1.5.7 einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt,
2.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1
a)
eine Schusswaffe erwirbt, besitzt, führt oder
b)
Munition erwirbt oder besitzt,
wenn die Tat nicht in Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a oder b mit Strafe bedroht ist,
3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe herstellt, bearbeitet oder instand setzt,
4.
ohne Erlaubnis nach § 2 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit
a)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat verbringt oder
b)
§ 32 Absatz 1a Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition in einen anderen Mitgliedstaat mitnimmt,
5.
entgegen § 28 Abs. 2 Satz 1 eine Schusswaffe führt,
6.
entgegen § 28 Abs. 3 Satz 2 eine Schusswaffe oder Munition überlässt,
7.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine erlaubnispflichtige Schusswaffe oder erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt,
7a.
entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 5 Satz 1 eine dort genannte Vorkehrung für eine Schusswaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig trifft und dadurch die Gefahr verursacht, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird,
8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
9.
entgegen § 42 Abs. 1 eine Waffe führt oder
10
entgegen § 57 Abs. 5 Satz 1 den Besitz über eine Schusswaffe oder Munition ausübt.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 Buchstabe b, c oder d oder Nr. 3 oder des Absatzes 3 Nummer 1 bis 7, 8, 9 oder 10 fahrlässig, so ist die Strafe bei den bezeichneten Taten nach Absatz 1 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, bei Taten nach Absatz 3 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes handelt.

(6) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.