Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz Beschluss, 30. Okt. 2015 - VGH B 14/15
Gericht
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
A.
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Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer, der Abgeordneter des Landtags Rheinland-Pfalz und von seiner Partei nominierter Bewerber um das Direktmandat im Wahlkreis 5 – Bad Marienberg (Westerwald)/ Westerburg – für die Wahl zum 17. Landtag Rheinland-Pfalz am 13. März 2016 ist, gegen die Neueinteilung des Wahlgebiets in Wahlkreise, konkret den Neuzuschnitt einzelner Wahlkreise.
I.
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Der Beschwerdeführer ist von seiner Partei nominierter Bewerber um das Direktmandat im Wahlkreis 5 – Bad Marienberg (Westerwald)/Westerburg – für die Wahl zum 17. Landtag Rheinland-Pfalz am 13. März 2016. Bereits im Jahr 2011 hatte er sich bei der Wahl zum 16. Landtag in diesem Wahlkreis, allerdings ohne Erfolg, um das Direktmandat beworben. Er wurde über die Landesliste seiner Partei gewählt und gehört seit dem 18. Mai 2011 dem Landtag an.
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1. Am 14. Oktober 2014 beschloss der Landtag das Siebte Landesgesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes vom 23. Oktober 2014 (GVBl. S. 232 – LWahlÄndG –). Gemäß Art. 1 Nr. 2 dieses Gesetzes erhält die Anlage zu § 9 Abs. 2 Satz 2, aus der sich die Einteilung der nach § 9 Abs. 2 Satz 1 Landtagswahlgesetz – LWahlG – gebildeten vier Bezirke in 51 Wahlkreise (§ 9 Abs. 1 LWahlG) ergibt, eine neue Fassung. Durch diese Neufassung der Wahlkreisbeschreibung wird der Zuschnitt von 23 der insgesamt 51 Wahlkreise verändert, darunter auch der des Wahlkreises 5 – Bad Marienberg (Westerwald)/Westerburg –. Die übrigen 28 Wahlkreise bleiben unverändert.
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Nachdem der Wahlkreis 5 – Bad Marienberg (Westerwald)/Westerburg – vor der Neufassung vom Westerwaldkreis die Verbandsgemeinden Bad Marienberg (Westerwald), Hachenburg, Rennerod, Selters (Westerwald) und Westerburg umfasst hat, umfasst er nun vom Westerwaldkreis die Verbandsgemeinden Bad Marienberg (Westerwald), Hachenburg, Selters (Westerwald) und Westerburg, d.h. die Verbandsgemeinde Rennerod wird durch die Gesetzesänderung herausgelöst. Diese Verbandsgemeinde wiederum wird dem Wahlkreis 1 – Betzdorf/Kirchen (Sieg) – zugeschlagen, der ansonsten unverändert bleibt (vgl. auch die grafische Darstellung der Neueinteilung in LT-Drucks. 16/3970, S. 9).
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2. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf vom 16. September 2014 (LT-Drucks. 16/3970) heißt es hierzu, die Vorschläge zur Fortentwicklung der Wahlkreiseinteilung orientierten sich vor allem an den folgenden Grundsätzen: Die Zahl der Wahlkreise in den vier Bezirken solle deren Bevölkerungsanteil möglichst entsprechen, die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises dürfe von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise nicht um mehr als 25 v.H. nach oben oder unten abweichen, jeder Wahlkreis solle ein zusammenhängendes Gebiet bilden und die politischen Grenzen der Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise sollten nach Möglichkeit eingehalten werden. Hinzu kämen weitere, in der Begründung zu dem Gesetzentwurf im Einzelnen angeführte Grundsätze und Gesichtspunkte. Dies sei zum einen, dass die durch die Wahlkreisstimme geknüpfte engere persönliche Beziehung des Wahlkreisabgeordneten zu dem Wahlkreis einer gewissen Kontinuität bedürfe. Es liefe dem Prinzip der demokratischen Repräsentation zuwider, wenn Wahlkreise häufig räumlich verändert würden. Zum andern seien räumliche, historische, landsmannschaftliche und strukturelle Gesichtspunkte bedacht worden. Schließlich sei darüber hinaus die langfristige Bevölkerungsentwicklung in den Blick genommen worden. Im Verhältnis zum verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Wahl, dem die Einführung der 25 v.H.-Toleranzgrenze zur Erreichung annähernd gleich großer Wahlkreise vornehmlich diene, seien diese sonstigen Grundsätze und Gesichtspunkte allerdings von nachgeordneter Bedeutung (vgl. LT-Drucks. 16/3970, S. 9).
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Die Wahlkreiseinteilung werde daher unter Berücksichtigung der im Zuge der Kommunal- und Verwaltungsreform bereits vorgenommenen Gebietsänderungen so fortentwickelt, dass kein Wahlkreis mehr als 25 v.H. von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise abweiche. Ab der nächsten Wahlperiode des Landtags werde dies gemäß Art. 1 Nr. 1 LWahlÄndG auch in § 9 LWahlG nachvollzogen (dessen Neufassung gemäß Art. 2 Nr. 1 mit Ablauf des Tages, an dem der 17. Landtag zusammentritt, in Kraft tritt), wonach die bis dahin – also auch jetzt noch – geltende absolute gesetzliche Toleranzgrenze für Wahlkreisabweichungen von 33 1/3 v.H. auf 25 v.H. abgesenkt und als Bemessungsgrundlage für die Größe der Wahlkreise nicht mehr auf die Bevölkerungszahl, sondern auf die Zahl der Stimmberechtigten abgestellt wird. Trotzdem werde die niedrigere 25 v.H.-Toleranzgrenze bereits jetzt zugrunde gelegt, um verfassungsrechtlichen Bedenken des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags im Hinblick auf die 33 1/3-Toleranzgrenze Rechnung zu tragen, die dieser für zu hoch erachte (vgl. LT-Drucks. 16/3970, S. 2, 8 f.).
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Die Verkleinerung des Wahlkreises 5 – Bad Marienberg (Westerwald)/Westerburg – und die Vergrößerung des Wahlkreises 1 – Betzdorf/Kirchen (Sieg) – dienten der Einhaltung dieser 25 v.H.-Toleranzgrenze für Bevölkerungsabweichungen der Wahlkreise untereinander. Unter Zugrundelegung der Bevölkerungszahlen des Statistischen Landesamtes nach dem Stand vom 31. Dezember 2013 würde nach bisherigem Zuschnitt der Wahlkreis 5 – Bad Marienberg (Westerwald)/Westerburg – eine Abweichung von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise von +29,1 v.H. aufweisen und der Wahlkreis 1 – Betzdorf/Kirchen (Sieg) – von -26,7 v.H. Beide Wahlkreise würden damit die 25 v.H.-Toleranzgrenze unzulässiger Weise über- bzw. unterschreiten. Mit der vorgenommenen gesetzlichen Neufassung werde die 25 v.H.-Toleranzgrenze demgegenüber mit einer Abweichung von dann nur noch +7,1 v.H. (Wahlkreis 5) bzw. -4,7 v.H. (Wahlkreis 1) eingehalten. Durch die Zuordnung der Verbandsgemeinde Rennerod vom Wahlkreis 5 an den Wahlkreis 1 sollten so in einem Schritt für zwei Wahlkreise die über der 25 v.H.-Toleranzgrenze liegenden Bevölkerungsabweichungen beseitigt werden. Die Verbandsgemeinde Rennerod habe eine gemeinsame Grenze mit der im Wahlkreis 1 liegenden Verbandsgemeinde Herdorf-Daaden, auch wenn diese nicht besonders lang sei. Darüber hinaus bestünden gemeinschaftliche Interessen schon mit Blick auf die räumliche Situation im Grenzdreieck Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahlen anderer Wahlkreise komme alternativ lediglich eine Zuordnung der Verbandsgemeinde Bad Marienberg (Westerwald) an den Wahlkreis 1 oder den Wahlkreis 2 in Betracht. Allerdings würde der Wahlkreis 5 dann seine Namensgeberin verlieren (vgl. LT-Drucks. 16/3970, S. 9 f., 14).
II.
- 8
Mit seiner Rechtssatzverfassungsbeschwerde begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung oder Teilaufhebung der Wahlkreisbeschreibung in der Anlage zu § 9 Abs. 2 Satz 2 LWahlG in der Fassung des Siebten Landesgesetzes zur Änderung des Landeswahlgesetzes vom 23. Oktober 2014. Er macht geltend, durch die Wahlkreisbeschreibung in der Anlage zu § 9 Abs. 2 Satz 2 LWahlG in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt zu sein. Dies gelte insbesondere, soweit die Einteilung der Wahlkreise 1 und 5 betroffen sei. Die Einteilung dieser beiden Wahlkreise sei parteipolitisch motiviert und verstoße gegen verfassungsrechtliche Wahlgrundsätze sowie das allgemeine Willkürverbot.
- 9
Die Einteilung eines Wahlkreises berühre neben der quantitativen Frage der Abweichung der Bevölkerungszahl bzw. der Zahl der Wahlberechtigten insbesondere auch die Bedingungen der politischen Konkurrenz. Die politische Mehrheit dürfe sich nicht vom Ziel des eigenen Machterhalts leiten lassen, sondern nur von gemeinwohlbezogenen Erwägungen. Andernfalls sei die Wahlkreiseinteilung willkürlich und damit verfassungswidrig. Damit die Einhaltung dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe überprüft werden könne, müsse der Gesetzgeber die Grundlagen seiner Abwägungsentscheidung für die konkrete Einteilung der Wahlkreise hinreichend dokumentieren.
- 10
Aus der dem Gesetzentwurf beigegebenen Begründung ergebe sich, dass der Wechsel der Verbandsgemeinde Rennerod vom Wahlkreis 5 in den Wahlkreis 1 nicht das Ergebnis einer sachgerechten und willkürfreien Abwägung sei. Zwischen der Verbandsgemeinde Rennerod und dem Wahlkreis 1 (alt) bestehe eine gemeinsame Grenze von lediglich 750 Metern. Diese liege darüber hinaus auf einem nur eingeschränkt zugänglichen ehemaligen Truppenübungsplatz. Eine unmittelbare Straßenverbindung existiere nicht. Der Wahlkreis 1 (neu) stelle sich so als unharmonisches, schlauchartiges Gebilde dar. Es sei kein sachlicher Grund für eine Zuordnung der Verbandsgemeinde Rennerod zum Wahlkreis 1 ersichtlich.
- 11
Sachlich zutreffend sei demgegenüber der seinerzeitige Vorschlag des Landeswahlleiters vom 20. Mai 2014, der den Wechsel der Verbandsgemeinde Marienberg vom Wahlkreis 5 in den Wahlkreis 1 vorgeschlagen habe. Dieser Vorschlag sei (zugunsten des schließlich realisierten Wechsels der Verbandsgemeinde Rennerod) von der Landesregierung und vom Gesetzgeber aus rein parteipolitischen Motiven verworfen worden. Ein Wechsel der Verbandsgemeinde Hachenburg vom Wahlkreis 5 in den Wahlkreis 1 sei ferner vom Gesetzgeber erst gar nicht in Erwägung gezogen worden. Der Beschwerdeführer meint insoweit, durch den Verbleib dieser beiden Verbandsgemeinden im Wahlkreis 5 solle dort dem SPD-Wahlkreisbewerber das Direktmandat abgesichert werden. In beiden Verbandsgemeinden habe dieser bei der Landtagswahl 2011 über 50 v.H. der Wahlkreisstimmen erzielt. In der Verbandsgemeinde Rennerod habe er, der Beschwerdeführer, demgegenüber bei den Wahlkreisstimmen vor seinem Konkurrenten gelegen. Verstärkt werde dieser Eindruck dadurch, dass es sich bei seinem Gegenkandidaten von der SPD um den zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch amtierenden Fraktionsvorsitzenden der SPD im Landtag gehandelt habe. Bei einem Wechsel der Verbandsgemeinde Hachenburg würde dieser darüber hinaus seinen „Heimatwahlkreis“ verlieren, da er dort wohne. Dies aber sei kein Grund, stattdessen zu seinem, des Beschwerdeführers, Nachteil den Wechsel der Verbandsgemeinde Rennerod vorzunehmen.
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Durch die von dem Beschwerdeführer mit seiner Rechtssatzverfassungsbeschwerde begehrte Aufhebung oder Teilaufhebung der Wahlkreisbeschreibung in der Anlage zu § 9 Abs. 2 Satz 2 LWahlG durch den Verfassungsgerichtshof trete auch im Hinblick auf die Landtagswahl am 13. März 2016 kein verfassungswidriger Zustand ein. Die 25 v.H.-Toleranzgrenze sei verfassungsrechtlich nicht zwingend vorgegeben. Im Übrigen rechtfertige es die von der Landesregierung für die nächste Wahlperiode angekündigte umfassende kommunale Gebietsreform, den Zuschnitt der Wahlkreise erst in der neuen Wahlperiode zu regeln. Die Wahl könne daher nach dem bisherigen Wahlkreiszuschnitt erfolgen.
III.
- 13
Der Verfassungsgerichtshof hat dem Landtag und der Landesregierung Gelegenheit zur Äußerung gegeben.
- 14
1. Der Landtag hält die Verfassungsbeschwerde für ganz überwiegend bereits unzulässig (a) und im Übrigen für unbegründet (b).
- 15
a) Die Verfassungsbeschwerde sei statthaft, da der Grundsatz der Ausschließlichkeit der Wahlprüfung der Rechtssatzverfassungsbeschwerde gegen die Einteilung der Wahlkreise nicht entgegenstehe. Auch wenn der Beschwerdeführer nicht klar benenne, in welcher verfassungsrechtlichen Position er sich durch die Festlegung der Landtagswahlkreise verletzt sehe, könne seinem Vorbringen doch hinreichend entnommen werden, dass er sein Recht als Wahlkreiskandidat auf Chancengleichheit geltend mache. Der Beschwerdeführer sei danach hingegen nur insoweit beschwerdebefugt, wie er sich gegen die Festlegung des Wahlkreises 5, in welchem er selbst kandiere, wende. Im Hinblick auf die übrigen 50 Wahlkreise sei eine Beeinträchtigung dieser Rechtsposition weder dargetan, noch sonst erkennbar. Dies gelte auch für den Nachbarwahlkreis 1.
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b) Soweit sie zulässig sei, erweise sich die Verfassungsbeschwerde als unbegründet. Ein Eingriff in die passive Wahlrechtsgleichheit des Beschwerdeführers durch den Neuzuschnitt „seines“ Wahlkreises 5 liege nicht vor. Der Gesetzgeber sei angesichts der erheblichen Abweichungen in der Bevölkerungszahl der Wahlkreise verfassungsrechtlich verpflichtet gewesen, einen Neuzuschnitt der Landtagswahlkreise vorzunehmen. Dies gelte auch für den Wahlkreis 5. Dieser sei allein nach sachgerechten Kriterien, die auch Niederschlag im Gesetz gefunden hätten, erfolgt.
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2. Nach Ansicht der Landesregierung ist die Verfassungsbeschwerde bereits unzulässig (a) jedenfalls aber unbegründet (b).
- 18
a) Die Verfassungsbeschwerde sei wegen des Ausschließlichkeitscharakters des Wahlprüfungsverfahrens ausgeschlossen. Auch sei der Beschwerdeführer nicht beschwerdebefugt, denn er habe nicht hinreichend dargetan, inwieweit er sich durch die angefochtene Wahlkreiseinteilung in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt sehe. Ein allgemeiner Verweis auf die verfassungsrechtlichen Wahlrechtsgrundsätze reiche hierzu nicht aus. Die Möglichkeit der Beeinträchtigung der Wahlrechtsgrundsätze sei auch sonst nicht ersichtlich. Aus seiner Wahlkreiskandidatur für die Landtagswahl im Jahr 2016 könne der Beschwerdeführer keine relevanten verfassungsmäßigen Rechte ableiten. Er habe nicht dargelegt, dass er in seiner Bewerbung um das Direktmandat im Landtag behindert oder beeinträchtigt werde. Schließlich gewähre ihm die Kandidatur nur eine bloße Chance auf den Erwerb eines Direktmandats, so dass er ein subjektives Recht aus der Bewerbung nicht ableiten könne.
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b) Die Verfassungsbeschwerde sei jedenfalls aber unbegründet. Der Gesetzgeber sei mit dem angegriffenen Änderungsgesetz seiner verfassungsrechtlichen Verpflichtung nachgekommen, Abweichungen in der Wahlkreisgröße vom Durchschnitt auf das verfassungsrechtlich zulässige Maß zurückzuführen. Bei der hierzu notwendigen Neueinteilung des Wahlgebietes stehe ihm ein gewisser Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum zu. Diesen habe er nicht überschritten. Er habe der Neueinteilung zulässige Kriterien zugrunde gelegt und diese konsequent angewandt. Dies gelte auch für die Neueinteilung der Wahlkreise 5 und 1. Der Gesetzgeber habe dabei insbesondere nicht gegen den Grundsatz verstoßen, dass jeder Wahlkreis ein zusammenhängendes Gebiet bilden solle. Die Verbandsgemeinde Rennerod grenze an die zum Wahlkreis 1 gehörende Verbandsgemeinde Herdorf-Daaden an. Die Länge der Gebietsgrenze spiele demgegenüber kaum eine Rolle. Dass gemeinsame Interessen zwischen der Verbandsgemeinde Rennerod und den Verbandsgemeinden des Wahlkreises 1 bestünden, ergebe sich schon mit Blick auf die räumliche Situation im Grenzdreieck Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz. Dem Änderungsgesetz habe keine parteipolitische Motivation der Regierungspartei zugrunde gelegen. Dies werde schon durch den Umstand belegt, dass die Verbandsgemeinde Rennerod – bezogen auf die Wahlkreisstimmen – kein „roter“ oder „schwarzer“ Wahlkreis sei. Bei der Landtagswahl im Jahr 2011 habe dort der Wahlkreisvorschlag der SPD 41,0 v.H. und der Wahlkreisvorschlag der CDU 41,6 v.H. der Wahlkreisstimmen auf sich vereinigt.
B.
- 20
Die Verfassungsbeschwerde, über die der Verfassungsgerichtshof gemäß § 49 Abs. 1 des Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof – VerfGHG – ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Neuzuschnitt des Wahlkreises 5 mit der Begründung wendet, diese verletze ihn in seinem passiven Wahlrecht auf Chancengleichheit gemäß Art. 76 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – und in seinem Anspruch auf willkürfreie Entscheidung des Gesetzgebers gemäß Art. 17 Abs. 1 und 2 LV, Art. 77 Abs. 2 LV. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig.
I.
- 21
Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung seines passiven Wahlrechts (Art. 76 Abs. 1 LV) und des allgemeinen Willkürverbots (Art. 17 Abs. 1 und 2 LV, Art. 77 Abs. 2 LV) rügt, genügt die Verfassungsbeschwerde nur insofern den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung und insbesondere die Darlegung der Beschwerdebefugnis nach §§ 44, 45 VerfGHG, als der Neuzuschnitt des Wahlkreises 5, in dem der Beschwerdeführer kandidiert, angegriffen wird. Im Hinblick auf die übrigen Wahlkreise fehlt es daran.
- 22
Ein Beschwerdeführer muss die behauptete Rechtsverletzung durch Bezeichnung des angeblich verletzten Rechts und des die Verletzung begründenden Vorgangs substantiiert und schlüssig vortragen (§§ 44, 45 VerfGHG). Das Erfordernis hinreichender Begründung verlangt vor allem, dass sich aus dem Vorbringen mit hinreichender Deutlichkeit die Beschwerdebefugnis ergibt. Die bloße verbale Behauptung einer Verfassungsverletzung genügt hierfür nicht. Es ist vielmehr erforderlich, dass aus der Begründung der Verfassungsbeschwerde bei objektiver Beurteilung zumindest die Möglichkeit einer Verletzung der geltend gemachten Grundrechte erkennbar wird. Dies umfasst auch die Darlegung, inwieweit der Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar durch die angegriffene Maßnahme in eigenen Rechten beeinträchtigt wird (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 22. Juni 2004 – VGH B 2/04 –, AS 31, 348 [350]; Beschluss vom 26. April 2013 – VGH B 6/12 –, AS 41, 417 [424]; Urteil vom 29. Januar 2007 – VGH B 1/06 –, AS 34, 169 [180]; Beschluss vom 11. Februar 2014 – VGH B 6/14 u.a. –, juris, Rn. 3 m.w.N.).
- 23
Das Recht der Wahlchancengleichheit eines Wahlbewerbers gemäß Art. 76 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 17 Abs. 1 und 2 LV gilt nicht nur für den Wahlvorgang selbst, sondern im gesamten Vorfeld von Wahlen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 – 2 BvE 1/99 u.a. –, BVerfGE 104, 14 [20]). Art. 76 Abs. 1 LV gewährleistet in seiner Ausprägung als Recht des Wahlbewerbers auf Wahlchancengleichheit dem Bewerber einen Anspruch darauf, dass bei der Einteilung des Wahlgebiets diese nicht zu seinem Nachteil unter rein persönlichen und/oder parteipolitischen Aspekten vorgenommen und so das Wahlergebnis vorprogrammiert wird. Dieser Anspruch kann verletzt sein, wenn der Beschwerdeführer geltend machen kann, durch die angegriffene Einteilung des Wahlkreises als Wettbewerber gegenüber seinen Mitbewerbern sachwidrig benachteiligt zu sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 – 2 BvE 1/99 u.a. –, BVerfGE 104, 14 [20]). Offensichtliche Wahlkreismanipulationen wie ein Zuschnitt der Wahlkreise aufgrund einer Analyse des bisherigen Wahlverhaltens durch die jeweilige Parlamentsmehrheit (sog. Gerrymandering) stellen einen Verstoß gegen den Verfassungsgrundsatz der Wahlchancengleichheit gemäß Art. 76 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 17 Abs. 1 und 2 LV dar (vgl. entsprechend BayVerfGH, Entscheidung vom 12. Juli 1990 – Vf. 10-VII/89 –, NVwZ 1991, 565; Entscheidung vom 4. Oktober 2012 – Vf. 14-VII-1 u.a. –, BayVBl. 2013, 140 [141]; Hahlen, in: Schreiber [Hrsg.], BWahlG, 9. Aufl. 2013, § 3 Rn. 14; Badura, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Anh. zu Art. 38: Bundeswahlrecht, Rn. 59 [Viertbearbeitung 2013]; Kautz, BayVBl. 2001, 97 [98 f.]; Nohlen, Wahlrecht und Parteiensystem, 7. Aufl. 2014, S. 96 ff.).
- 24
Nach dem Vortrag des Beschwerdeführers ist eine solche Verletzung bei objektiver Betrachtung in Bezug auf die Einteilung des Wahlkreises 5 zumindest möglich (vgl. zu diesem Maßstab VerfGH RP, Beschluss vom 16. August 1994 – VGH B 15/93 –, NJW 1995, 444 [445]).
- 25
Im Hinblick auf die übrigen 50 Wahlkreise ist eine eigene Betroffenheit des Beschwerdeführers demgegenüber weder dargetan, noch sonst ersichtlich. Voraussetzung ist insoweit nämlich nach dem Vorgesagten, dass der Beschwerdeführer in dem jeweiligen Wahlkreis selbst Kandidat ist oder doch zumindest dafür ernsthaft in Frage kommt (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Juli 2011
– 2 BvR 1252/99 u.a. –, NVwZ 2002, 71). Dies allerdings ist lediglich im Wahlkreis 5, in dem er aufgestellt wurde, der Fall. In den übrigen Wahlkreisen steht er bereits nicht selbst in einer Konkurrenzsituation gegenüber Mitbewerbern. Die Geltendmachung einer Verletzung nur objektiven Verfassungsrechts reicht zur Begründung einer rügefähigen Beschwer allerdings ebenso wenig aus wie ein bloß reflexhaftes Betroffensein des Beschwerdeführers. Eine Popularbeschwerde ist nach Art. 130a LV nicht vorgesehen (VerfGH RP, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – VGH B 1/01 –, AS 29, 207 [209]; Beschluss vom 11. Februar 2014 – VGH B 6/14 u.a. –, juris, Rn. 4).
II.
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Soweit die Verfassungsbeschwerde danach zulässig ist, kann der Beschwerdeführer weder auf die Wahlprüfungsbeschwerde nach Art. 82 Satz 2 LV verwiesen werden (1.) noch auf das Organstreitverfahren (2.).
- 27
1. Der Beschwerdeführer kann nicht auf die Wahlprüfungsbeschwerde nach Art. 82 Satz 2 LV verwiesen werden.
- 28
Der Vorrang des Wahlprüfungsverfahrens besteht nur in dem Umfang, wie ihn der Regelungsgehalt des § 57 des Landeswahlgesetzes – LWahlG – aufnimmt, d.h. für wahlorganisatorische Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen (vgl. entsprechend BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. August 2009 – 2 BvQ 50/09 –, NVwZ 2009, 1367 f. m.w.N.; Schmidt-Bleibtreu, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge [Hrsg.], BVerfGG, § 48 Rn. 41). Dies sind auf die konkrete Wahl bezogene Einzelentscheidungen und Maßnahmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 1986 – 2 BvE 1/86 –, BVerfGE 74, 96 [101]). Insoweit ist eine Verfassungsbeschwerde durch den außerordentlichen Rechtsbehelf der Wahlprüfungsbeschwerde ausgeschlossen (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 11. Februar 2014 – VGH B 6/14 u.a. –, juris, Rn. 2; BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. August 2009 – 2 BvQ 50/09 –, NVwZ 2009, 1367).
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Zu diesen Einzelentscheidungen gehören Gesetze jedoch nicht. Sie können zwar im Wahlprüfungsverfahren inzidenter angegriffen werden (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. August 2009 – 2 BvQ 50/09 –, NVwZ 2009, 1367 [1368] m.w.N.; Glauben, in: Brocker/Droege/Jutzi [Hrsg.], Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2014, Art. 82 Rn. 22). Dies macht Wahlgesetze hingegen nicht zu Einzelentscheidungen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen. Eine Rechtssatzverfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Wahlgesetz wird daher durch den Grundsatz des Vorrangs der Wahlprüfung nicht berührt (vgl. BVerfG, Urteil vom 5. April 1952 – 2 BvH 1/52 –, BVerfGE 1, 208 [237 f.]; Urteil vom 29. September 1990 – 2 BvE 1/90 u.a. –, BVerfGE 82, 322 [336]; Urteil vom 26. Februar 2014 – 2 BvE 2/13 u.a. –, BVerfGE 135, 259 [278 f.]; Glauben, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Art. 41 Rn. 154 [Drittbearbeitung 2008]; Hahlen, in: Schreiber [Hrsg.], BWahlG, 9. Aufl. 2013, § 49 Rn. 5; Schmidt-Bleibtreu, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge [Hrsg.], BVerfGG, § 48 Rn. 43). Das gilt auch für eine Rechtssatzverfassungsbeschwerde gegen wahlrechtliche Vorschriften, mit denen die Einteilung der Wahlkreise erfolgt (vgl. entspr. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 u.a. –, NVwZ 2002, 71; BayVerfGH, Entscheidung vom 12. Juli 1990 – Vf. 10-VII/89 –, NVwZ 1991, 565 f.).
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Soweit die Landesregierung demgegenüber den Vorrang der Wahlprüfungsbeschwerde reklamiert mit dem Argument, da die Vorbereitungen zur Durchführung der Landtagswahl bereits begonnen hätten und insbesondere bereits ab dem 19. Februar 2015 Wahlkreisbewerber aufgestellt werden könnten, müssten die Wahlkreise rechtsverbindlich feststehen, weil andernfalls die termingerechte Durchführung der Wahl gefährdet sei, findet dies weder in Art. 82 Satz 2 LV noch in § 57 LWahlG eine Stütze. Im Gegenteil stellt es in der Regel einen schweren Nachteil für das Gemeinwohl dar, wenn Wahlen in einer Situation der Rechtsunsicherheit durchgeführt werden müssten, weil ihre Rechtsgrundlage umstritten und ihr Ergebnis möglicherweise alsbald gegenstandslos würde. Dies gilt grundsätzlich dann, wenn die Rechtsgrundlage der Wahl als solche, d.h. das Wahlgesetz in seiner Verfassungsmäßigkeit, in Frage gestellt wird (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 23. Mai 2014 – VGH A 26/14 –, AS 42, 327 [333 f.] m.w.N.). Der Verfassungsgerichtshof kann im Übrigen im Falle einer positiven Entscheidung für den Beschwerdeführer dem öffentlichen Belang eines ungestörten Ablaufs des Wahlverfahrens im Einzelfall Rechnung tragen durch den Ausspruch der Weitergeltung der Norm bis zu einem bestimmten Zeitpunkt (§ 26 Abs. 3 VerfGHG) oder durch eine Vollstreckungsanordnung (§ 20 Abs. 3 VerfGHG). Erforderlichenfalls kann er durch eine Anordnung nach § 20 Abs. 3 VerfGHG auch selbst die rechtlichen Grundlagen für die Durchführung der Wahl bereitstellen (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, juris, Rn. 209 ff.; BVerfG, Beschluss vom 29. September 1990 – 2 BvE 1/90 u.a. –, BVerfGE 82, 322 [336]; H. Meyer, in: Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 46 Rn. 104).
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2. Der Beschwerdeführer kann ferner auch nicht auf den Weg der Organklage nach Art. 130 Abs. 1 LV verwiesen werden. Er kann weder prozessstandschaftlich die Rechte einer politischen Partei geltend machen, noch kann er aus seinem Status als Landtagsabgeordneter etwas für seine Rechte als Wahlkreisbewerber ableiten. Der Weg des Organstreits ist ihm verschlossen. Er kann daher die angebliche Verletzung seiner wahlrechtlichen Chancengleichheit nur mit der Verfassungsbeschwerde geltend machen.
C.
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Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sie zulässig ist, unbegründet.
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Die angegriffenen gesetzlichen Bestimmungen über den Zuschnitt des Wahlkreises 5 verletzen den Beschwerdeführer weder in seinem aus Art. 76 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 17 Abs. 1 und 2 LV abgeleiteten Recht auf Wahlchancengleichheit (I.) noch verletzen sie seinen Anspruch auf willkürfreie Entscheidung des Gesetzgebers gemäß Art. 17 Abs. 1 und 2 LV, Art. 77 Abs. 2 LV (II.).
I.
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1. a) Bei der Ausgestaltung des Wahlrechts im Einzelnen hat der Gesetzgeber die im Rahmen des Art. 80 Abs. 1 LV geltenden Maßstäbe, insbesondere den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit nach Art. 76 Abs. 1 LV, zu beachten. Dieser ist wegen seines Zusammenhangs mit dem Demokratieprinzip im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit zu verstehen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 u.a. –, NVwZ 2002, 71; Urteil vom 26. Februar 2014 – 2 BvE 2/13 u.a. –, BVerfGE 135, 259 [284 ff.] m.w.N.).
- 35
Mit der Wahlrechtsgleichheit ist das Recht von Wahlbewerbern auf Chancengleichheit verknüpft. Es folgt aus Art. 76 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 17 Abs. 1 und 2 LV. Danach ist verfassungsrechtlich gefordert, dass die Rechtsordnung jedem Wahlbewerber grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten in Wahlkampf und Wahlverfahren und damit eine gleiche Chance im Wettbewerb um die Wählerstimmen gewährleistet (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 15. Dezember 2014 – VGH O 22/14 –, AS 43, 149 [165]; BVerfG, Beschluss vom 21. April 2009 – 2 BvC 2/06 –, BVerfGE 124, 1 [20]). Das Recht der Wahlchancengleichheit eines Wahlbewerbers gemäß Art. 76 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 17 Abs. 1 und 2 LV gilt somit nicht nur für den Wahlvorgang selbst, sondern im gesamten Vorfeld von Wahlen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2001 – 2 BvE 1/99 u.a. –, BVerfGE 104, 14 [20]). Der Schutzbereich der Wahlrechtsgleichheit des Wahlbewerbers ist nicht auf die gleiche Behandlung bei der Zuteilung der Mandate begrenzt, sondern ist auch auf die Chancengleichheit der Bewerber, d.h. die „Wahlgleichheit im Wahlwettbewerb“ (H. Meyer, in: Isensee/Kirchhof [Hrsg.], Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III, 3. Aufl. 2005, § 46 Rn. 34 f.) erstreckt (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – VGH B 1/01 –, AS 29, 207 [213]; Beschluss vom 21. Mai 2014 – VGH A 39/14 –, AS 42, 316 [319 ff.]; BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 1985 – 2 BvR 1163/82 –, BVerfGE 69, 92 [106]; Urteil vom 29. September 1990 – 2 BvE 1/90 u.a. –, BVerfGE 82, 322 [336]).
- 36
Wie der Grundsatz der Wahlgleichheit selbst, ist konsequent auch der Grundsatz der Wahlchancengleichheit der Wahlbewerber streng formal zu verstehen. Eine unterschiedliche Behandlung ist danach nur in engen Grenzen und bei dem Vorliegen von Gründen mit hinreichend zwingendem Charakter zulässig (vgl. VerfGH RP, Urteil vom 15. Dezember 2014 – VGH O 22/14 –, AS 43, 149 [165]; BVerfG, Beschluss vom 21. April 2009 – 2 BvC 2/06 –, BVerfGE 124, 1 [20]; Urteil vom 9. November 2011 – 2 BvC 4/10 –, BVerfGE 129, 300 [320]; Urteil vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 u.a. –, BVerfGE 130, 212 [227]; Urteil vom 26. Februar 2014
– 2 BvE 2/13 u.a. –, BVerfGE 135, 259 [285 f.] m.w.N.).
- 37
Im Hinblick auf den Wettbewerb zwischen den Wahlbewerbern bedeutet dies, dass Art. 76 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 17 Abs. 1 und 2 LV in seiner Ausprägung als Recht des Wahlbewerbers auf Wahlchancengleichheit dem Bewerber einen Anspruch darauf gewährleisten, dass bei der Einteilung des Wahlgebiets diese nicht zu seinem Nachteil unter rein persönlichen und/oder parteipolitischen Aspekten vorgenommen und so das Wahlergebnis vorprogrammiert wird. Erfasst ist damit auch die Einteilung der Wahlkreise selbst. Diese berührt unmittelbar die Bedingungen der politischen Konkurrenz und kann ganz erhebliche Auswirkungen auf die Wahlchancen der Wahlkreisbewerber haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [229]; StGH BW, Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [465]; Morlok, in: Dreier [Hrsg.], GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 38 Rn. 104).
- 38
Das Recht auf Wahlchancengleichheit verbietet daher, durch die Einteilung der Wahlkreise gezielt einen Wettbewerber gegenüber seinen Mitbewerbern sachwidrig zu benachteiligen. Offensichtliche Wahlkreismanipulationen wie ein Zuschnitt der Wahlkreise aufgrund einer Analyse des bisherigen Wahlverhaltens durch die jeweilige Parlamentsmehrheit (sog. Gerrymandering) stellen einen Verstoß gegen den Verfassungsgrundsatz der Wahlchancengleichheit gemäß Art. 76 Abs. 1 LV i.V.m. Art. 17 Abs. 1 und 2 LV dar (vgl. entsprechend BayVerfGH, Entscheidung vom 12. Juli 1990 – Vf. 10-VII/89 –, NVwZ 1991, 565; Entscheidung vom 4. Oktober 2012 – Vf. 14-VII-1 u.a. –, BayVBl. 2013, 140 [141]; Hahlen, in: Schreiber [Hrsg.], BWahlG, 9. Aufl. 2013, § 3 Rn. 14; Badura, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Anh. zu Art. 38: Bundeswahlrecht, Rn. 59 [Viertbearbeitung 2013]; Kautz, BayVBl. 2001, 97 [98 f.]; Nohlen, Wahlrecht und Parteiensystem, 7. Aufl. 2014, S. 96 ff.).
- 39
b) Die Wahlkreiseinteilung darf deshalb allein an sachgerechten Kriterien ausgerichtet sein. Dieses Erfordernis dient insoweit (zumindest auch) einer prozeduralen Absicherung der Wahlchancengleichheit von Wahlbewerbern. Nur die strikte Einhaltung dieser Kriterien sichert den Schutz des Wahlkreisbewerbers vor einer aktiven oder (im Falle des Nichtstuns des Gesetzgebers) passiven „Wahlkreisgeometrie“ (vgl. entsprechend BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC
3/11 –, BVerfGE 130, 212 [228 f.]; BayVerfGH, Entscheidung vom 12. Juli 1990
– Vf. 10-VII/89 –, NVwZ 1991, 565; Entscheidung vom 4. Oktober 2012 – Vf. 14-VII-1 u.a. –, BayVBl. 2013, 140 [141]; Hahlen, in: Schreiber [Hrsg.], BWahlG, 9. Aufl. 2013, § 3 Rn. 14; Badura, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Anh. zu Art. 38: Bundeswahlrecht, Rn. 59 [Viertbearbeitung 2013]; Kautz, BayVBl. 2001, 97 [98 f.]; Nohlen, Wahlrecht und Parteiensystem, 7. Aufl. 2014, S. 96 ff.).
- 40
Dabei sind sachgerechte Kriterien schon angesichts des streng formalen Ansatzes der Wahlrechtsgleichheit allein solche, die sich aus der Natur des Sachbereichs der Wahl der Volksvertretung selbst ergeben. Hierzu zählt insbesondere die Sicherung des Charakters der Wahl als eines Integrationsvorgangs bei der politischen Willensbildung des Volkes (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2014 – 2 BvE 2/13 u.a. –, BVerfGE 135, 259 [286 f.] m.w.N.). Insofern sind verschiedene Ziele zum Ausgleich zu bringen. Im Hinblick auf die Wahlkreiseinteilung sind dies insbesondere die Funktionsfähigkeit des Parlaments, das Anliegen weitgehender integrativer Repräsentanz und das Gebot der Wahlgleichheit sowie der Wahlchancengleichheit (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 –, NVwZ 2002, 71 m.w.N.).
- 41
Dabei ist der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit, d.h. das gesetzgeberische Ziel, möglichst gleich große Wahlkreise zu bilden, der entscheidende Prüfungsmaßstab für jede Wahlkreiseinteilung. Die Verwirklichung dieses Ziels ist dem Gesetzgeber als Verpflichtung verfassungsrechtlich zwingend vorgegeben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [227] m.w.N.). Als verfassungsrechtliche Rechtfertigung für Abweichungen von der Durchschnittsgröße aller Wahlkreise innerhalb einer bestimmten, verfassungsrechtlich determinierten Toleranzspanne und damit gleichzeitig als sachliche Kriterien für die konkreten Einzelzuschnitte dienen vor allem der Gesichtspunkt der Wahlkreiskontinuität, die Wahrung regionaler Besonderheiten und die Beachtung historisch verwurzelter Verwaltungsgrenzen (BVerfG, Urteil vom 10. April 1997 – 2 BvF 1/95 –, BVerfGE 95, 335 [364]; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [238]; Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 u.a. –, NVwZ 2002, 71 [72]; BayVerfGH, Entscheidung vom 12. Juli 1990 – Vf. 10-VII/89 –, NVwZ 1991, 565). Der einzelne Wahlkreis soll insgesamt „ein zusammengehörendes und abgerundetes Ganzes bilden“ (BVerfG, Urteil vom 10. April 1997 – 2 BvF 1/95 –, BVerfGE 95, 335 [364]; NdsStGH, Urteil vom 24. Februar 2000 – StGH 2/99 –, NVwZ 2000, 670 [671]) und deshalb ein zusammenhängendes Gebiet sein (BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1963 – 2 BvC 3/62 –, BVerfGE 16, 130 [141]; Kautz, BayVBl. 2001, 97 [102]; Hahlen, in: Schreiber [Hrsg.], BWahlG, 9. Aufl. 2013, § 3 Rn. 27; vgl. auch LT-Drucks. 16/3970, S. 9).
- 42
Dabei kann ferner je nach Sachlage und den einzelnen örtlichen Gegebenheiten einem Gesichtspunkt, der an anderer Stelle aufgrund der dortigen Gegebenheiten Priorität besitzt, ein geringerer Rang zukommen. Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, unterschiedslos und ohne Rücksicht auf die besonderen örtlichen Gegebenheiten stets demselben Gesichtspunkt den Vorrang zu geben (BayVerfGH, Entscheidung vom 10. Oktober 2001 – Vf. 2-VII-01 u.a. –, NVwZ-RR 2002, 473 [476]; Entscheidung vom 4. Oktober 2012 – Vf. 14-VII-1 u.a. –, BayVBl. 2013, 140 [145]). Er hat allerdings das ausgewählte Wahlsystem in seinen Grundelementen folgerichtig zu gestalten und darf keine strukturwidrigen Elemente einführen (BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [229]).
- 43
c) Hinsichtlich der Einteilung des Wahlgebiets in Wahlkreise steht dem Gesetzgeber ein gewisser, vom Verfassungsgerichtshof zu achtender Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum zu (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 1997 – 2 BvF 1/95 –, BVerfGE 95, 335 [364]; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [228 f.]; Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 –, NVwZ 2002, 71 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 10. Oktober 2001 – Vf. 2-VII-01 u.a. –, NVwZ-RR 2002, 473 [475]; Entscheidung vom 4. Oktober 2012 – Vf. 14-VII-1 u.a. –, BayVBl. 2013, 140 [145]; StGH BW, Urteil vom 14. Juni 2007 – GR 1/06 –, DÖV 2007, 744 [746]; Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [464]; StGH Bremen, Urteil vom 5. November 2004 – St 2/04 –, juris, Rn. 49 f.).
- 44
Die Wahlkreiseinteilung erfordert nach dem Vorgesagten eine Reihe von Einzelentscheidungen, bei denen jeweils auf das konkrete Gebiet bezogen bedeutsame Sachgesichtspunkte zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind. Die Aufgabe zu erfüllen, bei einer landesweiten Wahlkreiseinteilung schwer zu vereinbarende Prinzipien möglichst zur Deckung zu bringen, ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers. Hierzu gehört auch die wertende Abwägung der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sowie der Vor- und Nachteile von Alternativen. Im Regelfall sind nämlich verschiedene verfassungsrechtlich zulässige Wahlkreiseinteilungen möglich; eine bestimmte Wahlkreiseinteilung wird sich allenfalls in extremen Ausnahmefällen als einzig verfassungskonforme Lösung aufdrängen. Der Verfassungsgerichtshof prüft daher nur, ob der Gesetzgeber die Grenzen seines Beurteilungsspielraums überschritten hat, nicht aber, ob der Gesetzgeber in jedem Fall zweckmäßige oder rechtspolitisch erwünschte Lösungen gefunden hat. Er prüft daher grundsätzlich nicht die inhaltliche Schlüssigkeit der Entscheidung des Gesetzgebers bei der Abgrenzung jedes einzelnen Wahlkreises noch hat er zwischen einzelnen Alternativen von Wahlkreisabgrenzungen auszuwählen und etwa zu bestimmen, welche Alternative die „bessere“ ist. Die Entscheidung, welche der möglichen Alternativen die sachgerechteste ist, steht dem Gesetzgeber zu, nicht dem Verfassungsgerichtshof (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 1997 – 2 BvF 1/95 –, BVerfGE 95, 335 [364]; Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 –, NVwZ 2002, 71 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 10. Oktober 2001 – Vf. 2-VII-01 u.a. –, NVwZ-RR 2002, 473 [475 f.]; Entscheidung vom 4. Oktober 2012 – Vf. 14-VII-1 u.a. –, BayVBl. 2013, 140 [145]; StGH BW, Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [464]; StGH Bremen, Urteil vom 5. November 2004 – St 2/04 –, juris, Rn. 49 f.).
- 45
Der Verfassungsgerichtshof kann daher eine Überschreitung dieses Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums nur dann feststellen, wenn sich für die Lösung, die der Gesetzgeber gewählt hat, sachliche Gründe, die sich an den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere an dem Willkürverbot des Art. 17 Abs. 1 und 2 LV orientieren, nicht finden. Einschätzungen des Gesetzgebers, ob die Vorteile einer Alternativlösung gewichtiger sind als die Vorteile der von ihm getroffenen Lösung, können als Ergebnis von Wertungen und fachbezogenen Abwägungen verfassungsgerichtlich nur beanstandet werden, wenn sie eindeutig widerlegbar oder offensichtlich fehlerhaft sind oder wenn sie der verfassungsrechtlichen Wertordnung widersprechen (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 1997 – 2 BvF 1/95 –, BVerfGE 95, 335 [364]; Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 –, NVwZ 2002, 71 f.; BayVerfGH, Entscheidung vom 10. Oktober 2001 – Vf. 2-VII-01 u.a. –, NVwZ-RR 2002, 473 [475 f.]; Entscheidung vom 4. Oktober 2012 – Vf. 14-VII-1 u.a. –, BayVBl. 2013, 140 [145]; StGH BW, Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [464]; StGH Bremen, Urteil vom 5. November 2004 – St 2/04 –, juris, Rn. 49 f.).
- 46
Im Hinblick auf die komplexen Abwägungs- und Prognoseentscheidungen des Gesetzgebers bei der aufgrund von Einzelabwägungen zu treffenden Entscheidung über den Zuschnitt von Wahlkreisen ist der Gesetzgeber insoweit auf einen eigenen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum angewiesen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 u.a. –, BVerfGE 130, 212 [228]; BayVerfGH, Entscheidung vom 4. Oktober 2012 – Vf. 14-VII-1 u.a. –, BayVBl. 2013, 140 [145]; Mensing, LKRZ 2014, 314 [316]). Der Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers erfasst insbesondere auch seine Aufgabe, der Wahlchancengleichheit der Wahlbewerber hinreichend Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 u.a. –, NVwZ 2002, 71). Die Bewältigung komplexer Probleme, wie sie mit dem gebietlichen Zuschnitt von Wahlkreisen einhergehen, muss vorrangig dem Parlament überlassen bleiben. Dies ist nicht zuletzt dem „planerischen Einschlag“ des Gesetzes über den Neuzuschnitt der Wahlkreise geschuldet (vgl. auch VerfGH RP, Urteil vom 8. Juni 2015 – VGH N 18/14 –, NVwZ-RR 2015, 761 [762] zu kommunalen Gebietsreformen).
- 47
d) Die strikte Einhaltung dieses Spielraums sichert prozedural den Schutz des Wahlkreisbewerbers vor einer aktiven oder (im Falle des Nichtstuns des Gesetzgebers) passiven „Wahlkreisgeometrie“. Der Verfassungsgerichtshof wacht darüber, dass die verfassungsrechtlichen Grenzen dieses gesetzgeberischen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraums bei der Wahlkreiseinteilung eingehalten werden (vgl. entsprechend BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [229]).
- 48
Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzgeber daher gehalten, zur Ermöglichung der verfassungsgerichtlichen Kontrolle diejenigen Kriterien, welche er seiner Entscheidung über die Einteilung der Wahlkreise zugrunde legt, hinreichend zu konkretisieren und zu dokumentieren. Dies kann schon aus Gründen der Klarheit und Transparenz (wie in § 3 Abs. 1 Bundeswahlgesetz – BWahlG –) unmittelbar im Gesetz geschehen. Verfassungsrechtlich zwingend ist dies jedoch nicht. Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben. Es reicht zum Zwecke der Transparenz und zur Ermöglichung der verfassungsgerichtlichen Kontrolle vielmehr aus, dass die Kriterien überhaupt in geeigneter Form dokumentiert sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [234 u. 238]; vgl. ferner StGH BW, Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [464). Dies gilt auch im Hinblick auf die Festlegung der Toleranzspanne für Abweichungen von der Durchschnittsgröße aller Wahlkreise (vgl. StGH BW, Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [464]).
- 49
2. Gemessen daran ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber den ihm eröffneten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum überschritten hat. Der Zuschnitt des Wahlkreises 5 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber hat der Wahlkreiseinteilung sachgerechte Kriterien zugrunde gelegt und ordnungsgemäß abgewogen und seine Erwägungen auch hinreichend dokumentiert.
- 50
a) Die vom Gesetzgeber niedergelegten Kriterien für die Wahlkreiseinteilung sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
- 51
Ausweislich der amtlichen Begründung, die dem Gesetzentwurf vom 16. September 2014 (LT-Drucks. 16/3970) beigegeben ist, heißt es hierzu, die Einteilung der Wahlkreise orientiere sich vor allem an den folgenden Grundsätzen: Die Zahl der Wahlkreise in den vier Bezirken solle deren Bevölkerungsanteil möglichst entsprechen, die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises dürfe von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise nicht um mehr als 25 v.H. nach oben oder unten abweichen, jeder Wahlkreis solle ein zusammenhängendes Gebiet bilden und die politischen Grenzen der Gemeinden, Verbandsgemeinden und Landkreise sollten nach Möglichkeit eingehalten werden. Hinzu kämen weitere, in der Begründung zu dem Gesetzentwurf im Einzelnen aufgeführte Grundsätze und Gesichtspunkte. Dies sei zum einen, dass die durch die Wahlkreisstimme geknüpfte engere persönliche Beziehung des Wahlkreisabgeordneten zu dem Wahlkreis einer gewissen Kontinuität bedürfe. Es liefe dem Prinzip der demokratischen Repräsentation zuwider, wenn Wahlkreise häufig räumlich verändert würden. Zum andern seien räumliche, historische, landsmannschaftliche und strukturelle Gesichtspunkte bedacht worden. Schließlich sei darüber hinaus die langfristige Bevölkerungsentwicklung in den Blick genommen worden. Im Verhältnis zum verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Wahl, dem die Einführung der 25 v.H.-Toleranzgrenze zur Erreichung annährend gleich großer Wahlkreise vornehmlich diene, seien diese sonstigen Grundsätze und Gesichtspunkte allerdings von nachgeordneter Bedeutung (vgl. LT-Drucks. 16/3970, S. 9).
- 52
Der Gesetzgeber ist damit nach dem Vorgesagten (vgl. oben C.I.1.c)) seiner Obliegenheit nachgekommen, die Kriterien und Erwägungen, die er seiner Entscheidung zugrunde legt, hinreichend zu dokumentieren.
- 53
Diese Grundsätze und Kriterien sind auch sachgerecht. Sie stehen insbesondere in Einklang mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, wonach der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit, d.h. das gesetzgeberische Ziel, möglichst gleich große Wahlkreise zu bilden, den entscheidenden Prüfungsmaßstab und Ausgangspunkt für jede Wahlkreiseinteilung bildet und als Rechtfertigung für Abweichungen von der Durchschnittsgröße aller Wahlkreise innerhalb einer bestimmten, verfassungsrechtlich determinierten Toleranzspanne vor allem der Gesichtspunkt der Wahlkreiskontinuität, die Wahrung regionaler Besonderheiten und historisch verwurzelte Verwaltungsgrenzen dienen sowie der Umstand, dass ein Wahlkreis ein abgerundetes, zusammengehöriges Ganzes bilde soll (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 1997 – 2 BvF 1/95 –, 95, 335 [364]; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [238]; Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 u.a. –, NVwZ 2002, 71 [72]; BayVerfGH, Entscheidung vom 12. Juli 1990 – Vf. 10-VII/89 –, NVwZ 1991, 565; NdsStGH, Urteil vom 24. Februar 2000 – StGH 2/99 –, NVwZ 2000, 670 [671]).
- 54
b) Die Anwendung dieser Kriterien auf die Einteilung des Wahlkreises 5 überschreitet nicht die Grenzen des gesetzgeberischen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums und ist damit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen das Gebot der Wahlchancengleichheit zum Nachteil des Beschwerdeführers kann damit nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer kann gegen den Neuzuschnitt des Wahlkreises 5 weder mit Erfolg einwenden, dieser habe überhaupt nicht durchgeführt werden müssen und daher auch nicht dürfen (aa), noch dass dem Neuzuschnitt unsachgerechte, weil parteipolitische Erwägungen zugrunde lägen, da ein alternativer Zuschnitt insbesondere im Hinblick auf den Nachbarwahlkreis 1 vorzugswürdig wäre (bb).
- 55
aa) Der Beschwerdeführer kann gegen den Neuzuschnitt des Wahlkreises 5 nicht mit Erfolg einwenden, dieser habe überhaupt nicht durchgeführt werden müssen, weil die 25 v.H.-Toleranzgrenze verfassungsrechtlich nicht zwingend vorgegeben sei und es im Übrigen die von der Landesregierung für die nächste Wahlperiode angekündigte umfassende kommunale Gebietsreform rechtfertige, den Neuzuschnitt der Wahlkreise erst in der neuen Wahlperiode vorzunehmen.
- 56
Die Verwirklichung des Grundsatzes der Wahlrechtsgleichheit, d.h. das gesetzgeberische Ziel, möglichst gleich große Wahlkreise zu bilden, ist dem Gesetzgeber als Verpflichtung verfassungsrechtlich zwingend vorgegeben. Insoweit trifft ihn eine dauernde Beobachtungs-, Überprüfungs- und erforderlichenfalls auch Korrekturpflicht (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. November 2011 – 2 BvC 4/10 –, BVerfGE 129, 300 [321 f.]; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [227] m.w.N.). Diese Verpflichtung bezieht sich nicht zuletzt auf den konkreten Zuschnitt der Wahlkreise und umfasst, dass der Gesetzgeber Abweichungen in der Wahlkreisgröße vom Landesdurchschnitt auf das verfassungsrechtlich zulässige Maß zurückzuführen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1963 – 2 BvC 3/62 –, BVerfGE 16, 130 [142]; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [227]; StGH BW, Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [463]).
- 57
Schon deshalb, weil die Bevölkerungsverteilung innerhalb des Landes einem steten Wandel unterworfen ist, lässt sich der Grundsatz der Wahlgleichheit bei der Wahlkreiseinteilung nur näherungsweise verwirklichen. Bei dem Zuschnitt der Wahlkreise entsprechend ihren Bevölkerungsanteilen sind daher Abbildungsunschärfen hinzunehmen. Es unterliegt deshalb keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, gewisse Abweichungen in der Bevölkerungszahl (sog. Toleranzgrenzen) zuzulassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1963 – 2 BvC 3/62 –, BVerfGE 16, 130 [142]; Urteil vom 10. April 1997 – 2 BvF 1/95 –, BVerfGE 95, 335 [364]; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [228 f.]; StGH BW, Urteil vom 14. Juni 2007 – GR 1/06 –, DÖV 2007, 744 [746]; Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [464]; NdsStGH, Urteil vom 24. Februar 2000 – StGH 2/99 –, NVwZ 2000, 670 [671]).
- 58
Diese verfassungsrechtlich zulässigen Abweichungen unterliegen allerdings einer äußersten verfassungsrechtlich noch zulässigen Grenze. Die Unterschiede in den Wahlkreisen dürfen diese Grenze nicht überschreiten. Zu deren Höhe gibt der Verfassungstext selbst keine nähere Auskunft. Die Festlegung der zulässigen Toleranzgrenze ist daher vorrangig Aufgabe des Gesetzgebers. Der Verfassungsgerichtshof kann diese allerdings überprüfen und auch die äußerste verfassungsrechtlich zulässige Grenze einer Abweichung bestimmen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 10. Oktober 2001 – Vf. 2-VII-01 u.a. –, NVwZ-RR 2002, 473 [475]).
- 59
Vorliegend braucht der Verfassungsgerichtshof jedoch keine Aussage zur äußersten verfassungsrechtlich zulässigen Toleranzgrenze nach rheinland-pfälzischem Wahlrecht zu treffen. Dem Gesetzgeber ist es nämlich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht verwehrt, die Größenabweichungen der Wahlkreise in einem engeren Rahmen zu halten (vgl. StGH BW, Urteil vom 23. Februar 1990 – GR 2/88 –, ESVGH 40, 161 [170 f.]; Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [464]; vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 10. Oktober 2001 – Vf. 2-VII-01 u.a. –, NVwZ-RR 2002, 473 [475]). Selbst wenn man also mit dem Beschwerdeführer davon ausgeht, dass der Gesetzgeber eine Neueinteilung nicht vornehmen musste – wofür im Gegenteil bei einer Abweichung von mehr als 25 v.H. vieles spricht (vgl. StGH BW, Urteil vom 14. Juni 2007 – GR 1/06 –, DÖV 2007, 744 [746 f.]; Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [465]); BayVerfGH, Entscheidung vom 10. Oktober 2001 – Vf. 2-VII-01 u.a. –, NVwZ-RR 2002, 473 [475]) –, ist er jedenfalls verfassungsrechtlich nicht gehindert, in diesem Fall eine Neueinteilung vorzunehmen (vgl. StGH BW, Urteil vom 23. Februar 1990 – GR 2/88 –, ESVGH 40, 161 [168 f.]; Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [465]; vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 10. Oktober 2001 – Vf. 2-VII-01 u.a. –, NVwZ-RR 2002, 473 [475]).
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Da die Abweichung im Wahlkreis 5 zu dem gewählten Stichtag 31. Dezember 2013 bei +29,1 v.H. lag und damit über der vom Gesetzgeber festgelegten Toleranzgrenze von 25 v.H., war aus dessen nachvollziehbarer und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Sicht ein Neuzuschnitt des Wahlkreises geboten (vgl. LT-Drucks. 16/3970, S. 9 f. u. S. 14).
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bb) Es kann nicht festgestellt werden, dass dem danach veranlassten Neuzuschnitt des Wahlkreises 5 unsachgerechte, da parteipolitische Erwägungen zugrunde lägen, weil ein alternativer Zuschnitt insbesondere im Hinblick auf den Nachbarwahlkreis 1 vorzugswürdig wäre.
- 62
aaa) Der Gesetzgeber hat die Gründe, die für und gegen die Herauslösung der Verbandsgemeinde Rennerod aus dem Wahlkreis 5 und deren Eingliederung in den Nachbarwahlkreis 1 sprechen, abgewogen und der von ihm gefundenen Lösung vertretbare Erwägungen zugrunde gelegt. Er hat hierzu in der amtlichen Begründung zu dem Gesetzentwurf ausgeführt: „Durch die Zuordnung der Verbandsgemeinde Rennerod vom Wahlkreis 5 an den Wahlkreis 1 sollen in einem Schritt in zwei Wahlkreisen die über der 25 v.H.-Toleranzgrenze liegenden Bevölkerungsabweichungen beseitigt werden. Die Verbandsgemeinde Rennerod hat eine gemeinsame Grenze mit der Verbandsgemeinde Herdorf-Daaden, auch wenn diese nicht besonders lang ist. Darüber hinaus bestehen gemeinschaftliche Interessen schon mit Blick auf die räumliche Situation im Grenzdreieck Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahlen anderer Wahlkreise kommt alternativ lediglich eine Zuordnung der Verbandsgemeinde Bad Marienberg (Ww.) an den Wahlkreis 1 oder den Wahlkreis 2 in Betracht. Allerdings würde der Wahlkreis 5 dann seine Namensgeberin verlieren“ (LT-Drucks. 16/3970, S. 9 f.).
- 63
Der Gesetzgeber hat diese Abwägungserwägungen auch hinreichend dokumentiert. Zum Zwecke der Transparenz und zur Ermöglichung der verfassungsgerichtlichen Kontrolle reicht es auch insoweit aus, dass die Kriterien überhaupt in geeigneter Form dokumentiert sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [234 u. 238]). Dies ist hier der Fall, da sie umfassend Eingang in die amtliche Gesetzesbegründung gefunden haben (vgl. LT-Drucks. 16/3970, S. 9 f.).
- 64
Nachvollziehbar hat der Gesetzgeber danach auch für den Wahlkreis 1 einen Gebietsänderungsbedarf festgestellt, da dieser zum Stichtag 31. Dezember 2013 eine Abweichung von -26,7 v.H. aufgewiesen hat. Er hat sich deshalb dazu entschieden, durch eine einzige Veränderung in beiden Wahlkreisen die Abweichungen von der 25 v.H.-Toleranzgrenze zu beseitigen. Nach dem Neuzuschnitt wird in beiden Wahlkreisen die Toleranzgrenze eingehalten (vgl. LT-Drucks. 16/3970, S. 14).
- 65
Im Übrigen weisen sowohl die angegriffene Wahlkreiseinteilung als auch die Alternativlösung, die der Beschwerdeführer favorisiert und die im Gesetzgebungsverfahren erörtert wurde, Vorteile wie Nachteile auf. Diese gegeneinander abzuwägen und sich für eine dieser Lösungen zu entscheiden, ist nach dem oben Gesagten Sache des Gesetzgebers. Er hat mit der in dem angegriffenen Gesetz getroffenen Entscheidung und den ihr zugrunde liegenden Erwägungen (vgl. LT-Drucks. 16/3970, S. 9 f.) den ihm zustehenden Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
- 66
Der Gesetzgeber darf bei seiner Betrachtung auch die Auswirkungen auf den durch den Neuzuschnitt eines Wahlkreises notwendig mitbetroffenen Nachbarwahlkreis einbeziehen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 4. Oktober 2012 – Vf. 14-VII-1 u.a. –, BayVBl. 2013, 140 [146]). Dies hat der Gesetzgeber hier getan und ausdrücklich darauf abgestellt, dass mit Blick auf die räumliche Situation im Grenzdreieck Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz gemeinsame Interessen bestehen, die eine Zuordnung der Verbandsgemeinde Rennerod zu dem Wahlkreis 1 rechtfertigen (LT-Drucks. 16/3970, S. 10). Es bestehen also durchaus – anders als es der Beschwerdeführer meint – Verbindungen der Verbandsgemeinde Rennerod zu dem neu gebildeten Wahlkreis 1. Der Wahlkreis 5 stellt im Übrigen auch nach dem Neuzuschnitt unbestritten ein zusammenhängendes Gebiet dar. Das gewählte Kriterium ist mithin mit Blick auf den Wahlkreis 5 nicht sachfremd.
- 67
bbb) Etwas anders würde allenfalls dann gelten, wenn die vom Gesetzgeber ausgewählte Variante im Hinblick auf den Nachbarwahlkreis offenkundig fehlerhaft wäre (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 u.a. –, NVwZ 2002, 71 [72]). Soweit der Beschwerdeführer dazu einwendet, der Wahlkreis 1 (neu) stelle sich als unharmonisches, schlauchartiges Gebilde dar, da zwischen der Verbandsgemeinde Rennerod und dem Wahlkreis 1 (alt) eine gemeinsame Grenze von lediglich 750 Metern, diese darüber hinaus auf einem nur eingeschränkt zugänglichen Truppenübungsplatz liege und eine unmittelbare Straßenverbindung nicht existiere, führt dies jedoch nicht dazu, dass diese Variante verfassungsrechtlich zu beanstanden wäre.
- 68
Ein Wahlkreis soll dem Repräsentationsgedanken und damit dem Demokratieprinzip Rechnung tragend ein abgerundetes, zusammengehöriges Ganzes bilden (vgl. BVerfG, Urteil vom 10. April 1997 – 2 BvF 1/95 –, 95, 335 [364]; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 2 BvC 3/11 –, BVerfGE 130, 212 [238]; Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 u.a. –, NVwZ 2002, 71 [72]; BayVerfGH, Entscheidung vom 12. Juli 1990 – Vf. 10-VII/89 –, NVwZ 1991, 565; NdsStGH, Urteil vom 24. Februar 2000 – StGH 2/99 –, NVwZ 2000, 670 [671]; StGH BW, Urteil vom 23. Februar 1990 – GR 2/88 –, ESVGH 40, 161 [170 f.]). Diesen Grundsatz hat der Gesetzgeber auch ausdrücklich aufgenommen, indem er festlegt, dass jeder Wahlkreis ein zusammenhängendes Gebiet bilden soll (vgl. LT-Drucks. 16/3970, S. 9).
- 69
Der Gesetzgeber hat sich von dem Kriterium, dass der Wahlkreis ein zusammenhängendes Gebiet bilden soll, auch nicht in unsachgerechter Weise gelöst. Er hat ausdrücklich konstatiert, dass die gemeinsame Grenze „nicht besonders lang ist“ (LT-Drucks. 16/3970, S. 9 f.). Im Hinblick auf die von ihm angenommenen bestehenden gemeinsamen Interessen aufgrund der räumlichen Situation im Grenzdreieck Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz hat er letzterem Aspekt jedoch den Vorrang eingeräumt. Dies ist nicht zu beanstanden. Dieser Aspekt trägt ebenso wie der des „abgerundeten Gebiets“ dem Repräsentationsgedanken und dem Demokratieprinzip Rechnung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 18. Juli 2001 – 2 BvR 1252/99 u.a. –, NVwZ 2002, 71 [72]; OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1971 – III A 35/71 –, OVGE 27, 209 [221]). Deshalb sind sogar Exklaven oder „Landbrücken“ nicht in jedem Fall per se ausgeschlossen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 15. Dezember 1971 – III A 35/71 –, OVGE 27, 209 [221]; BayVerfGH, Entscheidung vom 4. Oktober 2012 – Vf. 14-VII-1 u.a. –, BayVBl. 2013, 140 [141]; Hahlen, in: Schreiber [Hrsg.], BWahlG, 9. Aufl. 2013, § 3 Rn. 27). Die bloße Form des Wahlkreises ist nämlich kein Selbstzweck, sondern muss vor diesem Hintergrund beurteilt werden. Im Übrigen kann der Wahlkreis 1 (neu) gleichwohl noch als ein „zusammenhängendes Gebilde“ angesehen werden. Eine allenfalls „ungewöhnliche Gestalt“ eines Wahlkreises ist keinesfalls unzulässig (vgl. Faber, BayVBl. 2013, 146 [149]).
- 70
ccc) Soweit sich danach die Rügen des Beschwerdeführers gegen die Neueinteilung des Wahlkreises 5 auf den Vorwurf der parteipolitisch motivierten Manipulation verdichten, kann dies nach dem oben Gesagten nicht festgestellt werden, denn der Gesetzgeber hat seiner Entscheidung sachgerechte Kriterien zugrunde gelegt und bei der Neuabgrenzung der Wahlkreise 5 und 1 seinen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
- 71
Die Annahme des Beschwerdeführers, die von ihm favorisierte Alternative eines Wechsels der Verbandsgemeinde Marienberg sei (zugunsten des schließlich realisierten Wechsels der Verbandsgemeinde Rennerod) vom Gesetzgeber aus rein parteipolitischen Motiven verworfen worden, hat demgegenüber lediglich spekulativen Charakter. Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Neuzuschnitt des Wahlkreises die politischen Mehrheitsverhältnisse im Wahlkreis 5 durch die Neuzuordnung der Verbandsgemeinde Rennerod in den Wahlkreis 1 nicht signifikant verändert. Bei dem insoweit anzustellenden Vergleich mit dem Wahlergebnis im Hinblick auf die Wahlkreisstimmenanteile bei der vorangegangenen Landtagswahl 2011 ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer in der Verbandsgemeinde Rennerod mit 41,6 v.H. gegenüber 41 v.H. lediglich ganz knapp vor seinem Mitbewerber von der regierenden SPD lag. Diese Verbandsgemeinde kann insoweit als wahltechnisch nahezu neutral eingestuft werden. Was die Wahlkreisstimmenanteile im Wahlkreis 5 insgesamt anbelangt, lag der Beschwerdeführer mit über 10 v.H. hinter seinem Mitbewerber von der SPD (SPD: 46,9 v.H.; CDU: 35,4 v.H.). Gerade in einem solchen Fall aber sind Rückschlüsse darauf, dass ein Neuzuschnitt auf sachfremden Erwägungen der Parlamentsmehrheit beruht, regelmäßig nicht gerechtfertigt (vgl. StGH BW, Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [466]).
- 72
Dies gilt umso mehr, wenn man die von dem Beschwerdeführer angeführte Alternativlösung betrachtet, wonach die Verbandsgemeinde Marienberg aus dem Wahlkreis 5 herausgelöst und dem Wahlkreis 1 zugeordnet werden solle. Dies würde entgegen der vom Gesetzgeber gefundenen – gemessen an den Wahlkreisstimmenanteilen bei der Landtagswahl 2011 parteipolitisch neutralen – Lösung dazu führen, dass eine deutliche Verschiebung zugunsten des Beschwerdeführers einträte (Wahlkreisstimmenanteile bei der Landtagswahl 2011: SPD: 54,2 v.H.; CDU: 27,6 v.H.). Gleiches gilt für die ebenfalls von dem Beschwerdeführer als Alternativlösung ins Spiel gebrachte Verschiebung der Verbandsgemeinde Hachenburg (Wahlkreisstimmenanteile bei der Landtagswahl 2011: SPD: 53,3 v.H.; CDU: 28,1 v.H.).
- 73
Dieser im Falle einer Neueinteilung von Wahlkreisen als allenfalls bloße Akzeptanz bestehende mögliche Vorteil, dass er eine für ihn parteipolitisch weniger vorteilhafte Verbandsgemeinde an den Nachbarwahlkreis „abgeben“ kann, wird dem Beschwerdeführer aber nach dem Vorgesagten nicht durch eine sachwidrige Entscheidung des Gesetzgebers vorenthalten. Ein „extremer Ausnahmefall“, bei dem sich die von dem Beschwerdeführer erstrebte, ihn parteipolitisch begünstigende Wahlkreiseinteilung als einzig verfassungskonforme Lösung aufdrängen würde (StGH BW, Urteil vom 22. Mai 2012 – GR 11/11 –, VBlBW 2012, 462 [464]), kann nach dem Vorgesagten gerade nicht festgestellt werden.
II.
- 74
Der Anspruch des Beschwerdeführers auf willkürfreie Entscheidung des Gesetzgebers gemäß Art. 17 Abs. 1 und 2 LV, Art. 77 Abs. 2 LV ist ebenfalls nicht verletzt. Die Neuabgrenzung der Wahlkreise 5 und 1 beruht, wie oben dargelegt, auf hinreichend sachlichen Gründen.
D.
- 75
Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist kostenfrei (§ 21 Abs. 1 VerfGHG). Gründe dafür, die volle oder teilweise Erstattung der Auslagen gemäß § 21a Abs. 3 VerfGHG anzuordnen, liegen nicht vor.
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