Sozialgericht Speyer Urteil, 14. Jan. 2016 - S 17 P 19/15

ECLI:ECLI:DE:SGSPEYE:2016:0114.S17P19.15.0A
bei uns veröffentlicht am14.01.2016

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Wohngruppenzuschlags nach § 38a Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) streitig.

2

Die am ...1924 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert.

3

Seit dem 1.9.2013 befindet sich die Klägerin im Bezug von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe II.

4

Durch den Club Behinderter und ihrer Freunde … e.V. (cbf) wurde von der A… Projektentwicklung GmbH eine Wohnung in der … Straße 13 in L… angemietet. Die Wohnung ist in sich abgeschlossen und weist eine gemeinsame Haustür sowie einen gemeinsamen Sanitärbereich und Küche auf.

5

Die Wohnung wird durch eine Wohngemeinschaft mit 8 betreuungs- und teilweise pflegebedürftigen Personen bewohnt. Durch die einzelnen Bewohner dieser Wohngemeinschaft wurde jeweils ein Untermietvertrag mit dem cbf abgeschlossen.

6

Den Bewohnern der Wohngruppe wird der pflegerische sowie betreuerische Rahmen durch spezielle Angebote des cbf und das Vorhalten von pflegerischen Leistungen durch den ambulanten Pflegedienst des cbf vorgegeben. Die Wohngemeinschaft wird durch eine vom cbf organisierte pädagogische Fachkraft geleitet und koordiniert.

7

Die Bezahlung der Fachkraft erfolgt durch die Bewohner.

8

Am 7.7.2011 schloss die Klägerin mit dem cbf einen Vertrag über die ambulante pflegerische und hauswirtschaftliche Versorgung (Pflegevertrag) ab. Auf Basis dieses Vertrags wurden durch das Personal des cbf ab dem 7.7.2011 ambulante pflegerische und hauswirtschaftliche Leistungen für die Klägerin erbracht. Auf den Pflege

9

Im August 2013 wurde zwischen der Klägerin und dem cbf ein Untermietvertrag über ein Zimmer in der oben genannten Wohnung in der  ... Straße 13 in L… abgeschlossen. Gegenstand des Untermietvertrages ist die Überlassung des Zimmers sowie die Möglichkeit der Nutzung der in der Wohnung befindlichen Nebenräume (Küche, Bad/Dusche, Aufenthaltsraum und Kellerraum). Die Monatsmiete für das Zimmer wies eine Höhe von 280,00 € auf. Durch die Klägerin waren nach dem Mietvertrag weitere Nebenkosten von monatlich 149,00 € zu zahlen. Das Mietverhältnis sollte zum 1.8.2013 beginnen.

10

In dem Mietvertrag war des Weiteren geregelt, dass in der Zeit zwischen 13:00 Uhr-15:00 Uhr und nach 22:00 Uhr unbedingt Ruhe herrschen muss. Darüber hinaus war die Klägerin vertraglich zur Reinigung der gemeinschaftlich benutzten Räume und Einrichtungsgegenstände verpflichtet.

11

§ 7 Nr. 2 des Mietvertrags lautete wie folgt:

12

Nr. 2 Außerordentliche Kündigung

13

der Hauptmieter kann das Mietverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist mit sofortiger Wirkung kündigen, wenn

14

a) der Untermieter die Hilfe des betreuten Wohnens nicht mehr bedarf oder Betreuung durch den CBF nicht mehr ein Anspruch nimmt

15

b) der Untermieter schuldhaft den Hausfrieden so nachhaltig stört, dass dem Hauptmieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann-insbesondere auch bei Alkohol-und Drogenmissbrauch

16

c) der Vermieter dem Hauptmieter die Mietvertrag mit sofortiger Wirkung aufkündigt“.

17

Auf den Untermietvertrag aus dem Monat August 2013 (Blatt 31-33 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.

18

Der durch die Klägerin mit dem cbf geschlossene Untermietvertrag war mit dem Pflegevertrag gekoppelt. Der Pflegedienst konnte durch die Klägerin nicht selbstständig ausgewählt werden.

19

Auf das Schreiben des cbf vom 25.7.2014 und den Schriftsatz der Klägervertreter vom 15.6.2014 (Blatt 4 der Verwaltungsakte und 30 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.

20

Zum 1.8.2013 bezog die Klägerin ihr Zimmer in der Wohngemeinschaft in der … Straße 13 in L….

21

Zum Zeitpunkt des Einzugs der Klägerin in die Wohnung lebten 7 weitere Mitbewohner in der Wohngemeinschaft, von denen 2 pflegebedürftig waren.

22

Im Hinblick auf die Bezahlung der pädagogischen Fachkraft stellte sich die Problematik, dass die sieben Mitbewohner der Klägerin ihren Anteil durch ein persönliches Budget in Höhe von durchschnittlich 3 Stunden/Woche erbrachten. Die Klägerin selbst musste Ihren Anteil an der Bezahlung der pädagogischen Fachkraft aus eigenen finanziellen Mitteln aufwenden.

23

Seit dem 8.7.2015 ist die Klägerin im Pflegeheim Bethesda untergebracht.

24

Am 3.4.2014 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf die Gewährung von Leistungen nach § 38a SGB XI für die Zeit ab dem 1.1.2013.

25

Mit Bescheid vom 19.8.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung des pauschalen Wohngruppenzuschlags nach § 38a SGB XI ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin vom 4.9.2014 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.1.2015 (zugestellt am 20.1.2015) als unbegründet zurück. Zur Begründung machte die Beklagte geltend, dass der Gewährung eines pauschalen Zuschlags nach § 38 a SGB XI die fehlende freie Wählbarkeit eines Pflegedienstes entgegenstehe. Sowohl durch § 38a Abs. 1 Nr. 4 SGB XI in Verbindung mit § 4 Abs. 2 des Landesgesetzes über Wohnformen und Teilhabe für das Land Rheinland-Pfalz, als auch nach § 38a Abs. 2 SGB XI stehe die Verknüpfung von Pflegeleistungen und Wohnraumüberlassung der Gewährung eines Wohngruppenzuschlags entgegen.

26

Am 20.2.2015 hat die Klägerin die vorliegende Klage bei dem Sozialgericht Speyer erhoben.

27

Die Klägerin macht geltend, dass die Vorgehensweise der Beklagten, die Leistungen nach § 38a SGB XI gemäß § 83 SGB XII als zweckgleiche Leistung auf die in der Wohngemeinschaft vereinbarte Betreuungspauschale anzurechnen, rechtswidrig sei.

28

Die Klägerin beantragt:

29

die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids von 19.8.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.1.2014 verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab dem 1.1.2013 bis zum 8.7.2015 den Wohngruppenzuschlag nach § 38a SGB XI in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

30

Die Beklagte beantragt:

31

die Klage wird abgewiesen.

32

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsbescheid.

33

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

34

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

35

Der Bescheid der Beklagten von 19.8.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids und 13.1.2014 erweist sich als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung von zusätzlichen Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen gemäß § 38a SGB XI.

36

1. Anspruchsgrundlage für die Gewährung eines Wohngruppenzuschlags war im Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 31.12.2014 § 38 a SGB XI in der maßgeblichen Fassung des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes (PNG) vom 23.10.2012 (Bundesgesetzblatt I, Seite 2246; im folgenden § 38 a SGB XI (a.F.)).

37

Nach dieser Vorschrift haben Pflegebedürftige Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 200,00 € monatlich, wenn sie 1.) in ambulant betreuten Wohngruppen in einer gemeinsamen Wohnung mit häuslicher pflegerischer Versorgung leben, 2.) sie Leistungen nach §§ 36, 37 oder 38 SGB XI beziehen, 3.) in der ambulant betreuten Wohngruppe eine Pflegekraft tätig ist, die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtet und 4.) es sich um ein gemeinschaftliches Wohnen von regelmäßig mindestens 3 Pflegebedürftigen handelt mit dem Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung, dem die jeweils maßgeblichen heimrechtlichen Vorschriften oder ihre Anforderungen an Leistungserbringer nicht entgegenstehen. Keine ambulante Versorgungsform liegt nach § 38a Abs. 2 Satz 1 SGB XI (a. F.) vor, wenn die freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen rechtlich oder tatsächlich eingeschränkt ist. Die von der Gemeinschaft unabhängig getroffenen Regelungen und Absprachen sind keine tatsächlichen Einschränkungen in diesem Sinne (§ 38a Abs. 2 Satz 2 SGB XI (a. F.)).

38

Vorliegend fehlt es an einer ambulanten Versorgungsform im Sinne des § 38 a Abs. 1 SGB XI (a.F.), da die freie Wählbarkeit der Pflege-und Betreuungsleistungen zur Überzeugung der Kammer eingeschränkt war.

39

Die Kammer stützt sich in ihrer Überzeugung von der eingeschränkten Wählbarkeit, zum einen auf den Schriftsatz der Klägervertreter vom 15.06.2015, in dem auf Nachfrage der Kammer bestätigt worden ist, dass der Pflegevertrag und der Untermietvertrag der Klägerin faktisch miteinander gekoppelt waren.

40

Die Kammer stützt sich zum anderen auf die Regelung des § 7 Nr. 2a des Untermietvertrages, wonach der cbf unter anderem dann zur außerordentlichen Kündigung des Untermietverhältnisses berechtigt ist, wenn der Untermieter die Betreuung durch den cbf nicht in Anspruch nimmt. Auch die im Schreiben des cbf vom 25.7.2014 geschilderte Struktur der Wohngemeinschaft bestätigt die jedenfalls faktische Koppelung von Pflege-und Untermietvertrag. Hiernach wird die jeweilige Wohnung durch den cbf angemietet und den Bewohnern der Wohngruppe der pflegerische sowie betreuerische Rahmen durch spezielle Angebote, das Vorhalten von pflegerischen Leistungen durch den eigenen Pflegedienst sowie das Vorhalten einer pädagogischen Fachkraft (Sozialarbeiterin) vorgegeben. Für eine eigenständige Organisation der pflegerischen Versorgung durch die Mitbewohner bleibt innerhalb dieser (vorgegebenen) Struktur kein Raum. Dies wird im Übrigen durch den CBF selbst bestätigt, der in dem Schreiben vom 25.07.2014 angibt, dass die Wohngemeinschaft keine durch die Mitbewohner selbstorganisierte Pflege-WG ist.

41

2. Auch für den Zeitraum vom 1.1.2015 bis zum 7.7.2015 besteht kein Anspruch der Klägerin auf die Gewährung des pauschalen Zuschlags nach § 38a SGB XI in der Fassung des Ersten Pflegestärkungsgesetzes (PSG I) vom 17.12.2014 (Bundesgesetzblatt I, Seite 2222; im folgenden § 38a SGB XI (n. F.).

42

Diese Bestimmung lautet:

43

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 205 € monatlich, wenn

44

1. sie mit mindestens 2 und höchstens 9 weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zwecke der gemeinschaftlich organisierten pflegerische Versorgung leben und davon mindestens 2 weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45 a bei Ihnen festgestellt wurde,

45

2. sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45 b oder § 123 beziehen,

46

3. eine Person von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerische Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten und hauswirtschaftliche Unterstützung zu leisten, und

47

4. keine Versorgungsform vorliegt, in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs. 1 die vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten in der Wohngruppe nicht erbracht wird, sondern die Versorgung auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann.

48

Durch die Wohngemeinschaft der Klägerin in der … Straße 13 in L… werden die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 SGB XI (n.F.) nicht erfüllt.

49

Zum einen ist der nach § 38 a Abs. 1 Nr. 1 SGB XI (n.F.) erforderliche Wohnzweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerische Versorgung in einer gemeinsamen Wohnung nicht gegeben (dazu a). Darüber hinaus ist durch die Mitglieder der Wohngruppe keine Person gemeinschaftlich beauftragt worden, um die in § 38a Abs. 1 Nr. 3 SGB XI (n.F.) genannten Tätigkeiten und/oder Unterstützungsleistungen zu erbringen (dazu b).

50

a) Zwar lebten in der … Straße 13 in L… in einer gemeinsamen Wohnung 8 Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe zusammen. Eine Würdigung der inneren und äußeren Umstände führt jedoch zum Ergebnis, dass dieses Zusammenleben nicht zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung erfolgte. Es handelt sich vielmehr um eine durch den cbf organisierte und strukturierte Wohngruppe, in der die einzelnen Bewohner von diesem ambulant betreut werden. Ein gemeinschaftlich organisiertes Wohnen sowie eine gemeinschaftlich organisierte pflegerische Versorgung waren nicht gegeben (siehe oben).

51

b) Darüber hinaus wurde durch die Mitglieder der Wohngruppe keine Person zu Wahrnehmung der in § 38a Abs. 1 Nr. 3 SGB XI genannten Aufgaben und Unterstützungsleistungen beauftragt. Nur durch diese neben das gemeinschaftlich organisierte Wohnung tretende Element der Beauftragung einer Person mit diesen Aufgaben werden die Aufwendungen ausgelöst, die der Wohngruppenzuschlag abdecken soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18.2.2016, Az.: B 3 P 5/14 R).

52

Zwar wird die Wohngemeinschaft von einer pädagogischen Fachkraft geleitet und koordiniert. Diese pädagogische Fachkraft gehört jedoch zu der durch den cbf vorgegebenen Struktur der Wohngemeinschaft; eine gemeinschaftliche Auswahl und Beauftragung dieser Fachkraft durch die Bewohner der Wohngemeinschaft ist nicht erfolgt. Es obliegt den Mitgliedern der Wohngemeinschaft lediglich, die finanziellen Mittel zur Bezahlung der Fachkraft aufzubringen.

53

Die Kostentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen P

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(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Der Anspruch

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 83 Nach Zweck und Inhalt bestimmte Leistungen


(1) Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient. (2) Eine Entschäd

Sozialgesetzbuch (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014) - SGB 11 | § 38a Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen


(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich, wenn 1. sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der ge

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Nimmt der Pflegebedürftige die ihm nach § 36 Absatz 3 zustehende Sachleistung nur teilweise in Anspruch, erhält er daneben ein anteiliges Pflegegeld im Sinne des § 37. Das Pflegegeld wird um den Vomhundertsatz vermindert, in dem der Pflegebedürftige

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Bundessozialgericht Urteil, 18. Feb. 2016 - B 3 P 5/14 R

bei uns veröffentlicht am 18.02.2016

Tenor Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 27. August 2014 und des SG Münster vom 17. Januar 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

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(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich, wenn

1.
sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind,
2.
sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45a oder § 45b beziehen,
3.
eine Person durch die Mitglieder der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder die Wohngruppenmitglieder bei der Haushaltsführung zu unterstützen, und
4.
keine Versorgungsform einschließlich teilstationärer Pflege vorliegt, in der ein Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten nicht erbracht wird, sondern die Versorgung in der Wohngruppe auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann.

Leistungen der Tages- und Nachtpflege gemäß § 41 können neben den Leistungen nach dieser Vorschrift nur in Anspruch genommen werden, wenn gegenüber der zuständigen Pflegekasse durch eine Prüfung des Medizinischen Dienstes nachgewiesen ist, dass die Pflege in der ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist; dies gilt entsprechend für die Versicherten der privaten Pflege-Pflichtversicherung.

(2) Die Pflegekassen sind berechtigt, zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen bei dem Antragsteller folgende Daten zu verarbeiten und folgende Unterlagen anzufordern:

1.
eine formlose Bestätigung des Antragstellers, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nummer 1 erfüllt sind,
2.
die Adresse und das Gründungsdatum der Wohngruppe,
3.
den Mietvertrag einschließlich eines Grundrisses der Wohnung und den Pflegevertrag nach § 120,
4.
Vorname, Name, Anschrift und Telefonnummer sowie Unterschrift der Person nach Absatz 1 Nummer 3 und
5.
die vereinbarten Aufgaben der Person nach Absatz 1 Nummer 3.

(1) Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient.

(2) Eine Entschädigung, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches geleistet wird, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich, wenn

1.
sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind,
2.
sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45a oder § 45b beziehen,
3.
eine Person durch die Mitglieder der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder die Wohngruppenmitglieder bei der Haushaltsführung zu unterstützen, und
4.
keine Versorgungsform einschließlich teilstationärer Pflege vorliegt, in der ein Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten nicht erbracht wird, sondern die Versorgung in der Wohngruppe auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann.

Leistungen der Tages- und Nachtpflege gemäß § 41 können neben den Leistungen nach dieser Vorschrift nur in Anspruch genommen werden, wenn gegenüber der zuständigen Pflegekasse durch eine Prüfung des Medizinischen Dienstes nachgewiesen ist, dass die Pflege in der ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist; dies gilt entsprechend für die Versicherten der privaten Pflege-Pflichtversicherung.

(2) Die Pflegekassen sind berechtigt, zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen bei dem Antragsteller folgende Daten zu verarbeiten und folgende Unterlagen anzufordern:

1.
eine formlose Bestätigung des Antragstellers, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nummer 1 erfüllt sind,
2.
die Adresse und das Gründungsdatum der Wohngruppe,
3.
den Mietvertrag einschließlich eines Grundrisses der Wohnung und den Pflegevertrag nach § 120,
4.
Vorname, Name, Anschrift und Telefonnummer sowie Unterschrift der Person nach Absatz 1 Nummer 3 und
5.
die vereinbarten Aufgaben der Person nach Absatz 1 Nummer 3.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe). Der Anspruch umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 genannten Bereichen Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen sowie Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.

(2) Häusliche Pflegehilfe wird erbracht, um Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen so weit wie möglich durch pflegerische Maßnahmen zu beseitigen oder zu mindern und eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit zu verhindern. Bestandteil der häuslichen Pflegehilfe ist auch die pflegefachliche Anleitung von Pflegebedürftigen und Pflegepersonen. Pflegerische Betreuungsmaßnahmen umfassen Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld, insbesondere

1.
bei der Bewältigung psychosozialer Problemlagen oder von Gefährdungen,
2.
bei der Orientierung, bei der Tagesstrukturierung, bei der Kommunikation, bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte und bei bedürfnisgerechten Beschäftigungen im Alltag sowie
3.
durch Maßnahmen zur kognitiven Aktivierung.

(3) Der Anspruch auf häusliche Pflegehilfe umfasst je Kalendermonat

1.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 724 Euro,
2.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 363 Euro,
3.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 1 693 Euro,
4.
für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5 Leistungen bis zu einem Gesamtwert von 2 095 Euro.

(4) Häusliche Pflegehilfe ist auch zulässig, wenn Pflegebedürftige nicht in ihrem eigenen Haushalt gepflegt werden; sie ist nicht zulässig, wenn Pflegebedürftige in einer stationären Pflegeeinrichtung oder in einer Einrichtung oder in Räumlichkeiten im Sinne des § 71 Absatz 4 gepflegt werden. Häusliche Pflegehilfe wird durch geeignete Pflegekräfte erbracht, die entweder von der Pflegekasse oder bei ambulanten Pflegeeinrichtungen, mit denen die Pflegekasse einen Versorgungsvertrag abgeschlossen hat, angestellt sind. Auch durch Einzelpersonen, mit denen die Pflegekasse einen Vertrag nach § 77 Absatz 1 abgeschlossen hat, kann häusliche Pflegehilfe als Sachleistung erbracht werden. Mehrere Pflegebedürftige können häusliche Pflegehilfe gemeinsam in Anspruch nehmen.

(1) Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderlichen körperbezogenen Pflegemaßnahmen und pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat

1.
316 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2,
2.
545 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 3,
3.
728 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 4,
4.
901 Euro für Pflegebedürftige des Pflegegrades 5.

(2) Besteht der Anspruch nach Absatz 1 nicht für den vollen Kalendermonat, ist der Geldbetrag entsprechend zu kürzen; dabei ist der Kalendermonat mit 30 Tagen anzusetzen. Die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes wird während einer Kurzzeitpflege nach § 42 für bis zu acht Wochen und während einer Verhinderungspflege nach § 39 für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr fortgewährt. Das Pflegegeld wird bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Pflegebedürftige gestorben ist. § 118 Abs. 3 und 4 des Sechsten Buches gilt entsprechend, wenn für die Zeit nach dem Monat, in dem der Pflegebedürftige verstorben ist, Pflegegeld überwiesen wurde.

(3) Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach Absatz 1 beziehen, haben in folgenden Intervallen eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen:

1.
bei den Pflegegraden 2 und 3 halbjährlich einmal,
2.
bei den Pflegegraden 4 und 5 vierteljährlich einmal.
Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 haben Anspruch, halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen. Beziehen Pflegebedürftige von einem ambulanten Pflegedienst Pflegesachleistungen, können sie ebenfalls halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit in Anspruch nehmen. Auf Wunsch der pflegebedürftigen Person erfolgt im Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis einschließlich 30. Juni 2024 jede zweite Beratung abweichend von den Sätzen 1 bis 3 per Videokonferenz. Bei der Durchführung der Videokonferenz sind die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden einzuhalten. Die erstmalige Beratung nach den Sätzen 1 bis 3 hat in der eigenen Häuslichkeit zu erfolgen.

(3a) Die Beratung nach Absatz 3 dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege und der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. Die Pflegebedürftigen und die häuslich Pflegenden sind bei der Beratung auch auf die Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für sie zuständigen Pflegestützpunktes sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a hinzuweisen.

(3b) Die Beratung nach Absatz 3 kann durchgeführt werden durch

1.
einen zugelassenen Pflegedienst,
2.
eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz oder
3.
eine von der Pflegekasse beauftragte, jedoch von ihr nicht beschäftigte Pflegefachkraft, sofern die Durchführung der Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst vor Ort oder eine von den Landesverbänden der Pflegekassen nach Absatz 7 anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz nicht gewährleistet werden kann.

(3c) Die Vergütung für die Beratung nach Absatz 3 ist von der zuständigen Pflegekasse, bei privat Pflegeversicherten von dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen zu tragen, im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von dem zuständigen Beihilfeträger. Die Höhe der Vergütung für die Beratung durch einen zugelassenen Pflegedienst oder durch eine von der Pflegekasse beauftragte Pflegefachkraft vereinbaren die Pflegekassen oder deren Arbeitsgemeinschaften in entsprechender Anwendung des § 89 Absatz 1 und 3 mit dem Träger des zugelassenen Pflegedienstes oder mit der von der Pflegekasse beauftragten Pflegefachkraft unter Berücksichtigung der Empfehlungen nach Absatz 5. Die Vergütung kann nach Pflegegraden gestaffelt werden. Über die Höhe der Vergütung anerkannter Beratungsstellen und von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften entscheiden die Landesverbände der Pflegekassen unter Zugrundelegung der im jeweiligen Land nach den Sätzen 2 und 4 vereinbarten Vergütungssätze jeweils für die Dauer eines Jahres. Die Landesverbände haben die jeweilige Festlegung der Vergütungshöhe in geeigneter Weise zu veröffentlichen.

(4) Die Pflegedienste und die anerkannten Beratungsstellen sowie die beauftragten Pflegefachkräfte haben die Durchführung der Beratungseinsätze gegenüber der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen zu bestätigen sowie die bei dem Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Verbesserung der häuslichen Pflegesituation dem Pflegebedürftigen und mit dessen Einwilligung der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen mitzuteilen, im Fall der Beihilfeberechtigung auch der zuständigen Beihilfefestsetzungsstelle. Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen stellen ihnen für diese Mitteilung ein einheitliches Formular zur Verfügung. Erteilt die pflegebedürftige Person die Einwilligung nicht, ist jedoch nach Überzeugung der Beratungsperson eine weitergehende Beratung angezeigt, übermittelt die jeweilige Beratungsstelle diese Einschätzung über die Erforderlichkeit einer weitergehenden Beratung der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen. Diese haben eine weitergehende Beratung nach § 7a anzubieten. Der beauftragte Pflegedienst und die anerkannte Beratungsstelle haben dafür Sorge zu tragen, dass für einen Beratungsbesuch im häuslichen Bereich Pflegekräfte eingesetzt werden, die spezifisches Wissen zu dem Krankheits- und Behinderungsbild sowie des sich daraus ergebenden Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen mitbringen und über besondere Beratungskompetenz verfügen. Zudem soll bei der Planung für die Beratungsbesuche weitestgehend sichergestellt werden, dass der Beratungsbesuch bei einem Pflegebedürftigen möglichst auf Dauer von derselben Pflegekraft durchgeführt wird.

(5) Die Vertragsparteien nach § 113 beschließen gemäß § 113b bis zum 1. Januar 2018 unter Beachtung der in Absatz 4 festgelegten Anforderungen Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 3. Die Empfehlungen enthalten Ausführungen wenigstens

1.
zu Beratungsstandards,
2.
zur erforderlichen Qualifikation der Beratungspersonen sowie
3.
zu erforderlichenfalls einzuleitenden Maßnahmen im Einzelfall.
Fordert das Bundesministerium für Gesundheit oder eine Vertragspartei nach § 113 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit die Vertragsparteien schriftlich zum Beschluss neuer Empfehlungen nach Satz 1 auf, sind diese innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Aufforderung neu zu beschließen. Die Empfehlungen gelten für die anerkannten Beratungsstellen entsprechend.

(5a) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen beschließt mit dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V. bis zum 1. Januar 2020 Richtlinien zur Aufbereitung, Bewertung und standardisierten Dokumentation der Erkenntnisse aus dem jeweiligen Beratungsbesuch durch die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen. Die Richtlinien werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb von zwei Monaten, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben.

(6) Rufen Pflegebedürftige die Beratung nach Absatz 3 Satz 1 nicht ab, hat die Pflegekasse oder das private Versicherungsunternehmen das Pflegegeld angemessen zu kürzen und im Wiederholungsfall zu entziehen.

(7) Die Landesverbände der Pflegekassen haben neutrale und unabhängige Beratungsstellen zur Durchführung der Beratung nach den Absätzen 3 bis 4 anzuerkennen. Dem Antrag auf Anerkennung ist ein Nachweis über die erforderliche pflegefachliche Kompetenz der Beratungsstelle und ein Konzept zur Qualitätssicherung des Beratungsangebotes beizufügen. Die Landesverbände der Pflegekassen regeln das Nähere zur Anerkennung der Beratungsstellen.

(8) Die Beratungsbesuche nach Absatz 3 können auch von Pflegeberaterinnen und Pflegeberatern im Sinne des § 7a oder von Beratungspersonen der kommunalen Gebietskörperschaften, die die erforderliche pflegefachliche Kompetenz aufweisen, durchgeführt werden. Absatz 4 findet entsprechende Anwendung. Die Inhalte der Empfehlungen zur Qualitätssicherung der Beratungsbesuche nach Absatz 5 sind zu beachten.

(9) Beratungsbesuche nach Absatz 3 dürfen von Betreuungsdiensten im Sinne des § 71 Absatz 1a nicht durchgeführt werden.

Nimmt der Pflegebedürftige die ihm nach § 36 Absatz 3 zustehende Sachleistung nur teilweise in Anspruch, erhält er daneben ein anteiliges Pflegegeld im Sinne des § 37. Das Pflegegeld wird um den Vomhundertsatz vermindert, in dem der Pflegebedürftige Sachleistungen in Anspruch genommen hat. An die Entscheidung, in welchem Verhältnis er Geld- und Sachleistung in Anspruch nehmen will, ist der Pflegebedürftige für die Dauer von sechs Monaten gebunden. Anteiliges Pflegegeld wird während einer Kurzzeitpflege nach § 42 für bis zu acht Wochen und während einer Verhinderungspflege nach § 39 für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr in Höhe der Hälfte der vor Beginn der Kurzzeit- oder Verhinderungspflege geleisteten Höhe fortgewährt. Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen (§ 43a) haben Anspruch auf ungekürztes Pflegegeld anteilig für die Tage, an denen sie sich in häuslicher Pflege befinden.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich, wenn

1.
sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind,
2.
sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45a oder § 45b beziehen,
3.
eine Person durch die Mitglieder der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder die Wohngruppenmitglieder bei der Haushaltsführung zu unterstützen, und
4.
keine Versorgungsform einschließlich teilstationärer Pflege vorliegt, in der ein Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten nicht erbracht wird, sondern die Versorgung in der Wohngruppe auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann.

Leistungen der Tages- und Nachtpflege gemäß § 41 können neben den Leistungen nach dieser Vorschrift nur in Anspruch genommen werden, wenn gegenüber der zuständigen Pflegekasse durch eine Prüfung des Medizinischen Dienstes nachgewiesen ist, dass die Pflege in der ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist; dies gilt entsprechend für die Versicherten der privaten Pflege-Pflichtversicherung.

(2) Die Pflegekassen sind berechtigt, zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen bei dem Antragsteller folgende Daten zu verarbeiten und folgende Unterlagen anzufordern:

1.
eine formlose Bestätigung des Antragstellers, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nummer 1 erfüllt sind,
2.
die Adresse und das Gründungsdatum der Wohngruppe,
3.
den Mietvertrag einschließlich eines Grundrisses der Wohnung und den Pflegevertrag nach § 120,
4.
Vorname, Name, Anschrift und Telefonnummer sowie Unterschrift der Person nach Absatz 1 Nummer 3 und
5.
die vereinbarten Aufgaben der Person nach Absatz 1 Nummer 3.

Nimmt der Pflegebedürftige die ihm nach § 36 Absatz 3 zustehende Sachleistung nur teilweise in Anspruch, erhält er daneben ein anteiliges Pflegegeld im Sinne des § 37. Das Pflegegeld wird um den Vomhundertsatz vermindert, in dem der Pflegebedürftige Sachleistungen in Anspruch genommen hat. An die Entscheidung, in welchem Verhältnis er Geld- und Sachleistung in Anspruch nehmen will, ist der Pflegebedürftige für die Dauer von sechs Monaten gebunden. Anteiliges Pflegegeld wird während einer Kurzzeitpflege nach § 42 für bis zu acht Wochen und während einer Verhinderungspflege nach § 39 für bis zu sechs Wochen je Kalenderjahr in Höhe der Hälfte der vor Beginn der Kurzzeit- oder Verhinderungspflege geleisteten Höhe fortgewährt. Pflegebedürftige in vollstationären Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen (§ 43a) haben Anspruch auf ungekürztes Pflegegeld anteilig für die Tage, an denen sie sich in häuslicher Pflege befinden.

(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 214 Euro monatlich, wenn

1.
sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig im Sinne der §§ 14, 15 sind,
2.
sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45a oder § 45b beziehen,
3.
eine Person durch die Mitglieder der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder die Wohngruppenmitglieder bei der Haushaltsführung zu unterstützen, und
4.
keine Versorgungsform einschließlich teilstationärer Pflege vorliegt, in der ein Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten nicht erbracht wird, sondern die Versorgung in der Wohngruppe auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfelds sichergestellt werden kann.

Leistungen der Tages- und Nachtpflege gemäß § 41 können neben den Leistungen nach dieser Vorschrift nur in Anspruch genommen werden, wenn gegenüber der zuständigen Pflegekasse durch eine Prüfung des Medizinischen Dienstes nachgewiesen ist, dass die Pflege in der ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist; dies gilt entsprechend für die Versicherten der privaten Pflege-Pflichtversicherung.

(2) Die Pflegekassen sind berechtigt, zur Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen bei dem Antragsteller folgende Daten zu verarbeiten und folgende Unterlagen anzufordern:

1.
eine formlose Bestätigung des Antragstellers, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nummer 1 erfüllt sind,
2.
die Adresse und das Gründungsdatum der Wohngruppe,
3.
den Mietvertrag einschließlich eines Grundrisses der Wohnung und den Pflegevertrag nach § 120,
4.
Vorname, Name, Anschrift und Telefonnummer sowie Unterschrift der Person nach Absatz 1 Nummer 3 und
5.
die vereinbarten Aufgaben der Person nach Absatz 1 Nummer 3.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des LSG Nordrhein-Westfalen vom 27. August 2014 und des SG Münster vom 17. Januar 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind in allen drei Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Wohngruppenzuschlags nach § 38a SGB XI.

2

Die 1927 geborene, an den Folgen des Alters leidende Klägerin ist bei der Beklagten pflegeversichert. Sie bezieht Leistungen bei häuslicher Pflege der Pflegestufe I als Kombinationsleistung (§ 38 SGB XI). Zusammen mit ihrem 1931 geborenen Ehemann, zwei Söhnen, einer Schwiegertochter und drei erwachsenen Enkeln lebt sie auf einem landwirtschaftlichen Hof. Der Ehemann der Klägerin - der Beigeladene zu 1. - und ein Sohn der Klägerin - der Beigeladene zu 2. - beziehen ebenfalls Leistungen bei häuslicher Pflege als Kombinationsleistung; der Ehemann von der Beklagten nach der Pflegestufe I und der an einer Behinderung leidende Sohn von der Beigeladenen zu 3. nach der Pflegestufe II. Die Klägerin und die Beigeladenen zu 1. und 2. bewohnen einen im Hofgebäude abgetrennten Wohnbereich mit separaten Schlafzimmern, Bad, Wohn- und Essraum. Die im Haus befindliche Küche wird von allen Bewohnern gemeinschaftlich genutzt. Die Klägerin und die Beigeladenen zu 1. und 2. werden durch einen ambulanten Pflegedienst und die im Haus lebende Schwiegertochter betreut.

3

Der im Januar 2013 gestellte Antrag der Klägerin auf Bewilligung des Wohngruppenzuschlags nach § 38a SGB XI blieb erfolglos(Bescheid vom 24.4.2013, Widerspruchsbescheid vom 16.9.2013). Das Zusammenleben innerhalb eines Familienverbundes verfolge nicht den Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung innerhalb einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung.

4

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 24.4.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.9.2013 verurteilt, der Klägerin für die Zeit ab 1.1.2013 einen Wohngruppenzuschlag in Höhe von 200 Euro monatlich zu zahlen (Urteil vom 17.1.2014). Bei verfassungskonformer Auslegung (Art 6 Abs 1, Art 3 Abs 1 GG) sei § 38a SGB XI auch auf das Zusammenleben in einem Familienverbund anzuwenden. Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Das familiäre Leben stehe dem Wohnzweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung iS des § 38a SGB XI jedenfalls dann nicht entgegen, wenn es sich - wie hier - um erwachsene Pflegebedürftige in einer Großfamilie handele. In einer familiären Wohngruppe lasse sich die gemeinschaftlich organisierte Pflege in häuslicher Umgebung leichter durchführen als in fremder Umgebung. Dadurch könne die Inanspruchnahme von stationärer Pflege vermieden werden. Die Einbeziehung von familiären Wohngruppen in § 38a SGB XI entspreche dem Gesetzeszweck. Dass neben der pflegerischen Versorgung auch andere Gesichtspunkte - wie etwa besondere Beziehungen zu den Mitbewohnern, Freundschaften, gemeinsame Interessen oder die Förderung des familiären Zusammenhalts - für das gemeinsame Wohnen maßgeblich seien, stehe dem Anspruch nicht entgegen. § 38a SGB XI enthalte keinen gesetzlichen Leistungssauschluss bei familiärer Pflege. Weder die familiäre Verbundenheit noch Unterstützungspflichten untereinander seien geeignet, den Wohngruppenzuschlag zu versagen. Die nicht konkret nachzuweisenden Aufwendungen, die für die Organisation von Wohngruppen anfielen, entstünden unabhängig von der Art der Zusammensetzung der Wohngruppe. Dies trage einem ohne Formalitäten und bürokratischen Aufwand zu verwirklichenden Leistungsanspruch Rechnung.

5

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Revision. Sie rügt die Verletzung des § 38a SGB XI und verweist zur Begründung auf das "Gemeinsame Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes und der Verbände der Pflegekassen auf Bundesebene zu den leistungsrechtlichen Vorschriften des PflegeVG vom 17.4.2013" (im Folgenden: "Gemeinsames Rundschreiben", abrufbar unter www.gkv.spitzenverband.de), wonach das Zusammenleben innerhalb eines Familienverbundes nicht den Zweck der gemeinschaftlichen pflegerischen Versorgung in einer gemeinsamen Wohnung verfolge (Nummer 2.2 Gemeinsames Rundschreiben zu § 38a SGB XI, Fassungen vom 22.5.2013 und vom 19.12.2014 ). Der Vorschrift des § 38a SGB XI liege das besondere Konzept der sogenannten "neuen Wohnformen" zugrunde. Sprachlich zum Ausdruck komme dies in dem Begriff der "Wohngruppe". Hierunter falle nicht das traditionelle Wohnen in einer aus mehreren Generationen bestehenden Familie. Vielmehr bezwecke die Regelung die Förderung neuer Wohnkonzepte für Pflegebedürftige als Alternative sowohl zur stationären Pflege als auch zur Pflege in der Familie ("Modellvorhaben"). Die bloße Aufrechterhaltung der jeweiligen Lebensgestaltung nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit - wie das Zusammenleben von mehreren Personen in einem Familienverbund in einem ehemals landwirtschaftlich genutzten Gebäude - sei daher nicht geeignet, die nach der gesetzlichen Regelung erforderliche Zweckbestimmung einer gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung zu begründen. Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht liege hierin nicht.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 27. August 2014 und das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 17. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt die vorinstanzlichen Urteile. Das von der Beklagten erwähnte Gemeinsame Rundschreiben schränke in rechtswidriger Weise den Gesetzeswortlaut von § 38a SGB XI ein. Danach seien nämlich keine Wohngruppen ausgeschlossen, die aus Familienmitgliedern bestehen. Auch sie könnten den Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung verfolgen. Dass das gemeinschaftliche Wohnen mit weiteren Zwecken einhergehe, stehe dem Wohngruppenzuschlag nicht entgegen.

9

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten ist begründet. Daher waren die angefochtenen Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.

11

A. Die Klägerin verfolgt ihren im Januar 2013 gestellten Antrag auf Gewährung des Wohngruppenzuschlags zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG). Ein Anspruch auf Bewilligung dieser Leistung steht ihr nach § 38a SGB XI aber nicht zu. Zwar ist mit dem LSG davon auszugehen, dass Familienverbünde nach dem Wortlaut sowie einer am Sinn und Zweck orientierten Auslegung der Norm nicht generell von ihrem Anwendungsbereich ausgeschlossen sind (B.). Jedoch muss auch die aus Familienmitgliedern bestehende Wohngruppe zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung zusammenleben. Dieser über die individuelle häusliche Pflege und Betreuung der einzelnen Bewohner der Gruppe hinausgehende Zweck wird nach außen durch die gemeinsame Beauftragung einer Person, der zur Erfüllung dieses Zwecks bestimmte Aufgaben übertragen sind, objektiviert (1. bis 4.). Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin nicht (5.). Aus Verfassungsrecht kann sie keinen weitergehenden Anspruch herleiten (6.).

12

B. Rechtsgrundlage für den im Januar 2013 gestellten Antrag ist für die Zeit bis zum 31.12.2014 § 38a SGB XI idF des Art 1 Nr 13 des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes(PNG vom 23.10.2012, BGBl I 2246 - aF) und für die Zeit ab 1.1.2015 § 38a SGB XI idF des Art 1 Nr 8 des Ersten Pflegestärkungsgesetzes(PSG I vom 17.12.2014, BGBl I 2222), geändert durch Art 8 Nr 3 des Gesetzes zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf vom 23.12.2014 (BGBl I 2462 - nF). Vorliegend ist die aktuelle Gesetzesfassung von § 38a SGB XI erst nach Erlass der mit der Revision angefochtenen gerichtlichen Entscheidung in Kraft getreten. Die gültige Gesetzesfassung hat aber im Hinblick auf die hier streitigen Voraussetzungen - über eine Konkretisierung des Wohngruppenzuschlags hinaus - zu keiner maßgeblichen Rechtsänderung geführt. Auch wenn die og Gesetzesfassungen von § 38a SGB XI einen unterschiedlichen Wortlaut aufweisen, kann die Klägerin weder nach neuer noch nach alter Rechtslage einen Wohngruppenzuschlag beanspruchen.

13

1. Nach § 38a Abs 1 SGB XI haben Pflegebedürftige Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 205 Euro monatlich, wenn sie mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zwecke der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens zwei weitere Personen pflegebedürftig iS der §§ 14, 15 SGB XI sind oder eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI bei ihnen festgestellt wurde(Nr 1), sie Leistungen nach den §§ 36, 37, 38, 45b SGB XI oder § 123 SGB XI beziehen(Nr 2), eine Person von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragt ist, unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten zu verrichten oder hauswirtschaftliche Unterstützung zu leisten (Nr 3) und keine Versorgungsform vorliegt, in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs 1 SGB XI für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen; der Anbieter einer ambulant betreuten Wohngruppe hat die Pflegebedürftigen vor deren Einzug in die Wohngruppe in geeigneter Weise darauf hinzuweisen, dass dieser Leistungsumfang von ihm oder einem Dritten in der Wohngruppe nicht erbracht wird, sondern die Versorgung auch durch die aktive Einbindung ihrer eigenen Ressourcen und ihres sozialen Umfeldes sichergestellt werden kann (Nr 4).

14

§ 38a Abs 1 SGB XI aF bestimmte, dass Pflegebedürftige Anspruch auf einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 200 Euro monatlich haben, wenn sie in ambulant betreuten Wohngruppen in einer gemeinsamen Wohnung mit häuslicher pflegerischer Versorgung leben(Nr 1), Leistungen nach § 36, § 37 oder § 38 beziehen(Nr 2), in der ambulant betreuten Wohngruppe eine Pflegekraft tätig ist, die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtet (Nr 3), und es sich um ein gemeinschaftliches Wohnen von regelmäßig mindestens drei Pflegebedürftigen handelt mit dem Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung, dem die jeweils maßgeblichen heimrechtlichen Vorschriften oder ihre Anforderungen an Leistungserbringer nicht entgegenstehen (Nr 4). Nach § 38a Abs 2 SGB XI aF lag keine ambulante Versorgungsform im Sinne von Absatz 1 vor, wenn die freie Wählbarkeit der Pflege- und Betreuungsleistungen rechtlich oder tatsächlich eingeschränkt ist(Satz 1).

15

2. Da die Klägerin Leistungen der häusliche Pflege in Form der Kombinationsleistung nach § 38 SGB XI bezieht, gehört sie zum anspruchsberechtigten Personenkreis für die Gewährung des Wohngruppenzuschlags(§ 38a Abs 1 Nr 2 SGB XI). Die weitere Voraussetzung des Zusammenlebens in einer ambulant betreuten Wohngruppe (§ 38a Abs 1 Nr 1 SGB XI) liegt ebenfalls vor. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt kein sachlicher Grund vor, Familienverbünde vom Anwendungsbereich des § 38a SGB XI generell auszuschließen. Vielmehr gebietet die Auslegung dieser Vorschrift unter Beachtung verfassungsrechtlicher Vorgaben (Art 6 Abs 1, Art 3 Abs 1 GG), dass auch Wohngruppen, in denen die Mitglieder familiär miteinander verbunden sind, von der Norm erfasst sind.

16

a) § 38a SGB XI enthält keine Definition des Begriffs der "Wohngruppe". Zwar findet sich in den Heimgesetzen der Länder in Bezug auf ambulant betreute Wohnformen ganz überwiegend der Begriff der "Wohngemeinschaft" (vgl Klie/Richter in Klie/Krahmer/Plantholz, SGB XI, 4. Aufl 2013, § 38a RdNr 11). Die Wohngemeinschaft wird in der Regel definiert als Wohnform, die dem Zweck dient, pflegebedürftigen oder behinderten Menschen das Leben in einem gemeinsamen Haushalt unter gleichzeitiger Inanspruchnahme externer Pflege- und Betreuungs-/Unterstützungsleistungen gegen Entgelt zu ermöglichen. In der Praxis werden die beiden Begriffe "Wohngruppe" und "Wohngemeinschaft" weitgehend synonym verwandt, sodass aus der unterschiedlichen Begriffsbildung kein struktureller oder rechtlicher Unterschied hergeleitet werden kann (Klie/Richter, aaO, § 38a RdNr 6; Richter, GuP 2013, 226, 227). Daher verschließt sich der Begriff der Wohngruppe in § 38a SGB XI nicht von vornherein der familiären Bindung der Mitglieder untereinander.

17

b) Von Bedeutung für die nach § 38a SGB XI geförderte Wohnform ist, dass es sich um eine "ambulant betreute Wohngruppe" handeln muss. Denn Ziel der durch das PNG mit Wirkung vom 30.10.2012 neu eingeführten Regelung von § 38a SGB XI aF war die Stärkung neuer Wohn- und Betreuungsformen, um den Bedürfnissen vieler Pflegebedürftiger zu entsprechen, um stationäre Pflege zu vermeiden und so den Vorrang der ambulanten vor der stationären Versorgung zu stärken(vgl BT-Drucks 17/9369, S 20). Parallel zu dem neu eingeführten Wohngruppenzuschlag wurden mit §§ 45e und 45f SGB XI Regelungen zur Förderung der neuen Wohn- und Betreuungsformen geschaffen, denen Modellvorhaben insbesondere für demenzkranke Pflegebedürftige nach § 8 Abs 3 SGB XI zugrunde lagen(vgl Dalichau, GuP 2013, 50, 51, 57). Auch wenn Wohngruppen grundsätzlich in stationärer und in ambulanter Form organisiert sein können, bezieht sich § 38a SGB XI ausdrücklich nur auf ambulant betreute Wohngruppen. Das in der ursprünglichen Fassung (§ 38a Abs 2 Satz 1 SGB XI aF)enthaltene Kriterium der "freien Wählbarkeit" des Pflegedienstes sollte ausschließen, dass der Anspruch auf den Zuschlag nach § 38a SGB XI für stationäre Formen des betreuten Wohnens geöffnet wird(vgl BT-Drucks 17/9669, S 21). Auch der Neufassung des § 38a SGB XI durch das PSG I liegt die Zielsetzung zugrunde, Pflegewohnformen außerhalb der stationären Pflegeeinrichtungen und außerhalb des klassischen "betreuten Wohnens" leistungsrechtlich besonders zu unterstützen(vgl BT-Drucks 18/2909, S 41). Durch § 38a Abs 1 Nr 4 Halbs 1 SGB XI, der den Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag davon abhängig macht, dass keine Versorgungsform vorliegt, in der der Anbieter der Wohngruppe oder ein Dritter den Pflegebedürftigen Leistungen anbietet oder gewährleistet, die dem im jeweiligen Rahmenvertrag nach § 75 Abs 1 SGB XI für vollstationäre Pflege vereinbarten Leistungsumfang weitgehend entsprechen, soll ausgeschlossen werden, dass der Anspruch aus § 38a SGB XI für stationäre oder quasi-stationäre Wohnformen geöffnet wird(vgl BT-Drucks 18/2909, S 42).

18

c) Die nach dem Wortlaut und den Gesetzesmaterialien von § 38a SGB XI ausschließlich erfassten ambulant betreuten Wohngruppen existieren in den Grundformen der selbst organisierten Wohngruppe(selbstverantwortete Wohngruppe, Wohngruppe in Eigeninitiative) und der fremd organisierten Wohngruppe (betreiberverantwortete/anbieterorientierte Wohngruppe, trägerinitiiertes Modell). Bei der selbst organisierten Wohngruppe geht die Initiative zur Gründung von den Bewohnern oder ihren Angehörigen aus. Bei den fremd organisierten Wohngruppen kann als Initiator zB ein Verein, ein Pflegedienst (vgl Klie, Die Ersatzkasse 2006, 140, 141) oder ein Vermieter (vgl Schmäing, Die Ersatzkasse 2006, 144, 145) hinter der Wohngruppe stehen. Das PNG hatte bei Einführung des § 38a SGB XI in erster Linie die selbst organisierte Wohngruppe vor Augen(vgl BT-Drucks 17/9369, S 41), erfasst jedoch auch fremd organisierte Wohngruppen (vgl BT-Drucks 17/9669, S 21). Entsprechendes gilt für das PSG I (vgl BT-Drucks 18/2909, S 42). Auch diesen Vorgaben stehen Wohngruppen, die familiär miteinander verbunden sind, nicht entgegen.

19

d) Hinsichtlich der Personen hat § 38a Abs 1 Nr 1 SGB XI die Zahl der Mitglieder der Wohngruppe einerseits begrenzt, andererseits auch Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, die keine Pflegestufe erfüllen(§§ 45a SGB XI, 123 SGB XI) als Mitbewohner in die Wohngruppe miteinbezogen (Pflegebedürftige mit mindestens zwei und höchstens elf weiteren Personen, davon mindestens zwei Pflegebedürftige iS von §§ 14, 15 SGB XI oder mit erheblicher Einschränkung der Alltagskompetenz nach § 45a SGB XI; vgl BT-Drucks 18/2909, S 41).

20

e) Der Wohngruppenzuschlag verschließt sich Familien nicht, wenn nach beiden Gesetzesfassungen die Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zusammenleben muss. Von einer gemeinsamen Wohnung kann ausgegangen werden, wenn der Sanitärbereich, die Küche und, wenn vorhanden, der Aufenthaltsraum einer abgeschlossenen Wohneinheit von allen Bewohnern jederzeit allein oder gemeinsam genutzt werden. Die Wohnung muss von einem eigenen, abschließbaren Zugang vom Freien, von einem Treppenhaus oder einem Vorraum zugänglich sein. Nicht von der Regelung erfasst werden Gemeinschaften von Pflegebedürftigen in der Nachbarschaft, lose Zusammenschlüsse ohne gemeinsame Wohnung (vgl BT-Drucks 17/9669, S 22).

21

3. Allerdings müssen auch familiär miteinander verbundene Wohngruppenmitglieder in einer Wohnung "zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung" leben (§ 38a Abs 1 Nr 1 SGB XI , § 38a Abs 1 Nr 4 SGB XI aF). Ob dieser durch den Wohngruppenzuschlag geförderte Wohnzweck vorliegt, oder ob andere Wohnzwecke im Vordergrund stehen, ist im Einzelfall anhand der (behaupteten) inneren und der äußeren Umstände festzustellen. Alle festgestellten inneren und äußeren Umstände sind in eine Gesamtwürdigung einzustellen und unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände zu bewerten. Erforderlich ist, dass der innere Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung nach außen hin objektiviert wird. Dies kann regelmäßig durch die gemeinschaftliche Beauftragung einer Präsenzkraft und Festlegung ihres konkreten Aufgabenkreises zur Erfüllung dieses Zwecks (§ 38a Abs 1 Nr 3 SGB XI, s auch Nr 3 aF) erfolgen.

22

a) Mit dem von der Pflegekasse pauschal gewährten Wohngruppenzuschlag sollen jene Aufwendungen zweckgebunden abgegolten werden, die der Wohngruppe durch die gemeinschaftliche Beauftragung der Präsenzkraft entstehen (vgl BT-Drucks 17/9369, S 40 f; BT-Drucks 18/2909, S 42). Damit wird dem besonderen Aufwand Rechnung getragen, der Folge der neu organisierten pflegerischen Versorgung als Wohnform ist. Die Leistung wird pauschal zur eigenverantwortlichen Verwendung für die Organisation sowie Sicherstellung der Pflege in der Wohngemeinschaft gewährt (vgl BT-Drucks 17/9369, S 40). Auf einen konkreten Nachweis der entstandenen Kosten wird verzichtet (vgl BT-Drucks 17/9369, S 41). Die Pflegekassen sind berechtigt, die mit der Präsenzkraft vereinbarten Aufgaben in Zweifelsfällen zu erfragen (vgl BT-Drucks 18/2909, S 42) wie auch entsprechende Unterlagen über den vereinbarten Aufgabenkreis anzufordern (vgl § 38a Abs 2 Nr 5 SGB XI).

23

b) Voraussetzung für die Bewilligung des Zuschlags war nach § 38a Abs 1 Nr 3 SGB XI aF, dass in der Wohngruppe mindestens eine Pflegekraft tätig ist - die keine ausgebildete Pflegefachkraft sein muss(vgl BT-Drucks 17/10170, S 16) -, die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten verrichtet (sog Präsenzkraft). Mit Hilfe dieses Kriteriums sollte schon nach alter Gesetzesfassung das organisierte gemeinschaftliche Wohnen von mindestens drei Pflegebedürftigen mit dem Zweck der gemeinschaftlichen pflegerischen Versorgung sichergestellt werden (vgl dazu BT-Drucks 17/9369, S 41). Diese Voraussetzung verdeutlicht, dass der Wohngruppenzuschlag keine schlichte Aufstockung der den Mitgliedern der Wohngruppe ohnehin individuell gewährten Leistungen der häuslichen Pflege (§§ 36 ff SGB XI) bewirken sollte. Vielmehr ist ein hiervon taugliches Abgrenzungskriterium aufgestellt worden, das der neuen Wohnform der gemeinsamen Organisation der pflegerischen Versorgung und des gemeinschaftlichen Lebens Rechnung trägt. § 38a Abs 1 Nr 3 SGB XI hat diese Voraussetzung dahin näher konkretisiert, dass eine von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinschaftlich beauftragte Person - unabhängig von der individuellen pflegerischen Versorgung - allgemeine organisatorische, verwaltende, betreuende oder das Gemeinschaftsleben fördernde Tätigkeiten verrichtet oder hauswirtschaftliche Unterstützung leistet. Der Leistungsanspruch wurde dadurch aber nicht verschärft. Die Neufassung erging mit Rücksicht auf praktikable Überprüfungsmöglichkeiten des Leistungsanspruchs durch die Behörden (vgl BT-Drucks 18/2909, S 42).

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Die in § 38a Abs 1 Nr 3 SGB XI genannten unterschiedlichen Aufgaben stehen zwar im Zusammenhang mit der individuellen pflegerischen Versorgung durch die Pflegeperson; die dort genannten Aufgaben gehen aber deutlich darüber hinaus und sind auf die Förderung des gemeinschaftlichen Wohnens ausgerichtet, wie allgemein organisatorische, verwaltende aber auch betreuende Aufgaben, die der Wohngemeinschaft zugutekommen oder die das Gemeinschaftsleben sogar ausdrücklich fördern. Die Verrichtung einer der alternativ genannten Aufgaben in § 38a Abs 1 Nr 3 SGB XI ist bereits ausreichend. Soweit ergänzend auch die hauswirtschaftliche Unterstützung für die Gewährung des Zuschlags in der Norm genannt wird (s Abs 1 Nr 3), zählt hierzu die Beaufsichtigung der Ausführung dieser Verrichtung oder die Anleitung zur Selbstvornahme. Deshalb liegt zB hauswirtschaftliche Unterstützung nicht vor, wenn die Reinigungskraft oder eine Kraft, die lediglich hauswirtschaftliche Tätigkeiten verrichtet, diese Tätigkeiten selbst erbringt, ohne den Pflegebedürftigen in diese Tätigkeiten miteinzubeziehen (vgl BT-Drucks 18/2909, S 42). Neben der Unterstützung durch die Präsenzkraft bleiben aber regelmäßig bei allen Aufgaben - im Sinne einer "geteilten Verantwortung" - Beiträge der Bewohnerinnen und Bewohner selbst, ihres persönlichen und sozialen Umfelds oder von bürgerschaftlich Tätigen zur Versorgung notwendig (vgl aaO).

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c) Der Aufgabenkreis der von den Mitgliedern der Wohngruppe gemeinsam beauftragten Präsenzkraft, die die gemeinschaftlich organisierte pflegerische Versorgung sicherstellt, muss mithin im og Sinne klar bestimmt sein, sich hinreichend deutlich von Hilfestellungen der individuellen pflegerischen Versorgung, aber auch von rein familiären Verpflichtungen abgrenzen. Der Senat kann an dieser Stelle mangels Entscheidungserheblichkeit offenlassen, ob für die Beauftragung der Präsenzkraft nach § 38a Abs 1 Nr 3 SGB XI das für die häusliche Pflege in § 77 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB XI verankerte Verbot des Vertragsschlusses mit Familien- oder Haushaltsangehörigen greift. Dieser Ausschluss ist als verfassungsgemäß erachtet worden, weil der Gesetzgeber berücksichtigen durfte, dass Pflegeleistungen von diesem Personenkreis aufgrund gesetzlicher (§§ 1353, 1618a BGB)oder sittlicher Verpflichtung unentgeltlich erbracht werden. Mit dem Pflegegeld für die "ehrenamtliche" Pflege (vgl BT-Drucks 12/5262, S 112) durch Angehörige wurde lediglich eine finanzielle Anerkennung vorgesehen, die durch die soziale Absicherung der Pflegeperson in der Unfall- und Rentenversicherung (§ 44 SGB XI) ergänzt wurde (vgl BSG Urteile vom 18.3.1999 - BSGE 84, 1, 7 = SozR 3-3300 § 77 Nr 2 S 16 und BSG SozR 3-3300 § 77 Nr 1 S 4; dazu zuletzt BVerfG vom 26.3.2014 - 1 BvR 1133/12 - NZS 2014, 414, 415 RdNr 5). Dies trägt dem Charakter der Pflegeversicherung als ergänzende Leistung Rechnung, die keine Vollversorgung gewährleistet, sondern im Bereich der häuslichen und der teilstationären Pflege neben die familiäre, nachbarschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung tritt (§ 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI).

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d) Der Senat weist darauf hin, dass je nach Wahl der Wohngruppe verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für die Verwendung des Wohngruppenzuschlags in Frage kommen, für die jeweils unterschiedliche rechtliche Vorgaben gelten:

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aa) Wird der Zuschlag dafür genutzt, eine von der Pflegekasse nach § 77 SGB XI anerkannte Einzelpflegekraft zu entlohnen(so BT-Drucks 17/9369, S 41), greift für einen solchen mit der Pflegekasse abgeschlossenen Vertrag das in § 77 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB XI verankerte Verbot des Vertragsschlusses mit Verwandten oder Verschwägerten des Pflegebedürftigen bis zum dritten Grad sowie mit Personen, die mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher Gemeinschaft leben. Wenn überdies bei der Einführung des Wohngruppenzuschlags von der "Beschäftigung einer Pflegekraft" die Rede war, die in der Wohngruppe tätig ist (vgl BT-Drucks 17/9369, S 20), ist zu beachten, dass Pflegekräfte mit dem Pflegebedürftigen, dem sie Leistungen der häuslichen Pflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung erbringen, kein Beschäftigungsverhältnis eingehen dürfen (§ 77 Abs 1 Satz 4 SGB XI).

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bb) Soll dem Wohngruppenzuschlag eine ähnliche Funktion wie dem Pflegegeld (§ 37 SGB XI) zukommen (vgl BT-Drucks 17/9369, S 40), so darf er kein Entgelt sein, sondern entsprechend dem Pflegegeld nicht mehr als eine materielle Anerkennung der erbrachten Aufgaben auch für Angehörige sein, selbst wenn zwischen der Pflegekraft und den Mitgliedern der Wohngruppe ein Auftragsverhältnis besteht, das schriftlich zu fixieren ist (§ 38a Abs 2 Nr 5 SGB XI). Das gesetzliche Konzept des Pflegegelds war von dem Gedanken getragen, dass die familiäre, nachbarschaftliche oder ehrenamtliche Pflege unentgeltlich erbracht wird (vgl dazu zuletzt BVerfG vom 26.3.2014 - 1 BvR 1133/12 - NZS 2014, 414, 415 RdNr 5). Ob die für das Pflegegeld aufgezeigten Grundsätze unmittelbar oder entsprechend für den pauschal zur häuslichen Pflege zusätzlich gewährten Wohngruppenzuschlag gelten, kann offen bleiben, weil der Senat in diesem Rechtsstreit hierüber nicht entscheiden muss. Jedenfalls fehlen sowohl dem Gesetz als auch den Gesetzesmaterialien eindeutige Anhaltspunkte, dass auch Familien- oder Haushaltsangehörige von der Wohngruppe beauftragt werden dürfen.

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cc) Wird der Wohngruppenzuschlag für die Tätigkeiten eines ambulanten Pflegedienstes (§ 36 SGB XI) in Anspruch genommen, muss sichergestellt sein, dass sich die nach § 38a Abs 1 Nr 3 SGB XI zu erledigenden Aufgaben hinreichend deutlich von der benötigten individuellen pflegerischen Versorgung unterscheiden. Es reicht daher nicht aus, dass die Versicherten ihren Anspruch auf Wohngruppenzuschlag an den in der Wohngruppe tätigen Pflegedienst abtreten, ohne dass klar ist, wofür die Mittel konkrete Verwendung finden sollen (vgl BT-Drucks 18/2909, S 42). Nicht zu übersehen ist, dass der pauschale Wohngruppenzuschlag auch im Fall der Einschaltung eines ambulanten Pflegedienstes (§ 36 SGB XI) nicht höher ausfällt, als wenn die gemeinschaftlich organisierte pflegerische Versorgung durch eine nicht professionelle Pflegeperson erfolgt. Dies unterscheidet sich von der ansonsten im Bereich der häuslichen Pflege unterschiedlichen finanziellen Ausgestaltung durch das reduzierte Pflegegeld bei selbst beschafften Pflegehilfen (§ 37 SGB XI) einerseits und der Inanspruchnahme von ambulanten Pflegediensten (§ 36 SGB XI) andererseits.

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4. Im Ergebnis folgt aus der Auslegung von § 38a SGB XI und entgegen der Ansicht der Beklagten(vgl dazu das Gemeinsame Rundschreiben unter Nummer 2.2), dass familiäre Familienverbünde nicht vom Wohngruppenzuschlag allein aufgrund ihrer familiären oder verwandtschaftlichen Verhältnisse ausgeschlossen sind. Auch wenn sich die primäre Förderung von neuen ambulant betreuten Wohnformen an solche Personen richten mag, die - aus welchen Gründen auch immer - nicht (mehr) in einem Familienverbund leben. Die vom Senat vorgenommene Auslegung des Gesetzestextes widerspricht entgegen der Auffassung des Rundschreibens weder dem Wortlaut oder dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers noch erweist sich diese Auslegung im Hinblick auf den Gesetzeszweck als kontraproduktiv, sondern wahrt die prinzipielle Zielrichtung des Gesetzgebers (vgl BVerfGE 119, 247, 258 f). Da familiär miteinander verbundene Wohngruppenmitglieder nicht generell vom Wohngruppenzuschlag ausgeschlossen sind, bedarf es keiner weitergehenden Ausführungen, ob ein solcher Ausschluss verfassungskonform wäre.

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5. Nach den entwickelten Maßgaben erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung des Wohngruppenzuschlags nicht, weil es der Gemeinschaft mit ihrem Ehemann und dem behinderten Sohn am strukturellen Merkmal des Zusammenlebens zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung fehlt, objektiviert durch die Beauftragung einer Person, die die Aufgaben der organisierten pflegerischen Versorgung für die Pflegepersonen übergreifend erledigt (§ 38a Abs 1 Nr 1 und 3 SGB XI; § 38a Abs 1 Nr 3 und 4 SGB XI aF). Das hier maßgebliche Differenzierungskriterium für die Versagung des Wohngruppenzuschlags ist somit nicht das Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Mitbewohnern, sondern dass es innerhalb der Familie an der zusätzlich notwendigen organisierten Struktur der pflegerischen Versorgung fehlt, die über die individuelle häusliche Pflege hinausgeht. Eine solche Wohnsituation lag bei der Klägerin nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht vor. Danach erfolgte die herkömmliche häusliche Pflege in Form der Kombinationsleistung (§ 38 SGB XI) von Sachleistung durch einen ambulanten Pflegedienst (§ 36 SGB XI) und von anteiligem Pflegegeld (§ 37 SGB XI) für die Erbringung von Pflegeleistungen und die Unterstützung von Familienangehörigen. Zu Recht verweist die Beklagte darauf, dass allein die Aufrechterhaltung der bisherigen Lebensgestaltung nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit die Zweckbestimmung einer gemeinschaftlichen pflegerischen Versorgung nicht zu begründen vermag. Die bindend festgestellten Tatsachen tragen daher nicht den vom LSG gezogenen rechtlichen Schluss, dass die Klägerin sämtliche Voraussetzungen von § 38a Abs 1 SGB XI aF erfüllte. Vielmehr konnte dies nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen ausgeschlossen werden, sodass auch eine Zurückverweisung nach § 170 Abs 2 SGG nicht in Betracht kam.

32

6. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen entgegen der Ansicht der Klägerin nicht. Eine verfassungswidrige Benachteiligung von Familien (Art 6 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG) liegt nicht vor.

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a) Über die verfassungsrechtlich verankerte allgemeine Pflicht Ehe und Familie zu schützen, können aus Art 6 Abs 1 GG keine konkreten Ansprüche auf bestimmte staatliche Leistungen hergeleitet werden (BVerfG vom 26.3.2014 - 1 BvR 1133/12 - NZS 2014, 414, 416; BVerfGE 130, 240, 252 = SozR 4-7835 Art 1 Nr 1 S 4 mwN). Solche Ansprüche können sich allenfalls unter dem besonderen Aspekt des Benachteiligungsverbots von Ehe und Familie gegenüber sonstigen gesellschaftlichen Gruppen und damit als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG ergeben (vgl BSG vom 18.3.1999 - SozR 3-3300 § 77 Nr 1 S 6).

34

Art 3 Abs 1 GG gebietet es, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu regeln (stRspr vgl BVerfGE 71, 255, 271). Es ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht (stRspr vgl BVerfGE 87, 1, 36 = SozR 3-5761 Allg Nr 1 S 7). Vielmehr bleibt es dem Gesetzgeber überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also rechtlich gleich behandeln will (vgl BVerfGE 21, 12, 26). Die Auswahl muss allerdings sachgerecht getroffen werden (vgl BVerfGE 67, 70, 85 f). Art 3 Abs 1 GG ist danach verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte - bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart - ein vernünftiger, einleuchtender Grund fehlt (vgl BVerfGE 76, 256, 329).

35

b) Hiervon ausgehend, kann die Klägerin nicht verlangen, als Familienverbund besser gestellt zu werden als nicht familiär miteinander verbundene Wohngruppen. Das Merkmal des Wohnzwecks der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung, objektiviert durch die gemeinschaftliche Beauftragung einer Pflegekraft zur Sicherstellung dieses Wohnzwecks, gilt für familiäre wie für nicht familiäre Wohngruppen gleichermaßen. Es ist ein sachgerechtes Differenzierungskriterium, mit Hilfe dessen der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, neue, nicht stationäre Wohn- und Betreuungsformen zu fördern. Mit Rücksicht auf den demografischen Wandel sollten Alternativen zu bestehenden Pflegestrukturen entwickelt werden (vgl BT-Drucks 17/9369, S 1), die über die herkömmliche individuelle häusliche Pflege hinausgehen. Damit werden - ohne dass in bestehende Leistungsansprüche eingegriffen wurde - neue Formen der pflegerischen Versorgung eröffnet, unter denen Pflegebedürftige auswählen können (vgl § 2 Abs 2 SGB XI). Für Familien bleibt - ungeachtet der hier offengelassenen Frage, ob Wohngruppen auch Familien- oder Haushaltsangehörige als sog Präsenzkraft beauftragen können - die uneingeschränkte Möglichkeit, einen ambulanten Pflegedienst, eine ausgebildete oder auch nicht professionelle Pflegekraft mit diesen Aufgaben zu beauftragen, um dem Wohnzweck gerecht zu werden. Dass der Gesetzgeber die Leistung des Wohngruppenzuschlags zweckgebunden an bestimmte Merkmale geknüpft hat, um der neuen Wohnform tatsächliche Geltung zu verschaffen (vgl BT-Drucks 18/2909, S 42), ist sachgerecht und nicht unangemessen. Daher ist kein Grund ersichtlich, Familien den Wohngruppenzuschlag unabhängig von der Sicherstellung der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung zu gewähren. Hierin liegt kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot von Ehe von Familie.

36

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.