Sozialgericht Regensburg Urteil, 12. Apr. 2017 - S 10 R 4162/15

bei uns veröffentlicht am12.04.2017

Gericht

Sozialgericht Regensburg

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 03.02.2015 wird betreffend der Anlage 10 in der Fassung des Bescheides vom 23.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2015 aufgehoben.

II. Die Beklagte erstattet der Klägerin die Kosten.

Tatbestand

Die Klägerin, welcher von der Beklagten rückwirkend für Zeiträume von Arbeitslosengeldbezug anstelle teilweiser Erwerbsminderungsrente volle Erwerbsminderungsrente zuerkannt wurde, wendet sich gegen eine von der Beklagten gegen sie erhobene Forderung in Höhe von 1.334,70 €.

Die Klägerin war langjährig als Kinderpflegerin tätig und ist bereits seit 2010 teilweise erwerbsgemindert. Am 24.02.2014 beantragte sie bei der Beklagten die Erbringung einer stationären, medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Den Antrag deutete die Beklagte auf Empfehlung ihres Ärztlichen Dienstes gemäß § 116 Abs. 2 Nr.1 SGB VI um in einen Antrag auf Gewährung voller Erwerbsminderungsrente. Die Beklagte forderte die Klägerin außerdem auf, einen Antrag auf volle Erwerbsminderungsrente zu stellen, was diese am 21.08.2014 auch tat.

Während dieses laufenden Verwaltungsverfahrens bezog die Klägerin von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld für folgende Zeiträume:

01.02.2014 - 18.06.2014; 18.07.2014 - 31.12.2014 und 31.01.2015 - 31.03.2015.

Mit Bescheid vom 03.02.2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin anstelle der seit 2010 laufenden Teil-Erwerbsminderungsrente rückwirkend ab 01.02.2014 unbefristete, volle Erwerbsminderungsrente (monatlicher Zahlbetrag ab 01.02.2015: 853,92 €).

Dem Bescheid der Beklagten vom 03.02.2015 war eine Anlage 10 beigefügt. Darin heißt es, dass der Bescheid vom 15.07.2010, welcher die Teil-Erwerbsminderungsrente zuerkannt hatte, mit Wirkung ab 01.02.2014 wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse in der Form von Einkommenserzielung (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr.3 SGB X) aufgehoben werde. Das „erzielte Einkommen“ im Sinn des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X sieht die Beklagte in der rückwirkend bewilligten, vollen Erwerbsminderungsrente und bezieht sich bei dieser Rechtsauffassung auf das Urteil des Bundessozialgerichtesvom 07.09.2010 - Az: B 5 KN 4/08 R.

Weiter führte die Beklagte in der Anlage 10 zu dem Bescheid vom 03.02.2015 aus: „Sobald geklärt ist, in welcher Höhe Ansprüche anderer Stellen bestehen, rechnen wir die Nachzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ab. Dabei werden wir zunächst die Ansprüche der anderen Stellen aus der Nachzahlung erfüllen.“

Mit Bescheid vom 23.02.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den kompletten Betrag des Arbeitslosengeldes in Höhe von 6.998,64 €, welchen die Bundesagentur für Arbeit an die Klägerin in den o.g. Zeiträumen zwischen dem 01.02.2014 und dem 31.03.2015 ausgezahlt hatte, zur Erfüllung des Erstattungsanspruches an die Bundesagentur für Arbeit zurückgezahlt hat. Den Differenzbetrag zwischen dem höheren Arbeitslosengeld I und der hälftigen, nachzuzahlenden Erwerbsminderungsrente in Höhe von 1.334,70 € forderte die Beklagte nun von der Klägerin ein.

Mit Widerspruchsschreiben vom 18.03.2015 wurde klägerseitig geltend gemacht, dass es an der Voraussetzung eines „nachträglich vom Versicherten erzielten Einkommens“ im Sinn des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X fehle, da keine Auszahlung der nachträglich bewilligten vollen Erwerbsminderungsrente an die Klägerin erfolgt ist, sondern nur ein Erstattungsanspruch eines anderen Sozialleistungsträgers (hier: der Bundesagentur für Arbeit) befriedigt wurde.

Die Klägerin erhob am 22.07.2015 Klage zum Sozialgericht Regensburg gegen den Bescheid vom 23.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2015.

Die Beklagte stellt sich auf den Standpunkt, dass die Anlage 10 zu dem Bescheid vom 03.02.2015 eine bestandskräftige Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung enthalte. Daher sei die Voraussetzung des § 50 Abs. 1 SGB X gegeben und hieraus die gegen die Klägerin erhobene Erstattungsforderung begründet.

In der mündlichen Verhandlung vom 11.04.2017 stellte die Klägerseite zuletzt den Antrag,

den Bescheid vom 03.02.2015 betreffend der Anlage 10 in der Fassung des Bescheides vom 23.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2015 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die gerichtliche Streitakte und alle in diesen Akten enthaltenen Unterlagen und Äußerung der Parteien verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 23.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2015 war aufzuheben.

Als Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Anlage 10 zu dem Bescheid vom 03.02.2015 in der Gestalt des Bescheides vom 23.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2015 anzusehen, da diese Verfügungen eine nicht trennbare Einheit bilden (vgl. zu einem ähnlichen Fall auch das Urteil des Sächsisches Landessozialgerichts vom 28.02.2017 - L 5 KN 305/16, zitiert nach juris, dort insbesondere Rn. 18 u. 19). Denn die in der Anlage 10 zu dem Bescheid vom 03.02.2015 getroffene Aufhebungsverfügung wird durch die im Bescheid vom 23.02.2015 enthaltene Erstattungsverfügung ergänzt und konkretisiert. Daher kann der von der Beklagten vertretenen Auffassung, wonach der Bescheid vom 03.02.2015 - insbesondere hinsichtlich der Anlage 10 - bestandskräftig geworden sei, nicht gefolgt werden.

Die streitgegenständliche Forderung in Höhe von 1.334,70 € wurde ohne Rechtsgrundlage und damit rechtswidrig erhoben. Insbesondere ergibt sich die Rechtsgrundlage nicht aus § 50 SGB X, da die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind.

Die Aufhebungsverfügung in der Anlage 10 des Bescheides vom 03.02.2015 ist rechtswidrig erfolgt, weil die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung des die Teil-Erwerbsminderungsrente zuerkennenden Bescheides vom 15.07.2010 nicht vorlagen. Insoweit bestand ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin, welches einer Erstattungsforderung entgegensteht. Zwar liegt in dem Eintritt des Leistungsfalles der vollen Erwerbsminderung eine wesentliche Änderung im Sinn des § 48 SGB X der Verhältnisse, die dem Erlass des Bescheides vom 15.07.2010 zugrunde gelegen haben, (vgl. hierzu auch Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.02.2017 - L 5 KN 305/16, dort Rn. 22, unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes), jedoch ist keine der Alternativen nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 - 4 SGB X erfüllt, welche eine rückwirkende Aufhebung des Bescheides vom 15.04.2010 „mit Wirkung vom Zeitpunkt der Veränderung der Verhältnisse“ legitimieren würde. Insbesondere hat die Klägerin kein „Einkommen erzielt“ im Sinn des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X (ebenso: Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.12.2016 - L 7 R 92/15, zitiert nach juris, dort Rn. 32 f - Revision anhängig unter B 13 R 3/17 R).

Ergänzend ist auszuführen:

Auch, wenn man eine „Einkommenserzielung“ i.S.d. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X als Voraussetzung für eine rückwirkende Aufhebung der ursprünglich die Teil-Erwerbsminderungsrente bewilligenden Bescheides vom 15.07.2010 als gegeben ansähe - wie dies vom Sächsische Landessozialgericht im oben bereits zitierten Urteil vom 28.02.2017 sowie vom Landessozialgericht Schleswig-Holstein im Urteil vom 23.02.2016 - L 7 R 133/15 vertreten wird, wäre die in der Anlage 10 zum Bescheid vom 03.02.2015 formulierte Aufhebungsentscheidung nicht rechtmäßig.

Denn es fehlt an einer notwendig vorzunehmenden Ermessensausübung:

§ 48 Abs. 1 S. 2 SGB X stellt eine Sollvorschrift dar, das heißt, es ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein atypischer Fall vorliegt und wenn ja, ob dieser aufgrund einer vorzunehmenden Interessenabwägung ein Absehen von der für den Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge erfordert.

Ein solcher atypischer Fall ist vorliegend aus mehreren Gründen zu bejahen (vgl. hierzu auch: Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.02.2017, Az: s.o.; Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Az: s.o.; Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 27.09.2016 - L 2 R 298/15):

Erstens weicht der vorliegende Sachverhalt ab vom Regelfall einer „Einkommenserzielung“ im Sinn des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X vor, wie er beispielsweise beim Zufluss einer zweiten Rente oder einer zusätzlichen Sozialleistung oder eines zusätzlich erzielten Arbeitseinkommens gegeben ist. Denn der Klägerin ist kein vergleichbares, weiteres Einkommen zugeflossen. Eine tatsächliche Doppelzahlung, deren Abschöpfung die Vorschrift des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X dem Grunde nach bezweckt, hat bei der Klägerin gerade nicht stattgefunden.

Zweitens hat die Klägerin ursprünglich nicht einen Antrag auf Zuerkennung einer vollen Erwerbsminderungsrente, sondern einen Reha-Antrag gestellt, welcher nachträglich von der Beklagten gemäß § 116 SGB X umgedeutet wurde und auf diesem Wege zu der langen, zeitlichen Rückwirkung der vollen Erwerbsminderungsrente und damit zu dem langen Überschneidungszeitraum mit dem Arbeitslosengeldbezug führte.

Drittens war der Klägerin von der Beklagten selbst angeraten worden, den Antrag auf volle Erwerbsminderungsrente vom 21.08.2014 zu stellen. In diesem Zusammenhang konnte die Klägerin keinesfalls damit rechnen, dass sie sich letztlich wegen der Erfüllungsfiktion des § 89 Abs. 1 S. 1 SGB VI einer Forderung der Beklagten gegenübersehen würde. Auch hierin ist eine Atypik im Sinn des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X begründet.

Viertens wäre für die Klägerin - jedenfalls aus der laufenden monatlichen Rente in Höhe von 853,92 € - eine Rückzahlung der erhobenen Forderung nur schwer zu bewältigen, sodass auch dieser Gesichtspunkt eine Atypik begründet und im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen wäre.

Nach Auffassung der hier entscheidenden Kammer (siehe oben im ersten Teil der Entscheidungsgründe) fehlt es jedoch bereits an dem Tatbestandsmerkmal der „Einkommenserzielung“ im Sinn des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X, sodass es nach der hier vertretenen Auffassung gar nicht zu einer Ermessensentscheidung kommen kann.

Die hier vertretene Auffassung gründet auch auf folgenden Überlegungen:

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 07.09.2010 (B 5 KN 4/08 R), auf welche sich die Beklagte in ihrer Kernaussage immer wieder beruft, ist vor einem völlig anderen sachlichen Hintergrund ergangen: In der dortigen Entscheidung ging es um einen Trägerstreit, nämlich eine Erstattungsforderung der Bundesagentur für Arbeit gegen den Träger der Rentenversicherung. Das Bundessozialgericht bezweckte mit der Entscheidung eine Regelung der Kostenrisikotragung im Innenverhältnis zwischen den Trägern. Die dort entwickelten Grundsätze können keineswegs auf die völlig anders geartete Rechtsbeziehung zwischen dem Sozialleistungsträger und dem Sozialleistungsempfänger übertragen werden, sondern bedürfen der sachgerechten Angleichung und Modifikation.

Insbesondere ist der Gesichtspunkt des schutzwürdigen Vertrauens des Sozialleistungsempfängers maßgeblich mit zu berücksichtigen.

Diesem Umstand wird mit der Vorschrift des § 48 SGB X Rechnung getragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltun

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(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten. (2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatt

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(1) Bestehen für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, wird nur die höchste Rente geleistet. Bei gleich hohen Renten ist folgende Rangfolge maßgebend: 1. Regelaltersrente,2. Altersrente für langjährig Versicherte,3

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(1) (weggefallen) (2) Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und 1. ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabil

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. April 2008 wird zurückgewiesen.

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(1) (weggefallen)

(2) Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gilt als Antrag auf Rente, wenn Versicherte vermindert erwerbsfähig sind und

1.
ein Erfolg von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten ist oder
2.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht erfolgreich gewesen sind, weil sie die verminderte Erwerbsfähigkeit nicht verhindert haben.

(3) Ist Übergangsgeld gezahlt worden und wird nachträglich für denselben Zeitraum der Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit festgestellt, gilt dieser Anspruch bis zur Höhe des gezahlten Übergangsgeldes als erfüllt. Übersteigt das Übergangsgeld den Betrag der Rente, kann der übersteigende Betrag nicht zurückgefordert werden.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu tragen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1 689,09 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Höhe eines Erstattungsanspruchs.

2

Der Beigeladene bezog von der Beklagten ab 1.1.1992 eine (umgewertete und angepasste) Rente für Bergleute (Bescheid vom 19.11.1992). Auf Grund eines vor dem SG Altenburg - S 14 KN 2002/00 - erklärten Anerkenntnisses bewilligte die Beklagte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 14.12.2001 ab 27.1.2000 "anstelle" der Rente für Bergleute eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. In dem Bewilligungsbescheid teilte die Beklagte mit, dass die laufende Rente ab 1.2.2002 beginne und sich für die Zeit vom 27.1.2000 bis 31.1.2002 eine Nachzahlung von 19 133,96 Euro ergebe. Diese werde einbehalten, weil zunächst die bekannt gewordenen Ansprüche anderer Stellen, die im Nachzahlungszeitraum ebenfalls Zahlungen geleistet hätten, abschließend zu klären seien.

3

Die Barmer Ersatzkasse (BEK) meldete mit Schreiben vom 5.11.2000 unter Hinweis auf gezahltes Krankengeld einen Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X an. Die Klägerin meldete mit Schreiben vom 2.2.2001 ebenfalls einen Erstattungsanspruch gemäß § 103 SGB X an und teilte hierzu mit, dass dem Beigeladenen ab 26.12.2000 Anspruch auf Arbeitslosengeld für eine Anspruchsdauer von 960 Tagen zustehe. Der wöchentliche Leistungssatz betrage ab 26.12.2000 402,08 DM und ab 1.1.2001 415,31 DM.

4

Mit Schreiben vom 4.1.2002 informierte die Beklagte beide Leistungsträger über die rückwirkende Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 27.1.2000, den Beginn der laufenden Rente ab 1.2.2002, den Gesamtbetrag der nachzuzahlenden EU-Rente für die Zeit vom 27.1.2000 bis 31.1.2002 in Höhe von 24 166,85 Euro und den nach Abzug der Rente für Bergleute verbleibenden Nachzahlungsbetrag von 19 133,96 Euro.

5

Die BEK machte mit Schreiben vom 15.1.2002 für die Zeit vom 27.1. bis 25.12.2000 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 8 619,75 Euro geltend. Die Klägerin teilte der Beklagten mit mehreren Schreiben vom 15.1.2002 mit, sie beanspruche die Erstattung des für die Zeit vom 26.12.2000 bis 31.1.2002 geleisteten Arbeitslosengeldes in Höhe von 12 203,31 Euro sowie die hierauf geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 2 521,32 Euro. Die Beklagte erstattete der Klägerin die geltend gemachten Beiträge und zahlte aus der einbehaltenen Rentennachzahlung 8 619,75 Euro an die BEK sowie 10 514,21 Euro an die Klägerin aus, wobei sie dieser mitteilte, dass der Erstattungsanspruch auf die monatlich zur Verfügung stehenden Beträge begrenzt worden sei.

6

Nachdem die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Befriedigung des angemeldeten Erstattungsanspruchs in voller Höhe aufgefordert hatte, hat sie am 7.11.2003 Klage beim SG München erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu einer weiteren Erstattung von 1 689,09 Euro zu verurteilen. Mit Urteil vom 17.1.2006 hat das SG München der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Bayerische LSG mit Urteil vom 23.4.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Erstattungsanspruch der Klägerin richte sich nach der Höhe des Zahlbetrags der den Erstattungsanspruch begründenden Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Ansicht der Beklagten, der Erstattungsanspruch der Klägerin könne nur in Höhe der Differenz zwischen dem monatlichen Zahlbetrag der rückwirkend bewilligten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und dem monatlichen Zahlbetrag der hierdurch ersetzten Rente für Bergleute bestehen, stehe im Widerspruch zur Regelung des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI. Nach dieser Vorschrift werde, wenn für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung bestünden, nur die höchste Rente geleistet. Ab dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherte vom Rentenversicherungsträger erstmals monatliche Zahlungen aus dem Stammrecht der im Zahlbetrag höheren Rente verlangen könne, könne er einen zeitgleichen Zahlungsanspruch aus dem fortbestehenden Stammrecht der im Zahlbetrag niedrigeren Rente nicht mehr geltend machen. Auf den Zeitpunkt der Bewilligung der höheren Rente komme es dabei nicht an, sodass bei einer rückwirkenden Bewilligung der monatliche Zahlungsanspruch auf die niedrigere Rente rückwirkend entfalle. Die bis dahin auf die niedrigere Rente geleisteten Zahlungen gälten als zu Unrecht erfolgt. Dementsprechend habe die Beklagte im Bescheid vom 14.12.2001 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit ab 27.1.2000 ausdrücklich anstelle der bis dahin geleisteten Rente für Bergleute bewilligt und damit für den Beigeladenen erkennbar und hinreichend bestimmt die Bewilligung monatlicher Zahlungen aus dem Stammrecht dieser Rente rückwirkend zum 27.1.2000 aufgehoben. Die im streitigen Zeitraum zur Erfüllung der Zahlungsansprüche des Beigeladenen aus dem Stammrecht auf Rente für Bergleute geleisteten Zahlungen gälten nicht kraft Gesetzes als Leistungen aus dem Stammrecht auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Erfülle der Versicherte die Anspruchsvoraussetzungen mehrerer in § 89 Abs 1 SGB VI genannter Renten, so entstünden jeweils eigenständige, nebeneinander bestehende Ansprüche (Stammrechte). Das daraus resultierende Konkurrenzverhältnis der aus den Stammrechten abzuleitenden Zahlungsansprüche regle § 89 Abs 1 SGB VI im Sinne eines ausschließlichen Vorrangs des jeweils höchsten monatlichen Zahlungsanspruchs. Eine Erfüllungswirkung der auf niedrigere Renten geleisteten Zahlungen für zeitgleich geleistete höhere Renten sehe das Gesetz nicht vor. Eine der Erfüllungswirkung des § 107 SGB X vergleichbare Regelung enthalte das SGB VI ebenfalls nicht. Eine Regelungslücke liege insoweit nicht vor. Der Rentenversicherungsträger könne in diesen Fällen die Bewilligung der monatlichen Zahlungsansprüche auf die niedrigere Rente gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X rückwirkend aufheben und mit dem daraus nach § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X entstehenden Rückforderungsanspruch gegen den Zahlungsanspruch des Versicherten auf höhere Rente aufrechnen(§ 51 Abs 1 SGB I), um eine Doppelleistung und im Regelfall auch eine Überzahlung zu vermeiden. Die Beklagte sei daher auf Grund der im Bescheid vom 14.12.2001 erfolgten Bewilligung verpflichtet gewesen, dem Beigeladenen ab 27.1.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in voller monatlicher Höhe zu zahlen. Der Zahlungsanspruch des Beigeladenen und die Zahlungsverpflichtung der Beklagten hätten sich nicht auf monatliche Teilleistungen in Höhe der Differenz zu den monatlichen Zahlbeträgen der bisher geleisteten Rente für Bergleute beschränkt. Allerdings sei die Beklagte dem Grunde nach berechtigt gewesen, den ihr nach Aufhebung der Bewilligung monatlicher Zahlungsansprüche aus dem Stammrecht auf Rente für Bergleute zukommenden Erstattungsanspruch gegenüber dem Beigeladenen geltend zu machen und diesen Erstattungsanspruch gegen den Anspruch des Beigeladenen auf monatliche Zahlungen aus dem Stammrecht auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit aufzurechnen. Ob die Beklagte im Bescheid vom 14.12.2001 eine Aufrechnung erklären wollte, irrtümlich eine Erfüllungswirkung der bereits auf den Anspruch auf Bergmannsrente geleisteten Zahlungen angenommen habe oder eine gesetzlich nicht zulässige Umwidmung dieser Zahlungen vornehmen wollte, sei dem Bescheid nicht zu entnehmen. Dies könne aber letztlich dahinstehen. Auch wenn zu Gunsten der Beklagten unterstellt würde, dass der Bescheid vom 14.12.2001 eine wirksame Aufrechnungserklärung enthalte, könne sich die Beklagte im Erstattungsverhältnis zur Klägerin auf die Wirksamkeit der Aufrechnung nicht berufen. Denn ihr sei vor Bekanntgabe dieses Bescheides positiv bekannt gewesen, dass und in welcher Höhe der Beigeladene von der Klägerin seit Dezember 2000 Arbeitslosengeld bezogen habe. Da bei monatsweiser Gegenüberstellung der Zahlbetrag der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach den zutreffenden Berechnungen der Beklagten im streitigen Zeitraum stets höher als der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes gewesen sei, sei mit Bekanntgabe des Bewilligungsbescheides vom 14.12.2001 ein Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe des vollen monatlichen Zahlbetrages des Arbeitslosengeldes entstanden mit der Folge, dass der Anspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte in Höhe des ihm bereits von der Klägerin geleisteten Arbeitslosengeldes als erfüllt gelte (§ 107 Abs 1 SGB X).

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte insbesondere eine Verletzung des § 89 SGB VI, § 51 SGB I, § 125 Abs 3 SGB III, § 142 Abs 1 Nr 3 und Abs 2 Nr 2 SGB III und § 103 SGB X. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts habe sie weder in Widerspruch zum § 89 SGB VI gehandelt, noch habe sie die Rente für Bergleute mit der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit iS des § 51 SGB I aufgerechnet. § 89 SGB VI lege fest, dass bei einem Zusammentreffen von mehreren Leistungen allein die höhere Leistung zu zahlen sei. Die Vorschrift enthalte keine Aussage darüber, wie ein Zusammentreffen von Renten in der Vergangenheit geregelt sei. § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI bewirke, dass das Stammrecht beider konkurrierenden Renten nebeneinander bestehen bleibe. Nur die Auszahlung des monatlich fällig werdenden Einzelanspruchs der niedrigeren Rente werde "gesperrt". Dies führe jedoch nicht dazu, dass der Bescheid über die Rente für Bergleute aufzuheben gewesen sei. Die Rente für Bergleute sei in der Vergangenheit zu Recht gezahlt worden. § 89 SGB VI solle allein verhindern, dass der Berechtigte, der mehrere Ansprüche inne habe, über diese Ansprüche kumulativ verfügen könne. Da zwei Rentenansprüche für die Vergangenheit nebeneinander bestünden, wovon der eine rückschauend betrachtet nach § 89 SGB VI nicht zu zahlen gewesen sei, müsse sich der Betrag der höheren Rente um den Betrag der niedrigeren bereits gezahlten Rente mindern. Andernfalls würden für den Beigeladenen im Ergebnis tatsächlich zwei parallele Zahlungsansprüche realisiert. § 107 SGB X sei entsprechend anwendbar. Damit stehe für eine Erstattung nur der Betrag aus der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zur Verfügung, der sich nach der Minderung der zu Recht gezahlten Rente für Bergleute ergebe. Einer Bescheidaufhebung bedürfe es gerade nicht, da durch die Anwendung des § 89 SGB VI ein interner Ausgleichsanspruch entstanden sei. Im Übrigen sei ein Ausgleich der Forderung nach § 103 SGB X iVm § 125 Abs 3 SGB III nur in der Höhe vorzunehmen, in der auch tatsächlich Beträge zur Erfüllung der Forderung zur Verfügung stünden. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richte sich gemäß § 103 Abs 2 SGB X nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften. Somit könne die Klägerin ihre Forderung nicht in unbegrenzter Höhe geltend machen, sondern sei an die Höhe der Nachzahlung gebunden. Mit der Geltendmachung eines über diesen Betrag hinausgehenden Erstattungsanspruchs handele die Klägerin zudem entgegen ihrer eigenen Dienstanweisung.

8

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 23. April 2008 und des Sozialgerichts München vom 17. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

11

Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet.

13

LSG und SG haben zu Recht einen Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von weiteren 1 689,09 Euro bejaht.

14

Der Erstattungsanspruch der Klägerin richtet sich nach § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III. Nach dieser Vorschrift steht der Bundesagentur ein Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB X zu, wenn dem Arbeitslosen von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt wird. Gemäß § 103 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB X entsteht die Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers nur, soweit dieser nicht bereits geleistet hat, bevor er von der Leistung der Bundesagentur Kenntnis erlangt hat.

15

Die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs sind erfüllt.

16

Die Beklagte hat dem Beigeladenen, der im hier maßgeblichen Zeitraum vom 26.12.2000 bis 31.1.2002 arbeitslos gemeldet war und Arbeitslosengeld bezogen hat, mit Bescheid vom 14.12.2001 rückwirkend ab 27.1.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt. Hierbei handelt es sich um eine Rente iS von § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III.

17

Zwar könnte der Wortlaut "Rente wegen Erwerbsminderung" dafür sprechen, dass das Gesetz hierunter nur eine Rente wegen Erwerbsminderung iS des § 43 SGB VI in der ab 1.1.2001 geltenden Fassung versteht. Denn dieser Terminus ist in § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III mit Wirkung ab 1.1.2001 durch Art 3 Nr 3b des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) eingefügt worden, um die Begriffe der Vorschrift an die im SGB VI geänderten Begriffe "redaktionell" anzupassen (BT-Drucks 14/4230 zu Art 3 Nr 3 S 31).

18

Eine über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Anwendung des Gesetzes kann jedoch durch Sinn und Zweck der Vorschrift gerechtfertigt sein (BGH NJW 2003, 290, 291 mwN). Diese ist hier auch zulässig und geboten, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Gesetzgeber mit der Änderung des § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit das Regelungsziel verfolgte, den nach bisherigem Recht bestehenden Erstattungsanspruch der Bundesagentur gegen den Rentenversicherungsträger bei zeitgleicher Gewährung von Arbeitslosengeld und Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu beseitigen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch in den Fällen, in denen nach Inkrafttreten des § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III nF vom Rentenversicherungsträger noch rückwirkend Renten wegen Erwerbsunfähigkeit zu bewilligen waren(vgl § 300 Abs 2 SGB VI), der Erstattungsanspruch der Bundesagentur trotz des geänderten Wortlauts weiterhin besteht, soweit zeitgleich Arbeitslosengeld an den Versicherten gezahlt worden ist, und die dem entgegenstehende Begrifflichkeit auf einer Unachtsamkeit bei der Formulierung des Gesetzes beruht (vgl noch einmal BGH NJW 2003, 290, 291).

19

Eine auf sachliche Änderung der bisherigen Rechtslage gerichtete Regelungsintention lässt sich auch nicht aus § 435 SGB III ableiten, der bestimmt, dass bei Anwendung verschiedener Normen des SGB III "die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, deren Beginn vor dem 1. Januar 2001 liegt, als Rente wegen voller Erwerbsminderung" gilt bzw bei deren Anwendung "an die Stelle der Feststellung der Erwerbsunfähigkeit … die Feststellung der Erwerbsminderung" tritt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Regelungen abschließend sein sollten und daher bei Anwendung des § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III, für den § 435 SGB III keine entsprechende Übergangsregelung enthält, eine Gleichstellung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit mit der Rente wegen Erwerbsminderung nicht gewollt ist.

20

Sinn und Zweck des § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III ist mithin nach wie vor, die Bundesagentur durch Gewährung eines Erstattungsanspruchs gegen den Rentenversicherungsträger vor einem finanziellen Nachteil auch dann zu bewahren, wenn dem Arbeitslosen für einen Zeitraum Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt wird, für den er bereits Arbeitslosengeld bezogen hat. Eine Rückforderung des Arbeitslosengeldes vom Arbeitslosen kommt nicht in Betracht, da dessen Anspruch auf Arbeitslosengeld erst ab Beginn der laufenden Rentenzahlung ruht (§ 142 Abs 1 Nr 3, Abs 2 Nr 2 iVm § 435 Abs 4 SGB III), was bedeutet, dass das zuvor gezahlte Arbeitslosengeld rechtmäßig gezahlt worden ist und damit grundsätzlich nicht zurückverlangt werden kann (vgl Winkler in Gagel, Kommentar zum SGB III, § 125 RdNr 54, Stand: Juni 2006). Ohne den Erstattungsanspruch nach § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III stünde der Bundesagentur kein Erstattungsanspruch zu, denn die Voraussetzungen der allgemeinen Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff SGB X liegen nicht vor.

21

Die Anwendung des § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III auch in Fällen der vorliegenden Art vermeidet gleichzeitig Ergebnisse, die im Blick auf den allgemeinen Gleichheitssatz(Art 3 Abs 1 GG) problematisch sein könnten.

22

Würde die Norm keine Anwendung finden, wenn eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem 31.12.2000 mit Wirkung ab einem Zeitpunkt vor dem 1.1.2001 gewährt wird, könnte ein Versicherter, der bereits Arbeitslosengeld bezogen hat, zusätzlich für denselben Zeitraum vom Rentenversicherungsträger die Zahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente verlangen. Ein Erstattungsanspruch der Bundesagentur nach den §§ 102 ff SGB X und damit ein Eingreifen der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs 1 SGB X kämen nicht in Betracht. Ist einem Versicherten dagegen vor dem 31.12.2000 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für einen Zeitraum gewährt worden, in dem er schon Arbeitslosengeld erhalten hat, steht der Bundesagentur ein Erstattungsanspruch gemäß § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III aF zu, mit der Folge, dass der Anspruch des Versicherten gegen den Rentenversicherungsträger gemäß § 107 Abs 1 SGB X insoweit als erfüllt gilt. Dieselben Rechtsfolgen treten nach § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III nF iVm § 107 Abs 1 SGB X ein, wenn der Rentenversicherungsträger einem Arbeitslosen nach dem 31.12.2000 Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt hat. Versicherte, denen eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vor dem 31.12.2000 oder Rente wegen Erwerbsminderung nach diesem Zeitpunkt zuerkannt worden ist, können daher neben Arbeitslosengeld keine Rente erhalten, während Versicherte, denen eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach dem 31.12.2000 mit Wirkung ab einem Zeitpunkt vor dem 1.1.2001 gewährt worden ist, Arbeitslosengeld und Rente beziehen könnten. Für eine derart unterschiedliche Behandlung der beiden zuerst genannten Versichertengruppen im Verhältnis zur letzten Versichertengruppe sind sachlich gerechtfertigte Gründe nicht zu erkennen. Sie wäre vielmehr willkürlich.

23

Die weitere Voraussetzung des § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III iVm § 103 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB X ist ebenfalls erfüllt. Eine Leistung der Beklagten an den Beigeladenen mit befreiender Wirkung iS dieser Norm ist schon deshalb nicht erfolgt, weil die Beklagte keine Zahlungen aus der EU-Rente an den Beigeladenen erbracht hat.

24

Der Höhe nach steht der Klägerin ein Erstattungsanspruch auf das gesamte gezahlte Arbeitslosengeld im streitigen Zeitraum bis zur Höhe des Zahlbetrags der EU-Rente zu (vgl zu diesen zwei Obergrenzen: BSGE 58, 128, 133 = SozR 1300 § 103 Nr 4 S 20 mwN; BSG SozR 4-3100 § 18c Nr 2 RdNr 45).

25

Gemäß § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III iVm § 103 Abs 2 SGB X entsprechend richtet sich der Umfang der Erstattungsansprüche nach den für die Beklagte geltenden Rechtsvorschriften und damit den Bestimmungen des SGB VI.

26

Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich aus § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI eine Begrenzung des Erstattungsanspruchs der Klägerin auf den Differenzbetrag zwischen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und Rente für Bergleute nicht herleiten.

27

Bestehen für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, wird gemäß § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI nur die höchste Rente geleistet. Da die Vorschrift lediglich hinsichtlich der Rentenleistung eine Regelung trifft, bezieht sie sich nur auf den Rentenzahlanspruch und lässt damit den Anspruch auf Rente dem Grunde nach unberührt. Dies bedeutet, dass bei konkurrierenden Rentenansprüchen iS des § 89 Abs 1 Satz 1 SGB VI beide Rentenansprüche dem Grunde nach bestehen bleiben, der Zahlungsanspruch der niedrigeren Rente während der Dauer des Bezugs der höheren Rente aber nicht entsteht(BSG SozR 3-2600 § 101 Nr 2 S 5 f) bzw bei rückwirkender Bewilligung einer höheren Rente nachträglich entfällt.

28

Die Beklagte hat dem Beigeladenen mit Bescheid vom 14.12.2001 rückwirkend ab dem 27.1.2000 anstelle der bisherigen Rente für Bergleute Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gewährt mit der Folge, dass der ursprünglich in dieser Zeit bestehende niedrigere monatliche Zahlungsanspruch aus der Rente für Bergleute nachträglich entfallen ist.

29

Wie zur Vermeidung einer Doppelzahlung in einer solchen Situation zu verfahren ist, ist in § 89 SGB VI nicht geregelt. Insbesondere enthält die Norm keine Bestimmung, nach der der Anspruch auf Zahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe der bereits geleisteten niedrigeren Rente als erfüllt gilt. Die Annahme einer solchen Erfüllungsfiktion rechtfertigt sich auch nicht unter Berücksichtigung allgemeiner Erwägungen.

30

Bei dem Anspruch auf Rente für Bergleute und dem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit handelt es sich um verschiedene selbstständige Ansprüche (ua mit unterschiedlichen Versicherungsfällen und Versicherungszielen) und nicht etwa um ein einziges Recht auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit; ein solches gibt es nicht. Beide Rechte dienen vor allem der Sicherung verschiedener Schutzgüter gegen das Risiko gesundheitsbedingter Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Während Schutzgut der Rente für Bergleute das spezielle berufliche Leistungsvermögen des Versicherten im Bergbau ist, ist Schutzgut der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit das allgemeine Leistungsvermögen, also die Fähigkeit des Versicherten, sich durch Erwerbstätigkeit überhaupt unterhalten zu können. Entsprechend dieser unterschiedlichen Schutzfunktionen entfalten beide Renten auch unterschiedliche Sicherungsfunktionen. So soll die Rente für Bergleute den durch Krankheit oder Behinderung bedingten Lohnabfall ausgleichen, den der Versicherte dadurch erleidet, dass er die von ihm bisher ausgeübte knappschaftliche, dh bergmännische Beschäftigung nicht mehr ausüben kann (vgl Gürtner in Kasseler Kommentar, § 45 SGB VI RdNr 2, Stand: Juli 2010). Erwerbsunfähigkeitsrente ist demgegenüber zu gewähren, wenn das Leistungsvermögen derart gemindert ist, dass es nur noch eine geringfügige Erwerbstätigkeit erlaubt, die zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreicht. Im Hinblick auf ihre unterschiedliche Schutz- und Sicherungsfunktionen entstehen beide Ansprüche jeweils unabhängig voneinander bei Eintritt des jeweiligen Versicherungsfalles und Vorliegens der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen (vgl BSG SozR 3-2600 § 101 Nr 2 S 5).

31

Als selbstständige, unabhängig voneinander bestehende Ansprüche begründen sie selbstständige Leistungsverhältnisse. Tritt eine Leistungsstörung - zB auf Grund des späteren Wegfalls des Rechtsgrundes der Leistung - ein, ist das Leistungsverhältnis rückabzuwickeln, in dem die Störung entstanden ist. Das andere Leistungsverhältnis bleibt Kraft seiner Selbstständigkeit von dieser Störung unberührt.

32

Ein anderes Ergebnis rechtfertigt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Urteile des BSG vom 18.12.1963 (3 RK 40/63 - BSGE 20, 140 = SozR Nr 9 zu § 183 RVO)und vom 17.4.1970 (3 RK 75/69 - SozR Nr 50 zu § 183 RVO). Diese Entscheidungen, die bei gleichzeitigem Bezug von Krankengeld und Berufsunfähigkeitsrente sowie der rückwirkenden Bewilligung von höherem Altersruhegeld bzw höherer Erwerbsunfähigkeitsrente nur den Differenzbetrag zwischen Berufsunfähigkeitsrente und nachfolgend zuerkannter Rente als erstattungsfähig beurteilt haben, weil die Zahlungen auf die Berufsunfähigkeitsrente als Teilzahlungen der später anerkannten Rente anzusehen seien, sind zu den Vorschriften der RVO und vor allem vor Erlass des SGB X ergangen und schon deshalb für die heutige Rechtslage nicht maßgeblich. Abgesehen davon war in dem der Entscheidung vom 18.12.1963 (aaO) zu Grunde liegenden Sachverhalt die Rente wegen Berufsunfähigkeit rückwirkend in ein Altersruhegeld umgewandelt worden. Im maßgeblichen Zeitraum existierten damit - anders als im vorliegenden Fall - nicht zwei konkurrierende selbstständige Rentenansprüche, sondern bestand Kraft Umwandlung nur ein einziger Rentenanspruch, dem Rentenzahlungen zugeordnet werden konnten bzw mussten. Soweit der 3. Senat des BSG in der Entscheidung vom 17.4.1970 (aaO) ausgeführt hat, dass bei späterer rückwirkender Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente die bereits gezahlte Berufsunfähigkeitsrente dem Versicherten verbleibe, weil mit der Zahlung "die Rentenschuld" erloschen sei, geht er davon aus, dass nur ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit besteht. Dem ist aus den oben dargelegten Gründen indes nicht zu folgen (s auch BSG SozR 3-2600 § 101 Nr 2).

33

Entsprechend der heutigen materiellen Rechtslage hat die Beklagte dem Beigeladenen mit Bescheid vom 14.12.2001 "anstelle" der "bisherigen Rente" rückwirkend ab 27.1.2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt und damit sinngemäß den Bescheid vom 19.11.1992 über die (umgewertete und angepasste) Rente für Bergleute aufgehoben, soweit der Bescheid einen Zahlungsanspruch begründet. Rechtsgrundlage der Aufhebung ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht § 45 Abs 1 SGB X, sondern § 48 Abs 1 SGB X(vgl auch BSG SozR 3-2600 § 101 Nr 2 S 5). Denn in den Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 19.11.1992 vorgelegen haben, ist durch den Hinzutritt einer weiteren Rente mit Wirkung zum 27.1.2000 eine wesentliche Änderung eingetreten. Die Beklagte war auch gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X berechtigt, den Bescheid vom 19.11.1992 mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben (vgl Niesel aaO § 89 SGB VI RdNr 11, Stand: Dezember 2007), da der Beigeladene ab 27.1.2000 Einkommen erzielt hat, das zum Wegfall seines Anspruchs auf Zahlung der Rente für Bergleute geführt hat.

34

Da die Beklagte für die Zeit ab 27.1.2000 Rente für Bergleute gezahlt hat, sind die erbrachten Leistungen vom Beigeladenen gemäß § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X zu erstatten(vgl auch Niesel aaO). Hiervon unabhängig ist die Erwerbsunfähigkeitsrente auf Grund des Bewilligungsbescheides vom 14.12.2001 ab 27.1.2000 an den Beigeladenen bzw soweit ein Erstattungsanspruch der Klägerin besteht an diese zu zahlen, wodurch der Anspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte als erfüllt gilt (§ 107 Abs 1 SGB X; vgl zur Anwendbarkeit der Norm hinsichtlich aller im Sozialgesetzbuch geregelten Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander auch BT-Drucks 9/95 S 24 re Spalte).

35

Entgegen der Ansicht der Beklagten lässt sich aus § 107 Abs 1 SGB X eine Minderung des für die Klägerin zur Verfügung stehenden Betrags nicht herleiten.

36

§ 107 Abs 1 SGB X begründet keinen Anspruch der Beklagten gegen sich selbst auf Erstattung der dem Beigeladenen geleisteten Rente für Bergleute mit der Folge, dass in Höhe dieser Rentenzahlung sein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit als erfüllt gilt. § 107 Abs 1 SGB X gehört ausweislich der Überschrift des Zweiten Abschnitts des Dritten Kapitels des SGB X, die Teil des Gesetzestextes ist, zu den Normen, die die "Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander" betreffen. Da diese schon nach dem Wortlaut der genannten Überschrift eine Mehrheit von Leistungsträgern (§ 12 Satz 1 SGB I) voraussetzen (vgl auch BT-Drucks 9/95 S 24 li Spalte: "… ein anderer Leistungsträger …"), die sich jeweils als Anspruchsteller und Anspruchsgegner gegenüberstehen, kommt eine unmittelbare Anwendung auf das Innenverhältnis der Beklagten als Adressatin mehrerer parallel bestehender Rentenansprüche dem Grunde nach von vornherein nicht in Betracht (so bereits BSG, Urteil vom 21.6.1983 - 4 RJ 29/82 - Juris; offen gelassen von BVerwG DVBl 1994, 426 ff = Buchholz 436.0 § 11 BSHG Nr 22).

37

Ebenso wenig ist § 107 Abs 1 SGB X im vorliegenden Fall analog anwendbar.

38

Eine analoge Anwendung im Sinne der Rechtsauffassung der Beklagten, wonach der Anspruch des Beigeladenen auf Erwerbsunfähigkeitsrente ohne weiteres als erfüllt gelten soll, soweit er bereits Zahlungen aus der Rente für Bergleute erhalten hat, scheidet aus. Denn bei diesem Verständnis wird nur die Rechtsfolge des § 107 Abs 1 SGB X übernommen; der Tatbestand der Norm, das Bestehen eines Erstattungsanspruchs, der Voraussetzung für die angeordnete Rechtsfolge ist, bleibt dagegen völlig unberücksichtigt.

39

Eine analoge Anwendung des § 107 Abs 1 SGB X auf einen Erstattungsanspruch eines Sozialleistungsträgers gegen sich selbst(bejahend BVerwG aaO im Fall der Zuständigkeit desselben Leistungsträgers für das Erbringen von Sozialhilfeleistungen einerseits und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz andererseits) kommt jedenfalls bei dem hier vorliegenden Sachverhalt mangels Bestehens einer gesetzlichen Regelungslücke (vgl zu dieser Voraussetzung einer Analogie exemplarisch BFH NJW 2006, 1837) nicht in Betracht. Mit § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III iVm § 103 SGB X, § 107 Abs 1 SGB X und § 142 Abs 1 Nr 3 iVm Abs 2 Nr 2 SGB III liegt ein vollständiges Normprogramm zur Belastung des nach der gesetzlichen Wertung letztlich verpflichteten Leistungsträgers vor.

40

Nach § 125 Abs 3 Satz 1 SGB III hat die Arbeitsverwaltung einen Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB X, wenn ein Träger der gesetzlichen Rentenversicherung dem Arbeitslosen eine Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt hat. Gemäß § 107 Abs 1 SGB X gilt der Anspruch des Arbeitslosen gegen die Rentenversicherung auf Zahlung der Erwerbsminderungsrente als erfüllt, soweit der Erstattungsanspruch besteht. Gilt aber der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente bereits wegen des Erstattungsanspruchs der Arbeitsverwaltung als erfüllt, kann er in Anbetracht des vom Gesetzgeber gewählten Normprogramms nicht zusätzlich wegen Zahlung einer niedrigeren Rente durch die Rentenversicherung als (teilweise) erfüllt angesehen werden. Die Rechtsauffassung der Beklagten würde überdies bei Fallkonstellationen der vorliegenden Art zu einer Verschiebung der gesetzlichen Risikoverteilung führen. Ist dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 142 Abs 1 Nr 3 iVm Abs 2 Nr 2 SGB III erst von Beginn der laufenden Zahlung der Rente an. Dies bedeutet - wie bereits oben dargelegt -, dass das vorher gezahlte Arbeitslosengeld rechtmäßig gezahlt worden ist und damit von der Arbeitsverwaltung grundsätzlich nicht zurückverlangt werden kann (vgl Winkler aaO). Stünde nur der Differenzbetrag zwischen Erwerbsminderungsrente und der gezahlten niedrigeren Rente für den Erstattungsanspruch zur Verfügung und übersteigt das gewährte Arbeitslosengeld diesen, fiele die Arbeitsverwaltung mit einem Teil ihrer Erstattungsforderung aus, ohne den Fehlbetrag vom Arbeitslosen zurückfordern zu können. Gerade diesem Umstand trägt der ungeminderte gesetzliche Erstattungsanspruch Rechnung und berücksichtigt damit, dass die rückwirkende Bewilligung der Erwerbsminderungsrente allein darauf beruht, dass der Rentenversicherungsträger den später als rechtens anerkannten Rentenanspruch ursprünglich verneint hat.

41

Die Beklagte kann dem streitigen Erstattungsanspruch auch keine Gegenrechte aus dem Sozialleistungsverhältnis zwischen ihr und dem Beigeladenen entgegenhalten.

42

Zwar kann wegen der inhaltlichen Abhängigkeit und untrennbaren Verknüpfung der Erstattungsansprüche mit dem Sozialleistungsanspruch des Leistungsberechtigten der auf Erstattung in Anspruch genommene Leistungsträger diejenigen Einwendungen gegenüber dem Erstattungsanspruch erheben, die ihm gegenüber dem Leistungsberechtigten zustehen (ua BSGE 70, 99 = SozR 3-1500 § 54 Nr 15 mwN). Grundlagen derartiger Einwendungen sind hier indessen nicht feststellbar.

43

Insbesondere hat die Beklagte auch nach ihrem eigenen Vortrag ihre Erstattungsansprüche iS von § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X nicht gemäß § 51 SGB I gegen den Anspruch des Beigeladenen auf rückwirkende Zahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente aufgerechnet. Die Erklärung einer derartigen Aufrechnung ist dem Bescheid vom 14.12.2001 nicht zu entnehmen. Dem Bescheid fehlen nach den Feststellungen des LSG schon jedwede Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen überhaupt eines Erstattungsanspruchs wegen zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen berühmt. Die Beklagte hat nach dem Berufungsurteil im Bescheid vom 14.12.2001 monatsweise für verschiedene Zeiträume eine "Nachzahlung" in Höhe der jeweiligen Erwerbsunfähigkeitsrentenzahlbeträge aufgeführt, diesen die in denselben Zeiträumen auf die Rente für Bergleute gezahlten Beträge gegenübergestellt und den Saldo als verbleibende "Nachzahlung" bezeichnet. Dass die Beklagte Erstattungsansprüche in Höhe der gezahlten Rente für Bergleute geltend machen will, ergibt sich aus diesem Rechenvorgang nicht. Vielmehr behandelt dieser die geleisteten Zahlungen auf die Rente für Bergleute als Zahlungen auf die Erwerbsunfähigkeitsrente, die den Nachzahlungsbetrag entsprechend mindern und geht insoweit von einer teilweisen Erfüllung des Anspruchs auf Erwerbsunfähigkeitsrente durch die auf die Rente für Bergleute entrichteten Zahlungen aus. Eine solche Erfüllungswirkung entfalten diese aber aus den oben genannten Gründen nicht.

44

Ebenso wenig ergibt sich eine Beschränkung des geltend gemachten Erstattungsanspruchs auf den Differenzbetrag zwischen Erwerbsunfähigkeitsrente und Rente für Bergleute dadurch, dass die Beklagte diesen im Bescheid vom 14.12.2001 als (zur Verfügung stehenden) Nachzahlungsbetrag aufgeführt hat. Die Bindungswirkung des Rentenbescheids nach § 77 SGG, die auch dem Erstattungsanspruch entgegengehalten werden kann(vgl BSGE 58, 119, 126 = SozR 1300 § 104 Nr 7), erstreckt sich nicht auf die darin enthaltene Mitteilung über eine Rentennachzahlung, wenn der Nachzahlungsbetrag wegen bislang nicht geklärter Erstattungsansprüche noch nicht endgültig festgesetzt ist (BSG, Urteil vom 21.6.1983 - 4 RJ 29/82 - Juris mwN). Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat im Bescheid vom 14.12.2001 darauf hingewiesen, dass der Nachzahlungsbetrag in Höhe von 19 133,96 Euro einbehalten werde, weil zunächst die bekannt gewordenen Ansprüche anderer Stellen (zB Krankenkasse, Arbeitsamt), die im Nachzahlungszeitraum bereits Zahlungen geleistet hätten, abschließend zu klären seien.

45

Die Beklagte kann schließlich auch nichts zu Gunsten ihres Rechtsstandpunkts aus der Dienstanweisung der Klägerin herleiten. Zum einen äußert sich diese lediglich zur Geltendmachung des Unterschiedsbetrages zwischen Voll- und Teilrente, wenn bereits Teilrente bezogen worden ist, und trifft damit keine Aussage zur Höhe des Erstattungsanspruchs, wenn dem Versicherten zunächst eine Rente mit niedrigeren Zahlbeträgen geleistet und ihm später rückwirkend eine Rente anderer Art mit höheren Zahlbeträgen zuerkannt worden ist. Zum anderen kann die Dienstanweisung der Klägerin mangels Gleichrangigkeit der Rechtsquellen nicht einen sich aus formellem Gesetz ergebenden Anspruch reduzieren.

46

Da nach den von der Beklagten nicht angegriffenen Feststellungen des LSG im streitigen Zeitraum bei monatsweiser Gegenüberstellung der Zahlbetrag der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit stets höher als der Zahlbetrag des Arbeitslosengeldes gewesen ist (vgl zur Ermittlung des Erstattungsbetrages auf diesem Weg BSGE 58, 128, 133 = SozR 1300 § 103 Nr 4), ist der Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe der vollen monatlichen Zahlbeträge des Arbeitslosengeldes entstanden. Bei insgesamt geleistetem Arbeitslosengeld in Höhe von 12 203,31 Euro abzüglich bereits erstatteter 10 514,21 Euro steht der Klägerin der geltend gemachte weitere Erstattungsbetrag von 1 689,09 Euro zu.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO.

48

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 47 Abs 1, § 52 Abs 1 und 3 GKG.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte erstattet der Klägerin auch ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Berufungsverfahren.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung.

2

Die am …1956 geborene Klägerin stellte am 8. Februar 2010 gegenüber der Beklagten einen Antrag auf Zuerkennung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Auf Aufforderung der Beklagten brachte sie dabei eine Arbeitgeberauskunft ihres damaligen Beschäftigungsbetriebes, eines Kfz-Meisterbetriebes, bei. Der Beschäftigungsumfang betrug drei Stunden täglich entsprechend 15 Stunden wöchentlich. Die Arbeitgeberauskunft enthielt den Hinweis, dass das Arbeitsverhältnis bei Rentenbewilligung aufgrund betriebsbedingter Verhältnisse aufgelöst würde. Ferner gab der Arbeitgeber längere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, u. a. seit 24. August 2009, an. Zur medizinischen Sachverhaltsaufklärung wertete die Beklagte einen Reha-Entlassungsbericht aus der H...-Klinik in N... über den dortigen Aufenthalt der Klägerin vom 15. Dezember 2009 bis 26. Januar 2010 aus. Dort war bei Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode, eines Bluthochdrucks und eines Zustandes nach Brustkrebserkrankung ein quantitatives Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von drei bis unter sechs Stunden bei Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen erkannt worden. Mit Bescheid vom 6. Juli 2010 gewährte die Beklagte der Klägerin eine zunächst bis zum 31. August 2011 befristetet Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Höhe von 108,09 € monatlich ab 1. Februar 2010. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht bestehe, weil die Klägerin einen dem sozialmedizinisch ermittelten Leistungsvermögen entsprechenden Teilzeitarbeitsplatz innehabe. Mit ihrem am 30. Juli 2010 eingelegten Widerspruch begehrte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Anfang 2011 wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin in dem Kfz-Meisterbetrieb beendet. Die im Widerspruchsverfahren durchgeführten medizinischen Ermittlungen bestätigten zunächst das Vorliegen eines quantitativen Leistungsvermögens von drei bis unter sechs Stunden bei weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen, gemäß dem das Gutachten des Internisten Dr. B... vom 1. März 2011 und dem Gutachten des Neurologen Dr. G... vom 15. März 2011. Mit Bescheid vom 21. März 2011 berechnete die Beklagte die Teilerwerbsminderungsrente mit Wirkung ab 1. Januar 2011 neu, ermittelte einen monatlichen Zahlbetrag von 107,74 EUR und hielt an der Befristung bis zum 31. August 2011 fest. Mit Bescheid vom 30. August 2011 erfolgte eine Verlängerung der Teilerwerbsminderungsrente bis zum Ablauf des Monats August 2012. Vom 17. August 2011 bis 14. September 2011 absolvierte die Klägerin in Kostenträgerschaft der Beklagten eine stationäre Rehabilitation in der Psychosomatischen Klinik in Bad Na... Dort wurde von einem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und in der letzten beruflichen Tätigkeit von unter drei Stunden täglich ausgegangen.

3

Die Beklagte gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 28. November 2011 eine bis Dezember 2012 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Februar 2010 und ermittelte einen monatlichen Zahlbetrag von 220,57 EUR. Sie wies einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 5.044,42 EUR für den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 31. Dezember 2011 aus und erklärte, die Nachzahlung werde vorläufig nicht ausgezahlt. Zunächst seien Ansprüche anderer Stellen zu klären. Sobald die Höhe der Ansprüche bekannt sei, werde die Nachzahlung abgerechnet. Der Bescheid enthielt ferner den Hinweis, dass, sofern für den denselben Zeitraum mehrere Rentenansprüche aus eigener Versicherung beständen, nur die höchste Rente zu leisten sei. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sei daher nicht zu zahlen.

4

Die Innungskrankenkasse Nord (IKK) machte gegenüber der Beklagten am 15. Dezember 2011 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.593,02 EUR wegen des der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 9. Januar 2011 gezahlten Krankengeld geltend. Die Bundesagentur für Arbeit machte am 8. Dezember 2011 gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch in Höhe von 2.190,19 EUR im Hinblick auf der Klägerin für den Zeitraum vom 12. Januar 2011 bis 9. Dezember 2011 gezahltes Arbeitslosengeld geltend. Die Beklagte befriedigte die geltend gemachten Erstattungsansprüche, informierte die Klägerin davon mit Schreiben vom 4. Januar 2012 und teilte ihr mit, dass der Restbetrag der Nachzahlung in Höhe von 1.261,21 EUR weiterhin einbehalten werde. Es wurde angekündigt, dass über die noch einbehaltene Nachzahlung in Kürze eine weitere Nachricht erfolgen werde.

5

Die Klägerin meldete sich daraufhin am 19. Januar 2012 telefonisch bei der Beklagten und bat um Auszahlung der restlichen Nachzahlung.

6

Mit Schreiben vom 19. Januar 2012 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der weitere Nachzahlungsbetrag zunächst einbehalten werde, da bei Berechnung der Nachzahlung zunächst nicht berücksichtigt worden sei, dass eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gezahlt worden sei. Wie hinsichtlich der bereits an sie gezahlten Beträge der teilweisen Erwerbsminderungsrente zu verfahren sei, könne die Beklagte ihr erst zu einem späteren Zeitpunkt mitteilen.

7

Mit Bescheid vom 15. Mai 2012 hob die Beklagte den Bescheid vom „15.03.2011“ über die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hinsichtlich des Zahlungsanspruches für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis 31. Dezember 2011 gestützt auf § 48 SGB X (10. Sozialgesetzbuch- Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz) auf. Zur Begründung führte die Beklagte aus, für den genannten Zeitraum ergebe sich eine Überzahlung von 2.488,23 EUR. Dieser Betrag sei im Interesse der Klägerin bereits mit der Rentennachzahlung aus der Rente wegen voller Erwerbsminderung, die nach Abrechnung der Erstattungsansprüche verblieben sei, verrechnet worden. Die restliche Überzahlung betrage noch 1.666,59 EUR. Diesen Betrag habe die Klägerin zu erstatten. Eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X sei durch die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung eingetreten. Diese sei höher als die bisherige Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Nach § 89 Abs. 1 SGB VI (6. Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung) sei daher der Anspruch auf die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung weggefallen. Die Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit erfolge aufgrund von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Die mit Bescheid vom 28. November 2011 bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung stelle Einkommen im Sinne dieser Vorschrift dar. Insoweit verwies die Beklagte auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. September 2010 zum Aktenzeichen B 5 KN 4/08 R.

8

Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 4. Juni 2012. Zur Begründung ihres Widerspruchs wies diese darauf hin, dass sie keine Nachzahlung erhalten habe und daher auch nicht erstattungspflichtig sein könne. Dem Widerspruch half die Beklagte mit Bescheid vom 30. August 2012 teilweise ab und korrigierte damit einen Rechenfehler, denn bei Berechnung der von der Klägerin vorzunehmenden Erstattung im Bescheid vom 15. Mai 2012 hatte sie den Erstattungsanspruch der IKK mit 2.032,59 EUR und nicht mit „lediglich“ 1.593,02 EUR berücksichtigt. Hintergrund war der Abzug einer bereits im Hinblick auf die rückwirkende Gewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erfolgten Erstattung in Höhe von 439,57 EUR von dem Gesamterstattungsbegehren der IKK. Die von der Klägerin geforderte Erstattung reduzierte die Beklagte dadurch auf 1.227,02 EUR.

9

Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und hielt an ihrer bisherigen Auffassung fest. Ausführungen zur Ermessensausübung enthielt der Widerspruchsbescheid nicht.

10

Mit der am 19. März 2013 beim Sozialgericht Itzehoe erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Auffassung der Beklagten wäre allenfalls dann zu folgen, wenn es sich bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung um eine gänzlich andere Rentenart handeln würde als bei der zuvor geleisteten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Dies erscheine ihr jedoch zweifelhaft. Es handele sich insoweit lediglich um ein „Mehr“ gegenüber der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, nicht jedoch um eine völlig andere Rentenart. Das dazu ergangene Urteil des Bundessozialgerichts vom 7. September 2010 sei ihr bekannt. Es sei aber fraglich, ob die darin aufgestellten Grundsätze zur Unterscheidung einer Rente für Bergleute und der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ohne Weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar seien. Nach ihrer Ansicht handele es sich nicht zwingend um verschiedene selbstständig bestehende Ansprüche. § 43 SGB VI unterscheide die beiden Rentenarten lediglich hinsichtlich der noch möglichen Arbeitszeit. Ihr Arbeitsverhältnis zum Kfz-Betrieb habe bis kurz vor dem Antrag auf Arbeitslosengeld am 12. Januar 2011 bestanden. Sie sei jedenfalls mit der Kündigung zum Arbeitsamt gegangen, um dort Arbeitslosengeld zu beantragen. Seit etwa 30 Jahren sei sie zusätzlich im Hafenamt F... beschäftigt. Dort arbeite sie etwa zwei Stunden wöchentlich.

11

Die Klägerin hat beantragt,

12

den Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2012 in der Fassung des Bescheides vom 30. August 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2013 aufzuheben.

13

Die Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie hat ausgeführt, wenn anstelle einer niedrigeren Rente rückwirkend eine höhere gezahlt werde, erstrecke sich der Erstattungsanspruch nach § 103 SGB X auf die volle - ungekürzte - Rentennachzahlung der höheren Rente. Die Rentennachzahlung der höheren Rente sei nicht um die im Nachzahlungszeitraum bereits geleisteten Beträge der niedrigeren Rente zu mindern. Das Vorbringen der Klägerin, es handele sich bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und der Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht um eigenständige Leistungsansprüche, werde von ihr nicht geteilt. Angesprochen auf das im Aufhebungsbescheid genannte Bescheiddatum vom 15. März 2011, trägt die Beklagte vor, es stelle sich so dar, dass eine Neuberechnung der Rente für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 wohl am 15. März 2011 stattgefunden habe, der Bescheid letztlich dann aber erst am 21. März 2011 freigegeben worden sei.

16

Mit Urteil vom 24. Februar 2015 hat das Sozialgericht Itzehoe den Bescheid vom 15. Mai 2012 in der Fassung des Bescheides vom 30. August 2012 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2013 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die angegriffenen Verwaltungsentscheidungen seien in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbesondere werde hinreichend deutlich, dass die Bewilligungsentscheidungen zur teilweisen Erwerbsminderungsrente für den dort angegebenen Zeitraum habe aufgehoben werden sollen, so dass die Benennung eines – offensichtlich nicht ergangenen – Bescheides vom 15. März 2011 im Ausgangsbescheid vom 15. Mai 2012 und im Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2013 eine offensichtliche Unrichtigkeit darstelle, die nicht beachtlich sei. Die Aufhebungsentscheidung sei jedoch materiell rechtswidrig. Die Regelung des § 48 SGB X sei anwendbar. Die Anwendung dieser Norm scheitere nicht an dem Umstand, dass die Bewilligung der teilweisen Erwerbsminderungsrente bereits durch den Bescheid vom 28. November 2011 konkludent aufgehoben worden sei. Zwar sei der Bescheid vom 28. November 2011 ausdrücklich auch anstelle der bisherigen Rente erlassen worden, allerdings ergebe sich aus der berechneten Nachzahlung, dass hierbei die geleistete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung unberücksichtigt geblieben sei. In Anwendung der vom Bundessozialgericht in dem Urteil vom 7. September 2010 aufgestellten Maßstäbe und unter Berücksichtigung von § 89 Abs. 1 SGB VI habe die Beklagte mit Erlass des Bescheides vom 28. November 2011 eine Änderung der Verhältnisse dahingehend herbeigeführt, dass der Zahlungsanspruch der zuvor bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung entfallen sei. Der Auffassung der Klägerin, dass es sich insoweit nicht um andere Renten handele, sei nicht zu folgen. Dies ergebe sich bereits aus der Aufzählung in § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. Auch die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X lägen vor. Denn mit der nachträglich bewilligten Rente wegen voller Erwerbsminderung sei Einkommen erzielt worden, welches zum Wegfall des Anspruchs auf Zahlung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung geführt habe. Es fehle jedoch an einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung. Es liege ein atypischer Fall vor, so dass die Beklagte Ermessen habe ausüben müssen. Zu berücksichtigen sei, dass bei Bewilligung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung die Arbeitgeberauskunft bereits vorgelegen habe, in der mitgeteilt worden sei, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin wegen betriebsbedingter Verhältnisse aufgelöst werde. Dies sei dann auch später tatsächlich geschehen. In dieser Situation wäre seitens der Beklagten zu prüfen gewesen, ob bzw. ab wann wegen des nahenden Wegfalls des leistungsgerechten Teilzeitarbeitsplatzes eine volle Erwerbsminderungsrente zu bewilligen gewesen wäre. Die Beklagte hätte sich jedenfalls veranlasst sehen müssen, nähere Umstände des wegfallenden Arbeitsplatzes zu erfragen. Dies ergebe sich auch aus einem internen Vermerk vom 17. Juni 2011. Damit sei die Beklagte mitverantwortlich dafür, dass die Klägerin zunächst Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und IKK erhalten habe, die nachträglich im Wege der Erstattung gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden seien und im Ergebnis die Nachzahlungsforderung der Beklagten gegenüber der Klägerin begründeten. Bei der vor diesem Hintergrund eröffneten Ermessensentscheidung hätte sich die Beklagte damit auseinandersetzen müssen, ob aufgrund der Einzelumstände in Abwägung mit dem Interesse der Versichertengemeinschaft möglicherweise die Aufhebung der vormaligen Bewilligungsentscheidung wenigstens teilweise hätte unterbleiben können. Dies habe die Beklagte aber pflichtwidrig unterlassen.

17

Gegen das ihr am 7. Juli 2015 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 4. August 2015. Zur Begründung der Berufung trägt sie vor, der Auffassung des Sozialgerichts zum atypischen Fall könne nicht gefolgt werden. Der Klägerin sei aus dem Bescheid vom 6. Juli 2010 bekannt gewesen, dass sie einen Anspruch auf Rente nur wegen teilweiser Erwerbsminderung gehabt habe, weil sie einen entsprechenden Arbeitsplatz inne gehabt habe. Die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung sei das Ziel der Klägerin gewesen, insoweit müsse sie sich das Handeln ihrer Bevollmächtigten zurechnen lassen. Es wäre für die Klägerin auch ein Leichtes gewesen, ihr, der Beklagten, Mitteilung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu machen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Es sei auch nicht erkennbar, dass sie aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift verpflichtet gewesen sei, bei der Klägerin nachzufragen, ob das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden sei. Es sei auch zu bedenken, dass selbst dann, wenn sie auf Nachfrage von der Klägerin erfahren hätte, dass das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden sei, dies nicht zwingend zur Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung geführt hätte. Denn möglicherweise wäre noch eine Prüfung des Teilzeitarbeitsmarktes bei der zuständigen Agentur für Arbeit erforderlich gewesen. Arbeitslos sei die Klägerin zudem erst kurz vor dem 12. Januar 2011 geworden. Der Überzahlungszeitraum erstrecke sich aber auch über den Zeitraum seit 1. Februar 2010. Der verbleibende Zeitraum der Überzahlung trete insoweit in den Hintergrund und könne keine Atypik begründen. Selbst sie ein Mitverschulden am Entstehen der Höhe der Überzahlung träfe, wäre fraglich, ob dies einen atypischen Fall begründen würde. Die Beklagte stützt sich insoweit auf mehrere Urteile des Sozialgerichts Reutlingen, des Sozialgerichts Würzburg, des Sozialgerichts Bayreuth, des Sozialgerichts Schleswig, des Sozialgerichts Kassel und des Sozialgerichts Gießen, die sie auszugsweise zitiert.

18

Die Beklagte beantragt,

19

das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 24. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen und die Revision zuzulassen.

20

Die Klägerin beantragt,

21

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

22

Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

23

Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt worden.

25

Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht und mit –auch- zutreffender Begründung hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen waren rechtswidrig und verletzten die Klägerin in ihren Rechten. Sie waren daher aufzuheben.

26

Die Beklagte stützt ihre Entscheidung auf § 48 SGB X. Nach dessen Abs. 1 Satz 1 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit sich in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung ereignet, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufgehoben werden, soweit u. a. nach Antragstellung oder seinem Erlass Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X).

27

Zu Recht hat das Sozialgericht die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen nicht bereits deshalb als rechtswidrig eingestuft, weil sie das Datum des aufzuhebenden Bescheides nicht korrekt benannt haben und damit gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß § 33 SGB X verstoßen hätten. Entscheidend ist, dass aus den angefochtenen Entscheidungen hinreichend deutlich wird, dass die Rentengewährung wegen teilweiser Erwerbsminderung für den Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 31. Dezember 2011 aufgehoben werden soll. Dass die Beklagte die insoweit maßgebenden Bescheide vom 6. Juli 2010 und 21. März 2011 nicht genannt hat, sondern einen tatsächlich nicht existierenden Bescheid vom 15. März 2011, ist nicht beachtlich, denn der Sinngehalt ihrer Entscheidung ist noch erkennbar (so auch Thüringer LSG, Urteil vom 27. September 2012, L 9 AS 816/11).

28

Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht auch eine grundsätzliche Anwendbarkeit der Regelung des § 48 SGB X in der hier vorliegenden Konstellation einer rückwirkenden Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bei vorherigem Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung angenommen und die Voraussetzungen des § 48 Abs.1 Satz2 Nr.3 SGB VI dem Grunde bejaht. Gestützt auf § 89 SGB VI hat das Bundessozialgericht dies im Verfahren B 5 KN 4/08 R, in dem es um die fragliche Begrenzung eines Erstattungsanspruchs der Bundesagentur für Arbeit gegen einen Rentenversicherungsträger auf den Differenzbetrag zweier Renten ging, für die Konstellation des Zusammentreffens einer rückwirkend gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach altem Recht und einer niedrigeren Rente für Bergleute entschieden. Dabei hat es ausgeführt, dass in der Bewilligung einer höheren Rente anstelle der bisherigen Rente konkludent bereits eine Aufhebung der niedrigeren Rente zu erblicken sei, die ihre Stütze in § 48 Abs. 1 SGB X finde. Der dort beklagte Rentenversicherungsträger sei auch berechtigt gewesen, den Bescheid über die Rente für Bergleute mit Wirkung ab Änderung der Verhältnisse aufzuheben, da durch die höhere Rentengewährung Einkommen erzielt worden sei, welches zum Wegfall des Anspruchs auf Zahlung der Rente für Bergleute geführt habe. Der zitierten Rechtsprechung folgt der Senat grundsätzlich. Entgegen der Ansicht der Klägerin kann dem auf Tatbestandsebene nicht entgegengehalten werden, dass es sich bei den Renten wegen voller Erwerbsminderung und wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht um unterschiedliche Rentenarten handele, denn die Regelung des § 89 SGB VI führt in Abs. 1 Satz 2 diese Renten in Nr. 7 und Nr. 11 als unterschiedliche Rentenarten auf und bestimmt in Verbindung mit ihrem Abs. 1 Satz 1, dass bei Gewährung beider Renten für den gleichen Zeitraum nur die Rente wegen voller Erwerbsminderung als höhere Rente geleistet wird.

29

§ 48 Abs.1 Satz 2 Nr.3 SGB VI rechtfertigt aber schon nicht die von der Beklagten vorgenommene Aufhebung der Bewilligung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in voller Höhe. Danach ist die Aufhebung nämlich nur legitimiert „soweit“ Einkommen oder Vermögen erzielt wurde, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat. Eine Aufhebungsentscheidung kann danach also nur in Höhe des tatsächlich erzielten Einkommens erfolgen (BSG, Urteil vom 13. August 1986, 7 RAr 33/85; Urteil vom 23. März 1995, 13 RJ 39/94; vgl. Steinwedel in Kasseler Kommentar zur Sozialversicherung § 48 SGB X Rn.50). Zwar hat die Klägerin durch rückwirkende Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung Einkommen erzielt, welches gemäß § 89 SGB VI zum Wegfall des Anspruchs auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für den gleichen Zeitraum geführt hat, eine Einkommenserzielung ist aber nur in Höhe der für Februar 2010 bis Dezember 2011 errechneten Nachzahlung erfolgt, soweit diese nicht für die Befriedigung der Erstattungsansprüche der Bundesagentur für Arbeit und der IKK erforderlich war. Über die Differenz der beiden Erstattungsansprüche zu dem Gesamtnachzahlungsbetrag hinaus durfte die Beklagte die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung daher nicht aufheben und sie durfte gemäß § 50 I SGB X über die erfolgte Verrechnung der verbleibenden Nachzahlung mit dem Aufhebungsbetrag auch keinen Erstattungsbetrag gegenüber der Klägerin geltend machen.

30

Ungeachtet dessen läge darüber hinaus auch ein atypischer Fall vor, aufgrund dessen die Beklagte bei ihrer Aufhebungsentscheidung Ermessen hätte ausüben müssen. Aus dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X („soll“) ergibt sich, dass ein Sozialleistungsträger bei Vorliegen der in Nr. 1 bis 4 genannten Voraussetzungen im Regelfall eine Aufhebung des rechtswidrig gewordenen Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung ab Änderung der Verhältnisse vornehmen kann und muss, ohne Ermessen auszuüben. In atypischen Fällen ist hingegen eine Ermessensausübung erforderlich. Ob ein atypischer Fall vorliegt, hängt dabei maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt darauf an, ob der Einzelfall aufgrund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X, die die Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen, signifikant abweicht und die vorgesehene Rechtsfolge für den Betroffenen eine unverhältnismäßige Härte darstellen würde (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2010, B 13 R 77/09 R). Ein atypischer Fall liegt immer dann vor, wenn der Betroffene durch die Aufhebung im Nachhinein vermehrt sozialhilfebedürftig würde (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1995, 10 RKg 9/95). Auch das Verhalten des Leistungsträgers im Geschehensablauf ist in die Betrachtung einzubeziehen. Mitwirkendes Fehlverhalten auf seiner Seite, das als eine atypische Behandlung des Falles im Sinne einer Abweichung von der grundsätzlich zu erwartenden ordnungsgemäßen Sachbearbeitung zu werten ist, kann die Atypik des verwirklichten Tatbestandes ergeben (BSG vom 1. Juli 2010, a.a.O.). Zu berücksichtigen ist auch, ob die Rückerstattung nach Lage des Falles eine Härte bedeutet, die den Leistungsbezieher in untypischer Weise stärker belastet als den hierdurch im Normalfall Betroffenen (BSG vom 1. Juli 2010, a.a.O.).

31

Nach diesen Maßstäben liegt ein atypischer Fall vor. Zunächst ist eine Atypik vorliegend zu dem Regelfall des Tatbestandes des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X dadurch begründet, dass der Klägerin vorliegend überhaupt kein verwertbares Einkommen zugeflossen ist. Die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ist unter Berücksichtigung der vom Bundessozialgericht im Urteil vom 7. September 2010 – B 5 KN 4/08 R aufgestellten Maßstäbe zwar als erzieltes Einkommen, das den Anspruch auf die Zahlung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung entfallen lässt, zu werten, typischerweise liegen Aufhebungsentscheidungen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X aber Konstellationen zugrunde, in denen ein Leistungsbezieher die später aufgehobene Sozialleistung erhält und ab einem späteren Zeitpunkt zusätzlich eine andere Einkommensart, sei es eine andere Sozialleistung oder Erwerbseinkommen oder jedwedes andere Einkommen bezieht.

32

Die Atypik des Falles liegt auch darin begründet, dass die Klägerin durch die rückwirkende Gewährung einer höherrangigen Sozialleistung wirtschaftlich schlechter gestellt wird als ohne sie. Da die Summe der von der Klägerin bezogenen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und des dazu parallel bezogenen Krankengeldes und des Arbeitslosengeldes jeweils höher war als der Zahlbetrag der jetzt bezogenen Rente wegen voller Erwerbsminderung und die Erstattungsansprüche der IKK und der Bundesagentur für Arbeit nach § 103 SGB X nicht auf die Differenz der beiden Rentenzahlbeträge begrenzt sind, befindet sich die Klägerin in der paradoxen Situation, dass ihr zwar eine höhere Rente gewährt wird, sie aber nicht nur von dem rechnerisch ermittelten Nachzahlungsbetrag nichts erhält, sondern darüber hinaus noch eine Rückzahlung der bereits gezahlten niedrigeren Rente an die Beklagte vornehmen soll. Diese Gemengelage weicht von der Grundkonstellation des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X so deutlich ab, dass die Ausübung von Ermessen durch die Beklagte geboten erscheint. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, wäre es naheliegend gewesen zu prüfen, ob die Rückforderung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf den nach Abrechnung der Erstattungsansprüche gegenüber der IKK und der BA noch zur Verfügung stehenden Nachzahlungsbetrag begrenzt wird.

33

Die Atypik des Falles begründet sich aber auch in einer zwar gegenüber dem individuellen Sachbearbeiter nicht vorwerfbaren, aber insgesamt dennoch fehlerhaften Behandlung des Verwaltungsvorgangs durch die Beklagte. Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, hätte es im Hinblick auf die durch den Arbeitgeber bereits kurz nach Rentenantragstellung angekündigte Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei Rentengewährung nahegelegen, Ermittlungen dazu anzustellen, ob die Klägerin das Teilzeitarbeitsverhältnis noch innehatte oder ob im Hinblick auf das auf drei bis unter sechs Stunden eingeschränkte Leistungsvermögen nicht ein Anspruch auf eine so genannte Arbeitsmarktrente wegen voller Erwerbsminderung bestanden hätte. Dies hätte im Rahmen einer Wiedervorlage des Vorgangs nach erfolgter Rentengewährung nach einem gewissen Zeitraum oder auch anlässlich der Sachbearbeitung im Frühjahr 2011 geschehen können.

34

Ferner sind die Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung und wegen voller Erwerbsminderung nach den obigen Ausführungen zwar unterschiedliche Leistungsarten im Sinne von § 89 SGB VI und eröffnen somit in der vorliegenden Konstellation den Anwendungsbereich des § 48 SGB X. Es liegt aber wiederum kein typischer Fall des Aufeinandertreffens zweier Renten vor. Da die Anspruchsvoraussetzungen beider Renten im Wesentlichen nur durch das zeitliche Restleistungsvermögen differenziert werden, beide Rentenarten gemeinsam in einer Vorschrift, nämlich § 43 SGB VI, geregelt werden, und diese auch noch mit der Überschrift „Rente wegen Erwerbsminderung“ und nicht etwa „Renten wegen Erwerbsminderung“ versehen ist, wird unter Außerachtlassung von § 89 SGB VI gesetzlich der Eindruck erweckt, es handele sich um 2 Stufen einer einheitlichen Rentenart. Läge ein Fall der Gewährung einer höheren Stufe einer einheitlichen Rentenart tatsächlich vor, etwa bei Gewährung einer höheren Unfallrente nach Erhöhung der MdE, so wäre § 48 SGB X aber nicht zu Lasten des Versicherten anwendbar. Auch dies begründet einen atypischen Fall des § 48 SGB X.

35

Schließlich ist das Verwaltungshandeln der Beklagten auch im Rahmen der Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung bei gleichzeitiger – konkludenter - Aufhebung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht sonderlich glücklich. Bereits in der Rentengewährung vom 28. November 2011, die ausdrücklich anstelle der bisherigen Rente erfolgte, liegt eine konkludente Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2010, a.a.O.). Diese ist allerdings unvollständig erfolgt, denn bei Benennung des Nachzahlungsbetrages hatte die Beklagte den Abzug der bereits geleisteten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung noch nicht berücksichtigt und in der Berechnung der Nachzahlung ist in der Anlage 1 zu dem Bescheid vom 28. November 2011 auch kein Abzug der bereits gezahlten Rentenbeiträge vorgenommen worden. Eine Erstattungs- und Verrechnungsentscheidung hat die Beklagte erstmals mit dem Bescheid vom 15. Mai 2012 getroffen. Sie hat damit den Eindruck erweckt, es stünde aus der rückwirkenden Rentengewährung mit Bescheid vom 28. November 2011 insgesamt eine Nachzahlung von über 5.000,00 EUR effektiv zur Verfügung, die dann nur noch um die Erstattungsansprüche der anderen beteiligten Träger zu reduzieren sei. Es wäre naheliegend gewesen, die Klägerin in verständlicher Form darauf hinzuweisen, dass der zur Verfügung stehende Nachzahlungsbetrag wegen der gleichzeitig vorgenommenen Aufhebung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung deutlich niedriger ausfallen würde und sich gegebenenfalls sogar ins Negative kehren könnte. Darüber informiert der Bescheid vom 28. November 2011 gerade nicht. Für einen Adressaten, der sich nicht tagtäglich mit Rentenberechnungen beschäftigt und mit den Regelungen des SGB VI sehr gut vertraut ist, ist dieser Effekt aus dem Bescheid vom 28. November 2011 auch in keiner Weise erkennbar. Dies gilt auch für das noch am 4. Januar 2012 an die Klägerin versandte Schreiben. Dort wird ein Betrag in Höhe von 1.261,21 EUR genannt, der nach Befriedigung der Erstattungsansprüche der IKK und der BA noch verblieben sei. Es wird mitgeteilt, dass dieser weiterhin einbehalten werde, ein Grund dafür wird nicht genannt. Der Klägerin wird mitgeteilt, dass über die weitere Verfahrensweise bezüglich der noch einbehaltenen Nachzahlung in Kürze eine weitere Nachricht erfolge. Erst mit Schreiben vom 19. Januar 2012 hat die Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass die Rentenbeträge der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berechnung der Nachzahlung zunächst nicht berücksichtigt worden seien und dies noch zu erfolgen habe. Auch hier erfolgte kein Hinweis auf das ungefähre wirtschaftliche Ausmaß der noch zu erfolgenden Berücksichtigung, obwohl die Differenz zwischen den Zahlbeträgen wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung recht einfach zu ermitteln gewesen wäre. Erst deutlich später, nämlich mit Bescheid vom 15. Mai 2012, hat die Beklagte die Erstattung des aus der verbleibenden Nachzahlung geforderten Zahlbetrages der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gefordert. Dies muss für die Klägerin nach Lage der Dinge äußerst überraschend geschehen sein, zumal die Beklagte auch im Schreiben vom 19. Januar 2012 in keiner Weise auf eine noch mögliche Erstattungsforderung hingewiesen hat. Die geltend gemachte Erstattungsforderung ist zwar nicht verfristet oder verwirkt und die späte Geltendmachung ein halbes Jahr nach Erlass des rentengewährenden Bescheides und fünf Monate nach Abrechnung der Erstattungsansprüche mit den anderen Sozialleistungsträgern mag auch auf die bei der Beklagten herrschende Arbeitsbelastung zurückzuführen sein und den beteiligten Sachbearbeitern nicht vorzuwerfen sein. Insgesamt liegt aber ein sehr ungeschicktes und die Klägerin sicherlich eher verwirrendes Verwaltungshandeln der Beklagten zwischen Erlass des Bescheides vom 28. November 2011 und dem Erlass des Bescheides vom 15. Mai 2012 vor. Die Beklagte hätte sich im Hinblick auf die nicht unerhebliche wirtschaftliche Belastung durch den Bescheid vom 15. Mai 2012 dazu veranlasst sehen müssen, aufgrund der Umstände des Einzelfalls eine Ermessensentscheidung zur tatsächlichen Vornahme der Aufhebungsentscheidung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X vorzunehmen.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG und folgt der Sachentscheidung.

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Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs.2 Nr.1 SGG.


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit dieser auf Grund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen. Dazu gehören auch

1.
die Beiträge, die von Sozialleistungen zu zahlen sind, und
2.
die Beiträge zur Krankenversicherung, die für die Dauer des Anspruchs auf Krankengeld unbeschadet des § 224 Abs. 1 des Fünften Buches zu zahlen wären.

(2) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch Gesetz der Höhe nach begrenzt, geht er auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe über, soweit er nicht zum Ausgleich des Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(3) Ist der Anspruch auf Ersatz eines Schadens durch ein mitwirkendes Verschulden oder eine mitwirkende Verantwortlichkeit des Geschädigten begrenzt, geht auf den Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe von dem nach Absatz 1 bei unbegrenzter Haftung übergehenden Ersatzanspruch der Anteil über, welcher dem Vomhundertsatz entspricht, für den der Schädiger ersatzpflichtig ist. Dies gilt auch, wenn der Ersatzanspruch durch Gesetz der Höhe nach begrenzt ist. Der Anspruchsübergang ist ausgeschlossen, soweit der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches werden.

(4) Stehen der Durchsetzung der Ansprüche auf Ersatz eines Schadens tatsächliche Hindernisse entgegen, hat die Durchsetzung der Ansprüche des Geschädigten und seiner Hinterbliebenen Vorrang vor den übergegangenen Ansprüchen nach Absatz 1.

(5) Hat ein Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe auf Grund des Schadensereignisses dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen keine höheren Sozialleistungen zu erbringen als vor diesem Ereignis, geht in den Fällen des Absatzes 3 Satz 1 und 2 der Schadenersatzanspruch nur insoweit über, als der geschuldete Schadenersatz nicht zur vollen Deckung des eigenen Schadens des Geschädigten oder seiner Hinterbliebenen erforderlich ist.

(6) Ein nach Absatz 1 übergegangener Ersatzanspruch kann bei nicht vorsätzlichen Schädigungen durch eine Person, die im Zeitpunkt des Schadensereignisses mit dem Geschädigten oder seinen Hinterbliebenen in häuslicher Gemeinschaft lebt, nicht geltend gemacht werden. Ein Ersatzanspruch nach Absatz 1 kann auch dann nicht geltend gemacht werden, wenn der Schädiger mit dem Geschädigten oder einem Hinterbliebenen nach Eintritt des Schadensereignisses die Ehe geschlossen oder eine Lebenspartnerschaft begründet hat und in häuslicher Gemeinschaft lebt. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 kann ein Ersatzanspruch bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Versicherungssumme geltend gemacht werden, wenn der Schaden bei dem Betrieb eines Fahrzeugs entstanden ist, für das Versicherungsschutz nach § 1 des Gesetzes über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter oder § 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger besteht. Der Ersatzanspruch kann in den Fällen des Satzes 3 gegen den Schädiger in voller Höhe geltend gemacht werden, wenn er den Versicherungsfall vorsätzlich verursacht hat.

(7) Haben der Geschädigte oder seine Hinterbliebenen von dem zum Schadenersatz Verpflichteten auf einen übergegangenen Anspruch mit befreiender Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe Leistungen erhalten, haben sie insoweit dem Versicherungsträger oder Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe die erbrachten Leistungen zu erstatten. Haben die Leistungen gegenüber dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe keine befreiende Wirkung, haften der zum Schadenersatz Verpflichtete und der Geschädigte oder dessen Hinterbliebene dem Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe als Gesamtschuldner.

(8) Weist der Versicherungsträger oder Träger der Sozialhilfe nicht höhere Leistungen nach, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 je Schadensfall für nicht stationäre ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln 5 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches zu ersetzen.

(9) Die Vereinbarung einer Pauschalierung der Ersatzansprüche ist zulässig.

(10) Die Bundesagentur für Arbeit und die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch gelten als Versicherungsträger im Sinne dieser Vorschrift.

(1) Bestehen für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, wird nur die höchste Rente geleistet. Bei gleich hohen Renten ist folgende Rangfolge maßgebend:

1.
Regelaltersrente,
2.
Altersrente für langjährig Versicherte,
3.
Altersrente für schwerbehinderte Menschen,
3a.
Altersrente für besonders langjährig Versicherte,
4.
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit (Fünftes Kapitel),
5.
Altersrente für Frauen (Fünftes Kapitel),
6.
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute,
7.
Rente wegen voller Erwerbsminderung,
8.
(weggefallen)
9.
Erziehungsrente,
10.
(weggefallen)
11.
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung,
12.
Rente für Bergleute.
Ist eine Rente gezahlt worden und wird für denselben Zeitraum eine höhere oder ranghöhere Rente bewilligt, ist der Bescheid über die niedrigere oder rangniedrigere Rente vom Beginn der laufenden Zahlung der höheren oder ranghöheren Rente an aufzuheben. Nicht anzuwenden sind die Vorschriften zur Anhörung Beteiligter (§ 24 des Zehnten Buches), zur Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes (§ 45 des Zehnten Buches) und zur Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse (§ 48 des Zehnten Buches). Für den Zeitraum des Zusammentreffens der Rentenansprüche bis zum Beginn der laufenden Zahlung nach Satz 3 gilt der Anspruch auf die höhere oder ranghöhere Rente nach Berücksichtigung von Erstattungsansprüchen anderer Leistungsträger bis zur Höhe der gezahlten niedrigeren oder rangniedrigeren Rente als erfüllt. Ein unter Berücksichtigung von Erstattungsansprüchen anderer Leistungsträger verbleibender Nachzahlungsbetrag aus der höheren oder ranghöheren Rente ist nur auszuzahlen, soweit er die niedrigere oder rangniedrigere Rente übersteigt. Übersteigen die vom Rentenversicherungsträger anderen Leistungsträgern zu erstattenden Beträge zusammen mit der niedrigeren oder rangniedrigeren Rente den Betrag der höheren oder ranghöheren Rente, wird der übersteigende Betrag nicht von den Versicherten zurückgefordert.

(2) Für den Zeitraum, für den Anspruch auf große Witwenrente oder große Witwerrente besteht, wird eine kleine Witwenrente oder eine kleine Witwerrente nicht geleistet. Absatz 1 Satz 3 bis 7 gilt entsprechend.

(3) Besteht für denselben Zeitraum Anspruch auf mehrere Waisenrenten, wird nur die höchste Waisenrente geleistet. Bei gleich hohen Waisenrenten wird nur die zuerst beantragte Rente geleistet. Absatz 1 Satz 3 bis 7 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.