Gericht

Sozialgericht Nürnberg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit vom 01.02.2017 bis 25.04.2017 und über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) für diesen Zeitraum.

Der 1956 geborene Kläger war in der Zeit vom 01.05.2001 bis zum 31.01.2017 bei der Firma D. in D-Stadt als Spezialist E-Business beschäftigt.

Die Arbeitgeberin des Klägers hat zur Erhaltung der Konkurrenz- und Wettbewerbsfähigkeit unter betriebswirtschaftlichen Aspekten die unternehmerische Entscheidung getroffen, den Geschäftsbereich „Industrie“ von D-Stadt nach S. zu verlegen. Hiervon war auch der Arbeitsplatz des Klägers in D-Stadt betroffen.

Gleichzeitig wurde die unternehmerische Entscheidung getroffen, in diesem Zusammenhang 500 Arbeitsplätze abzubauen. Die Betriebsänderung, die bei der Bundesagentur für Arbeit angezeigt wurde, sollte bis zum 31.12.2016 abgeschlossen sein. Zur Durchführung der Betriebsänderung wurde zwischen der Firma D. und dem Betriebsrat ein Interessenausgleich und Sozialplan zur verbindlichen Regelung des Umfangs der Betriebsänderung, der Art und Weise des Stellenabbaus und der dazugehörigen Regularien abgeschlossen.

Seitens der Arbeitgeberin wurden allen Mitarbeitern des Bereiches Industrie verschiedene Maßnahmen für einen sozialverträglichen Stellenabbau angeboten.

Nachdem der Kläger einer Verlagerung seines Arbeitsplatzes nach S. nicht zustimmte, schloss er mit seiner Arbeitgeberin auf betriebliche Veranlassung am 12.07.2016 einen Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist mit Wirkung zum 31.01.2017.

Für den Verlust seines Arbeitsplatzes wurde eine Abfindung nach Maßgabe des Sozialplanes in Höhe von 161.528,00 € brutto vereinbart.

Am 28.10.2016 meldete sich der Kläger zum 01.02.2017 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Im Fragebogen zur Antragsstellung gab der Kläger an, dass er das Arbeitsverhältnis nicht beendet habe um eine Arbeitgeberkündigung zu vermeiden, ferner habe ihm keine betriebliche Kündigung mit Bestimmtheit gedroht hätte.

Mit Bescheid vom 15.12.2016 wurde dem Kläger Arbeitslosengeld vorläufig unter Ausklammerung des Zeitraumes vom 01.02.2017 – 25.04.2017 in Höhe von täglich 75,62 € und für die Dauer von 720 Tagen bewilligt.

Am 18.01.2017 teilte die Arbeitgeberin des Klägers der Beklagten mit, dass dem Kläger keine konkrete Kündigung gedroht habe. Dem Kläger sei eine Abfindung gezahlt worden, welche mehr als 0,25 und 0,5 Monatsgehälter für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses betrage. Hierauf hätte der Kläger bei Ausspruch einer Kündigung keinen Anspruch gehabt. Ferner teilte die Arbeitgeberin mit, dass im geschlossenen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen worden seien. Die Frage der Sozialauswahl habe sich daher beim Kläger nicht gestellt, zudem der Kläger zeitnah bereit war, den Aufhebungsvertrag abzuschließen.

Mit Bescheid vom 16.02.2017 stellte die Beklagte eine Sperrzeit vom 01.02.2017 bis 25.04.2017 und die Minderung des Anspruches auf Arbeitslosengeld um 180 Tage fest, da der Kläger sein Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund durch den Aufhebungsvertrag vom 12.07.2016 aufgelöst habe.

Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tage wurde Arbeitslosengeld ab dem 26.04.2017 bis zum 25.10.2018 in Höhe von 75,98 € täglich gewährt.

Mit Schreiben vom 24.02.2017 legte der Kläger gegen die Feststellung der Sperrzeit Widerspruch ein.

Auf erneute Nachfrage der Beklagten teilte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 30.05.2017 mit, dass rückblickend nicht mehr beurteilt werden könne, ob der Kläger in S. hätte weiterbeschäftigt werden können, nachdem die Arbeitsvertragsparteien nach der Information über den Wegfall des aktuellen Arbeitsplatzes des Klägers zeitnah Gespräche über die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses aufgenommen hätten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2017 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen.

Dagegen wurde am 16.08.2017 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben.

Der Kläger beantragt,

in Abänderung des Bescheides vom 17.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2017, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 01.02.2017 Arbeitslosengeld dem Grunde nach zu gewähren.

Zur Begründung wird vorgetragen, dass der konkrete Arbeitsplatz des Klägers aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung der Firma S. AG & Co. KG weggefallen sei. Der Kläger habe tatsächlich nicht mehr auf seinem Arbeitsplatz in D-Stadt weiterbeschäftigt werden können. Aufgrund dessen musste der gegenständliche Aufhebungsvertrag vom 12.07.2016 nach Maßgabe des Sozialplanes abgeschlossen worden.

Der Kläger hätte außerdem einen neuen Arbeitsplatz in S. nicht antreten können, da er gesundheitlich nicht in der Lage sei eine tägliche Wegstrecke vom Wohnort des Klägers in A-Stadt nach S. von einfach 126 km bis 144 km mit einer Fahrtzeit von annähernd über 2 Stunden zurück zu legen. Der Kläger leide an einer Kreislauferkrankung und Schlafapnoe, welche längere Autofahrten insbesondere in den frühen Morgenstunden oder nach einem vollen Arbeitstag mit einem erhöhten Verkehrsrisiko verbinden würden. Zur Untermauerung des Vorbringens wurde ein Attest von Dr. S. vom 23.02.2017 und 26.10.2017 zur Vorlage gebracht. Der Abschluss des Aufhebungsvertrages sei daher aufgrund medizinischer Notwendigkeit auf ärztliche Empfehlung hin erfolgt.

Der Kläger habe sich somit nicht versicherungswidrig verhalten und einen wichtigen Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrages vom 12.07.2016 gehabt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dabei vertritt die Beklagte die Auffassung, dass der Kläger keinen wichtigen Grund für den Abschluss des Aufhebungsvertrages gehabt habe. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger auch ohne Abschluss des Aufhebungsvertrages zumindest zum 31.01.2017 nicht arbeitslos geworden wäre. Nach Angaben der ehemaligen Arbeitgeberin wäre dem Kläger nicht gekündigt worden. Der Kläger habe auch keine konkrete Aussicht auf eine unmittelbare Anschlussbeschäftigung gehabt, so dass er die Arbeitslosigkeit zumindest fahrlässig herbeigeführt habe. Ferner könne nicht als gesichert angesehen werden, dass der Kläger nicht auch in D-Stadt hätte weiterbeschäftigt werden können. Darüber hinaus spreche auch die Höhe der gezahlten Abfindung von etwa drei Jahresgehältern dafür, dass eine arbeitgeberseitige Kündigung des Klägers nicht realisierbar erschien, so dass es sich vielmehr um einen sogenannten „Freikauf“ der Arbeitgeberin gehandelt habe.

Auf Nachfrage des Gerichts hat die Firma D. mit Schreiben vom 19.02.2018 mitgeteilt, dass im Nachgang nicht mehr beurteilt werden könne, ob der Kläger auch in D-Stadt hätte weiterbeschäftigt werden können. Die Parteien hätten sich damals zeitnah nach Kenntnis vom Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers und von der Ablehnung der angebotenen Versetzung nach S. durch den Kläger auf eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsvertrages geeinigt. Es könne nicht gesagt werden, was die Konsequenz einer fehlenden Beschäftigungsmöglichkeit in D-Stadt gewesen wäre.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet und war daher abzuweisen.

Der Bescheid der Beklagten vom 16.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 bezüglich der Feststellung einer 12-wöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 01.02.2017- 25.04.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Beklagte hat zutreffend den Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe für die Zeit vom 01.02.2017 bis zum 25.04.2017, das Ruhen des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld für diesen Zeitraum und die Minderung der Anspruchsdauer um 90 Tage festgestellt.

Zwar erfüllte der Kläger in dieser Zeit alle in §§ 136,137 SGB III geregelten Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld, nachdem er ab 1. Februar 2017 arbeitslos war, sich am 28.10.2016 arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hatte.

Jedoch ruht der Anspruch des Klägers wegen des Eintritts einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III.

Eine Sperrzeit von zwölf Wochen wegen Arbeitsaufgabe tritt nach § 159 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB III ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

Der Kläger, der keine konkreten Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hatte, hat durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages vom 12.07.2016 sein Beschäftigungsverhältnis mit der Firma D. gelöst und dadurch seine Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt.

Nach Auffassung der Kammer hat dem Kläger für sein Verhalten kein wichtiger Grund zur Seite gestanden.

Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist nach der Rechtsprechung des BSG unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden.

Diese dient dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor Risikofällen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat. Eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl. BSGE 99, 154).

Im Falle der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag kann sich der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts z.B. auf einen wichtigen Grund berufen, wenn ihm der Arbeitgeber mit einer nach Arbeitsrecht objektiv rechtmäßigen betriebsbedingten Kündigung zu diesem Zeitpunkt drohte, zu dem er das Arbeitsverhältnis löste, und ihm die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten war.

Ferner komme unter Heranziehung der Grundsätze des § 1a KSchG, welcher dem von einer betriebsbedingten Kündigung betroffenen Arbeitnehmer im Interesse einer effizienten und kostengünstigen vorgerichtlichen Klärung für den Fall des Verzichts auf eine Überprüfung ohne Weiteres ein Anspruch auf eine Abfindung zubilligt, eine weitere Öffnung in Betracht und es könne auf eine ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung verzichtet werden, wenn die Abfindung die in § 1a Abs. 2 KSchG vorgesehene Höhe von 0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses nicht überschreitet (BSGE 104, 57; BSGE 97,1).

Jenseits des § 1a KSchG und den von dieser Regelung erfassten Abfindungen hat das Bundessozialgericht an der Prüfung der Rechtmäßigkeit der anderenfalls drohenden Kündigung festgehalten, jedoch des Weiteren deutlich gemacht, dass der Nachweis eines besonderen Interesses an einer einvernehmlichen Lösung regelmäßig nicht erforderlich ist bzw. bereits das Interesse des Arbeitnehmers an der angebotenen Abfindungsregelung ein Abwarten der Arbeitgeberkündigung unzumutbar machen kann (vgl. BSGE 104, 57).

Hiervon ausgehend kann sich der Kläger bereits deshalb nicht auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der auf eine ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Arbeitgeberkündigung zu verzichten ist, berufen, weil die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Abfindungshöhe die in § 1a Abs. 2 KSchG vorgesehene Höhe von 0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses bei weitem überschreitet.

Denn der Berechnung der Abfindungshöhe lag entsprechend der Regelung des Sozialplans ein Faktor zugrunde, der die Abfindungshöhe des § 1a Abs. 2 Satz 1 KSchG deutlich übersteigt. Nach der Rechtsprechung des BSG muss sich die Abfindung aber ausdrücklich im Rahmen des § 1a Abs. 2 Satz 1 KSchG bewegen (vgl. auch Coseriu in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 Rdnr. 187, 140 ff.; Köhler in Beck´ scher Online-Kommentar SGB III; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 144 Rdnr. 135;).

Billigt die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer in einer Vereinbarung eine höhere Abfindung zu, als dies in § 1a Abs. 2 KSchG vorgesehen ist, so weichen die Arbeitsvertragsparteien jedenfalls im Sperrzeitrecht in rechtlich erheblicher Weise vom gesetzlichen Leitbild ab.

Zudem spricht die Zubilligung einer höheren Abfindung tendenziell dafür, dass das Risiko einer Rechtswidrigkeit der Kündigung als besonders hoch eingeschätzt wird.

Vorliegend hat der Kläger eine Abfindung in Höhe von 161.528,00€ brutto erhalten, welche damit erheblich die Grenzen von § 1a Abs. 2 KSchG und den darin zu Grunde gelegten Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes, übersteigt. Nach Überzeugung des Gerichts liegt darin im vorliegenden Falle eine Gesetzesumgehung im Sinne eines sogenannten Freikaufs vom Kündigungsschutz es Klägers vor, denn die Arbeitgeberin konnte dem Kläger im vorliegenden Fall gar nicht mit Wirkung zum 31.01.2017 objektiv rechtmäßig kündigen.

Dem Kläger drohte nach Auffassung des Gerichts seitens der Firma S. AG & Co. KG keine nach Arbeitsrecht objektiv rechtmäßige betriebsbedingte Kündigung.

Dies wurde vom Kläger selbst anlässlich seines Antrages auf Arbeitslosengeld vom 28.10.2016, sowie von der ehemaligen Arbeitgeberin des Klägers gegenüber der Beklagten am 18.01.2018 und auch gegenüber dem Gericht am 19.02.2018 so bestätigt.

Zwar wurde die Aufhebungsvereinbarung am 12.07.2016 ausdrücklich auf betriebliche Veranlassung hin im Rahmen der Restrukturierung der Sparte Industrie geschlossen, weil der konkrete Arbeitsplatz des Klägers in D-Stadt weggefallen war, eine arbeitgeberseitige Kündigung zu diesem Zeitpunkt hat aber gleichwohl nicht gedroht.

Vor dem Hintergrund dieser Betriebsänderung und auf Grundlage des mit dem Betriebsrat geschlossenen Sozialplans und Interessenausgleichs wurde den Arbeitnehmern - u.a. so auch dem Kläger – lediglich die Möglichkeit gegeben, das Arbeitsverhältnis mittels Aufhebungsvertrag zu lösen.

Gleichzeitig hat die Arbeitgeberin am 18.01.2017 aber auch mitgeteilt, dass nach vorliegendem Interessenausgleich betriebsbedingte Kündigungen gerade ausgeschlossen waren.

Einem Arbeitnehmer muss jedoch eine hinreichend konkrete Kündigung gedroht haben, die überhaupt der arbeitsförderungsrechtlich erforderlichen Rechtmäßigkeitsprüfung unterzogen werden kann. Für die Rechtmäßigkeit einer hypothetischen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung kommt es vornehmlich darauf an, ob diese Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt wäre (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG), ob die nach sozialen Gesichtspunkten durchzuführende Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG) einer betriebsbedingten Kündigung entgegengestanden hätte oder ob eine Korrektur der Sozialauswahl über das Erfordernis der Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer hätte vorgenommen werden müssen (§ 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG), und ob die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich wäre und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hätte (§ 1 Abs. 2 Satz 3 KSchG).

Dabei ist festzuhalten, dass ein betriebliches Erfordernis, welches ggfs. einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegensteht, nicht nur in seinem alten Tätigkeitsbereich, sondern im gesamten Betrieb und zwar zu veränderten wie auch zu unveränderten Bedingungen, erforderlich gewesen wäre.

Hierbei ist nun zu würdigen, dass der Kläger nach mehrmaligem Zeugnis der Arbeitgeberin überhaupt nicht um eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz in D-Stadt ersucht oder nachgefragt hat.

Ob der Kläger auf einem anderen Arbeitsplatz in D-Stadt hätte weiter beschäftigt werden können um seine Arbeitslosigkeit zu vermeiden, wurde aufgrund der Bereitwilligkeit des Klägers das Angebot zum Abschluss des gegenständlichen Aufhebungsvertrags mit der doch erheblichen Abfindungssumme anzunehmen, von den Arbeitsvertragsparteien nicht mehr geprüft. Die kann jedoch nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen.

Infolgedessen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeberin wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes des Klägers das Festhalten an einem sogenannten sinnentleerten Arbeitsverhältnis ohne Gegenleistung über einen längeren Zeitraum hätte nicht zugemutet werden können. Hierzu sind keine Anhaltspunkte vorgetragen worden, noch sind welche ersichtlich.

Ein wichtiger Grund zur Aufgabe des Arbeitsverhältnisses eines älteren Arbeitnehmers bei Personalabbau ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (z.B. Urteil vom 13. März 1997, 11 RAr 17/96) desweiteren auch dann anzunehmen, wenn bei einem größeren Betrieb in einer krisenhaften Situation der Zwang zu einem drastischen und kurzfristig durchzuführenden Personalabbau besteht, um den Betrieb und damit auch die Arbeitsplätze zu erhalten, und die drohende Arbeitslosigkeit der freizusetzenden Arbeitnehmer durch den örtlichen Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres aufgefangen werden kann. Ferner müssen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Arbeitnehmer durch sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Betrieb einem anderen Mitarbeiter die Entlassung und damit die Arbeitslosigkeit erspart hat. Ob vorliegend die Voraussetzungen, die das Bundessozialgericht für einen „drastischen und kurzfristigen Personalabbau“ angenommen hat, vorliegen, bedarf indes keiner Entscheidung, da auch hierfür nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden ist, dass der Kläger durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages einen anderen (jüngeren) Arbeitnehmer vor einer Entlassung bewahrt hat.

Auch sonstige Umstände, die es gerechtfertigt hätten, dass der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis am 12.07.2016 zum 31.01.2017 löst, ohne sich vorher nachdrücklich um ein Anschlussarbeitsverhältnis zu bemühen und den Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit zu vermeiden (vgl. beispielsweise BSGE 90, 90), sind nicht erkennbar.

Auch der Umstand, dass sich der Kläger allein anlässlich betrieblicher nicht von ihm beeinflussbarer Änderungen und aufgrund der unternehmerischen Entscheidung der Firma D. auf einen Aufhebungsvertrag im Rahmen eines Interessenausgleichs bzw. Sozialplans eingelassen hat, begründet keinen wichtigen Grund. Die kollektivrechtliche Grundlage arbeitsrechtlicher Regelungen allein gibt keinen wichtigen Grund für die Mitverursachung von Arbeitslosigkeit durch den Versicherten (Lüdtke in LPK-SGB III ,§ 144 Rdnr. 41).

Im Weiteren kann der Kläger auch kein Gehör mit dem Vorbringen finden, dass ihm die Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses auf einem Arbeitsplatz in S. aus gesundheitlichen Gründe nicht zumutbar gewesen sei. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dem Kläger aufgrund der ärztlich bestätigten Schlafapnoe einfache Fahrtzeiten von täglich 1,30 Stunden für 133 km hätten zugemutet werden können.

Es hätte für den Kläger jedenfalls die zumutbare Möglichkeit bestanden entweder nach S. umzuziehen oder zumindest dort ein Zimmer für die Arbeitstage anzumieten und am Wochenende nach A-Stadt zurück zu kehren. Derartige Optionen sind in der heutigen Berufs- und Arbeitswelt nichts Außergewöhnliches mehr und können somit grundsätzlich jedem Arbeitnehmer abverlangt werden.

Dieser Forderung stehen auch nicht die ärztlichen Atteste von Dr. S. entgegen. In einem ersten Attest vom 23.02.2017 wurde dort ohne nähere Begründung die Zumutbarkeit eines Umzuges verneint. Die im weiteren Attest vom 26.10.2017 näher verifizierte Diagnose der Schlafapnoesyndrom steht jedoch nach Auffassung des Gerichts einem berufsbedingten Aufenthalt in S. über die Woche mit einer Rückkehr am Wochenende zum hauptsächlichen Wohnort A-Stadt nicht entgegen.

Dementsprechend bestätigt Dr. S. in seinem Attest vom 26.10.2017 auch lediglich, dass wegen der Schlafapnoe längere Autofahrten zum Arbeitsplatz mit einem erhöhten Verkehrsrisiko verbunden seien.

Im Ergebnis lässt sich damit feststellen, dass dem Kläger zum Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlichen Aufhebungsvertrages vom 12.07.2016 trotz des Wegfalls seines Arbeitsplatzes keine arbeitgeberseitige betriebsbedingte und objektiv rechtmäßige Kündigung drohte und es ihm somit zumutbar gewesen wäre, eine Beendigungs- oder Änderungskündigung der Firma D. abzuwarten.

Mithin hat sich der Kläger nach Überzeugung des Gerichts durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages vom 12.07.2016 mit Wirkung zum 31.01.2017 versicherungswidrig im Sinne von § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III verhalten, denn er konnte keinen wichtigen Grund für diese Arbeitsaufgabe gemäß § 159 Abs. 1 Satz 3 SGB III nachweisen.

Damit ist eine Sperrzeit eingetreten. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht folglich für die Zeit vom 01.02.2017 – 25.04.2017 und die Anspruchsdauer mindert sich um 180 Tage (§ 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III).

Die Beklagte hat den Beginn und die Dauer der Sperrzeit zutreffend festgestellt. Die Sperrzeit begann mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet hat (§ 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III), somit am 01.02.2017.

Die Dauer der Sperrzeit beträgt nach § 159 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 3 SGB III zwölf Wochen; Gründe für die Herabsetzung der Sperrzeit auf drei bzw. sechs Wochen wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Sperrzeit innerhalb von sechs bzw. zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2a SGB III) oder einer besonderen Härte (§ 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III) liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden - so bereits oben ausgeführt -, dass das Arbeitsverhältnis ohne den Aufhebungsvertrag innerhalb von sechs bzw. zwölf Wochen geendet hätte. Schließlich liegen auch die Voraussetzungen für die Annahme einer besonderen Härte im Sinne des § 159 Abs. 3 Nr. 2b SGB III nicht vor. Nach § 159 Abs. 3 Nr. 2b SGB III halbiert sich die Regelsperrzeit auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von 12 Wochen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 26.03.1998 - B 11 AL 49/97 R). Die gesetzliche Regelung entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen (BSG, Urteil vom 05.06.1997; Urteil vom 02.05.2012 - B 11 AL 18/11 R), wobei unverschuldete Rechtsirrtümer zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 13.03.1997; Urteil vom 05.06.1997) Urteil vom 02.05.2012 - B 11 AL 18/11 R). Eine solche kann alleine im Ruhen oder der Höhe des Arbeitslosengeldes nicht gesehen werden. Gleiches gilt für die Folgen einer Sperrzeit im Rahmen des Bezuges von Arbeitslosengeld II, das für drei Monate gemindert worden ist. Beim Ruhen des Arbeitslosengeldes bzw. der Minderung des Arbeitslosengeldes II handelt es sich um die gesetzlich bestimmten Rechtsfolgen einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe.

Schließlich weist auch der vorliegende Sachverhalt, dass Arbeitnehmern anlässlich einer Betriebsänderung der Abschluss von Aufhebungsverträgen angeboten und diesen nachdrücklich ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nahegelegt wird, keine relevanten Besonderheiten auf. Vielmehr handelt es sich um ein typisches Geschehen, das nicht aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls den Eintritt der Regelsperrzeit als besonders hart erscheinen lässt. Gründe für das Vorliegen einer besonderen Härte sind im zu entscheidenden Fall für das Gericht daher nicht ersichtlich.

Mithin war zu entscheiden, wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

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Sozialgericht Nürnberg Urteil, 25. Mai 2018 - S 10 AL 289/17 zitiert 8 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 159 Ruhen bei Sperrzeit


(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn1.die oder der Arbeitslose

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1a Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung


(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht auf

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 148 Minderung und Verlängerung der Anspruchsdauer


(1) Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld mindert sich um1.die Anzahl von Tagen, für die der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit erfüllt worden ist,2.jeweils einen Tag für jeweils zwei Tage, für die ein Anspruch auf Teilarbeitsl

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Sozialgericht Nürnberg Urteil, 25. Mai 2018 - S 10 AL 289/17 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Bundessozialgericht Urteil, 02. Mai 2012 - B 11 AL 18/11 R

bei uns veröffentlicht am 02.05.2012

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.

(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn

1.
die oder der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe),
2.
die bei der Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete (§ 38 Absatz 1) oder die arbeitslose Person trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine von der Agentur für Arbeit unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht annimmt oder nicht antritt oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgespräches, durch ihr Verhalten verhindert (Sperrzeit bei Arbeitsablehnung),
3.
die oder der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die von der Agentur für Arbeit geforderten Eigenbemühungen nicht nachweist (Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen),
4.
die oder der Arbeitslose sich weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (§ 45) oder einer Maßnahme zur beruflichen Ausbildung oder Weiterbildung oder einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilzunehmen (Sperrzeit bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
5.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einer in Nummer 4 genannten Maßnahme abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einer dieser Maßnahmen gibt (Sperrzeit bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme),
6.
die oder der Arbeitslose sich nach einer Aufforderung der Agentur für Arbeit weigert, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen an einem Integrationskurs nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes oder an einem Kurs der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a des Aufenthaltsgesetzes teilzunehmen, der jeweils für die dauerhafte berufliche Eingliederung notwendig ist (Sperrzeit bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
7.
die oder der Arbeitslose die Teilnahme an einem in Nummer 6 genannten Kurs abbricht oder durch maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus einem dieser Kurse gibt (Sperrzeit bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung),
8.
die oder der Arbeitslose einer Aufforderung der Agentur für Arbeit, sich zu melden oder zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen (§ 309), trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht nachkommt oder nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei Meldeversäumnis),
9.
die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Absatz 1 nicht nachgekommen ist (Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung).
Die Person, die sich versicherungswidrig verhalten hat, hat die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, wenn diese Tatsachen in ihrer Sphäre oder in ihrem Verantwortungsbereich liegen.

(2) Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, oder, wenn dieser Tag in eine Sperrzeit fällt, mit dem Ende dieser Sperrzeit. Werden mehrere Sperrzeiten durch dasselbe Ereignis begründet, folgen sie in der Reihenfolge des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 bis 9 einander nach.

(3) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe beträgt zwölf Wochen. Sie verkürzt sich

1.
auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte,
2.
auf sechs Wochen, wenn
a)
das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder
b)
eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

(4) Die Dauer der Sperrzeit bei Arbeitsablehnung, bei Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Abbruch einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme, bei Ablehnung eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung oder bei Abbruch eines Integrationskurses oder einer berufsbezogenen Deutschsprachförderung beträgt

1.
im Fall des erstmaligen versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art drei Wochen,
2.
im Fall des zweiten versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art sechs Wochen,
3.
in den übrigen Fällen zwölf Wochen.
Im Fall der Arbeitsablehnung oder der Ablehnung einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme nach der Meldung zur frühzeitigen Arbeitsuche (§ 38 Absatz 1) im Zusammenhang mit der Entstehung des Anspruchs gilt Satz 1 entsprechend.

(5) Die Dauer einer Sperrzeit bei unzureichenden Eigenbemühungen beträgt zwei Wochen.

(6) Die Dauer einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis oder bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung beträgt eine Woche.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine zwölfwöchige Sperrzeit und deren Rechtsfolgen.

2

Die 1961 geborene Klägerin bezog ab 1.8.2001 bis zur Erschöpfung des Anspruchs Arbeitslosengeld (Alg). Danach bewilligte ihr die Beklagte Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 27.7.2002 bis 26.7.2003 (Bescheid vom 15.8.2002).

3

Zum 24.10.2002 erhielt sie von der Beklagten ein Stellenangebot als Produktionshelferin bei der H. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeber); der Stundenlohn sollte hiernach 5,37 Euro betragen. Beim Vorstellungsgespräch erklärte sie, dass sie sich statt des angebotenen Stundenlohns 8 bis 9 Euro pro Stunde vorstelle und noch das Ergebnis zweier weiterer Bewerbungen abwarten wolle, weshalb sie sich erst ab dem 18.11.2002 zu einer Arbeitsaufnahme imstande sehe. Daraufhin stellte die Beklagte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit mit der Folge des Ruhens des Alhi-Anspruchs vom 25.10.2002 bis 16.1.2003 fest, minderte die Anspruchsdauer um 84 Tage, hob die Leistungsbewilligung rückwirkend ab 25.10.2002 auf und forderte zu Unrecht erbrachte Leistungen für den Zeitraum vom 25.10.2002 bis 30.11.2002 in Höhe von insgesamt 825,45 Euro (Alhi in Höhe von 712,99 Euro; Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 112,46 Euro) zurück (Bescheid vom 12.12.2002; Widerspruchsbescheid vom 15.1.2003).

4

Das Sozialgericht (SG) hat den angefochtenen Bescheid dahingehend geändert, dass die Sperrzeit nur drei Wochen betrage und den Erstattungsbetrag entsprechend (auf 468,05 Euro) herabgesetzt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 13.12.2006). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG geändert, die Klage in vollem Umfang abgewiesen und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin habe die Arbeitsaufnahme ohne wichtigen Grund abgelehnt; deswegen habe die Beklagte noch unter der Geltung alten Rechts zu Recht eine zwölfwöchige Sperrzeit festgestellt mit der Folge, dass sich der Anspruch der Klägerin auf Alhi um 84 Tage mindere und nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) die Bewilligung von Alhi zurückzunehmen gewesen sei. Auch die Rückforderung erbrachter Alhi-Leistungen zuzüglich gezahlter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 25.10.2002 bis 16.1.2003 sei rechtmäßig.

5

Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt und zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Feststellungen einer Sperrzeit (auch) von drei Wochen lägen nicht vor. Das Arbeits- und Vermittlungsangebot der Beklagten habe nicht den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung entsprochen; denn das Lohnangebot von 5,37 bzw 6 Euro brutto pro Stunde bei einer tariflichen 35-Stunden-Woche hätte monatlich nur 814 bzw 910 Euro betragen, sodass bei möglicherweise wechselnden Einsatzorten mit entsprechendem Fahrkostenaufwand der Klägerin das erzielbare monatliche Nettoeinkommen nicht höher gewesen wäre als ihr Anspruch auf Alhi. Selbst wenn aber eine Sperrzeit eingetreten sei, dürfe diese statt 12 nur drei Wochen betragen, weil sonst ein gleichheitswidriger Zustand gegenüber solchen Versicherten bestünde, die den Sperrzeittatbestand (erst) ab 1.1.2003 verwirklichten. Zumindest biete die vorliegende Fallgestaltung ausreichend Argumente für eine von Amts wegen vorzunehmende Prüfung einer besonderen Härte. Als Verfahrensmangel hat die Klägerin außerdem geltend gemacht, das Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen; die Entscheidung durch den bestellten Berichterstatter sei ermessens- und verfahrensfehlerhaft erfolgt.

6

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 11.2.2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Frankfurt am Main vom 13.12.2006 zurückzuweisen sowie auf ihre Anschlussberufung das Urteil des SG Frankfurt am Main vom 13.12.2006 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003 aufzuheben.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 2.5.2012 hat sie den angefochtenen Bescheid dahingehend geändert, dass die darin verfügte Minderung der Dauer des Anspruchs auf Alhi um 84 Tage aufgehoben wird.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG ist zutreffend von der Zulässigkeit der Berufung der Beklagten ausgegangen (zu 1), der gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor (zu 2) und das LSG hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass der angefochtene Bescheid der Beklagten rechtmäßig ist (zu 3).

10

1. Gegenstand der erhobenen Anfechtungsklage ist der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003, mit dem die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen, beginnend ab 25.10.2002, festgestellt, Leistungen in Höhe von 825,45 Euro zurückgefordert und die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung durch den Bescheid vom 15.8.2002 verfügt hat. Mit dem Berufungsbegehren der Beklagten, keine Leistungen für weitere neun Wochen erbringen zu müssen, wird der Wert des Beschwerdegegenstands nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG in der bis zum 31.3.2008 gültigen Fassung (alte Fassung - aF) iHv 500 Euro (12 Wochen - 3 Wochen = 9 Wochen x 7 Tage x 19,27 Euro täglich = 1214,01 Euro) überschritten.

11

2. Entgegen der Rüge der Klägerin konnte das LSG durch den Berichterstatter entscheiden. Die formellen Voraussetzungen des § 155 Abs 3 und 4 SGG für eine Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats sind erfüllt.

12

Zwar entscheidet das LSG gemäß § 33 S 1 SGG regelmäßig in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern und die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung zählt zu den tragenden Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens(BSGE 7, 230, 234 = SozR Nr 1 zu § 108 SGG; BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 14). Gemäß § 155 Abs 3 SGG(in Kraft seit 1.3.1993) kann der Vorsitzende im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats entscheiden; ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet nach Abs 4 der Vorschrift dieser anstelle des Vorsitzenden.

13

Durch die jeweiligen Verfügungen des Vorsitzenden vom 25.6.2007, 2.5.2008, 9.3.2010 und 1.7.2010 war für das Berufungsverfahren ein Berichterstatter bestellt. Mit dessen Entscheidung haben sich die Beteiligten durch schriftliche Erklärungen vom 1. bzw 4.2.2011 ausdrücklich einverstanden erklärt.

14

Das LSG war auch aus materiell-rechtlichen Gründen nicht gehindert, durch den Berichterstatter zu entscheiden. Zwar ist eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter nach § 155 Abs 3, 4 SGG in der Weise begrenzt, als es sich um eine Sache ohne besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art handeln muss. Selbst wenn der Einzelrichter die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässt, ist aber ein Verfahrensfehler nicht anzunehmen, wenn er der Sache keine nennenswerte Breitenwirkung beimisst und die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung auch für den Fall der Zulassung der Revision erklärt haben (vgl Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 38/08 R - SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; GS SozR 4-1200 § 52 Nr 4 RdNr 7). Erst recht ist die Verlagerung der Entscheidungskompetenz vom Kollegium auf den Berichterstatter jedenfalls in den Fällen zulässig, in denen keine Zulassung der Revision veranlasst ist, weil einer ständigen Rechtsprechung gefolgt werden soll (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; BSG SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 15 ff), oder wenn sich das Urteil des LSG auf eine vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung oder bereits beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Parallelfälle bezieht (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11 f).

15

So aber liegt der Fall hier. Das LSG verweist in seiner Urteilsbegründung nicht nur auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats im Urteil vom 6.5.2009 (B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19), wonach die Anwendung des neuen, ab 1.1.2003 geltenden Rechts, allein vom Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses abhängt. Es führt vielmehr zusätzlich aus, dass es seine frühere gegenteilige Rechtsansicht aufgegeben habe, und bezieht sich hierzu auf das eigene Senatsurteil vom 28.1.2011 (L 7 AL 75/09 - Revision anhängig zum Az: B 11 AL 8/11 R). Damit verweist es einerseits auf eine - nunmehr - gefestigte Rechtsprechung des eigenen Senats zur Frage der Sperrzeitdauer in den Fällen vorliegender Art; andererseits bezieht es sich auf eine vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung.

16

3. Das LSG hat auch rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003 in vollem Umfang rechtmäßig ist. Es hat deshalb zu Recht die Anschlussberufung der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.

17

a) Nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III idF des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10.12.2001 (BGBl I 3443) tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten hat oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

18

Nach den den Senat bindenden (§ 163 SGG)Feststellungen des LSG hat die schon längerfristig arbeitslose Klägerin von der Beklagten am 10.10.2002 ein Stellenangebot als Produktionshelferin an ihrem Wohnort O. erhalten und ist über die Rechtsfolgen bei Nichtannahme der angebotenen Beschäftigung ohne wichtigen Grund oder Verhinderung der Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses durch ihr Verhalten belehrt worden. Nach den weiteren - von der Klägerin unwidersprochenen - Feststellungen des LSG hat sie während ihres Vorstellungsgesprächs am 24.10.2002 angegeben, sie wolle erst noch den Ausgang anderer Bewerbungsgespräche abwarten und stehe daher nicht vor dem 18.11.2002 und damit erst mehr als drei Wochen nach dem Bewerbungsgespräch zur Verfügung. Während der angebotene Stundenbruttolohn 5,37 Euro bzw 6 Euro betragen hat, hat sie Lohnvorstellungen in Höhe von 8 bis 9 Euro pro Stunde geäußert.

19

Es spricht vieles dafür, dass die Klägerin durch ihr Verhalten im Vorstellungsgespräch am 24.10.2002 die angebotene Beschäftigung konkludent abgelehnt hat; zumindest aber hat sie durch ihr Verhalten die Anbahnung eines zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses verhindert, ohne für ihr Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

20

Einem Arbeitslosen sind grundsätzlich alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit nicht entgegenstehen; aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung insbesondere nicht zumutbar, wenn die Beschäftigung (ua) gegen gesetzliche oder tarifliche Bestimmungen über Arbeitsbedingungen verstößt (§ 121 Abs 1 und 2 SGB III; vgl Senatsurteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 31/01 R - SozR 3-4300 § 144 Nr 7 S 8 f zur Leiharbeit). Nach § 121 Abs 3 S 3 SGB III aF iVm § 198 S 4 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung ist einem Arbeitslosen vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an eine Beschäftigung aus personenbezogenen Gründen nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als die Alhi. Allgemein darf das erzielbare Entgelt nicht sittenwidrig sein (vgl Estelmann in Eicher/Schlegel, SGB III, § 121 RdNr 24, 72, 82, Stand Einzelkommentierung Juni 2004). Letzteres ergibt sich auch aus § 36 Abs 1 SGB III, wonach die Agentur für Arbeit nicht in ein Arbeitsverhältnis vermitteln darf, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt(vgl hierzu Rixen in Eicher/Schlegel, SGB III, § 36, RdNr 38, RdNr 53 ff, Stand Einzelkommentierung Februar 2007 bzw November 2009, mwN). Eine arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung verstößt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ( BAGE 110, 79 = AP Nr 59 zu § 138 BGB) aber erst dann gegen die guten Sitten iS von § 138 Bürgerliches Gesetzbuch, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt(vgl Rixen, aaO, RdNr 54). Anhaltspunkte dafür, dass der angebotene Stundenlohn von 5,37 Euro im Jahr 2002 zu dem Wert der hier in Frage stehenden Tätigkeit einer Produktionshelferin in einem auffälligen Missverhältnis stand, liegen nicht vor; dies behauptet auch die Klägerin nicht. Für das Verhältnis unerheblich ist die im streitigen Zeitraum maßgebliche sozialhilferechtliche Bedarfsbemessung (vgl Rixen, aaO, RdNr 54 mwN).

21

Das aus der angebotenen Beschäftigung erzielbare Nettoeinkommen überstieg auch die von der Klägerin bezogene Alhi (zur Maßgeblichkeit der gezahlten bzw bezogenen Alhi, vgl ua Estelmann in Eicher/Schlegel, SGB III, § 121 RdNr 72, Stand Einzelkommentierung Juni 2004; Valgolio in Hauck/Noftz, K SGB III, § 121 RdNr 44, 46, Stand Januar 2004). Unerheblich ist dabei, ob der schriftlich angebotene Stundenlohn von 5,37 Euro oder aber ein angeblich mündlich angebotener Stundenlohn von 6 Euro zugrunde gelegt wird. Jedenfalls hätte die Klägerin nach ihrer eigenen, auch vom LSG seiner Entscheidung zugrunde gelegten und rechnerisch nachvollziehbaren Berechnung (berechnet über http://www.steuerlinks.de/lohngehalt/ ; Abruf am 17.4.2012) bei Berücksichtigung der tariflichen Wochenarbeitszeit von 35 Stunden und einem Stundenlohn von 5,37 Euro einen monatlichen Nettolohn von 645,76 Euro bzw (bei einem Stundenlohn von 6 Euro) iHv 712,72 Euro erzielt. Es bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, ob für den Einkommensvergleich auf die von der Klägerin tatsächlich bezogene Alhi oder auf die ihr dem Grunde nach zustehende Alhi abzustellen ist. Denn selbst wenn nicht auf die tatsächlich gezahlte Alhi iHv 578,10 Euro (30 x 19,27 Euro) abzustellen wäre, sondern auf den Anspruch der Klägerin ohne Partnereinkommen, ergäbe sich kein für sie günstigeres Ergebnis. Auch ausgehend von dem ohne Partnereinkommen zustehenden Betrag der monatlichen Alhi iHv 606,87 Euro (578,10 Euro + 28,77 Euro) ist das erzielbare Nettoeinkommen der Klägerin höher als die Alhi. Der Bescheid über die Bewilligung von Alhi vom 15.8.2002 weist lediglich einen Anrechnungsbetrag aus dem Einkommen des Lebenspartners der Klägerin iHv 6,69 Euro wöchentlich (= im Monat: 6,69 Euro x 4,3 = 28,77 Euro) aus.

22

Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass nach § 121 Abs 3 S 3 SGB III die mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen abzusetzen sind. Absetzbare Fahrkosten wären der Klägerin bei Annahme der angebotenen Beschäftigung nach den Feststellungen des LSG nicht erwachsen, weil sie von ihrem Wohnort aus den Sitz des Arbeitgebers zu Fuß hätte erreichen können und ihr für Fahrten zu auswärtigen Einsatzorten wegen des Bestehens eines Fahrdienstes ebenfalls keine Fahrkosten entstanden wären. Mit der Beschäftigung "zusammenhängende" Aufwendungen sind aber nur solche, die der Klägerin tatsächlich erwachsen wären, weil insoweit auf das Einkommensteuerrecht zurückzugreifen ist (vgl BSGE 63, 237 = SozR 4100 § 138 Nr 19 und zur Definition des Begriffs der Werbungskosten iS des § 138 Abs 2 AFG anhand der Definition des § 9 Abs 1 S 1 EStG: BSGE 45, 60 = SozR 4100 § 138 Nr 2; zu Berechnungsfragen vgl Steinmeyer in Gagel, SGB II/SGB III, § 121 RdNr 76, Stand Einzelkommentierung Januar 2005). Soweit die Klägerin in der Revisionsbegründung angibt, vom Nettolohn wären Fahrkosten zu den entsprechenden, möglicherweise wechselnden Einsatzorten in Abzug zu bringen, handelt es sich nicht um gegen die tatsächlichen Feststellungen des LSG gerichtete "begründete Revisionsgründe" iS des § 163 SGG, sondern um nicht näher substanziierte Behauptungen, die die auf Angaben des potentiellen Arbeitgebers beruhenden Feststellungen des LSG negieren.

23

Da es sich bei der angebotenen Tätigkeit als Produktionshelferin bei dem Arbeitgeber um ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat, stand der Klägerin für ihr Verhalten beim Vorstellungsgespräch vom 24.10.2002 kein wichtiger Grund zur Seite (vgl Niesel, SGB III, 2. Aufl 2002, § 144 RdNr 55 und 5. Aufl 2010, § 144 RdNr 64). Damit hat die Klägerin die Voraussetzungen für eine Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III aF erfüllt.

24

b) Das LSG hat auch ohne Rechtsfehler entschieden, dass die Beklagte zu Recht eine Sperrzeit von zwölf Wochen festgestellt hat. Denn nach dem vorliegend noch anwendbaren § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III aF tritt in den Fällen der Arbeitsablehnung eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, während § 144 SGB III in der am 1.1.2003 in Kraft getretenen Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) in Abs 4 Nr 1 Buchst c im Falle der erstmaligen Ablehnung einer Arbeit eine Sperrzeitdauer von nur (noch) drei Wochen vorsieht.

25

Zutreffend hat das LSG hinsichtlich der Geltung des § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III idF des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10.12.2001 (BGBl I 3443) auf die Grundsätze des intertemporalen Rechts verwiesen. Danach ist ein Rechtssatz grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Dementsprechend hat das BSG - worauf der Senat bereits in seinem Urteil vom 27.8.2008 (B 11 AL 11/07 R - SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 13 mit zahlreichen Nachweisen)hingewiesen hat - in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw Rechtsverhältnisse nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht etwas anderes bestimmt. Offengelassen hat der Senat in der Entscheidung vom 27.8.2008, inwieweit dieser Grundsatz im Recht des SGB III durch den Grundsatz abgelöst worden ist, dass neues Recht immer schon, aber auch noch den Sachverhalt erfasst, wenn die maßgeblichen Rechtsfolgen in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts fallen (Geltungszeitraumprinzip - s hierzu Senatsurteil vom 6.5.2009 - B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19 RdNr 14; BSG Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 39/08 R - info also 2010, 171; BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12; SozR 4-4100 § 119 Nr 1 RdNr 7 und SozR 4-4300 § 434j Nr 2; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, vor § 422 RdNr 2 ff, Stand: Einzelkommentierung März 2010; Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, § 335 Nr 37). Denn auch unter Berücksichtigung des Geltungszeitraumprinzips werden bereits vor einer Rechtsänderung eingetretene Rechtswirkungen nicht mehr erfasst; auf bereits eingetretene Rechtsfolgen wirkt das neue Recht nicht zurück (BSG Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 39/08 R - info also 2010, 171; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, vor § 422 RdNr 3). Daher entfaltet die Änderung des § 144 SGB III zum 1.1.2003 auch in Anwendung des Geltungszeitraumprinzips keine Wirkung auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt.

26

Unerheblich ist, dass es sich bei der Klage um eine reine Anfechtungsklage handelt, bei der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Bescheids bzw des Widerspruchsbescheids maßgeblich ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass allein wegen des Erlasses des Widerspruchsbescheids erst im Jahr 2003 (am 15.1.2003) das am 1.1.2003 in Kraft getretene Recht anwendbar wäre. Denn der Rückgriff auf die Klageart zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts entspricht nach der Rechtsprechung des BSG lediglich einer Faustregel mit praktisch einleuchtenden Ergebnissen bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung, ist im Übrigen aber nicht Ausdruck eines abschließenden Rechtssatzes (vgl Senatsurteile vom 13.3.1997 - 11 RAr 51/96 - SozR 3-4100 § 152 Nr 7 und vom 27.8.2008 - B 11 AL 11/07 R - SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 12 mwN). Die Maßgeblichkeit des Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vielmehr eine Frage des materiellen, nicht des Prozessrechts (BVerwG Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 218; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 32).

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Wie der Senat bereits im Urteil vom 6.5.2009 (B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19 RdNr 16)ausgeführt hat, ist materiell-rechtlich durch § 144 Abs 2 S 1 SGB III - sowohl aF als auch in der ab 1.1.2003 geltenden Fassung - geregelt, dass die Sperrzeit grundsätzlich mit dem Tag nach dem Ereignis beginnt, das die Sperrzeit begründet. Sperrzeitbegründendes Ereignis für die nach den getroffenen Feststellungen allein in Betracht kommende Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung (§ 144 Abs 1 Nr 2 SGB III) ist aber das als Arbeitsablehnung zu wertende Verhalten der Klägerin anlässlich ihres Vorstellungsgesprächs vom 24.10.2002 (vgl zur Bestimmung des sperrzeitbegründenden Ereignisses BSGE 97, 73, 79 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15, RdNr 23). Die Beklagte und ihr folgend auch die Vorinstanzen sind somit zu Recht davon ausgegangen, dass eine Sperrzeit - gleich welcher Dauer - am 25.10.2002 begonnen hat.

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Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG tritt eine Sperrzeit kraft Gesetzes ein und läuft unabhängig vom Bestehen eines Leistungsanspruchs kalendermäßig ab (ua BSGE 84, 225, 229 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17; Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 376; Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 88, Stand Einzelkommentierung November 2006; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 577, Stand Einzelkommentierung Juni 2010). Eine Sperrzeit von zwölf Wochen nach § 144 Abs 1 SGB III aF fällt also kalendermäßig in die Zeit vom 25.10.2002 bis zum 16.1.2003. Damit sind die Rechtsfolgen des sperrzeitbegründenden Verhaltens der Klägerin bereits im Jahre 2002 eingetreten; alle Voraussetzungen für den Eintritt der Sperrzeit mit seinen Folgen lagen bereits im Jahre 2002 vor. Deshalb ist auch für die Beurteilung der Wirkungen und der Folgen der Sperrzeit - wobei hier aufgrund der im Termin vom 2.5.2012 erfolgten Änderung des angefochtenen Bescheids eine Minderung der Anspruchsdauer unterbleibt - allein die Rechtslage maßgeblich, die beim Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses gegolten hat.

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Gegen die Anwendung der die Klägerin im Vergleich zu der ab 1.1.2003 geltenden Fassung des § 144 Abs 1 SGB III schlechter stellenden aF sprechen - wie bereits im Senatsurteil vom 6.5.2009 (B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19 RdNr 21)ausgeführt - auch keine Gründe des Vertrauensschutzes oder sonstige verfassungsrechtliche Erwägungen. Da es Sinn und Zweck der Sperrzeit ist, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat (ua BSGE 67, 26, 29 = SozR 3-4100 § 119 Nr 3, S 11; SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 12), ist es auch für den hier zu entscheiden Fall, dass ein Teil der zwölfwöchigen Sperrzeit noch in das Jahr 2003 fällt, nicht unverhältnismäßig oder unangemessen, den Versicherten nach dem Recht zu behandeln, das zur Zeit des den Risikofall herbeiführenden Verhaltens gilt. Eine entsprechende Rechtsfolgenbelehrung hat die Klägerin erhalten. Die Anwendung des § 144 Abs 1 SGB III aF auf den 2002 eingetretenen Sperrzeittatbestand führt - entgegen der Ansicht der Klägerin - für sie ab 1.1.2003 auch nicht zu einem gleichheitswidrigen Zustand, weil die bereits ab 25.10.2002 bestehende Sperrzeit im Jahre 2003 noch annähernd drei Wochen andauerte, während bei Eintritt des die Sperrzeit begründenden Ereignisses erst im Jahre 2003 nur eine Sperrzeit von insgesamt drei Wochen eingetreten wäre. Art 3 Abs 1 Grundgesetz ist schon deshalb nicht tangiert, weil es sich bei Sperrzeitereignissen im Jahr 2002 und im Jahr 2003 um nicht vergleichbare Sachverhaltsgestaltungen handelt.

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Soweit die Klägerin davon ausgeht, es "dürften ausreichende Argumente dafür vorhanden sein, von einer besonderen Härte auszugehen", trifft dies ebenfalls nicht zu. Zwar halbiert sich die Sperrzeit nach § 144 Abs 3 S 1 SGB III aF im Fall einer solchen Härte auf sechs Wochen. Die gesetzliche Regelung entzieht sich aber einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist insoweit eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen (BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12, S 38), wobei unverschuldete Rechtsirrtümer zu berücksichtigen sind (vgl BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 11, S 51; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 12, S 27 f). Es ist aber weder ersichtlich, dass in der Person der Klägerin besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigten, die sie treffenden gesetzlichen Folgen einer Arbeitsablehnung, über die sie entsprechend belehrt worden ist, als besondere Härte anzusehen, noch dass sie einem unverschuldeten Rechtsirrtum über die Rechtsfolgen unterlegen ist. Dies gilt umso mehr, als an die Entschuldbarkeit des Irrtums hohe Anforderungen gestellt werden, die nur erfüllt sind, wenn sich der Arbeitnehmer die Rechtsansicht aufgrund einer (objektiv) sorgfältigen Prüfung - ggf nach Rückfrage bei einer Dienststelle der Beklagten - der Rechtslage gebildet hat.

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c) Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003 misst sich an § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III. Nach § 48 Abs 1 S 1 und S 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

32

Der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 war ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; er hatte die Bewilligung von Alhi vom 27.7.2002 bis 26.7.2003 zum Gegenstand. Wesentlich iS des § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt(vgl nur BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15 RdNr 15). Hier ist wegen des Eintritts einer Sperrzeit ein Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 144 Abs 1 Nr 2, Abs 2 SGB III aF eingetreten. Schließlich sind auch die subjektiven Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB X gegeben. Das LSG hat dabei entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit einen subjektiven Maßstab angelegt (vgl BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15, RdNr 24 mwN). Das Revisionsgericht prüft insoweit lediglich, ob das LSG den Begriff der groben Fahrlässigkeit als solchen verkannt hat sowie, ob es beachtet hat, dass sich die Bösgläubigkeit grundsätzlich auf den zurückzunehmenden Teil des Verwaltungsakts erstrecken muss (vgl ua Senatsurteil vom 25.8.2011 - B 11 AL 30/10 R RdNr 13, zur Veröffentlichung vorgesehen; BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 5 RdNr 14 mwN). Insofern ist die Entscheidung des LSG nicht zu beanstanden und entzieht sich die Würdigung der tatsächlichen Feststellungen durch das LSG der revisionsrechtlichen Überprüfung, wenn sie nicht mit zulässigen Verfahrensrügen (zB Verstoß gegen Denkgesetze) angegriffen wird (vgl § 163 SGG), was hier nicht der Fall ist.

33

Aufgrund der Aufhebung der Leistungsbewilligung war die Beklagte zur Rückforderung der für die Zeit vom 25.10.2002 bis 16.1.2003 geleisteten Alhi verpflichtet. Nach § 50 Abs 1 S 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die rechtmäßige Leistungsaufhebung betraf den vorbezeichneten Zwölf-Wochen-Zeitraum. Die in dieser Zeit erbrachten Leistungen hat die Beklagte zutreffend mit 825,45 Euro beziffert.

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Der Rückforderungsbetrag betrifft die bewilligte Alhi in Höhe von 712,99 Euro sowie die während des Zwölf-Wochen-Zeitraums erbrachten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Rechtsgrundlage für die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 112,46 Euro ist § 335 Abs 1, 5 SGB III in der bei Aufhebung der Bewilligung von Alhi gültigen Fassung bis 31.12.2004 (aF), wonach Bezieher von Alhi der Beklagten die von ihr gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zu ersetzen haben, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Die Beklagte hat für die Klägerin Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 112,46 Euro entrichtet; Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung und/oder Abführung dieser Beiträge bestehen nicht. Die Klägerin hat sich nach den bindenden Feststellungen des LSG auch hinsichtlich dieser Leistungen pflichtwidrig verhalten (vgl BSGE 104, 285 = SozR 4-4300 § 335 Nr 2, RdNr 31 mwN).

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.