Sozialgericht Nürnberg Beschluss, 09. Jan. 2018 - S 17 SF 131/17 E

bei uns veröffentlicht am09.01.2018
nachgehend
Bayerisches Landessozialgericht, L 12 SF 94/18, 23.05.2018

Gericht

Sozialgericht Nürnberg

Tenor

Die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung vom 27.07.2017 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der zugunsten der Erinnerungsführerin durch die Staatskasse zu erstattenden Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) für das erledigte Verfahren S 17 AS 536/16.

In o. g. Ausgangsverfahren hatte die Klägerin vertreten durch die Erinnerungsführerin am 13.05.2016 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Streitig war die Höhe der gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Beklagte hatte den Widerspruch gegen den streitgegenständlichen Bescheid wegen Verfristung als unzulässig verworfen. Gleichzeitig beantragte die Klägerin die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Das Gericht wies mit Schreiben vom 26.07.2016 bereits darauf hin, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klageerhebung zweifelhaft sei, da der Beklagte den verfristeten Widerspruch als Überprüfungsantrag gewertet habe, über den noch entschieden werde. Unabhängig davon gewährte das Gericht nach weiterem Vortrag seitens der Klägerin und Beweisantrag mit Beschluss vom 11.10.2016 Prozesskostenhilfe für die Klägerin. Mit Ladung vom 16.02.2017 bestimmte das Gericht einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage auf den 14.03.2017. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 13.03.2017 mit, dass aufgrund einer geänderten Sachlage nunmehr dem eigentlichen Begehren der Klägerin auf Gewährung höherer Kosten der Unterkunft und Heizung mit Bescheid vom 10.03.2017 entsprochen worden sei. Noch am gleichen Tag übersandte das Gericht der Erinnerungsführerin per Fax das Schreiben des Beklagten mit dem Bescheid vom 10.03.2017 und bat um Mitteilung, ob der Termin aufgehoben werden könne. Zudem wies das Gericht darauf hin, dass über die Erstattung außergerichtlicher Kosten gesondert entschieden werden könne. Eines Gerichtstermins bedürfe es hierfür nicht. Die Erinnerungsführerin teilte am 13.03.2017 dem Gericht telefonisch mit, dass der Termin bestehen bleiben solle, da der Bescheid vom 10.03.2017 nicht an die Klägerin, sondern deren Sohn adressiert sei, der im streitgegenständlichen Zeitraum mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebte. Der Termin fand schließlich am 14.03.2017 in Anwesenheit der Erinnerungsführerin statt. Er dauerte zehn Minuten. Die Klägerin erklärte das Klageverfahren für erledigt. Einen Antrag auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten durch den Beklagten stellte die Klägerin nicht.

Mit Schreiben vom 16.03.2017 beantragte die Erinnerungsführerin beim Gericht, ihre Vergütung für das vorliegende Ausgangsverfahren durch die Staatskasse wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,00 €

Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 270,00 €

Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 €

19% MwSt, Nr. 7008 VV RVG 112,10 €

702,10 €

Am 27.07.2017 setzte die Urkundsbeamtin die von der Staatskasse zu erstattenden Kosten in Höhe von 380,80 € fest, wobei sie lediglich die Verfahrensgebühr in beantragter Höhe, die Auslagenpauschale sowie die Mehrwertsteuer anerkannte. Die Festsetzung der beantragten Terminsgebühr lehnte die Urkundsbeamtin mit der Begründung ab, der Gerichtstermin sei entbehrlich gewesen. Auf die Begründung in der Festsetzung wird Bezug genommen.

Gegen die Nichtfestsetzung der Terminsgebühr hat die Erinnerungsführerin am 03.08.2017 beim Sozialgericht Nürnberg Erinnerung eingelegt. Hilfsweise beantragt sie eine Verfahrensgebühr in Höhe von 460,00 €. Die Urkundsbeamtin hat zunächst die Möglichkeit einer Abhilfe geprüft, diese jedoch abgelehnt und den Antrag am 09.10.2017 der zuständigen Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst Prozesskostenhilfebeiakte Bezug genommen.

II.

Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet. Die Vergütung der Erinnerungsführerin durch die Staatskasse ist nicht in der von der Erinnerungsführerin beantragten Höhe festzusetzen. Die Festsetzung seitens der Urkundsbeamtin ist nicht zu beanstanden. Eine Terminsgebühr war ebenso wenig festzusetzen wie eine höhere Verfahrensgebühr.

Nach § 45 Abs. 1 RVG erhält der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt die gesetzliche Vergütung aus der Staatskasse, soweit im 8. Abschnitt des RVG (§§ 44 bis 59) nichts anderes bestimmt ist. Der Vergütungsanspruch bestimmt sich gemäß § 48 Abs. 1 RVG nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet wurde. Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges festgesetzt, § 55 Abs. 1 S. 1 RVG.

Gemäß § 3 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren (Satz 1). In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) genannten Personen gehört (Satz 2). Da die Klägerin des Ausgangsverfahrens zu dem Kreis der Personen nach § 183 SGG zählt und das GKG somit nicht anwendbar ist, entstehen vorliegend Betragsrahmengebühren.

Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4).

Streitig ist vorliegend allein die Festsetzung einer Terminsgebühr. Die Urkundsbeamtin hat dies trotz Teilnahme der Erinnerungsführerin am Termin am 14.03.2017 abgelehnt. Aus Sicht der erkennenden Kammer ist dies nicht zu beanstanden. Ein Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse kommt nur insoweit in Betracht, als die geltend gemachten Kosten im Sinne des § 91 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) notwendig waren (vgl. hierzu Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, § 55 Rn. 51). Dieser Grundsatz ergibt sich auch aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Hinsichtlich der Gebühren ist zwar grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die sie auslösende Tätigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Etwas anderes gilt jedoch, wenn eine Prozesshandlung völlig überflüssig und bedeutungslos war, weshalb kein Vergütungsanspruch entstehen kann (vgl. hierzu Müller-Rabe, a. a. O., § 55 Rn. 53).

So liegt der Fall hier. Die Teilnahme der Erinnerungsführerin am Termin am 14.03.2017 war nach verständiger Würdigung der Umstände, die am 13.03.2017 der Erinnerungsführerin bekannt waren, nicht erforderlich. Der Termin hätte nicht stattfinden müssen. Er war vielmehr überflüssig. Somit wäre keine Terminsgebühr entstanden. Denn auch eine fiktive Terminsgebühr wäre im Fall des Wegfalls des Termins - entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin - nicht entstanden. Der Beklagte hatte bereits am 13.03.2017 dem eigentlichen Begehren der Klägerin mit Bescheid vom 10.03.2017 vollumfänglich insofern entsprochen, als er die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung bei der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab 01.04.2016 anerkannt hatte. Der Umstand, dass der Bescheid an den Sohn der Klägerin adressiert war, hätte schriftlich geklärt werden können. Hierfür hätte es keines Termins am Gericht bedurft. Dies gilt insbesondere, da aus dem Bescheid vom 10.03.2017 ersichtlich war, dass auch für die Klägerin höhere Leistungen bewilligt worden waren. Das Gericht hat mit seinem Schreiben vom 13.03.2017 auch bereits zum Ausdruck gebracht, dass ein Termin nicht mehr für erforderlich gehalten wird. Bei Wegfall des Termins wäre auch keine fiktive Terminsgebühr entstanden, da keine der in Nr. 3106 VV RVG genannten Alternativen vorlag. Das Verfahren endete weder durch schriftlichen Vergleich noch durch Gerichtsbescheid noch nach angenommenem Anerkenntnis. Die Tatsache, dass der Beklagte nach Änderung der Sachlage schließlich dem Begehren der Klägerin auf Gewährung höherer Leistungen nach dem SGB II entsprochen hat, stellt kein Anerkenntnis dar. Zum einen wurde der Klageanspruch formal nicht anerkannt. Zum anderen handelte es sich hierbei auch nicht um ein konkludent erklärtes Anerkenntnis. Streitig war die Entscheidung des Beklagten, den Widerspruch der Klägerin als verfristet zu verwerfen. Der Beklagte hatte sich mit dem Klageanspruch inhaltlich im Widerspruchsverfahren nicht auseinandergesetzt. Das Gericht hatte bereits mit Schreiben vom 26.07.2016 die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Erfolgsaussichten der Klage zweifelhaft seien und angeregt, eine Klagerücknahme zu erwägen. Die Erinnerungsführerin ist offensichtlich auch selbst nicht von einem Anerkenntnis des Beklagten ausgegangen, da sie andernfalls für die Klägerin einen Antrag auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten durch den Beklagten gestellt hätte.

Soweit die Erinnerungsführerin erstmalig im Erinnerungsverfahren hilfsweise eine Verfahrensgebühr in Höhe von 460,00 € begehrt, kann dem ebenfalls nicht entsprochen werden. Einer Nachliquidation, wie sie die Erinnerungsführerin mit der Erinnerung begehrt, steht die Bindungswirkung der Gebührenbestimmung durch die Erinnerungsführerin entgegen. Der Rechtsanwalt ist an sein einmal ausgeübtes Ermessen gemäß § 14 Abs. 1 RVG bei der Bestimmung der angefallenen Gebühr gebunden. Die Bestimmung ist rechtsgestaltender Natur, ihre Abgabe Ausübung des Gestaltungsrechts. Sobald die Erklärung gegenüber dem anderen Teil wirksam geworden ist, kann sie nicht mehr geändert oder widerrufen werden. Sie wird bindend, es sei denn, der Rechtsanwalt hat sich eine Erhöhung vorbehalten, ist über Bemessungsfaktoren getäuscht worden oder hat einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 28.09.2011 - Az. L 2 SF 185/10 E). Die genannten Ausnahmetatbestände liegen nicht vor. Insbesondere hat die Erinnerungsführerin keine Gebühr übersehen, sondern begehrt lediglich eine höhere Verfahrensgebühr für den Fall der Nichtfestsetzung der Terminsgebühr. Die Kompensation der Nichtfestsetzung einer Gebühr durch Erhöhung einer anderen Gebühr scheidet grundlegend aus.

Die Erinnerung konnte aus o. g. Gründen keinen Erfolg haben. Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

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Referenzen - Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 183


Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kos

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 14 Rahmengebühren


(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermöge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 56 Erinnerung und Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landge

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 55 Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütungen und Vorschüsse


(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 48 Umfang des Anspruchs und der Beiordnung


(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts a

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 45 Vergütungsanspruch des beigeordneten oder bestellten Rechtsanwalts


(1) Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete oder zum besonderen Vertreter im Sinne des § 41 bestellte Rechtsanwalt erhält, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten des Bundes

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 44 Vergütungsanspruch bei Beratungshilfe


Für die Tätigkeit im Rahmen der Beratungshilfe erhält der Rechtsanwalt eine Vergütung nach diesem Gesetz aus der Landeskasse, soweit nicht für die Tätigkeit in Beratungsstellen nach § 3 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes besondere Vereinbarungen get

Referenzen

(1) Der im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordnete oder zum besonderen Vertreter im Sinne des § 41 bestellte Rechtsanwalt erhält, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten des Bundes aus der Bundeskasse, in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Landeskasse.

(2) Der Rechtsanwalt, der nach § 138 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, auch in Verbindung mit § 270 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, nach § 109 Absatz 3 oder § 119a Absatz 6 des Strafvollzugsgesetzes beigeordnet oder nach § 67a Absatz 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung bestellt ist, kann eine Vergütung aus der Landeskasse verlangen, wenn der zur Zahlung Verpflichtete (§ 39 oder § 40) mit der Zahlung der Vergütung im Verzug ist.

(3) Ist der Rechtsanwalt sonst gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden, erhält er die Vergütung aus der Landeskasse, wenn ein Gericht des Landes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet hat, im Übrigen aus der Bundeskasse. Hat zuerst ein Gericht des Bundes und sodann ein Gericht des Landes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet, zahlt die Bundeskasse die Vergütung, die der Rechtsanwalt während der Dauer der Bestellung oder Beiordnung durch das Gericht des Bundes verdient hat, die Landeskasse die dem Rechtsanwalt darüber hinaus zustehende Vergütung. Dies gilt entsprechend, wenn zuerst ein Gericht des Landes und sodann ein Gericht des Bundes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet hat.

(4) Wenn der Verteidiger von der Stellung eines Wiederaufnahmeantrags abrät, hat er einen Anspruch gegen die Staatskasse nur dann, wenn er nach § 364b Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung bestellt worden ist oder das Gericht die Feststellung nach § 364b Absatz 1 Satz 2 der Strafprozessordnung getroffen hat. Dies gilt auch im gerichtlichen Bußgeldverfahren (§ 85 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten).

(5) Absatz 3 ist im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend anzuwenden. An die Stelle des Gerichts tritt die Verwaltungsbehörde.

(1) Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist auf die gesetzliche Vergütung gerichtet und bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, soweit nichts anderes bestimmt ist. Erstreckt sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses oder ist die Beiordnung oder die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hierauf beschränkt, so umfasst der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen und die Beiordnung eine Berufung, eine Beschwerde wegen des Hauptgegenstands, eine Revision oder eine Rechtsbeschwerde wegen des Hauptgegenstands betrifft, wird eine Vergütung aus der Staatskasse auch für die Rechtsverteidigung gegen ein Anschlussrechtsmittel und, wenn der Rechtsanwalt für die Erwirkung eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung beigeordnet ist, auch für deren Vollziehung oder Vollstreckung gewährt. Dies gilt nicht, wenn der Beiordnungsbeschluss ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

(3) Die Beiordnung in einer Ehesache erstreckt sich im Fall des Abschlusses eines Vertrags im Sinne der Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten, soweit der Vertrag

1.
den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten,
2.
den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander,
3.
die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder,
4.
die Regelung des Umgangs mit einem Kind,
5.
die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen,
6.
die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht oder
7.
den Versorgungsausgleich
betrifft. Satz 1 gilt im Fall der Beiordnung in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.

(4) Die Beiordnung in Angelegenheiten, in denen nach § 3 Absatz 1 Betragsrahmengebühren entstehen, erstreckt sich auf Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Die Beiordnung erstreckt sich ferner auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit.

(5) In anderen Angelegenheiten, die mit dem Hauptverfahren nur zusammenhängen, erhält der für das Hauptverfahren beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Dies gilt insbesondere für

1.
die Zwangsvollstreckung, die Vollstreckung und den Verwaltungszwang;
2.
das Verfahren über den Arrest, den Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung;
3.
das selbstständige Beweisverfahren;
4.
das Verfahren über die Widerklage oder den Widerantrag, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen den Widerantrag in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen nach § 269 Absatz 1 Nummer 1 und 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(6) Wird der Rechtsanwalt in Angelegenheiten nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses im ersten Rechtszug bestellt oder beigeordnet, erhält er die Vergütung auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung, in Strafsachen einschließlich seiner Tätigkeit vor Erhebung der öffentlichen Klage und in Bußgeldsachen einschließlich der Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde. Wird der Rechtsanwalt in einem späteren Rechtszug beigeordnet, erhält er seine Vergütung in diesem Rechtszug auch für seine Tätigkeit vor dem Zeitpunkt seiner Bestellung. Werden Verfahren verbunden und ist der Rechtsanwalt nicht in allen Verfahren bestellt oder beigeordnet, kann das Gericht die Wirkungen des Satzes 1 auch auf diejenigen Verfahren erstrecken, in denen vor der Verbindung keine Beiordnung oder Bestellung erfolgt war.

(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts, das den Verteidiger bestellt hat.

(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten des Gerichts des Rechtszugs, solange das Verfahren nicht durch rechtskräftige Entscheidung oder in sonstiger Weise beendet ist.

(3) Im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt.

(4) Im Fall der Beratungshilfe wird die Vergütung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des in § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes bestimmten Gerichts festgesetzt.

(5) § 104 Absatz 2 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Bei Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr sind diese Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben. Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstellung erhalten hat, hat er unverzüglich anzuzeigen.

(6) Der Urkundsbeamte kann vor einer Festsetzung der weiteren Vergütung (§ 50) den Rechtsanwalt auffordern, innerhalb einer Frist von einem Monat bei der Geschäftsstelle des Gerichts, dem der Urkundsbeamte angehört, Anträge auf Festsetzung der Vergütungen, für die ihm noch Ansprüche gegen die Staatskasse zustehen, einzureichen oder sich zu den empfangenen Zahlungen (Absatz 5 Satz 2) zu erklären. Kommt der Rechtsanwalt der Aufforderung nicht nach, erlöschen seine Ansprüche gegen die Staatskasse.

(7) Die Absätze 1 und 5 gelten im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. An die Stelle des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle tritt die Verwaltungsbehörde.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.

(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.