Sozialgericht München Urteil, 11. Jan. 2017 - S 23 U 667/15

bei uns veröffentlicht am11.01.2017

Gericht

Sozialgericht München

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 08.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2015 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

Gegenstand der Klage ist die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Ersatzbeschaffung einer Lesebrille gegenüber der Beklagten hat.

Die Klägerin ist Beschäftigte in einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten. Sie stürzte am 3. August 2015 auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstelle und verletzte sich unter anderem die linke Schulter und das linke Knie. Bei dem Sturz fiel die Klägerin auf ihre Handtasche, wodurch die darin in einem Etui befindliche Lesebrille (nebst Etui) zu Bruch ging. Am 2. September 2015 reichte die Klägerin bei der Beklagten eine Rechnung ihres Optikers vom 22. August 2015 ein und bat um Erstattung der dort aufgeführten Gesamtkosten von 500 €, wovon 16 € auf ein Brillenetui entfielen.

Mit Bescheid vom 8. September 2015 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung ab. Ihre Leistungspflicht sei nicht gegeben, da die zerstörte Brille nicht getragen oder körpernah (z.B. umgehängt oder in der Brusttasche) mitgeführt worden sei. Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch teilte die Klägerin mit, dass sie die Lesebrille nur zum Lesen benötige und sie deshalb auf dem Weg zur Arbeit nicht umhängen oder aufsetzen könne, sondern jeden Tag in der Handtasche mitführe. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2015 zurück. Voraussetzung für eine Wiederherstellung oder Erneuerung eines beschädigten Hilfsmittels sei, dass das Hilfsmittel bei Eintritt des Unfallereignisses bestimmungsgemäß am Körper eingesetzt wurde. Nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung sei ein bloßes Mit-sich-Führen des Hilfsmittels in der Handtasche nicht ausreichend.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage wies die Klägerin ergänzend darauf hin, dass sie die Lesebrille unmittelbar am Körper, nämlich in ihrer direkt am Oberkörper getragenen Handtasche, getragen habe. Es sei ausreichend, wenn sich ein Hilfsmittel griffbereit in der Tasche befinde.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 08.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Kosten der Ersatzbeschaffung der beim Unfall vom 03.08.2015 beschädigten Brille in Höhe von 500,00 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf Erneuerung der zerstörten Lesebrille hat. Sie hat demnach auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Ersatzbeschaffung, da der sekundäre Zahlungsanspruch nicht weiter als ein Sachleistungsanspruch gehen kann.

Zwar hat die Klägerin einen versicherten Arbeitsunfall gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 2 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) erlitten. Dabei wurde ihre Lesebrille zerstört und damit ein Hilfsmittel nach § 31 Abs. 1 SGB VII bzw. § 33 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (vgl. Lauterbach/Schwerdtfeger, § 8 SGB VII, Rz. 603, 604), weshalb grundsätzlich deren Erneuerung nach § 27 Abs. 2 SGB VII in Betracht käme. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 SGB VII sind vorliegend jedoch nicht gegeben, da die Brille nicht infolge einer versicherten Tätigkeit nach § 8 Abs. 1 oder 2 SGB VII zerstört wurde. Diese Voraussetzung ergibt sich aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 3 SGB VII nicht unmittelbar, sondern aus der Verweisung auf § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (Gesundheitsschaden).

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich keine konkrete Aussage, wie weit das Merkmal „infolge einer versicherten Tätigkeit“ auszulegen ist. Zwar ist nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 13/2204, S. 77) nur erforderlich, dass ein Hilfsmittel „bei der versicherten Tätigkeit beschädigt wurde, … nicht notwendigerweise während der Benutzung“. Gleichzeitig ist der Gesetzesbegründung jedoch zu entnehmen, dass die Gleichstellung von Beschädigung oder Verlust eines Hilfsmittels mit einer gesundheitlichen Schädigung weitgehend dem bis zum Inkrafttreten des SGB VII geltenden Recht entsprechen soll. Dies würde nach dem Wortlaut des § 548 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) Kosten für Brillen nicht umfassen, wobei allerdings faktisch die Unfallversicherungsträger auch für bei Arbeitsunfällen zerstörte Brillen Ersatz leisteten (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. September 2001, Az. B 2 U 38/00 R). Der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/2204, S. 2) ist darüber hinaus zu entnehmen, dass - abgesehen von explizit genannten Ausweitungen, die aber Hilfsmittel nicht betreffen - die Neuregelungen insgesamt als kostenneutral eingeschätzt wurden. Dies spricht für eine restriktive Auslegung des § 8 Abs. 3 SGB VII.

Das BSG hat mit Urteil vom 9. November 2010 (Az. B 2 U 24/09 R) vor diesem Hintergrund darauf hingewiesen, dass „der Verlust eines Hilfsmittels … dem Gesundheitserstschaden deshalb (jedenfalls grundsätzlich und faktisch in aller Regel) nur gleichstehen [kann], wenn das Hilfsmittel bei Eintritt des Unfallereignisses bestimmungsgemäß am Körper eingesetzt war“. Voraussetzung sei, dass der Versicherte das Hilfsmittel zur Zeit der Einwirkung auf den Körper in funktionsgemäßer Verwendung an (oder in) seinem Körper trage. Offen gelassen wurde ausdrücklich (nur), ob es als eng zu begrenzende Ausnahme genügen kann, wenn das Hilfsmittel - ohne in Funktion zu sein - zum alsbaldigen Einsatz unmittelbar am Körper getragen wird.

Die vom BSG aaO. erwähnte evtl. Ausnahmemöglichkeit ist jedenfalls auf Brillen nicht anzuwenden. Sie könnte weder auf den Gesetzeswortlaut noch auf die Gesetzesbegründung gestützt werden. Auch der Gesetzeszweck, Versicherte im Falle einer Beschädigung von bei der versicherten Tätigkeit erforderlichen Hilfsmitteln nicht schlechter zu stellen als bei Gesundheitserstschäden, spricht nicht für eine Einbeziehung von für die konkret versicherte Tätigkeit nicht benötigter Brillen. Denn wenn eine Brille für eine versicherte Tätigkeit nicht erforderlich ist und deshalb nicht bestimmungsgemäß am Körper getragen wird, sondern eher „zufällig“ mitgeführt wird, ist es nicht angezeigt, sie in den Schutzbereich der Gesetzlichen Unfallversicherung einzubeziehen. Notwendig ist bei Brillen deshalb, dass sie im Zeitpunkt des Unfalls bestimmungsgemäß am Körper getragen werden (im Ergebnis ebenso SG Koblenz, Urteil vom 29. Februar 2012, Az. S 2 U 274/10 und SG Karlsruhe, Urteil vom 12. Dezember 2013, Az. S 1 U 3461/13). Wenn eine Brille für die konkret versicherte Tätigkeit nicht erforderlich ist und deshalb nicht bestimmungsgemäß am Körper getragen wird, entsteht eine Beschädigung nicht infolge, sondern nur gelegentlich der versicherten Tätigkeit.

Vorliegend war die Lesebrille für die im Zeitpunkt des Arbeitsunfalls versicherte Tätigkeit, nämlich das Zurücklegen des üblichen Arbeitswegs, nicht erforderlich und deshalb in der Handtasche (und dort im Etui) verstaut. Sie wurde demnach nicht infolge einer versicherten Tätigkeit zerstört.

Die Erstattung von Kosten für die Ersatzbeschaffung eines Brillenetuis kommt bereits deshalb nicht in Betracht, da es sich hierbei nicht um ein Hilfsmittel handelt.

Unabhängig davon würde eine Anwendung der vom BSG aaO. für Hilfsmittel im Allgemeinen ausdrücklich offengelassenen Ausnahmemöglichkeit auf Brillen zu deutlichen Abgrenzungs- und Gleichbehandlungsproblemen führen. Es wäre schlecht vermittelbar, weshalb z.B. eine (vorwiegend bei Männern) in einer Hemd- oder Sakkotasche befindliche Brille ersetzt wird, nicht aber eine (mangels Hemd- oder Sakkotasche) in einer Handtasche transportierte. Eine Ausweitung auf Handtaschen würde wiederum zu Abgrenzungsproblemen zu Aktentaschen, Rollkoffern etc. führen. Zudem wäre - würde man auch die Beschädigung von in Taschen transportierten Brillen als Gesundheitsschaden bewerten - jedenfalls die vom BSG erwähnte „eng zu begrenzende Ausnahme“ überschritten. Zu berücksichtigen ist dabei auch der Hintergrund der Entscheidung des BSG vom 9. November 2010 (Az. B 2 U 24/09 R), in der es um die Kosten eines aus dem Auto abhanden gekommenen Hörgeräts ging. Für die Gefährdung eines Hörgeräts ist es unerheblich, ob es eingeschaltet („in Funktion“) oder vorübergehend ausgeschaltet am/im Ohr getragen wird.

Nicht zutreffend beruft sich die Klägerin auf die Auffassung von Ricke (Kasseler Kommentar-Ricke, § 8 SGB VII Rz. 35), wonach ausreichend sein soll, wenn eine Brille wenigstens zur jederzeit wiederkehrend stattfindenden Benutzung z.B. umgehängt am Körper getragen wird. Denn auch nach dieser Auslegung (im Zeitpunkt des Unfallereignisses aktuell bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht erforderlich) wäre im vorliegenden Fall ein Anspruch auf Erneuerung der Brille nicht gegeben. Die Klägerin hat zwar ihre Handtasche umgehängt direkt am Körper getragen und damit mittelbar die darin (in einem Etui) befindliche Brille. Dies reicht jedoch zum einen für eine jederzeit wiederkehrend stattfindende Benutzung nicht aus. Zum anderen ist auch das vom BSG aaO. für eine evtl. Ausnahme erwähnte Kriterium „unmittelbar am Körper getragen“ bei einer Brille in einer Handtasche gerade nicht erfüllt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Das Rechtsmittel der Berufung wäre aufgrund der Höhe der von der Klägerin begehrten Geldleistung nur bei ausdrücklicher Zulassung gegeben, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Ein Zulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 SGG liegt nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da es sich nicht um eine Rechtsfrage handelt, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu wahren (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer § 144 SGG Rz. 28). Es ist nicht ersichtlich, dass es zur Frage von bei einem Unfall nicht getragenen Brillen divergierende gerichtliche Entscheidungen gibt. Ein Ausspruch der Nichtzulassung im Tenor war nicht erforderlich, da sich die fehlende Berufungsfähigkeit aus dem Gesetz ergibt.

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(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 8 Arbeitsunfall


(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 27 Umfang der Heilbehandlung


(1) Die Heilbehandlung umfaßt insbesondere 1. Erstversorgung,2. ärztliche Behandlung,3. zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz,4. Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,5. häusliche Krankenpflege,6. Be

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 31 Hilfsmittel


(1) Hilfsmittel sind alle ärztlich verordneten Sachen, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Dazu gehören insbesondere Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel einsc

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Hilfsmittel sind alle ärztlich verordneten Sachen, die den Erfolg der Heilbehandlung sichern oder die Folgen von Gesundheitsschäden mildern oder ausgleichen. Dazu gehören insbesondere Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel einschließlich der notwendigen Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie der Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel. Soweit für Hilfsmittel Festbeträge im Sinne des § 36 des Fünften Buches festgesetzt sind, gilt § 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 entsprechend.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln zu regeln sowie bei bestimmten Gesundheitsschäden eine Entschädigung für Kleider- und Wäscheverschleiß vorzuschreiben. Das Nähere regeln die Verbände der Unfallversicherungsträger durch gemeinsame Richtlinien.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Die Heilbehandlung umfaßt insbesondere

1.
Erstversorgung,
2.
ärztliche Behandlung,
3.
zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Zahnersatz,
4.
Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
5.
häusliche Krankenpflege,
6.
Behandlung in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen,
7.
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach § 42 Abs. 2 Nr 1 und 3 bis 7 und Abs. 3 des Neunten Buches.

(2) In den Fällen des § 8 Abs. 3 wird ein beschädigtes oder verlorengegangenes Hilfsmittel wiederhergestellt oder erneuert.

(3) Während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung wird Heilbehandlung erbracht, soweit Belange des Vollzugs nicht entgegenstehen.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist, ob der Kläger gegen die Beklagte Anspruch auf Ersatz von geraubten Hörgeräten, hilfsweise auf Zahlung von 3808,40 Euro hat.

2

Der im Jahre 1928 geborene Kläger wurde auf einer beruflich veranlassten Fahrt nach Danzig (Republik Polen) am 18.6.2004 Opfer eines Raubüberfalls. Das Kraftfahrzeug (Kfz) des Klägers wurde auf einem Autobahnparkplatz entwendet, als er wegen eines Toilettengangs das Fahrzeug verlassen hatte. Bei Rückkehr zum Fahrzeug überraschte er die Täter, wurde aber mit Gewalt gehindert, sein Kfz wieder an sich zu bringen. Im Kfz befanden sich neben anderen Gegenständen die ihm von der Krankenkasse geleisteten Hörgeräte. Die Beklagte stellte fest, dass das Ereignis vom 18.6.2004 ein Arbeitsunfall ist (Bescheid vom 23.3.2005).

3

Die Barmer Ersatzkasse (BEK) als für den Kläger zuständige Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung wandte sich mit Schreiben vom 16.9.2004 an die Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte mit Wirkung zum 1.1.2008 wurde (im Folgenden: Beklagte). Sie schrieb der Beklagten ua: "Im Zusammenhang mit dem Unfall wurde eine Hörgeräteversorgung erforderlich. Der Betrag von 3.514,40 ist die reine Eigenbeteiligung (Kassenanteil wurde bereits abgezogen). Unser Mitglied bittet um die Erstattung der entstandenen Kosten." Der Kläger habe eine Durchschrift des Schreibens erhalten. Mit Schreiben vom 2.10.2004 setzte sich der Kläger selbst mit der Beklagten in Verbindung. Er schrieb: "Aus dem Schreiben der Lübecker Barmer Ersatzkasse vom 9.9.2004 entnehmen Sie, dass bei dem Raubüberfall auch meine beiden Hörgeräte, die im Kofferraum in meiner Kulturtasche lagen, geraubt wurden. … Daher bitte ich Sie, mir mitzuteilen, was ich tun muss, um neue zu bekommen, … darf ich sie mir in einem Hörgerätespezialgeschäft kaufen und Ihnen die Rechnung zusenden."

4

Die Beklagte erklärte gegenüber dem Kläger mit Schreiben vom 8.10.2004: "Die Kosten für die Neuversorgung mit Hörgeräten können von unserer Berufsgenossenschaft nicht übernommen werden … Die anliegende Rechtsbehelfsbelehrung ist Bestandteil dieses Schreibens." Der dagegen gerichtete Widerspruch blieb im Widerspruchsbescheid vom 14.1.2005 ohne Erfolg.

5

Der Kläger hat gegen die Ablehnung, die Kosten für die Neuversorgung mit Hörgeräten zu übernehmen, beim SG Lübeck Klage erhoben. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 15.11.2006). Das Schleswig-Holsteinische LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 21.1.2009). Voraussetzung des Anspruchs sei, dass ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis vorliege. Eine isolierte Einwirkung auf das Hilfsmittel ohne gleichzeitige Einwirkung auf den Körper genüge nicht. Eine andere Entscheidung sei auch nicht unter dem Aspekt möglich, dass der Kläger eine lebensbedrohende Situation erlebt habe.

6

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 8 Abs 3 SGB VII. Für den Schutz in der Unfallversicherung sei es ausreichend, dass auf seinen Körper durch eine Straftat eingewirkt und dadurch im Sinne einer wesentlichen Bedingung der Verlust des Hilfsmittels herbeigeführt worden sei. Ein Einwirken auf das Hilfsmittel selbst sei nicht zu fordern. Die Auslegung von § 8 Abs 3 SGB VII durch das LSG sei mit dem Wortlaut der Norm, insbesondere nach einer Gewalttat mit Todesandrohung, nicht vereinbar. Da das Ereignis vom 18.6.2004 als Arbeitsunfall anerkannt worden sei, müsse sich dies auch auf den Verlust der Hörgeräte beziehen.

7

Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung der Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. Januar 2009 und des Sozialgerichts Lübeck vom 15. November 2006 sowie der Ablehnungsentscheidung im Bescheid vom 8. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2005 zu verurteilen, ihm wegen des Ereignisses vom 18. Juni 2004 die Hörgeräte zu ersetzen, hilfsweise 3808,40 Euro an ihn zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hat durch ihren Prozessbevollmächtigten erklärt, mit den angefochtenen Entscheidungen habe sie umfassend über alle Ansprüche auf Ersetzung der Hörgeräte einschließlich jeglicher Kostenübernahme ablehnend entschieden.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

11

Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Der den Anspruch auf Ersetzung von Hörgeräten sowie Zahlung ablehnende Verwaltungsakt vom 8.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.1.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

12

Mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, Abs 4, § 56 SGG) erstrebt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Ersetzung der in Verlust geratenen Hörgeräte, hilfsweise Zahlung von 3808,40 Euro. Nach der jetzt vorgenommen Klarstellung des Antrags begehrt er die Erneuerung der geraubten Hörgeräte, hilfsweise Zahlung eines bestimmten Geldbetrags zur Freistellung von Forderungen der Leistungserbringer oder Erstattung des von ihm für die Beschaffung aufgewandten Betrags. Hierin liegt gegenüber den vor den Instanzgerichten gestellten Verpflichtungsanträgen keine Klageänderung nach § 99 SGG. Vielmehr hat der Kläger lediglich den Antrag, der von Anfang an auf "Übernahme von Kosten" aufgrund der Versorgung mit Hörhilfen gezielt hat, hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen klargestellt bzw berichtigt (§ 99 Abs 3 Nr 1 SGG; auch LSG Baden-Württemberg vom 13.2.2009 - L 4 KR 3191/06 - juris RdNr 28).

13

1. Die Klagen sind zulässig.

14

a) Die Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, da der Kläger mit ihr die Aufhebung von Verwaltungsakten verfolgt. Das Schreiben vom 8.10.2004 ist ein Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X). Bei verständiger Würdigung des Sinngehalts des Schreibens ist - wie auch die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat - entschieden worden, dass sowohl eine Ersetzung der Hörgeräte in Natur als auch ein Zahlungsanspruch abgelehnt wird, da ein Anspruch auf Verschaffung neuer Hörgeräte nicht bestehe.

15

b) Die mit der Anfechtungsklage verbundene Leistungsklage ist ebenfalls zulässig. Sie ist die sowohl für die Verurteilung zur Verschaffung der Hörgeräte als auch für den hilfsweise gestellten Zahlungsantrag die zulässige Klageart (§ 54 Abs 4 SGG).

16

2. Die Anfechtungsklage ist unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind formell (a) und materiell (b) rechtmäßig. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen primären Sachleistungsanspruch auf Lieferung neuer Hörgeräte als Ersatz für die geraubten Hilfsmittel. Er hat auch keinen von der Entstehung des Sachleistungsanspruchs notwendig abhängigen sekundären Freistellungs- oder Zahlungsanspruch ("Kostenübernahme") zur Selbstbeschaffung der Geräte.

17

a) Die angefochtenen Verwaltungsakte sind inhaltlich hinreichend bestimmt (§ 33 Abs 1 SGB X). Der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung muss in Bezug auf den Anspruch eines Versicherten sagen, ob und in welchem Umfang er ein durch Antrag geltend gemachtes Recht feststellen oder Recht begründen will. Nach dem objektiven Sinngehalt der Verwaltungsakte hat die Beklagte es abgelehnt, ein Recht des Klägers auf Lieferung der Hörgeräte, die der Kläger durch den Raub verloren hat, oder Zahlung von Kosten für deren Selbstbeschaffung zu begründen.

18

b) Die Verwaltungsakte der Beklagten sind auch materiell rechtmäßig. Der Kläger hat weder Anspruch auf Lieferung (aa) noch auf Wiederherstellung oder Erneuerung der Hörgeräte (bb) noch auf Zahlung für Kosten der Selbstbeschaffung (cc).

19

aa) Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Ersetzung der entwendeten Hörgeräte als Sachleistung.

20

Der Kläger hatte keinen Rechtsanspruch auf Ersetzung der Hörgeräte aus § 2 Abs 1, § 3 Abs 5 Satz 1, 3 der Verordnung über die orthopädische Versorgung Unfallverletzter. Denn die gestohlenen Hörgeräte waren ihm nicht wegen einer Hörschädigung geleistet worden, die Unfallfolge eines Versicherungsfalls der gesetzlichen Unfallversicherung war.

21

Auch die Voraussetzungen des Rechts auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Bewilligung eines Anspruchs auf Lieferung/Zurverfügungstellung von Hörgeräten (§ 26 Abs 1 Satz 1, Abs 4 Satz 2, Abs 5 Satz 1, § 27 Abs 1 Nr 4, § 31 Abs 1 Satz 1 SGB VII) waren nicht erfüllt. Denn die Gewalteinwirkung der Räuber auf den Körper des Klägers führte bei ihm zwar Gesundheitserstschäden herbei. Diese Gesundheitsschäden verursachten aber keine weitere Hörschädigung und keine Verschlimmerung eines bestehenden Hörschadens als Unfallfolge, so dass die begehrte Ersetzung der Hörgeräte nicht wegen dieses Arbeitsunfalls nötig wurde.

22

bb) Die Einwirkungen der Räuber auf den Körper des Klägers haben auch keinen Verlust seiner Hörgeräte als gleichgestellten Gesundheitserstschaden iS von § 8 Abs 3 SGB VII bewirkt. Daher hat er keinen Anspruch auf Erneuerung bzw Ersetzung der in Verlust geratenen Hilfsmittel nach § 27 Abs 2 SGB VII.

23

Nach § 27 Abs 2 SGB VII wird in den Fällen des § 8 Abs 3 SGB VII ein beschädigtes oder verlorengegangenes Hilfsmittel wiederhergestellt oder erneuert. Der Begriff des Hilfsmittels in § 27 Abs 2 SGB VII meint nicht den in § 31 Abs 1 SGB VII verwendeten, nur auf Unfallfolgen bezogenen weiten Sachleistungsbegriff. Er umfasst nur die in § 33 SGB V genannten und nicht wegen der Folgen eines Versicherungsfalles von einem anderen Leistungsträger als einem Unfallversicherungsträger geleisteten Hilfsmittel(vgl BSG vom 20.2.2001 - B 2 U 9/00 R - BSGE 87, 301, 303 f = SozR 3-2700 § 27 Nr 1 S 4). Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Krankenversicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch nach § 27 Abs 2 SGB VII ist auf die Wiederherstellung des beschädigten oder die Erneuerung eines solchen verlorengegangenen Hilfsmittels gerichtet, also auf die Zurverfügungstellung eines nach Funktion und Preis im Wesentlichen gleichwertigen Geräts durch den Unfallversicherungsträger.

24

Eine solche Leistung muss infolge des Eintritts eines Versicherungsfalls (§§ 7 ff SGB VII) erforderlich werden. Dies ergibt sich schon aus der Überschrift des Dritten Kapitels des SGB VII, in dem § 27 SGB VII seinen Sitz hat. § 27 Abs 2 SGB VII verschafft Versicherten ggf einen Anspruch auf Verschaffung genau des Hilfsmittels, das durch einen Arbeitsunfall gerade iS des § 8 Abs 3 SGB VII beschädigt oder zerstört worden oder in Verlust geraten ist. Ein Anspruch aus § 27 Abs 2 SGB VII besteht nur in den Fällen des § 8 Abs 3 SGB VII. Nach dieser Vorschrift gilt als Gesundheitsschaden auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels. § 8 Abs 3 SGB VII stellt damit nicht abschließend die Voraussetzungen für einen eigenen Versicherungsfall (Beschädigung oder Verlust von Hilfsmitteln) auf. Vielmehr fingiert das Gesetz, dass die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels als "Gesundheitsschaden" gilt. Es erweitert damit den Unfallbegriff des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII und dadurch auch den des Arbeitsunfalls iS von Satz 1 aaO, dessen Voraussetzungen im Übrigen auch erfüllt sein müssen.

25

Auch "in den Fällen des § 8 Abs. 3 SGB VII“ gilt(vgl § 8 Abs 1 SGB VII): Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu einem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (vgl ua BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 10 mwN).

26

§ 8 Abs 3 SGB VII erweitert diese Anforderungen insoweit, als an die Stelle des Merkmals "Gesundheitserstschaden" die Merkmale "Beschädigung oder Verlust von Hilfsmitteln" treten. Daneben müssen alle weiteren Voraussetzungen des Arbeitsunfalls nach § 8 Abs 1 SGB VII vorliegen(vgl Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII § 8 Anm 18.4; G. Wagner, jurisPK-SGB VII § 8 RdNr 241). Ein Fall des § 8 Abs 3 SGB VII iS von § 27 Abs 2 SGB VII liegt daher nur vor, wenn ein Versicherter infolge seiner versicherten Tätigkeit einen Unfall erleidet, der darin besteht, dass ein zeitlich begrenztes, von außen auf seinen Körper einwirkendes Ereignis sein Hilfsmittel beschädigt oder dessen Verlust bewirkt.

27

Das folgt auch aus dem Zweck des § 8 Abs 3 SGB VII. Danach wird anstelle des Gesundheitsschadens eines Versicherten - ausnahmsweise - ein Sachschaden kompensiert. Diese Erweiterung des Versicherungsschutzes ist damit zu begründen, dass die versicherten Sachen - als Hilfsmittel eingesetzt - dazu bestimmt sind, Körperfunktionen des Versicherten zu übernehmen oder bestehende Gesundheitsstörungen auszugleichen. Dieser Regelungszweck wird insbesondere bei historischer Auslegung der Norm deutlich. In der Begründung zu § 8 Abs 3 SGB VII ist festgehalten, die Regelung entspreche weitgehend dem bis dahin geltenden Recht, also § 548 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) idF bis 31.12.1996 (BT-Drucks 13/2204, S 77). Der frühere § 548 Abs 2 RVO wurde durch Art 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung vom 30.4.1963 (BGBl I 241) in die RVO eingefügt und lautete: "Dem Körperschaden steht die Beschädigung eines Körperersatzstückes oder eines größeren orthopädischen Hilfsmittels gleich." Der Zusatz "oder eines größeren orthopädischen Hilfsmittels" wurde aufgrund der Beratungen im Ausschuss für Sozialpolitik (20. Ausschuss) in den Gesetzentwurf aufgenommen (BT-Drucks IV/938; in diesem Stadium des Gesetzgebungsverfahrens noch zu § 549 Abs 2 RVO). Zur Begründung wurde angeführt, es sei angeregt worden, dem Körperschaden nicht nur die Beschädigung eines Körperersatzstückes, sondern auch die eines (orthopädischen) Hilfsmittels gleichzustellen. Denn zwischen einer Beinprothese als Körperersatzstück und einem Stützapparat als orthopädischem Hilfsmittel bestehe der Funktion nach kein entscheidender Unterschied (BT-Drucks aaO, S 7).

28

Die Beschädigung eines (orthopädischen) Hilfsmittels ist dem Körperschaden gleichgestellt worden, weil das Hilfsmittel in gleicher Weise wie die Körperorgane, die es ersetzt oder deren Funktion es übernimmt, unfallbedingten Einwirkungen ausgesetzt sein kann. Die Beschädigung oder der Verlust bewirkt eine ähnliche Verletzung der körperlichen Integrität wie die Verletzung des Organs selbst, weil das beschädigte oder verlorene Hilfsmittel seine Ausgleichsfunktion nicht mehr wahrnehmen kann (sog unechter Körperschaden). Nur wenn eine Einwirkung auf die Person des Versicherten vorliegt und ein zum Ausgleich von körperlichen Funktionen eingesetztes Hilfsmittel beschädigt wird oder verloren geht, bewirkt der Schaden am oder der Verlust des Hilfsmittels eine vergleichbare Einbuße an körperlicher Funktion wie der unmittelbare Gesundheitsschaden. Der Verlust eines Hilfsmittels oder dessen Beschädigung kann dem Gesundheitserstschaden deshalb (jedenfalls grundsätzlich und faktisch in aller Regel) nur gleichstehen, wenn das Hilfsmittel bei Eintritt des Unfallereignisses bestimmungsgemäß am Körper eingesetzt war (so auch Jung in Jahn, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, § 8 SGB VII RdNr 166; Schmitt, SGB VII, 4. Aufl 2009, § 8 RdNr 312; G. Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 241; Stähler in jurisPK-SGB VII, § 27 RdNr 23). Die Gleichstellung von Sachschaden und Körperschaden setzt also voraus, dass der Versicherte das Hilfsmittel zur Zeit der Einwirkung auf seinen Körper in funktionsgemäßer Verwendung an (oder in) seinem Körper trägt.

29

Vorliegend hat zwar ein Arbeitsunfall nach § 7 Abs 1, § 8 Abs 1 SGB VII vorgelegen, denn die Beklagte hat mit Bescheid vom 23.3.2005 zwischen den Beteiligten bindend festgestellt, dass das Ereignis vom 18.6.2004 ein Arbeitsunfall ist. Die Gewaltanwendung der Täter gegen den Kläger war aber nicht im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne für den Verlust der Hilfsmittel ursächlich und zwar schon deshalb, weil der Kläger die Hörgeräte weder bestimmungsgemäß verwendete noch überhaupt mit sich führte. Er befand sich vielmehr außerhalb des Kfz und wurde mit Gewalt gehindert, das Kfz und die darin befindlichen Sachen wieder in Besitz zu nehmen. Mit der Einwirkung auf seinen Körper war eine Einwirkung auf die Hörgeräte nicht verbunden, da diese im Kfz abgelegt waren. Die Hörgeräte wurden dem Kläger stattdessen mit dem Kfz, in dem sie lagen, entwendet. Diebstahl oder Raub von Hilfsmitteln lediglich bei Gelegenheit eines Arbeitsunfalls will § 8 Abs 3 SGB VII aber nicht versichern.

30

Der Senat lässt die Frage offen, ob es als eng zu begrenzende Ausnahme für § 8 Abs 3 SGB VII auch genügen kann, dass durch äußere Einwirkung ein Hilfsmittel beschädigt oder zerstört wird, das - ohne in Funktion zu sein - zum alsbaldigen Einsatz unmittelbar am Körper getragen wird(so Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand Februar 2010, K § 8 RdNr 13a; Krasney in Becker/ Burchardt/Krasney/Kruschinsky, Gesetzliche Unfallversicherung, SGB VII, Stand September 2006, § 27 RdNr 5); denn ein solcher Fall lag hier nicht vor.

31

Da die Hilfsmittel (Hörgeräte) nicht in einem Fall des § 8 Abs 3 SGB VII verloren gingen, besteht kein Anspruch auf Wiederherstellung oder Ersetzung der in Verlust geratenen Hörgeräte aus § 27 Abs 2 SGB VII.

32

cc) Den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Kostenübernahme, dh Zahlung von 3808,40 Euro, hat die Beklagte ebenfalls zu Recht abgelehnt. Es kann offen bleiben, ob im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung überhaupt grundsätzlich anstelle des Anspruchs auf Sachleistung (§ 26 Abs 4 Satz 2 SGB VII) ein Kostenerstattungsanspruch entsprechend § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V oder § 15 SGB IX geltend gemacht werden kann(vgl dazu BSG vom 15.6.2010 - B 2 U 16/09 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Denn jedenfalls reicht der sekundäre Zahlungsanspruch nicht weiter als der primär entstandene Sachleistungsanspruch, an dessen Stelle der Zahlungsanspruch ggf treten kann. Der Zahlungsanspruch scheitert hier schon daran, dass ein Anspruch auf Verschaffung der Hörgeräte selbst nicht bestand (vgl stRspr; zB BSG vom 24.9.1996 - 1 RK 33/95 - BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; BSG vom 16.12.2008 - B 1 KR 11/08 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 19 RdNr 12).

33

Die Ablehnungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden sind rechtmäßig.

34

3. Die Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) ist daher ebenfalls unbegründet. Denn mit der Rechtskraft der Abweisung der Anfechtungsklage wurde zugleich die Ablehnung des Zahlungsanspruchs durch die Beklagte bindend (§ 77 SGG). Schon deshalb steht fest, dass der Kläger gegen die Beklagte auch den hilfsweise geltend gemachten Zahlungsanspruch nicht hat, der im Übrigen auch nicht besteht (siehe oben 2. b> cc>).

35

Die Revision des Klägers war daher insgesamt zurückzuweisen.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind der Klägerin nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin die Kosten für eine zerbrochene Brille ersetzen muss.

2

Die 1955 geborene Klägerin ist als Angestellte im G S M tätig. Am 15.08.2010 stolperte sie laut Unfallanzeige ihrer Arbeitgeberin vom 09.08.2010 beim Betreten ihres Büros über den Standfuß des Schreibtisches. Dadurch fiel sie vornüber und stützte sich auf dem Tisch und auf ihrer darauf liegenden Brille ab. Diese zerbrach daraufhin. Laut Kostenvoranschlag der Firma F vom 05.08.2010 kostet die Anschaffung einer entsprechenden neuen Brille 714,00 €.

3

Mit Bescheid vom 12.08.2010 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung mit der Begründung ab, Grundvoraussetzung für den Ersatz eines Beschädigtenhilfsmittels, z. B. einer Brille, sei, dass das Hilfsmittel bei der versicherten Tätigkeiten beschädigt und zum Unfallzeitpunkt zweckentsprechend getragen worden sein müsse. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall.

4

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin mit der Begründung Widerspruch, sie trage bei der Arbeit am PC eine Bildschirmbrille. Darüber hinaus verfüge sie auch noch über eine normale Brille. Zum Zeitpunkt des Vorfalls habe sie ihre Bildschirmbrille getragen. Die normale Brille habe auf dem Schreibtisch gelegen. Sie sei aufgestanden, um sich Unterlagen zu holen, beim Zurückkommen dann über den Fuß des Schreibtisches gestolpert. Beim Aufstützen auf den Schreibtisch habe sie ihre normale Brille zerbrochen.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2010 ließ die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

6

Mit der am 11.11.2010 eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und betont, sie müsse beide Brillen je nach Tätigkeit abwechselnd am Arbeitsplatz tragen.

7

Sie beantragt,

8

den Bescheid vom 12.08.2010 der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.10.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine Kostenerstattung für die Sehhilfe in Höhe von 714,00 € zu leisten gemäß Rechnung vom 26.08.2010.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie hält ihre Verwaltungsentscheidung nach wie vor für rechtmäßig.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den übrigen Akteninhalt sowie die Leistungsakten der Beklagten, die vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Ersatzbeschaffung der auf ihrer Arbeitsstelle zerbrochenen Brille.

14

Gemäß § 7 SGB VII sind Versicherungsfälle Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach der Legaldefinition des § 8 sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Nach Absatz 3 der genannten Vorschrift gilt als Gesundheitsschaden auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels. Danach steht dem Gesundheitsschaden die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels gleich. Dabei ist es unerheblich, aus welchen Gründen das Hilfsmittel zurzeit der Anschaffung notwendig geworden ist. Zu den Hilfsmitteln zählt alles, was dem Ausgleich der körperlichen Behinderung dient. Nicht erforderlich ist, dass außer der Beschädigung durch ein plötzliches Ereignis (= Unfall) noch eine Körperverletzung vorliegt. Immer ist jedoch erforderlich, dass der Schaden Folge der versicherten Tätigkeit ist, das Hilfsmittel also bei der Benutzung beschädigt wurde. Legt der Versicherte zum Beispiel seine Prothese während der Arbeit auf einen Schrank und fällt sie von dort herunter, liegt kein Arbeitsunfall vor (Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, Stand 30.01.2012, Stichwort Arbeitsunfall, RdNr. 050, Seite 2 und 3, m.w.N.).

15

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass die Gleitsichtbrille der Klägerin ein Hilfsmittel im Sinne des § 8 Abs. 3 SGB II ist. Nach der Unfallschilderung der Arbeitgeberin der Klägerin in der Unfallanzeige, aber auch nach der eigenen Schilderung der Klägerin im Widerspruchsschreiben und in der Klageschrift ist jedoch das Hilfsmittel Brille nicht bei der Benutzung beschädigt worden. Vielmehr hatte die Klägerin ihre normale Brille während des von ihr getätigten Arbeitsvorgangs abgesetzt und auf ihren Schreibtisch gelegt und trug statt ihrer normalen Brille ihre Bildschirmbrille. Da die normale Brille der Klägerin somit, während sie auf dem Schreibtisch lag, beschädigt wurde, wurde sie nicht bei der Benutzung beschädigt. Deshalb liegt kein Arbeitsunfall vor.

16

Die Klage war demzufolge abzuweisen.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Berufung wird nicht zuglassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für eine zerbrochene Brille in Höhe von 331,20 EUR aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die 1961 geborene Klägerin ist seit März 2011 als Einkäuferin bei der Fa. D. GmbH & Co. KG, G., beschäftigt. Am 12.12.2012 rutschte sie nach Beendigung ihrer Arbeitsschicht auf dem Weg zu ihrem PKW auf einer vereisten Fläche aus. Dabei fiel sie auf ihre Handtasche, in welcher sich in einem Etui ihre Lesebrille befand. Hierdurch zerbrach die Brille. Für deren Ersatzbeschaffung waren 331,20 EUR erforderlich (vgl. Rechnung der Fa. Optik G., C., vom 11.01.2013).
Auf die Unfallanzeige des Arbeitgebers der Klägerin vom 28.01.2013 lehnte die Beklagte die Erstattung der Kosten für die Ersatzbeschaffung der Lesebrille mit der Begründung ab, eine solche komme nur in Betracht, wenn der Versicherte das Hilfsmittel im Unfallzeitpunkt bestimmungsgemäß am Körper verwendet, d.h. getragen, oder zumindest zu jederzeitigen Benutzung, z.B. umgehängt, habe. Diese Voraussetzungen seien bei der Aufbewahrung des Hilfsmittels in einer Tasche nicht erfüllt (Schreiben vom 30.01.2013).
Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin im Wesentlichen vor, sie habe ihre Lesebrille zum Unfallzeitpunkt zwar nicht bestimmungsgemäß „im Gesicht“ getragen. Durch die Aufbewahrung der Brille in einem Etui in ihrer Handtasche habe sie die Lesebrille, die sie beruflich benötige, jedoch jederzeit bestimmungsgemäß einsetzen können. Dies reiche für die Begründung eines Erstattungsanspruchs gegen den Unfallversicherungsträger aus. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 13.09.2013).
Deswegen hat die Klägerin am 07.10.2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihr Widerspruchsvorbringen. Ergänzend trägt sie vor, für den Erstattungsanspruch sei eine unfallbedingte Beschädigung des Hilfsmittels nicht notwendigerweise „bei der Benutzung“ erforderlich. Die gegenteilige restriktive Auslegung der Beklagten stehe im Widerspruch zur herrschenden Literaturmeinung. Hätte sie die Lesebrille in ihrer Jackentasche getragen, hätte die Beklagte diese ersetzt. Nichts anderes könne gelten, wenn ein Versicherter die Brille - wie vorliegend - zum Unfallzeitpunkt in einer Handtasche mit sich geführt habe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 30. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. September 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die Ersatzbeschaffung der Lesebrille in Höhe von 331,20 EUR aus Mitteln der gesetzlichen Unfallversicherung zu erstatten,
hilfsweise, die Berufung zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10 
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
11 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
12 
1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 56 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, weil die Klägerin mit ihr die Aufhebung von Verwaltungsakten verfolgt. Das Schreiben der Beklagten vom 30.01.2013 ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB X). Denn bei verständiger Würdigung des Inhalts dieses Schreibens hat die Beklagte durch Ablehnung der Erstattung der Kosten für die Ersatzbeschaffung der Lesebrille der Klägerin eine Regelung im Sinne einer verbindlichen Rechtsfolge getroffen. Dass dieses Schreiben keine Rechtsbehelfsbelehrung beinhaltete, steht seinem Charakter als Verwaltungsakt nicht entgegen, sondern führte vorliegend allein dazu, dass die Widerspruchsfrist von einem Monat seit Bekanntgabe des Bescheides (§ 84 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht zu laufen begann, sondern die Klägerin Widerspruch innerhalb eines Jahres einlegen konnte (§ 66 Abs. 1 und 2 SGG).
13 
2. Die Klage ist indes unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Ersatzbeschaffung ihrer am 12.12.2012 auf dem Rückweg von ihrer Arbeitsstelle zerbrochenen Lesebrille.
14 
Dabei kann die Kammer offen lassen, ob im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung überhaupt an Stelle eines - primären - Anspruchs auf Sachleistung - hier: gem. § 26 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - - ein Kostenerstattungsanspruch analog § 13 Abs. 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - oder des § 15 des Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - geltend gemacht werden kann. Jedenfalls reicht der hier allein streitige - sekundäre - Zahlungsanspruch nicht weiter als der eventuelle primär entstandene Sachleistungsanspruch, an dessen Stelle der Zahlungsanspruch gegebenenfalls treten kann (vgl. hierzu BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 40, Rand-Nr. 32). Der Zahlungsanspruch scheitert vorliegend aber daran, dass auch ein Anspruch auf Ersatzbeschaffung der Lesebrille gegen die Beklagte nicht bestand.
15 
a) Nach Eintritt eines Versicherungsfalls, d.h. u.a. eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1 SGB VII), haben Versicherte Anspruch auf Heilbehandlung (§ 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Dieser Anspruch umfasst u.a. einen Anspruch auf Wiederherstellung oder Erneuerung eines beschädigten oder verloren gegangenen Hilfsmittels in Fällen des § 8 Abs. 3 SGB VII27 Abs. 2 SGB VII). Die am 12.12.2012 bei dem Sturz der Klägerin zerbrochenen Lesebrille ist ein Hilfsmittel im Sinne von § 27 Abs. 2 SGB VII (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 40, Rand-Nr. 23 und Schmitt, SGB VII, 4. Auflage 2009, § 27, Rand-Nr. 10), denn sie dient dem Ausgleich einer Sehschwäche der Klägerin.
16 
Eine Wiederherstellung oder Erneuerung des Hilfsmittels muss indes infolge des Eintritts eines Versicherungsfalls im Sinne von § 8 Abs. 3 SGB VII erforderlich werden. Nach dieser Vorschrift gilt als Gesundheitsschaden auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels. Das Gesetz fingiert damit die Beschädigung oder den Verlust des Hilfsmittels als Gesundheitsschaden und erweitert damit den Unfallbegriff im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Im Übrigen müssen aber die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erfüllt sein (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 40, Rand-Nr.24). Damit gilt für die vorliegende Fallgestaltung: Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall eines Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, dass zur Beschädigung oder dem Verlust eines Hilfsmittels führt.
17 
Nach § 8 Abs. 3 SGB VII wird an Stelle eines Gesundheitsschadens eines Versicherten ausnahmsweise (die gesetzliche Unfallversicherung entschädigt grundsätzlich nur Körperschäden; vgl. Schwerdtfeger in Lauterbach, Unfallversicherung, 4. Aufl., Stand März 2011, § 8, Rand-Nr. 600) ein Sachschaden kompensiert. Dies ist damit zu begründen, dass die versicherten Sachen - als Hilfsmittel eingesetzt - dazu bestimmt sind, Körperfunktionen des Versicherten zu übernehmen oder bestehende Gesundheitsstörungen auszugleichen. Die Beschädigung eines Hilfsmittels ist der Gesundheitsstörung gleichgestellt worden, weil das Hilfsmittel in gleicher Weise wie die Körperfunktion, die es ausgleicht oder deren Funktion es übernimmt, unfallbedingten Einwirkungen ausgesetzt sein kann. Die Beschädigung oder der Verlust des Hilfsmittels bewirkt eine ähnliche Verletzung der körperlichen Integrität wie die Funktionseinbuße des Körperorgans selbst, weil das beschädigte oder verlorene Hilfsmittel seine Ausgleichsfunkton nicht mehr wahrnehmen kann. Nur wenn eine Einwirkung auf die Person des Versicherten vorliegt und ein zum Ausgleich von körperlichen Funktionen eingesetztes Hilfsmittel beschädigt wird oder verloren geht, bewirkt der Schaden am oder der Verlust des Hilfsmittels eine vergleichbare Einbuße an körperlicher Funktion wie der unmittelbare Gesundheitsschaden. Der Verlust eines Hilfsmittels oder dessen Beschädigung kann dem Gesundheitserstschaden deshalb nur gleichstehen, wenn das Hilfsmittel bei Eintritt des Unfallereignisses bestimmungsgemäß am Körper eingesetzt war (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 40, Rand-Nr. 28 und SG Koblenz vom 29.02.2012 - S 2 U 274/10 -, Rand-Nr. 14 f. ; ferner Stähler in jurisPK-SGB VII, Stand 04.11.2013, § 27, Rand-Nr. 23). Die Gleichstellung von Sachschaden und Körperschaden setzt deshalb voraus, dass der Versicherte das Hilfsmittel zur Zeit der Einwirkung auf seinen Körper in funktionsgemäßer Verwendung an oder in seinem Körper trägt (vgl. BSG, a.a.O. sowie SG Koblenz, a.a.O.).
18 
Diese Voraussetzungen sind hier indes nicht erfüllt. Denn zum Unfallzeitpunkt hatte die Klägerin, was sie einräumt, die Lesebrille nicht aufgesetzt, mithin nicht funktionsgemäß verwendet; vielmehr trug sie die Brille in einem Etui in ihrer Handtasche, auf die sie auf dem Rückweg von ihrer Arbeitsstelle zu ihrem PKW witterungsbedingt stürzte. Die Lesebrille wurde damit nicht bei der Benutzung beschädigt, weshalb - da auch kein sonstiger Gesundheitserstschaden erwiesen ist - kein Arbeitsunfall vorliegt (vgl. SG Koblenz, a.a.O., Rand-Nr. 15).
19 
b) Das bloße Mitführen eines Hilfsmittels, auch wenn dieses, wie im Fall der Klägerin, aus beruflichen Gründen benötigt wird, reicht nicht aus, um eine andere Entscheidung zu begründen (vgl. Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8, Rand-Nr. 241; Stähler, a.a.O.; Schmitt, a.a.O., § 8, Rand-Nr. 12; ferner Mutschler in SGb 2011, 684, 690; wohl auch LSG Baden-Württemberg vom 04.05.2007 - L 1 U 892/07 ER-B - ). So ist z.B. auch die ursprünglich im PKW-Handschuhfach aufbewahrte und durch einen Verkehrsunfall zerstörte Ersatzbrille des Versicherten nicht durch den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu ersetzen (vgl. Stähler, a.a.O.). Zwar ist nach der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 3 SGB VII (vgl. BT-Drucks 13/2204, Seite 77) eine Beschädigung oder der Verlust des Hilfsmittels „bei der versicherten Tätigkeit“, nicht aber „während der Benutzung“ erforderlich. Da durch die Gleichstellung in § 8 Abs. 3 SGB VII aber nur das Merkmal des Gesundheitsschadens im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, nicht aber auch das Erfordernis einer äußeren Einwirkung auf den Körper ersetzt wird, ist zwingend notwendig, dass das Hilfsmittel bei der versicherten Tätigkeit im Zeitpunkt der Beschädigung oder des Verlustes bestimmungsgemäß am Körper verwendet - hier konkret: getragen - wird.
20 
In seinem Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 24/09 R - (= SozR 4-2700 § 8 Nr. 40, dort Rand-Nr. 30) hat das Bundessozialgericht zwar ausdrücklich offen gelassen, ob es als eng zu begrenzende Ausnahme für § 8 Abs. 3 SGB VII auch genügen kann, dass durch äußere Einwirkung ein Hilfsmittel beschädigt oder zerstört wird, das -ohne in Funktion zu sein - zum alsbaldigen Einsatz unmittelbar am Körper getragen wird (dies bejahend Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, § 8, Rand-Nr. 13a; Jung in Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 8, Rand-Nr. 106; Bereither-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8, Anm. 18.5 a.E.; Mutschler, a.a.O., Seite 690; Schwerdtfeger, a.a.O, Rand-Nr. 602 und Ricke in Kasseler Kommentar, Stand Juni 2013, § 8 SGB VII, Rand-Nr. 35). Das erkennende Gericht braucht diese Frage vorliegend ebenfalls nicht zu entscheiden. Denn ein solcher Sachverhalt lag hier nicht vor: Weder hatte die Klägerin ihre Lesebrille zum Unfallzeitpunkt unmittelbar am Körper z.B. umgehängt noch jederzeit griffbereit, z.B. in einer Jackentasche, getragen; vielmehr führte sie die Lesebrille, zudem noch in einem Brillenetui verwahrt, in ihrer Handtasche, und damit außerhalb ihres Körpers, mit sich. Überdies war die Brille zum Unfallzeitpunkt auch nicht zum „alsbaldigen Einsatz“ im Rahmen der versicherten Tätigkeit vorgesehen. Denn ihre versicherte Tätigkeit als Einkäuferin hatte die Klägerin im Unfallzeitpunkt bereits beendet. Und als Lesebrille war das Hilfsmittel weder für das Zurücklegen des Weges von der Arbeitsstelle zur Wohnung noch insbesondere zum Führen des hierfür vorgesehenen Kfz erforderlich oder vorgesehen.
21 
Da mithin vorliegend die Lesebrille nicht in einem Fall des § 8 Abs. 3 SGB VII beschädigt worden ist, bestand kein Anspruch gegen die Beklagte auf Wiederherstellung oder Ersetzung aus § 27 Abs. 2 SGB VII. Damit besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung für die von ihr selbst vorgenommene Ersatzbeschaffung.
22 
3. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren der Klägerin erfolglos bleiben.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
24 
Die Berufung, die mit Blick auf die Höhe des Streitwerts von 331,20 EUR nicht schon kraft Gesetzes zulässig ist (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG), hat die Kammer nicht zugelassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen (§ 144 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

Gründe

 
12 
1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, § 56 des Sozialgerichtsgesetzes) zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, weil die Klägerin mit ihr die Aufhebung von Verwaltungsakten verfolgt. Das Schreiben der Beklagten vom 30.01.2013 ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB X). Denn bei verständiger Würdigung des Inhalts dieses Schreibens hat die Beklagte durch Ablehnung der Erstattung der Kosten für die Ersatzbeschaffung der Lesebrille der Klägerin eine Regelung im Sinne einer verbindlichen Rechtsfolge getroffen. Dass dieses Schreiben keine Rechtsbehelfsbelehrung beinhaltete, steht seinem Charakter als Verwaltungsakt nicht entgegen, sondern führte vorliegend allein dazu, dass die Widerspruchsfrist von einem Monat seit Bekanntgabe des Bescheides (§ 84 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht zu laufen begann, sondern die Klägerin Widerspruch innerhalb eines Jahres einlegen konnte (§ 66 Abs. 1 und 2 SGG).
13 
2. Die Klage ist indes unbegründet. Denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Ersatzbeschaffung ihrer am 12.12.2012 auf dem Rückweg von ihrer Arbeitsstelle zerbrochenen Lesebrille.
14 
Dabei kann die Kammer offen lassen, ob im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung überhaupt an Stelle eines - primären - Anspruchs auf Sachleistung - hier: gem. § 26 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - - ein Kostenerstattungsanspruch analog § 13 Abs. 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung - oder des § 15 des Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - geltend gemacht werden kann. Jedenfalls reicht der hier allein streitige - sekundäre - Zahlungsanspruch nicht weiter als der eventuelle primär entstandene Sachleistungsanspruch, an dessen Stelle der Zahlungsanspruch gegebenenfalls treten kann (vgl. hierzu BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 40, Rand-Nr. 32). Der Zahlungsanspruch scheitert vorliegend aber daran, dass auch ein Anspruch auf Ersatzbeschaffung der Lesebrille gegen die Beklagte nicht bestand.
15 
a) Nach Eintritt eines Versicherungsfalls, d.h. u.a. eines Arbeitsunfalls (§ 7 Abs. 1 SGB VII), haben Versicherte Anspruch auf Heilbehandlung (§ 26 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Dieser Anspruch umfasst u.a. einen Anspruch auf Wiederherstellung oder Erneuerung eines beschädigten oder verloren gegangenen Hilfsmittels in Fällen des § 8 Abs. 3 SGB VII27 Abs. 2 SGB VII). Die am 12.12.2012 bei dem Sturz der Klägerin zerbrochenen Lesebrille ist ein Hilfsmittel im Sinne von § 27 Abs. 2 SGB VII (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 40, Rand-Nr. 23 und Schmitt, SGB VII, 4. Auflage 2009, § 27, Rand-Nr. 10), denn sie dient dem Ausgleich einer Sehschwäche der Klägerin.
16 
Eine Wiederherstellung oder Erneuerung des Hilfsmittels muss indes infolge des Eintritts eines Versicherungsfalls im Sinne von § 8 Abs. 3 SGB VII erforderlich werden. Nach dieser Vorschrift gilt als Gesundheitsschaden auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels. Das Gesetz fingiert damit die Beschädigung oder den Verlust des Hilfsmittels als Gesundheitsschaden und erweitert damit den Unfallbegriff im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Im Übrigen müssen aber die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII erfüllt sein (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 40, Rand-Nr.24). Damit gilt für die vorliegende Fallgestaltung: Ein Arbeitsunfall ist ein Unfall eines Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, dass zur Beschädigung oder dem Verlust eines Hilfsmittels führt.
17 
Nach § 8 Abs. 3 SGB VII wird an Stelle eines Gesundheitsschadens eines Versicherten ausnahmsweise (die gesetzliche Unfallversicherung entschädigt grundsätzlich nur Körperschäden; vgl. Schwerdtfeger in Lauterbach, Unfallversicherung, 4. Aufl., Stand März 2011, § 8, Rand-Nr. 600) ein Sachschaden kompensiert. Dies ist damit zu begründen, dass die versicherten Sachen - als Hilfsmittel eingesetzt - dazu bestimmt sind, Körperfunktionen des Versicherten zu übernehmen oder bestehende Gesundheitsstörungen auszugleichen. Die Beschädigung eines Hilfsmittels ist der Gesundheitsstörung gleichgestellt worden, weil das Hilfsmittel in gleicher Weise wie die Körperfunktion, die es ausgleicht oder deren Funktion es übernimmt, unfallbedingten Einwirkungen ausgesetzt sein kann. Die Beschädigung oder der Verlust des Hilfsmittels bewirkt eine ähnliche Verletzung der körperlichen Integrität wie die Funktionseinbuße des Körperorgans selbst, weil das beschädigte oder verlorene Hilfsmittel seine Ausgleichsfunkton nicht mehr wahrnehmen kann. Nur wenn eine Einwirkung auf die Person des Versicherten vorliegt und ein zum Ausgleich von körperlichen Funktionen eingesetztes Hilfsmittel beschädigt wird oder verloren geht, bewirkt der Schaden am oder der Verlust des Hilfsmittels eine vergleichbare Einbuße an körperlicher Funktion wie der unmittelbare Gesundheitsschaden. Der Verlust eines Hilfsmittels oder dessen Beschädigung kann dem Gesundheitserstschaden deshalb nur gleichstehen, wenn das Hilfsmittel bei Eintritt des Unfallereignisses bestimmungsgemäß am Körper eingesetzt war (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 40, Rand-Nr. 28 und SG Koblenz vom 29.02.2012 - S 2 U 274/10 -, Rand-Nr. 14 f. ; ferner Stähler in jurisPK-SGB VII, Stand 04.11.2013, § 27, Rand-Nr. 23). Die Gleichstellung von Sachschaden und Körperschaden setzt deshalb voraus, dass der Versicherte das Hilfsmittel zur Zeit der Einwirkung auf seinen Körper in funktionsgemäßer Verwendung an oder in seinem Körper trägt (vgl. BSG, a.a.O. sowie SG Koblenz, a.a.O.).
18 
Diese Voraussetzungen sind hier indes nicht erfüllt. Denn zum Unfallzeitpunkt hatte die Klägerin, was sie einräumt, die Lesebrille nicht aufgesetzt, mithin nicht funktionsgemäß verwendet; vielmehr trug sie die Brille in einem Etui in ihrer Handtasche, auf die sie auf dem Rückweg von ihrer Arbeitsstelle zu ihrem PKW witterungsbedingt stürzte. Die Lesebrille wurde damit nicht bei der Benutzung beschädigt, weshalb - da auch kein sonstiger Gesundheitserstschaden erwiesen ist - kein Arbeitsunfall vorliegt (vgl. SG Koblenz, a.a.O., Rand-Nr. 15).
19 
b) Das bloße Mitführen eines Hilfsmittels, auch wenn dieses, wie im Fall der Klägerin, aus beruflichen Gründen benötigt wird, reicht nicht aus, um eine andere Entscheidung zu begründen (vgl. Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8, Rand-Nr. 241; Stähler, a.a.O.; Schmitt, a.a.O., § 8, Rand-Nr. 12; ferner Mutschler in SGb 2011, 684, 690; wohl auch LSG Baden-Württemberg vom 04.05.2007 - L 1 U 892/07 ER-B - ). So ist z.B. auch die ursprünglich im PKW-Handschuhfach aufbewahrte und durch einen Verkehrsunfall zerstörte Ersatzbrille des Versicherten nicht durch den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu ersetzen (vgl. Stähler, a.a.O.). Zwar ist nach der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 3 SGB VII (vgl. BT-Drucks 13/2204, Seite 77) eine Beschädigung oder der Verlust des Hilfsmittels „bei der versicherten Tätigkeit“, nicht aber „während der Benutzung“ erforderlich. Da durch die Gleichstellung in § 8 Abs. 3 SGB VII aber nur das Merkmal des Gesundheitsschadens im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, nicht aber auch das Erfordernis einer äußeren Einwirkung auf den Körper ersetzt wird, ist zwingend notwendig, dass das Hilfsmittel bei der versicherten Tätigkeit im Zeitpunkt der Beschädigung oder des Verlustes bestimmungsgemäß am Körper verwendet - hier konkret: getragen - wird.
20 
In seinem Urteil vom 09.11.2010 - B 2 U 24/09 R - (= SozR 4-2700 § 8 Nr. 40, dort Rand-Nr. 30) hat das Bundessozialgericht zwar ausdrücklich offen gelassen, ob es als eng zu begrenzende Ausnahme für § 8 Abs. 3 SGB VII auch genügen kann, dass durch äußere Einwirkung ein Hilfsmittel beschädigt oder zerstört wird, das -ohne in Funktion zu sein - zum alsbaldigen Einsatz unmittelbar am Körper getragen wird (dies bejahend Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, § 8, Rand-Nr. 13a; Jung in Eichenhofer/Wenner, SGB VII, § 8, Rand-Nr. 106; Bereither-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8, Anm. 18.5 a.E.; Mutschler, a.a.O., Seite 690; Schwerdtfeger, a.a.O, Rand-Nr. 602 und Ricke in Kasseler Kommentar, Stand Juni 2013, § 8 SGB VII, Rand-Nr. 35). Das erkennende Gericht braucht diese Frage vorliegend ebenfalls nicht zu entscheiden. Denn ein solcher Sachverhalt lag hier nicht vor: Weder hatte die Klägerin ihre Lesebrille zum Unfallzeitpunkt unmittelbar am Körper z.B. umgehängt noch jederzeit griffbereit, z.B. in einer Jackentasche, getragen; vielmehr führte sie die Lesebrille, zudem noch in einem Brillenetui verwahrt, in ihrer Handtasche, und damit außerhalb ihres Körpers, mit sich. Überdies war die Brille zum Unfallzeitpunkt auch nicht zum „alsbaldigen Einsatz“ im Rahmen der versicherten Tätigkeit vorgesehen. Denn ihre versicherte Tätigkeit als Einkäuferin hatte die Klägerin im Unfallzeitpunkt bereits beendet. Und als Lesebrille war das Hilfsmittel weder für das Zurücklegen des Weges von der Arbeitsstelle zur Wohnung noch insbesondere zum Führen des hierfür vorgesehenen Kfz erforderlich oder vorgesehen.
21 
Da mithin vorliegend die Lesebrille nicht in einem Fall des § 8 Abs. 3 SGB VII beschädigt worden ist, bestand kein Anspruch gegen die Beklagte auf Wiederherstellung oder Ersetzung aus § 27 Abs. 2 SGB VII. Damit besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung für die von ihr selbst vorgenommene Ersatzbeschaffung.
22 
3. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren der Klägerin erfolglos bleiben.
23 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
24 
Die Berufung, die mit Blick auf die Höhe des Streitwerts von 331,20 EUR nicht schon kraft Gesetzes zulässig ist (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG), hat die Kammer nicht zugelassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen (§ 144 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.