Sozialgericht München Endurteil, 13. Juli 2016 - S 11 R 2481/12
Tenor
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.11.2012 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
„§ 1 Art und Umfang der Tätigkeit
Der AN ist als Geschäftsführer angestellt.
Dem AN obliegen sämtliche anfallenden Arbeiten im Tankstellenbereich, Kasse, Back- Office, Mitarbeiterführung und –planung, Bestellwesen und Warenwirtschaft. Der AN ist ausdrücklich weisungsbefugt gegenüber allen anderen AN im Unternehmen.
Der AN nimmt zudem alle Rechte und Pflichten des AG im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften wahr.
Einer Weisungsbindung bezüglich Zeit, Ort und Inhalt seiner Tätigkeit unterliegt der AN nicht, er entscheidet darüber selbständig.
Hiermit wird dem AN uneingeschränkte Handlungsvollmacht und Verfügungsvollmacht über die Betriebskonten erteilt.
AG und AN vereinbaren, sämtliche Beschlüsse das Unternehmen betreffend ausschließlich gemeinsam zu fassen.
§ 2 Vertretungsbefugnis
Der AN ist in seiner Tätigkeit von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und allein vertretungsberechtigt.
Er ist außerdem berechtigt, Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, die vom AG und dem AG gegenüber nach den gesetzlichen Bestimmungen vorgenommen werden können und bei denen das Gesetz eine Stellvertretung gestattet.
Insbesondere umfasst die Vertretungsbefugnis auch
– die Vertretung gegenüber Behörden einschließlich der Steuerbehörden und Gerichten
– den Erwerb und die Veräußerung von beweglichen Sachen, Grundstücken und Rechten
– die Vornahme aller Bankgeschäfte
– die Einstellung und Entlassung von Personal.
§ 3 Probezeit
Auf Probezeit wird unter Anrechnung des bisherigen Anstellungsverhältnisses verzich tet.
§ 4 Vertragsdauer/Kündigung
Der Vertrag wird mit Wirkung vom 01.01.2012 auf unbefristete Dauer geschlossen. Er ersetzt alle bisherigen schriftlichen Vereinbarungen.
Seitens des ANs kann der Vertrag nur aus wichtigem Grund mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden.
Der AG verzichtet ebenfalls auf sein ordentliches Kündigungsrecht.
Außerordentliche Kündigungen bleiben davon unberührt und gesetzlich geregelt.
§ 5 Vergütung
Der AN erhält für seine Arbeitsleistung eine Vergütung von
€ 2.400,00 Euro brutto je Kalendermonat.
Davon unabhängig wird dem AN ein Firmenwagen sowie ein Laptop und ein Handy gemäß gesetzlicher Zulässigkeit gestellt.
Zusätzlich erhält der AN eine Gewinnbeteiligung in Höhe von 5% des Jahresüberschusses entsprechend der anzustellenden Gewinn- und Verlustrechnung nach Abzug der Verlustvorträge, aber vor Abzug der anfallenden Steuern und vor Abzug der Tantieme selbst. Sie ist mit Feststellung des Jahresüberschusses fällig.
Sämtliche Vergütung ist abhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des gemeinsamen Unternehmens.
§ 6 Urlaub
Der AN bestimmt eigenständig, ausgerichtet an den betrieblichen Erfordernissen über seine Erholungszeiten. Dies bedarf keiner Zustimmung.
§ 7 Krankheit
Im Falle der Erkrankung oder sonstigen Unfähigkeit zur Wahrnehmung der vertraglichen Rechte und Pflichten zeigt der AN dies an. Gleiches gilt für die voraussichtliche Dauer der Unfähigkeit.
…
§ 12 Nebentätigkeit Jegliche Nebentätigkeit des AN ist ausdrücklich untersagt. Der AN hat seine gesamte Arbeitsleistung dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen.
§ 13 Besondere Vereinbarungen
Auf Grund der ausgeübten Tätigkeit und seiner Stellung im Unternehmen erklärt der AN sich bereit, das Unternehmen wirtschaftlich, z.B. durch Übernahme von Bürgschaften oder Einbringen von Kapital zu unterstützen.
Sämtliche bestehende oder künftige Betriebs- und/oder Arbeitsanweisungen sowie eine Betriebsordnung werden hiermit als Vertragsbestandteil dieses Vertrages aufgenommen und unterliegen den gleichen Bestimmungen wie der Hauptvertrag.
…
§ 16 Schriftform
Dieser Vertrag wird mit Unterschrift von AG und AN gültig.
Jede Änderung oder Ergänzung dieses Vertrages, auch die eventuelle Aufhebung des Schriftformzwangs, bedarf der Schriftform.“
den Bescheid der Beklagten vom 23.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2012 aufzuheben und festzustellen, dass die vom Kläger für die Beigeladene zu 1) im Zeitraum 01.01.2012 bis 19.01.2014 ausgeübte Tätigkeit kein abhängiges, dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis war.
die Klage abzuweisen.
Gründe
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Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
Die Klage ist bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben.
(1) Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Frist beträgt bei Bekanntgabe im Ausland drei Monate. Bei einer öffentlichen Bekanntgabe nach § 85 Abs. 4 beträgt die Frist ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Tag zu laufen, an dem seit dem Tag der letzten Veröffentlichung zwei Wochen verstrichen sind.
(2) Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids.
(1) Die Beteiligten können bei der Deutschen Rentenversicherung Bund schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob bei einem Auftragsverhältnis eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung von Versicherungspflicht auf Grund einer Beschäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist.
(2) Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt. Wird die vereinbarte Tätigkeit für einen Dritten erbracht und liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass der Auftragnehmer in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert ist und dessen Weisungen unterliegt, stellt sie bei Vorliegen einer Beschäftigung auch fest, ob das Beschäftigungsverhältnis zu dem Dritten besteht. Der Dritte kann bei Vorliegen von Anhaltspunkten im Sinne des Satzes 2 ebenfalls eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 beantragen. Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht auf Grund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund gebunden.
(3) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mit, welche Angaben und Unterlagen sie für ihre Entscheidung benötigt. Sie setzt den Beteiligten eine angemessene Frist, innerhalb der diese die Angaben zu machen und die Unterlagen vorzulegen haben.
(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund teilt den Beteiligten mit, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen, auf die sie ihre Entscheidung stützen will, und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Satz 1 gilt nicht, wenn die Deutsche Rentenversicherung Bund einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten entspricht.
(4a) Auf Antrag der Beteiligten entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund bereits vor Aufnahme der Tätigkeit nach Absatz 2. Neben den schriftlichen Vereinbarungen sind die beabsichtigten Umstände der Vertragsdurchführung zu Grunde zu legen. Ändern sich die schriftlichen Vereinbarungen oder die Umstände der Vertragsdurchführung bis zu einem Monat nach der Aufnahme der Tätigkeit, haben die Beteiligten dies unverzüglich mitzuteilen. Ergibt sich eine wesentliche Änderung, hebt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Entscheidung nach Maßgabe des § 48 des Zehnten Buches auf. Die Aufnahme der Tätigkeit gilt als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse.
(4b) Entscheidet die Deutsche Rentenversicherung Bund in einem Einzelfall über den Erwerbsstatus, äußert sie sich auf Antrag des Auftraggebers gutachterlich zu dem Erwerbsstatus von Auftragnehmern in gleichen Auftragsverhältnissen. Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen. In der gutachterlichen Äußerung sind die Art der Tätigkeit, die zu Grunde gelegten vertraglichen Vereinbarungen und die Umstände der Ausübung sowie ihre Rechtswirkungen anzugeben. Bei Abschluss eines gleichen Auftragsverhältnisses hat der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine Kopie der gutachterlichen Äußerung auszuhändigen. Der Auftragnehmer kann für gleiche Auftragsverhältnisse mit demselben Auftraggeber ebenfalls eine gutachterliche Äußerung beantragen.
(4c) Hat die Deutsche Rentenversicherung Bund in einer gutachterlichen Äußerung nach Absatz 4b das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angenommen und stellt sie in einem Verfahren nach Absatz 1 oder ein anderer Versicherungsträger in einem Verfahren auf Feststellung von Versicherungspflicht für ein gleiches Auftragsverhältnis eine Beschäftigung fest, so tritt eine Versicherungspflicht auf Grund dieser Beschäftigung erst mit dem Tag der Bekanntgabe dieser Entscheidung ein, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind. Im Übrigen findet Absatz 5 Satz 1 keine Anwendung. Satz 1 gilt nur für Auftragsverhältnisse, die innerhalb von zwei Jahren seit Zugang der gutachterlichen Äußerung geschlossen werden. Stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund die Beschäftigung in einem Verfahren nach Absatz 1 fest, so entscheidet sie auch darüber, ob die Voraussetzungen des Absatzes 5 Satz 1 Nummer 2 erfüllt sind.
(5) Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- 1.
zustimmt und - 2.
er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
(6) Widerspruch und Klage gegen Entscheidungen nach den Absätzen 2 und 4a haben aufschiebende Wirkung. Im Widerspruchsverfahren können die Beteiligten nach Begründung des Widerspruchs eine mündliche Anhörung beantragen, die gemeinsam mit den anderen Beteiligten erfolgen soll. Eine Klage auf Erlass der Entscheidung ist abweichend von § 88 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes nach Ablauf von drei Monaten zulässig.
(7) Absatz 2 Satz 2 und 3, Absätze 4a bis 4c und Absatz 6 Satz 2 treten mit Ablauf des 30. Juni 2027 außer Kraft. Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. Dezember 2025 einen Bericht über die Erfahrungen bei der Anwendung des Absatzes 2 Satz 2 und 3, der Absätze 4a bis 4c und des Absatzes 6 Satz 2 vor.
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.