Sozialgericht München Beschluss, 12. Mai 2017 - S 46 AS 904/17 ER

12.05.2017

Tenor

I. Der Antragsgegner wird vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit von 01.06.2017 bis 31.08.2017 monatlich Leistungen in Höhe von 327,20 Euro zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat ein Viertel der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.

III. Dem Antragsteller wird für das Eilverfahren am Sozialgericht München Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung gewährt und Rechtsanwalt B. beigeordnet.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Eilverfahren die Weiterzahlung von Arbeitslosengeld II ab 01.04.2017.

Der Antragsteller bewohnt zusammen mit seiner Mutter eine Doppelhaushälfte in der A-Straße in A-Stadt. Vermieter ist C. aus C-Stadt. Im Verwaltungsverfahren gab der Antragsteller wiederholt unterschiedliche Miethöhen an, die zwischen 340,- Euro und 432,80 Euro pendelten (Seiten 177, 181, 201 blaue Verwaltungsakte). Mehrere seiner Stellungnahmen wurden per Telefax aus einem Hotel in Österreich übermittelt. Der Antragsteller trägt vor, im Fotogeschäft seiner angeblich von ihm gepflegten Mutter für angeblich 100,- Euro monatlich zu arbeiten (S. 56, 57, 80).

Mit Bescheid vom 22.09.2016 (S. 140) bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller vorläufig Arbeitslosengeld II für die Zeit von Oktober 2016 bis einschließlich September 2017. Mit Änderungsbescheid vom 26.11.2016 (S. 141c) wurde die Erhöhung des Regelbedarfs umgesetzt und für Januar bis September 2017 monatlich 841,80 Euro bewilligt.

Mit Telefax vom 26.01.2017 (S. 164) teilte der Antragsteller aus einem Hotel in Österreich mit, dass der Vermieter die Räumung der Doppelhaushälfte betreibe und am 14.02.2017 die zwangsweise Räumung erfolge. Mit Bescheid vom 30.01.2017 änderte der Antragsgegner die Bewilligung und setzte unter Berücksichtigung zweier Sanktionen für Meldeversäumnisse die Leistungen ohne Kosten der Unterkunft und Heizung wie folgt fest: März 327,20 Euro, April 368,10 Euro und Mai bis September 2017 jeweils 409,- Euro. Ein Widerspruch wurde dagegen nicht eingelegt.

Mit Schreiben ebenfalls vom 30.01.2017 wurde der Antragsteller erfolglos aufgefordert, nachzuweisen, wo er ab 14.02.2017 wohnhaft sei.

Mit Schreiben vom 22.02.2017 kündigte der Antragsgegner die vorläufige Zahlungseinstellung für die Zeit ab 01.04.2017 an. Der Antragsteller habe trotz Aufforderung vom 30.01.2017 nicht mitgeteilt, wo er ab der Räumung wohnhaft sei.

Am 24.04.2017 stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers beim Sozialgericht München einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz und beantragte zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Der Antragsteller wohne nach wie vor bei seiner Mutter zur Untermiete. Ein Räumungstitel liege nicht vor. Der Antragsteller könne die Kosten seiner Lebensführung nur mithilfe der Leistungen bestreiten. Später legte der Antragsteller selbst ein Urteil des Landgerichts Traunstein vom 23.02.2017 vor. Das Landgericht Traunstein wies die Berufung der Beklagten (der Antragsteller und seiner Mutter) gegen das amtsgerichtliche Urteil zurück und gewährte den Beklagten eine Räumungsfrist bis 31.07.2017. Die Beklagten legten gegen dieses Urteil beim Bundesgerichtshof Nichtzulassungsbeschwerde ein.

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller ab 01.04.2017 die ihm zustehenden Leistungen nach SGB II zu gewähren und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen das Schreiben vom 22.02.2017 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.

Die aufgrund des Änderungsbescheids vom 30.01.2017 bewilligten Leistungen seien für April und Mai 2017 der Scheck an den Antragsteller ausgezahlt worden. Die Zahlsperre durch die vorläufige Zahlungseinstellung sei ausgelaufen. Der Änderungsbescheid vom 30.01.2017 sei bestandskräftig.

II.

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen das Schreiben vom 22.02.2017 ist bereits unzulässig. Die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Verbindung mit § 331 SGB III ist kein Verwaltungsakt. Ein Widerspruch dagegen ist daher nicht möglich. Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG daher nicht statthaft.

2. Soweit der Antragsteller Arbeitslosengeld II für die Zeit ab 01.04.2017 begehrt, ist eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG statthaft. Soweit er seine Rechtsposition bzgl. der Kosten der Unterkunft erweitern möchte, ist eine Regelungsanordnung nach Satz 2 dieser Vorschrift statthaft. Hierfür muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch), und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund). Soweit der Antragsteller lediglich die Auszahlung der bewilligten Regelleistung sicherstellen will, ist eine Sicherungsanordnung statthaft, soweit eine gerichtliche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG).

a) Die Regelungsanordnung ist abzuweisen.

Der Antragsteller kann maximal die Leistung bekommen, die mit Änderungsbescheid vom 30.01.2017 festgelegt wurde. Dieser Änderungsbescheid ging noch in der Zeit vor dem erstgenannten Räumungstermin an den Antragsteller und der Bescheid enthält eine dem Gesetz entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung:zum schriftlichen Widerspruch binnen eines Monats. Dieser Bescheid wurde mangels eines Widerspruchs bestandskräftig, § 77 SGG. Es besteht insoweit keine offene Hauptsache, so dass dieser Eilantrag unzulässig ist (Bay LSG, Beschluss vom 12.04.2010, L 7 AS 144/10 B ER). Im Übrigen bestünde auch kein Anordnungsgrund für Leistungen für die Unterkunft, weil die Räumung unabhängig von weiteren Mietzahlungen der Mutter erfolgen wird. Der Vermieter hat sechzehnmal gekündigt (vgl. Urteil des Landgerichts).

Anzumerken ist, dass der Antragsteller gezielt leistungserhebliche Informationen zurückhält. Er ist Partei des Räumungsstreits. Der Antragsteller wusste aufgrund des Urteils des Landgerichts Traunstein bereits im Februar 2017, dass die Berufung gegen das Räumungsurteil des Amtsgerichts zurückgewiesen war und nur eine Räumungsfrist bis 31.07.2017 gewährt wurde. Weshalb er dies dem Antragsgegner unter Vorlage des Urteils nicht mitteilte, ist nicht nachvollziehbar.

b) Zur Sicherungsanordnung

Von der mit Schreiben vom 22.02.2017 mitgeteilten vorläufigen Zahlungseinstellung zum 01.04.2017 hat der Antragsgegner im Laufe des Eilverfahrens Abstand genommen. Der Antragsteller hat im PKH-Antrag Kopien der beiden Schecks für April und Mai 2017 mit Einlösedatum 27.04.2017 vorgelegt. Deshalb hat sich der Eilantrag (Sicherungsanordnung) für diese beiden Monate erledigt. Es gibt insoweit kein streitiges Rechtsverhältnis mehr.

Da unklar ist, ob der Antragsgegner auch künftig die Leistungen aus dem Änderungsbescheid vom 30.01.2017 erbringt, hat das Gericht dies für die Monate Juni und Juli 2017 mit einem Abschlag von 20% ausdrücklich angeordnet. Dieser erschien zur Sicherung des Leistungsanspruchs des Antragstellers als erforderlich und ausreichend. Im Eilverfahren ist auch bei existenzsichernden Leistungen ein Abschlag von der vollen Leistung möglich (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, Rn. 26) und der Abschlag ermöglicht es dem Antragsgegner Meldetermine durchzusetzen. Angesichts der bisherigen Erfahrungen mit Meldeterminen besteht hier dafür ein Bedürfnis.

Angesichts der Ungewissheit der künftigen Entwicklung (weitere Sanktionen, Räumungsfrist, tatsächlicher Aufenthalt des Antragstellers und seiner Mutter, Erwerbstätigkeit des Antragstellers etwa im Fotogeschäft) sieht das Gericht davon ab, für die Folgemonate eine Sicherungsanordnung zu treffen. Der Antragsteller hat nunmehr ausreichend Zeit, die tatsächlichen Verhältnisse nachvollziehbar darzustellen, etwa darzulegen, wie er als Hilfebedürftiger und seine Mutter als ständig Pflegebedürftige zu dem Hotelaufenthalt in Österreich kommen und diesen finanzieren. Von Interesse ist auch, wie die laufenden Kosten des Fotogeschäfts der Mutter gedeckt werden, wenn die Angaben des Antragstellers zutreffen sollten, er also nur in sehr geringfügigem Umfang für 100,- Euro monatlich dort tätig ist und seine Mutter pflegebedürftig ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung blieb erfolglos. Nach dem Vorbringen im Eilantrag waren auch Kosten der Unterkunft begehrt - auch insoweit blieb der Eilantrag erfolglos. Insgesamt ergibt sich eine Kostenquote von etwa einem Viertel.

4. Dem Antragsteller ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, weil die Voraussetzungen des § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 ff ZPO gegeben sind. Der Antragsteller ist nicht in der Lage die Kosten der Prozessführung zu tragen. Die erforderliche Erfolgsaussicht ergibt sich aus der Entscheidung selbst. Die Beiordnung des Bevollmächtigten ist gemäß § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht München Beschluss, 12. Mai 2017 - S 46 AS 904/17 ER

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht München Beschluss, 12. Mai 2017 - S 46 AS 904/17 ER

Referenzen - Gesetze

Sozialgericht München Beschluss, 12. Mai 2017 - S 46 AS 904/17 ER zitiert 9 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 86b


(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungskla

Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 40 Anwendung von Verfahrensvorschriften


(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass1.rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 77


Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 331 Vorläufige Zahlungseinstellung


(1) Die Agentur für Arbeit kann die Zahlung einer laufenden Leistung ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig einstellen, wenn sie Kenntnis von Tatsachen erhält, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen und wenn der Beschei

Referenzen

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

(1) Die Agentur für Arbeit kann die Zahlung einer laufenden Leistung ohne Erteilung eines Bescheides vorläufig einstellen, wenn sie Kenntnis von Tatsachen erhält, die kraft Gesetzes zum Ruhen oder zum Wegfall des Anspruchs führen und wenn der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit aufzuheben ist. Soweit die Kenntnis nicht auf Angaben der Person beruht, die die laufende Leistung erhält, sind ihr unverzüglich die vorläufige Einstellung der Leistung sowie die dafür maßgeblichen Gründe mitzuteilen, und es ist ihr Gelegenheit zu geben, sich zu äußern.

(2) Die Agentur für Arbeit hat eine vorläufig eingestellte laufende Leistung unverzüglich nachzuzahlen, soweit der Bescheid, aus dem sich der Anspruch ergibt, zwei Monate nach der vorläufigen Einstellung der Zahlung nicht mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben ist.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht oder erfolglos eingelegt, so ist der Verwaltungsakt für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.