Sozialgericht Konstanz Urteil, 09. März 2006 - S 5 AL 1565/04

bei uns veröffentlicht am09.03.2006

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 10.05.2004 in Verbindung mit der Mitteilung vom 30.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2004 wird insoweit abgeändert, als der Kläger sich lediglich 14 Tage zu spät gemeldet hat und der Minderungsbetrag lediglich EUR 490,00 beträgt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

4. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Arbeitslosengeldanspruch des Klägers zu Recht wegen einer verspäteten Meldung des Klägers als Arbeitsuchender gekürzt hat.
Der am 24.05.1955 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger. Er war zuletzt als Kundenbetreuer bei S. GmbH beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch Aufhebungsvertrag am 16.01.2004 zum 29.02.2004 beendet.
Der Kläger meldete sich am 12.02.2004 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Die Beklagte bewilligte Arbeitslosengeld ab 01.03.2004.
Mit Schreiben vom 30.04.2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er habe sich bis spätestens 18.01.2004 melden müssen. Er habe sich erst am 12.02.2004 und damit um 26 Tage zu spät gemeldet. Es ergebe sich ein Minderungsbetrag von EUR 910,00. Mit Bescheid vom 10.05.2004 setzte die Beklagte eine Minderungssumme von EUR 910,00 fest.
Mit Schreiben vom 18.05.2004 erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, er habe sich am 12.02.2004 rechtzeitig arbeitsuchend gemeldet. Er habe sich nicht bis spätestens 18.01.2004 melden müssen. Der 18.01.2004 sei ein Sonntag gewesen. Er habe außerdem keine Kenntnis davon gehabt, dass er sich bereits vor dem faktischen Ende des Arbeitsvertrages arbeitsuchend melden müsse. Erst aufgrund einer Besprechung bei der Schuldnerberatung sei er darauf hingewiesen worden, dass er sich arbeitsuchend melden müsse. Er habe sich dann unverzüglich am gleichen Tag arbeitsuchend gemeldet. Es liege keine Pflichtverletzung im Sinne von § 37 b S. 1 SGB III vor. Ein Verschulden bei Unkenntnis einer derartigen Verpflichtung könne nur dann angenommen werden, wenn im Rahmen des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine entsprechende Aufklärung stattgefunden habe. Er sei jedoch nicht aufgeklärt worden. Dies ergebe sich auch aus dem Aufhebungsvertrag, der keinen entsprechenden Hinweis enthalte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, Gründe für die verspätete Meldung seien nicht anzuerkennen. Unerheblich sei, ob der Kläger auf die Pflicht hingewiesen worden sei oder ob ihm die Pflicht anderweitig bekannt gewesen sei. Die Meldung sei um 26 Tage zu spät erfolgt. Es ergebe sich ein Minderungsbetrag von EUR 910,00.
Mit Schriftsatz vom 30.06.2004 erhob der Kläger Klage. Der Kläger trägt ergänzend vor, er habe Mühe, deutsche Texte komplizierterer Art zu lesen. Er lese keine deutsche Tageszeitung. Unverzüglich bedeute "ohne schuldhaftes Zögern". Eine Verletzung der in § 37 b SGB III normierten Obliegenheit könne nur dann angenommen werden, wenn die verspätete Meldung schuldhaft erfolgt sei. Wenn jemand von der Obliegenheit keine Kenntnis habe, könne er die Obliegenheit auch nicht verletzen. Es bestehe keine allgemeine Pflicht eines Bürgers, ein Gesetz zu kennen. Es sei davon auszugehen, dass auch die meisten Arbeitgeber, ihre Verpflichtung den Arbeitnehmer auf die Meldepflicht hinzuweisen, nicht gekannt hätten.
In der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2006 hat die Beklagte den mit der Klage geltend gemachten Anspruch insoweit anerkannt, als sie anstatt von 26 Verspätungstagen lediglich von 18 Verspätungstagen ausgegangen ist und den Minderungsbetrag entsprechend von EUR 910,00 auf EUR 630,00 reduziert hat. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis der Beklagten angenommen.
Der Kläger beantragt,
10 
den Bescheid vom 10.05.2004 in Verbindung mit der Mitteilung vom 30.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2004 aufzuheben.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Berufung zuzulassen.
13 
Die Beklagte trägt ergänzend vor, die Neuregelungen des § 37 b und des § 140 SGB III seien am 01.07.2003 in Kraft getreten. Der Gesetzgeber habe damit eine angemessene Frist für die Kenntnisnahme der Neuregelungen eingeräumt. In Fernsehen, Radio und Zeitungen sei eindringlich auf die Pflicht zur frühzeitigen Meldung als Arbeitsuchender hingewiesen worden. Die Beklagte weise auch im Internet auf die Verpflichtung zur frühzeitigen Meldung ebenso hin wie auf die drohenden finanziellen Nachteile. Im Übrigen sei es selbstverständlich, sich sofort nach Kenntnis von der Beendigung eines Versicherungspflichtverhältnisses arbeitsuchend zu melden, da es in erster Linie um die Suche nach einem möglichst nahtlosen Arbeitsverhältnis gehe. Für die Obliegenheitsverletzung nach § 37 b SGB III sei es unerheblich, ob der Kläger die Pflicht zur Meldung gekannt habe. Es gelte der Grundsatz, dass im Allgemeinen erwartet werde, dass Versicherte ihre Rechtspflichten kennen. Unkenntnis entschuldige Pflichtverstöße grundsätzlich nicht. Außerdem müsse eine Information nicht zwingend im Aufhebungsvertrag schriftlich fixiert sein.
14 
Das Gericht hat zunächst eine schriftliche Auskunft von S. GmbH eingeholt. Danach erhalte jeder Arbeitnehmer nach einer Kündigung ein Merkblatt und werde mündlich darüber informiert, dass sie sich unverzüglich arbeitsuchend melden müssen. Der Kläger sei hierüber durch den Bereichsleiter Herrn Kratzer informiert worden.
15 
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K.
16 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Leistungsakte der Beklagten und auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
18 
Die Voraussetzungen für die Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers sind zwar grundsätzlich erfüllt, jedoch hat die Beklagte den Minderungsbetrag zu hoch festgesetzt.
19 
Nach § 140 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der im Jahr 2004 maßgeblichen alten Fassung (a. F.) mindert sich das dem Arbeitslosen zustehende Arbeitslosengeld, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37 b (SGB III a. F.) nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hat. Nach § 37 b S. 1 SGB III a. F. sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden.
20 
Gegen diese Pflicht hat der Kläger im vorliegenden Fall verstoßen. Nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedeutet unverzüglich ohne schuldhaftes zögern. Dies setzt grundsätzlich eine Meldung spätestens am Tag nach der Kenntnis vom Ende des Versicherungspflichtverhältnisses voraus. Zwar wird im Rahmen des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB in der Regel dem Anfechtenden eine Überlegungsfrist zugebilligt. Hintergrund hierfür ist jedoch, dass eine Anfechtung mit rechtlichen Nachteilen für den Anfechtenden verbunden sein kann. Demgegenüber stellt die Arbeitsuchendmeldung nach § 37 b S. 1 SGB III a. F. eine reine Tatsachenerklärung dar, die für den Erklärenden mit keinen Nachteilen verbunden ist. Einer Überlegungsfrist bedarf es daher nicht, so dass die Mitteilung grundsätzlich am Folgetag nach Kenntnisnahme von dem Ende des Versicherungspflichtverhältnisses erfolgen muss (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18.08.2005 - B 7a/7 AL 94/04 R).
21 
Die Beklagte räumte im streitgegenständlichen Zeitraum allerdings eine Kulanzfrist von sieben Tagen ein, so dass diese Kulanzfrist unter Gleichheitsgesichtspunkten auch für den Kläger gilt. Da der Kläger durch Abschluss des Aufhebungsvertrages am 16.01.2004 von der Beendigung seines Versicherungspflichtverhältnisses am 29.02.2004 Kenntnis erlangte, hätte er sich daher bis spätestens 23.01.2004 arbeitsuchend melden müssen. Tatsächlich meldete er sich jedoch erst am 12.02.2004 und damit nicht mehr rechtzeitig.
22 
Die verspätete Meldung erfolgte auch schuldhaft. Insbesondere kannte der Kläger seine Verpflichtung, sich unverzüglich arbeitsuchend zu melden, als er den Aufhebungsvertrag unterschrieb. Zu dieser Überzeugung gelangt die Kammer aufgrund der glaubhaften und überzeugenden Angaben des Zeugen K. Dieser gab bei seiner Vernehmung an, dass der Kläger in einem Gespräch vor Abschluss des Aufhebungsvertrages darüber aufgeklärt wurde, dass er sich so bald wie möglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend melden muss. An diesem Gespräch nahm neben dem Kläger und dem Zeugen K. auch der Personalleiter Herr V. teil. Die Aufklärung erfolgte durch Herrn V. Nur an die konkrete Formulierung für die Angabe des Zeitrahmens konnte sich der Zeuge K. nicht erinnern. Er wusste nicht mehr, ob von "unverzüglich", "möglichst bald" oder "sofort" die Rede war. Darüber hinaus gab der Zeuge an, dass er Kläger den Hinweis nach seinem Eindruck gut verstanden hat. Die Kammer ist vom Wahrheitsgehalt der Angaben des Zeugen K., der am Ausgang des Verfahrens kein Interesse hat, überzeugt. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum er falsche Angaben zum Nachteil des Klägers machen sollte. Die Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen war nicht geboten, da sie bei dem Gespräch, in dem der Hinweis erfolgte, nicht anwesend waren.
23 
Nach der Überzeugung der Kammer sind demnach die Voraussetzungen des § 140 S. 1 i. V. m. § 37 b S. 1 SGB III a. F. dem Grunde nach erfüllt. Auf die konkrete Formulierung, die Herr V. bei seinem Hinweis gewählt hat, kommt es nicht an, da bei allen genannten Formulierungen jedenfalls zum Ausdruck kam, dass eine sehr zeitnahe Meldung als arbeitsuchend bei der Beklagten (jedenfalls innerhalb der siebentägigen Kulanzfrist) hätte erfolgen müssen. Sollte der Kläger unsicher gewesen sein, bis wann er sich arbeitsuchend melden muss, hätte er diese Unsicherheit durch Nachfragen beim Arbeitgeber oder bei der Beklagten beseitigen können. Der Kläger handelte daher auch schuldhaft.
24 
Jedoch ist der angefochtene Bescheid insoweit rechtswidrig, als die Beklagte einen zu hohen Minderungsbetrag festgesetzt hat. Der Kläger erhielt Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von EUR 448,05. Die Beklagte ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass nach § 140 S. 2 Nr. 2 SGB III a. F. bei einem Bemessungsentgelt (von mehr als EUR 400,00) bis zu EUR 700,00 die Minderung für jeden Tag der verspäteten Meldung um EUR 35,00 erfolgt. Bei der Ermittlung dieser Verspätungstage sind aber Tage fehlender Dienstbereitschaft des Arbeitsamtes (insbesondere Wochenend- und Feiertage) ebenso wie Tage herauszurechnen, in denen es dem Arbeitslosen aus subjektiven Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar war, die Agentur für Arbeit aufzusuchen (vgl. Bundessozialgericht, a. a. O.). Hintergrund hierfür ist, dass §§ 140, 37 b SGB III a. F. nur ein dem Arbeitslosen vorwerfbares Verhalten sanktionieren soll. Daher sind zunächst die Wochenendtage (24. und 25.01.2004, 31.01. und 01.02.2004 sowie der 07. und 08.02.2004) bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen. Das Gleiche gilt für die gesamten ersten sieben Tage nach Kenntnisnahme vom Ende des Versicherungspflichtverhältnisses, welche die Beklagte aus Kulanz als Zeitraum für eine rechtzeitige Meldung gewährt. Dies gilt auch dann, wenn die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum die Praxis verfolgt hat, zwar eine Kulanzzeit von sieben Tagen einzuräumen, bei einer Meldung ab dem achten Tag nach Kenntnisnahme des Betroffenen vom Ende des Versicherungspflichtverhältnisses auch die ersten sieben Tage bei der Berechnung des Minderungsbetrages zu berücksichtigen. Denn diese Praxis der Beklagten ist widersprüchlich. Wenn die Beklagte am siebten Tag nach Kenntnisnahme des Betroffenen vom Ende des Versicherungspflichtverhältnisses noch von einer rechtzeitigen Meldung ausgeht und dies in ihren Leistungsakten auch dokumentiert, so muss sie sich hieran festhalten lassen und diese Zeit bei der Berechnung der Minderungstage abziehen. Eine Meldung am achten Tag nach Kenntnisnahme ist daher aufgrund der von der Beklagten eingeräumten Kulanzzeit lediglich um einen Tag verspätet. Anderenfalls würde derjenige, der sich nach acht Tagen meldet mit acht Verspätungstagen belastet, während demjenigen, der sich noch am siebten Tag meldet, keine Minderung seines Leistungsanspruchs auferlegt würde. Dies würde eine unangemessene Benachteiligung von denjenigen bedeuten, die sich kurz nach dem Ablauf von sieben Tagen bei der Beklagten arbeitsuchend melden. Die Beklagte hat daher nur die Möglichkeit, die Kulanzzeit zu reduzieren oder sie ganz abzuschaffen. Hält sie aber an der Gewährung einer siebentägigen Kulanzzeit fest, darf sie diese Zeit bei der Berechnung der Minderungstage nicht berücksichtigen.
25 
Im vorliegenden Fall ist die Beklagte davon ausgegangen, dass eine rechtzeitige Meldung des Klägers noch bis einschließlich 23.01.2004 möglich gewesen wäre (Bl. 283 der Leistungsakte). Da der Kläger sich erst am 12.02.2004 gemeldet hat, ergeben sich hieraus im Ergebnis 14 Verspätungstage (26., 27., 28., 29. und 30.01. sowie 02., 03., 04., 05., 06., 09., 10., 11. und 12.02.2004). Hieraus folgt ein Minderungsbetrag von EUR 490,00 (14 x EUR 35,00).
26 
Die Klage hatte daher teilweise Erfolg.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
28 
Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da für beide Beteiligten der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 500,00 nicht erreicht ist. Die Berufung war nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Insbesondere hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 18.08.2005 - B 7a AL 94/04 R die Frage ausdrücklich offen gelassen, welche Anzahl von Minderungstagen sich ergibt, wenn die Beklagte zwar eine Reaktionszeit von sieben Tagen zugesteht, bei einer Meldung nach Ablauf von sieben Tagen jedoch die gesamten Tage dieser Reaktionszeit als Tage der Verspätung wertet. Diese Frage dürfte bei zahlreichen gerichtsanhängigen Verfahren entscheidungserheblich sein, so dass ihr grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Gründe

 
17 
Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
18 
Die Voraussetzungen für die Minderung des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers sind zwar grundsätzlich erfüllt, jedoch hat die Beklagte den Minderungsbetrag zu hoch festgesetzt.
19 
Nach § 140 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der im Jahr 2004 maßgeblichen alten Fassung (a. F.) mindert sich das dem Arbeitslosen zustehende Arbeitslosengeld, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37 b (SGB III a. F.) nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hat. Nach § 37 b S. 1 SGB III a. F. sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden.
20 
Gegen diese Pflicht hat der Kläger im vorliegenden Fall verstoßen. Nach der Legaldefinition des § 121 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedeutet unverzüglich ohne schuldhaftes zögern. Dies setzt grundsätzlich eine Meldung spätestens am Tag nach der Kenntnis vom Ende des Versicherungspflichtverhältnisses voraus. Zwar wird im Rahmen des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB in der Regel dem Anfechtenden eine Überlegungsfrist zugebilligt. Hintergrund hierfür ist jedoch, dass eine Anfechtung mit rechtlichen Nachteilen für den Anfechtenden verbunden sein kann. Demgegenüber stellt die Arbeitsuchendmeldung nach § 37 b S. 1 SGB III a. F. eine reine Tatsachenerklärung dar, die für den Erklärenden mit keinen Nachteilen verbunden ist. Einer Überlegungsfrist bedarf es daher nicht, so dass die Mitteilung grundsätzlich am Folgetag nach Kenntnisnahme von dem Ende des Versicherungspflichtverhältnisses erfolgen muss (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 18.08.2005 - B 7a/7 AL 94/04 R).
21 
Die Beklagte räumte im streitgegenständlichen Zeitraum allerdings eine Kulanzfrist von sieben Tagen ein, so dass diese Kulanzfrist unter Gleichheitsgesichtspunkten auch für den Kläger gilt. Da der Kläger durch Abschluss des Aufhebungsvertrages am 16.01.2004 von der Beendigung seines Versicherungspflichtverhältnisses am 29.02.2004 Kenntnis erlangte, hätte er sich daher bis spätestens 23.01.2004 arbeitsuchend melden müssen. Tatsächlich meldete er sich jedoch erst am 12.02.2004 und damit nicht mehr rechtzeitig.
22 
Die verspätete Meldung erfolgte auch schuldhaft. Insbesondere kannte der Kläger seine Verpflichtung, sich unverzüglich arbeitsuchend zu melden, als er den Aufhebungsvertrag unterschrieb. Zu dieser Überzeugung gelangt die Kammer aufgrund der glaubhaften und überzeugenden Angaben des Zeugen K. Dieser gab bei seiner Vernehmung an, dass der Kläger in einem Gespräch vor Abschluss des Aufhebungsvertrages darüber aufgeklärt wurde, dass er sich so bald wie möglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend melden muss. An diesem Gespräch nahm neben dem Kläger und dem Zeugen K. auch der Personalleiter Herr V. teil. Die Aufklärung erfolgte durch Herrn V. Nur an die konkrete Formulierung für die Angabe des Zeitrahmens konnte sich der Zeuge K. nicht erinnern. Er wusste nicht mehr, ob von "unverzüglich", "möglichst bald" oder "sofort" die Rede war. Darüber hinaus gab der Zeuge an, dass er Kläger den Hinweis nach seinem Eindruck gut verstanden hat. Die Kammer ist vom Wahrheitsgehalt der Angaben des Zeugen K., der am Ausgang des Verfahrens kein Interesse hat, überzeugt. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum er falsche Angaben zum Nachteil des Klägers machen sollte. Die Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen war nicht geboten, da sie bei dem Gespräch, in dem der Hinweis erfolgte, nicht anwesend waren.
23 
Nach der Überzeugung der Kammer sind demnach die Voraussetzungen des § 140 S. 1 i. V. m. § 37 b S. 1 SGB III a. F. dem Grunde nach erfüllt. Auf die konkrete Formulierung, die Herr V. bei seinem Hinweis gewählt hat, kommt es nicht an, da bei allen genannten Formulierungen jedenfalls zum Ausdruck kam, dass eine sehr zeitnahe Meldung als arbeitsuchend bei der Beklagten (jedenfalls innerhalb der siebentägigen Kulanzfrist) hätte erfolgen müssen. Sollte der Kläger unsicher gewesen sein, bis wann er sich arbeitsuchend melden muss, hätte er diese Unsicherheit durch Nachfragen beim Arbeitgeber oder bei der Beklagten beseitigen können. Der Kläger handelte daher auch schuldhaft.
24 
Jedoch ist der angefochtene Bescheid insoweit rechtswidrig, als die Beklagte einen zu hohen Minderungsbetrag festgesetzt hat. Der Kläger erhielt Arbeitslosengeld nach einem Bemessungsentgelt von EUR 448,05. Die Beklagte ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass nach § 140 S. 2 Nr. 2 SGB III a. F. bei einem Bemessungsentgelt (von mehr als EUR 400,00) bis zu EUR 700,00 die Minderung für jeden Tag der verspäteten Meldung um EUR 35,00 erfolgt. Bei der Ermittlung dieser Verspätungstage sind aber Tage fehlender Dienstbereitschaft des Arbeitsamtes (insbesondere Wochenend- und Feiertage) ebenso wie Tage herauszurechnen, in denen es dem Arbeitslosen aus subjektiven Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar war, die Agentur für Arbeit aufzusuchen (vgl. Bundessozialgericht, a. a. O.). Hintergrund hierfür ist, dass §§ 140, 37 b SGB III a. F. nur ein dem Arbeitslosen vorwerfbares Verhalten sanktionieren soll. Daher sind zunächst die Wochenendtage (24. und 25.01.2004, 31.01. und 01.02.2004 sowie der 07. und 08.02.2004) bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen. Das Gleiche gilt für die gesamten ersten sieben Tage nach Kenntnisnahme vom Ende des Versicherungspflichtverhältnisses, welche die Beklagte aus Kulanz als Zeitraum für eine rechtzeitige Meldung gewährt. Dies gilt auch dann, wenn die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum die Praxis verfolgt hat, zwar eine Kulanzzeit von sieben Tagen einzuräumen, bei einer Meldung ab dem achten Tag nach Kenntnisnahme des Betroffenen vom Ende des Versicherungspflichtverhältnisses auch die ersten sieben Tage bei der Berechnung des Minderungsbetrages zu berücksichtigen. Denn diese Praxis der Beklagten ist widersprüchlich. Wenn die Beklagte am siebten Tag nach Kenntnisnahme des Betroffenen vom Ende des Versicherungspflichtverhältnisses noch von einer rechtzeitigen Meldung ausgeht und dies in ihren Leistungsakten auch dokumentiert, so muss sie sich hieran festhalten lassen und diese Zeit bei der Berechnung der Minderungstage abziehen. Eine Meldung am achten Tag nach Kenntnisnahme ist daher aufgrund der von der Beklagten eingeräumten Kulanzzeit lediglich um einen Tag verspätet. Anderenfalls würde derjenige, der sich nach acht Tagen meldet mit acht Verspätungstagen belastet, während demjenigen, der sich noch am siebten Tag meldet, keine Minderung seines Leistungsanspruchs auferlegt würde. Dies würde eine unangemessene Benachteiligung von denjenigen bedeuten, die sich kurz nach dem Ablauf von sieben Tagen bei der Beklagten arbeitsuchend melden. Die Beklagte hat daher nur die Möglichkeit, die Kulanzzeit zu reduzieren oder sie ganz abzuschaffen. Hält sie aber an der Gewährung einer siebentägigen Kulanzzeit fest, darf sie diese Zeit bei der Berechnung der Minderungstage nicht berücksichtigen.
25 
Im vorliegenden Fall ist die Beklagte davon ausgegangen, dass eine rechtzeitige Meldung des Klägers noch bis einschließlich 23.01.2004 möglich gewesen wäre (Bl. 283 der Leistungsakte). Da der Kläger sich erst am 12.02.2004 gemeldet hat, ergeben sich hieraus im Ergebnis 14 Verspätungstage (26., 27., 28., 29. und 30.01. sowie 02., 03., 04., 05., 06., 09., 10., 11. und 12.02.2004). Hieraus folgt ein Minderungsbetrag von EUR 490,00 (14 x EUR 35,00).
26 
Die Klage hatte daher teilweise Erfolg.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
28 
Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da für beide Beteiligten der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 500,00 nicht erreicht ist. Die Berufung war nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Insbesondere hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 18.08.2005 - B 7a AL 94/04 R die Frage ausdrücklich offen gelassen, welche Anzahl von Minderungstagen sich ergibt, wenn die Beklagte zwar eine Reaktionszeit von sieben Tagen zugesteht, bei einer Meldung nach Ablauf von sieben Tagen jedoch die gesamten Tage dieser Reaktionszeit als Tage der Verspätung wertet. Diese Frage dürfte bei zahlreichen gerichtsanhängigen Verfahren entscheidungserheblich sein, so dass ihr grundsätzliche Bedeutung zukommt.

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Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Konstanz Urteil, 09. März 2006 - S 5 AL 1565/04 zitiert 6 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 121 Anfechtungsfrist


(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 140 Zumutbare Beschäftigungen


(1) Einer arbeitslosen Person sind alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen. (2) Aus allgemeinen Gründen ist eine

Referenzen

(1) Einer arbeitslosen Person sind alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen.

(2) Aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn die Beschäftigung gegen gesetzliche, tarifliche oder in Betriebsvereinbarungen festgelegte Bestimmungen über Arbeitsbedingungen oder gegen Bestimmungen des Arbeitsschutzes verstößt.

(3) Aus personenbezogenen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Arbeitsentgelt erheblich niedriger ist als das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt. In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist eine Minderung um mehr als 20 Prozent und in den folgenden drei Monaten um mehr als 30 Prozent dieses Arbeitsentgelts nicht zumutbar. Vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Arbeitslosengeld.

(4) Aus personenbezogenen Gründen ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung auch nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen. Sind in einer Region unter vergleichbaren Beschäftigten längere Pendelzeiten üblich, bilden diese den Maßstab. Ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs ist einer arbeitslosen Person zumutbar, wenn nicht zu erwarten ist, dass sie innerhalb der ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung innerhalb des zumutbaren Pendelbereichs aufnehmen wird. Vom vierten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs in der Regel zumutbar. Die Sätze 4 und 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Umzug ein wichtiger Grund entgegensteht. Ein wichtiger Grund kann sich insbesondere aus familiären Bindungen ergeben.

(5) Eine Beschäftigung ist nicht schon deshalb unzumutbar, weil sie befristet ist, vorübergehend eine getrennte Haushaltsführung erfordert oder nicht zum Kreis der Beschäftigungen gehört, für die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ausgebildet ist oder die sie oder er bisher ausgeübt hat.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Einer arbeitslosen Person sind alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen.

(2) Aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn die Beschäftigung gegen gesetzliche, tarifliche oder in Betriebsvereinbarungen festgelegte Bestimmungen über Arbeitsbedingungen oder gegen Bestimmungen des Arbeitsschutzes verstößt.

(3) Aus personenbezogenen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Arbeitsentgelt erheblich niedriger ist als das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt. In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist eine Minderung um mehr als 20 Prozent und in den folgenden drei Monaten um mehr als 30 Prozent dieses Arbeitsentgelts nicht zumutbar. Vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Arbeitslosengeld.

(4) Aus personenbezogenen Gründen ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung auch nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen. Sind in einer Region unter vergleichbaren Beschäftigten längere Pendelzeiten üblich, bilden diese den Maßstab. Ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs ist einer arbeitslosen Person zumutbar, wenn nicht zu erwarten ist, dass sie innerhalb der ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung innerhalb des zumutbaren Pendelbereichs aufnehmen wird. Vom vierten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs in der Regel zumutbar. Die Sätze 4 und 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Umzug ein wichtiger Grund entgegensteht. Ein wichtiger Grund kann sich insbesondere aus familiären Bindungen ergeben.

(5) Eine Beschäftigung ist nicht schon deshalb unzumutbar, weil sie befristet ist, vorübergehend eine getrennte Haushaltsführung erfordert oder nicht zum Kreis der Beschäftigungen gehört, für die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ausgebildet ist oder die sie oder er bisher ausgeübt hat.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Einer arbeitslosen Person sind alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen.

(2) Aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn die Beschäftigung gegen gesetzliche, tarifliche oder in Betriebsvereinbarungen festgelegte Bestimmungen über Arbeitsbedingungen oder gegen Bestimmungen des Arbeitsschutzes verstößt.

(3) Aus personenbezogenen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Arbeitsentgelt erheblich niedriger ist als das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt. In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist eine Minderung um mehr als 20 Prozent und in den folgenden drei Monaten um mehr als 30 Prozent dieses Arbeitsentgelts nicht zumutbar. Vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Arbeitslosengeld.

(4) Aus personenbezogenen Gründen ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung auch nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen. Sind in einer Region unter vergleichbaren Beschäftigten längere Pendelzeiten üblich, bilden diese den Maßstab. Ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs ist einer arbeitslosen Person zumutbar, wenn nicht zu erwarten ist, dass sie innerhalb der ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung innerhalb des zumutbaren Pendelbereichs aufnehmen wird. Vom vierten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs in der Regel zumutbar. Die Sätze 4 und 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Umzug ein wichtiger Grund entgegensteht. Ein wichtiger Grund kann sich insbesondere aus familiären Bindungen ergeben.

(5) Eine Beschäftigung ist nicht schon deshalb unzumutbar, weil sie befristet ist, vorübergehend eine getrennte Haushaltsführung erfordert oder nicht zum Kreis der Beschäftigungen gehört, für die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ausgebildet ist oder die sie oder er bisher ausgeübt hat.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Einer arbeitslosen Person sind alle ihrer Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen.

(2) Aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn die Beschäftigung gegen gesetzliche, tarifliche oder in Betriebsvereinbarungen festgelegte Bestimmungen über Arbeitsbedingungen oder gegen Bestimmungen des Arbeitsschutzes verstößt.

(3) Aus personenbezogenen Gründen ist eine Beschäftigung einer arbeitslosen Person insbesondere nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Arbeitsentgelt erheblich niedriger ist als das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegende Arbeitsentgelt. In den ersten drei Monaten der Arbeitslosigkeit ist eine Minderung um mehr als 20 Prozent und in den folgenden drei Monaten um mehr als 30 Prozent dieses Arbeitsentgelts nicht zumutbar. Vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Arbeitslosengeld.

(4) Aus personenbezogenen Gründen ist einer arbeitslosen Person eine Beschäftigung auch nicht zumutbar, wenn die täglichen Pendelzeiten zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte im Vergleich zur Arbeitszeit unverhältnismäßig lang sind. Als unverhältnismäßig lang sind im Regelfall Pendelzeiten von insgesamt mehr als zweieinhalb Stunden bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden und Pendelzeiten von mehr als zwei Stunden bei einer Arbeitszeit von sechs Stunden und weniger anzusehen. Sind in einer Region unter vergleichbaren Beschäftigten längere Pendelzeiten üblich, bilden diese den Maßstab. Ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs ist einer arbeitslosen Person zumutbar, wenn nicht zu erwarten ist, dass sie innerhalb der ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung innerhalb des zumutbaren Pendelbereichs aufnehmen wird. Vom vierten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einer arbeitslosen Person ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs in der Regel zumutbar. Die Sätze 4 und 5 sind nicht anzuwenden, wenn dem Umzug ein wichtiger Grund entgegensteht. Ein wichtiger Grund kann sich insbesondere aus familiären Bindungen ergeben.

(5) Eine Beschäftigung ist nicht schon deshalb unzumutbar, weil sie befristet ist, vorübergehend eine getrennte Haushaltsführung erfordert oder nicht zum Kreis der Beschäftigungen gehört, für die die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ausgebildet ist oder die sie oder er bisher ausgeübt hat.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.