|
|
| Die zulässige Klage des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 20. Juni 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung der Zeiten als Tankwart vom 1. Juli 1976 bis 19. Januar 1978 sowie als Taxifahrer vom 1. August 1978 bis 30. September 1981 als Beitragszeiten und der übrigen in Polen zurückgelegten Beitragszeiten als nachgewiesen. |
|
| 1. Eine Anerkennung der Beschäftigungszeit als Tankwart auf Grundlage eines Agenturvertrages ist nicht gem. Art 2 Abs. 1 des Deutsch-Polnischen Rentenabkommens von 1975 (DPSVA 1975) vorgesehen. |
|
| Gem. Art 2 Abs. 1 DPSVA 1975 bezieht sich dieses Abkommen hinsichtlich der Volksrepublik Polen auf die Altersversorgung der Arbeitnehmer einschließlich der Versorgungssysteme für Bergleute und Eisenbahner. |
|
| Gem. Art 5 Abs. 2 des Polnischen Gesetzes über die Rentenversorgung der Arbeitnehmer und ihrer Familien vom 14. Dezember 1982 heißt die Beschäftigung die Ausübung einer Arbeit im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. (vgl. Wolf-Rüdiger Poletzky, in Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Polen vom 9.10.1975, 2. Auflage, Teil D Anlage 27) |
|
| Nach Art. 9 dieses Gesetzes gelten als Beschäftigungszeiten Zeiten der Beschäftigung, denen auf dem zur Volksrepublik Polen gehörenden Gebiet nachgegangen wird. |
|
| Die Tätigkeit als Tankwart hat der Kläger nach Überzeugung der Kammer als Nicht-Arbeitnehmer ausgeübt und Beiträge in ein Sondersystem eingezahlt. Er unterlag dem polnischen Gesetz vom 19. Dezember 1975 über die Sozialversicherung von Personen, die aufgrund eines Agentur- oder Auftragsvertrages für Einheiten der vergesellschafteten Wirtschaft tätig sind. (vgl. Wolf-Rüdiger Poletzky, in Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Polen vom 9.10.1975, 2. Auflage, Teil D Anlage 19) Denn gem. Art. 1 Abs. 1 diesen Gesetzes betrifft die in diesem Gesetz geregelte Pflichtversicherung Personen, die ständig und gegen Bezahlung Arbeiten auf Grundlage eines Agentur- oder Auftragsvertrages, geschlossen mit einer vergesellschafteten Wirtschaftseinheit, verrichten. |
|
| Der Kläger ist vorliegend auf Grundlage eines solchen Agenturvertrages für das Vertriebsunternehmen für Erdölprodukte tätig geworden und unterfällt damit diesem Sondersystem der Sozialversicherung. Hierbei handelt es sich um eine selbstständige Tätigkeit, welche grundsätzlich nicht von Art. 2 Abs. 1 DPSVA 1975 erfasst wird. Dies ergibt sich bereits aus der Bescheinigung des Vertriebsunternehmen für Erdölprodukte vom 6. April 1978, in welcher es heißt der Kläger sei gegen eine Provision je nach Umsatz vergütet und der Agenturvertrag nach den Vorschriften des Zivilgesetzbuches abgeschlossen worden. |
|
| Diese Agenturtätigkeiten sind insbesondere durch selbstständige und freiberufliche Merkmale geprägt und orientieren sich nicht am polnischen Arbeitsrecht, sondern am Zivilrecht. Folglich handelt es sich nicht um eine abhängige Beschäftigung im Sinne des polnischen Gesetzes über die Rentenversorgung der Arbeitnehmer. |
|
| Im Rahmen des Abkommens könnten diese Zeiten folglich nur berücksichtigt werden, wenn die in das Sondersystem eingezahlten Beiträge in das allgemeine Arbeitnehmersystem übergegangen wären. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Da in Polen die jeweilige Leistung grundsätzlich nur aus einem System und zwar aus jenem erbracht werden, in welchem die Voraussetzungen für den Rentenanspruch erfüllt sind, findet ein Übergang von Zeiten der besonderen Sicherungssysteme auf das allgemeine Arbeitnehmersystem lediglich statt, wenn zuletzt in Polen eine Beschäftigung als Arbeitnehmer ausgeübt worden ist. (vgl. Wolf-Rüdiger Poletzky, in Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Polen vom 9.10.1975, 2. Auflage, Teil C 3.8) Der Kläger war aber zuletzt als selbstständiger Taxifahrer vor seiner Übersiedlung nach Deutschland tätig. Daher ist ein Übergang der im Sondersystem der Pflichtversicherung auf Grundlage eines Agentur- oder Arbeitsvertrages zurückgelegten Zeit vom 1. Juli 1976 bis 19. Januar 1978 in das allgemeine Arbeitnehmersystem nicht erfolgt. Die Tätigkeit als Tankwart in der Zeit vom1. Juli 1976 bis 19. Januar 1978 stellt keine abkommenrelevante rentenrechtliche Zeit dar. |
|
| Folglich kommt eine Anerkennung als Beitragszeit nicht in Betracht. Ebenso scheidet eine Anerkennung dieser Zeit gem. § 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) aus. Der Kläger ist weder als Vertriebener gem. § 1 Bundesvertriebenengesetz noch als Spätaussiedler gem. § 4 Bundesvertriebenengesetz anerkannt und unterfällt daher nicht dem persönlichen Anwendungsbereich gem. § 1 a) FRG. |
|
| 2. Ebenso verhält es sich mit der Beschäftigungszeit als Taxifahrer in den Jahren 1978 bis 1981. Auch hierbei handelt es sich nicht um eine abkommensrelevante rentenrechtliche Beschäftigungszeit, da der Kläger seine Versicherungsbeiträge nicht in das allgemeine Arbeitnehmersystem eingezahlt hat. |
|
| Grundlage für die Versicherungspflicht von Selbstständigen bildet das polnische Gesetz vom 18. Dezember 1976 über Sozialversicherungen von Personen, die eine Wirtschaftstätigkeit ausüben. (vgl. Wolf-Rüdiger Poletzky, in Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Polen vom 9.10.1975, 2. Auflage, Teil D Anlage 26) |
|
| Gem. Art 1 dieses Gesetzes unterliegen diesem natürliche Personen, die auf eigene Rechnung eine Wirtschaftstätigkeit ausüben aufgrund einer Eintragung im Register für Wirtschaftstätigkeit und Konzessionen, die in den Vorschriften hinsichtlich der Wirtschaftstätigkeit bestimmt sind. |
|
| Ausweislich der Bescheinigung der polnischen Rentenversicherung vom 24. Juli 2013 führte der Kläger als selbstständiger Taxifahrer im Zeitraum August 1978 bis September 1981 eine gewerbliche Wirtschaftstätigkeit. Zudem hat die Vereinigung für Privathandel und Dienstleistungen der Hauptstadt Warschau am 29. März 1983 folgendes bescheinigt: der Kläger sei aufgrund der auf eigene Rechnung ausgeübten Erwerbstätigkeit (Personentaxi) in der Zeit von August 1978 bis September 1989 Mitglied der Vereinigung gewesen. |
|
| Nach Überzeugung der Kammer begründete die selbstständige Tätigkeit des Klägers als Taxifahrer eine Versicherungspflicht im Sondersystem des Gesetzes über Sozialversicherungen von Personen, die eine Wirtschaftstätigkeit ausüben. Auch hierbei handelt es sich nicht um abkommensrelevante Zeiten. Denn ein Übergang dieser Zeiten wäre nur unter den oben dargestellten Grundsätzen möglich. Da der Kläger aber zuletzt als Selbstständiger in Polen tätig war, sind auch die Zeiten als Taxifahrer nicht in das allgemeine Arbeitnehmersystem übergegangen. |
|
| Nicht entscheidend ist dabei, dass die ZUS Polen auch diese Zeiten in den Versicherungsverlauf des Klägers aufgenommen hat. Denn auch die in das jeweilige Sondersystem einzuzahlenden Beträge werden von der ZUS eingezogen. (vgl. vgl. Wolf-Rüdiger Poletzky, in Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und Polen vom 9.10.1975, 2. Auflage, Teil C 3.8.6.4) Folglich werden im Versicherungsverlauf nicht nur Zeiten aufgeführt, in welchen der Versicherte in das allgemeine Arbeitnehmersystem eingezahlt hat. |
|
| Im Ergebnis kann die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als Taxifahrer vom 1. August 1978 bis 30. September 1981 nicht als Beitragszeit anerkannt werden. |
|
| 3. Die von der Beklagten anerkannten in Polen zurückgelegten Beschäftigungszeiten im Zeitraum von September 1968 bis Juni 1976 sind vorliegend lediglich „glaubhaft“ gemacht und daher nur zu 5/6 zu berücksichtigen. |
|
| Nach Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zum Abkommen vom 9. Oktober 1975 sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zur berücksichtigen sind gem. Art 4 Abs. 2 des Abkommen von 1975 in demselben Umfang in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in entsprechender Anwendung des Fremdrenten- und Auslandrenten-Neuregelungsgesetz vom 25. Februar 1960 zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes wohnt. |
|
| Für die Feststellung der nach diesem Gesetz erheblichen Tatsachen genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. |
|
| Absatz 1 gilt auch für außerhalb der Bundesrepublik Deutschland eingetretene Tatsachen, die nach den allgemeinen Vorschriften erheblich sind. |
|
| Als Mittel der Glaubhaftmachung können auch eidesstattliche Versicherungen zugelassen werden. Der mit der Durchführung des Verfahrens befasste Versicherungsträger ist für die Abnahme eidesstattlicher Versicherungen zuständig; er gilt als Behörde im Sinne des § 156 des Strafgesetzbuchs. (§ 4 FRG) |
|
| Gem. § 22 Abs. 3 Fremdrentengesetz (FRG) werden für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt. |
|
| Diese Vorschrift berücksichtigt, dass bei fehlendem Nachweis von Beitragszeiten in diese Zeiten auch Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit oder einer sonstigen Arbeitsunterbrechung fallen können, für die der Arbeitgeber keine Beiträge zur Rentenversicherung entrichten musste. Die Regelung geht von der Erfahrung aus, dass Beschäftigungszeiten im Allgemeinen nur zu 5/6 mit Beiträgen belegt sind. Nachgewiesen sind Beschäftigungs- und Beitragszeiten dann, wenn das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass im Einzelfall eine höhere Beitrags- oder Beschäftigungsdichte erreicht worden ist. Ein Nachweis im Sinne eines Vollbeweises liegt dann vor, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad an Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben. Diese Feststellung lässt sich dann treffen, wenn konkrete und glaubhafte Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischen liegenden Arbeitsunterbrechungen vorliegen (vgl. BSG, Urteil v. 20.8.1974, SozR 5050 § 19 Nr. 1; § 15 Nr. 23, BSG, Urteil v. 9.11.1982, SozR 5050 § 15 Nr. 23). |
|
| Vorliegend konnte der Kläger kein Arbeitsbuch vorlegen. Auch durch die vorgelegte Bescheinigung des polnischen Rentenversicherungsträgers bzw. des Arbeitgebers ist kein Nachweis einer über 5/6 hinausgehenden Belegung erbracht worden, da hierin lediglich die Gesamtbeschäftigungszeiten ausgewiesen sind, ohne dass erkennbar wäre, in welchem zeitlichen Umfang Arbeitsunterbrechungen aufgetreten waren. |
|
| Damit hat der Kläger die in Polen zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten von September 1968 bis Juni 1976 lediglich „glaubhaft“ gemacht und nicht nachgewiesen. |
|
| 4. Demgemäß war die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. |
|