Sozialgericht Dortmund Urteil, 18. Juni 2015 - S 62 (41,50) SO 296/08


Gericht
Tenor
1.Der Bescheid vom 11.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2008 wird aufgehoben. 2.Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab dem 10.12.2009 Pflegegeld nach der Pflegestufe I zu gewähren. Hinsichtlich des Zeitraums von der Antragstellung bis zum 09.12.2009 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.Die Beklagte hat dem Kläger vier Fünftel der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
1
Tatbestand:
2Der Kläger begehrt Pflegegeld als Leistung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII).
3Der im Jahre 1999 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt an multiplen Behinderungen im orthopädischen Bereich unklarer Ursache. Im Einzelnen bestehen eine doppelbogige Skoliose der Wirbelsäule, Fehlstellungen der unteren Extremitäten (operativ versorgte Kniegelenks-Luxation beidseits, Beinlängendifferenz von 2,5 cm, Hüftgelenksverdrehung beidseits sowie Fußfehlstellungen) und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung und Belastbarkeitsminderung der Ellenbogen. Der Kläger ist aufgrund dieser Behinderungen sowohl in seiner Gehfähigkeit als auch im Bereich der Körperpflege, Ernährung und Mobilität eingeschränkt. Aufgrund der Skoliose ist er mit einem Korsett versorgt.
4Der Kläger stammt aus Polen, er reiste im Jahr 2007 mit seiner Familie nach Deutschland ein. Die Familie bewohnt eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, sie ist während des Verfahrens einmal umgezogen, jedoch nur eine Straße weiter (zunächst XXX, jetzt XXX). Zur Sicherung des Lebensunterhaltes bezieht die Familie seit der Einreise nach Deutschland Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). Im Jahre 2012 schaffte sich die Familie erstmals ein Kfz an, es handelte sich um einen VW Golf, Baujahr 2003, mit einer Laufleistung von 168.000 km, der Kaufpreis betrug 2.300,- EUR. Dieses Fahrzeug wurde im Jahr 2013 gestohlen, als Ersatz schaffte sich die Familie einen Mazda 323, Baujahr 2000, mit einer Laufleistung von 170.000 km an, der Kaufpreis betrug 1.300,- EUR. Dieses Fahrzeug wurde mittlerweile durch einen Ford Focus, Baujahr 2004, ersetzt, den die Familie im Jahr 2014 zum Preis von 1.300,- EUR anschaffte und weiter benutzt.
5Der Kläger besuchte zunächst die XXX Grundschule in XXX (XXX). Da die Familie zum damaligen Zeitpunkt noch nicht über ein Auto verfügte, transportierte die Mutter ihn mit dem Fahrrad zur Schule. Dies geschah in der Weise, dass sie ihn auf den Gepäckträger setzte und das Fahrrad dann zur Schule schob. Der Fußweg vom XXX bis zur Schule beträgt 9 min.
6Ab dem Jahr 2010 besucht der Kläger das XXX -Gymnasium in XXX. Der Transport zur Schule erfolgte zunächst in der Weise, dass die Mutter ihn auf dem Gepäckträger sitzend zur S-Bahn-Station schob, von dort mit ihm mit der S-Bahn nach XXX und anschließend mit dem Bus zur Schule fuhr. Seit der Anschaffung des Pkw im Jahr 2012 bringt sie ihn mit dem Auto zur Schule. Anfangs begleitete sie ihn noch in die Schule, seit dem Jahr 2014 setzt sie ihn vor der Schule ab. Die Fahrzeit mit dem Auto vom XXX in XXX zum XXXGymnasium in XXX beträgt 14 min. Der Kläger ist mit einem doppelten Satz Schulbücher ausgestattet, so dass er diese nicht immer von der Schule nach Hause und zurück transportieren muss.
7Die nächstgelegene Schule vom Wohnort des Klägers ist das XXX Gymnasium in XXX. Die Entfernung vom XXX beträgt 3 km und die Fahrzeit mit dem Auto 7 min. Der Kläger beantragte nach dem Wechsel zum Gymnasium XXX im Jahr 2010 die Übernahme der Fahrkosten bei der Stadt XXX Diese lehnte das mit Bescheid vom 13.09.2010 ab, da Fahrtkosten erst ab einer Entfernung von 3,5 km übernommen werden könnten und maßgeblich der Weg zur nächstgelegenen Schule sei, der unterhalb dieser Grenze liege. Zwar komme aufgrund der Behinderung auch bei kürzeren Entfernungen eine Übernahme von Fahrtkosten in Betracht. Der Kläger und seine Mutter könnten jedoch aufgrund der Behinderung öffentliche Verkehrsmittel kostenlos benutzen und dies sei ihnen auch möglich. Es entstünden daher gar keine Fahrtkosten, die übernommen werden könnten.
8Der Kläger erhält seit November 2007 aufgrund seiner Behinderung eine Krankengymnastik. Die Behandlungen fanden zunächst in der Praxis XXX in XXX statt. Die Mutter fuhr ihn mit dem Fahrrad dort hin, die Fahrzeit beträgt 19 min. Seit Anfang des Jahres 2009 wird der Kläger in der Praxis XXX behandelt XXX. Die Entfernung beträgt einen Kilometer und der Fußweg 5 min. Die Behandlung dauerte jeweils 20 min. Der Kläger ist im Zeitraum 01.01.2009 bis 31.08.2013 (56 Monate) insgesamt 157 mal dort behandelt worden, durchschnittlich also dreimal pro Monat. Seit dem 01.09.2013 erhält er keine Krankengymnastik mehr.
9Der Kläger beantragte nach der Einreise zunächst Pflegeleistungen bei seiner Pflegeversicherung. Diese teilte ihm mit Schreiben vom 30.08.2007 mit, dass ein Leistungsanspruch erst nach fünf Jahren Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung bestehe. Da er ab dem 21.05.2007 pflegeversichert sei, könne er erst im Mai 2012 Leistungen nach dem SGB XI beantragen.
10Der Kläger beantragte am 22.01.2008 Pflegegeld nach dem SGB XII bei der Beklagten. Diese führte am 31.03.2008 einen Hausbesuch bei dem Kläger durch und ermittelte dann einen Pflegebedarf von 18 min pro Tag. Dieser setzt sich zusammen aus 1 min Hilfebedarf beim Stuhlgang, 1 min beim Transfer in die Badewanne und 16 min aufgrund der notwendigen Begleitung zur Krankengymnastik, die zweimal wöchentlich durchgeführt werde. Die Behandlungszeit betrage 30 min und die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Praxis XXX in XXX 25 min (ergibt 55 min pro Behandlung, d.h. 110 min pro Woche = 16 min pro Tag).
11Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers daraufhin mit Bescheid vom 11.04.2008 ab. Die Voraussetzungen der Pflegestufe I analog § 15 SGB XI lägen bei dem Kläger nicht vor, so dass er keinen Anspruch auf Pflegegeld habe. Es seien auch keine Pflegebeihilfen nach § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zu gewähren, da die gelegentlichen Hilfeleistungen dies nicht rechtfertigten, zumal die Leistung vorrangig der Aufrechterhaltung der Pflegebereitschaft ehrenamtlicher Pflegepersonen diene.
12Der Kläger legte gegen den Bescheid am 08.05.2008 Widerspruch ein. Diesen begründete er damit, dass der Pflegebedarf höher zu bewerten sei.
13Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2008 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass nur ein geringer Pflegebedarf bestehe, der im Wesentlichen auf der Begleitung zur Krankengymnastik beruhe. Man müsse davon ausgehen, dass auch bei einem gleichaltrigen gesunden Kind ein altersgemäßer Pflegeaufwand bestehe. Der festgestellte behinderungsbedingte Mehraufwand von täglich 18 min rechtfertige keine Pflegebeihilfe gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII. Ein Anspruch auf Pflegegeld bestehe erst recht nicht, da die Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht erfüllt seien.
14Der Kläger hat am 27.10.2008 Klage erhoben. Diese begründet er damit, dass einen Anspruch auf Pflegegeld nach dem SGB XII habe, da die Voraussetzungen der Pflegestufe I vorlägen. Bei der Bemessung der Pflegezeit sei auch die Fahrzeit zur Schule zu berücksichtigen, da er aufgrund der Behinderung auf die Begleitung durch seine Mutter angewiesen sei. Wenn kein Anspruch auf Pflegegeld bestehe, müsse die Beklagte ihn neu bescheiden, da sie das in § 65 Abs. 1 SGB XII eingeräumte Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt habe.
15Der Kläger hat während des Klageverfahrens im Jahr 2012 erneut einen Antrag auf Pflegegeld bei seiner Pflegekasse gestellt. Der MDK ermittelte in seinem Gutachten vom 03.09.2012 einen Pflegebedarf von 26 min pro Tag. Der Antrag wurde daraufhin mit Bescheid der AOK vom 10.09.2012 abgelehnt.
16Der Kläger beantragt,
17den Bescheid vom 11.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 25.02.2008 Pflegegeld nach der Pflegestufe I zu gewähren,
18hilfsweise die Bescheide aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
19Die Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen.
21Die Beklagte verteidigt die angefochtenen Bescheide, die sie für rechtmäßig hält.
22Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen XXX. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten Bezug genommen.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
24Entscheidungsgründe:
25Die Klage ist zulässig und ganz überwiegend auch begründet.
26Der Bescheid der Beklagten vom 11.04.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2008 erweist sich als rechtswidrig, denn der Kläger hat schon mit seinem Hauptantrag teilweise Erfolg (1.). Soweit der Hauptantrag abgewiesen werden musste, ist der Hilfsantrag des Klägers begründet (2.).
271. Der Hauptantrag des Klägers ist hinsichtlich des Zeitraums ab dem 10.12.2009 begründet, denn der Kläger hat ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe I.
28Der Anspruch des Klägers beruht auf § 64 Abs. 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift erhalten Pflegebedürftige, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (erheblich Pflegebedürftige), ein Pflegegeld in Höhe des Betrages nach § 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Elften Buches. Nach § 64 Abs. 4 SGB XII ist bei pflegebedürftigen Kindern der infolge Krankheit oder Behinderung gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind zusätzliche Pflegebedarf maßgebend.
29Der Kläger erfüllt ab dem 10.12.2009 (Vollendung des 10. Lebensjahres) diese Voraussetzungen, denn ab diesem Zeitpunkt weicht sein Pflegebedarf so stark vom dem eines gleichaltrigen gesunden Kindes ab, dass die Pflegestufe I erreicht wird.
30Die erforderliche Mindestpflegezeit für die Pflegestufen wird in § 64 SGB XII nicht ausdrücklich definiert. Nach § 61 Abs. 6 SGB XII sind jedoch die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches (Begutachtungs-Richtlinien) entsprechend anzuwenden und diese verweisen in Teil D 4.0 auf die Regelung des § 15 Abs. 3 SGB XI, die somit auch für die Abgrenzung der Pflegestufen nach § 64 Abs. 1-3 SGB XII relevant ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.08.2013 – L 7 SO 2971/09; Meßling in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 64 SGB XII, Rn. 25). Damit ist für die Pflegestufe I die Regelung in § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI maßgeblich. Danach muss der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen.
31Bei der Formulierung "wöchentlich im Tagesdurchschnitt" handelt es sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers, gemeint ist "täglich im Wochendurchschnitt" (vgl. BSG, Urteil vom 12.11.2003 - B 3 P 5/02 R). Es kommt also auf den Pflegebedarf pro Tag an, der auf der Grundlage des in einer Woche durchschnittlich anfallenden Hilfebedarfs zu ermitteln ist.
32Ab dem 10.12.2009 beträgt der Pflegebedarf des Klägers mindestens 97 min pro Tag, davon entfallen 52 min auf die Grundpflege, ab dem 01.09.2013 reduziert sich der Pflegebedarf auf mindestens 94 min pro Tag, davon entfallen 49 min auf die Grundpflege. Damit liegen die Voraussetzungen der Pflegestufe I durchgehend seit dem 10.12.2009 vor.
33Die Bemessung der erforderlichen Pflegezeiten erfolgt auf der Grundlage der Begutachtungs-Richtlinien nach § 17 SGB XI, die nach § 61 Abs. 6 SGB XII entsprechend anzuwenden sind. Für die Ganzkörperwäsche ist als Orientierungswert in Teil F der Richtlinien ein Zeitaufwand von 20 bis 25 Minuten vorgesehen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen XXX in seinem Gutachten vom 17.03.2012 wird der Kläger normalerweise einmal pro Tag in der Badewanne, im Wasser sitzend, geduscht, im Sommer wegen des starken Schwitzens unter dem Korsett zeitweilig auch zweimal täglich. Die Häufigkeit der Ganzkörperwäsche resultiert hier also aus der Korsettversorgung und ist daher als notwendig anzuerkennen. Der Kläger könne wegen der schmerzhaften Rotationseinschränkungen der Armbeweglichkeit die rückwärtigen Körperpartien nicht erreichen und sich nicht beidhändig die Haare waschen. Aufgrund der Wirbelsäulenerkrankung könnten auch die Füße nicht selbständig gewaschen werden. Insofern sei eine Teilübernahme des Waschens durch die Mutter erforderlich. Der größere Teil des Waschvorganges könne jedoch von dem Kläger selbst vorgenommen werden, so dass mit 10 min pro Tag nur knapp die Hälfte des in den Richtlinien vorgesehen Zeitaufwandes zu berücksichtigen sei. Dies ist absolut plausibel, so dass sich die Kammer insoweit den Ausführungen des Sachverständigen anschließt.
34Für die Zahnpflege ist in den Begutachtungs-Richtlinien ein Zeitaufwand von 5 Minuten pro Tag vorgesehen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. XXX kann sich der Kläger die untere Zahnreihe selbst putzen, für den Oberkiefer sei die Hilfe der Mutter notwendig. Dies sei auch nachvollziehbar, da hier ein erhöhter Pflege- und Kontrollaufwand vorliege. Es müsse daher ein Zeitaufwand von 2 min berücksichtigt werden, was bei zweimaligen Zähneputzen pro Tag zu insgesamt 4 min Hilfebedarf pro Tag führt. Die Kammer folgt auch diesen Ausführungen des Sachverständigen, die sie für schlüssig und überzeugend hält.
35Für die mundgerechte Zubereitung einer Hauptmahlzeit (einschließlich des Bereitstellens eines Getränkes) ist in den Begutachtungs-Richtlienen ein Zeitaufwand von 2 bis 3 Minuten vorgesehen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen kann der Kläger mit der linken Hand selbständig Speisen zum Mund führen und ohne Verschütten aus einer Tasse trinken. Er werde für den Aufenthalt in der Schule mit Broten und Obst ausgestattet, die er dort selbständig verzehre. Dies sei ihm auch beim Frühstück und beim Abendessen möglich. Aufgrund der schmerzhaften Belastungsminderung insbesondere des rechten Arms bestehe jedoch ein Hilfebedarf beim Zerteilen von harten Speisen (also z.B. beim Schneiden von Fleisch). Hierfür sei beim Mittag- und Abendessen jeweils ein Zeitaufwand von 1 min zu berücksichtigen, insgesamt also 2 min pro Tag. Die Kammer folgt auch diesen Ausführungen des Sachverständigen, die sie für schlüssig und überzeugend hält.
36Für das Ankleiden des Oberkörpers und das Auskleiden des Oberkörpers ist in den Begutachtungs-Richtlinien ein Zeitaufwand von 5 bis 6 Minuten bzw. 2 bis 3 Minuten vorgesehen. Bei dem Kläger besteht nach den Feststellungen des Sachverständigen aufgrund der schmerzhaften Bewegungseinschränkung, insbesondere bei den Rotationsbewegungen und der Überkopfhaltung des rechten Armes, und der Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule ein Hilfebedarf bei der Bekleidung des Oberkörpers. Allenfalls ein Unterhemd oder ein lockeres T-Shirt könnten selbst angezogen werden. Der Hilfebedarf bestehe auch beim Auskleiden am Abend einschließlich der Versorgung mit einem Schlafanzug. Für das Ankleiden sei ein Zeitaufwand von 5 min und für das Auskleiden von 3 min zu berücksichtigen. Für die Korsettversorgung hat der Sachverständige zusätzlich einen Zeitaufwand von 2 min pro Tag berücksichtigt, da diese Verrichtung in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Ankleiden und Auskleiden stehe. Der Kläger könne sich das Korsett nicht selbst anlegen, da hierfür eine Drehbewegung des Oberkörpers bzw. der Arme und ein hoher Kraftaufwand erforderlich seien. Es sei daher für das An- und Ablegen insgesamt ein Tagesbedarf von 2 Minuten zu berücksichtigen. Auch dies deckt sich mit den Begutachtungs-Richtlinien, wonach der Gutachter bei der Feststellung des Zeitaufwandes für das An- und Ablegen von Prothesen, Orthesen, Korsetts und Stützstrümpfen aufgrund einer eigenen Inaugenscheinnahme den Zeitaufwand individuell zu messen habe. Den Ausführungen des Sachverständigen ist daher nach Auffassung der Kammer insoweit ebenfalls zu folgen.
37Für den Transfer in die bzw. aus der Badewanne ist nach den Begutachtungsrichtlinien ein Zeitaufwand von je 1 min anzusetzen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. Huesmann besteht bei dem Kläger aufgrund der Bewegungseinschränkung und der Instabilität der unteren Extremitäten sowohl ein Einsteigen als auch beim Aussteigen aus der Badewanne eine erhöhte Sturzgefahr, so dass eine Abstützung seitens der Hilfsperson notwendig sei. Dafür sei ein Zeitraum von jeweils einer halben Minute zu berücksichtigen, insgesamt also eine Minute pro Tag. Die Kammer folgt auch diesen Ausführungen des Sachverständigen, die sie für schlüssig und überzeugend hält.
38Nach Teil F der Begutachtungs-Richtlinien (Orientierungswerte) sind als pflegeerschwerende Faktoren u.a. Fehlstellungen der Extremitäten und starke therapieresistente Schmerzen zu berücksichtigen. Der Sachverständige weist in seinem Gutachten darauf hin, dass bei dem Kläger eine zögerliche, etwas ängstliche Durchführung der Untersuchungsverrichtungen zur Vermeidung von Schmerzen zu beobachten gewesen sei. Dies sei bei allen Verrichtungen der Fall gewesen, die mit Bewegungen der Extremitäten verbunden gewesen seien, also bei der Körperpflege und beim An- und Auskleiden. Der Hilfebedarf bei diesen Verrichtungen sei daher um 10% zu erhöhen, so dass weitere 2 min pro Tag anzuerkennen seien. Dies erscheint der Kammer plausibel, so dass sie den Ausführungen des Sachverständigen auch insoweit folgt.
39Der Sachverständige gelangt damit auf der Grundlage der Begutachtungs-Richtlinien zu einem Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege von 29 min pro Tag, der nach Auffassung der Kammer überzeugend begründet ist. Die Richtigkeit der Feststellungen wird letztlich auch bestätigt durch das Gutachten des MDK vom 03.09.2012, das einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 26 min pro Tag dokumentiert, zu dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Huesmann bestehen nur graduelle Unterschiede. Der MDK berücksichtigt zusätzlich 2 min für die Hilfe beim Kämmen und 3 min für die Analhygiene nach Stuhlgang, wohingegen der Sachverständige dort keinen Hilfebedarf mehr gesehen hat. Demgegenüber wird im Gutachten des MDK nicht der Hilfebedarf bei der mundgerechten Zubereitung von Mahlzeiten aufgeführt, obwohl dies unter dem Punkt Umfang der pflegerischen Versorgung und Betreuung genannt ist. Die Korsettversorgung fließt im Gutachten des MDK in die Hilfe beim An- und Auskleiden ein, die entsprechend höher bewertet wird. Letztlich beruhen die Unterschiede zwischen den beiden Gutachten darauf, dass der Sachverständige die Hilfe bei der Ganzkörperwäsche etwas höher bewertet und zusätzlich die pflegeerschwerenden Faktoren berücksichtigt hat. Dies entspricht jedoch den Vorgaben in den Begutachtungs-Richtlinien (s.o.), so dass der Pflegebedarf jedenfalls nicht geringer zu bewerten ist, als in dem Gutachten des Sachverständigen.
40Der Sachverständige XXX hat in seinem Gutachten zusätzlich noch 17 min pro Tag für die Begleitung zur Krankengymnastik berücksichtigt. Nach Teil D 4.3 Nr. 15 der Begutachtungs-Richtlinien gehört zum Bereich Mobilität auch die Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Es sind jedoch nur solche Maßnahmen außerhalb der Wohnung zu berücksichtigen, die unmittelbar für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause notwendig sind und das persönliche Erscheinen des Antragstellers erfordern. Berücksichtigungsfähige Maßnahmen sind das Aufsuchen von Ärzten zu therapeutischen Zwecken oder die Inanspruchnahme vertragsärztlich verordneter Therapien. Dazu gehört auch die Krankengymnastik, die der Kläger seit dem Jahr 2008 erhält. Die Begleitung ist auch erforderlich, denn der Kläger ist in seiner Gehfähigkeit eingeschränkt und daher außerhalb von geschlossenen Räumen auf eine Begleitperson angewiesen. Er hat gegenüber dem Sachverständigen XXX angegeben, dass er nicht richtig gehen könne, nach 100 Metern bekomme er Beinschmerzen. Dementsprechend geht der Sachverständige in seinem Gutachten unter dem Punkt Gehen davon aus, dass sich der Kläger zwar innerhalb der Wohnung ohne Hilfsmittel selbständig bewegen könne. Beim Benutzen der Badewanne und auch beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung sei demgegenüber Hilfe erforderlich, da aufgrund der Bewegungseinschränkung und Instabilität der unteren Extremitäten eine erhöhte Sturzgefahr bestehe. Die Mutter des Klägers hat dies in der mündlichen Verhandlung vom 18.06.2015 so beschrieben, dass der Oberkörper steif sei und er auch seine Beine nicht richtig bewegen könne. Dies führe zu einer Beeinträchtigung des Gleichgewichts, so dass er jederzeit umfallen könne. Aufgrund dieser Einschränkung der Gehfähigkeit und der damit verbundenen Sturzgefahr ist der Kläger außerhalb von geschlossenen Räumen auf eine Begleitperson angewiesen.
41Nicht zu folgen vermochte die Kammer den Ausführungen des Sachständigen im Hinblick auf den zeitlichen Umfang der Hilfe. Für die Bemessung des zeitlichen Umfangs des Pflegebedarfs ist von der zeitlichen und örtlichen Gebundenheit der Pflegeperson auszugehen; d.h. maßgebend ist die Zeit, die die Pflegeperson ausschließlich für die Abwicklung einer Hilfeleistung benötigt und während der sie keiner anderen Tätigkeit - etwa auch keiner solchen im Bereich der allgemeinen Haushaltsführung - nachgehen kann. Bei Arztbesuchen und der Inanspruchnahme von ärztlich verordneten Therapien ist demnach nicht nur die Wegezeit, sondern auch die Zeit für die Behandlung und ggf. die Wartezeit einzubeziehen (vgl. BSG, Urteil vom 06.08.1998 – B 3 P 17/97 R). Der Sachverständige geht in seinem Gutachten davon aus, dass die Krankengymnastik zweimal pro Woche in der Praxis XXX in XXX stattgefunden habe. Die Mutter habe den Kläger mit dem Fahrrad transportiert und für den Weg jeweils 30 min gebraucht. Daraus ergebe sich ein Zeitaufwand von 120 min pro Woche, was 17 min pro Tag entspreche. Diese Annahmen des Sachverständigen sind in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Zunächst sind die Behandlungen ab dem Jahr 2009 nicht mehr in der Praxis XXX, sondern in der Praxis XXX durchgeführt worden, die sich unmittelbarer Umgebung der Wohnung des Klägers befindet. Der Fußweg dauert 5 min, so dass sich einschließlich der Behandlung von 20 min insgesamt ein Zeitaufwand von lediglich 30 min pro Termin ergibt. Der Kläger ist auch nicht zweimal pro Woche behandelt worden, sondern im Zeitraum 01.01.2009 bis 31.08.2013 (56 Monate) insgesamt 157 mal, durchschnittlich also dreimal pro Monat. Seit dem 01.09.2013 erhält er keine Krankengymnastik mehr. Im Zeitraum 01.01.2009 bis 31.08.2013 ergibt sich damit ein Zeitaufwand von 90 min pro Monat, d.h. 3 min pro Tag. Damit werden die Voraussetzungen der Pflegestufe I durch die Begleitung zur Krankengymnastik entgegen den Annahmen des Sachverständigen nicht erreicht.
42Nach Auffassung der Kammer ist jedoch ab dem 10.12.2009 (Vollendung des 10. Lebensjahres) auch die Begleitung auf dem Schulweg im Rahmen der Bemessung der Pflegezeit nach dem SGB XII zu berücksichtigen. Nach Teil D 4.3 Nr. 15 der Begutachtungs-Richtlinien ist das Aufsuchen von Behörden oder anderen Stellen, die das persönliche Erscheinen des Antragstellers notwendig machen, zu berücksichtigen. Weitere Hilfen – z.B. die Begleitung zur Bushaltestelle auf dem Weg zu Werkstätten für behinderte Menschen, Schulen, Kindergärten oder im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit, beim Aufsuchen einer Tages- oder Nachtpflegeeinrichtung sowie bei Spaziergängen oder Besuchen von kulturellen Veranstaltungen – bleiben unberücksichtigt. Demnach kann die Begleitung auf dem Schulweg nach den Maßstäben des SGB XI nicht anerkannt werden. Demgegenüber ist nach § 61 Abs. 1 SGB XII auch der Hilfebedarf bei anderen Verrichtungen zu berücksichtigen und dies gilt nach allgemeiner Auffassung auch im Rahmen des Pflegegeldes nach § 64 SGB XII, wenn sich der Hilfebedarf den Bereichen der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität zurechnen lässt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.08.2013 – L 7 SO 2971/09; Krahmer/Sommer, in LPK-SGB XII, 9. Aufl. 2012, § 64, Rn. 7; Meßling, in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 64, Rn. 26; H. Schellhorn, in Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18. Auflage 2011, § 64, Rn. 7).
43Bei der Begleitung auf dem Schulweg handelt sich nach Auffassung der Kammer um eine andere Verrichtung i.S.v. § 61 Abs. 1 SGB XII. Die anderen Verrichtungen werden gesetzlich nicht näher definiert, der Begriff ist nach Auffassung der Kammer weit auszulegen. Es gehören alle Tätigkeiten dazu, die der Sicherung sozialer Bereiche des Lebens dienen, hierunter fallen vor allem Kommunikation, Freizeitgestaltung und Bildung (vgl. Meßling in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 61, Rn. 88). Der Schulbesuch dient der allgemeinen Bildung des Klägers und da er noch schulpflichtig ist, lässt sich auch die Notwendigkeit des Schulbesuches nicht bestreiten. Der Kläger ist auch auf eine Begleitung auf dem Schulweg angewiesen. Dies ergibt sich zwar nicht allein aus dem Umstand, dass er die Schultasche nicht tragen kann, denn er ist mit einem doppelten Satz Schulbücher ausgestattet und muss diese daher nicht von der Schule nach Hause und zurück mitnehmen. Der Kläger ist jedoch in seiner Gehfähigkeit eingeschränkt und daher aus diesem Grund auf eine Begleitung angewiesen (s.o.). Die Begleitung auf dem Schulweg ist dem Bereich der Mobilität zuzuordnen, denn es handelt sich um eine Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Vor diesem Hintergrund ist dieser Hilfebedarf im Rahmen des Pflegegeldes nach § 64 SGB XII berücksichtigungsfähig.
44In zeitlicher Hinsicht ist die Begleitung auf dem Schulweg mit mindestens 20 min pro Tag zu veranschlagen. Bei der Vollendung des 10. Lebensjahres am 10.12.2009 besuchte der Kläger noch die XXXGrundschule in XXX. Da die Familie zum damaligen Zeitpunkt noch nicht über ein Auto verfügte, transportierte die Mutter ihn mit dem Fahrrad zur Schule. Dies geschah in der Weise, dass sie ihn auf den Gepäckträger setzte und das Fahrrad dann zur Schule schob. Der Fußweg vom XXX bis zur Schule beträgt 9 min. Daraus errechnet sich bei vier Wegen pro Schultag und fünf Schultagen ein Hilfebedarf pro Woche von 180 min, d.h. 26 min pro Tag.
45Im Jahr 2010 wechselte der Kläger dann auf das XXX Gymasium in XXX. Der Transport zur Schule erfolgte zunächst in der Weise, dass die Mutter ihn auf dem Gepäckträger sitzend zur S-Bahn-Station schob, von dort mit ihm mit der S-Bahn nach XXX und anschließend mit dem Bus zur Schule fuhr. Seit der Anschaffung des Pkw im Jahr 2012 bringt sie ihn mit dem Auto zur Schule. Anfangs begleitete sie ihn noch in die Schule, seit dem Jahr 2014 setzt sie ihn vor der Schule ab. Die Fahrzeit mit dem Auto vom XXX in XXX zum XXX in XXX beträgt 14 min. Bei vier Wegen pro Tag und fünf Schultagen ergibt sich daraus ein täglicher Hilfebedarf von 40 Minuten.
46Die Kammer kann im vorliegenden Verfahren offen lassen, ob die tatsächliche Fahrzeit zum XXX Gymnasium in XXX oder fiktiv die Fahrzeit zur nächstgelegenen Schule in XXX zugrunde zu legen ist. Für die Berücksichtigung der tatsächlichen Fahrzeit nach XXX spricht, dass in Nordrhein-Westfalen freie Schulwahl besteht. Wenn den Eltern also das Recht eingeräumt wird, ihr Kind auf einer anderen Schule anzumelden, dann könnte dies dafür sprechen, dass auch die tatsächliche Fahrzeit bei der Ermittlung des Pflegebedarfes nach dem SGB XII zu berücksichtigen ist. Jedenfalls ist der Sozialhilfeträger nach der Rechtsprechung des BSG an die Entscheidung der Schulverwaltung über die Erfüllung der Schulpflicht eines behinderten Kindes in einer Schule bzw. über eine bestimmte Schulart gebunden (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2013 – B 8 SO 10/12 R). Gleiches könnte daher für die Entscheidung von Eltern gelten, ihr Kind an einer bestimmten Schule anzumelden.
47Letztlich bedarf dies jedoch im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, denn der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der Pflegestufe I auch dann noch, wenn man fiktiv auf den Schulweg zur nächstgelegenen Schule abstellt. Es handelt sich dabei um das XXX Gymnasium in XXX. Die Entfernung vom XXX beträgt 3 km und die Fahrzeit mit dem Auto 7 min. Daraus errechnet sich bei vier Wegen pro Tag und fünf Schultagen ein täglicher Hilfebedarf von 20 min.
48Die Kammer hat diesen Hilfebedarf jedoch erst ab der Vollendung des 10. Lebensjahres des Klägers am 10.12.2009 berücksichtigt, denn nach § 64 Abs. 4 SGB XII ist bei pflegebedürftigen Kindern der infolge Krankheit oder Behinderung gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind zusätzliche Pflegebedarf maßgebend. Die Begleitung auf dem Schulweg kann daher erst im Rahmen der Hilfe zur Pflege berücksichtigt werden, wenn bei einem gesunden Kind eine solche Begleitung nicht mehr erforderlich ist. Dies ist nach Auffassung der Kammer ab der Vollendung des 10. Lebensjahres der Fall. Die Kammer hat sich dabei typisierend an der Regelung in § 828 Abs. 2 BGB orientiert. Danach ist ein Minderjähriger bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres für einen Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, grundsätzlich nicht verantwortlich. Aus dieser Vorschrift lässt sich nach Auffassung der Kammer ablesen, dass der Gesetzgeber Kinder bis zu diesem Alter nicht für fähig hält, die Gefahren des Straßenverkehrs richtig einzuschätzen. Daher ist eine Begleitung zur Schule bis zu diesem Alter jedenfalls dann notwendig, wenn auf dem Schulweg solche Gefahren zu bewältigen sind. Dies deckt sich mit der Einschätzung vieler Eltern, die ihre Kinder bis zum Ende der Grundschulzeit nicht alleine zur Schule fahren lassen. Diese tatsächlichen Gegebenheiten können nach Auffassung der Kammer bei der Beantwortung der Frage, bis zu welchem Alter bei einem gesunden Kind eine Begleitung auf dem Schulweg erforderlich ist, nicht außer Acht gelassen werden.
49Gegen die Berücksichtigung der Begleitung auf dem Schulweg im Rahmen der Hilfe zur Pflege lässt sich auch nicht einwenden, dass der Kläger nach der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO) des Landes Nordrhein-Westfalen einen Anspruch auf eine kostenlose Beförderung zur Schule gehabt hätte. Der entsprechende Antrag des Klägers bei der Stadt Unna wurde mit Bescheid vom 13.09.2010 abgelehnt. Der Kläger und seine Mutter könnten aufgrund der Behinderung öffentliche Verkehrsmittel kostenlos benutzen und dies sei ihnen auch möglich. Es entstünden daher gar keine Fahrtkosten, die übernommen werden könnten. Der Nachrang der Sozialhilfe kann somit hier nicht eingreifen, denn nach der Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei § 2 Abs. 1 SGB XII nicht um eine isolierte Ausschlussnorm; entscheidend für den Nachrang ist nicht das Bestehen anderer Leistungsansprüche, sondern grundsätzlich erst der Erhalt dieser anderen Leistungen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2014 - B 8 SO 9/13 R). Darüber hinaus steht die Ablehnung auch in Übereinstimmung mit § 12 SchfkVO wonach nur die Kosten für die wirtschaftlichste Beförderung übernommen werden. Nach Abs. 4 der Vorschrift ist die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln in der Regel die wirtschaftlichste Beförderung; sie hat grundsätzlich Vorrang vor den anderen Beförderungsarten. Ein Anspruch auf einen Schülerspezialverkehr besteht daher nach § 14 Abs. 1 SchfkVO nur, wenn die Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht möglich ist. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht, da er mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann. Dementsprechend hätte der Antrag auch abgelehnt werden müssen, wenn der Kläger eine Schule in XXX besucht hätte, dies ergibt sich auch aus der Stellungnahme des Fachbereiches Schule der Beklagten vom 23.04.2015. Danach muss zunächst ein sonderpädagogischer Förderbedarf vorliegen, der bei dem Kläger nicht gegeben ist, und eine Nutzung des ÖPNV darf nicht möglich sein.
50Der festgestellte Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von mindestens 52 min pro Tag ab dem 10.12.2009 und mindestens 49 min pro Tag ab dem 01.09.2013 durch den Wegfall der Begleitung zur Krankengymnastik ist auch unter Berücksichtigung des § 64 Abs. 4 SGB XII in voller Höhe anzurechnen. Nach dieser Vorschrift ist bei pflegebedürftigen Kindern der infolge Krankheit oder Behinderung gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind zusätzliche Pflegebedarf maßgebend. Nach Teil D 4.0 III 9 der Begutachtungs-Richtlinien besteht bei 10jährigen Kindern kein Hilfebedarf mehr im Bereich der Grundpflege, so dass der Hilfebedarf des Klägers allein auf dessen Behinderung zurückzuführen ist.
51Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung besteht nach den übereinstimmenden Feststellungen des Sachverständigen und des MDK ein Hilfebedarf von 45 min pro Tag. Insgesamt ergibt sich daraus ein Pflegebedarf des Klägers von mindestens 97 min pro Tag ab dem 10.12.2009, davon entfallen 52 min auf die Grundpflege und mindestens 94 min pro Tag ab dem 01.09.2013, davon entfallen 49 min auf die Grundpflege. Damit liegen die Voraussetzungen der Pflegestufe I durchgehend seit dem 10.12.2009 vor.
52Der Kläger erfüllt auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Bezug von Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Nach § 19 Abs. 3 SGB XII werden Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist. Der Kläger und seine Eltern beziehen zur Sicherung des Lebensunterhaltes Leistungen nach dem SGB II, so dass kein Einkommen zur Verfügung steht. Es ist auch kein Vermögen vorhanden, als solches kommen hier nur die seit dem Jahr 2012 angeschafften Pkw in Betracht. Diese sind jedoch aufgrund ihres Wertes von weniger als 7.500,- EUR nach § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II geschützt und daher auch im Rahmen einer Leistungsbewilligung nach dem SGB XII nicht als Vermögen zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 18.03.2008 - B 8/9b SO 11/06 R). Darüber hinaus liegt der Wert jeweils auch unter dem Vermögensfreibetrag nach dem SGB XII i.H.v. 2.600,- EUR.
532. Der Hilfsantrag des Klägers ist hinsichtlich des Zeitraums von der Antragstellung bis zum 09.12.2009 begründet, denn insoweit war die Beklagte zu verurteilen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
54Hinsichtlich dieses Zeitraums ist der Hauptantrag des Klägers nicht begründet, so dass die Klage insoweit abgewiesen werden musste. Der Kläger erfüllte bis zum 09.12.2009 nicht die Voraussetzungen der Pflegestufe I, da sein Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege nicht mehr als 45 min pro Tag betrug. Dies folgt schon daraus, dass die Begleitung auf dem Schulweg nach Auffassung der Kammer bis zu diesem Zeitpunkt nicht angerechnet werden kann, da sie – jedenfalls bei typisierender Betrachtungsweise – auch bei einem gesunden Kind erforderlich wäre (s.o.). Demnach bestand lediglich ein Pflegebedarf von 32 min pro Tag. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass bei Kindern unter 10 Jahren auch ein "natürlicher Pflegebedarf" besteht, der von der ermittelten Pflegezeit abzuziehen wäre. Dementsprechend waren die Voraussetzungen der Pflegestufe I bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfüllt.
55Für diesen Personenkreis, dessen Pflegebedarf unterhalb der Pflegestufe I liegt (sog. Pflegestufe 0) sieht das Gesetz in § 65 Abs. 1 SGB XII angemessene Beihilfen (sog. "kleines Pflegegeld", vgl. dazu Meßling, in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 65, Rn. 26) vor, die der Kläger mit seinem Hilfsantrag geltend macht. Die angemessenen Beihilfen sind Gegenstand des Verfahrens, da die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden ausdrücklich auch über diese Leistung entschieden hat.
56Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 SGB XII, denn er ist pflegebedürftig (s.o.), die Pflege erfolgt zuhause und es liegen auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Bezug von Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII vor (s.o.). Die Gewährung von angemessenen Beihilfen gem. § 65 Abs. 1 SGB XII steht im Ermessen des zuständigen Leistungsträgers (offen gelassen vom BSG, Urteil vom 26.08.2008 - B 8/9b SO 18/07 R). Die Beklagte hat das Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt.
57Soweit die Leistungsträger ermächtigt sind, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I)). Der Versicherte bzw. Leistungsberechtigte hat Anspruch auf eine pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Hingegen entsteht ein Anspruch auf eine bestimmte Sozialleistung nur aufgrund der Bewilligungsentscheidung (§ 40 Abs. 2 SGB I). Darüber hinaus kann im Einzelfall ein Rechtsanspruch auf die Leistung ausnahmsweise bei einer "Ermessensreduzierung auf Null" bestehen, bei der es nur ein ermessensgerechtes Ergebnis gibt (vgl. zu einem solchen Fall BSG, Urteil vom 26.08.2008 - B 8/9b SO 18/07 R)
58Zur Sicherung der Funktionentrennung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) und der Entscheidungsfreiheit des Leistungsträgers über die Zweckmäßigkeit seines Handelns ist die Überprüfung seiner Ermessensentscheidung durch die Gerichte auf die Rechtmäßigkeitsprüfung begrenzt. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob der Träger sein Ermessen überhaupt ausgeübt, er die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder ob er von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG; "Rechtmäßigkeit-, aber keine Zweckmäßigkeitskontrolle").
59Als Ermessensfehler kommt nur eine dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechende Ermessensausübung in Betracht. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt zum einen vor, wenn die Behörde ein unsachliches Motiv oder einen sachfremden Zweck verfolgt (Ermessensmissbrauch). Zum anderen liegt der Fehlgebrauch als Abwägungsdefizit vor, wenn sie nicht alle Ermessensgesichtspunkte, die nach der Lage des Falls zu berücksichtigen sind, in die Entscheidungsfindung einbezogen hat. Der Fehlgebrauch kann zudem als Abwägungsdisproportionalität vorliegen, wenn die Behörde die abzuwägenden Gesichtspunkte rechtlich fehlerhaft gewichtet hat. Des Weiteren kann ein Fehlgebrauch erfolgt sein, wenn die Behörde ihrer Ermessensbetätigung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Deshalb haben die Tatsacheninstanzen in tatsächlicher Hinsicht zu überprüfen, ob die Behörde die Tatsachen, die sie ihrer Ermessensentscheidung zugrunde gelegt hat, zutreffend und vollständig ermittelt hat (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 – B 2 U 10/10 R).
60Wenn der eine Sozialleistung regelnde Verwaltungsakt wegen Ermessensnicht- oder -fehlgebrauchs rechtswidrig ist, darf das Gericht nur den Verwaltungsakt aufheben und den Träger zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilen, nicht aber eigene Ermessenserwägungen anstellen und sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Leistungsträgers setzen (vgl. BSG, Urteil vom 09.11.2010 – B 2 U 10/10 R).
61Ausgehend von diesen Grundsätzen erweisen sich die angefochtenen Bescheide als ermessensfehlerhaft, so dass die Beklagte zu verurteilen war, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
62Die Beklagte lehnte die Gewährung von angemessenen Beihilfen nach § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in dem Ausgangsbescheid vom 11.04.2008 mit der Begründung ab, dass die Leistung vorrangig der Aufrechterhaltung der Pflegebereitschaft ehrenamtlicher Pflegepersonen diene. Das ist zwar zutreffend, doch verkennt die Beklagte dabei vollkommen, dass die Eltern des Klägers auch ehrenamtliche Pflegepersonen sind und somit zum Adressatenkreis der Vorschrift gehören. Wenn die Beklagte damit zum Ausdruck bringen wollte, dass die Eltern ja ohnehin verpflichtet sind, die Pflege und Betreuung der Kinder zu übernehmen, dann wäre auch dies ermessensfehlerhaft. Denn das Bestehen einer Unterhaltspflicht schließt die Gewährung von angemessenen Beihilfen nach § 65 Abs. 1 SGB XII nicht aus (vgl. Meßling, in jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 65, Rn. 27). Es wäre vielmehr darzulegen gewesen, dass im konkreten Einzelfall die Gewährung von angemessenen Beihilfen nicht erforderlich ist, um die Pflegebereitschaft aufrecht zu erhalten, und daher die Interessenabwägung zu Lasten des Klägers ausgehen müsse. Ein solcher Fall könnte z.B. gegeben sein, wenn die wirtschaftliche Situation der Pflegeperson weitere finanzielle Leistungen nicht erforderlich macht. Dies ist jedoch bei den Eltern des Klägers nicht der Fall, da sie zur Sicherung des Lebensunterhaltes Leistungen nach dem SGB II beziehen.
63Der Ermessenfehler ist in dem Widerspruchsbescheid vom 02.10.2008 nicht geheilt worden. Darin führt die Beklagte aus, dass der festgestellte behinderungsbedingte Mehraufwand von täglich 18 min keine Pflegebeihilfe gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 SGB XII rechtfertige. Auch diese Erwägung ist ermessenfehlerhaft, denn der Anwendungsbereich der Vorschrift ist ja nur eröffnet, wenn der Pflegebedarf weniger als 46 min pro Tag beträgt und somit kein Pflegegeld zu gewähren ist. Angemessene Beihilfen kommen nur in Betracht, wenn ein geringer Pflegebedarf besteht, so dass sich die Leistung mit diesem Argument nicht ablehnen lässt. Darüber hinaus ist die Beklagte bei ihrer Entscheidung von falschen Voraussetzungen ausgegangen, da der Pflegebedarf auch ohne Berücksichtigung der Begleitung auf dem Schulweg ca. ein halbe Stunde pro Tag ausmacht (s.o.).
643. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.

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(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.
(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:
- 1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und - 5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
- 1.
Mobilität mit 10 Prozent, - 2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent, - 3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent, - 4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent, - 5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.
(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:
- 1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.
(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.
(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.
(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:
Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.
Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.
Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.
(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.
(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:
- 1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und - 5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
- 1.
Mobilität mit 10 Prozent, - 2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent, - 3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent, - 4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent, - 5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.
(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:
- 1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.
(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.
(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.
(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:
Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.
(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.
(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:
- 1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und - 5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
- 1.
Mobilität mit 10 Prozent, - 2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent, - 3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent, - 4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent, - 5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.
(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:
- 1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, - 5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.
(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.
(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.
(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:
(1) Der Medizinische Dienst Bund erlässt mit dem Ziel, eine einheitliche Rechtsanwendung zu fördern, im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen Richtlinien zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach § 15 sowie zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach § 18 (Begutachtungs-Richtlinien). Er hat dabei die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene, den Verband der privaten Krankenversicherung e. V., die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene und die Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene zu beteiligen. Ihnen ist unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen. Die maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen wirken nach Maßgabe der nach § 118 Absatz 2 erlassenen Verordnung beratend mit. § 118 Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(1a) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen erlässt unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund Richtlinien zur einheitlichen Durchführung der Pflegeberatung nach § 7a (Pflegeberatungs-Richtlinien). An den Pflegeberatungs-Richtlinien sind die Länder, der Verband der Privaten Krankenversicherung e. V., die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene, die Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege sowie die Verbände der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene zu beteiligen. Den Verbänden der Pflegeberufe auf Bundesebene, unabhängigen Sachverständigen sowie den maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe der pflegebedürftigen und behinderten Menschen sowie ihren Angehörigen ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Darüber hinaus ergänzt der Spitzenverband Bund der Pflegekassen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene und der Länder bis zum 31. Juli 2020 die Pflegeberatungs-Richtlinien um Regelungen für eine einheitliche Struktur eines elektronischen Versorgungsplans nach § 7a Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 und für dessen elektronischen Austausch sowohl mit der Pflegekasse als auch mit den beteiligten Ärzten und Ärztinnen und Pflegeeinrichtungen sowie mit den Beratungsstellen der Kommunen sowie bis zum 31. Dezember 2021 um Regelungen zur Nutzung von digitalen Anwendungen nach § 7a Absatz 2 einschließlich der Festlegungen über technische Verfahren und der Bestimmung von digitalen Anwendungen zur Durchführung der Beratungen. Die Pflegeberatungs-Richtlinien sind für die Pflegeberater und Pflegeberaterinnen der Pflegekassen, der Beratungsstellen nach § 7b Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 sowie der Pflegestützpunkte nach § 7c unmittelbar verbindlich. Die Festlegungen über technische Verfahren nach Satz 4 sind im Einvernehmen mit der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu treffen.
(1b) Der Medizinische Dienst Bund erlässt im Benehmen mit dem Spitzenverband Bund der Pflegekassen Richtlinien zur Feststellung des Zeitanteils, für den die Pflegeversicherung bei ambulant versorgten Pflegebedürftigen, die einen besonders hohen Bedarf an behandlungspflegerischen Leistungen haben und die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 und der häuslichen Krankenpflege nach § 37 Absatz 2 des Fünften Buches oder die Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 und der außerklinischen Intensivpflege nach § 37c des Fünften Buches beziehen, die hälftigen Kosten zu tragen hat. Von den Leistungen der häuslichen Pflegehilfe nach § 36 sind dabei nur Maßnahmen der körperbezogenen Pflege zu berücksichtigen. Im Übrigen gilt § 17 Absatz 1 Satz 2 bis 6 entsprechend.
(2) Die Richtlinien nach den Absätzen 1, 1a und 1b werden erst wirksam, wenn das Bundesministerium für Gesundheit sie genehmigt. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Richtlinien nicht innerhalb eines Monats, nachdem sie dem Bundesministerium für Gesundheit vorgelegt worden sind, beanstandet werden. Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit sind innerhalb der von ihm gesetzten Frist zu beheben.
Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.
Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.
Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a sind, haben Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen. Sind die Personen minderjährig und unverheiratet, so sind auch das Einkommen und das Vermögen ihrer Eltern oder eines Elternteils zu berücksichtigen.
Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.
(1) Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.
(2) Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.
(3) Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach Absatz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.
(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.
(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.
Soweit häusliche Pflege ausreicht, soll der Träger der Sozialhilfe darauf hinwirken, dass die häusliche Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder als Nachbarschaftshilfe übernommen wird.
(1) Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können.
(2) Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel dieses Buches ist Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Absatz 2 erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gehen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel vor.
(3) Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen werden nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.
(4) Lebt eine Person bei ihren Eltern oder einem Elternteil und ist sie schwanger oder betreut ihr leibliches Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres, werden Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils nicht berücksichtigt.
(5) Ist den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen im Sinne der Absätze 1 und 2 möglich oder im Sinne des Absatzes 3 zuzumuten und sind Leistungen erbracht worden, haben sie dem Träger der Sozialhilfe die Aufwendungen in diesem Umfang zu ersetzen. Mehrere Verpflichtete haften als Gesamtschuldner.
(6) Der Anspruch der Berechtigten auf Leistungen für Einrichtungen oder auf Pflegegeld steht, soweit die Leistung den Berechtigten erbracht worden wäre, nach ihrem Tode demjenigen zu, der die Leistung erbracht oder die Pflege geleistet hat.
(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind
- 1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend, - 2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt, - 3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden, - 4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird, - 5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde, - 6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie - 7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.
(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.
(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.
(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.
(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.
(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.
Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.
(1) Sind die Leistungsträger ermächtigt, bei der Entscheidung über Sozialleistungen nach ihrem Ermessen zu handeln, haben sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens besteht ein Anspruch.
(2) Für Ermessensleistungen gelten die Vorschriften über Sozialleistungen, auf die ein Anspruch besteht, entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Gesetzbuchs nichts Abweichendes ergibt.
(1) Ansprüche auf Sozialleistungen entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen.
(2) Bei Ermessensleistungen ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung über die Leistung bekanntgegeben wird, es sei denn, daß in der Entscheidung ein anderer Zeitpunkt bestimmt ist.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
Pflegebedürftige der Pflegegrade 2, 3, 4 oder 5 haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Der Anspruch auf stationäre Pflege umfasst auch Betreuungsmaßnahmen; § 64b Absatz 2 findet entsprechende Anwendung.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.