Sozialgericht Augsburg Urteil, 28. Apr. 2016 - S 4 U 5004/16 L

published on 28/04/2016 00:00
Sozialgericht Augsburg Urteil, 28. Apr. 2016 - S 4 U 5004/16 L
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Gericht

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Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 26. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2015 den Unfall vom 28. Dezember 2014 als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung anzuerkennen und entsprechende Leistungen zu erbringen.

II.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Anerkennung seines Unfalles als Versicherungsfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung hat.

Der Kläger ist 1958 geboren. Der am 2014 verstorbene Vater des Klägers, A. senior, hatte den Brüdern A. und dem Kläger ein Grundstück mit einer Größe von etwa 12 ha vererbt. Bezüglich dieses Grundstückes mit Forst, Grünland und Wildtierhaltung war A. senior bei der Beklagten versichert. Die Brüder waren nach dem Tod des Vaters Miteigentümer der Grundstücksgemeinschaft. Die Beklagte teilte ihnen mit Bescheid vom 23.09.2015 die Zuständigkeit für das neue Unternehmen mit.

Mit Schreiben vom 02.09.2015 teilte A. der Beklagten mit, dass sein Bruder und er die Waldflächen bewirtschafteten. Auf dem Waldgelände befände sich ein Gehege, in dem Damwild gehalten werde. Die Tiere würden für die eigene Familie und den Bekanntenkreis geschossen.

Der Kläger erlitt am 28.12.2014 einen Unfall. Er rutsche beim Erklimmen der Kanzel eines Hochsitzes von einer vereisten Leitersprosse und fiel aus einer Höhe von ca. 3 bis 4 m zu Boden. Er erlitt dabei diverse Verletzungen, u. a. am rechten Unterschenkel.

Im Durchgangsarztbericht vom 30.12.2014 ist als Unfallbetrieb „selbst. Jäger, N. „ aufgeführt. Als Erstdiagnose wird nach Röntgen eine erstgradige offene komplette distale Unterschenkelmehrfragmentfraktur rechts festgehalten.

In der Unfallanzeige, unterschieben von A., ist als Unfallort „GJR N., 89290“ genannt mit der Angabe zur Fläche „GJR 540 ha“.

Der Kläger war im Besitz eines Begehungsscheines und Jagderlaubnisscheins für dieses Jagdrevier N., ausgestellt vom Landratsamt D-Stadt am 10.04.2012.

In dem „Fragebogen Jagd“ wurden Angaben zu der Pacht des GJR N. durch A. gemacht. Der Verletzte nehme Tätigkeiten wie Jagdschutz, Fütterung, Bejagung, Pflege etc. wahr. In der Anlage befand sich ein Jagdpachtvertrag vom April 2006 für das Jagdrevier N ... Jagdpächter des Reviers „Jagdrevier N. „ war der Bruder des Klägers, A ... Dies ergibt sich aus dem Jagdpachtvertrag vom April 2006 für das Jagdrevier N ... Als Verpächter ist die Jagdgenossenschaft N., als Pächter A. genannt. Der Zeitraum ist auf 01.04.2006 - 31.03.2015 festgesetzt. Der Kläger ist in diesem Jagdpachtvertrag nicht genannt, § 6 Abs. 2 des Vertrags besagt, dass der Vertrag nicht für Dritte abgeschlossen sei, jedoch sei die Erteilung eines Jagderlaubnisscheines möglich. § 7 des Vertrags regelt, dass die Vergabe von drei unentgeltlichen Jagderlaubnisscheinen möglich sei.

Mit Bescheid vom 26.01.2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Versicherungsfalles im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Der Kläger sei nur Jagdgast im Jagdrevier N. gewesen, dessen Pächter sein Bruder sei. Die Grundlage der Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt sei ein privates Interesse an der Jagd gewesen, dieses sei nicht gesetzlich unfallversichert.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 17.02.2015 Widerspruch ein und begründete dies damit, dass der Kläger Miteigentümer der Grundstücksgemeinschaft mit A. gewesen sei, was der Beklagten auch am 11.11.2014 mitgeteilt worden sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte noch einmal aus, dass der Kläger nicht Pächter des Jagdgebietes gewesen sei, in dem er verunfallt sei. Er habe lediglich im Rahmen eines unentgeltlichen Begehungsscheines die Jagd als Jagdgast ausgeübt. Als solcher sei er nicht gesetzlich unfallversichert. Auch andere Versicherungstatbestände kämen nicht in Betracht.

Dagegen hat der Kläger am 07.01.2016 Klage vor dem Sozialgericht Augsburg erhoben.

Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2016 In der mündlichen Verhandlung vom 01.03.2016 stellte der Kläger erstmals klar, dass der Unfall sich nicht - wie die Beklagte annehme - auf dem von seinem Bruder gepachteten Jagdgebiet ereignet habe, sondern auf dem gemeinsamen Grundstück, auf dem die Wildzucht gemeinsam betrieben werde. Der Bruder A. habe das Jagdrevier N. von der Jagdgenossenschaft N. gepachtet. Innerhalb dieses insgesamt ca. 540 ha Gebietes liege das vom Vater A. Senior geerbte Grundstück, dieses sei ca. 12 ha groß. Auf diesem kleineren Gebiet betrieben sein Bruder und er eine Dammwildzucht, die sie gemeinsam bewirtschafteten. Der Kläger sei für diesen Betrieb bei der Beklagten selbst versichert. Am Unfalltag habe er in dem Dammwildgehege Jagd auf ein Wildschwein machen wollen, weil er eine entsprechende Fährte gesehen hatte. Beim Erklimmen der Kanzel des Hochsitzes in dem Dammwildgehege sei es zu dem Unfall gekommen. Nach dem Unfall habe er sich in ein Jagdhaus in der Nähe geschleppt und seinen Bekannten C. angerufen, der ihn dann abgeholt habe. Er habe erst A. und dann seine Frau angerufen. Diese hätte die Idee gehabt, Herrn C. anzurufen, da der nur 2 km vom Unfallort entfernt wohne. Seinen Bruder habe er gebeten, das Gewehr vom Unfallort zu holen.

Angaben des Klägers in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 28.04.2016 Nachdem sich der Sachverhalt gänzlich anders darstellte als bisher, wurde die Sache vertagt und die Vorsitzende veranlasste in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 28.04.2016 die Anhörung der Zeugen C. und A ... Zunächst erläutert der Kläger nochmals, dass seine Angaben in der Sitzung vom 01.03.2016 korrekt gewesen seien. Er sei innerhalb des Dammwildgeheges verunglückt. Darin stünde auch das Jagdhaus, zu dem er sich nach dem Unfall geschleppt habe. Er habe sein Handy im ca. 300 m entfernten Jagdhaus gelassen. Der Kläger legte einen Auszug aus der Feldstückkarte vor, welches unter anderem den Hof von ihm und seinem Bruder zeigte. Er zeigt darauf, dass sich der Unfall dort ereignet habe, wo die Flurstücke 921, 922 und 907 aneinandergrenzten. Das Gebiet befindet sich nördlich von N., ca. 500 m vom geschlossenen bebauten Ortsanfang entfernt.

Telefonische Angaben von J. S. vom 26.04.2016 Der Beklagtenvertreter übergab eine Gesprächsnotiz von einem Telefonat mit J. S., dem ersten Vorstand der Jagdgenossenschaft N. vom 26.04.2016. Herr S. habe im Telefonat angegeben, dass Herr A. ihm mitgeteilt habe, dass der Kläger auf einem Flurstück im Süden von N. mit der Flurnummer 68 bzw. 129/2 verunfallt sei. Der Beklagtenvertreter hatte dazu einen Auszug aus dem Bayernatlas mit blauer Markierung dieser Flurstücke vorgelegt. Das schlauchförmige Gebiet befindet sich südlich von N., ca. 1 km vom geschlossenen bebauten Ortsanfang entfernt.

Angaben des Zeugen A. in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2016 Der Zeuge A. ist der Bruder des Klägers. Er gab an, dass der Kläger ihn am Unfalltag angerufen habe und ihm berichtet habe, dass er von der Leiter eines Hochsitzes gestürzt sei und sich dabei wahrscheinlich das Bein gebrochen habe. Er habe ihn gebeten, seine Jagdutensilien, insbesondere sein Gewehr, vom Unfallort abzuholen. Sein Bruder habe ihm beschrieben, dass der Unfall bei dem einzigen Hochstand im gemeinsamen Dammwildgehege passiert sei. Er habe sich sofort nach dem Anruf des Klägers noch in der gleichen Nacht auf den Weg gemacht. Nach seiner Erinnerung habe der Kläger während der Fahrt ins Krankenhaus vom Auto aus angerufen. Der Zeuge zeigte im Auszug aus der Feldstückkarte, dass sich der Hochsitz dort befände, wo die Flurstücke 921, 922 und 907 aneinandergrenzten. Das Jagdhaus sei ca. 200 m entfernt. A. gab weiter an, dass er nicht gewusst habe, dass sein Bruder an dem Tag auf die Jagd gehen wollte. Die Unfallanzeige habe er vom Kläger ausfüllen lassen und dann unterschrieben. Den „Fragebogen Jagd“ habe er selbst ausgefüllt. Den Jagdpachtvertrag mit der Jagdgenossenschaft N. habe er dem „Fragebogen Jagd“ deshalb beigelegt, weil dies die Berufsgenossenschaft seiner Auffassung nach so gefordert habe. Sein Bruder habe ihn später informiert, dass die Beklagte keinen Versicherungsfall anerkannt habe. Die Angaben von Herrn J. S. gegenüber dem Beklagtenvertreter, dass sich der Unfall des Klägers südlich von N. ereignet habe, könne er sich nicht erklären. Das müsse Herr S. falsch verstanden haben.

Ausführungen des Klägers zu den Angaben des Zeugen A. Der Kläger nahm zu den Angaben des Zeugen A. wie folgt Stellung: Er habe die Tage zwischen den Jahren im Jagdhaus verbringen wollen, weshalb er mit dem Auto bis zum Jagdhaus gefahren sei. Er habe seine Sachen dort gelassen, unter anderem sein Handy. Bis zum Hochsitz sei er zu Fuß gelaufen. Ihm sei erst auf der Fahrt ins Krankenhaus eingefallen, dass er seinen Bruder anrufen könnte, damit dieser die liegengelassene Waffe aus dem Wald hole.

Auf Nachfrage des Beklagtenvertreters zu der Reihenfolge der Anrufe gab der Kläger an: Er könne nicht mehr genau sagen, wann er welchen Anruf getätigt habe. Er wisse sicher, dass er als erstes seine Frau angerufen habe. Entweder habe die dann Herrn C. angerufen oder er habe dies mit einem zweiten Anruf gemacht. Er habe große Schmerzen gehabt, deshalb seien ihm Gewehr und Fernglas erst einmal nicht so wichtig gewesen. Später seien sie ihm dann eingefallen und er habe seinen Bruder gebeten die Sachen abzuholen. Er sei sich nicht sicher, ob er dies erst auf der Fahrt mit Herrn C. gemacht habe oder aber noch vom Jagdhaus aus.

Angaben des Zeugen C. in der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2016 Der Zeuge C. ist der Cousin der Ehefrau des Klägers. Er sagte aus, dass nicht der Kläger ihn angerufen habe, sondern die Frau des Klägers. Sie habe gesagt, dass ihr Mann verletzt sei und sich im Jagdhaus befände. Es sei schon spätabends gewesen, er habe schon seinen Schlafanzug angehabt und es hätten etwa 25 cm Schnee gelegen. Er habe deshalb die Frau vom Kläger zunächst gebeten, sich etwas zu gedulden. Er habe erst einmal überlegt, ob er an dem Abend Alkohol getrunken habe, und er sei sich nicht sicher gewesen, ob er mit seinem Fahrzeug da hoch komme. Sein Auto sei damals erst zwei Monate alt gewesen, habe zwar Allradantrieb, aber er habe es nicht gleich in den Graben setzen wollen. Er habe dann seinen Schwager T. R. angerufen und ihn um Hilfe gebeten. Allein wäre er nicht gefahren. Herr R. habe zugesagt und sie seien gemeinsam zum Jagdhaus hochgefahren. Im Jagdhaus hätten sie den Kläger im Schlafzimmer am Boden gefunden. Er sei zwar bei vollen Sinnen gewesen, aber man habe sehen können, dass es ihm sehr schlecht ging. Herr R. und er hätten ihn dann gemeinsam ins Auto auf den Beifahrersitz gebracht und seien bei den herrschenden widrigen Wetterverhältnissen ins Krankenhaus in Weißenhorn gefahren. Dort hätten die Frau des Klägers und seine Tochter ihn in Empfang genommen.

Zum konkreten Unfallablauf befragt, gab der Zeuge an, dass er diesen bis heute nicht kenne. Der Kläger habe gesagt, er wäre vom Hochstand gefallen. Er wisse aber nicht genau, was er sich darunter vorzustellen habe, ob er ganz oben gewesen sei oder ob eine Sprosse durchgebrochen sei oder ähnliches. Sie hätten in der Folgezeit auch nicht darüber gesprochen, wo sich der Unfall konkret ereignet habe. Der Zeuge kenne zwar die Gegend, sei aber selbst kein Jäger und kenne sich deshalb nicht besonders gut mit den Waldwegen aus. Er wisse daher nicht, an welchem konkreten Ort der Unfall passiert sei.

Das Jagdhaus kenne er von etwa sechs bis acht Besuchen dort, z. B. zu Familienfeiern oder zum Grillen im Sommer.

Nach Vorlage der Feldstückkarte und dem Auszug aus dem Bayernatlas durch die Vorsitzende erläutert der Zeuge die Örtlichkeiten und die Fahrt wie folgt: Er sei um den Kläger abzuholen nach N. reingefahren und dann die Straße „G.“ hochgefahren und dann zur Jagdhütte abgebogen. Er zeigte dabei auf die Stelle nördlich von N ... Auf den Vorhalt der Vorsitzenden, dass ein anderer Ort südlich von N. als Unfallort ins Gespräch gebracht worden sei, sagte der Zeuge aus, dass er dazu keine Angaben machen könne. Er wisse nur, dass er den Kläger aus dem Jagdhaus an soeben angegebener Stelle abgeholt habe.

Zu Telefonaten befragt sagte der Zeuge aus, dass er sich daran nicht mehr genau erinnern könne. Eventuell hätten sie seine Cousine angerufen und gesagt, dass sie mit dem Kläger unterwegs seien. Eventuell habe der Kläger mit seinem Bruder telefoniert. Er wisse aber nicht mehr, ob dieses Telefonat schon im Auto oder noch im Jagdhaus stattgefunden habe. Er wisse nur, dass thematisiert worden sei, dass die Waffe noch am Unfallort liege. Der Zeuge habe auf diese Sachen auch nicht geachtet, denn es sei sehr schlechtes Wetter mit Glatteis gewesen. Sein Anliegen sei gewesen, den Kläger sicher ins Krankenhaus zu bringen und T. R. und sich selbst anschließend sicher nach Hause. Er könne sich noch daran erinnern, dass er den Kläger eigentlich ins Krankenhaus nach Ulm habe bringen wollen. Der Kläger habe jedoch darauf bestanden, nach Weißenhorn gefahren zu werden.

Er könne nicht mehr ganz genau sagen, zu welcher Uhrzeit der Anruf von der Frau des Klägers erfolgt sei. Er meine, dass es zwischen 20 und 21 Uhr gewesen sei. Er habe dann mit Herrn R. geklärt, wie sie den Kläger gemeinsam abholen würden und habe anschließend seine Cousine zurückgerufen. Nach seiner Einschätzung seien seit ihrem Anruf ca. 25 bis 30 Minuten vergangen, bis Herr R. und er beim Jagdhaus eingetroffen wären. Er könne nichts dazu sagen, ob sich beim Jagdhaus ein Wildgehege befände. Für ihn sei der Zugang zum Jagdhaus ein normales Tor. Das Wildgehege und das Jagdhaus stünden für ihn zueinander nicht in Verbindung. Sie hätten an dem Abend auch nur den „offiziellen Weg“ zum Jagdhaus benutzt. Es könne sein, dass es noch weitere Zugänge gäbe, diese seien aber mit dem Auto nicht befahrbar.

Weitere Angaben des Klägers Auf Nachfrage der Vorsitzenden zu seinen Jagdplänen am Unfalltag erklärte der Kläger, dass er die Intention gehabt habe, in der Nacht Jagd auf Wildschweine zu machen. Er habe eine entsprechende Fährte im Dammwildgehege gesehen. Auf Damwild habe er nicht schießen wollen, weil man da im Dunkeln mehr falsch als richtig machen könne. Füchse habe er im Dammwildgehege eigentlich auch nicht haben wollen. Es sei richtig, dass von dem Hochsitz aus sowohl in das Dammwildgehege als auch über das Gatter hinaus in das Gemeindejagdrevier hinein geschossen werden könne.

Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2015 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, den Unfall vom 28.12.2014 als Arbeitsunfall anzuerkennen und entsprechende Leistungen zu erbringen.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagtenvertreter schätzt die Sach- und Rechtslage wie folgt ein: Es ergäbe sich nach wie vor kein klares Bild zum Unfallort. Dieser ist jedenfalls nicht mit Vollbeweis nachgewiesen. Selbst wenn der Kläger von dem Hochsitz im Damwildgehege auf Füchse und Wildschweine habe ansitzen wollen, handle es sich nicht um eine versicherte Tätigkeit. Es sollte eben gerade nicht auf Damwild geschossen werden.

Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akten Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig und begründet. Die Beklagte hat zu Unrecht die Anerkennung des Unfalles des Klägers vom 28.12.2014 abgelehnt.

Das Gericht ist nach den Angaben des Klägers sowie der Zeugen A. und C. davon überzeugt, dass der Kläger einen versicherten Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung erlitten hat. Denn das Gericht ist überzeugt, dass die Beklagte - veranlasst durch die missverständlichen und daher irreführenden Angaben des Klägers und seines Bruders A. - zunächst fälschlicherweise von einem unzutreffenden Unfallort ausgegangen ist. Zutreffend ist jedoch, dass sich der Unfall an einem Hochsitz im Wildgehege ereignet hat. Für dieses Gebiet war der Kläger nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) als Unternehmer des landwirtschaftlichen Unternehmens (u. a. Dammwildzucht) mit versichert. Nach der Überzeugung des Gerichts übte der Kläger im Unfallzeitpunkt auch eine Tätigkeit aus, die mit der Hege des Wildgeheges im Zusammenhang stand. Insofern geht das Gericht davon aus, dass die tatsächliche Tätigkeit im Unfallzeitpunkt (Besteigen des Hochsitzes zum Zweck, ein in das Wildgehege eingedrungenes Wildschwein zu schießen) unter den Versicherungsschutz fiel.

Gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Handlung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. u. a. Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196-209 m. w. N.). Der Gesundheitserstschaden (Primärschaden, Gesundheitsbeeinträchtigung) ist eine den Versicherungsfall begründende Tatbestandsvoraussetzung und daher keine Folge des Arbeitsunfalls (vgl. BSG, Urteil vom 05.07. 2011 - B 2 U 17/10 R -, BSGE 108, 274-289). Voraussetzung für weitergehende Leistungsansprüche wie die Gewährung einer Verletztenrente ist das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen (weiteren Gesundheitsschäden auch Sekundärschäden oder Dauerschäden) aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) (vgl. BSG, Urteil vom 18.11. 2008 - B 2 U 27/07 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 30, SozR 4-2700 § 2 Nr. 12 m. w. N.).

Beweismaßstab für das Unfallereignis, den Gesundheitserstschaden und die weiteren Gesundheitsschäden ist nach ständiger Rechtsprechung der Vollbeweis, also die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen dem Unfallereignis, dem Gesundheitserstschaden und den weiteren Gesundheitsschäden genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, also die überwiegende Wahrscheinlichkeit, wenn nach der medizinisch-naturwissenschaftlichen Auffassung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht (vgl. BSG vom 02.04.2009, B 2 U 29/07; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R).

Ausgehend von diesen Maßgaben und nach Würdigung aller vorliegenden medizinischen Unterlagen und ärztlichen Gutachten und Stellungnahmen ist das Gericht überzeugt, dass die Voraussetzungen für einen Versicherungsfall gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII erfüllt sind.

Kernfrage des Verfahrens war, ob der Kläger zum Unfallzeitpunkt bei seiner konkreten Tätigkeit als Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens zum versicherten Personenkreis gehörte.

Versicherter Personenkreis Nach § 8 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SGB VII war der Kläger selbst als Unternehmer des landwirtschaftlichen Unternehmens in Form des vom Vater geerbten Waldgrundstücks, auf dem die Dammwildzucht betrieben wird, versichert. Nach der Überzeugung des Gerichts geschah der Unfall auf dem versicherten Gebiet nördlich von N., konkret an dem Hochsitz, der dort steht, wo die Flurstücke 921, 922 und 907 aneinandergrenzen. Das Gericht ist folglich auch überzeugt, dass sich der Unfall nicht auf dem Flurstück im Süden von N. mit der Flurnummer 68 bzw. 129/2 ereignet hat.

Zu dieser Überzeugung ist das Gericht gelangt durch die Angaben des Klägers und der Zeugen A. und C ... Die vom Beklagtenvertreter vorgelegten telefonischen Angaben von J. S. vom 26.4.2016 konnten dagegen nicht überzeugen. Dabei ist es dem Gericht ein Anliegen, deutlich zu machen, dass es dem Beklagtenvertreter zugesteht, das Telefonat in der Gesprächsnotiz völlig korrekt und vollständig wiedergegeben zu haben. Auch ist das Gericht davon überzeugt, dass J. S. gegenüber dem Beklagtenvertreter nach bestem Wissen und Gewissen nach seiner Erinnerung korrekte Angaben gemacht hat. Das Gericht ist jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass es hier zu einem nicht mehr aufklärbaren Missverständnis zwischen Herrn S. und A. gekommen ist. Insbesondere bei dem Zeugen C. konnte das Gericht keine Anhaltspunkte für eine Falschaussage finden. Vielmehr war dieser Zeuge wiederholt bemüht, deutlich zu machen, was er aus eigener Wahrnehmung wusste und wozu er keine sicheren Angaben machen konnte. Auffällig war dabei, dass der Zeuge C. auf Nachfrage angab, dass ihm der konkrete Unfallort unbekannt sei und er lediglich den Kläger aus dem Jagdhaus abgeholt habe. Der Zeuge gab zu verstehen, dass ihn die ganze Hintergrundgeschichte zu dem Unfall nicht interessiere und interessiert habe. Diese Angaben und die Einstellung des Zeugen sind deshalb so bemerkenswert, weil es dem Zeugen ein leichtes gewesen wäre auszusagen, dass der Kläger ihm erzählt habe, wo er konkret verunglückt sei. Auch gewann das Gericht bei der Aussage des Zeugen C. den Eindruck, dass zwischen ihm und dem Kläger kein besonderes Näheverhältnis bestand oder besteht. Zwischen beiden schien vielmehr nur eine für eine weitere Verwandtschaft nicht untypische lockere Bekanntschaft zu bestehen. Zu keiner Zeit entstand für das Gericht der Eindruck, dass der Kläger mit dem Zeugen C. eine gemeinsame Geschichte abgesprochen habe.

Die Angaben des Zeugen A., dass er das Gewehr am Hochsitz im Dammwildgehege abgeholt habe, stützen die Aussage des Klägers.

Für das Gericht ist v.a. nach den Angaben des Zeugen C. mit Vollbeweis nachgewiesen, dass dieser den Kläger im Jagdhaus nördlich von N. abholte. Wegen der übereinstimmenden Angaben des Klägers, des Zeugen A. und des Zeugen C. steht für das Gericht fest, dass sich der Unfallort an dem Hochsitz auf dem Dammwildgehege, wo die Flurstücke 921, 922 und 907 aneinandergrenzen, im Norden von N. befand. Denn bei den geographischen Gegebenheiten, den winterlichen Witterungsverhältnissen und der erlittenen offenen Unterschenkelmehrfragmentfrakur wäre es gänzlich lebensfremd, wenn sich der im Süden von N. verunfallte Kläger nicht nur den etwa einen Kilometer bis zum südlichen Ortsbeginn von N. sondern darüber hinaus bis zum Jagdhaus geschleppt haben sollte.

Für dieses Unfallgebiet war der Kläger wie dargestellt nach § 8 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SGB VII selbst als Unternehmer des landwirtschaftlichen Unternehmens in Form des vom Vater geerbten Waldgrundstücks, auf dem die Dammwildzucht betrieben wird, versichert.

Versicherte Tätigkeit § 123 SGB VII bestimmt den Umfang des landwirtschaftlichen Unternehmens, welches von der gesetzlichen Unfallversicherung erfasst werden kann. Versicherte Unternehmer sind dabei u. a. diejenigen, die Land- und Forstwirtschaft, die Aufzucht von Nutz- oder Zuchttieren sowie Jagden betreiben (vgl. auch Riebel in: Hauck/Noftz, SGB, 04/14, § 2 SGB VII, Rn. 56).

Die Brüder A. und der Kläger waren bezüglich des vom Vater geerbten Grundstücks (mit nach den letzten Angaben 2,99 ha Forst, 1,18 ha Grünland und 20 Stück Wildtierhaltung), auf dem sich nach Überzeugung des Gerichts der Unfall ereignete, wie der Vater zuvor als Grundstückseigentümer einer Grundstücksgemeinschaft versichert. Die Beklagte teilte ihnen mit Bescheid vom 23.09.2015 die Zuständigkeit für das neue Unternehmen mit.

Der Kläger selbst hat angegeben, dass er am Unfallabend kein Damwild sondern ein Wildschwein, ggf. auch einen Fuchs, schießen wollte. Nach seiner Aussage wollte er dies tun, um das Dammwildgehege frei von diesen beiden anderen Wildtierarten zu halten, die er als Schädlinge und Krankheitsüberträger betrachtete.

Das Gericht ist nach den Angaben des Klägers davon überzeugt, dass der Kläger in der Unfallnacht mit dem Vorhaben, in das Dammwildgehege eingedrungene Schädlinge zu erlegen, den Hochsitz erklimmen wollte. Nach der Auffassung des Gerichts handelt es sich dabei nicht um eine Tätigkeit aus reiner Jagdfreude, sondern diese sollte dem Erhalt des Wildgeheges als solchem dienen, Fremdwildschäden zu verhindern und damit dem Erhalt eines gesunden Dammwildbestandes dienen. Damit stand die beabsichtigte Tätigkeit des Klägers unmittelbar mit dem versicherten Unternehmen im Zusammenhang. Aus diesem Grund sieht das Gericht die konkrete Tätigkeit des Klägers zum Unfallzeitpunkt als versicherte Tätigkeit im Rahmen des § 8 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SGB VII an.

Nach alledem war der Kläger bei seinem Unfall am 28.12.2014 versichert nach § 8 Abs. 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SGB VII. Der Unfall des Klägers vom 28.12.2014 ist somit als Arbeitsunfall anzuerkennen und es sind entsprechend Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringen.

Dem Antrag des Klägers war folglich stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 183, § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

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(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche
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published on 05/07/2011 00:00

Tenor Die Revision wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Feststellung des Zustandes nach Innenmeniskushinterhornresektion als Unfallfolge begehrt.
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Annotations

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft ist für folgende Unternehmen (landwirtschaftliche Unternehmen) zuständig, soweit sich nicht aus dem Dritten Unterabschnitt eine Zuständigkeit der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand ergibt:

1.
Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues, der Fischzucht, Teichwirtschaft, Seen-, Bach- und Flußfischerei (Binnenfischerei), der Imkerei sowie der den Zielen des Natur- und Umweltschutzes dienenden Landschaftspflege,
2.
Unternehmen, in denen ohne Bodenbewirtschaftung Nutz- oder Zuchttiere zum Zwecke der Aufzucht, der Mast oder der Gewinnung tierischer Produkte gehalten werden,
3.
land- und forstwirtschaftliche Lohnunternehmen,
4.
Park- und Gartenpflege sowie Friedhöfe,
5.
Jagden,
6.
die Landwirtschaftskammern und die Berufsverbände der Landwirtschaft,
7.
Unternehmen, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
8.
die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau und deren weitere Einrichtungen sowie die Zusatzversorgungskasse und das Zusatzversorgungswerk für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft.

(2) Landwirtschaftliche Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 sind nicht

1.
Haus- und Ziergärten,
2.
andere Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes vom 28. Februar 1983 (BGBl. I S. 210), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2538),
es sei denn, sie werden regelmäßig oder in erheblichem Umfang mit besonderen Arbeitskräften bewirtschaftet oder ihre Erzeugnisse dienen nicht hauptsächlich dem eigenen Haushalt.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß auch andere als die in Absatz 1 genannten Unternehmen als landwirtschaftliche Unternehmen gelten, wenn diese überwiegend der Land- und Forstwirtschaft dienen.

(4) Unternehmen, die aufgrund von Allgemeinen Entscheidungen des Reichsversicherungsamtes beim Inkrafttreten dieses Buches einer landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft angehören, gelten als landwirtschaftliche Unternehmen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft diese Unternehmen in einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zusammenfassen. Dabei können die Zuständigkeiten auch abweichend von den Entscheidungen des Reichsversicherungsamtes bestimmt werden, soweit dies erforderlich ist, um zusammengehörige Unternehmensarten einheitlich der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft oder den gewerblichen Berufsgenossenschaften zuzuweisen.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.