Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 16. Dezember 2009 – 10 K 330/09 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 10.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
Der fristgerecht gestellte und auch ansonsten zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16.12.2009 – 2 A 330/09 -, mit dem seine gegen den Bescheid des Beklagten vom 29.10.2008 (Ausweisung und Versagung der beantragten Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.3.2009 gerichtete Klage abgewiesen wurde, hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung (§ 124 II Nr. 1 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsache (§ 124 II Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.
Der Kläger hat seinen Zulassungsantrag im Wesentlichen damit begründet, dass er sich mit Blick auf die ergangene Ausweisungsverfügung entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auf § 56 I 1 Nr. 2 AufenthG berufen könne. Die Behörde habe mit der Ausstellung der Fiktionsbescheinigung einen Rechtsschein dahingehend gesetzt, dass sein Aufenthalt als erlaubt gelte, wie aus der Bescheinigung selbst zu ersehen sei. Dies könne aus der entscheidenden Adressatensicht nur so verstanden werden, dass er sich weiterhin erlaubt in Deutschland aufhalten dürfe. Dieser Rechtsschein könne nicht im Nachhinein dadurch beseitigt werden, dass der Beklagte die Erteilung der Bescheinigung als Behördenirrtum bezeichnet habe. Dieser hätte schließlich die Bescheinigung unverzüglich einziehen und dem Kläger eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung erteilen können. „Nach dem Grundsatz der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns in Verbindung mit dem Vertrauensschutzgrundsatz“ sei die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die Fiktionsbescheinigung keine konstitutive Wirkung haben könne und lediglich Beweiszwecken diene, falsch. Davon ausgehend erfülle er die 5-Jahres-Frist des § 56 I 1 Nr. 2 AufenthG, so dass es bei der vorzunehmenden Überprüfung, ob die Ausweisung aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geboten wäre, auf Art. 6 I GG, Art. 8 I EMRK ankomme. Dies sei vorliegend offensichtlich nicht der Fall. Sei somit die Begründung für die verwaltungsgerichtliche Annahme, er genieße keinen besonderen Ausweisungsschutz, fehlerhaft, spreche zumindest eine Vermutung dafür, dass auch bezüglich des Entscheidungsergebnisses ernstliche Zweifel bestünden. Daraus ergebe sich zwangsläufig, dass sich der Kläger entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts darauf berufen könne, dass der Ausweisungsgrund mit Blick auf die ihm am 18.11.2004 erteilte Aufenthaltsbefugnis und „durch den Verlängerungsantrag“, der Fiktionswirkung entfaltet habe, verbraucht sei. Schließlich begründeten auch – bedenklich formulierte – Erwägungen des Verwaltungsgerichts (S. 20 des Urteilsum-drucks) ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der ergangenen erstinstanzlichen Entscheidung. Denn das Verwaltungsgericht unterstelle dem Kläger und seiner Familie, mit dem Generalkonsulat zum Schaden der Bundesrepublik Deutschland („kollusiv“) gehandelt zu haben. Da es für eine solche im Zusammenwirken mit dem algerischen Generalkonsulat begangene Straftat nicht die geringsten objektiven Anhaltspunkte gebe, seien „ermessensfremde Motive“ in die damit grob ermessensfehlerhaft werdende Entscheidung eingeflossen. Gerade die Formulierung (S. 21 1. Abs., letzter HS des Urteilsumdrucks), die Ausstellung eines Reisepasses sei mit vorgefasster Meinung abgelehnt worden, spreche deutlich für eine Voreingenommenheit der Kammer. Im Übrigen verkenne die Kammer die völkerrechtliche Funktion der Botschaft bzw. des Generalkonsulates der Republik Algerien, die immer noch völlig autark entscheiden könne, wem sie einen Reisepass ausstelle. Sie habe zu akzeptieren, dass das allein zuständige Generalkonsulat in Bonn dem Kläger trotz Vorführung keinen Reisepass ausgestellt habe und auch nicht ausstellen werde. Daher habe er es im Sinne des § 25 V 1 AufenthG nicht zu vertreten, dass er nicht ausreisen könne. Dass das Gericht vom gewünschten Ergebnis her argumentiere, zeige die Aussage, dass er ohnehin keinen Anspruch gemäß dieser Vorschrift habe, da er zumutbare Anforderungen zur Beseitigung des Ausreisehindernisses nicht erfüllt habe. Wenn ihm trotz Vorführung kein Reisepass ausgestellt werde, sei es ihm objektiv unmöglich, noch weitere Anstrengungen zur Passbeschaffung anzustellen. Schließlich seien die Anforderungen, die die Kammer „im Hinblick auf das gewünschte Ergebnis“ stelle, auch überhöht. Einem Ausländer, der als „Kleinstkind“ in die Bundesrepublik eingereist sei und demzufolge wohl generell den gleichen Schutz wie ein Unionsbürger genieße, könne nicht angesonnen werden, mit allen Mitteln auf seine Auslandsvertretung einzuwirken, dass diese ihm endlich einen Pass ausstelle. Es sei doch völlig nachvollziehbar, dass der Kläger absolut keine Bezüge zu Algerien habe, da er mit drei Jahren dieses Land verlassen habe. Dies hätten sowohl der Beklagte als auch das Gericht verkannt und stattdessen ständig seine Straftaten in den Vordergrund gestellt, ohne Art. 8 I EMRK bedeutungsangemessen anzuwenden. Die Berufung sei darüber hinaus auch gemäß § 124 II Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergebe sich daraus, dass die generelle Problematik, ob die Weigerung der Auslandsvertretung, einen Reisepass für einen ihrer Staatsangehörigen auszustellen, für sich allein gesehen schon ausreiche, um von einer Unzumutbarkeit im Sinne des § 25 V 1 AufenthG auszugehen, oder ob der Ausländer sich trotz dieser definitiven Weigerung weiterhin bei seiner Auslandsvertretung um einen Pass bemühen müsse. Wenn die Auslandsvertretung eine Passausstellung ablehne, sei dies vom Ausländer ebenso wie von der Ausländerbehörde hinzunehmen, weil sie dies in Kenntnis der Person des Ausländers und der Umstände, insbesondere auch in Kenntnis eines Rücknahmeübereinkommens zwischen Algerien und Deutschland getan habe. Ein Vorgehen gegen eine nachweisbare Ablehnung – wie bei dem Kläger - könne dem Ausländer nicht zugemutet werden. Anders liege der Fall, wenn die Auslandsvertretung nur untätig bleibe.
Die Antragsbegründung rechtfertigt zunächst nicht die Zulassung der Berufung gemäß § 124 II Nr. 1 VwGO, denn an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen keine ernstlichen Zweifel.
Zunächst kann sich der Kläger hinsichtlich der angefochtenen Ausweisungsverfügung nicht mit Erfolg auf besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 I 1 Nr. 2 AufenthG berufen, denn er erfüllt nicht dessen Tatbestandsvoraussetzung eines mindestens fünfjährigen rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet. Wie sowohl das Verwaltungsgericht als auch der Beklagte zutreffend festgestellt haben, war der Aufenthalt des Klägers nur während der bis zum 17.11.2006 bestehenden Gültigkeit der ihm am 18.11.2004 erteilten, ab 1.1.2005 als Aufenthaltserlaubnis fortgeltenden Aufenthaltsbefugnis rechtmäßig. Sein erst zwei Monate nach Ablauf der Aufenthaltserlaubnis beim Beklagten eingegangener Verlängerungsantrag vom 12.1.2007 konnte, worauf der Senat bereits in seinem im Beschwerdeverfahren ergangenen Beschluss vom 30.6.2009 - 2 B 366/09 – hingewiesen hat, ebenso wie die irrtümlich vom Beklagten ausgestellte Fiktionsbescheinigung, die als solche nur Beweiszwecken dient, aber keine konstitutive Wirkung haben kann, keine Fiktionswirkung im Sinne des § 81 IV AufenthG auslösen. Zu der Fiktionswirkung hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urteil vom 30.3.2010 – 1 C 6/09 -, BVerwGE 136, 211) ausgeführt, dass Sinn und Zweck der neuge-stalteten Fiktionswirkung in dieser Vorschrift gewesen sei, der Neuordnung des Arbeitsgenehmigungsrechts durch das Zuwanderungsgesetz gerecht zu werden. Da nunmehr nach § 4 III 1 AufenthG Ausländer eine Erwerbstätigkeit nur ausüben dürften, wenn der Aufenthaltstitel sie dazu berechtige, sei es zwingend erforderlich gewesen, die bisher über das gesonderte Arbeitsgenehmigungsrecht mögliche Fortsetzung der Erwerbstätigkeit während eines noch ungeklärten Anspruchs auf Verlängerung oder Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis durch eine fiktive Aufrechterhaltung des Aufenthaltstitels sicherzustellen (für die Dauer des Antragsverfahrens bei der Ausländerbehörde in § 81 IV AufenthG, für das Widerspruchs- und Klageverfahren in § 84 II 2 AufenthG). Dass darüber hinaus durch § 81 IV AufenthG auch die aufenthaltsrechtlichen Verfestigungsmöglichkeiten – unabhängig von der materiellen Rechtslage – hätten grundlegend umgestaltet und verbessert werden sollen, sei dagegen nicht ersichtlich. Vielmehr spreche alles dafür, dass die Fortbestandsfiktion - ebenso wie nach § 69 III AuslG 1990 - nur vorläufigen Charakter bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde haben und sich auf die Beurteilung des materiellen Anspruchs auf Verlängerung oder Neuerteilung eines anderen Aufenthaltstitels nicht auswirken sollte. Denn ein Antragsteller solle durch die verspätete Entscheidung über seinen Antrag nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn die Behörde alsbald entschieden hätte. Daher habe auch die Fiktion nach § 81 IV AufenthG besitzstandswahrende, nicht aber rechtsbegründende Wirkung. Steht danach eine – tatsächliche - fiktive Fortgeltung einer Aufenthaltserlaubnis dem Besitz der Aufenthaltserlaubnis nur dann gleich, wenn dem Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt auch ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zusteht (BVerwG, Urteil vom 16.11.2010 – 1 C 21/09 -, juris) , konnte die dem Kläger wegen nicht bestehender Fiktionswirkung zu Unrecht ausgestellte Fiktionsbescheinigung – entgegen seiner Meinung – erst recht nicht wegen eines von ihrer bloßen Existenz ausgehenden „Rechtsscheins“ rechtsbegründend sein. Somit ist auf den Kläger § 56 I 2 AufenthG, wonach Ausländer im Sinne des Satzes 1 dieser Vorschrift nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden, nicht anwendbar.
Der Zulassungsantrag des Klägers kann ferner, soweit er wohl über die Ausweisung hinaus von einem „Verbrauch“ der Ausweisungsgründe (vgl. § 5 I Nr. 2 AufenthG) auch mit Blick auf die begehrte Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeht, keinen Erfolg haben. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Ausweisungsgründe – zumal in Form eines Erlaubnisversagungsgrundes – in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden dürfen, als sie noch „aktuell“ und nicht „verbraucht“ sind bzw. die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent „verzichtet“ hat. (BVerwG, Urteil vom 15.3.2005 – 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114, m.z.w.N.) Von einem solchen Fall ist vorliegend indes auszugehen. Der Kläger ist, nachdem er mit Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 14.9.2004 (Bl. 35 Ausländerakte) zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, die auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt worden war, im Zusammenhang mit der Erteilung der Aufenthaltsbefugnis am 18.11.2004 am 23.11.2004 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass eine erneute Straffälligkeit eine Ausweisung bzw. Rücknahme der Aufenthaltsbefugnis bzw. Versagung einer Verlängerung des Aufenthaltstitels zur Folge haben könne. (Bl. 52 Ausländerakte) Danach wurde er mit weiterem Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 16.12.2004 - wegen vor der Belehrung liegender Delikte – unter Einbeziehung der früheren Verurteilung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und fünf Monaten, die auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde, verurteilt. Unter Einbeziehung dieser beiden Verurteilungen wurde der Kläger schließlich durch Urteil des Amtsgerichts A-Stadt vom 14.9.2006 (Bl. 148 Ausländerakte) wegen in den Jahren 2005 und 2006 begangener weiterer Straftaten – u.a. räuberischer Erpressung in zwei Fällen - zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach diesen Verurteilungen beantragte der Kläger sodann – nach Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis am 17.11.2006 – mit Schreiben vom 12.1.2007 die Verlängerung seines Aufenthaltstitels, die der Beklagte schließlich nach einer Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 29.10.2008 abgelehnt hat. Da die dem Kläger am 19.1.2007 erteilte Fiktionsbescheinigung mangels bestehender Fiktionswirkung nach dem Vorstehenden nicht nur ins Leere ging, sondern auch unter Vertrauensaspekten ohne Bedeutung war, hat der Beklagte nichts unternommen, was dem Kläger hätte berechtigten Anlass geben können, auf die aufenthaltsrechtliche Folgenlosigkeit seiner kriminellen Handlungen zu vertrauen. Ein Verbrauch von Ausweisungsgründen ist daher nicht feststellbar.
Die Zulassung der Berufung ist auch nicht wegen der Rüge des Klägers gerechtfertigt, die erkennende Kammer sei bei Erlass der angefochtenen Entscheidung ausweislich ihrer Ausführungen über ein Zusammenwirken des Klägers, seiner Familie und des Generalkonsulats voreingenommen gewesen. Der Begründung der angefochtenen Entscheidung vermag der Senat auch unter Berücksichtigung der hierzu gegebenen Begründung des Klägers keine ernsthaften Anhaltspunkte für eine erstinstanzliche Befangenheit zu entnehmen.
Der Kläger beanstandet Ausführungen, die im Rahmen der Prüfung des Verwaltungsgerichts, ob die Erlangung von Reisepapieren durch die Auslandsvertretung für den Kläger überhaupt noch möglich und auch zumutbar ist, erfolgt sind. Dabei hat das Gericht zunächst dargelegt, dass auch weiterhin eine Dokumentenbeschaffung möglich sei (S. 20 des Urteilsumdrucks, dritter Absatz). Es hat danach ausgeführt, dass sich daran auch für den Fall nichts ändere, dass die algerische Auslandsvertretung – eventuell im Rahmen eines „kollusiven“ Zusammenwirkens mit der Familie des Klägers – die Ausstellung eines Reisepapiers für den Kläger ablehne, um dessen Rückführung ins Heimatland zu verhindern, denn auch bei einer solchen Fallkonstellation lägen die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 V AufenthG nicht vor.
Zunächst ist die Annahme des Klägers, mit dem Wort „kollusiv“ werde eine Straftat unterstellt, ohne weitere Darlegung nicht nachvollziehbar, denn dieser Begriff ist nicht nur im Strafrecht, sondern auch im Zivilrecht und darüber hinaus auch umgangssprachlich als Ableitung von „kolludieren“, das „im geheimen Einverständnis stehen“ (Vgl. etwa Duden, Die deutsche Rechtschreibung, 2000) bedeutet, gebräuchlich. Dafür, dass das Gericht das Wort in einem anderen als in seiner umgangssprachlichen Bedeutung verwenden wollte, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Dass es in seiner Entscheidung das Verhalten der Auslandsvertretung mit deutlichen Worten kritisiert und – wie die angegebenen Belegstellen zeigen – sowohl auf eine Verhinderungsabsicht des Generalkonsulats als auch eine Beteiligung der Familie des Klägers hingewiesen hat, ist indes in der Sache nicht zu beanstanden und weist auch nicht auf eine Voreingenommenheit der Kammer hin. Zum einen steht die Vertragswidrigkeit der Vorgehensweise des Generalkonsulats fest. Denn die Auslandsvertretung ist, worauf das Auswärtige Amt in seiner Verbalnote vom 10.7.2009 auch hingewiesen hat, gemäß Art. 1 III des deutsch- algerischen Rückübernahmeabkommens verpflichtet, nach Vorlage einer Kopie des Reisepasses ein Passersatzpapier auszustellen. Hiergegen hat das Generalkonsulat nach Aktenlage klar verstoßen. Zum anderen ist auch eine vom Verwaltungsgericht in Betracht gezogene Beteiligung der Familie des Klägers nach Aktenlage keineswegs fernliegend; sie drängt sich vielmehr auf.
Unstreitig hatten Vater und Schwester A des Klägers bereits am 8.4.2009 beim algerischen Generalkonsulat vorgesprochen, um den Reisepass der Letztgenannten verlängern zu lassen. Bei dieser Gelegenheit haben beide ausweislich der eidesstattlichen Versicherung des Vaters vom 9.4.2009 (Bl. 407 Ausländerakte) „ganz offen“ über die persönliche Situation des Klägers und seiner Familie mit Frau A gesprochen. Zur Sprache seien die Abschiebehaft, in der sich der Kläger zu dieser Zeit befunden habe, ferner seine Verlobung mit einer Deutschen und die Eheschließungsabsicht gekommen. Schließlich hätten sie gefragt, ob ihm nicht ein Pass oder ein Laissez-Passer ausgestellt werden könne, damit er „wenigstens aus der Haft entlassen werden“ könne. Dies habe Frau A abgelehnt, weil er bereits mit drei Jahren nach Deutschland übergesiedelt und hier aufgewachsen sei, sich in Algerien keine Familie mehr befinde, vielmehr Eltern, Geschwister und „alle anderen Verwandten“ im Bundesgebiet lebten, er seine deutsche Verlobte heiraten wolle und seine Familie mit gesicherten Aufenthaltsrechten seit langer Zeit und absehbar bis zu ihrem Lebensende in Deutschland lebe. Da er in Deutschland seine Ausbildung gemacht habe, sei er verpflichtet, dies durch Arbeitsleistung in Deutschland zu vergelten. Dass diese vorgetragene dezidierte Begründung der Frau A auf der Unterrichtung durch die Familie des Klägers beruhte, lässt sich schon daraus schließen, dass etwa der Aufenthaltsort „aller anderen Verwandten“ im Generalkonsulat sicherlich nicht aktenkundig ist, nur für eine Integration des Klägers in Deutschland sprechende Aspekte Erwähnung fanden, während - als gravierend dagegen sprechende Umstände – u.a. seine Straffälligkeit und Drogenabhängigkeit überhaupt nicht thematisiert wurden und seine „Ausbildung“, die weder Schulabschluss noch Berufsausbildung aufweist, nur pauschal genannt wurde. Es muss im gegebenen Zusammenhang auch als lebensfremd angesehen werden, dass Vater und Schwester mit ihrer an Frau A gerichteten Frage ernsthaft die Ausstellung eines Passes oder eines Laissez-Passer für den Kläger, damit er „wenigstens aus der Abschiebehaft entlassen“ werden könne, hätten erreichen wollen. Dagegen spricht schon mit Gewicht die Tatsache, dass er in diesem Falle sofort hätte abgeschoben werden können, woran offensichtlich weder der Kläger noch seine Familie interessiert sind. Vielmehr konnte diese Frage vor dem Hintergrund der zuvor erteilten Informationen der Sache nach nur als Anregung oder Bitte an Frau A verstanden werden, diese Abschiebung mit Blick auf die behauptete Integration des Klägers nicht durch die Erteilung eines Reisedokuments zu ermöglichen. Angesichts der auf den erteilten Informationen beruhenden Antwort der Frau A liegt es daher nahe, von einem stillschweigenden „Zusammenwirken“ der Handelnden auszugehen; diese naheliegende Annahme wird auch durch die Geschehnisse in der Folge gestützt.
Allerdings bedeutete für den Kläger die vorgenannte Erklärung der Frau A noch keine endgültige Verweigerung der Ausstellung eines Reisepapiers durch die Auslandsvertretung. Dies ergibt sich aus dem Telefonanruf des Herrn Y vom 20.4.2009, bei dem dieser einem Mitarbeiter des Beklagten erklärte, es würde für den Kläger zwar kein Passersatzdokument ausgestellt, die Ausstellung eines Reisepasses sei indes im Rahmen seiner persönlichen Vorsprache möglich (Bl. 292 Ausländerakte) . Überraschenderweise erklärte dann aber ein Mitarbeiter des Generalkonsulats bei der darauf hin erfolgten Vorführung des Klägers am 29.4.2009 im Generalkonsulat, bei dessen Eintreffen dessen Familienangehörige und Verlobte im dortigen Wartebereich anwesend waren, dem Mitarbeiter des Beklagten ausweislich seines Vermerks vom 30.4.2009 (Bl. 328 Ausländerakte) „bereits nach kurzer Zeit in einem kurzen Gespräch“, dass für den Kläger kein Passersatzpapier ausgestellt würde und für das Generalkonsulat dieser Fall abgeschlossen sei; auf Einwände hinsichtlich der Ausreiseverpflichtung des Betroffenen und Voraussetzungen für die Ausstellung eines Passersatzdokuments gemäß Rückübernahmeabkommen sei er nicht eingegangen. Diese überraschende Erklärung, die in krassem Widerspruch zum Inhalt des Telefonats vom 20.4.2009 stand, legt einen Zusammenhang mit dem Erscheinen der Familie zur Vorführung des Klägers nahe, dessen Sinn wohl darin bestand, insbesondere die im Generalkonsulat auch tatsächlich wiederum anwesende Frau A – sei es ausdrücklich oder durch ihre bloße Anwesenheit – an ihre die familiäre Interessenlage betreffenden Darlegungen zu erinnern. Inwiefern die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass die Ablehnung der Erteilung eines Reisepapiers auf einer „vorgefassten Meinung“ des Generalkonsulats beruhe, - selbst wenn sie falsch sein sollte - eine Voreingenommenheit der Kammer, wie der Kläger meint, belegen soll, erschließt sich angesichts dieses Geschehensablaufs nicht.
Soweit das Verwaltungsgericht u.a. unter Hinweis auf die Verbalnote der Botschaft der demokratischen Volksrepublik Algerien vom 8.10.2009 (Bl. 645 Ausländerakte) ausführt, dass die Auslandsvertretung „nicht nur die – ersichtlich fehlerhafte – Rechtsauffassung des Klägers vollständig übernommen, sondern zudem nicht beachtet“ habe, dass die Prüfung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach deutschem Recht nicht deren Sache sei, sondern in die Zuständigkeit der deutschen Behörden und Gerichte falle, kann der Kläger hiergegen nicht mit Erfolg einwenden, die Auslandsvertretung könne immer noch völlig autark entscheiden, wem sie einen Reisepass ausstelle, und die Ausländerbehörde habe dies zu akzeptieren. Insofern verkennt er wiederum, dass das Verhalten der algerischen Auslandsvertretung nicht mit dem deutsch- algerischen Rückübernahmeabkommen vereinbar ist und es in diesem Rahmen nicht darauf ankommen kann, ob sie einen ausreisepflichtigen Staatsangehörigen als „gut integriert“ ansieht.
Im Übrigen bedeutet die in der vorgenannten Verbalnote geäußerte Bitte der algerischen Auslandsvertretung um eine nochmalige Prüfung der Situation des Klägers in der Sache, dass damit keine endgültige – vertragswidrige – Ablehnung der Erteilung eines Reisedokuments erfolgte und entgegen der Meinung des Klägers keineswegs feststeht, dass für ihn ein unabsehbar andauerndes objektives Ausreisehindernis besteht.
Soweit der Kläger beanstandet, dass ihm vom Verwaltungsgericht zur Last gelegt wurde, selbst nicht aktiv auf die Ausstellung eines Passes oder Passersatzpapiers hingewirkt und daher gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen zu haben, hat er sich mit keinem der konkreten Vorhalte des Verwaltungsgerichts auseinandergesetzt, sondern sich vielmehr darauf beschränkt, diese Ausführungen lediglich unsubstantiiert als überhöhte Anforderungen und eine Argumentation „vom gewünschten Ergebnis her“ zu bezeichnen. Soweit der Kläger schließlich meint, dass ihm nicht angesonnen werden könne, „mit allen Mitteln auf seine Auslandsvertretung einzuwirken, damit diese ihm endlich einen Pass ausstellt“, ist darauf hinzuweisen, dass gerade bei der Beschaffung von Identitätspapieren von ihm mit Blick auf seine Passpflicht nach § 3 I AufenthG und seine Mitwirkungspflicht nach § 48 III AufenthG gesteigerte Anstrengungen verlangt werden können. Dazu gehört auch, soweit erforderlich, die Abgabe einer Erklärung, dass er zur freiwilligen Ausreise bereit sei, wenn von einer solchen Erklärung die Ausstellung des Reisepapiers abhängig gemacht wird oder sie zu einer deutlich schnelleren Ausstellung des Papiers führt. Auf einen eventuell entgegenstehenden inneren Willen des Ausländers kommt es insofern nicht an. Eine solche Freiwilligkeitserklärung ist einem ausreisepflichtigen Ausländer grundsätzlich zumutbar. (BVerwG, Urteil vom 10.11.2009 – 1 C 19.08 -, BVerwGE 135, 219)
Der Kläger kann auch nicht den gleichen Schutz wie ein Unionsbürger einfordern, denn eine vergleichbare Rechtsstellung kommt ihm offensichtlich nicht zu. Er beruft sich im Wesentlichen auf seinen langjährigen - aber nur während zwei Jahren rechtmäßigen - Aufenthalt im Bundesgebiet und fehlende Bezüge zu seinem Heimatland und wendet sich dagegen, dass seine Straftaten sowohl vom Beklagten als auch vom Verwaltungsgericht in den Vordergrund gestellt wurden. Dabei will er nicht zur Kenntnis nehmen, dass gerade diese Straftaten zusammen mit seinem unbewältigtem Drogenproblem, fehlendem Schulabschluss, fehlender Berufsausbildung und wirtschaftlicher Integration belegen, dass es ihm trotz offensichtlich guter Deutsch-Kenntnisse und langjährigem Aufenthalt nicht gelungen ist, in Deutschland Fuß zu fassen. Im Übrigen kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen werden.
Eine Zulassung der Berufung ist auch nicht mit Blick auf § 124 II Nr. 3 VwGO gerechtfertigt, denn der Rechtssache kommt entgegen der Meinung des Klägers keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die Berufungsentscheidung erhebliche, klärungsfähige und klärungsbedürftige, insbesondere höchst- oder obergerichtlich nicht (hinreichend) geklärte Frage allgemeiner, fallübergreifender Bedeutung aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder ihrer Fortentwicklung der berufungsgerichtlichen Klärung bedarf.
Davon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Die vom Kläger sinngemäß aufgeworfene Frage, ob die Weigerung der Auslandsvertretung, einen Reisepass für einen ihrer Staatsangehörigen auszustellen, für sich allein gesehen schon ausreiche, um von einer „Unzumutbarkeit im Sinne des § 25 V 1 AufenthG“ auszugehen, oder ob der Ausländer sich trotz dieser definitiven Weigerung weiterhin bei seiner Auslandsvertretung um einen Pass bemühen müsse, ist nicht grundsätzlich klärungsfähig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, ist über die Zumutbarkeit der einem Ausländer obliegenden Handlungen zur Beseitigung eines Ausreisehindernisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (BVerwG, Beschluss vom 15.6.2006 – 1 B 54/06 -, Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 4).
Im Übrigen kann nach dem Vorstehenden, insbesondere der Verbalnote der algerischen Botschaft vorliegend nicht von einer „definitiven Weigerung“ der Auslandsvertretung ausgegangen werden, zumal sich der Kläger bisher nicht selbst um einen Reisepass zur freiwilligen Ausreise in sein Heimatland bemüht hat.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 II VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 II, 52 I, 47 GKG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar.