Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 08. Dez. 2011 - 1 MB 27/11

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2011:1208.1MB27.11.0A
bei uns veröffentlicht am08.12.2011

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer, Einzelrichter - vom 29. September 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29.09.2011 ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichteten Antrag zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, abgelehnt. Die dagegen erhobenen Bedenken die Antragstellerin teilt der Senat nicht. Die Voraussetzungen für die Beseitigungsanordnung (§ 59 Abs. 2 Abs. 3 LBO) stellt die Antragstellerin nicht ernsthaft in Frage. In der Beschwerdebegründung klingt zwar an, dass die beanstandete Aufschüttung materiell rechtmäßig sein könnte, weil sie bereits jetzt in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB liege. Sie legt dies jedoch nicht ansatzweise dar, wie dies gemäß § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO geboten gewesen wäre. Auch von Amts wegen ist dies nach Aktenlage nicht erkennbar. Ihre näher begründete Kritik richtet sich lediglich gegen die Ermessensausübung bei Erlass der Grundverfügung und gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung. Beides überzeugt nicht:

2

Ihre Auffassung, sie – die Antragstellerin – dürfe nicht als Zustandsstörerin in Anspruch genommen werden, weil die … GmbH als Handlungsstörerin vorrangig verantwortlich sei, überzeugt nicht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gibt es kein Rangverhältnis zwischen dem Handlungsstörer und dem Zustandsstörer in dem Sinne, dass generell der Handlungsstörer in Anspruch zu nehmen sei (vgl. Senat, Beschl. v. 12.09.2002 - 1 L 144/02; Lisken/Denninger, E, 4. Aufl. 2006 Rn. 129). Die von der Antragstellerin für ihre Auffassung zitierte Entscheidung des OVG Hamburg (Urt. v. 17.05.2000 - 5 Bf 31/96) bezieht sich auch nur auf die ihrer Entscheidung zu Grunde liegende Fallgruppe der sogenannten „Altlasten“. Für die Ausübung des Ermessens bei der Auswahl des Störers ist vielmehr in erster Linie der Grundsatz der Effektivität der Störungsbeseitigung maßgeblich. Erweist sich die Inanspruchnahme des Handlungsstörers als ebenso effektiv wie die Verpflichtung des Zustandsstörer, so mögen Billigkeitsgründe dann zu Lasten des Handlungsstörers sprechen, wenn die Störung völlig außerhalb der Einflussmöglichkeiten des Eigentümers/Besitzers erfolgt. Eine solche Situation lag hier jedoch nicht vor. Hier kam als Handlungsstörer nämlich nicht eine völlig fremde Person, auf die die Antragstellerin keinerlei Einfluss hatte, als Handlungsstörerin in Betracht, sondern der von ihr beauftragte Herr … und die von Herrn … weiter beauftragte … GmbH. Zudem hatte die Antragstellerin geltend gemacht, dass der von ihr erteilte Auftrag sich auf 30 cbm beschränkt habe. Jedenfalls bei dieser Sachlage brauchte der Antragsgegner nicht alle möglichen Handlungsstörer und - daran knüpft die Kritik der Antragstellerin im Kern an - ihr Verschulden zu ermitteln. Insbesondere war es nicht ihre Aufgabe, dem Hinweis auf eventuelle Vertragsverletzungen in dem Verhältnis …/… GmbH nachzugehen. Um eine möglichst effektive Beseitigung der Störung zu gewährleisten, durfte sie die zweifelsfrei als Eigentümerin ermittelte Antragstellerin in ihrer Eigenschaft als Zustandsstörerin in Anspruch nehmen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bezieht die angefochtene Verfügung sich auch nicht auf die angrenzenden Flurstücke … und …, die nicht in ihrem Eigentum stehen. Der Wortlaut der angefochtenen Verfügung ist insoweit eindeutig. Diese bezieht sich nach ihrem Tenor nur auf das Grundstück der Antragstellerin (Flurstück …). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung, die ausdrücklich auf die Verfügung vom 21. Dezember 2010 Bezug nimmt, erweitert den räumlichen Geltungsbereich nicht. Die in der Anlage zur Vollzugsanordnung gekennzeichnete schraffierte Fläche macht lediglich deutlich, dass die Aufschüttung die Grenzen des Flurstücks überschreitet; die Beseitigungsanordnung wird dadurch sachlich aber nicht erweitert.

3

Die Verfügung verstößt nicht gegen das Übermaßverbot. Wegen der negativen Vorbildwirkung rechtfertigt in der Regel bereits eine formell rechtswidrige Nutzung den Erlass einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagungsverfügung (vgl. z.B. Beschl. des Senats v. 26.03.2007 – 1 MB 9/07 ; Beschl. v. 05.05.2008 – 1 MB 2/08). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für Beseitigungsverfügungen in Bezug auf formell rechtswidrig errichtete bauliche Anlagen, wenn die Beseitigung mit keinem oder einem nur geringen Substanzverlust verbunden ist (z.B. Beschl. des Senats v. 23.04.2003 – 1 MB 9/03). Eine solche Situation liegt hier vor. Die Auffassung der Antragstellerin, die Beseitigung der Aufschüttung führe zu einem wesentlichen Substanzverlust, weil das vorhandene Erdreich nicht klar von der Aufschüttung abgegrenzt werden könne, verkennt den Begriff des Substanzverlusts. Mit ihrer Argumentation zeigt die Antragstellerin Probleme auf, die sich möglicherweise bei dem Vollzug der Maßnahme stellen können; diese haben jedoch keinen Zusammenhang zu der Frage, ob durch die Beseitigung der Aufschüttung die Substanz einer baulichen Anlage zerstört wird. Das Gleiche gilt für die von der Antragstellerin erwähnten Probleme der Abgrenzung zu den Nachbargrundstücken.

4

Im Übrigen steht die materielle Rechtswidrigkeit der Aufschüttung auch nicht in Frage (s.o.). Der Senat teilt nach Aktenlage auch nicht die Auffassung der Antragstellerin, dass die Aufschüttungsfläche nach Fertigstellung der genehmigten Einfamilienhäuser dem unbeplanten Innenbereich gemäß § 34 Abs. 1 S. BauGB zuzurechnen sein werde. Seine Einbeziehung in den nördlich und östlich angrenzenden Bebauungszusammenhang ist fernliegend. Nach Aktenlage spricht alles dafür, dass der Bebauungszusammenhang im Norden mit den neu zu errichtenden Gebäuden auf den Flurstücken … und … und im Osten mit dem Gebäude … (Flurstück …) enden wird. Auch aus der Beschwerdebegründung ergeben sich keine Anhaltspunkte, die eine Einbeziehung der Aufschüttungsfläche in den Bebauungszusammenhang rechtfertigen könnten.

5

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

6

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

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Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 05. Mai 2008 - 1 MB 2/08

bei uns veröffentlicht am 05.05.2008

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 8. Kammer – vom 28. Februar 2008 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Gründe

Referenzen

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 8. Kammer – vom 28. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet, denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu Recht und mit überzeugender Begründung, auf die der Senat Bezug nimmt, abgelehnt. Die mit der Beschwerde angeführten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung des Senats sind (§ 146 Abs. 4 S. 6 VwGO), rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht:

2

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner die Nutzungsuntersagung nicht nur an den Pächter, sondern auch an den Antragsteller in seiner Eigenschaft als Eigentümer gerichtet hat, denn der Eigentümer ist für die vom Antragsgegner beanstandete Nutzung ebenfalls verantwortlich (vgl. Domning/Möller/Suttkus, LBO, Kommentar, Loseblatt, § 86 Rn. 121 ff). Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass bereits eine formell rechtswidrige Nutzung, die nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist, den Erlass einer sofort vollziehbaren Nutzungsuntersagungsverfügung rechtfertigt. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats. Die sinngemäß geäußerte Auffassung des Antragstellers, der Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung dürfe nicht allein auf die formelle Baurechtswidrigkeit gestützt werden, es müsse vielmehr festgestellt werden, dass die Nutzung auch materiell baurechtswidrig sei, überzeugt nicht: Für genehmigungspflichtige Vorhaben macht die Rechtsordnung die Aufnahme der Nutzung nun einmal von der vorherigen Genehmigung abhängig und mutet dem Eigentümer oder einem sonstigen Nutzungsinteressenten zu, vor Erteilung der Genehmigung von der Nutzung abzusehen. Nichts anderes kann gelten, wenn der Eigentümer und/oder der Betreiber sich nicht an die Vorschriften des formellen Rechts halten und die Nutzung schon vor Erteilung der Genehmigung aufnehmen.

3

Dies gilt im Grundsatz auch dann, wenn die formell rechtswidrige Nutzung bereits langjährig erfolgt ist. Die Auffassung des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe ihre Befugnis zur Erteilung einer Nutzungsuntersagung verwirkt, trifft nicht zu. Nach allgemeinen Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts kann die Befugnis zum hoheitlichen Einschreiten auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr nicht verwirkt werden (vgl. Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl. 2007, S. 182). Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des Senats insbesondere auch für das Bauordnungsrecht (z.B. Beschl. v. 06.12.1994 -1 M 70/94; Urt. v. 26. 06. 1997 – 1 L 233/ 96 -). Allerdings kann es in einem solchen Fall – je nach Beurteilung des Einzelfalles – geboten sein, dem Eigentümer oder sonstigen Nutzer der baulichen Anlage eine Abwicklungsfrist einzuräumen. Dies ist hier in ausreichender Weise geschehen. Der Antragsteller und sein Pächter hatten langfristig Gelegenheit, sich auf die Situation einzustellen. Spätestens seitdem der Antragsgegner den Antragsteller mit Schreiben vom 28. Juni 2004 aufgefordert hatte, zwecks Legalisierung der Fremdenverkehrsnutzung Bauvorlagen einzureichen, musste der Antragsteller mit einer Nutzungsuntersagung rechnen. Bereits damals ist er auf eine eventuelle Nutzungsuntersagung hingewiesen worden. Erst nach Ablehnung des Bauantrages mit Bescheid vom 06. Dezember 2005 und der Überprüfung der Ablehnung durch Widerspruchsbescheid vom 10. April 2007 hat der Antragsgegner dem Antragsteller mit Schreiben vom 02. Oktober 2007 den Erlass der Nutzungsuntersagungsverfügung mit Wirkung zum 01. April 2008 angekündigt. Dieser zeitliche Vorlauf zeigt mehr als deutlich, dass der Antragsteller und sein Pächter genügend Zeit hatten, sich auf die Situation einzustellen.

4

Der vom Antragsteller verpachtete Beherbergungsbetrieb ist nicht genehmigt. Eine ausdrückliche Genehmigung ist nicht erfolgt. Das Verwaltungsgericht hat im Urteil vom 28. Februar 2008 – 8 A 74/07 – auch zutreffend darauf hingewiesen, dass eine fiktive Genehmigung gemäß § 75 Abs. 11 LBO bereits deshalb nicht vorliegen kann, weil das zu genehmigende Vorhaben ein Sonderbau (§ 58 Abs. 2 Nr. 9 LBO) ist. Auf solche Vorhaben ist § 75 LBO nicht anwendbar (§ 75 Abs. 1 S. 1 LBO). Die von der Antragsgegnerin beanstandete Nutzung ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Im Gegenteil, das Verwaltungsgericht ist im Hauptsacheverfahren mit schlüssiger Begründung zu der Überzeugung gelangt, dass das beantragte Vorhaben nicht genehmigungsfähig ist. Der Antragsteller kritisiert dieses Urteil zwar, setzt sich mit den entscheidenden Punkten (Grundstücksausnutzung, die weder mit dem Bebauungsplan noch bei einer Beurteilung nach § 34 BauGB zulässig sei; fehlende Stellplätze; zu kleine Gästezimmer; Verstoß gegen § 39 Abs. 1, 4 S.1 und 2, 7 S. 1 LBO) nur zum Teil und nicht substantiiert auseinander. Ob das Urteil des Verwaltungsgerichts sich nach einer Prüfung in einem Berufungsverfahren als sachlich richtig erweist, kann hier dahingestellt bleiben. Im gegenwärtigen Zeitpunkt bestehen jedenfalls ganz erhebliche Zweifel, dass die vom Antragsgegner beanstandete Nutzung genehmigungsfähig ist.

5

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

6

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.