Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 26. Feb. 2016 - 20 A 2495/14.PVL
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen
1
Gründe
2I.
3Am 13. Dezember 2012 beschloss der Rat der Stadt I. die am Schulzentrum I. bestehende I1. -N. -Realschule und die ebenfalls dort bestehende I1. -N. -Gemeinschaftshauptschule (GHS I1. -N. ) sowie die am Standort E. bestehende Gemeinschaftshauptschule L. (GHS L. ) beginnend mit dem Schuljahr 2013/14 sukzessive auslaufen zu lassen. Unter dem 21. Dezember 2012 stellte die Stadt I. einen entsprechenden Genehmigungsantrag bei der Beteiligten. Mit Bescheid vom 24. Januar 2013 genehmigte die Beteiligte den Beschluss über die sukzessive Auflösung der GHS I1. -N. und der GHS L. . Auf einen entsprechenden Änderungsbeschluss des Rates der Stadt I. hin erklärte die Beteiligte unter dem 2. August 2013 ihr Einverständnis mit der sofortigen Schließung der GHS I1. -N. .
4Der Antragsteller machte ein ihm zustehendes Mitwirkungsrecht aus § 73 Nr. 3 LPVG NRW bei der Auflösung der Hauptschulen geltend. Unter dem 6. September 2013 lehnte die Beteiligung die Einleitung eines Mitwirkungsverfahrens ab.
5Am 29. November 2013 hat der Antragsteller das vorliegende personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 24. Februar 2006 ‑ 6 P 4.05 ‑ für die vergleichbare Rechtslage in Sachsen, nach der ‑ wie hier ‑ nicht die Schulaufsichtsbehörde, sondern der Schulträger über die Schließung einer Schule formal entscheide, ein Mitwirkungsrecht des zuständigen Personalrats bejaht. Nach § 81 Abs. 3 SchulG NRW bedürfe ebenso wie nach der Rechtslage in Sachsen der Beschluss des Schulträgers über die Auflösung einer Schule der "Genehmigung durch die obere Schulaufsichtsbehörde". Die gesetzliche Regelung zum Fehlen der Dienststelleneigenschaft von Schulen stelle lediglich eine Organisationsvorschrift dar, die nichts daran ändere, dass jedenfalls dem Grunde nach (irgend)eine Personalvertretung für die Auflösung zuständig sein müsse. Selbst wenn das anders zu sehen wäre, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. In diesem Fall seien die Schulen als wesentliche Teile des Beteiligten einzustufen. Jedenfalls personalvertretungsrechtlich seien Schulen durch die Erforderlichkeit der Genehmigung der Auflösungsentscheidung durch die Beteiligte deren Bereich als Teil der Dienststelle zuzuordnen.
6Der Antragsteller hat beantragt,
7der Beteiligten aufzugeben, das Mitwirkungsverfahren betreffend die Auflösung der Hauptschulen GHS I1. -N. , I. , und L. E. gemäß § 73 Nr. 3 LPVG NRW einzuleiten,
8hilfsweise
9festzustellen, dass die Auflösung der Hauptschulen GHS I1. -N. , I. , und L. E. dem Mitwirkungsrecht gemäß § 73 Nr. 3 LPVG NRW unterliegt,
10hilfsweise
11festzustellen, dass die Auflösung von Hauptschulen dem Mitwirkungsrecht gemäß § 73 Nr. 3 LPVG NRW unterliegt.
12Der Beteiligte hat beantragt,
13die Anträge abzulehnen.
14Zur Begründung hat er im Wesentlichen angeführt: Nach § 81 Abs. 2 SchulG NRW entscheide der Schulträger durch sein Vertretungsgremium über jede Maßnahme der Errichtung, Änderung oder Auflösung einer Schule. Grundlage für das Handeln des Schulträgers sei die in § 80 Abs. 3 SchulG NRW geregelte Schulentwicklungsplanung. Durch die Übertragung dieser Planungskompetenz sei dem Selbstverwaltungsrecht des Schulträgers in Bezug auf den Schulbereich ausdrücklich Rechnung getragen worden. Dem Antragsteller stehe das geltend gemachte Mitwirkungsrecht aus § 73 Nr. 3 LPVG NRW nicht zu. Es liege keine Maßnahme von ihr ‑ der Beteiligten ‑ vor. Sie müsse sich die Entscheidung des Schulträgers über die Auflösung der Hauptschulen auch nicht personalvertretungsrechtlich zurechnen lassen. Der Antragsteller sei deshalb auch nicht antragsbefugt. Nach § 88 Abs. 1 LPVG NRW seien für die im Landesdienst beschäftigten Lehrkräfte die Schulen und Studienseminare nicht Dienststellen im Sinne des Gesetzes. Gemäß § 92 Satz 2 Nr. 2 LPVG NRW i. V. m. § 2 Nr. 3 der Verordnung über die Errichtung von Personalvertretungen für die im Landesdienst beschäftigten Lehrer seien für die Lehrkräfte an Hauptschulen die Schulämter, nur soweit sie Aufgaben nach § 88 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW wahrnähmen, Dienststellen im Sinne des LPVG NRW, im Übrigen aber die Bezirksregierungen. Die Ausführungen in der vom Antragsteller benannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts seien auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen nicht übertragbar. Eine dem § 88 LPVG NRW entsprechende Regelung finde sich im Sächsischen Personalvertretungsgesetz nicht; § 6 Abs. 2 SächsPersVG sei mit Blick auf die Dienststelleneigenschaft abschließend. Schulen seien auch kein "Teil einer Dienststelle" im Sinne von § 73 Nr. 3 LPVG NRW, insbesondere seien sie nicht den Bezirksregierungen zuzuordnen. Sie seien vielmehr Anstalten des öffentlichen Rechts und selbständige Einrichtungen der Kommunen und fielen in deren alleinige Zuständigkeit. Selbst wenn dies anders zu sehen wäre, könnten Schulen in keinem Fall als ein "wesentlicher" Teil im Sinne des § 73 Nr. 3 LPVG NRW angesehen werden.
15Mit Beschluss vom 25. November 2014 hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen des Verwaltungsgerichts die Anträge abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Die Anträge seien jedenfalls unbegründet, weil das vom Antragsteller beanspruchte Mitwirkungsrecht nicht bestehe. Das Mitwirkungsrecht aus § 73 Nr. 3 LPVG NRW knüpfe daran an, dass eine Dienststelle oder ein wesentlicher Teil von ihr aufgelöst werde. Daran fehle es hier, weil nach der ausdrücklichen Regelung in § 88 Abs. 1 LPVG NRW für die im Landesdienst beschäftigten Lehrkräfte die Schulen keine Dienststellen im Sinne des LPVG NRW seien. Ein anderes Ergebnis ergäbe sich auch nicht dann, wenn die nach § 88 Abs. 2, § 90 SchulG NRW erforderlichen Genehmigung der Auflösungsentscheidung des kommunalen Schulträgers durch die Beteiligte als eine Maßnahme im Sinne von § 66 LPVG NRW anzusehen wäre. In diesem Fall scheitere das Bestehen des Mitwirkungsrechts daran, dass die Schulen keine wesentlichen Teile der Beteiligten, sondern Teil der sie jeweils tragenden Gemeinde seien, bei der der Antragsteller jedoch nicht gebildet sei. Die angesichts dessen bestehende Beteiligungslücke sei personalvertretungsrechtlich hinzunehmen. Eine analoge Anwendung des § 73 Nr. 3 LPVG NRW scheitere sowohl an der Wortlautgrenze als auch an dem Erfordernis einer unbeabsichtigten Regelungslücke. Die schwache Position der Lehrkräfte bei Auslösungsentscheidungen der in Rede stehenden Art stelle unter Berücksichtigung der Ausgestaltung der für Lehrkräfte bestehenden Sondervorschriften der §§ 85 ff. LPVG NRW ein vom Gesetzgeber gewolltes Ergebnis dar.
16Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde erhoben. Zur Begründung wiederholt er sein erstinstanzliches Vorbringen und führt ergänzend im Wesentlichen an: Eine analoge Anwendung des Mitwirkungsrechts sei möglich, weil eine unbeabsichtigte Regelungslücke vorliege. Der Gesetzgeber habe das Problem der "Beteiligungsfreiheit" bei der Auflösung von Schulen offensichtlich nicht gesehen. Da für die Lehrkräfte an Hauptschulen früher auf der Ebene der Gemeinde ein Lehrerpersonalrat zu bilden gewesen sei, sei bei der im Zuge der Neuorganisation erfolgten Ansiedlung der Personalräte auf der Ebene der Bezirksregierung übersehen worden, dass dadurch beteiligungsfreie Räume entstünden. Wenn kein Mitwirkungsrecht bestünde, würde in dem für die Beschäftigten geradezu existenziellen Punkt der Auflösung einer Schule kein Personalrat beteiligt. Diese Lücke sei auch verfassungsrechtlich bedenklich, weil das Sozialstaatsprinzip dazu verpflichte, Beteiligungsorgane einzurichten und diese auch effektiv auszugestalten.
17Der Antragsteller hat seinen erstinstanzlichen Antrag klarstellend und zusammenfassend dahingehend neu gefasst, dass er beantragt,
18festzustellen, dass die Auflösung einer Hauptschule dem Mitwirkungsrecht gemäß § 73 Nr. 3 LPVG NRW unterliegt.
19Der Antragsteller beantragt,
20den angegriffenen Beschluss zu ändern und dem neu gefassten erstinstanzlichen Antrag zu entsprechen.
21Die Beteiligte beantragt,
22die Beschwerde zurückzuweisen.
23Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss und ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend führt sie im Wesentlichen an: Entgegen der Auffassung des Antragstellers seien die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in dessen Entscheidung vom 24. Februar 2006 ‑ 6 P 4.05 ‑ nicht auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen übertragbar. Die bestehende "Beteiligungslücke" könne nicht durch eine analoge Anwendung des § 73 Nr. 3 LPVG NRW geschlossen werden. Eine richterliche Rechtsfortbildung sei nicht angezeigt, da eine solche die Gesamtkonzeption des LPVG NRW durchbrechen würde.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
25II.
26Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
27Der Antrag ist unbegründet.
28Die Auflösung einer Hauptschule unterliegt nicht einem dem Antragsteller zustehenden Mitwirkungsrecht gemäß § 73 Nr. 3 LPVG NRW.
29Nach § 73 Nr. 3 LPVG NRW wirkt der Personalrat, soweit ‑ wie hier ‑ eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, mit (unter anderem) bei der Auflösung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen. Durch dieses Mitwirkungsrecht soll sichergestellt werden, dass der Personalrat die schutzwürdigen Belange der durch eine solche Umorganisation betroffenen Beschäftigten in besonders nachdrücklicher Weise zur Geltung bringen kann.
30Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. September 1987 ‑ 6 P 19.85 ‑, Buchholz 251.5 § 66 HePersVG Nr. 3 = PersR 1988, 70 = PersV 1988, 491 = RiA 1988, 153 = ZBR 1988, 103 = ZfPR 1989, 48, m. w. N.
31Das Eingreifen eines Mitwirkungsrechts aus § 73 Nr. 3 LPVG NRW setzt aber voraus, dass die Dienststelle eine Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinne beabsichtigt (§ 69 Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW). Wie andere Personalvertretungsgesetze geht auch das LPVG NRW von dem Grundsatz aus, dass Mitbestimmung wie Mitwirkung des Personalrats sich auf Maßnahmen derjenigen Dienststelle beziehen, bei der er gebildet ist. Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte bestehen demnach grundsätzlich nur insoweit, als diese Dienststelle bzw. ihr Leiter jeweils entscheidungsbefugt sind.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. November 2012 ‑ 6 PB 12.12 ‑, ZfPR 2014, 2.
33Vorliegend steht die Entscheidungsbefugnis hinsichtlich der Auflösung einer Hauptschule nicht in der Hand der Beteiligten, sondern ist dem Schulträger zugewiesen. Dies folgt unmittelbar aus § 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW. Danach beschließt der Schulträger (nach Maßgabe der Schulentwicklungsplanung) unter anderem über die Auflösung einer Schule. Träger der Hauptschulen sind nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW mangels einer abweichenden Sonderregelung in den nachfolgenden Absätzen der Bestimmung die Gemeinden. Für eine eigene Entscheidungsbefugnis der Beteiligten über die Auflösung einer Schule und damit auch einer Hauptschule ist danach kein Raum. In diesen gesetzlichen Vorschriften kommt die Abgrenzung zwischen staatlicher Schulhoheit (Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 3 Satz 2 LVerf NRW) und kommunaler Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 78 Abs. 2 LVerf NRW) zum Ausdruck.
34Kann demnach auf der Grundlage der maßgeblichen schulrechtlichen Organisationsvorschriften die Auflösung einer Hauptschule keine personalvertretungsrechtliche Maßnahme der Beteiligten darstellen, fehlt es an einem Anknüpfungspunkt für das Vorliegen eines dem Antragsteller zustehenden Mitwirkungsrechts aus § 73 Nr. 3 LPVG NRW.
35Ein solcher kann auch nicht aus dem Genehmigungserfordernis nach § 81 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW abgeleitet werden. Nach dieser Bestimmung bedarf der Beschluss des Schulträgers (unter anderem) über die Auflösung einer Schule der Genehmigung durch die obere Schulaufsichtsbehörde. Zwar ist nach § 88 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW die Bezirksregierung und damit auch die Beteiligte obere Schulaufsichtsbehörde. Die danach von der Beteiligten bei der Auflösung einer Hauptschule zu erteilende Genehmigung kann aber kein Mitwirkungsrecht aus § 73 Nr. 3 LPVG NRW begründen. Schon dem Wortlaut nach knüpft das Mitwirkungsrecht an die Auflösung einer Dienststelle oder wesentlicher Teilen von dieser, nicht aber an die Genehmigung einer Entscheidung über die Auflösung an. Aber auch materiell bestehen zwischen der (vom Schulträger zu treffenden) Entscheidung über die Auflösung und deren (von der oberen Schulaufsichtsbehörde dafür zu erteilenden) Genehmigung derart gewichtige Unterschiede, dass im Hinblick auf das Eingreifen eines Mitwirkungsrechts aus § 73 Nr. 3 LPVG NRW eine Gleichstellung ausscheidet. Das Genehmigungserfordernis aus § 81 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW ist als eine reine Rechtmäßigkeitskontrolle ausgestaltet. Wenn keiner der in § 81 Abs. 3 Satz 2 und 3 SchulG NRW abschließend benannten Versagungsgründe gegeben ist, besteht ein Anspruch des Schulträgers auf Erteilung der Genehmigung. Für die obere Schulaufsichtsbehörde verbleibt danach kein Raum, in ihre Entscheidung Umstände einfließen zu lassen, die außerhalb der Versagungsgründe nach § 81 Abs. 3 Satz 2 und 3 SchulG NRW liegen.
36Im Weiteren scheitert das Eingreifen eines dem Antragsteller zustehenden Mitwirkungsrechts aus § 73 Nr. 3 LPVG NRW bei der Auflösung einer Hauptschule auch daran, dass es sich bei den Hauptschulen weder um eigenständige Dienststellen noch um wesentliche Teile der Dienststelle der Beteiligten handelt.
37Nach § 1 Abs. 2 Halbs. 1 LPVG NRW sind zwar grundsätzlich auch die Schulen Dienststellen im Sinne des Gesetzes. Diese Regelung steht aber unter dem Vorbehalt, dass im Zehnten Kapitels des LPVG NRW nicht etwas anderes bestimmt ist. Eine solche Sonderregelung findet sich jedoch in § 88 Abs. 1 LPVG NRW. Danach sind für die im Landesdienst beschäftigten Lehrkräfte, zu denen die vom Antragsteller vertretenen Beschäftigten zählen, die Schulen gerade nicht Dienststellen im Sinne des Gesetzes. Diese Regelung wird durch § 92 Satz 1 Nr. 2 LPVG NRW ergänzt, wonach das für das Schulwesen zuständige Ministerium durch Rechtsverordnung die Stellen bestimmt, die für die im Landesdienst beschäftigten Lehrkräfte Dienststellen nach § 88 Abs. 1 LPVG NRW sind. Die auf der Grundlage dieser Bestimmung erlassene Verordnung über die Errichtung von Personalvertretungen für die im Landesdienst beschäftigten Lehrer vom 1. Oktober 1984 (GV. NRW. S. 618), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Juli 2015 (GV. NRW. S. 538), sieht in § 2 Nr. 3 vor, dass für die im Landesdienst beschäftigten Lehrkräfte an Hauptschulen für den Regelfall die Bezirksregierung Dienststelle im Sinne des § 88 Abs. 1 LPVG NRW ist; abweichend davon ist das Schulamt als Dienststelle anzusehen, soweit es ‑ was bei der Auflösung einer Hauptschule aber nicht in Rede steht ‑ Aufgaben nach § 88 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW wahrnimmt. Dieses Regelungsgefüge trägt dem Umstand Rechnung, dass die an den Hauptschulen tätigen Lehrkräfte Bedienstete des Landes NRW sind und deshalb die sie betreffenden Personalangelegenheiten von der Bezirksregierung als die nach der Organisation der Landesverwaltung zuständige Behörde bearbeitet werden.
38Vgl. in diesem Zusammenhang auch schon LT‑Drucks. 3/589, S. 55, wonach die Schulen als Dienststellen im Sinne des LPVG NRW ausscheiden, weil es im Interesse der Lehrkräfte liegt, dass ihre Personalangelegenheiten bei den Dienststellen wahrgenommen werden, bei denen die Bearbeitung ihrer Personalangelegenheiten erfolgt.
39Angesichts dieses Regelungszusammenhangs fehlt es den Schulen im Allgemeinen und damit auch den Hauptschulen an der Dienststelleneigenschaft.
40Die Hauptschulen können auch nicht als wesentlicher Teil der Dienststelle der Beteiligten angesehen werden. Sie sind kein Organisationsbestandteil der Bezirksregierung. Wie bereits ausgeführt, sind nach § 78 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW die Gemeinden als Teil der ihnen zustehenden und durch Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 78 Abs. 2 LVerf NRW verfassungsrechtlich abgesicherten kommunalen Selbstverwaltung Träger der Hauptschulen. Die Hauptschulen unterfallen deshalb allein dem Organisationsbereich der Gemeinden. Dem entspricht es, dass die Gemeinden nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW in ihrer Eigenschaft als Schulträger über die Errichtung, die Änderung und die Auflösung einer Schule beschließen. Es fehlt deshalb an jeglichem rechtlichen Ansatz, die Hauptschulen organisatorisch der Dienststelle der Beteiligten zuordnen zu können.
41Die vom Antragsteller zur Begründung seiner Annahme des Bestehens eines Mitwirkungsrechts aus § 73 Nr. 3 LPVG NRW im Wesentlichen in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts
42- BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 2006 ‑ 6 P 4.05 ‑, Buchholz 251.91 § 77 SächsPersVG Nr. 1 = PersR 2006, 255 = PersV 2006, 217 = ZfPR 2006, 68 = ZTR 2006, 344 -
43rechtfertigt kein anderes Ergebnis.
44Dieser Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts ist zur Rechtslage im Land Sachsen ergangen, nach der die Entscheidung über die Schließung einer Schule ‑ ebenso wie Nordrhein-Westfalen ‑ bei den Gemeinden liegt und der Gemeinderatsbeschluss über die Schließung einer Schule ‑ vergleichbar mit dem Genehmigungserfordernis nach § 81 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW ‑ der Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde bedarf. Auf Grundlage dieser Rechtslage hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass der Leiter der Dienststelle des kommunalen Schulträgers weder den dort gebildeten Personalrat beteiligen könne noch die Möglichkeit habe, eine für die Lehrkräfte zuständige Personalvertretung an den Schulen oder staatlichen Schulbehörden zu beteiligen. Die sich daraus ergebende Konsequenz, dass bei einer Schulschließung jegliches Beteiligungsrecht der Personalvertretung der Lehrer ausgeschlossen wäre, hat das Bundesverwaltungsgericht als nicht mit dem Zweck der in § 77 Nr. 2 SächsPersVG (vergleichbar mit § 73 Nr. 3 LPVG NRW) getroffenen Mitwirkungsregelung vereinbar angesehen und daraus die Schlussfolgerung gezogen, der Normzweck gebiete es, bei der Aufhebung einer Schule der bei der Schulaufsichtsbehörde gebildeten Personalvertretung der Lehrer ein Beteiligungsrecht insoweit zuzubilligen, als diese Behörde der Maßnahme des Schulträgers zustimmen müsse.
45Es kann dahinstehen, ob dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu folgen ist. Insbesondere bedarf es keiner Entscheidung, ob eine hinreichende Rechtsgrundlage dafür besteht, in Ermangelung eines Beteiligungsrechts an der eigentlichen Entscheidung über die Auflösung einer Schule "gewissermaßen ersatzweise" ein Beteiligungsrecht an der Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung für die Auflösungsentscheidung zu begründen. Jedenfalls kann aber die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen übertragen werden.
46Diese unterscheidet sich in personalvertretungsrechtlicher Hinsicht nämlich in einem wesentlichen Punkt von derjenigen im Land Sachsen. Dort ist in § 6 Abs. 1 SächsPersVG zwar ebenso wie in § 1 Abs. 2 Halbs. 1 LPVG NRW bestimmt, dass die Schulen Dienststellen im Sinne des Gesetzes sind. Im SächsPersVG fehlt es aber an dem Vorbehalt einer abweichenden Sonderregelung, wie sie in § 1 Abs. 2 Halbs. 1 LPVG NRW für die Sondervorschriften des Zehnten Kapitels des LPVG NRW enthalten ist. Angesichts dessen fehlt es im SächsPersVG auch an einer mit § 88 Abs. 1 LPVG NRW vergleichbaren Regelung, die die Dienststelleneigenschaft der Schulen für die im Landesdienst beschäftigten Lehrkräfte ausschließt. Dieser gesetzgeberischen Entscheidung kommt im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Bedeutung zu. Der Gesetzgeber für das Land Nordrhein-Westfalen hat mit seiner Entscheidung, für die im Landesdienst beschäftigten Lehrkräfte den Schulen die Dienststelleneigenschaft abzusprechen, bewusst in Kauf genommen, dass bei Entscheidungen des Schulträgers eine Beteiligung des die Lehrkräfte vertretenden Personalrats ausscheidet. Diese Entscheidung des Gesetzgebers ist bei der Auslegung des § 73 Nr. 3 LPVG NRW zu berücksichtigen und schließt deshalb die Übertragung der zur Rechtslage im Land Sachsen ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen aus.
47Im Weiteren unterscheidet sich auch in schulrechtlicher Hinsicht die Rechtslage im Land Sachsen in relevanter Weise von derjenigen in Nordrhein-Westfalen, nämlich hinsichtlich des Prüfungsgegenstandes der von der staatlichen Schulbehörde zu erteilenden Zustimmung/Genehmigung. Nach der sächsischen Rechtslage wirken der Schulträger und der Freistaat Sachsen unter anderem bei der Aufhebung einer öffentlichen Schule zusammen. Im Weiteren sind die Voraussetzungen für die Erteilung oder Versagung der Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde zur Aufhebung einer öffentlichen Schule nicht näher gesetzlich bestimmt. Mit Blick darauf ist in Sachsen der obersten Schulaufsichtsbehörde ein weiter Spielraum für ihre Entscheidung eröffnet, ob sie ihre Zustimmung zur Aufhebung einer öffentlichen Schule erteilt. Demgegenüber ist in Nordrhein-Westfalen das für die Auflösung einer Schule bestehende Genehmigungserfordernis durch die obere Schulaufsichtsbehörde als eine reine Rechtskontrolle ausgestaltet. Dies zeigt sich darin, dass in § 81 Abs. 3 Satz 2 und 3 SchulG NRW die für eine Versagung der Genehmigung in Betracht kommenden Gründe abschließend aufgelistet sind. Liegen diese Gründe nicht vor, ist die Genehmigung zu erteilen. Das Einbringen von Erwägungen, die über die Versagungsgründe hinausgehen, ist der oberen Schulaufsichtsbehörde verwehrt. Mit Blick darauf bestehen erhebliche Zweifel, ob die Anknüpfung einer Mitwirkungsbefugnis an die Genehmigungsentscheidung der oberen Schulaufsichtsbehörde überhaupt eine Einflussmöglichkeit des Lehrkräfte-Personalrats auf die Organisationsentscheidung "Auflösung der Schule" eröffnen würde. Denn die obere Schulaufsichtsbehörde ist an die abschließenden Versagungsgründe aus § 81 Abs. 3 Satz 2 und 3 SchulG NRW gebunden, aber diese Versagungsgründe bieten keinen relevanten Raum, die Belange der vom Lehrkräfte-Personalrat vertretenen Beschäftigten in die Genehmigungsentscheidung einfließen zu lassen und die schutzwürdigen Interessen der durch die Umorganisation Betroffenen zur Geltung zu bringen.
48Die danach verbleibende Beteiligungslücke bei der Auflösung einer Hauptschule ist hinzunehmen. Insbesondere ist es nicht geboten, diese im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu schließen. Dies wäre nur möglich, wenn die Konzeption des LPVG NRW durchbrochen würde. Dazu ist jedoch allein der Gesetzgeber befugt.
49Vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Beschlüsse vom 16. Juni 2011 ‑ 6 PB 3.11 ‑, Buchholz 251.2 § 79 BlnPersVG Nr. 1, und vom 27. November 2012 ‑ 6 PB 12.12 ‑, ZfPR 2014, 2.
50Einen gewissen Ausgleich erfährt diese Beteiligungslücke dadurch, dass dem Antragsteller als einem auf der Grundlage von § 87 Abs. 1 LPVG NRW gebildeten besonderen Personalrat für die im Landesdienst beschäftigten Lehrkräfte zur Wahrnehmung seiner allgemeinen Aufgaben nach § 64 LPVG NRW ein ‑ auch mittels einer einstweiligen Verfügung durchsetzbarer ‑ Anspruch darauf zusteht, möglichst frühzeitig Informationen darüber zu erhalten, ob und gegebenenfalls ab wann eine Schule geschlossen wird.
51Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juli 2014 ‑ 20 B 490/14.PVL ‑, NWVBl. 2015, 69 = PersV 2015, 23.
52Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
53Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Insbesondere liegt keine Divergenz zum Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Februar 2006 ‑ 6 P 4.05 ‑ vor, weil dieser auf der Grundlage einer anderen Rechtslage ergangen ist.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 26. Feb. 2016 - 20 A 2495/14.PVL
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Referenzen - Gesetze
(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.
(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.
(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.
(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.
(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.
(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.
(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.
(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.
Ein vom Bundestage beschlossenes Gesetz kommt zustande, wenn der Bundesrat zustimmt, den Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 nicht stellt, innerhalb der Frist des Artikels 77 Abs. 3 keinen Einspruch einlegt oder ihn zurücknimmt oder wenn der Einspruch vom Bundestage überstimmt wird.