Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 30. Jan. 2014 - 13 A 1800/13


Gericht
Tenor
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 25.000 Euro festgesetzt.
G r ü n d e :
1Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Klageabweisung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nach den allein maßgeblichen Darlegungen der Beklagten nicht vor.
2Ernstliche Zweifel sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden.
3Vgl. BVerfG, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 2 BvR 758/09 -, juris, Rn. 96.
4Hinsichtlich dieses Zulassungsgrundes bedarf es einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Dabei ist innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in substantiierter Weise darzulegen, dass und warum das vom Verwaltungsgericht gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll.
5Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis beschränkt auf das Gebiet der Psychotherapie ohne eine Kenntnisprüfung ablegen zu müssen. Die Aktenlage ergebe, dass die Klägerin, die ein Psychologiestudium abgeschlossen und sich weiter fortgebildet habe und nahezu drei Jahrzehnte in einem psychiatrischen Krankenhaus tätig gewesen sei, über die für die Erteilung der Heilpraktikererlaubnis erforderlichen Kenntnisse verfüge. Die Beklagte habe keine konkreten Defizite und Mängel in der nachgewiesenen Ausbildung und Tätigkeit der Klägerin aufgezeigt, welche im Falle der Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis nicht hinnehmbare Gesundheitsgefährdungen für die Bevölkerung im Sinne eines nicht nur geringfügigen (abstrakten) Gefahrenmoments erwarten ließen.
7Hiergegen wendet die Beklagte unter Bezugnahme auf das Urteil des Senats vom 13. Juni 2012 – 13 A 668/09 – und unter Verweis auf Stellungnahmen ihres Gesundheits- und des Ordnungsamts erfolglos ein, die Klägerin habe nicht den Nachweis erbracht, dass sie über die richtige Anwendung der Therapie hinausgehende Kenntnisse aus den verschiedenen medizinischen Fachgebieten darüber verfüge, ob eine solche Behandlung angezeigt sei. Der Zulassungsantrag lässt jedoch eine erforderliche Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts vermissen, wonach die Klägerin mit den Prüfungsfächern „Klinische Psychologie" und „Diagnostik und Intervention" hinreichende psychotherapeutische Grundkenntnisse belegt habe, um die erforderlichen Differentialdiagnosen treffen zu können. Weshalb die Ausführungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend sein sollen, ist ihm nicht zu entnehmen.
8Anders als die Beklagte offensichtlich meint, ist das Verwaltungsgericht auch nicht davon ausgegangen, dass die jahrzehntelange Tätigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus der Klägerin eine psychotherapeutische Praxis vermittelt hat. Dies hat es vielmehr ausdrücklich verneint (Urteil Bl. 10), der beruflichen Tätigkeit der Klägerin als Krankenpflegehelferin im Rahmen einer Gesamtschau der Fähigkeiten und Kenntnisse aber gleichwohl Bedeutung beigemessen, indem es ausgeführt hat, es dürfe nicht verkannt werden, dass der alltägliche berufliche Umgang mit psychisch kranken Menschen in einem spezialisierten Krankenhaus über rein lebenspraktische Erfahrungen im Umgang mit diesen Patienten hinaus auch fachliche Erkenntnisse mit sich bringe. Dass diese Einschätzung fehlerhaft ist, legt der Zulassungsantrag nicht dar.
9Das Zulassungsvorbringen weckt auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit das Verwaltungsgericht bei der Feststellung der Kenntnisse und Fähigkeiten den von der Klägerin absolvierten Praktika Bedeutung beigemessen hat. Dass es sich bei diesen um Bestandteile des Studiums handelt, steht dem nicht entgegen, denn die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis setzt nicht der Nachweis einer erfolgreich durchlaufenen Aus,- Fort- oder Weiterbildung voraus. Es bedarf allein der Feststellung, dass die Ausübung der Heilkunde durch den Betreffenden keine Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten wird.
10Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. August 2009 - 13 C 19.08 -, juris, Rn. 22.
11Schließlich führt auch das Fehlen einer langjährigen beruflichen psychotherapeutischen Tätigkeit nicht zur Zulassung der Berufung. Zwar kann nach Ziff. 5.1.2 des Runderlasses des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit vom 18. Mai 1999 - III B 2 - 0401.2 -, zuletzt geändert durch Runderlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 14. August 2008 - III C 6 - 0401.1 -, im Einzelfall von der Kenntnisüberprüfung abgesehen werden, wenn der Antragsteller in langjähriger beruflicher Tätigkeit psychotherapeutisch gearbeitet hat. Diesem Runderlass kommt jedoch, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lediglich eine verwaltungsinterne Bindungswirkung zu. Er ermöglicht die Erteilung einer Heilpraktikererlaubnis ohne Kenntnisüberprüfung in den dort benannten Fällen, er kann aber die Erteilung einer beschränkten Heilpraktikererlaubnis ohne Kenntnisprüfung bei bereits anderweitig erfolgtem Nachweis der erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht ausschließen.
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
13Der Beschluss ist unanfechtbar. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Annotations
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.