Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Okt. 2015 - 12 A 2645/14

ECLI:ECLI:DE:OVGNRW:2015:1016.12A2645.14.00
bei uns veröffentlicht am16.10.2015

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zugelassen.

Die Kostenverteilung bleibt der Endentscheidung im Berufungsverfahren vorbehalten.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Okt. 2015 - 12 A 2645/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Okt. 2015 - 12 A 2645/14

Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Okt. 2015 - 12 A 2645/14 zitiert 5 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 105 Anspruch des unzuständigen Leistungsträgers


(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleist

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 111 Ausschlussfrist


Der Anspruch auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpun

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Okt. 2015 - 12 A 2645/14 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Okt. 2015 - 12 A 2645/14 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 27. Jan. 2015 - Au 3 K 14.1617

bei uns veröffentlicht am 27.01.2015

Tenor I. Die Beklagte wird verurteilt, die vom Kläger für die Zeit vom 14. Januar bis 24. August 2010 geleistete Kostenerstattung i. H. v. Euro 45.038,42 zzgl. Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7. November

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 02. Okt. 2015 - 4 K 708/15.NW

bei uns veröffentlicht am 02.10.2015

Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Kosten für die dem Jugendlichen A in der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis 1. April 2013 erbrachte stationäre Jugendhilfeleistung in Höhe von 12.820,-- € zu erstatte
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 16. Okt. 2015 - 12 A 2645/14.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 02. Nov. 2016 - 10 ZB 16.1134

bei uns veröffentlicht am 02.11.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.500‚- Euro fest

Verwaltungsgericht Bayreuth Urteil, 31. Okt. 2016 - B 3 K 15.698

bei uns veröffentlicht am 31.10.2016

Tenor 1. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die aufgewendeten Kosten für die dem Kind … gewährte Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege für den Zeitraum vom 02.05.2014 bis 14.09.2014 in Höhe von 2.905,01 EUR zuz

Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Der Anspruch auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat.

Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Kosten für die dem Jugendlichen A in der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis 1. April 2013 erbrachte stationäre Jugendhilfeleistung in Höhe von 12.820,-- € zu erstatten.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine jugendhilferechtliche Kostenerstattung.

2

Der Kläger übernahm nach § 86 Abs. 6 SGB VIII im Mai 2011 den jugendhilferechtlichen Hilfefall des am 9. Januar 2002 geborenen A, für den bereits die ursprünglich zuständige Stadt Weinheim Hilfe zur Erziehung durch Unterbringung in einer Pflegefamilie seit 2009 erbracht hat, nachdem die Pflegefamilie zum 1. März 2009 in seinen Zuständigkeitsbereich umgezogen war. Die allein sorgeberechtigte Mutter verzog am 1. Dezember 2011 nach Frankenthal, wo sie bis 1. April 2013 wohnte. Da der Kläger irrtümlich von einer gemeinsamen Sorgeberechtigung beider Elternteile ausging, machte er zunächst keine Kostenerstattung geltend.

3

Bei Einrichtung einer Erziehungsbeistandschaft ab 1. Juli 2014 überprüfte man die Zuständigkeitsfrage jedoch neu und erkannte dabei, dass die Kindesmutter seit 6. November 2009 allein personensorgeberechtigt für ihren Sohn ist. Daraufhin machte der Kläger bei der Beklagten mit Schreiben vom 27. August 2014 erstmalig einen Kostenerstattungsanspruch für den Zeitraum vom 1. Dezember 2011 bis 1. April 2013 geltend.

4

Die Beklagte lehnte den Kostenerstattungsanspruch unter Hinweis auf § 111 SGB X ab, wonach sie nicht verpflichtet sei, die Kosten für einen über 1 Jahr zurückliegenden Leistungszeitraum zu erstatten. Der Kläger berief sich daraufhin auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die in § 111 SGB X geregelte Jahresfrist erst mit Abschluss der Gesamthilfeleistung, die noch andauere, beginne. Die Beklagte verwies demgegenüber auf eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH), wonach der Kostenerstattungsanspruch für einen über 1 Jahr zurückliegenden Leistungszeitraum ausgeschlossen sei, weil es sich um eine wiederkehrende Leistung handle.

5

Daraufhin hat der Kläger am 6. August 2015 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben.

6

Er trägt vor:

7

Der dem Grunde nach unbestrittene Kostenerstattungsanspruch sei nicht nach § 111 SGB X untergegangen. Danach müsse das Kostenerstattungsbegehren innerhalb von 12 Monaten nach dem letzten Tag, für den die Leistung erbracht worden sei, geltend gemacht werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei auf den Leistungsbegriff des § 86 Abs. 2 SGB VIII abzustellen. Danach gehörten zu einer jugendhilferechtlichen Leistung alle erbrachten Leistungen, gleich auf welcher Grundlage sie erbracht worden seien, die der Deckung desselben Hilfsbedarfs dienten, sofern sie ununterbrochen geleistet würden. Da die Hilfeleistung im vorliegenden Fall ununterbrochen seit 2005 andauere, sei die Ausschlussfrist des § 111 SGB X nicht einmal angelaufen.

8

Der Kläger beantragt,

9

die Beklagte zu verurteilen, ihm den Aufwand in Höhe von 12.820,00 € zu erstatten, der ihm für die Gewährung von Leistungen gemäß §§ 27, 33 SGB VIII für A in der Zeit vom 1. Dezember 2011 bis 1. April 2013 entstanden ist.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Sie trägt vor:

13

Die vom Kläger in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei auf den vorliegenden Fall einer wiederkehrenden Jugendhilfeleistung nach der Rechtsprechung des BayVGH nicht anwendbar. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts betreffe allein Fallgestaltungen, in denen eine Hilfeleistung im Rahmen eines einheitlichen Prozesses auf verschiedenen Rechtsgrundlagen erbracht worden sei, der Kostenerstattungsanspruch aber gerade innerhalb der Frist des § 111 SGB X bereits geltend gemacht worden sei. Insoweit müsse nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei einer Änderung der Leistungsart nicht neuerlich ein Kostenerstattungserlangen geltend gemacht werden, um auch die Erstattung für eine nun in der Leistungsart geänderte Leistung beanspruchen zu können. Bei wiederkehrenden Leistungen sei aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit ein Anspruch auf Kostenerstattung für solche Leistungszeiträume, die länger als 12 Monate vor der Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs lägen, ausgeschlossen. Demnach sei die Kostenerstattung für den Zeitraum bis 1. April 2013 ausgeschlossen, weil der Kläger sein Kostenerstattungsverlangen erst mit Schreiben vom 27. August 2014 geltend gemacht habe.

14

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

15

Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die vorgelegten Verwaltungsakten, deren Inhalt Gegenstand der Beratung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Leistungsklage, über die die Kammer nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist begründet.

17

Der Kläger hat einen Rechtsanspruch auf Erstattung der ihm im streitgegenständlichen Zeitraum für die dem Jugendlichen A erbrachte Hilfe zur Erziehung durch Unterbringung in einer Pflegefamilie entstandenen Kosten.

18

Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch ist § 89a Abs. 1 und 3 SGB VIII i.V.m. § 86 Abs. 2, 5 und 6 SGB VIII. Nach § 89a Abs. 1 SGB VIII hat ein Träger der Jugendhilfe Anspruch auf Erstattung der ihm entstandenen Kosten, die er im Rahmen seiner Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII in einem Jugendhilfefall aufgewandt hat, gegenüber dem Jugendhilfeträger, der zuvor zuständig war oder gewesen wäre. Ändert sich während der Gewährung der Jugendhilfeleistung nach § 89a Abs. 1 SGB VIII der für die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 1 bis 5 SGB VIII maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt, so wird der örtliche Jugendhilfeträger kostenerstattungspflichtig, der ohne Anwendung von § 86 Abs. 6 SGB VIII zuständig geworden wäre.

19

Die Voraussetzungen für die nach § 89a Abs. 3 SGB VIII begründete Kostenerstattungspflicht der Beklagten liegen vor. Der Kläger ist nach § 86 Abs. 6 SGB VIII für die Leistungserbringung zuständig geworden, nachdem der Hilfeempfänger nach dem Zuzug der Pflegefamilie aus Weinheim im März 2009 seit über 2 Jahren in einer Pflegefamilie in seinem Zuständigkeitsbezirk lebte und seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort hatte. Dementsprechend hat der Kläger den Jugendhilfefall auch ab 1. Mai 2011 in seine Zuständigkeit übernommen, aber nach landesrechtlicher Regelung auf eine Kostenerstattung gegenüber der nach § 86 Abs. 2 S. 2 SGB VIII zuständigen Stadt Weinheim verzichtet. Nachdem die allein personensorgeberechtigte Mutter des Jugendhilfeempfängers am 1. Dezember 2011 in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten umgezogen ist, wo sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt dann bis 1. April 2013 hatte, wäre ohne die nach § 86 Abs. 6 SGB VIII begründete Zuständigkeit des Klägers die örtliche Zuständigkeit von der Stadt Weinheim nach § 86 Abs. 2 S. 2 und Abs. 5 S. 1 SGB VIII auf die Beklagte gewechselt, sodass diese im streitgegenständlichen Zeitraum auch dem Kläger dem Grunde nach kostenerstattungspflichtig ist. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.

20

Der danach entstandene Kostenerstattungsanspruch ist auch nicht nach § 111 SGB X untergegangen.

21

Nach § 111 S. 1 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung der Kosten zwar ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens 12 Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Nach § 111 S. 2 SGB X beginnt der Lauf der Frist frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. Da die Beklagte keine Entscheidung über ihre Leistungspflicht gegenüber der nach §§ 27 Abs. 1, 33 SGB VIII anspruchsberechtigten Kindesmutter getroffen hat, ist § 111 S. 2 SGB X, der für den Fall einer nachträglich und rückwirkenden Leistungsgewährung durch den erstattungspflichtigen Leistungsträger im unmittelbaren Verhältnis zur Anspruchsberechtigten Geltung beansprucht (vgl. BVerwG, Urteil 19. August 2010 – 5 C 14/09 –, juris; BT.-Drs 14/4375, S. 60), nicht anwendbar. Mithin richtet sich der Lauf der Frist nach § 111 S. 1 SGB X (Mutschler in Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB X, 1. Auflage 2013, Stand 23. Juli 2015, Rn. 24).

22

§ 111 S. 1 SGB X ist auch nach § 37 S. 1 SGB I auf einen jugendhilferechtlichen Erstattungsanspruch nach § 89a Abs. 1 und 3 SGB VIII anwendbar, da sich aus dem SGB VIII nichts Gegenteiliges ergibt (BVerwG a.a.O.; VG Kassel, Urteil vom 3. November 2014 – 5 K 1540/12.Ks –, jeweils juris). Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 30. September 2009 – 5 C 18.08 – (BVerwGE 135, 58, juris) insbesondere bei einem Anspruch nach § 89a SGB VIII von einer Unanwendbarkeit des § 111 SGB X ausging, betraf dies allein Konstellationen, in denen ein solcher Erstattungsanspruch mit einem entgegenstehenden Erstattungsanspruch nach §§ 89 ff SGB VIII kollidiert. Ein solcher Fall gegenseitiger Erstattungsansprüche der beteiligten Leistungsträger liegt hier aber nicht vor.

23

Soweit die Beklagte in Anlehnung an den Beschluss des BayVGH vom 7. Januar 2014 – 12 ZB 13.2512 – (juris) davon ausgeht, dass die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs durch den Kläger am 27. August 2014 über 12 Monate nach Ende des Hilfeleistungszeitraums, für den die Kostenerstattung verlangt wird, erfolgte und der Anspruch daher nach § 111 S. 1 SGB X ausgeschlossen sei, kann ihr nicht gefolgt werden.

24

Die Kammer ging in ihrer bisherigen Rechtsprechung auf der Grundlage des vom Kläger in Bezug genommenen Urteils des BVerwG vom 19. August 2010 davon aus, dass unter der danach gebotenen Zugrundelegung des zuständigkeitsbegründenden Leistungsbegriffs des jeweiligen Sozialleistungs-rechts, hier also nach § 86 Abs. 2 SGB VIII, eine bei Geltendmachung des Erstattungsanspruchs noch andauernde Leistung noch nicht abgeschlossen ist und damit auch der letzte Tag, für den die Leistung erbracht wurde, bis dahin noch nicht eingetreten und die nach § 111 S. 1 SGB X geregelte Ausschlussfrist noch nicht angelaufen ist. Nach dem Leistungsbegriff des § 82 Abs. 2 SGB stellen nämlich alle der Deckung desselben jugendhilferechtlichen Hilfebedarfs dienenden Hilfeleistungen unabhängig von ihrer Art und ihrer Rechtsgrundlage eine einheitliche Jugendhilfeleistung dar, sofern sie ununterbrochen gewährt werden, sodass eine Geltendmachung einer Kostenerstattung für eine dann noch andauernd erbrachte Leistung nicht außerhalb der Ausschlussfrist erfolgen kann (Urteile der Kammer vom 6. September 2013 – 4 K 423/13.NW –, das aus anderen Gründen von OVG Rheinland-Pfalz aufgehoben wurde, sowie vom 28. Mai 2015 – 4 K 1103/14. NW –, das rechtskräftig wurde; ebenso VG Kassel, Urteil vom 3. November 2014 – 5 K 1540/12.Ks –, juris). Dabei hat sich die Kammer allerdings nie mit der Frage auseinandergesetzt, ob und inwieweit die Rechtsprechung des BVerwG auch für die Kostenerstattung bei wiederkehrenden Leistungen anwendbar ist, was der BayVGH verneint.

25

Die Rechtsprechung des BayVGH gibt der Kammer allerdings keinen Anlass, von ihrer bisherigen Rechtsprechung abzurücken. Soweit der BayVGH und mit ihm die Beklagte argumentiert, das BVerwG habe zu einer anderen Fallkonstellation entschieden, dass eine Geltendmachung der Kostenerstattung zu einem Zeitpunkt nach Leistungsbeginn auch bei einer späteren Änderung der Leistungsart die Ausschlussfrist nach § 111 S. 1 SGB X wahre und nicht mit jeder Änderung der Leistungsart diese Frist neu anlaufe, ist dies zwar zutreffend. Die Schlussfolgerung des BayVGH, das BVerwG habe damit aber nur für diese Fallkonstellation den Leistungsbegriff nach § 111 S. 1 SGB X definiert, damit aber keine Entscheidung für wiederkehrenden Leistungen getroffen, bei denen auf das Ende des jeweiligen Leistungsabschnitts, für den Kostenerstattung geltend gemacht werde, für den Lauf der Frist abzustellen sei, überzeugt dies nicht. Denn aus der Entscheidung des BVerwG geht nicht hervor, dass bei wiederkehrenden Leistungen der für den Fristbeginn nach § 111 S. 1 SGB X maßgebliche Leistungsbegriff nicht im Sinne der Gesamtleistung nach § 86 Abs. 2 SGB VIII zu verstehen ist, sondern auf das Ende eines geltend gemachten Leistungszeitraums abzustellen ist.

26

Zwar ist in der Rechtsprechung bis zum Urteil des BVerwG vom 19. August 2010 im Wesentlichen einheitlich diese Auffassung zum auf den Leistungsabschnitt bezogenen Fristenlauf vertreten worden (so auch das OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 30. März 2000 – 12 A 12373/99.OVG – und 25. Oktober 2000 – 12 A 11136/00.OVG –; BSG, Urteil vom 6. April 1989 – 2 RU 34/88 –, jeweils juris). Auch das BVerwG ging in seinem Urteil vom 10. April 2003 – 5 C 18/02 – (juris) noch von einer auf den jeweiligen Leistungsmonat bezogenen Betrachtung aus. Allerdings hat das BVerwG diese Betrachtungsweise in seinem Urteil vom 19. August 2010 gerade ausdrücklich aufgegeben (Rn. 22; so auch VG Kassel a.a.O.). Angesichts dessen erscheint es der Kammer nicht überzeugend, die Aussagen des BVerwG in diesem Urteil zum Leistungsbegriff hinsichtlich des Fristenlaufs nach § 111 S. 1 SGB X bei wiederkehrenden Leistungen so einzuschränken, wie es der BayVGH getan hat, zumal dem Urteil ein solch eingeschränktes Verständnis zum Leistungsbegriff gerade nicht schon deswegen zu entnehmen ist, weil die entschiedene Fallkonstellation eine andere war. Vielmehr hat sich das BVerwG ohne Einschränkung auf die betreffende Fallkonstellation zum Leistungsbegriff des § 111 S. 1 SGB X allgemein geäußert. Ist danach der Leistungsbegriff nach § 86 Abs. 2 SGB VIII auch im Rahmen des § 111 S. 1 SGB X zugrunde zu legen, dann ist die fortgesetzt, auch über den Zeitpunkt der Geltendmachung der Kostenerstattung erbrachte Hilfeleistung gerade nicht abgeschlossen.

27

Insoweit überzeugt die Kammer dann auch nicht, dass sich schon aus dem Wortlaut des § 111 S. 1 SGB X bei Zugrundelegung dieses Leistungsbegriffs ergeben soll, dass die Ausschlussfrist bei einer wiederkehrenden Leistung mit dem letzten Tag des zur Erstattung geltend gemachten Leistungszeitraums anlaufe. Der Wortlaut des § 111 S. 1 SGB X stellt nämlich weder auf Leistungszeiträume ab, noch differenziert sein Regelungsgehalt hinsichtlich einmaliger und wiederkehrender Leistungen. Vielmehr lässt der Wortlaut des § 111 S. 1 SGB X doch zunächst bei einem Verständnis des Leistungsbegriffs entsprechend dem Urteil des BVerwG nur erkennen, dass bei einer fortgesetzt über den Zeitpunkt der Geltendmachung hinaus erbrachten Leistung der letzte Tag, für den die Leistung erbracht wurde, eben vor dem Ende der Gesamtleistung noch nicht eingetreten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. August 2010, Rn. 17). Dementsprechend schließt auch § 111 S. 1 SGB X wörtlich gerade nicht einen Kostenerstattungsanspruch aus, „soweit“ die Erstattung „Zeiträume“ betrifft, die länger als 12 Monate vor der Geltendmachung der Erstattung liegen. So versteht der BayVGH die Norm allerdings.

28

Angesichts dessen besteht aufgrund des Wortlauts von § 111 S. 1 SGB X auch für die Kammer kein Anlass, von der vom BVerwG getroffenen Aussage, dass für das fristgerechte Geltendmachen dieser (Gesamt)-Leistung es genügt, wenn der Erstattungsberechtigte „den Antrag auf Erstattung der Kosten während der laufenden Hilfe zur Erziehung (und damit lange vor der Zwölfmonatsfrist nach Ende der Leistung) gestellt hat“ (Urteil v. 19. August 2010, Rn. 17 UA), abzuweichen, wenn es sich um eine wiederkehrende Leistung handelt, zumal das BVerwG von einer früher angestellten und auf den Leistungszeitraum bezogenen Betrachtung gleichzeitig abgerückt ist (Rn. 22 UA).

29

Auch der Sinn und Zweck des § 111 S. 1 SGB X rechtfertigt nach Auffassung der Kammer nicht die einschränkende Auslegung des Leistungsbegriffs nach Leistungszeiträumen, wie sie der BayVGH vorgenommen hat (kritisch hierzu Mutschler a.a.O. Rn. § 111 Rn. 30, Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg, Stellungnahme vom 24. Februar 2015, Bl. K91 ff VA des Klägers unter Bezugnahme auf die DIJuF-Rechtsgutachten vom 20. Januar 2014, Bl. K 85 VA des Klägers, und vom 20. Juni 2011, JAmt 2011, 400). Zwar mag mit einer zeitnahen Geltendmachung nach § 111 S. 1 SGB X eine Informations- und Warnfunktion (BVerwG, Urteil vom 18. August 2010, Rn. 24) verfolgt werden, um den Erstattungspflichtigen frühzeitig in Kenntnis zu setzen, welche Kosten auf ihn zukommen. Dies legt aber nach Auffassung der Kammer noch keine für wiederkehrende Leistungen einschränkende Auslegung des § 111 S. 1 SGB X, eine während der Leistungserbringung noch geltend gemachte Kostenerstattung auf einen höchstens 12 Monate zurückgehenden Leistungszeitraum zu beschränken, zwingend nahe. So stellt doch nach der Systematik des Kostenerstattungssystems der Ausschluss des grundsätzlich bestehenden Anspruchs nach Versäumung der Frist nach § 111 S. 1 SGB X eine Ausnahme von der regelmäßigen Erstattungspflicht dar, um gerade zu gewährleisten, dass Zuständigkeit und Kostenlast im Regelfall grundsätzlich nicht auseinanderfallen. Auch wird die verfolgte Informations- und Warnfunktion nicht schon dann verfehlt, wenn der Erstattungsberechtigte (nur) gehalten ist, zeitnah nach Abschluss der Hilfeleistung sein Erstattungsbegehren an den Erstattungspflichtigen heranzutragen, und erst für den Fall, dass dies nicht innerhalb von 12 Monaten geschieht, der gesamte, grundsätzlich bestehende Erstattungsanspruch aufgrund des Versäumnisses des Erstattungspflichtigen ausgeschlossen ist. Denn auch nach dem Wortlaut des § 111 S. 1 SGB X ist der Erstattungsanspruch gänzlich und nicht nur soweit ausgeschlossen, als der Erstattungsberechtigte ihn nicht innerhalb der Ausschlussfrist geltend macht. Diese Formulierung legt nach Auffassung der Kammer damit auch nahe, dass die regelmäßige Kostenlast des zuständigen Leistungsträgers eben auch nur in einem solchen Ausnahmefall entfällt, da sich der Erstattungsberechtigte auch nicht zeitnah nach Ende der Gesamtleistung zur Geltendmachung der Kostenerstattung entschließt, wodurch letztlich das Regel-Ausnahmeverhältnis des sozialrechtlichen Kostenerstattungs-systems gewahrt bleibt.

30

Auch eine systematische Auslegung in der Gesamtschau mit § 111 S. 2 SGB X trägt die von der Kammer vertretene Auffassung. Soweit danach die Ausschlussfrist erst ab dem Zeitpunkt anläuft, da der Erstattungsberechtigte von der Entscheidung des Erstattungsverpflichteten über die Leistungsgewährung im Rechtsverhältnis zum Leistungsempfänger Kenntnis erlangt, kann während eines laufenden Bezugs der Jugendhilfeleistung ein solcher Fall nicht eintreten, weil eine Rechtsbeziehung zwischen dem eigentlich örtlich zuständigen Leistungsträger und dem Leistungsempfänger nicht bestehen kann. So ist einerseits der zuständige Leistungsträger doch nur auf Antrag des Hilfeberechtigten verpflichtet, die Leistung zu erbringen. Für einen solchen Antrag besteht aber während der Leistungserbringung durch einen anderen (unzuständigen) Leistungsträger gar kein Raum. Der unzuständige Leistungserbringer kann auch nicht unter Hinweis auf seine fehlende Zuständigkeit seine Leistungspflicht ablehnen und den Hilfeempfänger an den zuständigen Leistungsträger verweisen.

31

Kann so § 111 S. 2 SGB X keine Geltung für den Fall einer laufenden noch nicht abgeschlossenen wiederkehrenden Leistung des erstattungsberechtigten Jugendhilfeträgers finden, so muss eine auf den Abschluss von Leistungszeiträumen statt auf das Ende der Gesamtleistung abstellende Auslegung des Fristbeginns nach § 111 S. 1 SGB X zu dem systemwidrigen Widerspruch führen, dass während einer noch laufenden Leistung die Kostenerstattung für länger als ein Jahr zurückliegende Leistungszeiträume ausgeschlossen bleibt, während sie nach Abschluss der Leistung vollständig durch eine u.U. Jahre später getroffene Entscheidung des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers über seine Leistungspflicht nicht ausgeschlossen ist. Dies erschließt sich aus Folgendem:

32

Der Gesetzgeber verfolgte mit der Änderung des § 111 S. 2 SGB X das Ziel, der ursprünglichen Intention Rechnung zu tragen, dass Erstattungsansprüche auch Leistungen für Zeiträume erfassen können, deren Ende länger als 12 Monate zurückliegen können. Nach den Motiven des Gesetzgebers ist es nämlich nicht sachgerecht, in solchen Fällen für den Beginn der Ausschlussfrist auf die nach dem bis 31. Dezember 2000 geltenden § 111 S. 2 SGB X a.F. maßgebliche, möglicherweise Jahre zurückliegende Entstehung des Anspruchs abzustellen (BtDrs. 14/4375, S. 60). Grund für diese Neuregelung des Fristbeginns war eine Entscheidung des BSG im Fall einer Arbeitslosenhilfeempfängerin, deren Leistungsbezug schon über ein Jahr zurücklag und der nachträglich und rückwirkend eine Rente aus der Unfallversicherung auch für den Zeitraum des Bezugs der Arbeitslosenhilfe zugesprochen wurde. Die Klage des Trägers der Arbeitslosenhilfe gegen den Träger der Unfallversicherung auf Erstattung seiner Leistungen wurde auf der Grundlage des § 111 S. 2 SGB X a.F. abgewiesen, obwohl der Bewilligungsbescheid innerhalb von einem Jahr nach Ende des Arbeitslosenhilfebezugs dem Erstattungsberechtigten noch gar nicht bekannt war, was der Gesetzgeber als änderungsbedürftigen Missstand erkannte. Das Regelungsbedürfnis für die Neufassung von § 111 S. 2 SGB X beschränkte sich daher auf die Korrektur des Fristenbeginns beiabgeschlossener Leistung des erstattungsberechtigten Leistungsträgers und damit einem schon vollständig entstandenen Erstattungsanspruch. Für eine Änderung bei einer noch nicht abgeschlossenen Leistung des erstattungsberechtigten Leistungsträgers sah der Gesetzgeber hingegen kein Regelungsbedürfnis, um der ursprünglichen Intention, länger als 1 Jahr zurückliegende Leistungszeiträume auch zu erfassen, zu genügen. Offenbar ging er damit insoweit davon aus, dass dieser Intention schon der unverändert gelassene § 111 S. 1 SGB X genügt. Das kann aber nur der Fall sein, wenn der Fristbeginn auch bei wiederkehrenden Leistungen § 111 S. 1 SGB X auf den letzten Tag, für den die Gesamtleistung erbracht wurde, abstellt.

33

Greift damit der Ausschluss des Erstattungsanspruchs nach § 111 S. 1 SGB X nicht durch, so bleibt die Beklagte wegen der rechtzeitigen Geltendmachung des Erstattungsverlangens noch während der Leistungsgewährung weiterhin dem Kläger zur Kostenerstattung verpflichtet.

34

Gegen die vom Kläger mit Kostenaufstellung vom 4. August 2015 dargelegte Höhe der von ihm im Rahmen seiner Zuständigkeit nach § 86 Abs. 6 SGB VIII im streitgegenständlichen Zeitraum aufgebrachten Aufwendungen für die dem Hilfeempfänger erbrachten Leistungen hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben. Die Kammer hat insoweit auch keinen Anlass an der Richtigkeit der Kostenaufstellung zu zweifeln.

35

Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

36

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.v.m §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.

37

Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts für den Beginn der Ausschlussfrist bei wiederkehrenden Leistungen in Ansehung der vorzitierten Entscheidungen des BVerwG und des BayVGH einer grundsätzlichen Klärung bedarf.

38

Beschluss

39

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12.820,-- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG).

40

Gegen die Festsetzung des Streitwertes steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG dieBeschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde zugelassen hat.

41

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung zur Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

42

Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße, Robert-Stolz-Str. 20, 67433 Neustadt, schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen.

43

Die elektronische Form wird durch eine qualifiziert signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Rheinland-Pfalz (ERVLVO) vom 10. Juli 2015 (GVBl. S. 175) in der jeweils geltenden Fassung zu übermitteln ist.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt, die vom Kläger für die Zeit vom 14. Januar bis 24. August 2010 geleistete Kostenerstattung i. H. v. Euro 45.038,42 zzgl. Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7. November 2014 zurückzuerstatten.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung von Euro 45.038,42, die er zu Unrecht im Rahmen einer jugendhilferechtlichen Kostenerstattung geleistet haben will.

1. Mit Schreiben vom 23. August 2011 - eingegangen am 25. August 2011 - wandte sich das Jugendamt der Beklagten an den Kläger als überörtlichen Träger der Jugendhilfe. Es wurde ein Kostenerstattungsanspruch bei Gewährung von Jugendhilfe nach der Einreise aus § 89d SGB VIII hinsichtlich... (geboren am 8.6.1993 in Algerien) geltend gemacht. Für den Genannten sei durch die Beklagte erstmals ab dem 14. Januar 2010 Jugendhilfe in Form einer In-Obhutnahme gewährt worden. Diese habe bis 2. März 2011 angedauert. Ab dem 3. März 2011 sei sodann auf Antrag des Amtsvormunds Hilfe zur Erziehung geleistet worden. Grundlage der örtlichen Zuständigkeit der Beklagten zum Zeitpunkt der erstmaligen Jugendhilfegewährung sei der tatsächliche Aufenthalt nach § 87 SGB VIII gewesen. Die nunmehrige örtliche Zuständigkeit des Klägers ergebe sich aus einer Bestimmungsverfügung des Bundesverwaltungsamts nach § 89d SGB VIII vom 18. März 2010, die - neben anderen Dokumenten - dem Schreiben beigefügt war.

Mit Schreiben vom 19. September 2011 erklärte sich daraufhin der Kläger grundsätzlich zur Kostenerstattung für Zeiträume ab dem 25. August 2010 bis längstens zum 21. Lebensjahr des jungen Menschen bereit. Eine Erstattung für die Zeit vom 14. Januar bis 24. August 2010 sei nicht möglich, da dieser Zeitraum außerhalb der Ausschlussfrist des § 111 SGB X liege.

Auf Anforderung der Beklagten vom 20. Dezember 2011 hin erstattete der Kläger dieser sodann für den Zeitraum vom 25. August 2010 bis 13. Juni 2011 (Ende der Jugendhilfemaßnahme) Gesamtaufwendungen i. H. v. Euro 25.928,82.

Mit Schreiben vom 28. Februar 2013 nebst Kostenaufstellung machte die Beklagte darüber hinaus auch für den Zeitraum vom 14. Januar bis 24. August 2010 eine Kostenerstattung für Gesamtaufwendungen i. H. v. Euro 45.038,42 geltend. Entgegen der Auffassung des Klägers sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - Az. 5 C 14/09) die Ausschlussfrist des § 111 SGB X durch die Beklagte gewahrt worden. Die Zwölfmonatsfrist beginne erst mit Ende der jugendhilferechtlichen Gesamtmaßnahme. Es wurde daher um Anerkennung der Kostenerstattungspflicht auch für den Zeitraum vom 14. Januar bis 24. August 2010 gebeten.

Ausweislich eines internen Vermerks des Klägers vom 15. März 2013 schloss man sich dort nach Prüfung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Rechtsauffassung der Beklagten an.

Mit Schreiben vom 8. April 2013 teilte der Kläger der Beklagten daher mit, dass man aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nunmehr auch eine Kostenerstattungspflicht für den Zeitraum vom 14. Januar bis 24. August 2010 anerkenne. In der Folge wurde der seitens der Beklagten geltend gemachte Betrag i. H. v. Euro 45.038,42 durch den Kläger erstattet.

Mit Schreiben vom 12. März 2014 zog der Kläger seine Kostenerstattungszusage vom 8. April 2013 jedoch wieder zurück und forderte die Beklagte auf, den erstatteten Betrag zurückzuzahlen. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - Az. 5 C 14/09) zur Berechnung der Ausschlussfrist des § 111 SGB X durch die Beteiligten unzutreffend derart ausgelegt worden sei, dass die Zwölfmonatsfrist erst mit Ende der jugendhilferechtlichen Gesamtmaßnahme anlaufe. Richtigerweise könne eine Erstattung im Lichte der neueren Rechtsprechung jedoch erst ab dem 25. August 2010 erfolgen, zwölf Monate rückwirkend ab Eingang des Erstattungsantrags der Beklagten am 25. August 2011.

Mit E-Mail vom 12. Mai 2014 teilte die Beklagte zunächst auf Nachfrage mit, dass die Angelegenheit derzeit geklärt werde. Es wurde um Geduld gebeten.

Mit Schreiben vom 22. Juli 2014 bat der Kläger um Herbeiführung einer Entscheidung und Rückerstattung des gegenständlichen Betrags bis spätestens 31. August 2014. Ansonsten behalte man sich rechtliche Schritte vor.

2. Mit Schreiben vom 22. Juli 2014 lehnte die Beklagte schließlich das Rückzahlungsbegehren des Klägers ab. Man halte an der bereits im Jahr 2013 geäußerten Auslegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berechnung der Ausschlussfrist des § 111 SGB X fest. Ein Rückerstattungsanspruch des Klägers bestehe daher nicht.

Mit E-Mail vom 2. September 2014 teilte der Kläger mit, dass er an seinem Rückerstattungsbegehren festhalte. Zur Begründung wurde ergänzend auf einen beigefügten Fachaufsatz (Häußler, Aktuelle jugendhilferechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, DVBl 2013, 1001) verwiesen, der die klägerische Auslegung stütze. Sollte die Beklagte dem klägerischen Rückerstattungsbegehren nicht in angemessener Frist nachkommen, werde der Verwaltungsrechtsweg beschritten.

Eine Reaktion der Beklagten erfolgte nicht.

3. Mit seiner am 6. November 2014 erhobenen Klage beantragt der Kläger,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn Euro 45.038,42 nebst Zinsen von 5 v. H. über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu erstatten.

Der geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung folge aus § 112 SGB X, da die an die Beklagte geleistete Kostenerstattung zu Unrecht erfolgt sei. Nach § 111 Satz 1 SGB X scheide eine Erstattung aus, soweit der Berechtigte den Anspruch nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tags, für den die Leistung erbracht wurde, geltend mache. Vorliegend könne daher eine Erstattung frühestens ab 25. August 2010 (zwölf Monate vor Zugang des Erstattungsantrags am 25.8.2011) erfolgen; für Zeiträume davor seien jegliche Erstattungsansprüche verfristet. Entgegen der Auffassung der Beklagten folge aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - Az. 5 C 14/09) nichts anderes. Ausweislich eines klarstellenden Fachaufsatzes eines Richters des fünften Senats des Bundesverwaltungsgerichts (Häußler, Aktuelle jugendhilferechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, DVBl 2013, 1001) sei es im Rahmen von § 111 SGB X ausreichend, dass ein Jugendhilfeträger binnen eines Jahres nach Anfang der Leistungsgewährung Kostenerstattung verlange. Dies entspreche auch der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (VG Augsburg, U. v. 3.4.2012 - Au 3 K 11.1669; VG Regensburg, U. v. 24.10.2013 - RO 7 K 13.218; VG Würzburg, U. v. 24.1.2013 - W 3 K 11.1060). Hingegen sei die seitens der Beklagten vertretene Auslegung, die eine Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs innerhalb von zwölf Monaten nach Beendigung der Hilfegewährung genügen lassen will, mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften nicht zu vereinbaren. Denn es sei nicht sachgerecht, bei ununterbrochener Leistungsgewährung während der gesamten Kinderzeit die verpflichteten Träger noch Jahre oder gar Jahrzehnte später mit Kostenerstattungsansprüchen zu konfrontieren.

4. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rückzahlung des gegenständlichen Betrags. Die Voraussetzungen des § 112 SGB X seien nicht gegeben, da die Kostenerstattung durch den Kläger objektiv zu Recht erfolgt sei. Insbesondere habe die Beklagte richtigerweise die vorliegend allein streitige Ausschlussfrist aus § 111 Satz 1 SGB X gewahrt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U. v. 19.8.2010 - Az. 5 C 14/09) sei insoweit bei einem Anspruch auf Erstattung von Maßnahmen und Hilfen, die jugendhilferechtlich als eine (Gesamt-)Leistung zu werten seien, jede innerhalb der zwölfmonatigen Frist erfolgte Geltendmachung nach Beginn der (Gesamt-)Leistung ausreichend; die zwölfmonatige Frist laufe mit Beendigung der Hilfe an, eine zeitabschnittsweise Betrachtung erfolge nicht. Vorliegend habe die Jugendhilfemaßnahme am 13. Juni 2011 geendet; das Schreiben der Beklagten vom 23. August 2011 zur Geltendmachung der Kostenerstattung sei daher ohne weiteres fristgerecht gewesen. Die Rechtsauffassung der Beklagten werde von der Kommentarliteratur (Kunkel/Pattar, SGB VIII, § 89f Rn. 30; Eschelbach/Schindler in: Münder, FK-SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 89f Rn. 5) sowie von den kommunalen Spitzenverbänden in Baden-Württemberg geteilt. Das hiergegen seitens des Klägers angeführte Argument einer nicht sachgerechten zeitlich unbegrenzten Geltendmachung von Kostenerstattungsansprüchen überzeuge nicht; denn nach § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X i. V. m. § 111 SGB XII analog verjähre der Kostenerstattungsanspruch innerhalb von vier Jahren, beginnend mit dem Ablauf des Kalenderjahrs, in dem er entstanden ist.

5. Mit Schriftsätzen vom 22. Dezember 2014 bzw. 13. Januar 2015 haben die Beteiligten auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

6. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

Gründe

Das Urteil kann aufgrund des Verzichts der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung ergehen.

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 112 Abs. 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) auf Erstattung von Euro 45.038,42.

Soweit eine Erstattung zu Unrecht erfolgt ist, sind gemäß § 112 SGB X die gezahlten Beträge zurückzuerstatten.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Kläger hat an die Beklagte im Jahr 2013 zu Unrecht auch für den Zeitraum vom 14. Januar bis 24. August 2010 eine Kostenerstattung i. H. v. Euro 45.038,42 geleistet. Ein entsprechender Kostenerstattungsanspruch der Beklagten aus § 89d des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bestand nicht.

Grund hierfür ist, dass der dem Grunde nach gegebene Kostenerstattungsanspruch der Beklagten aus § 89d SGB VIII mangels Geltendmachung innerhalb der Ausschlussfrist des § 111 Satz 1 SGB X untergegangen ist (vgl. allgemein zur Anwendung des § 111 Satz 1 SGB X auf § 89d SGB VIII: BVerwG, U. v. 19.8.2010 - Az. 5 C 14/09 - juris Rn. 12 f.).

a) Nach § 111 Satz 1 SGB X ist ein Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht.

Ein anderweitiger Beginn der Frist ergibt sich hier nicht aus § 111 Satz 2 SGB X. § 111 Satz 2 SGB X ist bei jugendhilferechtlichen Erstattungsansprüchen nicht anwendbar, ohne dass deshalb auch die Anwendbarkeit von § 111 Satz 1 SGB X entfallen würde (vgl. BayVGH, U. v. 21.5.2010 - 12 BV 09.1973 - juris Rn. 39).

Für den Ablauf des Leistungszeitraums ist bei wiederkehrenden Leistungen gemäß § 111 Satz 1 SGB X der jeweilige Teilzeitraum erheblich, für den jeweils geleistet wurde; die Ausschlussfrist beginnt deshalb für jeden Teilzeitraum neu zu laufen. Bei laufend, z. B. monatlich, gewährten Leistungen ist nicht erforderlich, dass der Erstattungsanspruch laufend, z. B. monatlich, neu geltend gemacht wird. Es ist ausreichend, wenn das Erstattungsverlangen einheitlich auch für die Erstattung aller zukünftigen Leistungen gestellt wird, weil der Erstattungsanspruch geltend gemacht werden kann, bevor die Ausschlussfrist zu laufen begonnen hat. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch nicht auf einen bestimmten Bewilligungszeitraum beschränkte Jugendhilfeleistungen abschnittsweise gewährt werden und für die Konkretisierung des Leistungs-(teil-)zeitraums auf die Ausgestaltung des Abrechnungsverhältnisses mit dem zur Leistungserbringung herangezogenen Dritten abzustellen ist (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 7.1.2014 - 12 ZB 13.2512 - juris Rn. 3; VG Regensburg, U. v. 24.10.2013 - RO 7 K 13.218 - juris Rn. 16; Roller, in: von Wulffen, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 111 Rn. 6 m. w. N.).

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze war zum Zeitpunkt des Eingangs des Erstattungsverlangens der Beklagten am 25. August 2011 die Zwölfmonatsfrist des § 111 Satz 1 SGB X bereits verstrichen. Denn hinsichtlich des streitgegenständlichen Leistungszeitraums vom 14. Januar bis 24. August 2010 endete die Frist aus § 111 Satz 1 SGB X zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, mithin bereits am 24. August 2011.

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 (Az. 5 C 14/09 - BVerwGE 137, 368/374 ff.) nicht entnehmen, dass wegen des darin erfolgten Abstellens auf den Beginn der (Gesamt-)Leistung eine Abkehr vom Beginn der Ausschlussfrist nach Ablauf einzelner Teilzeiträume zu erfolgen hätte und diese stattdessen erst mit dem Ende der (Gesamt-)Leistung anlaufen würde. Diese Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs geklärt (BayVGH, B. v. 7.1.2014 - 12 ZB 13.2512 - juris).

Die genannte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts trifft lediglich eine Aussage zum Begriff der Leistung i. S. v. § 111 Satz 1 SGB X und zu ihrem Beginn, nicht hingegen zu dem Zeitraum, für den die Leistung erbracht wird. Der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lassen sich insbesondere keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass entgegen dem Wortlaut des § 111 Satz 1 SGB X, der mit der Formulierung „Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde“ eindeutig auf einen abgegrenzten Leistungszeitraum abstellt, die Anknüpfung an Teilzeiträume völlig aufgegeben werden sollte. Eine solche, ausschließlich auf das Ende der (Gesamt-)Leistung abstellende Interpretation der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts wäre mit dem Normzweck des § 111 Satz 1 SGB X nicht vereinbar (siehe zum Ganzen: BayVGH, B. v. 7.1.2014 - 12 ZB 13.2512 - juris Rn. 4; VG Regensburg, U. v. 24.10.2013 - RO 7 K 13.218 - juris Rn. 17).

Die Regelung des § 111 Satz 1 SGB X will erreichen, dass Erstattungsansprüche zeitnah geltend gemacht werden müssen. Der Erstattungspflichtige soll bereits kurze Zeit nach der Leistungserbringung wissen, welche Ansprüche auf ihn zukommen und welche Rückstellungen er gegebenenfalls bilden muss (vgl. hierzu Roller, in: von Wulffen, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 111 Rn. 2 m. w. N.). Dieser Intention des Normgebers wäre nicht mehr Rechnung getragen, wenn sich beispielsweise bei einer Gesamtleistung von Hilfe zur Erziehung und anschließender Hilfe für junge Volljährige im Extremfall ein Leistungszeitraum von 27 Jahren ergeben könnte und die Ausschlussfrist von zwölf Monaten erst nach Ablauf dieses Zeitraums beginnen würde (siehe zum Ganzen: BayVGH, B. v. 7.1.2014 - 12 ZB 13.2512 - juris Rn. 5; VG Regensburg, U. v. 24.10.2013 - RO 7 K 13.218 - juris Rn. 17).

In dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegenden Fall - im Gegensatz zum vorliegend zu entscheidenden - war die Anmeldung des Anspruchs bereits innerhalb der Frist des § 111 Satz 1 SGB X erfolgt, es hatte sich lediglich die der Hilfegewährung zugrunde liegende Rechtsgrundlage verändert (vgl. hierzu näher BVerwG, U. v. 19. August 2010 - 5 C 14/09 - BVerwGE 137, 368/369). Demgegenüber sind vorliegend bereits Teilzeiträume verstrichen, ohne dass insoweit eine Anmeldung erfolgt wäre. Die der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde liegende Sachverhaltskonstellation ist demzufolge mit der hier gegebenen nicht zu vergleichen (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 7.1.2014 - 12 ZB 13.2512 - juris Rn. 6; VG Regensburg, U. v. 24.10.2013 - RO 7 K 13.218 - juris Rn. 16).

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 (Az. 5 C 14/09 - BVerwGE 137, 368/374 ff.) betrifft nach alledem ausschließlich solche Fallgestaltungen, in denen die Hilfegewährung im Rahmen eines einheitlichen Hilfeprozesses auf eine andere Rechtsgrundlage gestellt wurde und die Anmeldung des Anspruchs bereits innerhalb der Frist des § 111 Satz 1 SGB X erfolgt war. Nur in dieser - hier nicht gegebenen - Konstellation genügt eine (einzige) innerhalb der Frist des § 111 Satz 1 SGB X erfolgte Geltendmachung des Anspruchs nach Beginn der (Gesamt-)Leistung (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 7.1.2014 - 12 ZB 13.2512 - juris Rn. 7/10).

2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).

Die Beklagte hat die Rückerstattungsforderung des Klägers unter sinngemäßer Anwendung von § 291 i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB mit einem Zinssatz i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen. Während Verzugszinsen für öffentlich-rechtliche Ansprüche nur bei einer entsprechenden ausdrücklichen gesetzlichen Regelung gewährt werden (vgl. BVerwG, U. v. 24.11.1977 - III C 72.76 - juris Rn. 21; U. v. 13.7.1979 - IV C 66.76 - juris Rn. 12), können nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Prozesszinsen in entsprechender Anwendung des § 291 BGB für öffentlich-rechtliche Geldforderungen grundsätzlich verlangt werden, es sei denn, das geschriebene Fachrecht weist eine diesen allgemeinen Grundsatz derogierende Regelung auf (BVerwG, U. v. 22.2.2001 - 5 C 34/00 - juris Rn. 6). Eine solche ist vorliegend nicht ersichtlich. Auch wenn mit § 44 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs Erstes Buch (SGB I) kein allgemeiner Rechtsgedanke dahingehend zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass rückständige Geldleistungen grundsätzlich zu verzinsen sind (BSG, U. v. 18.12.1979 - 2 RU 3/79 - juris Rn. 12), und § 27 Abs. 1 des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) für Erstattungsansprüche im Bereich der Sozialversicherung eine besondere Verzinsungsregelung getroffen hat, so schließt dies nicht aus, § 291 BGB auch für öffentlich-rechtliche Geldforderungen als allgemeinen Grundsatz anzusehen, der gilt, sofern er nicht ausdrücklich abbedungen worden ist (vgl. BGH, U. v. 1.10.1981 - III ZR 13/80 - juris Rn. 26; Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 291 Rn. 2). Dies gilt für öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche jedenfalls insoweit, als zwischen den Parteien, zwischen denen die öffentlich-rechtliche Geldforderung geltend gemacht wird, - wie vorliegend - ein einem zivilrechtlichen Rechtsverhältnis angenähertes öffentlich-rechtliches Gleichordnungsverhältnis besteht (vgl. BGH U. v. 13.7.1989 - III ZR 64/88 - BGHZ 108, 268 - juris Rn. 14; Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 286 Rn. 11). Denn in diesem Fall ist zwischen dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch und dem unbestritten § 291 BGB unterliegenden zivilrechtlichen Erstattungsanspruch nach §§ 812 ff. BGB kein wesensmäßiger Unterschied erkennbar, der eine Anwendung der Regelung des § 291 BGB auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ausschlösse (vgl. BVerwG, U. v. 9.11.1976 - III C 56.75 - BVerwGE 51, 287 - juris Rn. 11 ff. - siehe zum Ganzen: VG München, U. v. 30.4.2013 - M 18 K 12.4144 - juris Rn. 42).

Die vom Kläger mit Eingang der Klageschrift am 6. November 2014 erhobene Klage wurde gemäß § 90 Abs. 1 VwGO an diesem Tag rechtshängig. Die Verzinsungspflicht gemäß § 291 Satz 1 BGB hat damit gemäß § 187 Abs. 1 BGB am 7. November 2014, 0.00 Uhr, begonnen (Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 291 Rn. 6). Die Zinshöhe richtet sich gemäß § 291 Satz 2 nach § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Höhere Zinsen gemäß § 288 Abs. 2 BGB waren nicht beantragt (§ 88 VwGO - vgl. zum Ganzen: VG München, U. v. 30.4.2013 - M 18 K 12.4144 - juris Rn. 43).

3. Nach alledem war der Klage vollumfänglich stattzugeben.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Der Anspruch auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht. Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit dem Zeitpunkt, zu dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über seine Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.