Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 28. Apr. 2014 - 11 A 522/14.A
Gericht
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG) wird nicht entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG dargelegt.
4Zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung muss eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufgeworfen werden, die entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Fortentwicklung des Rechts einer Klärung bedarf.
5Vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Juli 1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE 70, 24 ff., und Beschlüsse vom 2. Oktober 1984 - 1 B 114.84 -, InfAuslR 1985, 130 f., sowie vom 19. Juli 2011 - 10 B 10.11, 10 PKH 10 PKH 4.11 -, juris, Rn. 3.
6Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht. Die vom Kläger aufgeworfene Frage,
7„ob das Asylsystem in der Republik Italien systemische Mängel aufweist oder nicht“,
8rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Sie bedarf mit Blick auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Bundesverwaltungsgerichts und des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen weder in tatsächlicher noch in rechtlichter Hinsicht einer Klärung in einem Berufungsverfahren.
9Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) erreichen die tatsächlichen Defizite des Asylsystems in Italien nicht das Ausmaß eines „systemischen Mangels (systemic failure)“. Der EGMR ist unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und ‑organisationen zu dem Schluss gekommen, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten haben, einige Mängel aufweisen mag, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen.
10Vgl. EGMR, Beschlüsse vom 2. April 2013 ‑ Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u. a./Niederlande und Italien -, ZAR 2013, 336, Rn. 78, vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u. a./Österreich -, vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Rn. 66, Halimi/Österreich und Italien -, ZAR 2013, 338, Rn. 68, vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien, Rn. 176, vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien -, Rn. 138.
11Auch der 1. Senat des beschließenden Oberverwaltungsgerichts hat in Gesamtwürdigung der Verhältnisse betreffend die Frage der Überstellung eines Asylsuchenden an Italien die Einschätzung gewonnen, „dass das Asylverfahren und namentlich auch die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber - darunter speziell Dublin-Rückkehrer - in Italien nicht an systemischen Mängeln leiden“.
12Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A-, juris, Rn. 134 ff., 186.
13Ferner ist auch die Frage nach den rechtlichen Anforderungen, denen der Begriff der vom Kläger geltend gemachten im Asylsystem von Italien herrschenden „systemischen Mängel“ unterliegt, ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens zu beantworten. Eine Überstellung eines Asylbewerbers an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat (hier also des Klägers an Italien) scheidet nur dann aus, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht.
14Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris, Rn. 9, betreffend den Fall der Überstellung eines malischen Staatsangehörigen an Italien, der dorthin eingereist war und zunächst dort einen Asylantrag gestellt hatte.
15Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83b AsylVfG.
16Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.