Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 15. Nov. 2005 - 8 W 513/05; 8 W 514/05

bei uns veröffentlicht am15.11.2005

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss II der Rechtspflegerin des Landgerichts Ravensburg vom 23.9.2005 wegen der Erstattung der Kosten erster Instanz wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

2. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss I der Rechtspflegerin des Landgerichts Ravensburg vom 23.9.2005 wegen der Erstattung der Kosten der zweiten Instanz wird

z u r ü c k g e w i e s e n.

3. Der Kläger trägt die mit der Zurückweisung seiner sofortigen Beschwerden angefallenen Gerichtsgebühren und die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeverfahren.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Streitwerte der Beschwerden:         

5.035,41 EUR

        

6.538,91 EUR

Gründe

 
I.
Mit dem Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17.8.1999 wurden dem Kläger die Kosten beider Rechtszüge auferlegt. Das Urteil des OLG Stuttgart ist mit der Nichtannahme der Revision des Klägers durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18.5.2000 rechtskräftig. Auf den am 22.8.2005 bei Gericht eingegangenen Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten für die erste Instanz und den am 12.9.2005 bei Gericht eingegangenen Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten für die zweite Instanz erhob der Kläger die Einrede der Verjährung.
Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss II vom 23.9.2005 setzte die Rechtspflegerin des Landgerichts Ravensburg antragsgemäß die vom Kläger dem Beklagten zu erstattenden erstinstanzlichen Kosten mit 5.035,41 EUR fest. Gegen den am 30.9.2005 zugestellten Beschluss legte der Kläger am 14.10.2005 die sofortige Beschwerde ein.
Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss I vom 23.9.2005 setzte die Rechtspflegerin des Landgerichts Stuttgart gegen den Kläger antragsgemäß die zu erstattenden zweitinstanzlichen Kosten mit 6.538,91 EUR fest. Gegen den am 30.9.2005 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 14.10.2005 die sofortige Beschwerde eingelegt. Beide Kostenerstattungsansprüche seien verjährt, weil nach Art. 229 § 6 EGBGB die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB n. F. mit dem 31.12.2001 begonnen habe und der Anspruch deshalb mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt sei.
Der Beklagte ist den sofortigen Beschwerden entgegengetreten, weil mit der Kostengrundentscheidung sein Anspruch rechtskräftig festgestellt worden sei.
Die Rechtspflegerin des Landgerichts Ravensburg hat die sofortigen Beschwerden ohne Abhilfe dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die zulässigen sofortigen Beschwerden sind in der Sache unbegründet.
Entgegen der Auffassung des Klägers tritt die Verjährung der Kostenfestsetzungsansprüche des Beklagten nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB n. F. (vgl. Staudinger-Peters, BGB, Art. 229 § 6 EGBGB RN 6; 13), dessen Frist der des § 218 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. entspricht, erst 30 Jahre ab Rechtskraft des Urteils des OLG Stuttgart vom 17.8.1999, also 30 Jahre nach dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18.5.2000, ein.
Mit der Rechtskraft der Kostenentscheidung ist der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des Beklagten endgültig und unbedingt entstanden. Durch ihn wird der Kostenerstattungsanspruch festgestellt, während der Betrag der zu erstattenden Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO festgesetzt wird. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB n. F. hat für die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist nicht zur Voraussetzung, dass ein Leistungstitel geschaffen wurde. Unter § 197 BGB fällt auch ein Feststellungsurteil, das nur ganz allgemein die Ersatzpflicht des Schuldners ausspricht (vgl. BGH NJW-RR 1989, 215). Dieser Anwendungsbereich des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB rechtfertigt es, auch durch die rechtskräftige Feststellung eines Kostenerstattungsanspruchs dem Grunde nach die 30jährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB n. F. eintreten zu lassen (vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 29.8.2001, AZ: 13 W 439/01, veröffentlicht in OLG-NL 2002, 69; MünchKomm-Grothe, BGB 4. Aufl., § 197 RN 16; MünchKomm-Belz, ZPO 2. Aufl. vor § 91 RN 8; Baumbach/Lauterbach-Hartmann ZPO 63. Aufl., Übersicht § 91 RN 40; Musielak-Wolst, ZPO 4. Aufl., vor § 91 RN 14 a.E.; Zöller-Herget ZPO 25. Aufl., vor § 91 RN 10 a.E.; Palandt-Heinrichs BGB 64. Aufl., § 197 RN 11; a. A. OLG München NJW 1971, 1755; OLG Frankfurt MDR 1977, 665).
Angesichts der mit Eintritt der Rechtskraft der Kostengrundentscheidung des OLG Stuttgart anzuwendenden 30jährigen Verjährungsfrist sind die Ansprüche des Klägers auf Festsetzung der in diesem Verfahren zu erstattenden Kosten nicht verjährt.
10 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus Nr. 1811 KV/GKG und § 97 Abs. 1 ZPO.
11 
Wegen der abweichenden Entscheidungen des OLG München und des OLG Frankfurt ist die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 574 Abs. 2 ZPO zuzulassen.

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Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 15. Nov. 2005 - 8 W 513/05; 8 W 514/05 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 197 Dreißigjährige Verjährungsfrist


(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, 1. Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,2. Herausgabeansprüc

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 218 Unwirksamkeit des Rücktritts


(1) Der Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung ist unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft. Dies gilt auch, wenn der Schuldner nach §

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Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Der Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung ist unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft. Dies gilt auch, wenn der Schuldner nach § 275 Absatz 1 bis 3, § 439 Absatz 4 oder § 635 Absatz 3 nicht zu leisten braucht und der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt wäre. § 216 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) § 214 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.