Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Juli 2017 - 8 W 321/15

published on 21/07/2017 00:00
Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 21. Juli 2017 - 8 W 321/15
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Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Stuttgart vom 16.07.2015, Az. 17 O 1231/14,

abgeändert:

Auf Grund des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 24.02.2015 und des Beschlusses des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 26.05.2015 sind vom Beklagten an die Klägerin zu erstatten:

EUR 1.846,60

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus EUR 942,20 seit dem 05.03.2015 und aus weiteren EUR 409,40 seit dem 03.07.2015.

Der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Klägerin vom 03.03.2015 wird

zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Klägerin

zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens, die auf EUR 30,00 ermäßigt werden. Im Übrigen tragen von den Kosten des Beschwerdeverfahrens die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: EUR 424,80

Gründe

 
Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg.
1.
Der angegriffene Kostenfestsetzungsbeschluss ist insoweit zu korrigieren, als zugunsten der Klägerin anstelle der beantragten 1,2-fachen Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG in Höhe von EUR 424,80 lediglich ein Betrag von EUR 300,00 festgesetzt worden ist. Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat angenommen, dass insoweit lediglich die zwischen den Hauptbevollmächtigten und dem Terminsvertreter vereinbarte Pauschalvergütung festgesetzt werden kann. Dem kann nicht gefolgt werden.
Gemäß § 5 RVG wird die Vergütung für eine Tätigkeit, die der Rechtsanwalt nicht persönlich vornimmt, nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bemessen, wenn er durch einen Rechtsanwalt vertreten wird. Liegen also - wie im vorliegenden Fall - die Voraussetzungen des § 5 RVG vor, dann erhält der Anwalt die volle Vergütung, die er auch erhalten würde, wenn er die entsprechende Tätigkeit selbst ausgeführt hätte (Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage 2015, § 5 RVG, Rdnr. 8; N. Schneider in: Schneider/Wolf, Anwaltkommentar zum RVG,8. Auflage 2017, § 5 RVG, Rdnr. 52).
Erteilt der Terminsvertreter im eigenen Namen den Auftrag zur Terminswahrnehmung, so ist dieser im Regelfall Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten und verdient die Gebühr für diesen. Zwischen der Partei und dem Terminsvertreter wird kein Vertragsverhältnis begründet. Die Entschädigungspflicht richtet sich vielmehr nach der internen Vereinbarung zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten, der für die Ansprüche des Terminsvertreters in diesem Fall auch einzustehen hat (BGH NJW 2001, 753 m.w.N.).
Die interne Vereinbarung zwischen dem Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten betrifft ausschließlich deren Vertragsverhältnis, nicht aber das Mandatsverhältnis zwischen dem Prozessbevollmächtigten und der von ihm vertretenen Partei oder aber die Erstattungspflicht des unterlegenen Prozessgegners. Denn der Terminsvertreter verdient für den Prozessbevollmächtigten die Gebühren und wird dafür durch den Letzteren auf Grund der zwischen ihnen getroffenen internen Vereinbarung honoriert, die unter Umständen sogar „kollegialiter“ keine Entschädigungspflicht für die Tätigkeit des Terminsvertreters vorsehen kann (Mayer in: Gerold/Schmidt, a.a.O., § 5 RVG, Rdnr. 8 m.w.N.). Hierdurch verzichtet der Prozessbevollmächtigte aber keinesfalls gegenüber der Mandantschaft auf die ihm zustehende und durch den Terminsvertreter für ihn verdiente gesetzliche Vergütung nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und begünstigt hierdurch ebenso wenig den erstattungspflichtigen Prozessgegner.
Die im vorliegenden Fall von der Klägerin geltend gemachte Terminsgebühr ist danach durch die Tätigkeit des Terminsvertreters als Erfüllungsgehilfe des Prozessbevollmächtigten der Klägerin angefallen und auch nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO - in voller Höhe - erstattungsfähig.
Die in dem angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss zitierte Entscheidung des Kammergerichts vom 20.11.2003 (Az. 1 W 43/03), der noch die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung zugrunde lag, betraf nicht die vorliegende Konstellation eines vom Prozessbevollmächtigten im eigenen Namen beauftragten Terminsvertreters.
2.
Soweit die Klägerin darüber hinaus die Erstattung der Kosten von EUR 300,00 für den Terminsvertreter beziehungsweise zumindest eines Betrages in Höhe der fiktiven Reisekosten von EUR 196,00 begehrt, waren der Kostenfestsetzungsantrag und die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Die Terminsgebühr wird in der vorliegenden Konstellation vom Prozessbevollmächtigten für eine Leistung gefordert, die er nicht in eigener Person erbracht, sondern die er anderweitig eingekauft hat. Daher handelt es sich bei den Aufwendungen, die der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erbracht hat, gerade nicht um Auslagen im Sinne von Teil 7 des VV zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
10 
Die Kosten können auch nicht mit dem Hinweis auf fiktive Reisekosten geltend gemacht werden: Fiktive Kosten sind nur anstelle von tatsächlich angefallenen Kosten zu erstatten. Der Partei sind aber neben der Terminsgebühr keine Kosten dieser Art entstanden (vgl. Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, a.a.O., Nr. 3401 VV RVG, Rdnr. 137).
11 
Die von der Klägerin im vorliegenden Zusammenhang zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.02.2014 (NJW-RR 2014, 763) betrifft wiederum nicht den hier gegebenen Fall einer Beauftragung des Terminsvertreters durch den Prozessbevollmächtigten im eigenen Namen, sondern die Beauftragung des Unterbevollmächtigten durch die Partei, der - anders als der Vertreter gemäß § 5 RVG - eine Gebühr gemäß Nr. 3401 VV RVG verdient. Die ebenfalls von der Klägerin angeführte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.09.2005 (NJW-RR 2005, 1662) betrifft ebenfalls die Einschaltung eines Unterbevollmächtigten und setzt sich mit der nochmals anders gelagerten Frage auseinander, ob die erstattungsfähigen (tatsächlichen) Reisekosten des nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts der Höhe nach auf die Kosten beschränkt sind, die durch die Beauftragung eines solchen Terminsvertreters entstanden wären. Am obigen Ergebnis ändern beide Entscheidungen des Bundesgerichtshofes nichts.
3.
12 
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf Nr. 1812 KV GKG, §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Annotations

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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Gegen die Entscheidungen des Rechtspflegers ist das Rechtsmittel gegeben, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist.

(2) Kann gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, so findet die Erinnerung statt, die innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzulegen ist. Hat der Erinnerungsführer die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Erinnerung binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Die Wiedereinsetzung kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, nicht mehr beantragt werden. Der Rechtspfleger kann der Erinnerung abhelfen. Erinnerungen, denen er nicht abhilft, legt er dem Richter zur Entscheidung vor. Auf die Erinnerung sind im Übrigen die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die sofortige Beschwerde sinngemäß anzuwenden.

(3) Gerichtliche Verfügungen, Beschlüsse oder Zeugnisse, die nach den Vorschriften der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung oder des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wirksam geworden sind und nicht mehr geändert werden können, sind mit der Erinnerung nicht anfechtbar. Die Erinnerung ist ferner in den Fällen der §§ 694, 700 der Zivilprozeßordnung und gegen die Entscheidungen über die Gewährung eines Stimmrechts (§ 77 der Insolvenzordnung) ausgeschlossen.

(4) Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

Die Vergütung für eine Tätigkeit, die der Rechtsanwalt nicht persönlich vornimmt, wird nach diesem Gesetz bemessen, wenn der Rechtsanwalt durch einen Rechtsanwalt, den allgemeinen Vertreter, einen Assessor bei einem Rechtsanwalt oder einen zur Ausbildung zugewiesenen Referendar vertreten wird.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Die Vergütung für eine Tätigkeit, die der Rechtsanwalt nicht persönlich vornimmt, wird nach diesem Gesetz bemessen, wenn der Rechtsanwalt durch einen Rechtsanwalt, den allgemeinen Vertreter, einen Assessor bei einem Rechtsanwalt oder einen zur Ausbildung zugewiesenen Referendar vertreten wird.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.