Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 19. Juni 2015 - 1 Ausl 156/15

bei uns veröffentlicht am19.06.2015

Tenor

Die Auslieferung des Verfolgten an die Republik Rumänien zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten aus dem rechtskräftigen Strafurteil Nr. 54 des Gerichts in Timişoara vom 15. Januar 2014 ist

d e r z e i t  n i c h t  z u l ä s s i g .

Gründe

 
I.
1. Durch Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) und Übermittlung des Europäischen Haftbefehls Nr. 3 des Amtsgerichts Timişoara vom 10. Februar 2014 (Az.: 12010/325/2013), ersuchen die rumänischen Justizbehörden um Festnahme und Auslieferung des rumänischen Staatsangehörigen I. zum Zwecke der Strafvollstreckung.
Dem Europäischen Haftbefehl liegt das Strafurteil Nr. 54 des Amtsgerichts Timişoara vom 15. Januar 2014 (Az.: 12010/325/2013), rechtskräftig seit 3. Februar 2014, zugrunde, durch welches der Verfolgte wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis nach Artikel 86 Abs. 1 des rumänischen Strafgesetzbuchs, Beihilfe zur Urkundenfälschung gemäß Artikel 26 i.V.m. Artikel 288 Abs. 1 des rumänischen Strafgesetzbuchs sowie wegen der Nutzung von gefälschten Unterlagen gemäß Artikel 291 des rumänischen Strafgesetzbuchs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt wurde, die noch in voller Höhe zu verbüßen ist.
Der Verfolgte soll am 9. Oktober 2009 gegen 21.25 Uhr mit dem Fahrzeug der Marke Dacia Logan und dem amtlichen Kennzeichen … auf der V. in T. gefahren sein, ohne im Besitz einer Fahrerlaubnis zu sein. Als er von der Polizei kontrolliert worden sei, soll er einen auf seinen Namen ausgestellten Führerschein vorgezeigt haben, welchen er auch Ende September 2009 dem Geschäftsführer der Taxifirma … aus T. vorgelegt haben soll, um eine Anstellung als Taxifahrer zu erreichen.
2. Der Verfolgte ist am 1. März 2015 in das Bundesgebiet eingereist und wohnt alleine an der Meldeanschrift ... Er ist beim Reiterstall H., … beschäftigt und auch rentenversichert. Ein Kraftfahrzeug ist auf ihn nicht zugelassen und eine Telefonnummer ist für ihn nicht vergeben. Er befindet sich auf freiem Fuß und wurde zu dem Auslieferungsersuchen nicht gehört.
3. Im Hinblick auf die Angabe im Europäischen Haftbefehl, dass es sich bei dem dem Ersuchen zugrunde liegenden Urteil um ein Abwesenheitsurteil handelt, hat die Generalstaatsanwaltschaft auf ein mögliches Auslieferungshindernis nach § 83 Nr. 3 IRG hingewiesen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat insoweit die rumänischen Behörden mit Schreiben vom 13. Mai 2015 darauf hingewiesen, unter welchen Voraussetzungen eine Auslieferung zur Vollstreckung eines Abwesenheitsurteils nach deutschem Recht zulässig ist, und um Übersendung von Nachweisen, z.B. einer Zustellungsurkunde, gebeten, aus denen sich ergibt, dass der Verfolgte persönlich von dem Hauptverhandlungstermin benachrichtigt worden war.
Hierzu haben die rumänischen Behörden mit Schreiben vom 26. Mai 2015 Folgendes mitgeteilt:
„...teilen wir Ihnen mit, dass er an seiner bekannten Anschrift aus Rumänien vorgeladen wurde, es wurde einschließlich ein Bringungsbefehl auf seinen Namen ausgestellt, aber er hat die Vorladung nicht persönlich erhalten, da so wie es aus den Anmerkungen des Protokolls für die Vollstreckung des Befehls folgt, die oben genannte Person nicht an ihrer Wohnanschrift vorgefunden wurde. In dieser Situation wurde seine Vorladung am Sitz des Lokalrats T. verordnet gemäß den Bestimmungen des Artikel 177 Abs. 4 Strafprozessordnung...“.
Darüber hinaus wurden die rumänischen Behörden um Mitteilung gebeten, ob im Falle des Verfolgten die Voraussetzungen des rumänischen Strafprozessrechts für eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens vorliegen.
Hierzu lautete die Antwort wie folgt:
10 
„Was das Recht der verfolgten Person, die in Abwesenheit verurteilt wurde, betrifft, von der erneuten Verhandlung des Falles zu profitieren, teilen wir Ihnen mit, dass in diesem Fall die Bestimmung des Artikels 466 neue Strafprozessordnung, die ab dem 1. Februar 2014 gelten, anwendbar sind, die das erneute Aufrollen eines Strafprozesses im Falle einer in Abwesenheit verurteilten Person reglementieren und die Folgendes vorsehen ...“.
11 
„Was die Klärung der Interpretation der Bestimmungen des Artikels 466 Abs. 2 Strafprozessordnung betrifft, teilen wir Ihnen mit, dass dieser Gesetzestext die Situationen vorsieht, in der die verurteilte Person überhaupt nicht zum Prozess vorgeladen wurde, aber auch die Fälle in der die Instanz Vorladungen im Prozess beziehungsweise auf den Namen des Angeklagten ausgestellt hat (an der bekannten Wohnanschrift oder durch Veröffentlichung an der Tür der Instanz), aber dieser die Vorladung nicht persönlich erhalten hat, so dass er nicht effektiv über die Existenz des Prozesses in Kenntnis gesetzt worden war, nicht durch diese Vorladungsweise und auch nicht in einer anderen offiziellen Art und Weise.
12 
Aufgrund der begrenzten Aufgaben, die ich als delegierter Richter bei der Strafvollstreckungsabteilung habe, kann ich Ihnen nicht eindeutig auf die Anfrage antworten, ob die Instanz einen solchen eventuellen Antrag zustimmen wird, da die Überprüfung der Erfüllung der Bedingungen vorgesehen vom Art. 466 neue Strafprozessordnung, die ausschließliche Pflicht des Richters ist, der den Antrag der verurteilten Person verhandeln wird“.
13 
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt nunmehr gemäß § 29 Abs. 2 IRG, die der Auslieferung des Verfolgten derzeit für unzulässig zu erklären.
II.
14 
Eine Auslieferung des Verfolgten zur Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem in seiner Abwesenheit ergangenen Strafurteil Nr. 54 des Gerichts in Timişoara vom 15. Januar 2014 ist derzeit unzulässig, weil die grundlegende Verfahrensgarantie der Einräumung des Rechts auf ein neues Gerichtsverfahren, in dem der gegen den in Abwesenheit verurteilten Verfolgten erhobene Vorwurf umfassend überprüft wird und in dem ein Recht auf Anwesenheit bei der Gerichtsverhandlung eingeräumt wird (§ 83 Nr. 3 IRG), nicht eingehalten ist.
15 
Der Verfolgte war bei der Gerichtsverhandlung nicht anwesend. Die rumänischen Behörden haben keine Umstände dargelegt, welche die Annahme eines Fluchtfalles rechtfertigen würden, obschon die Generalstaatsanwaltschaft mit Schreiben vom 13. Mai 2015 insoweit um ergänzende Auskünfte gebeten hat. Mit Schreiben vom 26. Mai 2015 teilte das Amtsgericht Timişoara mit, dass der Verfolgte zu dem Prozess nicht persönlich geladen worden sei. Die Ladung sei zunächst an die bekannte Wohnanschrift des Verfolgten in T. geschickt und sodann am Sitz des Lokalrats T. ausgehängt worden, da der Verfolgte an seiner Wohnanschrift nicht vorgefunden worden sei. Nachweise, die einen sicheren Schluss auf die Kenntnis des Verfolgten von dem Termin zuließen, wurden somit nicht übermittelt. Damit ist dem Erfordernis der Darlegung eines Fluchtfalles in Kenntnis der stattfindenden Hauptverhandlung nicht Rechnung getragen.
16 
Die rumänischen Behörden haben auch keine Zusicherung gegeben, dem Verfolgten das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren zu gewährleisten, in welchem die Rechte der Verteidigung gewahrt werden. Eine entsprechende Zusicherung ist vorliegend zur Sicherung der Einhaltung des völkerrechtlichen Mindeststandards der Verteidigungsmöglichkeit des Verfolgten unabdingbar. Ein Fluchtfall liegt ersichtlich nicht vor. Der Senat ist der Auffassung, dass die Vorschrift des Art. 522 Abs.1 der rumänischen Strafprozessordnung keine völkerrechtlich verbindliche Zusage der Gewährung eines neuen Verfahrens ersetzen kann, vielmehr ergibt sich aus ihr lediglich, dass der Verfolgte einen Antrag auf Wiederaufnahme stellen kann, über dessen Gewährung dann das zuständige Gericht entscheidet (OLG Oldenburg, StraFo 2014, 26; s.a. Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, 5. Aufl., § 73 IRG RN 87 mwN). Hierbei besteht indes die nicht ausschließbare Möglichkeit, dass nach rumänischem Recht die Durchführung eines Wiederaufnahmeverfahrens schon deshalb abgelehnt werden kann, weil der Verfolgte nach rumänischem Strafverfahrensrecht in ausreichender Weise zu dem Hauptverhandlungstermin geladen war und das Urteil deshalb nicht als Abwesenheitsurteil iSd Art. 522 Abs. 1 der rumänischen Strafprozessordnung gilt. Zwar legt das ersuchende Gericht Art 466 der rumänischen Strafprozessordnung dahingehend aus, dass als in Abwesenheit verurteilt auch gelte, wer keine tatsächliche Kenntnis von der Hauptverhandlung gehabt habe, indes widerspricht dies dem Gesetzeswortlaut, wonach als in Abwesenheit verurteilt auch die Person nicht gilt, die einen Verteidiger ernannt hat, welcher während des Prozesses anwesend war, was nach den Angaben im Europäischen Haftbefehl vorliegend der Fall gewesen sein soll. Zur Frage, ob dem Verfolgten nach seiner Überstellung das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren eingeräumt würde, erschöpft sich das Schreiben des Amtsgerichts Timişoara in diesen allgemeinen Ausführungen zur Rechtslage. Zu den Erfolgsaussichten eines etwaigen Antrags auf Wiederaufnahme (Neueröffnung) des Strafprozesses möchte das ersuchende Gericht sich als hierfür unzuständige Instanz - nachvollziehbar - nicht äußern. Dem Senat ist aus anderen Auslieferungsverfahren, in denen Rumänien als ersuchender Staat beteiligt ist, bekannt, dass rumänische Justizbehörden mit dieser Auffassung unter Hinweis auf die richterliche Unabhängigkeit regelmäßig Ersuchen um Zusicherung der Durchführung einer neuen Hauptverhandlung ablehnen.
17 
Da nach aktueller Sachlage nicht davon ausgegangen werden kann, dass die rumänischen Justizbehörden zeitnah eine den oben bezeichneten Anforderungen des § 83 Nr. 3 IRG genügende völkerrechtlich verbindliche Zusicherung abgeben werden, hat der Senat antragsgemäß die derzeitige Unzulässigkeit der Auslieferung festgestellt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 19. Juni 2015 - 1 Ausl 156/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 19. Juni 2015 - 1 Ausl 156/15

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 19. Juni 2015 - 1 Ausl 156/15 zitiert 4 §§.

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 83 Ergänzende Zulässigkeitsvoraussetzungen


(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn 1. der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sankti

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 29 Antrag auf Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung


(1) Hat sich der Verfolgte nicht mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41) einverstanden erklärt, so beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber, ob die Auslieferung zulässig ist. (2) Di

Referenzen

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn

1.
der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann,
2.
der Verfolgte zur Tatzeit nach § 19 des Strafgesetzbuchs schuldunfähig war oder
3.
bei Ersuchen zum Zweck der Strafvollstreckung die verurteilte Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist oder
4.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer sonstigen lebenslangen freiheitsentziehenden Sanktion bedroht ist oder der Verfolgte zu einer solchen Strafe verurteilt worden war und eine Überprüfung der Vollstreckung der verhängten Strafe oder Sanktion auf Antrag oder von Amts wegen nicht spätestens nach 20 Jahren erfolgt.

(2) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 jedoch zulässig, wenn

1.
die verurteilte Person
a)
rechtzeitig
aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, geladen wurde oder
bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die verurteilte Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass ein Urteil auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
2.
die verurteilte Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder
3.
die verurteilte Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.

(3) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 auch zulässig, wenn die verurteilte Person nach Zustellung des Urteils

1.
ausdrücklich erklärt hat, das ergangene Urteil nicht anzufechten, oder
2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
Die verurteilte Person muss zuvor ausdrücklich über ihr Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren, an dem sie teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und das ursprüngliche Urteil aufgehoben werden kann, belehrt worden sein.

(4) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 ferner zulässig, wenn der verurteilten Person unverzüglich nach ihrer Übergabe an den ersuchenden Mitgliedstaat das Urteil persönlich zugestellt werden wird und die verurteilte Person über ihr in Absatz 3 Satz 2 genanntes Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Berufungsverfahren sowie über die hierfür geltenden Fristen belehrt werden wird.

(1) Hat sich der Verfolgte nicht mit der vereinfachten Auslieferung (§ 41) einverstanden erklärt, so beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Entscheidung des Oberlandesgerichts darüber, ob die Auslieferung zulässig ist.

(2) Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann die Entscheidung des Oberlandesgerichts auch dann beantragen, wenn sich der Verfolgte mit der vereinfachten Auslieferung einverstanden erklärt hat.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn

1.
der Verfolgte wegen derselben Tat, die dem Ersuchen zugrunde liegt, bereits von einem anderen Mitgliedstaat rechtskräftig abgeurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im Fall der Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht mehr vollstreckt werden kann,
2.
der Verfolgte zur Tatzeit nach § 19 des Strafgesetzbuchs schuldunfähig war oder
3.
bei Ersuchen zum Zweck der Strafvollstreckung die verurteilte Person zu der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung nicht persönlich erschienen ist oder
4.
die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer sonstigen lebenslangen freiheitsentziehenden Sanktion bedroht ist oder der Verfolgte zu einer solchen Strafe verurteilt worden war und eine Überprüfung der Vollstreckung der verhängten Strafe oder Sanktion auf Antrag oder von Amts wegen nicht spätestens nach 20 Jahren erfolgt.

(2) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 jedoch zulässig, wenn

1.
die verurteilte Person
a)
rechtzeitig
aa)
persönlich zu der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, geladen wurde oder
bb)
auf andere Weise tatsächlich offiziell von dem vorgesehenen Termin und Ort der Verhandlung, die zu dem Urteil geführt hat, in Kenntnis gesetzt wurde, sodass zweifelsfrei nachgewiesen wurde, dass die verurteilte Person von der anberaumten Verhandlung Kenntnis hatte, und
b)
dabei darauf hingewiesen wurde, dass ein Urteil auch in ihrer Abwesenheit ergehen kann,
2.
die verurteilte Person in Kenntnis des gegen sie gerichteten Verfahrens, an dem ein Verteidiger beteiligt war, eine persönliche Ladung durch Flucht verhindert hat oder
3.
die verurteilte Person in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen Verteidiger bevollmächtigt hat, sie in der Verhandlung zu verteidigen, und sie durch diesen in der Verhandlung tatsächlich verteidigt wurde.

(3) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 auch zulässig, wenn die verurteilte Person nach Zustellung des Urteils

1.
ausdrücklich erklärt hat, das ergangene Urteil nicht anzufechten, oder
2.
innerhalb geltender Fristen keine Wiederaufnahme des Verfahrens oder kein Berufungsverfahren beantragt hat.
Die verurteilte Person muss zuvor ausdrücklich über ihr Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder auf ein Berufungsverfahren, an dem sie teilnehmen kann und bei dem der Sachverhalt, einschließlich neuer Beweismittel, erneut geprüft und das ursprüngliche Urteil aufgehoben werden kann, belehrt worden sein.

(4) Die Auslieferung ist abweichend von Absatz 1 Nummer 3 ferner zulässig, wenn der verurteilten Person unverzüglich nach ihrer Übergabe an den ersuchenden Mitgliedstaat das Urteil persönlich zugestellt werden wird und die verurteilte Person über ihr in Absatz 3 Satz 2 genanntes Recht auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder ein Berufungsverfahren sowie über die hierfür geltenden Fristen belehrt werden wird.