Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 01. Okt. 2009 - 1 (3) Ausl 1110/09; 1 Ausl 1110/09

bei uns veröffentlicht am01.10.2009

Tenor

Die Erinnerung des Beistands gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 21. August 2009 wird als unbegründet

z u r ü c k g e w i e s e n .

Gründe

 
I.
Der Senat ordnete mit Beschluss vom 6. August 2009 gegen den Verfolgten Auslieferungshaft zum Zwecke der Auslieferung an die Republik F. zur dortigen Strafverfolgung an. Rechtsanwalt S. war ihm zuvor am 31. Juli 2009 als Beistand bestellt worden. Dieser nahm am 13. August 2009 an der gemäß § 28 IRG durchgeführten Anhörung des Verfolgten vor dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts R. teil. Er erhob namens des Verfolgten Einwendungen gegen die Auslieferung.
Am 11.August 2009 beantragte der Beistand die Festsetzung der entstandenen Gebühren und Auslagen. Dabei machte er insbesondere eine Verfahrensgebühr nach Nr.6100 VV RVG in Höhe von 264 EUR und eine Terminsgebühr nach Nr. 6101 VV RVG in Höhe von 356 EUR geltend.
Am 21. August 2009 hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts die geltend gemachte Terminsgebühr von der an den Rechtsanwalt zu zahlenden Vergütung abgesetzt. Dagegen wendet sich seine Erinnerung. Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Senat vorgelegt.
II.
Die Erinnerung ist zulässig (§§ 55, 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 Satz 1, Abs. 7 u. 8 RVG), aber unbegründet.
Entgegen der Ansicht des Beistands fand vor dem Amtsgericht am 13. August 2009 keine Verhandlung im Sinne von Nr. 6101 VV RVG statt. Der Termin diente der Eröffnung des Auslieferungshaftbefehls vom 6. August 2009 und der Entgegennahme eventueller Erklärungen des Verfolgten zu gerichtlichem Protokoll. Die Gebühr gemäß Nr. 6101 VV RVG ist jedoch eine Terminsgebühr, die “je nach Verhandlungstag” entsteht. Darunter ist die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht gemäß §§ 30 Abs. 3, 31, 33 Abs.3 IRG zu verstehen.
Der Senat schließt sich hierzu auch weiterhin der in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend vertretenen Ansicht an (KG Berlin AGS 2008, 130-131; OLG Dresden StraFo 2007,176; OLG Hamburg AGS 2006, 290; OLG Hamm StraFo 2006, 259; Gerold/Schmidt/Madert, RVG, VV 6100-6101 Rn. 17 f.; Riedel-Sußbauer, RVG, 9. Aufl. zu VV Teil 6 Rn. 11; und so bereits OLG Stuttgart, Beschluss vom 21. 03.2007 - 3 Ausl.167/06 und Beschluss vom 28.09.2007 - 3 Ausl. 55/07). Die in der Kommentarliteratur abweichend vertretene Ansicht, nach der auch Termine nach § 28 IRG unter den Gebührentatbestand der Nr. 6101 VV RVG fallen (Schneider in AnwK-RVG, Rn.21 zu VV 6100-6101; Hartmann, Rn. 7 zu VV 6100, 6101; Volpert in Burhoff, RVG, 2. Aufl., Rn. 7 zu Nr.6101 VV) lässt nicht nur den Wortlaut dieser Vorschrift außer Acht, sondern auch den Umstand, dass dem Richter beim Amtsgericht nur beschränkte Entscheidungskompetenzen zukommen. In erster Linie hat er den Verfolgten über seine Rechte und den Ablauf des Verfahrens zu belehren und dessen Erklärungen zu Protokoll zu nehmen. Er kann den ihm Vorgeführten freilassen, wenn er mit der gesuchten Person nicht identisch ist (vgl. §§ 21 Abs. 3, 22 Abs. 3 IRG); selbst bei begründeten Bedenken gegen einen Auslieferungshaftbefehl oder dessen Vollzug hat er aber die Entscheidung des Oberlandesgerichts herbeizuführen (§ 21 Abs. 5 IRG). Der Richter beim Amtsgericht entscheidet auch nicht über Fragen der Zulässigkeit der Auslieferung. Mit Einwendungen des Verfolgten kann er sich nicht, wie es dem Wesen einer Verhandlung entspricht, argumentativ auseinandersetzen, vielmehr darf er diese lediglich zu Protokoll nehmen. Gegenüber einer Verhandlung nach § 30 Abs. 3 IRG ist damit der Aufwand des Beistands bei der Wahrnehmung des Termins - auch wenn er Einwendungen für den Verfolgten vorträgt - deutlich geringer und die Versagung einer Terminsgebühr nicht unbillig.

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Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 30 Vorbereitung der Entscheidung


(1) Reichen die Auslieferungsunterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit der Auslieferung nicht aus, so entscheidet das Oberlandesgericht erst, wenn dem ersuchenden Staat Gelegenheit gegeben worden ist, ergänzende Unterlagen beizubringen. Für ihre Be

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 21 Verfahren nach Ergreifung auf Grund eines Auslieferungshaftbefehls


(1) Wird der Verfolgte auf Grund eines Auslieferungshaftbefehls ergriffen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Ergreifung, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen. (2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 28 Vernehmung des Verfolgten


(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Vernehmung des Verfolgten bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er sich befindet. (2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten

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(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Vernehmung des Verfolgten bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er sich befindet.

(2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung erheben will. Zu dem Gegenstand der Beschuldigung ist der Verfolgte nur zu vernehmen, wenn die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht dies beantragt; in den übrigen Fällen sind die Angaben, die der Verfolgte von sich aus hierzu macht, in das Protokoll aufzunehmen.

(3) Erhebt der Verfolgte gegen die Auslieferung keine Einwendungen, so belehrt ihn der Richter beim Amtsgericht über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung und deren Rechtsfolgen (§ 41) und nimmt sodann dessen Erklärung zu Protokoll.

(1) Reichen die Auslieferungsunterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit der Auslieferung nicht aus, so entscheidet das Oberlandesgericht erst, wenn dem ersuchenden Staat Gelegenheit gegeben worden ist, ergänzende Unterlagen beizubringen. Für ihre Beibringung kann eine Frist gesetzt werden.

(2) Das Oberlandesgericht kann den Verfolgten vernehmen. Es kann sonstige Beweise über die Zulässigkeit der Auslieferung erheben. Im Fall des § 10 Abs. 2 erstreckt sich die Beweiserhebung über die Zulässigkeit der Auslieferung auch darauf, ob der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat hinreichend verdächtig erscheint. Art und Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Oberlandesgericht, ohne durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein.

(3) Das Oberlandesgericht kann eine mündliche Verhandlung durchführen.

(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens beantragt die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Vernehmung des Verfolgten bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk er sich befindet.

(2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung erheben will. Zu dem Gegenstand der Beschuldigung ist der Verfolgte nur zu vernehmen, wenn die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht dies beantragt; in den übrigen Fällen sind die Angaben, die der Verfolgte von sich aus hierzu macht, in das Protokoll aufzunehmen.

(3) Erhebt der Verfolgte gegen die Auslieferung keine Einwendungen, so belehrt ihn der Richter beim Amtsgericht über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung und deren Rechtsfolgen (§ 41) und nimmt sodann dessen Erklärung zu Protokoll.

(1) Wird der Verfolgte auf Grund eines Auslieferungshaftbefehls ergriffen, so ist er unverzüglich, spätestens am Tag nach der Ergreifung, dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.

(2) Der Richter beim Amtsgericht vernimmt den Verfolgten unverzüglich nach der Vorführung, spätestens am nächsten Tag, über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere über seine Staatsangehörigkeit. Er weist ihn darauf hin, daß er sich in jeder Lage des Verfahrens eines Rechtsbeistands (§ 40) bedienen kann und daß es ihm freisteht, sich zu der ihm zur Last gelegten Tat zu äußern oder dazu nicht auszusagen. Sodann befragt er ihn, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen er Einwendungen gegen die Auslieferung, gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug erheben will. Im Fall des § 16 Abs. 1 Nr. 2 erstreckt sich die Vernehmung auch auf den Gegenstand der Beschuldigung; in den übrigen Fällen sind die Angaben, die der Verfolgte von sich aus hierzu macht, in das Protokoll aufzunehmen.

(3) Ergibt sich bei der Vernehmung, daß

1.
der Ergriffene nicht die in dem Auslieferungshaftbefehl bezeichnete Person ist,
2.
der Auslieferungshaftbefehl aufgehoben ist oder
3.
der Vollzug des Auslieferungshaftbefehls ausgesetzt ist,
so ordnet der Richter beim Amtsgericht die Freilassung an.

(4) Ist der Auslieferungshaftbefehl aufgehoben oder der Vollzug ausgesetzt, so ordnet der Richter beim Amtsgericht an, daß der Verfolgte bis zur Entscheidung des Oberlandesgerichts festzuhalten ist, wenn

1.
die Voraussetzungen eines neuen Auslieferungshaftbefehls wegen der Tat vorliegen oder
2.
Gründe dafür vorliegen, den Vollzug des Auslieferungshaftbefehls anzuordnen.
Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht führt unverzüglich die Entscheidung des Oberlandesgerichts herbei.

(5) Erhebt der Verfolgte gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug sonstige Einwendungen, die nicht offensichtlich unbegründet sind, oder hat der Richter beim Amtsgericht Bedenken gegen die Aufrechterhaltung der Haft, so teilt er dies der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht unverzüglich und auf dem schnellsten Weg mit. Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht führt unverzüglich die Entscheidung des Oberlandesgerichts herbei.

(6) Erhebt der Verfolgte gegen die Auslieferung keine Einwendungen, so belehrt ihn der Richter beim Amtsgericht über die Möglichkeit der vereinfachten Auslieferung und deren Rechtsfolgen (§ 41) und nimmt sodann dessen Erklärung zu Protokoll.

(7) Die Entscheidung des Richters beim Amtsgericht ist unanfechtbar. Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht kann die Freilassung des Verfolgten anordnen.

(1) Reichen die Auslieferungsunterlagen zur Beurteilung der Zulässigkeit der Auslieferung nicht aus, so entscheidet das Oberlandesgericht erst, wenn dem ersuchenden Staat Gelegenheit gegeben worden ist, ergänzende Unterlagen beizubringen. Für ihre Beibringung kann eine Frist gesetzt werden.

(2) Das Oberlandesgericht kann den Verfolgten vernehmen. Es kann sonstige Beweise über die Zulässigkeit der Auslieferung erheben. Im Fall des § 10 Abs. 2 erstreckt sich die Beweiserhebung über die Zulässigkeit der Auslieferung auch darauf, ob der Verfolgte der ihm zur Last gelegten Tat hinreichend verdächtig erscheint. Art und Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Oberlandesgericht, ohne durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein.

(3) Das Oberlandesgericht kann eine mündliche Verhandlung durchführen.