Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 09. Juni 2010 - 9 UF 125/09

bei uns veröffentlicht am09.06.2010

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarbrücken vom 23. Oktober 2009, 54 F 96/09 SO, wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat den übrigen Verfahrensbeteiligten deren außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Beschwerdewert: 3.000 EUR.

Gründe

I.

Die am ... September 2005 geborene D. und der am ... Juli 2007 geborene N. sind aus der Ehe der Beteiligten zu 1. und 2. hervorgegangen. Die Beteiligte zu 1., die Kindesmutter, ist libanesische Staatsangehörige, der Beteiligte zu 2., der Kindesvater, ist palästinensischer Volkszugehörigkeit mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Der Kindesvater verfügt über ein für Palästinenser im Libanon ausgestelltes libanesisches Ausweisdokument, ein sog. document de voyage. Der Aufenthalt der Kindeseltern in Deutschland ist unbefristet. Die betroffenen Kinder besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.

Die Parteien hatten sich erstmals im September 2008 getrennt. Im Februar 2009 war die Kindesmutter zunächst mit den Kindern in die eheliche Wohnung zurückgekehrt, hat diese jedoch nach Scheitern des Versöhnungsversuches am 19. April 2009 unter Mitnahme der Kinder endgültig verlassen. Die Kinder leben seitdem ununterbrochen im Haushalt der Kindesmutter und werden von dieser betreut.

Das Scheidungsverfahren ist beim Amtsgericht – Familiengericht – Saarbrücken anhängig (Verfahren 54 F 201/09 S).

Nach der Trennung ließ der Kindesvater ohne Wissen der Kindesmutter von den Kindern Passfotos fertigen und übersandte die Heiratsurkunde sowie die Geburtsurkunden und Fotos der Kinder zur Beglaubigung sowohl an das Innenministerium als auch die libanesische Botschaft in Berlin zwecks Übersendung der Dokumente in den Libanon zur Registrierung der Kinder im Libanon.

Mit am 6. Mai 2009 beim Amtsgericht - Familiengericht- Saarbrücken eingegangener und einem Prozesskostenhilfegesuch verbundener Antragsschrift erstrebte die Kindesmutter den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die alleinige elterliche Sorge für die betroffenen Kinder, hilfsweise das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht auf sie zu übertragen. Mit Beschluss vom 8. Juni 2009 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Saarbrücken nach Anhörung der Beteiligten zu 1. und 2. und des Vertreters des Jugendamtes im Termin vom 20. Mai 2009 (Bl. 16 ff d.A.) und 2. Juni 2009 (Bl. 53 ff d.A.) sowie dem Versuch einer Anhörung des Kindes D. im Termin vom 20. Mai 2009 im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die betroffenen Kinder auf die Kindesmutter allein übertragen und angeordnet, dass es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleibt (Bl. 12 ff d. BA. 54 F 96/09 EASO). Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass berechtigte Zweifel an der Ernsthaftigkeit der erklärten Absicht des Kindesvaters bestünden, die Kinder dauerhaft im mütterlichen Haushalt zu belassen. Es sei hinreichend glaubhaft gemacht, dass der Kindesvater durch wiederholte Äußerungen und sein weiteres Verhalten gegenüber der Kindesmutter und der Zeugin E.-S., der Mutter der Kindesmutter, Anlass zu der Befürchtung gegeben habe, die Kinder eigenmächtig ins Ausland, in den Libanon zu verbringen bzw. sich durch eine Einreise in den Libanon das alleinige Bestimmungsrecht über die Belange der Kinder zu verschaffen Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Kindesvaters wurde von dem Senat durch Beschluss vom 28. Juli 2009, 9 WF 66/09, zurückgewiesen (Bl. 43 ff d.BA.).

Mit am 6. Mai 2009 eingegangenen und mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbundenen Schriftsatz beantragte die Kindesmutter beim Amtsgericht - Familiengericht - Saarbrücken weiterhin die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge, hilfsweise des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts für die betroffenen Kinder auf sie. Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass der Kindesvater, wie die Erfahrungen während des Zusammenlebens gezeigt hätten, nicht in der Lage sei, die minderjährigen Kinder zu betreuen und zu versorgen. Er habe mehrfach gedroht, ihr die Kinder wegzunehmen bzw. die Kinder eher umbringen als ohne sie weiterzuleben. Auch habe er geäußert, mit den Kindern zu einer Verwandten nach Berlin zu ziehen, um sie dort betreuen und versorgen zu lassen. Die Maßnahmen des Kindesvaters ohne ihr Wissen und ohne ihre Mitwirkung dienten der Fertigung palästinensischer Pässe für die Kinder.

Der Kindesvater ist dem entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass die Voraussetzungen für eine Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge oder des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter nicht vorlägen. Er habe sich in der Vergangenheit stets zusammen mit der Kindesmutter um die Belange der gemeinsamen Kinder gekümmert und habe diese nahezu im Zweitagesrhythmus in seiner Obhut ohne Beaufsichtigung oder sonstige Anwesenheit Dritter. Einer Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts bedürfe es nicht, weil sich die Kindeseltern einig seien, dass der Aufenthalt der Kinder bei der Kindesmutter sein solle. Bereits von daher bedürfe es keiner gerichtlichen Entscheidung. Im Übrigen stelle die Registrierung von in Deutschland geborenen Kindern libanesischer Staats- oder palästinensischer Volkszugehöriger im Libanon als Palästinenser einen üblichen Vorgang dar, zu der die von ihm verwandten Unterlagen gehörten. Die übliche Registrierung der Kindern libanesischer Staats- oder palästinensischer Volkszugehörigkeit diene der Fortführung der Register und als Nachweis der Familienzugehörigkeit, der Abstammung und der Staatsangehörigkeit. (Beweis: Schreiben der libanesischen Botschaft in Berlin vom 29. September 2009 und 19. Oktober 2009, Bl. 72, 73 d.A.). Er lebe seit 1979 in Deutschland und habe seine Heimat noch nie aufgesucht. Die Kinder wolle er auf seinem palästinensischen Flüchtlingsausweis eintragen lassen, weil dies Voraussetzung dafür sei, eine Entschädigung als Vertriebener aus Palästina zu erhalten.

Das Familiengericht hat nach Anhörung der Beteiligten zu 1. und 2. sowie eines Vertreters des Jugendamtes im Termin vom 23. Oktober 2009 (Bl. 74 ff d.A.) mit dem angefochtenen Beschluss vom 23. Oktober 2009, auf den Bezug genommen wird (Bl. 77 ff d.A.), die Anträge der Kindesmutter zurückgewiesen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 1671 BGB für eine Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge oder des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter nicht vorlägen. Es könne nicht festgestellt werden, dass dies dem Kindeswohl am besten entspreche. Trotz erheblicher Probleme und Auseinandersetzungen auf der Paarebene seien die Kindeseltern zu einer ausreichenden Kommunikation im Hinblick auf die Angelegenheiten der gemeinsamen Kinder in der Lage. Sie stellten die Betreuung ihrer Kinder, auch auf Bitten der Kindesmutter, gemeinsam sicher und kommunizierten über die Belange der Kinder, vornehmlich telefonisch. Auch pflege der Kindesvater mehrmals in der Woche Umgang mit den Kindern. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kindesvater, der mit dem Aufenthalt der Kinder bei der Kindesmutter einverstanden sei, beabsichtige, die Kinder ins Ausland zu verbringen, lägen nicht vor. Insoweit habe sich die Sachlage seit Erlass der einstweiligen Anordnung geändert. Der Kindesvater habe häufigen Kontakt zu den Kindern und nehme diese zu sich, ohne dass Vorfälle bekannt geworden seien. Er halte sich an die getroffenen Vereinbarungen betreffend die Rückführung der Kinder in den mütterlichen Haushalt und habe der Kindesmutter im Gegensatz zu Vorkommnissen bzw. Äußerungen während der hoch emotional belasteten anfänglichen Trennungssituation keinen Anlass zu Misstrauen, die Kinder nicht mehr zurückzubringen, gegeben. Bei der gegebenen Gesamtsituation entspreche die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl am besten.

Gegen den ihr am 10. November 2009 zugestellten Beschluss (Bl. 95 d.A.) hat die Antragstellerin mit am 11. November 2009 eingegangenem Faxschreiben das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt (Bl. 99 ff d.A.). Sie verweist darauf, dass die Kindeseltern zu einer ausreichenden Kommunikation im Hinblick auf die Belange der Kinder nicht in der Lage seien. Die hierzu vom Familiengericht herangezogenen Umstände rechtfertigten die Entscheidung nicht. Denn wie der Vertreter des Jugendamtes erklärt habe, sei derzeit eine Beratung der Eltern nicht möglich, da sie auf der Beziehungsebene ständig stritten, der Kindesvater habe die Trennung nicht überwunden. Woher die Konflikte rührten, sei irrelevant, jedenfalls belege dies, dass eine Kommunikation nicht möglich sei. Sie werde vom Kindesvater ständig unter Druck gesetzt und gedrängt, zu ihm zurückzukehren. Er habe erst vor kurzem gedroht, dass er die Kinder an sich bringen werde, was keine Basis für eine Kommunikation darstelle. Jedenfalls aber sei das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf sie zu übertragen, weil sich die Situation seit Erlass der einstweiligen Anordnung nicht geändert habe und hinreichende Umstände vorlägen, die die Entführungsabsicht des Kindesvaters belegten, was dieser immer wieder androhe. Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts biete ihr eine sicherere Rechtsposition.

In der Zeit vom 14. März 2010 bis 14. April 2010 befand sich die Antragstellerin mit den Kindern im Libanon.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Saarbrücken vom 23. Oktober 2009, 54 F 96/09 SO, die elterliche Sorge, hilfsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder N. Z., geboren am ... Juli 2007, und D. Z., geboren am ... September 2005, auf sie allein zu übertragen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Seine Äußerungen, er wolle die Kinder fortbringen, seien emotional behaftet und entsprächen nicht seiner wirklichen Intention. Sie seien vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten zu verstehen, die die Trennungssituation für ihn mit sich gebracht habe. Eine Ausreise mit den Kindern in den Libanon sei bei den vorliegenden Gegebenheiten, was die Kindesmutter einräume, mangels Vorliegens der erforderlichen notariellen Einverständniserklärung beider Elternteile für die Eintragung der Kinder auf dem document de voyage auch nicht möglich. Insgesamt lägen weder die Voraussetzungen für die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge – beide Elternteile seien uneingeschränkt zur Pflege und Erziehung der Kinder geeignet und trügen auch die Verantwortung für die Kinder gemeinsam - noch des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts – er sei mit einem Aufenthalt der Kinder bei der Kindesmutter einverstanden und beabsichtige nicht, diese ins Ausland zu verbringen - auf die Kindesmutter vor.

Das Jugendamt hat sich mit Bericht vom 26. März 2010 (Bl. 145 d.A.) und vom 4. Mai 2010 (Bl. 152 ff d.A.) geäußert.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die beigezogenen Verfahrensakten Bezug genommen.

Der Senat hat im Termin vom 19. Mai 2010 die Kindeseltern angehört und versucht, das Kind D. anzuhören. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 19. Mai 2010 Bezug genommen.

II.

Gemäß Art. 111 FGG- RG findet das bis zum 31. August 2009 geltende Recht Anwendung.

Die gemäß §§ 621 e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 1, 517, 520 ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Sorgerechtsentscheidung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1.

Es findet deutsches Recht Anwendung, weil die betroffenen Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und ihren ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben, Art. 5 Abs. 1 EGBGB.

Die Voraussetzungen für die von der Antragstellerin begehrte Übertragung der Alleinsorge richten sich nach § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB, da eine gerichtliche Entscheidung über die elterliche Sorge mit Ausnahme der Entscheidung in dem einstweiligen Anordnungsverfahren, die nur vorläufigen Charakter hat, bislang nicht ergangen ist.

2.

Die auf der Grundlage eines beanstandungsfreien Verfahrens getroffene Entscheidung des Familiengerichts, die elterliche Sorge für die betroffenen Kinder bei beiden Eltern zu belassen, ist im Ergebnis zu Recht ergangen.

a.

Leben, wie hier, die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nicht nur vorübergehend getrennt, ist gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB einem Elternteil auf seinen Antrag auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils die elterliche Sorge zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Denn weder hat die Beibehaltung der gemeinsamen Sorge prinzipiell Vorrang vor der Einzelsorge, und zwar auch nicht auf Grund der Neuregelung des Rechts der elterlichen Sorge durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts, noch besteht eine gesetzliche Vermutung dahin, dass die gemeinsame Sorge nach der Trennung der Eltern weiterhin die beste Form der Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung ist. Einer solchen Regelung stünde bereits entgegen, dass sich die elterliche Gemeinsamkeit in der Realität nicht verordnen lässt (BGH, Urt.v. 12. Dezember 2007, XII ZB 158/05, FamRZ 2008, 592, m.w.N.; BGH, FamRZ 2005, 1167; BVerfG, FamRZ 2007, 1876; BVerfG, FamRZ 2004, 354 ).

Wenn sich die Eltern bei Fortbestehen der gemeinsamen Sorge fortwährend über die das Kind betreffenden Angelegenheiten streiten, kann dies zu Belastungen führen, die mit dem Wohl des Kindes nicht vereinbar sind. Eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung getrennt lebender Eltern setzt ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus. Gelingt es den Eltern nicht, zu Einvernehmen im Interesse des Kindes zu gelangen, weil ihnen die notwendige Konsens- und Kommunikationsfähigkeit fehlt, „funktioniert“ also die gemeinsame elterliche Sorge praktisch nicht, so ist nach der Rechtsprechung der Alleinsorge der Vorzug zu geben (BGH, FamRZ 2008, 592, m.w.N.; BGH, FamRZ 1999, 1646; BGH, FamRZ 2005, 1167; BVerfG, FamRZ 2004, 1015; BVerfG, FamRZ 2004, 354; BVerfG, FamRZ 2007, 1876 unter Hinweis auf BGH, FamRZ 1999, 1647; Senat, Beschl.v. 14. Oktober 2009 – 9 UF 51/09 – m.w.N..; OLG Brandenburg, ZFE 2008, 70).

Besteht angesichts der Entwicklung in der Vergangenheit die begründete Besorgnis, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, ist die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl nicht zuträglich; denn ein fortgesetzter destruktiver Elternstreit führt für ein Kind zwangsläufig zu erheblichen Belastungen, und zwar unabhängig davon, welcher Elternteil die Verantwortung für die fehlende Verständigungsmöglichkeit trägt (BGH, FamRZ 2008, 592).

b.

Einer an diesen Gegebenheiten orientierten Prüfung hält die angegriffene Entscheidung des Familiengerichts, dass die Voraussetzungen für eine Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge vorliegen, stand.

Dass die Kindeseltern in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für die Kinder grundsätzlich nicht kooperieren können, ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus sind hier aktenersichtlich auch in die Kinder betreffenden wesentlichen Angelegenheiten keine unüberbrückbaren Streitigkeiten zwischen den Eltern erkennbar, wobei es in alltäglichen Fragen ohnehin einer Abstimmung zwischen den Elternteilen auch bei gemeinsamer elterlicher Sorge nicht bedarf (§ 1687 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB; vgl. hierzu auch OLG Köln, FamRZ 2003, 1036; Senat, Beschl.v. 10. Mai 2007, 9 UF 10/07, m.w.N.). Soweit es maßgeblich darauf ankommt, ob aus heutiger Sicht davon ausgegangen werden kann, dass die Kindeseltern zukünftig bei anstehenden Problemen im Interesse des Kindeswohls zumindest einen Grundkonsens finden und zu einvernehmlichen Lösungen gelangen können und werden, liegen diese Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach den nicht mit rechtserheblichem Vorbringen in Frage gestellten Feststellungen des Familiengerichts vor. Soweit das Familiengericht die von ihm getroffene günstige Prognose darauf stützt, dass zwischen den Kindeseltern trotz erheblicher, auf die Konflikte auf der Paarebene zurückzuführenden Kommunikationsstörungen keine vollkommene Kommunikationsunfähigkeit besteht, sondern diese – wie der tägliche Umgang belege - Kommunikationswege unter Außenvorlassen ihrer Streitigkeiten fänden, um zum Wohle der Kinder gemeinschaftlich zu agieren, liegen für den Senat insbesondere unter dem Eindruck der Anhörung der Kindeseltern - eine Anhörung des Kindes D. war nicht möglich, weil sich das Kind geweigert hat, mit dem Senat zu sprechen (Bl. 163 d.A.) - derzeit auch mit Blick auf die nicht unerheblichen und – wie die Anhörung gezeigt hat - offensichtlich in Teilen weiter bestehenden Kommunikationsstörungen sowie das offensichtliche Unvermögen der Kindeseltern an einer (deutlichen) Verbesserung der Kommunikationssituation keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen.

c.

Zu Recht hat das Familiengericht der Antragstellerin auch nicht das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die betroffenen Kinder übertragen.

Dem Antrag der Mutter bzw. des Vaters auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB stattzugeben, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge bzw. des Aufenthaltsbestimmungsrechts als Teilbereich der elterlichen Sorge und die Übertragung auf die Mutter bzw. den Vater dem Wohl des Kindes am Besten entspricht.

Hiervon kann derzeit auf der Grundlage des sich im Beschwerderechtszug darstellenden Sach- und Streitstandes nicht ausgegangen werden.

Der Kindesvater hat sich wiederholt mit dem Aufenthalt der Kinder bei der Kindesmutter einverstanden erklärt.Ist der gewöhnliche Kindesaufenthalt kein Streitpunkt zwischen den Eltern, besteht auch kein Anlass zur Überführung dieses Sorgerechtsteils in die Alleinsorge des Betreuungselternteils (OLG Köln FamRZ 2003, 1492, 1493).

Darüber hinaus liegen auch keine zwingenden Umstände vor, die dennoch eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Antragstellerin zu rechtfertigen vermögen. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die begründete Gefahr bestehe, dass der Antragsgegner die Kinder ins Ausland, in den Libanon, mitnehmen wolle, liegen hierfür ungeachtet der Frage, ob ein die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge rechtfertigendes „Absicherungsbedürfnis“ dadurch begründet wird, dass der Betreuungselternteil eine Entführung des Kindes ins Ausland durch den anderen Elternteil befürchtet (vgl. Staudinger/ Coester, BGB (2009), § 1671, Rz. 259), auf der Grundlage des sich im Beschwerderechtszug darstellenden Sach- und Streitstandes keine hinreichenden Anhaltspunkte vor.

Zwar ist der Antragstellerin zuzugestehen, dass der Umstand, dass der Antragsgegner ohne ihr Wissen und ohne ihre Zustimmung unter Beschaffung der notwendigen Dokumente eine Registrierung der Kinder im Libanon veranlasst hat, grundsätzlich geeignet ist, entsprechende Ängste bei der Antragstellerin zu schüren. Indes vermag der Senat in Übereinstimmung mit der Einschätzung des Familiengerichts in diesem Umstand nicht die konkrete Gefahr der Verbringung der Kinder ins Ausland zu sehen. Ungeachtet dessen, dass der Antragsgegner im Rahmen der mündlichen Anhörung vom 20. Mai 2009 und auch schriftsätzlich wiederholt erklärt hat, dass er nicht die Absicht hege, die Kinder an einen anderen Ort oder in ein anderes Lebensumfeld zu verbringen, bestätigen die tatsächliche Entwicklung der Verhältnisse seit Erlass der einstweiligen Anordnung und insbesondere die Häufigkeit und der Ablauf der Umgangskontakte die Befürchtungen der Antragstellerin nicht. Der Antragsgegner telefoniert täglich mit den Kindern und pflegt mit ihnen mehrmals in der Woche unbegleiteten Umgang, ohne dass es jemals zu Schwierigkeiten bei der Rückführung der Kinder in den Haushalt der Antragstellerin gekommen ist. An dieser von den Beteiligten akzeptierten und geübten Praxis hat sich letztlich auch seit der Rückkehr der Antragstellerin mit den Kindern aus dem Libanon nichts geändert.

Auch ist das Verhalten der Antragstellerin, die sich, wenn sie Hilfe in Bezug auf die Bewältigung von Problemen die Kinder betreffend benötigt, stets an den Antragsgegner wendet – dass dies nach den Bekundungen der Antragstellerin vor dem Senat nur ein Mal der Fall gewesen soll, kann nach dem Ergebnis der Anhörung durch den Senat nicht nachvollzogen werden - und ihm die Kinder vorbehaltlos zwecks Ausübung des Umgangs überlässt, mit den von ihr geäußerten Befürchtungen nicht in Einklang zu bringen. Die Verbalisierung der Ängste mag eine Reaktion auf bestimmte Äußerungen des Antragsgegners sein, der - wie er einräumt - im Zuge der emotional belasteten Trennungssituation und der offensichtlich bis heute unüberwundenen Trennung im Rahmen von Streitigkeiten und der Austragung von Konflikten auf der Paarebene geäußert hat, die Kinder fortzubringen. Vor dem Hintergrund der Aussagen der Zeugin E.-S. im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. Mai 2009 in dem einstweiligen Anordnungsverfahren, in dem diese anschaulich den Verlauf von „Gefühlsausbrüchen“ des Antragsgegners und die Reaktion der übrigen Familienmitglieder der Antragstellerin und der Antragstellerin selbst hierauf geschildert hat (Situation im Dezember 2008, Bl. 19 d.A., „Pistolensituation“, Bl. 20 d.A.), kann sich der Senat indes nicht des Eindrucks erwehren, dass das mit einer gewissen Dramaturgie versehene Verhalten des Antragsgegners nicht dazu angetan war, seinen Äußerungen Glaubhaftigkeit zu verleihen. Jedenfalls hat die Antragstellerin bis heute auch nicht in Ansätzen nachvollziehbar dargetan, aus welchen Gründen sie dem Antragsgegner dennoch die Kinder zur Obhut anvertraut und sich auch um Hilfestellung an diesen wendet. Hierzu vermochte sie auch in der Anhörung durch den Senat am 19. Mai 2010 keine nachvollziehbare Begründung zu geben.

Von daher liegen derzeit auch die Voraussetzungen für eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Antragstellerin allein nicht vor.

Nach alldem hat der angefochtene Beschluss Bestand mit der Folge, dass der mit der Beschwerde weiter verfolgte Antrag der Antragstellerin auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge, hilfsweise auf Übertragung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sie für die betroffenen Kinder, zurückzuweisen war.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 111 Abs. 1 FGG-RG, § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG.

Die Wertfestsetzung folgt aus Art. 111 Abs. 1 FGG-RG, § 30 Abs. 2, Abs. 3 KostO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern (Art. 111 Abs. 1 FGG-RG, §§ 621 e Abs. 2, 543 Abs. 2 ZPO).

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(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Dez. 2007 - XII ZB 158/05

bei uns veröffentlicht am 12.12.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 158/05 vom 12. Dezember 2007 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2 Zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge, wenn der die Alleinsorge begehrende Elte
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Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 10. Sept. 2009 - 6 UF 60/09

bei uns veröffentlicht am 10.09.2009

Tenor 1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarbrücken vom 21. April 2009 – 54 F 93/08 S – in Ziffer 2. der Urteilsformel abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Referenzen

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 158/05
vom
12. Dezember 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge, wenn der die Alleinsorge
begehrende Elternteil für die völlige Zerrüttung der sozialen Beziehungen zwischen
den Eltern (haupt-)verantwortlich ist.
BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2007 - XII ZB 158/05 - OLG Hamburg
AG Hamburg-Harburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Dezember 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Fuchs und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Familiensenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 28. Juli 2005 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen. Beschwerdewert: 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Antragstellerin (Mutter) und der Antragsgegner (Vater) streiten um die elterliche Sorge für ihre beiden gemeinsamen Kinder.
2
Die Mutter hatte mit dem Vater eine langjährige nichteheliche Beziehung; aus dieser Beziehung gingen die im Jahre 1996 geborene Tochter F. und der im Jahre 2001 geborene Sohn M. hervor. Die Eltern haben durch Erklärungen gegenüber dem Jugendamt die gemeinsame elterliche Sorge für die beiden Kinder erlangt, welche von Geburt an durchgehend im Haushalt der Mutter lebten. Der verheiratete Vater lebte auch während der Beziehung zur Mutter mit seiner Ehefrau zusammen, mit der er zwei bereits erwachsene Kinder hat. Im Frühjahr 2002 endete die Beziehung der Eltern. Die Mutter lebt seit mehreren Jahren mit einem neuen Partner zusammen, den sie zwischenzeitlich geheiratet hat.
3
Die Kinder hatten zunächst weiterhin Kontakt zu ihrem Vater, bis die Mutter im Februar 2003 jeden Umgang mit der Begründung unterband, die Ehefrau des Vaters habe ihr von dessen angeblicher Pädophilie berichtet; es bestehe auch der konkrete Verdacht des sexuellen Missbrauchs der Tochter F. durch den Vater. In einem anschließenden Umgangsrechtsverfahren wurde ein psychologisches Sachverständigengutachten eingeholt, welches den Verdacht auf sexuellen Missbrauch der Tochter F. durch den Vater nicht bestätigte. Die in dem seit März 2004 rechtskräftig abgeschlossenen Umgangsrechtsrechtsverfahren angeordnete Durchführung von zehn beschützten Umgangskontakten zwischen dem Vater und den Kindern fand durch Vermittlung des Deutschen Kinderschutzbundes e.V. zwischen April 2004 und Januar 2005 statt. Einem daran anschließenden unbegleiteten Umgang widersetzte sich die Mutter. Sie machte im Januar 2005 ein neues Umgangsrechtsverfahren anhängig mit dem Ziel, den Umgang der Kinder mit ihrem Vater für die Dauer von drei Jahren auszuschließen.
4
Im vorliegenden Sorgerechtsverfahren hat die Mutter den Antrag gestellt, die elterliche Sorge für die beiden Kinder auf sie allein zu übertragen. Der Vater ist dem Antrag entgegengetreten. Er hat sich für eine Fortdauer der gemeinsamen elterlichen Sorge ausgesprochen und hilfsweise die Übertragung der Alleinsorge auf sich begehrt. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die elterliche Sorge auf die Mutter übertragen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Vaters ist von dem Oberlandesgericht zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Vater sein Begehren weiter.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
6
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Bei Abwägung aller Umstände entspreche die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung des alleinigen Sorgerechts auf die Mutter dem Wohl der Kinder am besten. Aus der seit Februar 2003 unvermindert anhaltenden Auseinandersetzung der Eltern lasse sich nur der Schluss ziehen, dass gegenwärtig keine Basis für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge bestehe. Es fehle vor allem an einem Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Elternteilen. Die Mutter habe seit Februar 2003 sämtliche Entscheidungen, welche die wesentlichen Belange der Kinder (Einschulung der Tochter, Kindergartenbesuch des Sohnes) berührten, nach Möglichkeit ohne Einbindung des Vaters und unter eigenmächtiger Abänderung zuvor zustande gekommener Vereinbarungen selbst getroffen, so dass dem - grundsätzlich zur Kooperation bereiten - Vater nichts übrig geblieben sei, als diese Maßnahmen im nachhinein zu billigen, weil sie ohne nachteilige Auswirkungen auf das Wohl der Kinder nicht mehr zu ändern gewesen seien. Auch hinsichtlich der wohl wichtigsten zur Entscheidung anstehenden Frage, der Auswahl eines Therapeuten für die verhaltensauffällig gewordene Tochter F., sei eine Übereinstimmung nicht zu erzielen gewesen, wobei es nicht darauf ankomme , ob die Einigungsunfähigkeit der Eltern ihre Ursache in den unterschiedlichen Vorstellungen über die Person des Therapeuten, das Ziel der Therapie oder die Übernahme der Kosten gehabt habe. Die Unfähigkeit, ein Mindestmaß an Übereinstimmung zu erzielen, zeige sich insbesondere in der Frage des Umgangsrechts. Die Mutter verstoße gravierend gegen ihre Verpflichtung, einen persönlichen Umgang zwischen dem Vater und den Kindern zu gewährleisten. Auch wenn diese totale Verweigerungshaltung nicht durch objektive Um- stände nachvollziehbar und demzufolge auch nicht billigenswert sei, bestehe keine andere Möglichkeit, als die gemeinsame elterliche Sorge aufzuheben. Insoweit sei vorrangig darauf abzustellen, dass aufgrund der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Mutter nicht ausgeschlossen werden könne, dass bereits Anzeichen einer nachteiligen Auswirkung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf die Entwicklung der Tochter F. gegeben seien.
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Weniger einschneidende Maßnahmen kämen nicht in Betracht. Angesichts der Befürchtung der Mutter, dass sich der Vater über das Mitspracherecht in Erziehungsfragen in ihre gegenwärtige Familie drängen wolle, sei auch mit Rücksicht auf die bisherige Entwicklung nicht zu erwarten, dass die Mutter in absehbarer Zeit wieder zu einer Kooperationsbereitschaft zurückfände. In dieser Situation könne nur die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge dem Kindeswohl am besten dienen. Die Kinder hätten ihren Lebensmittelpunkt seit jeher bei der Mutter gehabt und fühlten sich auch nur dort wirklich zu Hause. Eine Herausnahme der Kinder aus dem mütterlichen Haushalt käme unter keinen Umständen in Betracht, da die Kinder für ihre weitere Entwicklung die absolute Gewissheit benötigten, dass die Mutter auch in Zukunft jederzeit für sie da sei.
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Auch eine Teilentscheidung, wie sie das Bundesverfassungsgericht in den Fällen erwäge, in denen nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit dieses mildere Mittel genügt, um dem Kindeswohl gerecht zu werden, müsse hier ausscheiden. Aus der Alleinsorge könne der Bereich „Umgangsrecht“ nicht herausgelöst und insoweit eine Pflegschaft eingerichtet werden, um den persönlichen Umgang des Vaters mit den Kindern sicherzustellen. Denn dies würde dem laufenden Verfahren vorgreifen, in dem die Eltern über eine Abänderung des bereits geregelten Umgangsrechts stritten.
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2. Diese Ausführungen halten jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Überprüfung stand.
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a) Leben die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern - wie hier - nicht nur vorübergehend getrennt, ist gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB einem Elternteil auf seinen Antrag auch ohne Zustimmung des anderen Elternteils die elterliche Sorge allein zu übertragen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht. Der Senat hat unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 13/4899, S. 63) bereits mehrfach entschieden, dass allein aus der normtechnischen Gestaltung dieser Regelung kein Regel-/Ausnahmeverhältnis zugunsten des Fortbestandes der gemeinsamen elterlichen Sorge hergeleitet werden kann. Ebenso wenig besteht eine gesetzliche Vermutung dafür, dass die gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern im Zweifel die für das Kind beste Form der Wahrnehmung elterlicher Verantwortung ist (Senatsbeschlüsse vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647 und vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167; vgl. auch BVerfG FamRZ 2004, 354, 355). Daran hält der Senat fest. Für die allgemein gehaltene Aussage, dass eine gemeinsame elterliche Sorge nach der Trennung der Eltern dem Kindeswohl prinzipiell förderlicher sei als die Alleinsorge eines Elternteils, besteht in der kinderpsychologischen und familiensoziologischen Forschung auch weiterhin keine empirisch gesicherte Grundlage (vgl. Staudinger/Coester, BGB [2004] § 1671 Rdn. 112 f., zugleich mit Nachweisen zum Forschungsstand

).

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b) Zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass eine dem Kindeswohl entsprechende gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge und insgesamt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraussetzt (BVerfG FamRZ 2004, 354, 355; BVerfG FamRZ 2004, 1015, 1016). Die Überprüfung dieser Voraussetzungen muss anhand konkreter tatrichterlicher Feststellungen erfolgen und darf sich nicht auf formelhafte Wendungen beschränken (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167).
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aa) Zu den wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge, für die ein Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten zur Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge getrennt lebender Eltern gefordert werden muss, gehören jedenfalls die Grundentscheidungen über den persönlichen Umgang des Kindes mit dem nicht betreuenden Elternteil (vgl. Senatsbeschluss vom 29. September 1999 - XII ZB 3/99 - FamRZ 1999, 1646, 1647; Bamberger/Roth/ Veit BGB § 1671 Rdn. 29), die gleichzeitig zu den Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung im Sinne von § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB zählen (vgl. hierzu Palandt/Diederichsen BGB 67. Auflage § 1687 BGB Rdn. 7; MünchKomm /Finger BGB 4. Aufl. § 1687 Rdn. 9; Schwab FamRZ 1998, 457, 469).
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Hierzu hat das Oberlandesgericht im Einzelnen ausgeführt, dass die Mutter bei der Durchführung der gerichtlichen Umgangsregelung jede positive Mitwirkung verweigere. Sie lasse zudem nichts unversucht, um eine Abänderung bestehender gerichtlicher Umgangsregelungen zu erreichen und nehme auch die Verhängung von Zwangsgeldern in Kauf. Diese Feststellungen führen zu der Schlussfolgerung, dass bezüglich der grundsätzlichen Entscheidungen zum Umgangsrecht der Kinder mit dem Vater - auch und insbesondere zu der Frage, ob ein beschützter oder unbegleiteter Umgang stattfinden soll – nicht nur Abstimmungsprobleme zwischen den Eltern bestehen, sondern dass in dieser Angelegenheit keinerlei Übereinstimmung zwischen ihnen herzustellen ist. Auch für eine günstige Prognose dahingehend, dass sich die derzeit fehlende Verständigungsmöglichkeit unter dem „Druck“ der gemeinsamen elterlichen Sorge in absehbarer Zeit wiederherstellen ließe, konnten sich für das Oberlandesge- http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=ZfJ&B=2000&S=368 [Link] http://rsw.beck.de/bib/bin/reference.asp?Y=300&Z=ZfJ&B=2000&S=368&I=369 - 8 - richt keine tragfähigen Anhaltspunkte ergeben. Dies wird insbesondere durch den Abschlussbericht des Deutschen Kinderschutzbundes e.V. vom 24. Januar 2005 über die Durchführung der beschützten Umgangskontakte verdeutlicht, wonach es von Seiten der Eltern über den Vollzug der gerichtlich angeordneten Umgangskontakte hinaus zu keiner eigenverantwortlichen Absprache oder Perspektiventwicklung bezüglich des zukünftigen Umgangs der Kinder mit dem Vater gekommen sei.
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Soweit die Rechtsbeschwerde dagegen einwendet, dass die für die fehlenden Verständigungsmöglichkeiten der Eltern - auch nach der Einschätzung des Oberlandesgerichts - allein verantwortliche Verweigerungshaltung der Mutter mangels einer nachvollziehbaren oder billigenswerten Motivation unbeachtlich sei und ihre Haltung deshalb nicht ausreichen könne, um das gemeinsame Sorgerecht aufzuheben, vermag der Senat dem nicht ohne weiteres zu folgen. Zwar ist schon aufgrund des „ethischen Vorrangs“, der dem Idealbild einer von beiden Elterteilen auch nach ihrer Trennung verantwortungsbewusst im Kindesinteresse ausgeübten gemeinschaftlichen elterlichen Sorge einzuräumen ist, eine Verpflichtung der Eltern zum Konsens nicht zu bestreiten. Die bloße Pflicht zur Konsensfindung vermag indessen eine tatsächlich nicht bestehende Verständigungsmöglichkeit nicht zu ersetzen. Denn nicht schon das Bestehen der Pflicht allein ist dem Kindeswohl dienlich, sondern erst die tatsächliche Pflichterfüllung , die sich in der Realität eben nicht verordnen lässt (vgl. KG FamRZ 2000, 504, 505 und NJW-FER 2000, 197, 198; Johannsen/Henrich/Jaeger Eherecht 4. Auflage § 1671 Rdn. 36c; Staudinger/Coester aaO Rdn. 137; Bamberger /Roth/Veit aaO Rdn. 29; Prütting/Wegen/Weinreich/Ziegler BGB 2. Auflage § 1671 Rdn. 21 f.; Oelkers FuR 1999, 349, 351 und MDR 2000, 32 f.; Sittig /Störr ZfJ 2000, 368, 369 f.; Born FamRZ 2000, 396, 399).
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Die Gegenauffassung (vgl. OLG Dresden FamRZ 2000, 109, 110; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1209, 1210; Erman/Michalski BGB 11. Auflage § 1671 Rdn. 23; Haase/Kloster-Harz FamRZ 2000, 1003, 1005; Kaiser FPR 2003, 573, 577) läuft im Ergebnis (auch) darauf hinaus, das pflichtwidrige Verhalten des nicht kooperierenden Elternteils mit einer ihm aufgezwungenen gemeinsamen elterlichen Sorge sanktionieren zu wollen, um auf diese Weise den Elternrechten des anderen, kooperationsfähigen und –willigen Elternteils Geltung zu verschaffen. Die am Kindeswohl auszurichtende rechtliche Organisationsform der Elternsorge ist dafür jedoch grundsätzlich kein geeignetes Instrument. Dem steht schon die verfassungsrechtliche Wertung entgegen, dass sich die Elterninteressen in jedem Falle dem Kindeswohl unterzuordnen haben (vgl. hierzu BVerfGE 79, 203, 210 f.; BVerfG FamRZ 1996, 1267). Wenn angesichts der Entwicklungen in der Vergangenheit die begründete Besorgnis besteht, dass die Eltern auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, ihre Streitigkeiten in wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge konstruktiv und ohne gerichtliche Auseinandersetzungen beizulegen, ist die erzwungene Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl aber nicht zuträglich. Denn ein fortgesetzter destruktiver Elternstreit führt für ein Kind zwangsläufig zu erheblichen Belastungen (vgl. hierzu Gödde ZfJ 2004, 201, 207), und zwar unabhängig davon, welcher Elternteil die Verantwortung für die fehlende Verständigungsmöglichkeit trägt.
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bb) Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das Oberlandesgericht ferner in seine Prüfung einbezogen, ob es sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - als milderes Mittel - mit einer Teilentscheidung bezüglich derjenigen Angelegenheiten der elterlichen Sorge begnügen konnte, für die ein Mindestmaß an Übereinstimmung nicht festgestellt werden kann (BVerfG FamRZ 2004, 1015, 1016; Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - XII ZB 33/04 - FamRZ 2005, 1167, 1168). Die Fragestellung, die sich daran anschließen muss, geht aber auf dieser Prüfungsebene entgegen den Ausführungen des Oberlandesgerichts nicht dahin, ob bestimmte streitige Teilbereiche der elterlichen Sorge aus der Alleinsorge herauszulösen und auf einen Pfleger zu übertragen sind, sondern dahin, ob sich die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf diese streitigen Punkte beschränken kann. Dies kommt im vorliegenden Fall - soweit es den Umgang des Vaters mit den Kindern betrifft - indessen nicht in Betracht. Zwar wäre es grundsätzlich möglich, die gemeinsame elterliche Sorge nur bezüglich der Grundentscheidungen über den persönlichen Umgang der Kinder mit dem Vater gegebenenfalls in Verbindung mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht aufzuheben und der Mutter zur alleinigen Ausübung zu übertragen. Dies erscheint hier aber schon deshalb zur Konfliktbereinigung wenig sinnvoll, weil § 1684 BGB gegenüber etwaigen, den Umgang einschränkenden Bestimmungen des Alleinsorgeberechtigten vorrangig ist (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1042, 1043; MünchKomm/Finger aaO § 1687 Rdn. 9).
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cc) Ob die Feststellungen des Oberlandesgerichts die Annahme rechtfertigen , dass das erforderliche Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den Eltern auch in anderen wichtigen Teilbereichen der elterlichen Sorge (etwa der Gesundheitssorge oder der Schulwahl) nicht besteht, oder ob es sich - wie die Rechtsbeschwerde meint - überwiegend nur um Abstimmungsprobleme handelt , die durch das eigenmächtige Verhalten der Mutter hervorgerufen worden seien, kann im Ergebnis dahinstehen. Denn jedenfalls die Einschätzung, dass zwischen den Eltern eine tragfähige soziale Beziehung zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge derzeit nicht besteht, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie wird bereits maßgeblich dadurch getragen, dass die Mutter den Verdacht, der Vater habe die Tochter F. sexuell missbraucht, nicht als ausgeräumt ansehen will und weiterhin unverändert an diesem Vorwurf festhält. Solche Vorwürfe sind regelmäßig Ausdruck einer völligen Zerrüttung der persönlichen Beziehung zwischen den Eltern, so dass eine soziale Basis für eine künftige Kooperation zwischen ihnen regelmäßig nicht bestehen wird. Dem entspricht letztlich das gesamte vom Oberlandesgericht festgestellte und insoweit zutreffend gewürdigte Verhalten der Mutter in Bezug auf den von ihr betriebenen Ausschluss des Vaters von allen die Kindesbelange berührenden wichtigen Entscheidungen. Für die Annahme, dass die Mutter in absehbarer Zeit ihr Verhalten gegenüber dem Vater zu ändern vermag, ergeben sich keine tragfähigen Anhaltspunkte.
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Es steht dabei außer Frage, dass der unbegründete Vorwurf sexuellen Missbrauchs, soweit dieser von einem Elternteil besonders leichtfertig oder gar wider besseres Wissen erhoben worden ist, ein schwerwiegendes Indiz gegen dessen Erziehungseignung darstellt und diesem Gesichtspunkt bei der Prüfung der Frage, ob diesem Elternteil nach Auflösung der gemeinsamen elterlichen Sorge die Alleinsorge übertragen werden kann, ein ganz erhebliches und in vielen Fällen entscheidendes Gewicht zukommt. Von einer erzwungenen Aufrechterhaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge kann allerdings unabhängig vom Wahrheitsgehalt des Missbrauchsvorwurfes für das Kindeswohl „nichts Gutes erwartet“ werden (so Staudinger/Coester aaO Rdn. 140; vgl. auch Rauscher Familienrecht Rdn. 1003). Dass dies im vorliegenden Fall nicht anders ist, verdeutlicht insbesondere die lang anhaltende und auch zum Gegenstand des Sorgerechtsverfahrens gemachte Auseinandersetzung der Eltern wegen der Auswahl eines Einzeltherapeuten für die verhaltensauffällige Tochter F. In diesem Zusammenhang spielte es für die Eltern eine erhebliche Rolle, mit welcher (Vor-) Einstellung ein Therapeut dem Missbrauchsvorwurf gegenübertrat. Dieser Konflikt konnte zwischen den Eltern nicht gelöst werden, so dass über Monate hinweg die von allen Beteiligten für notwendig angesehene Einzeltherapie überhaupt nicht eingeleitet wurde, was letztlich für das Kind die am meisten schädliche Alternative gewesen sein dürfte.
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c) Entspricht danach die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge ganz oder in Teilbereichen dem Kindeswohl, so hat das Gericht auf der zweiten Prüfungsebene zu beurteilen, ob die Übertragung der elterlichen Sorge (gerade ) auf den Antragsteller dem Kindeswohl am besten dient. Das Oberlandesgericht hat die für diese Beurteilung maßgeblichen Kindeswohlkriterien rechtlich zutreffend erkannt. Es hat in tatrichterlicher Verantwortung der besonderen emotionalen Bindung der Kinder an die Mutter und dem Gedanken der Erziehungskontinuität im Haushalt der Mutter unter den hier obwaltenden Umständen ein so hohes Gewicht beigemessen, dass diese Gesichtspunkte das vom Oberlandesgericht - zu Recht - festgestellte erzieherische Versagen der Mutter in Teilbereichen, nämlich unter anderem in Bezug auf die Herstellung und Erhaltung der Bindungen zum Vater, in der wertenden Gesamtschau doch noch überwiegen. Die darauf gegründete Schlussfolgerung, dass die Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter dem Kindeswohl - auch gegenüber der Übertragung der Alleinsorge auf den Vater - (relativ) noch am besten entspricht, lässt schon angesichts der außergewöhnlichen Familienkonstellation des vorliegenden Einzelfalles ebenfalls keine offensichtlichen Rechtsfehler erkennen. Auch der Vater selbst, der in der Vergangenheit noch nie über einen längeren Zeitraum mit seinen Kindern in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, kann - was schon angesichts seines hohen Lebensalters verständlich ist - für die Ausgestaltung der künftigen Betreuung und Pflege letztlich keine anderen realistischen Perspektiven aufzeigen, als die Kinder in der Obhut ihrer Mutter zu belassen. Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Dose
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Harburg, Entscheidung vom 21.05.2004 - 631 F 88/03 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 28.07.2005 - 10 UF 42/04 -

(1) Leben Eltern, denen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht, nicht nur vorübergehend getrennt, so ist bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, ihr gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, hat die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Entscheidungen in Angelegenheiten des täglichen Lebens sind in der Regel solche, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Solange sich das Kind mit Einwilligung dieses Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem anderen Elternteil aufhält, hat dieser die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. § 1629 Abs. 1 Satz 4 und § 1684 Abs. 2 Satz 1 gelten entsprechend.

(2) Das Familiengericht kann die Befugnisse nach Absatz 1 Satz 2 und 4 einschränken oder ausschließen, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.