Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 13. Juli 2012 - 6 WF 356/12

bei uns veröffentlicht am13.07.2012

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Völklingen vom 25. April 2012 – 8 F 225/11 VKH1 – aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht – Familiengericht – in Völklingen zurückverwiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde und mit dieser Maßgabe nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige „Beschwerde“ der Antragsteller hat – vorläufigen – Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung.

Der angefochtene Beschluss kann keinen Bestand haben. Denn die Versagung von Verfahrenskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung wird von den Gründen der angegangenen Entscheidung und des Nichtabhilfebeschlusses des Familiengerichts vom 14. Juni 2012 nicht mehr getragen, sondern beruht auf einer Verletzung des den Antragstellern grundrechtsgleich verbrieften Anspruchs auf rechtliches Gehör.

Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfG FamRZ 1992, 782). Dieses grundrechtsgleiche Recht ist verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht zur Kenntnisnahme und Erwägung von Beteiligtenvorbringen nicht nachgekommen ist. Diese Grundsätze gelten auch im Abhilfeverfahren (§ 572 ZPO), in dem das Gericht darüber zu entscheiden hat, ob es die Beschwerde für begründet hält und ihr abhilft oder sie dem Beschwerdegericht vorlegt; denn es besteht die Amtspflicht, den Inhalt der Beschwerdeschrift daraufhin zu überprüfen, ob die angefochtene Entscheidung ohne Vorlage an das Beschwerdegericht zu ändern ist. Enthält die Beschwerde kein neues Vorbringen, kann die Nichtabhilfe im Wege bloßer Bezugnahme auf das angegriffene Erkenntnis begründet werden. Andernfalls sind – mit Rücksicht auf § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO – vorgebrachte neue Tatsachen auch deshalb zu beachten und in die Prüfung einzubeziehen, weil mit dieser Vorschrift der Zweck verfolgt wird, die Kosten verursachende Befassung des Beschwerdegerichts mit der Sache zu vermeiden, wenn gebotene Korrekturen der Erstentscheidung unschwer durch das Erstgericht selbst vorgenommen werden können. Werden die maßgeblichen Ausführungen des Beschwerdeführers völlig oder jedenfalls im Kern übergangen, liegt daher ein erheblicher Verfahrensmangel vor, der regelmäßig die Aufhebung der angegangenen Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache an das Ausgangsgericht rechtfertigt (vgl. Senatsbeschluss vom 23. August 2011 – 6 WF 92/11 –, FamRZ 2012, 319 m.w.N.).

Ein nicht zu verkündender Beschluss – so auch eine Nichtabhilfeentscheidung – ist erst erlassen, wenn er mit dem Willen des Gerichts aus dem inneren Geschäftsbetrieb herausgetreten ist. Der Übergang vom inneren Geschäftsbetrieb zum äußeren Geschäftsgang setzt voraus, dass das Gericht sich der Entscheidung entäußert hat; erst hierdurch werden nicht zu verkündende Entscheidungen existent und bindend. Für die Annahme solcher Entäußerung ist erforderlich, dass der Beschluss die Geschäftsstelle mit der unmittelbaren Zweckbestimmung verlassen hat, den Beteiligten bekannt gegeben zu werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Ausfertigung des Beschlusses in das Gerichtsfach eines Verfahrensbevollmächtigten eingelegt worden ist, aber auch schon dann, wenn der Gerichtswachtmeister eine Ausfertigung bei der Geschäftsstelle abgetragen hat, um sie in das Gerichtsfach des Verfahrensbevollmächtigten einzulegen oder zur Post(-stelle) zu geben (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1574 m.w.N.). Bis zu diesem Zeitpunkt muss nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der Senat folgt, eine – noch nicht existente – Entscheidung erforderlichenfalls neuen Entwicklungen und Ereignissen, insbesondere zwischenzeitlichem Vortrag eines Beteiligten, angepasst werden (BVerfG NJW 1993, 51; BGH NJW 1997, 2524, jeweils m.w.N.).

Diese Maßstäbe hat das Familiengericht im Rahmen seines Abhilfeverfahrens aktenersichtlich verletzt.

Die Antragsteller haben in ihrer am 4. Juni 2012 eingegangenen Beschwerde deren Begründung angekündigt. Am 14. Juni 2012 hat das Familiengericht urschriftlich seine Nichtabhilfeentscheidung – die sich in einer Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses erschöpft – sowie deren Übersendung an die Beteiligten verfügt. Am 3. Juli 2012 ist beim Familiengericht die Beschwerdebegründung der Antragsteller eingegangen. Anlässlich deren Vorlage hat die Abteilungsrichterin am 4. Juli 2012 festgestellt, dass ihre Verfügung vom 14. Juni 2012 noch nicht ausgeführt worden war. Sie hat dann (Bl. 135 d.A.) am 4. Juli 2012 die Ausführung jener – noch im internen Geschäftsgang befindlichen – Verfügung angeordnet, ohne ihre Nichtabhilfeentscheidung der neuen Verfahrenslage anzupassen.

Es kann dahinstehen, ob die Abteilungsrichterin am 4. Juli 2012 aufgrund Rechtsirrtums angenommen hat, dass sie ihren Nichtabhilfebeschluss vom 14. Juni 2012 nicht mehr ändern dürfe, oder ob sie zu der Auffassung gelangt ist, dass ihre Nichtabhilfeentscheidung vom 14. Juni 2012 auch im Lichte der nachträglichen Beschwerdebegründung den an jene zu stellenden Anforderungen genüge. Denn in beiden Fällen fehlt es an der hier in Anbetracht der oben genannten verfassungs- und einfachrechtlichen Grundsätze erforderlichen, das Beschwerdevorbringen würdigenden Entscheidung des Familiengerichts, die der Nachprüfung des Senats in der Beschwerdeinstanz zugänglich wäre.

Der Beschwerdevortrag zieht jede der drei tragenden Erwägungen, auf die das Familiengericht seine Verfahrenskostenhilfeverweigerung im zur Überprüfung des Senats gestellten Beschluss gegründet hat – zweifelhafte Vertretungsbefugnis des Vaters, keine Verletzung der Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin, Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung der Antragsteller –, substantiiert und jeweils mit nicht unmittelbar von der Hand zu weisenden Argumenten in Zweifel. Außerdem ruft die Beschwerde ein bereits vor Erlass der angegriffenen Entscheidung gehaltenes, zentrales Vorbringen in Erinnerung – Einsatz des Vermögens der Antragsgegnerin für den Unterhalt der Antragsteller –, welches das Familiengericht im angegangenen Erkenntnis nicht beschieden hat.

Auf all dies ist das Familiengericht in seiner Nichtabhilfe nicht eingegangen, wozu indes jeweils Anlass bestanden hätte.

Denn soweit das Familiengericht es im angefochtenen Beschluss als „zweifelhaft“ bezeichnet, ob der Vater der Antragsteller sich bei den gegebenen Umständen auf § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB berufen – also die Kinder im vorliegenden Verfahren gesetzlich vertreten – kann, vermag der Senat diese Sicht nicht zu teilen. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass nach dieser Vorschrift bei gemeinsamer elterlicher Sorge der geschiedene Elternteil, in dessen Obhut sich ein Kind befindet, dieses bei der Geltendmachung seiner Unterhaltsansprüche gesetzlich vertreten kann. Der Begriff der Obhut stellt auf die tatsächlichen Betreuungsverhältnisse ab. Ein Kind befindet sich in der Obhut desjenigen Elternteils, bei dem der Schwerpunkt der tatsächlichen Fürsorge und Betreuung liegt, der sich also vorrangig um die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse des Kindes kümmert. Leben die Eltern in verschiedenen Wohnungen und ist der gewöhnliche Aufenthalt eines Kindes in der Weise geregelt, dass es vorwiegend in der Wohnung eines Elternteils – gegebenenfalls unterbrochen durch regelmäßige Besuche in der Wohnung des anderen Elternteils – lebt, so ist die Obhut im Sinne des § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB dem erstgenannten Elternteil zuzuordnen (BGH FamRZ 2007, 707 m.w.N.). Vorliegend leben die Kinder unstreitig seit dem Wochenende vom 4./5. September 2010 ununterbrochen – und spätestens seit Bekanntgabe der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarlouis vom 9. September 2010 – 20 F 316/10 EASO –, mit der dem Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht für beide Kinder übertragen worden war, rechtlich gebilligt – bei ihrem Vater. Solange diese Entscheidung Bestand hat, kann der Vater die Antragsteller nach § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB gesetzlich vertreten. Danach kommt es nicht mehr darauf an, dass das Familiengericht, denkt man seine an der Reichweite von § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB zweifelnde Sicht fort, den Antragstellern Verfahrenskostenhilfe dann deshalb nicht hätte verweigern dürfen, weil es in diesem Fall eine seiner Meinung nach höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage zum Nachteil des um Verfahrenskostenhilfe nachsuchenden Beteiligten entschieden hätte (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 29. Juli 2011 – 6 WF 72/11 –, FamRZ 2012, 807 m.w.N.), worauf im Übrigen in der vom Familiengericht im angegangenen Beschluss zitierten Fundstelle (jurisPK-BGB/Schwer/B. Hamdan, 5. Aufl. 2010, § 1629, Rz. 65) ausdrücklich und unter Verweis auf OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. Februar 2003 – 1 WF 17/03 –, OLGR 2003, 298, hingewiesen wird.

Auch die Annahme des Familiengerichts, die Antragsgegnerin genüge ihrer aufgrund von § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB verschärften Erwerbsobliegenheit bereits deshalb, weil sie vor einem Abschluss des laufenden Sorgerechtsverfahrens nicht gehalten sei, berufliche Dispositionen zu treffen, wird zu überdenken sein. Diese Rechtssicht hätte zur Folge, dass im Falle eines jahrelangen Sorgerechtsverfahrens – vorliegend leben die Kinder seit über anderthalb Jahren beim Vater – der währenddessen nicht betreuende Elternteil allein durch seinen Kampf um das Sorgerecht von Erwerbsbemühungen freigestellt wäre. Den Antragstellern kann – zumal im Lichte der an eine hinreichende Erfolgsaussicht zu stellenden Anforderungen, die nicht überspannt werden dürfen (Senatsbeschluss a.a.O.) – nicht das Recht abgesprochen werden, diese vom Familiengericht nicht mit Rechtsprechung oder Literatur belegte Rechtssicht im Hauptverfahren zu bekämpfen.

Auch soweit das Familiengericht ausführt, die Rechtsverfolgung der Antragsteller erscheine mutwillig, weil ein bemittelter Rechtssuchender den Ausgang des laufenden Sorgerechtshauptsacheverfahrens abwarten würde, bevor er ein Unterhaltsverfahren einleitet, zumal der Unterhaltsbedarf der Antragsteller im streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend durch Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sicher gestellt werde, kann dies die Versagung von Verfahrenskostenhilfe nicht rechtfertigen. Der Senat vermag nicht einzusehen, weshalb ein verständiger, nicht hilfebedürftiger Beteiligter in der Lage der Antragsteller bei Abwägung zwischen dem erzielbaren Vorteil und dem dafür einzugehenden Kostenrisiko seine Rechte in anderer Art und Weise wahrnehmen würde, wie es die um Verfahrenskostenhilfe nachsuchenden Antragsteller hier unternehmen (vgl. dazu allgemein etwa BGH FamRZ 2011, 1147 und 1423). Dies gilt umso mehr, als gerade der hier streitgegenständliche (Rest-)Mindestunterhalt minderjähriger Kinder den aktuellen, unabdingbar notwendigen Lebensbedarf decken soll und Sozialleistungen – wie der hier zudem diesen Bedarf nur teilweise sicherstellende Unterhaltsvorschuss – subsidiären Charakter haben, was das Familiengericht im beanstandeten Beschluss auch nicht verkannt hat.

Schließlich wird das Familiengericht sich auch zu der von den Antragstellern bereits mit Schriftsatz vom 5. März 2012 (dort S. 3 oben) aufgeworfenen Frage verhalten müssen, ob die im Rahmen der Leistungsfähigkeit für den geforderten Mindestunterhalt umfassend darlegungs- und beweisbelastete (vgl. BGH FamRZ 2002, 536) Antragsgegnerin gehalten ist, den Unterhalt der Antragsteller aus dem Stamm ihres Vermögens sicherzustellen (vgl. dazu nur BGH FamRZ 1989, 170; Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2010 – 6 UF 87/10 –; Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 1, Rz. 620 m.w.N.), zu dem die Antragsteller substantiiert vorgetragen haben, worauf das Familiengericht indes weder im angefochtenen Beschluss noch in der Nichtabhilfe eingegangen ist.

Nach alledem ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht zurückzuverweisen. Eine eigene Sachentscheidung erscheint dem Senat bei den gegebenen Umständen nicht sachdienlich (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 572 Abs. 3 ZPO), zumal das Familiengericht – aus seiner Sicht zu Recht – die Kostenarmut der Antragsteller noch nicht geprüft hat.

Der Kostenausspruch beruht auf § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kommt nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2012 – XII ZB 658/11 –, juris, m.w.N.).

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(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

(1) Die Beschwerde soll begründet werden.

(2) Die Beschwerde kann auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden. Sie kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.

(3) Der Vorsitzende oder das Beschwerdegericht kann für das Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln eine Frist setzen. Werden Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht innerhalb der Frist vorgebracht, so sind sie nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Verfahrens nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(4) Ordnet das Gericht eine schriftliche Erklärung an, so kann diese zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden, wenn die Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden darf (§ 569 Abs. 3).

(1) Die elterliche Sorge umfasst die Vertretung des Kindes. Die Eltern vertreten das Kind gemeinschaftlich; ist eine Willenserklärung gegenüber dem Kind abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil. Ein Elternteil vertritt das Kind allein, soweit er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 übertragen ist. Bei Gefahr im Verzug ist jeder Elternteil dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes notwendig sind; der andere Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten.

(2) Der Vater und die Mutter können das Kind insoweit nicht vertreten, als nach § 1824 ein Betreuer von der Vertretung des Betreuten ausgeschlossen ist. Steht die elterliche Sorge für ein Kind den Eltern gemeinsam zu, so kann der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen. Das Familiengericht kann dem Vater und der Mutter nach § 1789 Absatz 2 Satz 3 und 4 die Vertretung entziehen; dies gilt nicht für die Feststellung der Vaterschaft.

(2a) Der Vater und die Mutter können das Kind in einem gerichtlichen Verfahren nach § 1598a Abs. 2 nicht vertreten.

(3) Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen, solange

1.
die Eltern getrennt leben oder
2.
eine Ehesache oder eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne von § 269 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zwischen ihnen anhängig ist.
Eine von einem Elternteil erwirkte gerichtliche Entscheidung und ein zwischen den Eltern geschlossener gerichtlicher Vergleich wirken auch für und gegen das Kind.

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Völklingen vom 20. Mai 2011 – 8 F 77/11 VKH1 – abgeändert und den Antragstellerinnen ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwalt, bewilligt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe

Die nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen – der der am Beschwerdeverfahren beteiligte Antragsgegner nichts entgegengesetzt hat – hat Erfolg und führt zur antragsgemäßen Verfahrenskostenhilfebewilligung.

Der angefochtene Beschluss kann keinen Bestand haben; denn die Verweigerung der nachgesuchten Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht der von den Antragstellerinnen beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO) überspannt die Anforderungen, die an sie zu stellen sind.

Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem in Art. 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegten Rechtsstaatsprinzip gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Verfassungsrechtlich ist es dabei unbedenklich, die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Verfahrenskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Verfahrenskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen. Dies bedeutet zugleich, dass Verfahrenskostenhilfe nur verweigert werden darf, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Die Gerichte überspannen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht daher, wenn sie eine schwierige und höchstrichterlich nicht entschiedene Rechtsfrage im summarischen Verfahrenskostenhilfeprüfungsverfahren zum Nachteil des um Verfahrenskostenhilfe Nachsuchenden entscheiden. Danach muss Verfahrenskostenhilfe nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als "schwierig" erscheint. Ist dies hingegen nicht der Fall, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Verfahrenskostenhilfe vorzuenthalten. Das Hauptsacheverfahren eröffnet nämlich dem Unbemittelten – wie dem Gegner – ungleich bessere Möglichkeiten der Entwicklung und Darstellung eines eigenen Rechtsstandpunktes. Die vertiefte Erörterung im Hauptsacheverfahren wird nicht selten Anlass bieten, die Rechtsmeinung, die sich das Gericht zunächst bildet, zu überdenken (vgl. zum Ganzen BVerfGE 81, 347; BVerfG NJW 2010, 3083; FamRZ 2009, 1654; 2007, 273; 2005, 1893; Senatsbeschluss vom 21. Februar 2011 – 6 WF 140/10 –, NJW 2011, 1460 m.w.N.).

Diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben, die auf die Auslegung von § 114 S. 1 ZPO ausstrahlen, hält die Versagung von Verfahrenskostenhilfe hier nicht stand.

Das Familiengericht hat im angefochtenen Beschluss seine Annahme fehlender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung darauf gegründet, dass das Verfahren wegen § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO bereits aufgrund einer unter dem Aktenzeichen 8 F 219/09 UK parallel beim selben Gericht rechtshängigen Stufenklage auf Unterhalt unzulässig sei. In der Nichtabhilfe vom 30. Juni 2011 hat sich das Familiengericht ergänzend darauf gestützt, dass dem vorliegend geltend gemachten erneuten Auskunftsbegehren § 1605 Abs. 2 BGB entgegenstehe, da in jenem Verfahren durch Teilversäumnisurteil vom 22. August 2009 auf den dort geltend gemachten Auskunftsantrag erkannt worden sei.

Diese Erwägungen verfangen – jedenfalls nach dem sich dem Senat im Beschwerdeverfahren darbietenden Sachstand – nicht.

Bezüglich ersterer Überlegung des Familiengerichts kann dahinstehen, wie es vor dem Hintergrund der für eine anderweitige Rechtshängigkeit erforderlichen Streitgegenstandsidentität zu beurteilen ist, dass der im Verfahren 8 F 219/09 UK der gesetzlichen Vertreterin der Antragstellerinnen zuerkannte Auskunftsanspruch den Zeitraum bis einschließlich April 2009 erfasst, im vorliegenden Verfahren hingegen ein Auskunftsanspruch für den Zeitraum ab Januar 2010 in Rede steht. Denn der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit steht jedenfalls seit der – nach Erlass der Nichtabhilfe erfolgten – wirksamen Rücknahme der Stufenklage im Verfahren 8 F 219/09 UK am 4. Juli 2011 dem vorliegenden Verfahren nicht mehr entgegen.

Dem hiernach allein verbleibenden tragenden Grund der Nichtabhilfe vermag der Senat nach dem dargestellten Prüfungsmaßstab nicht beizutreten; denn ihm liegt eine unzulässige vorwegnehmende Beurteilung einer schwierigen, höchstrichterlich nicht geklärten Rechtsfrage zugrunde.

Nach § 1605 Abs. 2 BGB kann vor Ablauf von zwei Jahren Auskunft erneut nur verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen erworben hat. In Rechtsprechung und Literatur ist seit langer Zeit umstritten, auf welchen Zeitpunkt für den Beginn dieser Frist abzustellen ist. Teilweise wird insoweit auf den Ablauf des Zeitraums – oder bei Vermögenseinkünften auf den Stichtag – abgestellt, für den Auskunft verlangt worden ist (KG, Beschluss vom 7. November 2002 – 19 WF 184/02 –, juris; Hoppenz/Hülsmann, Familiensachen, 9. Aufl., § 1605 BGB, Rz. 26; Staudinger/Engler, BGB, Bearbeitung 2000, § 1605, Rz. 54). Das wäre hier – nachdem das im schriftlichen Vorverfahren erlassene Teilversäumnisurteil vom 22. August 2009 antragsgemäß den Zeitraum bis April 2009 erfasst – der 1. Mai 2009 mit der Folge, dass dem Auskunftsanspruch der Antragstellerinnen § 1605 Abs. 2 BGB hier nicht entgegenstünde. Diese Auffassung kann in Ansehung des zu dieser Frage bestehenden Streitstandes (vgl. dazu – jeweils m.w.N. – OLG Düsseldorf, Urteil vom 4. Juli 2005 – II-2 UF 249/04 –, juris; OLG Hamm, FamRZ 2005, 1585; OLG München, FamRZ 2010, 816; 1993, 594; OLG Schleswig, SchlHA 1983, 136; AG Essen, FamRZ 1993, 593; Eschenbruch/Klink-hammer, Unterhaltsprozess, 5. Aufl., Kapitel 5, Rz. 317; Jauernig/Berger, BGB, 13. Aufl., § 1605, Rz. 1; Johannsen/Henrich/Graba, Familienrecht, 5. Aufl., § 1605, Rz. 8; jurisPK-BGB/Viefhues, 5. Aufl., § 1605, Rz. 83 f.; Kalthoener/Bütt-ner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 702; Müko-BGB/Luthin, 4. Aufl., § 1605, Rz. 10; NK-BGB/Vogel, 2. Aufl., § 1605, Rz. 46 ff.; Palandt/Brudermüller, BGB, 70. Aufl., § 1605, Rz. 11; Schwab/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 6. Aufl., Kapitel IV, Rz. 646; Wendl/Schmitz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 10, Rz. 206) schon angesichts des Wortlauts von § 1605 Abs. 2 BGB, der hier für die den Antragstellerinnen günstige Rechtsmeinung streitet, jedenfalls nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden.

Kann hiernach den – unbedenklich kostenarmen – Antragstellerinnen nicht das Recht abgesprochen werden, diese Frage im Hauptsacheverfahren klären zu lassen, so ist ihnen unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

(1) Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren.

(2) Befinden sich Eltern in dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen Kindern stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch nicht ein gegenüber einem Kind, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines Vermögens bestritten werden kann.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

(1) Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen; andernfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. § 318 bleibt unberührt.

(2) Das Beschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Erachtet das Beschwerdegericht die Beschwerde für begründet, so kann es dem Gericht oder Vorsitzenden, von dem die beschwerende Entscheidung erlassen war, die erforderliche Anordnung übertragen.

(4) Die Entscheidung über die Beschwerde ergeht durch Beschluss.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 658/11
vom
13. Juni 2012
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Aus Rechtsgründen ist es nicht zu beanstanden, wenn im Rahmen der Bewilligung
der Verfahrenskostenhilfe die berufsbedingten Fahrtkosten in Anlehnung an § 3
Abs. 6 Nr. 2 a der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII ermittelt werden. Hiernach
können - sofern keine öffentlichen Verkehrsmittel verfügbar sind - pro Entfernungskilometer
zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 5,20 € abgesetzt werden.
BGH, Beschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 658/11 - OLG Celle
AG Uelzen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juni 2012 durch die
Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 1. März 2010 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

1
Gegenstand der Rechtsbeschwerde ist die Frage, in welcher Höhe berufsbedingte Fahrtkosten des Beteiligten bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zu berücksichtigen sind.
2
In der Hauptsache hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Es hat dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihm dabei die Zahlung monatlicher Raten von 95 € aufgegeben. Von den zu berücksichtigenden Einkünften hat es auch berufsbedingte Fahrtkosten für eine einfache Strecke von 24 km in Höhe von (24 x 5,20 € =) 125 €, in Abzug gebracht. Durch Abzug weiterer Positionen hat es ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 262 € ermittelt.
3
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht den Beschluss teilweise geändert, zusätzlich den pauschalen Mehrbedarf gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII für die vom Antragsteller allein betreuten Kinder in Höhe von 86,16 € berücksichtigt und so ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 175 € ermittelt. Im Hinblick darauf hat es die monatlich zu zahlenden Raten auf 60 € herabgesetzt.
4
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde und verfolgt sein Beschwerdeziel, Fahrtkosten in Höhe von 316,80 € (22 Arbeitstage x 48 km à 0,30 €) zu berücksichtigen, weiter.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 1 FamFG aufgrund der Zulassung des Oberlandesgerichts statthaft. Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (Senatsbeschluss vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633, 1634; BGH Beschluss vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - FamRZ 2003, 671). Das ist hier indessen der Fall, da der Antragsteller geltend macht, die Voraussetzungen ratenfreier Verfahrenskostenhilfe lägen vor.
7
Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG sind in Ehesachen wie der vorliegenden die Vorschriften des FamFG über die Verfahrenskostenhilfe (§§ 76 bis 78 FamFG) nicht anzuwenden. Stattdessen gelten gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG die allgemeinen Vorschriften der ZPO, mithin auch die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe, welche allerdings nach § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG als Verfahrenskostenhilfe zu bezeichnen ist.
8
2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
9
a) Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dass die Fahrtkosten für die täglichen Fahrten des Antragstellers zur Arbeit über 24 Entfernungskilometer entsprechend § 3 Abs. 6 Nr. 2 der Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII zu berechnen seien und sich so ein Betrag von gerundet 125 € (24 x 5,20 €) ergebe.
10
b) Dies hält einer rechtlichen Überprüfung stand.
11
Allerdings ist die Frage umstritten, in welchem Umfang berufsbedingte Fahrtkosten das für die Verfahrenskostenhilfe einzusetzende Einkommen eines Beteiligten gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a ZPO iVm § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII vermindern, sofern die Inanspruchnahme kostengünstigerer öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich oder nicht zumutbar ist.
12
Teile der Rechtsprechung legen die unterhaltsrechtlichen Leitlinien zugrunde , nach denen überwiegend 0,30 € pro gefahrenem Kilometer abgezogen werden, andere Meinungen greifen auf § 3 Nr. 6 der Durchführungsverordnung (im Folgenden: DVO) zu § 82 SGB XII zurück, nach der 5,20 € im Monat für den Entfernungskilometer, begrenzt auf 40 Kilometer, abgezogen werden.
13
aa) Zur Begründung der Anwendung der unterhaltsrechtlichen Leitlinien wird ausgeführt, § 115 Abs. 1 ZPO nehme lediglich Bezug auf § 82 SGB XII. Auf § 96 SGB XII, der die Ermächtigung zum Erlass der Verordnung enthält, werde in der ZPO nicht verwiesen (OLG Dresden FamRZ 2011, 911, 912; OLG Jena FamRZ 2009, 1848, 1849; OLG Karlsruhe [5. Familiensenat] FamRZ 2009, 1424; Musielak/Fischer ZPO 9. Aufl. § 115 Rn. 11). Zudem habe der Ge- setzgeber ausdrücklich davon abgesehen, die Gerichte an das abweichend strukturierte Sozialhilferecht zu binden (vgl. BT-Drucks. 12/6963, S. 12). Die DVO sei insoweit nicht anwendbar (OLG Dresden FamRZ 2011, 911, 912; OLG Celle [12. Zivilsenat - Familiensenat] FamRZ 2010, 54, 55).
14
Die Verfahrenskostenhilfe sei zwar ein Teil der Sozialhilfe, unterscheide sich jedoch wesentlich von dieser. Bei der Gewährung von Sozialleistungen würden staatliche Leistungen häufig über einen längeren Zeitraum gezahlt. Dagegen ziele die Verfahrenskostenhilfe immer nur auf eine "punktuelle" Lebenssituation ab, nämlich die Finanzierung eines Rechtsstreites. Dann aber fehle es bei der Bemessung der Freibeträge für die Prozesskostenhilfe viel eher an einer inneren Rechtfertigung für einschneidende Änderungen in der persönlichen Lebensführung wie beispielsweise durch die Forderung der längerfristigen Einschränkung der Rückkehr vom Arbeits- zum Wohnort oder den Wechsel des Wohnortes an den Arbeitsort (OLG Dresden FamRZ 2011, 911, 912; OLG Karlsruhe [5. Familiensenat] FamRZ 2009, 1424).
15
Eine Rechtfertigung für die Begrenzung auf 40 Kilometer sei ebenfalls nicht erkennbar.
16
Gegen die Anwendung der DVO spreche ferner, dass der dort vorgesehene Betrag von 5,20 € je Entfernungskilometer viel zu gering sei und nicht mehr den tatsächlichen Kosten entspreche (vgl. OLG Rostock FamRZ 2011, 1607 Rn. 4; OLG Hamm MDR 2010, 1344, 1345; OLG Jena FamRZ 2009, 1848, 1849; OLG Karlsruhe [5. Familiensenat] FamRZ 2009, 1424; OLG Nürnberg FamRZ 2008, 1961, 1962; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 115 Rn. 40). Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Betrag seit 1995 nicht mehr angepasst und auch im Zuge der Euro-Umstellung nur von 5,11 (= 10 DM) auf 5,20 € aufgerundet worden sei. Tatsächlich seien jedoch seit 1995 die Kosten für Kraftstoff und die sonstigen Kosten für den Betrieb eines Kraftfahrzeuges in einem wesentlich stärkeren Umfang angestiegen (OLG Celle [12. Zivilsenat - Familiensenat] FamRZ 2010, 54, 55; vgl. auch OLG Schleswig FamRZ 2011, 1159). Maßgeblich seien jedoch die tatsächlich notwendigen aktuellen Kosten (OLG Celle [12. Zivilsenat - Familiensenat] FamRZ 2010, 54, 55).
17
Schließlich ermögliche der Rückgriff auf die Leitlinien eine schnelle und einfache Berechnung im Massengeschäft der Prozesskostenhilfe, da alle Kosten für Anschaffung, Benzin, Steuer und Versicherungen in dieser Pauschale bereits enthalten seien (OLG Celle [12. Zivilsenat - Familiensenat] FamRZ 2010, 54, 55).
18
bb) Diese Argumente überzeugen jedoch nicht. Es ist vielmehr nicht zu beanstanden, wenn die Fahrtkosten in Anlehnung an § 3 Abs. 6 Nr. 2 a der DVO ermittelt werden. Hiernach können - sofern keine öffentlichen Verkehrsmittel verfügbar sind - pro Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte monatlich 5,20 € abgesetzt werden.
19
(1) Der Einkommensbegriff des § 115 ZPO knüpft an denjenigen des Sozialhilferechts an. Dies zeigt sich an den Verweisungen des § 115 Abs. 1 Nr. 1 a auf § 82 SGB XII und § 115 Abs. 1 Nr. 1 b und Nr. 2 auf die Anlage zu § 28 des SGB XII sowie des § 115 Abs. 3 auf § 90 SGB XII. Die Verfahrenskostenhilfe ist eine spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege (zur Prozesskostenhilfe vgl. BVerfGE 35, 348 = NJW 1974, 229, 230; Senatsbeschluss vom 26. Januar 2005 - XII ZB 234/03 - FamRZ 2005, 605). Es ist daher nicht zu beanstanden, auch insoweit auf die DVO zurückzugreifen. Zwar ist die DVO nicht bindend, da - wie die Gegenmeinung zu Recht ausführt - § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a ZPO allein auf § 82 Abs. 2 SGB XII und nicht auch auf die auf der Grundlage von § 96 Abs. 1 SGB XII erlassene DVO verweist. Jedoch gibt die DVO auch schon nach der Gesetzesbegründung den Gerichten einen Anhaltspunkt für die Bemessung des Freibetra- ges (BT-Drucks. 12/6963, S. 12; vgl. auch Musielak/Fischer ZPO 9. Aufl. § 115 Rn. 11). Da sich die Bestimmungen der Verfahrenskostenhilfe, wie die Verweisungen in § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO zeigen, auch im Übrigen weitgehend an den Regelungen des SGB XII orientieren, ist es sachgerecht, zur Bestimmung des nach § 115 ZPO einzusetzenden Einkommens ebenso wie bei der Ermittlung des sozialhilferechtlichen Einkommens auf die die Abzugsbeträge nach § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII konkretisierende DVO zurückzugreifen (so auch OLG Dresden FamRZ 2011, 911, 912; OVG Lüneburg JurBüro 2011, 311, 312; OLG Karlsruhe [2. Zivilsenat - Familiensenat] FamRZ 2009, 1165, 1166; LAG BadenWürttemberg vom 2. September 2009 - 4 Ta 7/09 Rn. 17 - juris; OLG Bamberg FamRZ 2008, 1541, 1542; OLG Brandenburg FamRZ 2008, 158, 159; OLG Bamberg FamRZ 2007, 1339; OLG Düsseldorf FamRZ 2007, 644 f. und OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 799).
20
Demgegenüber stellen die unterhaltsrechtlichen Leitlinien auf den Einkommensbegriff des BGB ab. Das Unterhaltsrecht beruht auf den persönlichen, familienrechtlichen Beziehungen von Unterhaltsberechtigten und Unterhaltsverpflichteten. Mit Hilfe der unterhaltsrechtlichen Bestimmungen soll für eine ausgewogene Verteilung der Mittel gesorgt werden, um den Lebensunterhalt zwischen Verwandten bzw. Ehegatten sicherzustellen. Die Bedürftigkeit orientiert sich am Lebensstandard des Berechtigten und Verpflichteten. Das SGB XII wird hingegen durch den Grundsatz geprägt, dass lediglich eine Mindestsicherung garantiert werden soll. Familienrechtliche Grundsätze können daher nicht unbesehen auf den sozialrechtlichen Einkommensbegriff übertragen werden (OLG Karlsruhe [2. Zivilsenat - Familiensenat] FamRZ 2009, 1165, 1166).
21
(2) Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Pauschalbetrag der DVO unter dem Gesichtspunkt der effektiven Rechtsschutzgewähr als Orientierungsgröße nicht geeignet sei. Gesondert absetzbar sind gemäß § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 a ZPO iVm § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII die Beiträge zur Haftpflicht- versicherung und im Rahmen der Angemessenheit auch zu einer Kaskoversicherung. Die Auffassung, dass der Pauschbetrag auch die Kosten für die KFZVersicherungen umfasse, steht mit dem eindeutigen Wortlaut des § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII in Widerspruch. Daneben können notwendige Anschaffungskosten im Rahmen der Angemessenheit nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO berücksichtigt werden (OLG Karlsruhe [2. Zivilsenat - Familiensenat] FamRZ 2009, 1165, 1167; LAG Baden-Württemberg vom 2. September 2009 - 4 Ta 7/09 - juris Rn. 22; MünchKommZPO/Motzer 3. Aufl. § 115 Rn. 28, 40).
22
Bei Anwendung der Sätze der unterhaltsrechtlichen Leitlinien dürften sich hingegen deutlich überhöhte Abzugsbeträge ergeben, die in vielen Fällen nicht der Realität entsprechen. Bei Anwendung von § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG, auf den viele Leitlinien verweisen, ist zu beachten, dass der dortige Satz von 0,30 € für jeden gefahrenen Kilometer nicht nur die reinen Betriebskosten, sondern auch die Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie die Kosten der Abnutzung abdeckt, wie sich aus der gesetzlichen Regelung selbst ergibt.
23
Darüber hinaus sind die unterhaltsrechtlichen Leitlinien hinsichtlich der abzusetzenden Fahrtkosten nicht einheitlich, auch wenn die meisten auf § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG oder zumindest auf die Werte von 0,30 € pro km für Fahrtstrecken bis 30 km, für längere Strecken von 0,20 € pro km zurückgreifen (vgl. Wendl/Dose Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 1 Rn. 137).
24
(3) Mit der DVO steht damit ein brauchbarer Orientierungsmaßstab zur Verfügung. Die Frage, ob die in der DVO enthaltene Beschränkung auf 40 Entfernungskilometer auf die Einkommensermittlung im Rahmen der Verfah- renskostenhilfe zu übertragen ist, ist angesichts der vom Antragsteller zurückgelegten Fahrtstrecke von 24 km zwischen Wohnort und Arbeitsplatz hier nicht zu entscheiden.
Dose Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Botur

Vorinstanzen:
AG Uelzen, Entscheidung vom 19.01.2010 - 3b F 1261/09 -
OLG Celle, Entscheidung vom 01.03.2010 - 10 WF 67/10 -