Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 12. Okt. 2007 - 15 WF 259/07

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2007:1012.15WF259.07.0A
bei uns veröffentlicht am12.10.2007

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der die ihm bewilligte Prozesskostenhilfe entziehende Beschluss vom 2. August 2007 aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Prüfung an das Amtsgericht - Familiengericht - zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Amtsgericht - Familiengericht - hatte dem Beklagten durch Beschluss vom 3. Februar 2005 Prozesskostenhilfe bewilligt und eine Ratenzahlungsanordnung in Höhe von 30,00 € monatlich getroffen.

2

Ab November 2006 blieben die Ratenzahlungen aus. Die Landeskasse wurde im Dezember 2006 von der Schuldnerberatung der AWO Schleswig-Holstein gGmbH wegen der Verschuldungssituation des Beklagten zwecks außergerichtlicher Regulierung gemäß § 305 InsO angeschrieben.

3

Unter dem 23. Februar 2007 hat der Beklagte eine Aufstellung seiner finanziellen Situation vorgelegt, wonach das verfügbare monatliche Einkommen sich auf 190,00 € belief. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat auf dieser Grundlage ein für die Prozesskostenhilfe gemäß § 115 ZPO einzusetzendes Einkommen von 79,00 € ermittelt und dem Beklagten unter Androhung des Entzugs der Prozesskostenhilfe mitgeteilt, dass die Voraussetzungen für die Ratenzahlungsanordnung nach wie vor vorlägen.

4

Am 19. Juli 2007 ist über das Vermögen des Beklagten wegen Zahlungsunfähigkeit das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden (92 IK 105/07 AG Neumünster).

5

Durch den angefochtenen Beschluss vom 2. August 2007 ist dem Beklagten wegen Zahlungsrückstandes die Prozesskostenhilfe entzogen worden.

6

Das als sofortige Beschwerde anzusehende Schreiben des Beklagten vom 5. August 2007 führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung zwecks erneuter Prüfung.

7

Zunächst ist die dem Schreiben des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 27. Februar 2007 zugrunde liegende Berechnung (Bl. 72 PKH-Heft) insoweit nicht richtig, als die Miete mit 384,00 € angesetzt worden ist; gemäß der Aufstellung des Beklagten (Bl. 70 PKH-Heft) beträgt diese 409,00 €.

8

Der Freibetrag für die Partei beträgt seit 1. Juli 2007 382,00 €.

9

Auch danach ergibt sich zwar noch ein einzusetzendes Einkommen von 52,71 €, das grundsätzlich zu einer Rate in Höhe von 30,00 € führt.

10

Gleichwohl rechtfertigt das die Aufhebung der Prozesskostenhilfe wegen Nichtzahlung der Raten derzeit aus folgenden Gründen nicht:

11

Von der Anordnung einer Ratenzahlung kann abgesehen werden, wenn der Antragsteller überschuldet ist und deshalb bestehende Verpflichtungen nicht bedient. Regelmäßig wird zwar davon auszugehen sein, dass Schulden die Leistungsfähigkeit gemäß § 115 ZPO nur dann berühren, wenn die geschuldeten Beträge auch bezahlt werden. Soweit die Gläubiger derzeit auf Grund der Pfändungsfreigrenzen Pfändungen nicht betreiben können, steht dies jedoch dem Ansatz der Schuld für die Ratenbemessung gemäß § 115 ZPO nicht entgegen. Deshalb können in Überschuldungssituationen auch wegen der finanziellen Lage der Partei nicht bediente Schulden für die Berechnung der Ratenzahlung abzusetzen sein (vgl. Senat, Einzelrichterbeschluss vom 25. November 2004 - 15 WF 330/04 -; OLG Nürnberg, OLGR Nürnberg 2003, 189).

12

Zwar hat der Beklagte seine (nicht bedienten) Schulden in seiner Erklärung vom 23. Februar 2007 nicht angegeben. Er hatte aber bereits mit Schreiben vom 12. April 2006 darauf hingewiesen, dass er auf Grund von Pfändungen kein Bankkonto mehr unterhalte und auch kein neues eröffnen könne, die Ratenzahlungen würden über das Konto seiner Schwester erfolgen. Die AWO hatte mit Schreiben vom 28. Februar 2007 mitgeteilt, dass sich die Verbindlichkeiten zu jener Zeit auf über 12.000,00 € beliefen. Schließlich hat der Insolvenzverwalter unter dem 17. August 2007 angekündigt, dass nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand davon auszugehen sei, dass voraussichtlich keine Insolvenzmasse zur Verteilung an Gläubiger zur Verfügung stehen werde.

13

Nach alledem dürfte davon auszugehen sein, dass nicht nur keine Aufhebung der Prozesskostenhilfe wegen Zahlungsrückstandes erfolgen kann, sondern wegen der veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse die Ratenzahlungsanordnung aufzuheben sein dürfte. Die abschließende Prüfung und Entscheidung wird dem Amtsgericht - Familiengericht - übertragen.

14

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).


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Referenzen - Gesetze

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 12. Okt. 2007 - 15 WF 259/07 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen


(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

Insolvenzordnung - InsO | § 305 Eröffnungsantrag des Schuldners


(1) Mit dem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag hat der Schuldner vorzulegen: 1. eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher

Referenzen

(1) Mit dem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag hat der Schuldner vorzulegen:

1.
eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt ist und aus der sich ergibt, daß eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist; der Plan ist beizufügen und die wesentlichen Gründe für sein Scheitern sind darzulegen; die Länder können bestimmen, welche Personen oder Stellen als geeignet anzusehen sind;
2.
den Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung (§ 287) oder die Erklärung, daß Restschuldbefreiung nicht beantragt werden soll;
3.
ein Verzeichnis des vorhandenen Vermögens und des Einkommens (Vermögensverzeichnis), eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts dieses Verzeichnisses (Vermögensübersicht), ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis der gegen ihn gerichteten Forderungen; den Verzeichnissen und der Vermögensübersicht ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind;
4.
einen Schuldenbereinigungsplan; dieser kann alle Regelungen enthalten, die unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners geeignet sind, zu einer angemessenen Schuldenbereinigung zu führen; in den Plan ist aufzunehmen, ob und inwieweit Bürgschaften, Pfandrechte und andere Sicherheiten der Gläubiger vom Plan berührt werden sollen.

(2) In dem Verzeichnis der Forderungen nach Absatz 1 Nr. 3 kann auch auf beigefügte Forderungsaufstellungen der Gläubiger Bezug genommen werden. Auf Aufforderung des Schuldners sind die Gläubiger verpflichtet, auf ihre Kosten dem Schuldner zur Vorbereitung des Forderungsverzeichnisses eine schriftliche Aufstellung ihrer gegen diesen gerichteten Forderungen zu erteilen; insbesondere haben sie ihm die Höhe ihrer Forderungen und deren Aufgliederung in Hauptforderung, Zinsen und Kosten anzugeben. Die Aufforderung des Schuldners muß einen Hinweis auf einen bereits bei Gericht eingereichten oder in naher Zukunft beabsichtigten Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens enthalten.

(3) Hat der Schuldner die amtlichen Formulare nach Absatz 5 nicht vollständig ausgefüllt abgegeben, fordert ihn das Insolvenzgericht auf, das Fehlende unverzüglich zu ergänzen. Kommt der Schuldner dieser Aufforderung nicht binnen eines Monats nach, so gilt sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als zurückgenommen. Im Falle des § 306 Abs. 3 Satz 3 beträgt die Frist drei Monate.

(4) Der Schuldner kann sich vor dem Insolvenzgericht von einer geeigneten Person oder einem Angehörigen einer als geeignet anerkannten Stelle im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 vertreten lassen. Für die Vertretung des Gläubigers gilt § 174 Abs. 1 Satz 3 entsprechend.

(5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Verbraucherinsolvenzverfahrens für die Beteiligten Formulare für die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4 vorzulegenden Bescheinigungen, Anträge und Verzeichnisse einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muß sich der Schuldner ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren maschinell bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht maschinell bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.