Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 27. Aug. 2007 - 12 UF 80/07

ECLI:ECLI:DE:OLGSH:2007:0827.12UF80.07.0A
bei uns veröffentlicht am27.08.2007

Tenor

I.) Der Antrag der Antragsgegnerin vom 24.05.2007, ihr Prozesskostenhilfe für Prozesskostenvorschussanträge zu diesem Verfahren und zum Verfahren 12 UF 79/07 zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

II.) Der Antragsgegnerin wird für den Berufungsrechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. C. bewilligt für folgende Anträge:

1.) die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen.

2.) das angefochtene Verbundurteil auf die Berufung der Antragsgegnerin zu ändern und den Antragsteller zur Zahlung von 900 € nachehelichen monatlichen Unterhalts zu verurteilen (Gesamtunterhalt).

Im übrigen wird der Antrag der Antragsgegnerin vom 27.06.2007 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Gründe

1

I.) Der an das Oberlandesgericht gerichtete Antrag der Antragsgegnerin vom 24.05.2007 kann nur als Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 127a Abs.1 ZPO verstanden werden, da für eine Klage auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses das Familiengericht zuständig wäre. Nach § 127a Abs.1 ZPO kann das Prozessgericht auf Antrag einer Partei durch einstweilige Anordnung die Verpflichtung zur Leistung eines Prozesskostenvorschusses für den betreffenden Rechtsstreit unter den Parteien regeln. Gemäß § 620a Abs.4 S.3 ZPO ist für die einstweilige Anordnung das Berufungsgericht zuständig, wenn die betreffende Unterhaltssache im zweiten Rechtszug anhängig ist. So liegt der Fall hier.

2

Dem so auszulegenden Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann jedoch nicht entsprochen werden. Zum einen hat die Antragsgegnerin nicht dargelegt, dass sie nicht in der Lage ist, die für einen Anordnungsantrag nach § 127a Abs.1 ZPO erforderlichen Kosten aufzubringen. Diese betragen nach ihrem eigenen Vortrag nur 277,03 € + 330,34 €, mithin für beide Verfahren insgesamt 607,37 €. Da die Antragsgegnerin in dieser Höhe einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen den Antragsteller geltend macht, hätte sie darlegen müssen, dass letzterer vergeblich zur Zahlung dieses Betrages aufgefordert worden ist. Dazu hat die Antragsgegnerin weder etwas vorgetragen noch glaubhaft gemacht.

3

Zum anderen fehlt die für eine Prozesskostenhilfebewilligung gemäß § 114 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses kann sich im vorliegenden Fall nur aus § 1361 Abs.4 S.4 i.V.m. § 1360a Abs.4 S.1 BGB ergeben. Nach diesen Vorschriften sind sowohl zusammen lebende Ehegatten als auch getrennt lebende Ehegatten verpflichtet, einander Prozesskosten vorzuschießen. Das gilt jedoch, da eine § 1361 Abs.4 S.4 BGB entsprechende Verweisung fehlt und eine Regelungslücke nicht angenommen werden kann, nicht für geschiedene Ehegatten (h.M., siehe Wendl/Staudigl-Scholz, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 6 Rn.22; Palandt-Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 1360a Rn.7; Zöller-Philippi, ZPO, 26. Auflage, § 115 Rn.67a, jeweils m.w.Nw.).

4

Im vorliegenden Fall sind die Parteien seit dem 02.08.2007 rechtskräftig geschieden. An diesem Tag ist der Scheidungsausspruch aus dem am 21.03.2007 verkündeten Verbundurteil des Familiengerichts gemäß § 629a Abs.3 ZPO rechtskräftig geworden, da die Berufungsbegründung der Antragsgegnerin der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers am 02.07.2007 zugestellt worden ist. Der Umstand, dass der Prozesskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin vom 24.05.2007 bereits am 30.05.2007 - mithin vor dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung - beim Oberlandesgericht eingegangen ist, ändert nichts daran, dass ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss jetzt nicht mehr besteht und daher jetzt nicht mehr zugesprochen werden kann. Für die Beurteilung der materiellen Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. - soweit eine solche nicht stattfindet, der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich.

5

Der vereinzelt vertretenen Ansicht, es dürfe dennoch eine einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn die Gegenpartei vor dem Eintritt der Rechtskraft der Scheidung mit der Bezahlung des Vorschusses in Verzug geraten ist (siehe Zöller-Philippi, ZPO, 26. Auflage, § 115 Rn.67a m.w.Nw.), vermag der Senat nicht zu folgen, da Verzug zwar nach §§ 280 Abs.2, 286 BGB zu einem Schadensersatzanspruch führen kann, ein Schadensersatzanspruch jedoch nicht Gegenstand einer einstweiligen Anordnung sein kann (siehe Wendl/Staudigl-Scholz, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., § 6 Rn.22).

6

II.) Der Antrag der Antragsgegnerin vom 27.06.2007 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren musste zurückgewiesen werden, soweit die Antragsgegnerin beantragt, den Antragsteller zur Auskunftserteilung hinsichtlich seiner Einkünfte nach dem Erbfall nach seinem Vater zu verurteilen und entsprechend Unterhalt nach den jetzigen Einkünften für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung an die Antragsgegnerin zu zahlen. Insoweit fehlt der Berufung der Antragsgegnerin die für eine Prozesskostenhilfebewilligung erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Eine neue Stufenklage kann als Folgesache im Verbundverfahren gemäß § 623 Abs.4 ZPO nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz anhängig gemacht werden.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 27. Aug. 2007 - 12 UF 80/07

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 27. Aug. 2007 - 12 UF 80/07

Referenzen - Gesetze

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Beschluss, 27. Aug. 2007 - 12 UF 80/07 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1361 Unterhalt bei Getrenntleben


(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1360a Umfang der Unterhaltspflicht


(1) Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhal

Referenzen

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Der angemessene Unterhalt der Familie umfasst alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten und den Lebensbedarf der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder zu befriedigen.

(2) Der Unterhalt ist in der Weise zu leisten, die durch die eheliche Lebensgemeinschaft geboten ist. Die Ehegatten sind einander verpflichtet, die zum gemeinsamen Unterhalt der Familie erforderlichen Mittel für einen angemessenen Zeitraum im Voraus zur Verfügung zu stellen.

(3) Die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§ 1613 bis 1615 sind entsprechend anzuwenden.

(4) Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, der eine persönliche Angelegenheit betrifft, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, ihm diese Kosten vorzuschießen, soweit dies der Billigkeit entspricht. Das Gleiche gilt für die Kosten der Verteidigung in einem Strafverfahren, das gegen einen Ehegatten gerichtet ist.

(1) Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen; für Aufwendungen infolge eines Körper- oder Gesundheitsschadens gilt § 1610a. Ist zwischen den getrennt lebenden Ehegatten ein Scheidungsverfahren rechtshängig, so gehören zum Unterhalt vom Eintritt der Rechtshängigkeit an auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.

(2) Der nicht erwerbstätige Ehegatte kann nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann.

(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.

(4) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im Voraus zu zahlen. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Berechtigte im Laufe des Monats stirbt. § 1360a Abs. 3, 4 und die §§ 1360b, 1605 sind entsprechend anzuwenden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.