Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 04. Juli 2014 - 11 UF 111/14

bei uns veröffentlicht am04.07.2014

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Neubrandenburg - Familiengericht - vom 17.04.2013, Az.: 204 F 73/14, nebst des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Neubrandenburg zurückverwiesen.

2. Die Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; im Übrigen wird die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens dem Amtsgericht übertragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

4. Der Antragsgegnerin wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin ..., Neubandenburg, beigeordnet.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 16.04.2014 hat das Amtsgericht auf Antrag des Kindesvaters die elterliche Sorge für das gemeinsame Kind der Beteiligten ..., geb. am 31.01.2012, den Beteiligten gemeinsam übertragen. Wegen der erstinstanzlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe nimmt der Senat auf den Beschluss Bezug.

2

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückweisung des Antrags des Antragstellers vom 22.01.2014 begehrt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Vorbringen in der Beschwerdeschrift (Bl. 78 f. d. A.) verwiesen.

3

Der Antragsteller begehrt die Zurückweisung der Beschwerde. Der Senat nimmt auf sein Vorbringen im Schriftsatz vom 10.06.2014 (Bl. 89 f. d. A.) Bezug.

4

Das zuständige Jugendamt hat mit Schriftsatz vom 05.06.2014 (Bl. 92 f. d. A.) berichtet. Auf die Ausführungen wird verwiesen.

II.

5

Die gemäß § 58 Abs. 1 FamFG statthafte Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgemäß eingelegt worden. In der Sache hat sie insofern vorläufig Erfolg, als sie gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht führt. Eines besonderen Antrags hierfür bedarf es nicht, weil nach § 7 FamFG am Verfahren zu Beteiligende fehlerhaft nicht hinzugezogen worden sind (vgl. OLG Brandenburg, FamRB 2012, 343 m. w. N.; OLG Köln, FamRZ 2011, 753; Prütting/Abramenko, FamFG, Kommentar, 3.Aufl., § 69 Rn. 9). Das Familiengericht hat es hier unterlassen, einen Verfahrensbeistand für das Kind zu bestellen.

6

Da die Eltern vorliegend gegensätzliche Auffassungen zu der Frage vertreten, inwieweit eine gemeinsame elterliche Sorge begründet werden kann, steht das Interesse des Kindes in erheblichem Gegensatz zu dem der gesetzlichen Vertreterin des Kindes, hier der Kindesmutter, die sich gegen die gemeinsame elterliche Sorge ausspricht. Das Familiengericht ist jedoch dem Begehren des Kindesvaters gefolgt und hat den Kindeseltern die elterliche Sorge gemeinsam übertragen, weil dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Bei diesem Sachstand liegen die Voraussetzungen des § 158 Abs. 2 Ziff. 1 FamFG für die Bestellung eines Verfahrensbeistandes vor. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass von der Bestellung eines Verfahrensbeistandes in der Sache hätte ausnahmsweise abgesehen werden können.

7

Da ein Verfahrensbeistand fehlerhaft nicht hinzugezogen und damit das betroffene Kind nicht ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt worden ist, ist diesem gegenüber auch keine Entscheidung in der Sache getroffen worden, so dass die erstinstanzliche Entscheidung auch ohne Antrag aufgehoben und zurückverwiesen werden kann.

8

Die aus dem Tenor ersichtliche Entscheidung ist mit Hinblick auf die Schwere des Verfahrensfehlers sachgerecht, zumal die angegriffene Entscheidung selbst auch keine Ausführungen dazu enthält, aus welchem Grund die Bestellung eines Verfahrensbeistandes unterblieben ist.

III.

9

Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf den §§ 40, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG.

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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 58 Statthaftigkeit der Beschwerde


(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. (2) Der Beurteilung des Beschwerd

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 40 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist,

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 7 Beteiligte


(1) In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter. (2) Als Beteiligte sind hinzuzuziehen: 1. diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird,2. diejenigen, die auf Grund dieses oder eines anderen Gesetzes von Amts w

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 45 Bestimmte Kindschaftssachen


(1) In einer Kindschaftssache, die 1. die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge,2. das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft,3. das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 69 Beschwerdeentscheidung


(1) Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht en

Referenzen

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

(1) Das Beschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden. Es darf die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Das Gleiche gilt, soweit das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und zur Entscheidung eine umfangreiche oder aufwändige Beweiserhebung notwendig wäre und ein Beteiligter die Zurückverweisung beantragt. Das Gericht des ersten Rechtszugs hat die rechtliche Beurteilung, die das Beschwerdegericht der Aufhebung zugrunde gelegt hat, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Der Beschluss des Beschwerdegerichts ist zu begründen.

(3) Für die Beschwerdeentscheidung gelten im Übrigen die Vorschriften über den Beschluss im ersten Rechtszug entsprechend.

(1) In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter.

(2) Als Beteiligte sind hinzuzuziehen:

1.
diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird,
2.
diejenigen, die auf Grund dieses oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen sind.

(3) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag weitere Personen als Beteiligte hinzuziehen, soweit dies in diesem oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist.

(4) Diejenigen, die auf ihren Antrag als Beteiligte zu dem Verfahren hinzuzuziehen sind oder hinzugezogen werden können, sind von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen, soweit sie dem Gericht bekannt sind. Sie sind über ihr Antragsrecht zu belehren.

(5) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, wenn es einem Antrag auf Hinzuziehung gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 nicht entspricht. Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(6) Wer anzuhören ist oder eine Auskunft zu erteilen hat, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Wert ist durch den Wert des Verfahrensgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Verfahrenswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In einer Kindschaftssache, die

1.
die Übertragung oder Entziehung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge,
2.
das Umgangsrecht einschließlich der Umgangspflegschaft,
3.
das Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes,
4.
die Kindesherausgabe oder
5.
die Genehmigung einer Einwilligung in einen operativen Eingriff bei einem Kind mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung (§ 1631e Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
betrifft, beträgt der Verfahrenswert 4 000 Euro.

(2) Eine Kindschaftssache nach Absatz 1 ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft.

(3) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.