Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 11. Feb. 2011 - 10 WF 39/11

bei uns veröffentlicht am11.02.2011

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Rostock vom 17.01.2011 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist der Vater des nichtehelich geborenen Kindes, die Antragsgegnerin ist die Kindesmutter. Die Beziehung der beiden ist beendet. Der Antragsteller lebt bei seiner Mutter und seiner Großmutter, die Antragsgegnerin mit dem Kind in einer eigenen Wohnung. Die Antragsgegnerin wird durch eine Familienhelferin unterstützt. Der Antragsteller erkannte am 12.10.2010 die Vaterschaft an. Die Zustimmung zur Sorgeerklärung verweigerte die Antragsgegnerin.

2

Mit am 23.12.2010 bei dem Amtsgericht eingegangener Antragsschrift begehrt der Antragsteller die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich allein und die Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Übrigen. Hierfür beantragt er die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe. Zur Begründung führt er aus, die gemeinsame Sorge entspreche dem Kindeswohl am besten. Die Antragsgegnerin sei mit der alleinigen elterlichen Sorge überfordert. Sie habe den Termin für die U3-Untersuchung versäumt. Sie lehne auch eine Vermittlung durch das Jugendamt ab, habe ihn angebrüllt und grundlos geschlagen und getreten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift verwiesen.

3

Die Antragsgegnerin tritt den Anträgen entgegen. Der Antragsteller sei unzuverlässig, konsumiere Drogen und habe sie gewürgt und geschubst.

4

Das Amtsgericht hat die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit Beschluss vom 17.01.2010 (GA 21) abgelehnt. Die Rechtsverfolgung sei mutwillig und nicht hinreichend erfolgversprechend. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschlussgründe verwiesen.

5

Mit seiner am 01.02.2011 bei dem Amtsgericht eingegangenen Beschwerde (GA 23) wendet sich der Antragsteller gegen den Beschluss. Die Beschwerde werde auf den Antrag zum gemeinsamen Sorgerecht beschränkt, der Antrag auf Einräumung des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts nicht weiter verfolgt. Zur Begründung führt er aus, er habe seinen Drogenkonsum Ende 2009 eingestellt, die Antragsgegnerin demgegenüber während der Schwangerschaft noch Drogen konsumiert. Er sei auch nicht gewalttätig.

6

Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (GA 27).

II.

7

1. Das auf die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für den Antrag auf Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge beschränkte Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde (§§ 127 Abs 2, 567 ff ZPO, 76 Abs 2 FamFG) zulässig, insbesondere fristgemäß eingelegt worden (§§ 127 Abs 2 S 3, 569 ZPO, 76 Abs 2 FamFG). In der Sache hat es indes keinen Erfolg. Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kommt nicht in Betracht, weil der Sorgerechtsantrag keine Aussicht auf Erfolg hat (§§ 114 ZPO, 76 Abs 1 FamFG).

8

Ist der Kindesvater eines nichtehelichen Kindes nicht sorgeberechtigt, überträgt das Familiengericht gemäß § 1626 a BGB nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2010 (FamRZ 2010, 1403) auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge den Eltern gemeinsam, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht.

9

Ein entsprechender Sorgerechtsantrag hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn Umstände dargetan oder sonst ersichtlich sind, welche die Übertragung rechtfertigen. Eine Ermittlungspflicht des Gerichts besteht insoweit nur, wenn der Vortrag der Beteiligten oder sonstige Erkenntnisse hierzu Anlass geben.

10

Nach diesen Grundsätzen ist die Erfolgsaussicht zu verneinen.

11

a) Allerdings ist davon auszugehen, dass der Antragsteller der (rechtliche, nur darauf kommt es an) Kindesvater ist. Zwar ergibt sich dies noch nicht aus der vorgelegten, einseitig erklärten Vaterschaftsanerkennung. Von einer Zustimmung der Antragsgegnerin (§ 1595 BGB) ist jedoch angesichts des Inhalts der Geburtsurkunde (GA 5) auszugehen.

12

b) Der Antragsteller hat indes nicht dargetan, die gemeinsame elterliche Sorge entspreche dem Kindeswohl.

13

Bei der Beurteilung der Auswirkungen auf das Kindeswohl kann spiegelbildlich auf die Kriterien zurückgegriffen werden, welche die Rechtsprechung zur Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1671 Abs 2 Nr 2 BGB entwickelt hat. Es besteht keine Vermutung, die gemeinsame elterliche Sorge sei dem Kindeswohl im Zweifel förderlicher als die Alleinsorge (BVerfG FamRZ 2004, 354; BGH FamRZ 2008, 592). Die gemeinsame elterliche Sorge setzt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern, ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen und die Ausrichtung ihres Verhaltens am Kindeswohl voraus. Es muss eine Verständigung der Eltern über wichtige Sorgerechtsfragen in einer Art und Weise möglich sein, die auch bei einem Dissens der Eltern eine dem Kindeswohl dienliche Entscheidung gewährleistet (BVerfG FF 2009, 416; FamRZ 2004, 354; BGH FamRZ 2008, 592; OLG Frankfurt FamRZ 2009, 433). Hierzu bedarf es objektiv der Kooperationsfähigkeit und subjektiv der Kooperationsbereitschaft der Eltern.

14

An diesen Voraussetzungen fehlt es nach Angaben des Antragstellers und auch nach dem übrigen Akteninhalt. Der Antragsteller führt aus, die Antragsgegnerin verweigere eine Vermittlung durch das Jugendamt, habe ihn angebrüllt und grundlos geschlagen und getreten. Die Antragsgegnerin wiederum behauptet, der Antragsteller habe sie gewürgt und geschubst, sei unzuverlässig und konsumiere Drogen. Auf dieser Grundlage ist nicht zu erkennen, beide Elternteile seien zu einem am Kindeswohl ausgerichteten Zusammenwirken bereit und in der Lage. Vielmehr steht zu erwarten, dass die Einräumung einer gemeinsamen Entscheidungsbefugnis mit der zwangsläufigen Folge zusätzlicher Reibungspunkte zu einer Häufung von Vorfällen führen würde, die dem Kindeswohl eher abträglich wären. Unter diesen Umständen vermag auch die Behauptung des Antragstellers, die Antragsgegnerin sei mit der Alleinsorge überfordert, die Einräumung der gemeinsamen Sorge nicht zu rechtfertigen. Denn es ist nicht zu erkennen, diese sei dem Kindeswohl trotz der Konflikte förderlicher als die derzeitige Situation. Dabei ist auch zu beachten, dass die Antragsgegnerin Familienhilfe annimmt.

15

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten bereits kraft Gesetzes (§ 21 Abs 1 S 1, KV Nr 1912, 2000 ff FamGKG) und außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§§ 127 Abs 4 ZPO, 76 Abs 2 FamFG).

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Zivilprozessordnung - ZPO | § 127 Entscheidungen


(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1671 Übertragung der Alleinsorge bei Getrenntleben der Eltern


(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem An

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1595 Zustimmungsbedürftigkeit der Anerkennung


(1) Die Anerkennung bedarf der Zustimmung der Mutter. (2) Die Anerkennung bedarf auch der Zustimmung des Kindes, wenn der Mutter insoweit die elterliche Sorge nicht zusteht. (3) Für die Zustimmung gilt § 1594 Abs. 3 und 4 entsprechend.

Referenzen

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Anerkennung bedarf der Zustimmung der Mutter.

(2) Die Anerkennung bedarf auch der Zustimmung des Kindes, wenn der Mutter insoweit die elterliche Sorge nicht zusteht.

(3) Für die Zustimmung gilt § 1594 Abs. 3 und 4 entsprechend.

(1) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, so kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
der andere Elternteil zustimmt, es sei denn, das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(2) Leben Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626a Absatz 3 der Mutter zu, so kann der Vater beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit

1.
die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, oder
2.
eine gemeinsame Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.

(3) Ruht die elterliche Sorge der Mutter nach § 1751 Absatz 1 Satz 1, so gilt der Antrag des Vaters auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a Absatz 2 als Antrag nach Absatz 2. Dem Antrag ist stattzugeben, soweit die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

(4) Den Anträgen nach den Absätzen 1 und 2 ist nicht stattzugeben, soweit die elterliche Sorge auf Grund anderer Vorschriften abweichend geregelt werden muss.

(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.

(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.

(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.

(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.