Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 05. Jan. 2010 - 8 UF 204/09

bei uns veröffentlicht am05.01.2010

Tenor

Auf die Beschwerden der Landwirtschaftlichen Alterskasse Niedersachsen-Bremen vom 23.11.2009 und der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover vom 09.12.2009 wird das am 21.10.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Halberstadt (Az.: 8 F 435/08) im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (Nr. 2 bis 4 des Urteilstenors) abgeändert:

Vom Versicherungskonto der Antragstellerin Nr.: ... bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland werden auf das Versicherungskonto des Antragsgegners Nr.: ... bei der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover Rentenanwartschaften von monatlich 13,01 Euro, bezogen auf den 31.10.2008, übertragen.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Vom Versicherungskonto der Antragstellerin Nr.: ... bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland werden auf das Versicherungskonto des Antragsgegners Nr.: ... bei der Deutschen Rentenversicherung Braunschweig-Hannover Rentenanwartschaften von monatlich 67,41 Euro, bezogen auf den 31.10.2008, übertragen.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 2.000,00 EUR.

Gründe

I.

1

Mit dem in Bezug auf die Entscheidung zum Versorgungsausgleich angefochtenen Verbundurteil hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich dergestalt durchgeführt, dass es zum Ausgleich angleichungs- und volldynamischer Rentenanwartschaften der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland jeweils entsprechende Rentenanwartschaften auf das Konto des Antragsgegners bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Niedersachsen-Bremen übertragen hat. Darüber hinaus hat es zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Niedersachsen-Bremen im Wege der Realteilung Rentenanwartschaften des Antragsgegners bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Niedersachsen-Bremen begründet. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Landwirtschaftliche Alterskasse Niedersachsen-Bremen mit ihrem Rechtsmittel.

II.

2

Die Beschwerde ist gemäß §§ 629a Abs. 2 S. 1, 621e Abs. 1 und 3, 621 Abs. 1 Nr. 6 (a. F.) ZPO i. V. m. § 48 Abs. 1 VersAusglG, Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG zulässig und auch begründet.

3

Zu Recht geht die Landwirtschaftliche Alterskasse Niedersachsen-Bremen in ihrer Beschwerdebegründung vom Vorrang des Ausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587b Abs. 1 und 2 (a. F.) BGB vor der von § 43 ALG vorgesehenen Realteilung im Hinblick auf den Grundsatz des Einmalausgleichs (§ 1587 Abs. 3 S. 3 [a. F.] BGB) aus (vgl. hierzu OLG Stuttgart FamRZ 2001, 549). Aus der Gegenüberstellung der auszugleichenden Anrechte ergibt sich, dass der insgesamt ausgleichsberechtigte Antragsgegner, nicht aber die Antragstellerin, die höheren Anrechte in der Altersversorgung der Landwirte erworben hat. Deshalb ist der Ausgleich vorliegend ausschließlich – worauf die Landwirtschaftliche Alterskasse Niedersachsen-Bremen zu Recht hinweist – in der gesetzlichen Rentenversicherung durchzuführen.

4

Deshalb können weder angleichungsdynamische noch regeldynamische Anwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung auf das Versorgungskonto des Antragsgegners bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Niedersachsen-Bremen übertragen werden. Dies hat das Amtsgericht unzutreffend beurteilt.

5

Im Einzelnen ergibt sich vielmehr folgende Berechnung:

6

Nach § 1587/I (a. F.) BGB sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Versorgungen auszugleichen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Eheschließungsmonats und endet mit dem letzten Tag des Monats, welcher dem Monat vorausgeht, in welchem der Scheidungsantrag zugestellt wurde (§ 1587/II [a. F.] BGB):

7

Die Ehezeit begann am 01.07.1993.

8

Sie endete am 31.10.2008.

9

In dieser Zeit haben die Parteien folgende Anrechte erworben:

10

A. Anwartschaften von K. W. :

11

1. 

Bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland

176,75 Euro

angleichungsdynamische Rente

26,02 Euro

Versicherungsnr.: ...

        

        

        

Die Bewertung erfolgt nach § 1587a/II Nr. 2 (a. F.) BGB.

        

        

        

2. 

Bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Niedersachsen-Bremen

        

ehezeitliche Monatsrente

140,93 Euro

Der Wert der Versorgung steigt in vergleichbarer Weise wie der Wert der gesetzlichen
Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung (volldynamische Versorgung nach
§ 1587a/I [a. F.] BGB).
Eine Umrechnung ist nicht erforderlich.

        

        

Der Versorgungsträger läßt eine Realteilung zu.

        

        

        

3. 

Bei den VGH Versicherungen

        

ehezeitliches Deckungskapital

1.139,11 Euro

        

        

Aus Barwert oder Deckungskapital wird eine dynamische Rente in der Weise berechnet,
daß der Wert fiktiv in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird. Somit ist der
Betrag mit dem für das Ehezeitende geltenden Umrechnungsfaktor der
Rechengrößenbekanntmachung in Entgeltpunkte (EP) und diese mit Hilfe des aktuellen
Rentenwerts (ARW) nach § 1587a/III, IV BGB in eine Rente der gesetzlichen
Rentenversicherung umzurechnen.

Umrechnungsfaktor Beiträge in EP:

0,0001670365

Entgeltpunkte:

0,1903

aktueller Rentenwert:

26,56 Euro

Euro dynamisch: 0,1903 * 26,56 =

5,05 Euro

        

        

Der Versorgungsträger läßt eine Realteilung zu.

        

        

        

Das ergibt folgende Übersicht:

        

        

        

splittingfähig gem. § 1587b/I (a. F.) BGB mit EP:

176,75 Euro

Realteilung nach § 1/II VAHRG:

145,98 Euro

insgesamt:

322,73 Euro

        

        

dazu angleichungsdynamisch:

        

splittingfähig gem. § 1587b/I (a. F.) BGB mit EP:

26,02 Euro

12

B. Anwartschaften von G. W. :

13

1. 

Bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Niedersachsen-Bremen

        

ehezeitliche Monatsrente

187,91 Euro

Der Wert der Versorgung steigt in vergleichbarer Weise wie der Wert der gesetzlichen
Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung (volldynamische Versorgung
nach § 1587a/I [a. F.] BGB). Eine Umrechnung ist nicht erforderlich.

        

        

Der Versorgungsträger läßt eine Realteilung zu.

        

        

        

insgesamt:

187,91 Euro

14

Ausgleich

15

Nach § 1587a/I (a. F.) BGB ist der Ehegatte mit den höheren Anrechten ausgleichspflichtig:

16

Die Bilanz der angleichungsdynamischen Anrechte ergibt:

26,02 - 0 =

26,02 Euro

Die Bilanz der anderen Versorgungen ergibt:

        

322,73 - 187,91 =

134,82 Euro

Ausgleichspflicht von K. W.:

13,01 Euro

und:

67,41 Euro

        

        

Getrennter Ausgleich nach § 3/I VAÜG: Nach § 1587b/I (a. F.) BGB, § 3 VAÜG hat
der Versorgungsausgleich durch Rentensplitting (Ost)zu erfolgen in Höhe von:

26,02 / 2 =

13,01 Euro

Nach § 1587b/I (a. F.) BGB hat der Versorgungsausgleich durch Rentensplitting

zu erfolgen in Höhe von:

67,41 Euro

Weil der Ausgleich nach § 1587b/I, II (a. F.) BGB vorrangig ist, erfolgt kein Ausgleich
nach dem VAHRG bzw. dem ALG. Der Höchstbetrag nach § 1587b Abs. 5 (a. F.) BGB
wird nach BGH FamRZ 2005, 432 nach den zu begründenden EP bestimmt.

Höchstausgleich (West)

814,51 Euro

Höchstausgleich (Ost)

715,76 Euro

Er ist nicht überschritten.

        

        

        

Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte und
Entgeltpunkte (Ost) folgt § 3/I VAÜG.

17

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf §§ 21 Abs. 1 S. 1 GKG; 13a FGG.

18

Die Festsetzung des Geschäftswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 49 Nr. 3 (a. F.) GKG.


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Referenzen - Gesetze

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 21 Nichterhebung von Kosten


(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für ab

FGG-Reformgesetz - FGG-RG | Art 111 Übergangsvorschrift


(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Ref

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 48 Allgemeine Übergangsvorschrift


(1) In Verfahren über den Versorgungsausgleich, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden sind, ist das bis dahin geltende materielle Recht und Verfahrensrecht weiterhin anzuwenden. (2) Abweichend von Absatz 1 ist das ab dem 1. September 2

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 43 Interne und externe Teilung


(1) Zum Ausgleich der nach diesem Gesetz erworbenen Anrechte findet zwischen den geschiedenen Ehegatten die interne Teilung nach dem Versorgungsausgleichsgesetz und den ergänzenden Vorschriften dieses Gesetzes statt. Dies gilt entsprechend für den Ve

Referenzen

(1) In Verfahren über den Versorgungsausgleich, die vor dem 1. September 2009 eingeleitet worden sind, ist das bis dahin geltende materielle Recht und Verfahrensrecht weiterhin anzuwenden.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist das ab dem 1. September 2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden in Verfahren, die

1.
am 1. September 2009 abgetrennt oder ausgesetzt sind oder deren Ruhen angeordnet ist oder
2.
nach dem 1. September 2009 abgetrennt oder ausgesetzt werden oder deren Ruhen angeordnet wird.

(3) Abweichend von Absatz 1 ist in Verfahren, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, ab dem 1. September 2010 das ab dem 1. September 2009 geltende materielle Recht und Verfahrensrecht anzuwenden.

(1) Auf Verfahren, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde, sind weiter die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Auf Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren finden die vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften Anwendung, wenn die Abänderungs-, Verlängerungs- und Aufhebungsverfahren bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingeleitet worden sind oder deren Einleitung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beantragt wurde.

(2) Jedes gerichtliche Verfahren, das mit einer Endentscheidung abgeschlossen wird, ist ein selbständiges Verfahren im Sinne des Absatzes 1 Satz 1.

(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren in Familiensachen, die am 1. September 2009 ausgesetzt sind oder nach dem 1. September 2009 ausgesetzt werden oder deren Ruhen am 1. September 2009 angeordnet ist oder nach dem 1. September 2009 angeordnet wird, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(4) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, die am 1. September 2009 vom Verbund abgetrennt sind oder nach dem 1. September 2009 abgetrennt werden, die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden. Alle vom Verbund abgetrennten Folgesachen werden im Fall des Satzes 1 als selbständige Familiensachen fortgeführt.

(5) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 sind auf Verfahren über den Versorgungsausgleich, in denen am 31. August 2010 im ersten Rechtszug noch keine Endentscheidung erlassen wurde, sowie auf die mit solchen Verfahren im Verbund stehenden Scheidungs- und Folgesachen ab dem 1. September 2010 die nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit geltenden Vorschriften anzuwenden.

(1) Zum Ausgleich der nach diesem Gesetz erworbenen Anrechte findet zwischen den geschiedenen Ehegatten die interne Teilung nach dem Versorgungsausgleichsgesetz und den ergänzenden Vorschriften dieses Gesetzes statt. Dies gilt entsprechend für den Versorgungsausgleich nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz.

(2) Die interne Teilung erfolgt, indem zu Lasten der von der ausgleichspflichtigen Person nach diesem Gesetz erworbenen Anrechte für die ausgleichsberechtigte Person Anrechte bei der landwirtschaftlichen Alterskasse übertragen werden. Anrechte aus Zeiten im Beitrittsgebiet (§ 102) und aus Zeiten im übrigen Bundesgebiet sind getrennt intern zu teilen.

(3) Durch externe Teilung im Versorgungsausgleich können Anrechte nach diesem Gesetz nur begründet werden, wenn die ausgleichsberechtigte Person vor dem Ende der Ehezeit bereits Anrechte nach diesem Gesetz erworben hat und am Ende der Ehezeit eine bindende Rente wegen Alters nicht bezieht. § 187 Absatz 5 Satz 2 und 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.