vorgehend
Landgericht Ingolstadt, 51 O 1524/13, 21.03.2014

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 21. März 2014, Az. 51 O 1524/13, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 201.486,39 € festgesetzt.

Gründe

I. Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 6. September 2011 mit Beschluss des Amtsgerichts Essen vom 1. November 2011 (K 1) wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. Grundbau GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Im Wege der Insolvenzanfechtung begehrt er von der Beklagten Rückgewähr einer Zahlung der Schuldnerin in Höhe von € 201.486,39.

Die Schuldnerin stand bis zur Antragstellung in laufender Geschäftsverbindung mit der Beklagten und bezog von ihr u. a. Bohrköpfe, die sie für die Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit benötigte. Jedenfalls seit Anfang des Jahres 2011 erfüllte die Schuldnerin Forderungen der Beklagten nicht mehr fristgerecht. Ab dem 27. Juni 2011 beliefen sich die Zahlungsrückstände der Schuldnerin bei der Beklagten auf mindestens € 200.000,00. Mit E-Mail vom 11. Juli 2011 (K 13) teilte die Beklagte der Schuldnerin mit, dass „aufgrund der hohen Außenstände“ ein Lieferstopp bestehe. In einem Schreiben vom 15. Juli 2011 K 14) wies sie auf Mietrückstände hinsichtlich einer Fräse hin und drohte bei Nichtzahlung innerhalb von vier Tagen die fristlose Kündigung des fraglichen Mietvertrages an. Die Schuldnerin versicherte der Beklagten mit Schreiben vom 27. Juli 2011 (B 1) unter Bezugnahme auf ein Telefonat vom 25. Juli 2011, dass sie „gegen verschiedene Auflagen auch für das Geschäftsjahr 2012 weiter finanziert“ sei, wobei „sämtliche dieser Auflagen (werden) derzeit vom Unternehmen wie auch den Gesellschaftern erfüllt“ würden. Weiter teilte sie mit, „noch in KW 32“ mit einem Liquiditätszufluss zu rechnen; die aufgelaufenen Forderungen würden sodann mit einer Sofortzahlung von € 50.000,00 und monatlichen Zahlungen in Höhe von € 40.000,00 abgebaut werden. Mitte August 2011 hatten sich die Außenstände der Schuldnerin bei der Beklagten auf rund € 800.000,00 summiert. Die Auslieferung eines von der Schuldnerin für ein bestimmtes Bauvorhaben benötigten Kraftdrehkopfes machte die Beklagte deshalb mit E-Mail vom 19. August 2011 (K 15) von der Leistung einer Anzahlung von € 200.000,00 auf diese Außenstände sowie von der Beibringung einer Bürgschaft in Höhe der übrigen offenen Verbindlichkeiten von € 605.000,00 abhängig. Weitere Lieferungen sollten bis zur Zahlung aller Außenstände nur gegen Vorkasse erfolgen. Abredegemäß überwies die Schuldnerin am 22. August 2011 € 201.486,39 zur Begleichung von im einzelnen aufgeführten Rechnungen (K 17) an die Beklagte und stellte am 30. August 2011 die verlangte Bankbürgschaft. Dies focht der Kläger mit Schreiben vom 10. September 2012 (K 18) gegenüber der Beklagten an.

Der Kläger hat vor dem Landgericht vorgetragen, die Schuldnerin sei bereits einige Zeit vor der Zahlung vom 22. August 2011 und auch an diesem Tag zahlungsunfähig gewesen. Wie sich aus den im Zuge von Sanierungsbemühungen im April, Juni und Juli 2011 im Auftrag der Schuldnerin erstellten Unterlagen (K 9 bis K 11) ergebe, hätten bereits am 5. April 2011 Verbindlichkeiten in Höhe von € 7,9 Mio. bestanden, von denen € 6,8 Mio. überfällig gewesen seien. Die finanzielle Lage der Schuldnerin habe sich auch der Folgezeit nicht wesentlich verbessert. Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sei der Beklagten auch bekannt gewesen, denn das Zahlungsverhalten der Schuldnerin habe sich zur Jahreswende 2010/2011 erheblich verschlechtert: Habe die Schuldnerin die Rechnungen in den Jahren 2009 bis 2010 mit einer Verspätung von wenigen Tagen bis wenigen Wochen gezahlt, seien die Zahlungsziele zur Jahreswende 2010/2011 um 60 Tage und länger überschritten worden. Ab Mai 2011 habe die Schuldnerin durchgehend einen Rückstand bei der Beklagten in sechsstelliger Höhe vor sich hergeschoben, der ab Anfang Juni 2011 die Grenze von € 200.000,00 erreicht habe und bis zur Insolvenzeröffnung nicht mehr habe abgebaut werden können (K 12). Die Schuldnerin habe - was der Beklagten ebenfalls bekannt gewesen sei - nur unter dem Druck geleistet, ohne die von der Zahlung abhängig gemachte Lieferung ihre Tätigkeit nicht mehr fortsetzen zu können. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Zahlung der Schuldnerin sei daher gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 1, § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar, die Beklagte somit zur Erstattung der von der Schuldnerin bezahlten Anzahlung nebst Zinsen seit Verfahrenseröffnung und der angefallenen Rechtsanwaltskosten verpflichtet.

Die Beklagte hat vor dem Landgericht ausgeführt, dass ihr bei Erhalt der fraglichen Zahlung die - im Übrigen bestrittene - Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin jedenfalls nicht bekannt gewesen sei. Die Zusammenarbeit mit der Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt habe sich nicht von der in den Jahren zuvor gepflegten Geschäftsbeziehung unterschieden. Insbesondere habe die Schuldnerin oftmals Forderungen der Beklagten nur zögerlich und auf Mahnungen hin beglichen. Auch die Verhängung eines Lieferstopps sei nicht in besonderer Weise auffällig gewesen, sondern - wie sich aus dem Anlagenkonvolut B 4 ergebe - bereits vor 2011 praktiziert worden. Überdies habe ein Mitarbeiter der Beklagten im zeitlichen Zusammenhang mit der letzten Bestellung bei der Schuldnerin ausdrücklich nachgefragt, ob diese noch zahlungsfähig sei. Dies habe der Geschäftsführer der Schuldnerin bejaht. Diese Auskunft wiederum habe sich mit einer positiven Bürgel-Auskunft (B 2) gedeckt wie auch der Kenntnis der Beklagten davon, dass die Schuldnerin zu dieser Zeit für öffentliche Auftraggeber tätig war, dass also die im Zuge der Vergabeverfahren zu prüfende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dort kürzlich positiv bewertet worden sein musste. Die Beklagte hat die Zahlung deshalb für nicht anfechtbar gehalten und eine Rückzahlungspflicht verneint.

Auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils und die dort gestellten Anträge wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Endurteil vom 21. März 2013 hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Es hat einen Anfechtungsanspruch gemäß §§ 143 Abs. 1, 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO bejaht und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen zum Liquiditätsstatus der Schuldnerin (K 9 bis K 11) von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Zahlung überzeugt sei. Bei Würdigung aller Umstände stehe fest, dass die Beklagte diese Zahlungsunfähigkeit auch gekannt habe. Denn die Schuldnerin habe Forderungen der Beklagten über einen längeren Zeitraum hinweg nicht bedient, was sogar zu einem Lieferstopp geführt habe, obwohl - für die Beklagte ersichtlich - die Geschäftsbeziehung für die Schuldnerin äußerst wichtig gewesen sei. Dass die Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum hinweg von nur zögerlichen Zahlungen der Schuldnerin geprägt war, spreche nicht gegen eine Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, denn diese habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass die Schuldnerin auch in Zukunft alle weiteren Forderungen der Beklagten - wenn auch unter Umständen erheblich verzögert - werde begleichen können. Vielmehr habe die Beklagte davon ausgehen müssen, dass im zeitlichen Verlauf Zahlungsunfähigkeit eingetreten sein konnte. Ob gleichzeitig die Voraussetzungen des § 133 InsO erfüllt seien, könne damit dahinstehen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung erstrebt die Beklagte die Aufhebung des Urteils des Landgerichts und die Abweisung der Klage. Sie macht insbesondere geltend, dass das Landgericht nicht aufgrund des von ihr bestrittenen klägerischen Vortrags von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hätte ausgehen dürfen und dass ihr wegen mangelnder Kenntnis der Gesamtliquiditätssituation der Schuldnerin ein zwingender Schluss auf das Bestehen von Zahlungsunfähigkeit nicht möglich gewesen sei. Das Erstgericht habe nicht ausreichend gewürdigt, dass die Kenntnis einzelner Tatsachen, die für eine Zahlungsunfähigkeit sprechen, nicht genügen könne, wenn diese nur die ungewisse Möglichkeit einer Zahlungsunfähigkeit befürchten ließen. Vorliegend habe die Beklagte noch nicht einmal Bedenken gegen die Kreditwürdigkeit der Schuldnerin gehabt, denn diese habe mehrfach versichert, man sei bankenmäßig finanziert.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Landgerichts und beantragt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags die Zurückweisung der Berufung. Er vertritt insbesondere die Ansicht, dass die Schuldnerin spätestens am 1. August 2011, nach Ablauf von drei Wochen nach Verhängung der Liefersperre, gegenüber der Beklagten für diese erkennbar ihre Zahlungen eingestellt habe. Dies habe die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO ausgelöst. Für diese Beurteilung sei die erst Ende August 2011 geleistete Zahlung und Bürgschaftsübergabe ohne Bedeutung. Eine allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger nach dem 1. August 2011 aber habe die Beklagte nicht darlegen können.

Bereits in der Ladung zur mündlichen Verhandlung (Bl. 128) hat der Senat gemäß § 139 ZPO darauf hingewiesen, dass die Zahlung der streitgegenständlichen Summe am 22. August 2011 und die Hingabe einer Bankbürgschaft am 30. August 2011 auf alle dann noch offenen Forderungen der Beklagten gegen die Schuldnerin in Höhe von € 605.460,92 nicht ohne weiteres zu einer Kenntnis von Umständen geführt haben dürfte, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schließen ließen, da die - wenn auch inkongruente - Absicherung durch Bankbürgschaft eine gewisse Kreditwürdigkeit der Schuldnerin zeigte.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2014 Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine insolvenzrechtliche Anfechtung sind vorliegend nicht gegeben, so dass das Urteil des Landgerichts vom 21. März 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen war.

1. Zwar stellt die angefochtene Zahlung eine im Anfechtungszeitraum des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO vorgenommene gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung der bereits zahlungsunfähigen Schuldnerin gemäß § 129 Abs. 1 InsO dar, die der Beklagten als Insolvenzgläubigerin eine Befriedigung gewährt hat. Allerdings konnte der insoweit beweisbelastete Kläger weder eine Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nachweisen noch eine Kenntnis von Umständen, die zwingend auf diese Zahlungsunfähigkeit schließen ließen, § 130 Abs. 2 InsO.

a) Anders als die Beklagte meint, hat das Landgericht ohne Rechtsfehler die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung festgestellt. Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht und darum auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts nach § 17 InsO (BGH, Urteil vom 29. März 2012, IX ZR 40/10, juris Rn. 8). Zahlungsunfähig im Sinne dieser Vorschrift ist regelmäßig, wer nicht innerhalb von drei Wochen mehr als 90% seiner Gesamtverbindlichkeiten erfüllen kann (BGHZ 163, 134 ff.). Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies auch für die Insolvenzanfechtung gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 29. März 2012, IX ZR 40/10, a. a. O., Rn. 9 m. w. N.). Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (BGH, Urteil vom 29. März 2012, IX ZR 40/10, a. a. O., Rn. 10 m. w. N.). Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten erheblichen Umfangs bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 29. März 2012, IX ZR 40/10, a. a. O., Rn. 10 m. w. N.).

So liegt der Fall hier. Ausweislich des Berichts des Insolvenzverwalters (K 8, dort S. 6, 13, 26 f.), gegen dessen Feststellungen die Beklagte keine substantiierten Einwendungen vorgebracht hat, standen zum Eröffnungszeitpunkt am 1. November 2011 € 25,3 Mio. fällige Verbindlichkeiten € 803.000,00 liquiden Mitteln und einem nominalen Forderungsbestand von € 18 Mio. gegenüber. Im August 2011 konnte die Schuldnerin Löhne und Gehälter in Höhe von € 370.000,00 und € 183.000,00 Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr bezahlen. Im zeitlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Zahlung wurde 44 Mitarbeitern gekündigt, die Schuldnerin verfügte über keinen hinreichenden Auftragsbestand mehr. Am 11. Juli 2011 bestanden Verbindlichkeiten in Höhe von € 5,9 Mio., davon waren € 4,7 Mio. überfällig, € 1,9 Mio. sogar länger als drei Monate (K 11). Angesichts dieser Umstände ist entgegen der Ansicht der Beklagten die Darstellung der Gesamtliquiditätssituation der Schulderin zur Feststellung ihrer Zahlungsunfähigkeit am 22. August 2011 nicht erforderlich. Denn vorliegend kann auch auf andere Weise festgestellt werden, dass sie einen wesentlichen Teil ihrer fälligen Verbindlichkeiten zum fraglichen Zeitpunkt nicht bezahlen konnte (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006, IX ZR 228/03, WM 2006, 2312, Rn. 28).

b) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen. Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urteil vom 13. August 2009, IX ZR 159/06, juris Rn. 8 m. w. N.). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung sind gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung zu prüfen (BGH, Urteile vom 13. August 2009, IX ZR 159/06, a. a. O., vom 1. Juli 2010, IX ZR 70/80, juris Rn. 9 und vom 7. November 2013, IX ZR 49/13, juris Rn. 8).

Ein einzelner Gläubiger, der von seinem Schuldner Leistungen erhält, wird die zur Beurteilung des Eintritts von Zahlungsunfähigkeit notwendigen Tatsachen meist nicht kennen, weil es ihm an dem erforderlichen Gesamtüberblick fehlt. Er kennt in der Regel nur seine eigenen Forderungen und das auf diese Forderungen bezogene Zahlungsverhalten des Schuldners. Für die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners genügt es, wenn der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen und dem Verhalten des Schuldners bei natürlicher Betrachtungsweise den zutreffenden Schluss zieht, dass jener wesentliche Teile, also 10% oder mehr, seiner ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten im Zeitraum der nächsten drei Wochen nicht wird tilgen können (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013, IX ZR 143/12, juris Rn. 17 m. w. N.) oder dass er die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Kennt der Gläubiger die Tatsachen, aus denen sich die Zahlungseinstellung ergibt, kennt er damit auch die Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013, IX ZR 143/12, juris Rn. 17 m. w. N.).

c) Hier wusste die Beklagte am 11./15. Juli 2011, dass die Schuldnerin Außenstände in Höhe von mindestens € 200.000,00 bei ihr hatte, dass deshalb ein Lieferstopp bestand und die Kündigung von Mietverträgen angedroht worden war. Im Laufe der folgenden vier Wochen nahm sie darüber hinaus zur Kenntnis, dass diese Außenstände trotz Lieferstopp und zwischenzeitlich auch ausgesprochenen Kündigungen nicht beglichen wurden, sondern im Gegenteil bis Mitte August 2011 auf rund € 800.000,00 anwuchsen.

Gleichzeitig allerdings war der Beklagten ausweislich B 3 bekannt, dass auch in den Monaten und Jahren zuvor Forderungen teilweise nur mit erheblichem Verzug bezahlt worden waren. So waren etwa seit Dezember 2010 fällige Forderungen erst im Februar bzw. März 2011 mit 60 bzw. 76 Tagen Verzug beglichen worden. Eine seit Dezember 2009 fällige Forderung über € 999,60 wurde mit 45 Tagen Verzug im Februar 2010 beglichen. Wie auch Anlage B 5 zeigt, zahlte die Schuldnerin fällige Forderungen häufig mit einem Verzug zwischen 10 und 50 Tagen. Ausweislich dieser Anlage betrug der durchschnittliche monatliche Verzug schon im Dezember 2005 bei Aufzeichnungsbeginn 56,20 Tage. Auch in den folgenden Monaten und Jahren kam es regelmäßig zu erheblichen durchschnittlichen Verzugszeiten. Entsprechend reagierte die Beklagte - wie aus dem Anlagenkonvolut B 4 ersichtlich ist - seit dem Jahr 2005 regelmäßig mit Mahnungen und Lieferstopps. Zudem hatte die Schuldnerin auf direkte Nachfrage am 25. Juli 2011 mit Schreiben vom 27. Juli 2011 anhaltende Zahlungsfähigkeit auch für das Jahr 2012 und einen erwarteten Liquiditätszufluss „noch in KW 32“, d. h. in der Woche vom 8. bis 14. August 2011, versichert (B 1).

Bei dieser Sachlage musste die Beklagte - anders als der Kläger meint - Anfang August 2011 noch nicht zwingend auf eine Zahlungseinstellung durch die Schuldnerin schließen. Aber auch zum Zahlungszeitpunkt am 22. August 2011 lag bei Würdigung sämtlicher Umstände weder die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungseinstellung noch von Umständen, die zwingend hierauf schließen ließen, vor. Denn zu diesem Zeitpunkt war die Schuldnerin nicht nur zu einer - erheblich über der angekündigten Sofortzahlung liegenden - Abschlagszahlung von € 200.000,00 in der Lage, weshalb die Beklagte davon ausgehen konnte, dass der für die Woche zuvor avisierte Liquiditätszufluss tatsächlich stattgefunden hatte. Überdies hatte sich die Schuldnerin gleichzeitig verpflichtet, eine Bankbürgschaft in Höhe der restlichen Außenstände von ca. € 600.000,00 zu erbringen, was die fortbestehende Kreditwürdigkeit der Schuldnerin implizierte. Diese Bankbürgschaft hat die Schuldnerin dann auch tatsächlich vereinbarungsgemäß gestellt. - Soweit im klägerischen Schreiben vom 10. September 2012 (K 18) die Erteilung einer Bürgschaft in Höhe von € 200.000,00 angefochten wird, handelt es sich dabei ersichtlich um ein Schreibversehen. Denn der Kläger hat mit seiner Klage selbst vorgetragen, dass die in Höhe der Außenstände verlangte Bürgschaft auch geleistet wurde (vgl. Klageschrift S. 9, 10). Zudem hat er auf den gerichtlichen Hinweis zur Erteilung der Bankbürgschaft über € 605.460,92 (Bl. 128) ihre so bezeichnete Höhe nicht in Abrede gestellt. -Darauf, dass die Beklagte die benötigte Lieferung von Zahlung und Bürgschaft abhängig machte, kommt es damit nicht mehr an.

2. Eine Anfechtung der Zahlung gemäß § 133 Abs. 1 InsO scheidet nach Vorstehendem ebenfalls aus. Eine Kenntnis der Beklagten von drohender Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum Zahlungszeitpunkt oder von Umständen, die zwingend hierauf schließen ließen, ist angesichts der im zeitlichen Zusammenhang mit der Zahlung vereinbarten und vereinbarungsgemäß übergebenen Bankbürgschaft, durch die ersichtlich die Kreditwürdigkeit der Schuldnerin bestätigt wurde, nicht nachweisbar.

Das Eingreifen sonstiger Anfechtungstatbestände ist nicht ersichtlich.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §708 Nr. 10, §711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Es handelt sich um die Entscheidung eines Einzelfalls.

Der Streitwert entspricht dem Wert des Zahlungsantrags, § 3 ZPO.

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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat,

1.
wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder
2.
wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.
Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit).

(2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

8
Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513 Rn. 25; Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10 m.w.N.). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, ZIP 2009, 526, 527 Rn. 13 m.w.N., z.V.b. in BGHZ). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084, 2087 Rn. 21; vgl. Fischer NZI 2008, 588, 593; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600, 605; Ganter WM 2009, 1441, 1443). Soweit frühere Entscheidungen des Senats anders verstanden werden könnten, wird daran nicht festgehalten.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

8
Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511, 1513 Rn. 25; Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZIP 2009, 189, 190 Rn. 10 m.w.N.). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urt. v. 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, ZIP 2009, 526, 527 Rn. 13 m.w.N., z.V.b. in BGHZ). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 12. Juli 2007 - IX ZR 235/03, ZIP 2007, 2084, 2087 Rn. 21; vgl. Fischer NZI 2008, 588, 593; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600, 605; Ganter WM 2009, 1441, 1443). Soweit frühere Entscheidungen des Senats anders verstanden werden könnten, wird daran nicht festgehalten.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 49/13
Verkündet am:
7. November 2013
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Tilgt der Schuldner Sozialversicherungsbeiträge über einen Zeitraum von zehn Monaten
jeweils mit einer Verspätung von drei bis vier Wochen, kann das Tatgericht zu
der Würdigung gelangen, dass der Sozialversicherungsträger allein aus diesem Umstand
nicht auf eine Zahlungseinstellung des Schuldners schließen musste.
BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13 - OLG Koblenz
LG Koblenz
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. November 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter
Dr. Fischer

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 31. Januar 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 26. Februar 2007 über das Vermögen der A. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin) am 1. Mai 2007 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Die Schuldnerin entrichtete im Zeitraum von Februar bis Dezember 2006 von ihr geschuldete Sozialversicherungsbeiträge in Höhe eines Gesamtbetrages von 15.320,91 € an die Beklagte. Die Zahlungen erfolgten einschließlich zwischenzeitlich angefallener Säumniszuschläge und Mahngebühren in einer Größenordnung von monatlich rund 1.300 € bis 2.300 €. Der Ausgleich fand, ohne dass Zahlungsrückstände verblieben, jeweils etwa drei bis vier Wochen nach Fälligkeit statt.

3
Der Kläger verlangt unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung Erstattung sämtlicher Zahlungen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist nicht begründet.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine Deckungsanfechtung (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) scheide für die Monate November und Dezember 2006 aus, weil nicht festgestellt werden könne, dass der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin positiv bekannt gewesen sei. Zwar stelle die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen ein starkes Indiz gegen eine bloße Zahlungsunwilligkeit und für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit dar. Der Kläger könne indes mangels sonstiger Beweisanzeichen einzig auf eine insgesamt zehn Monate andauernde verzögerte Zahlung der fälligen Sozialversicherungsbeiträge um regelmäßig drei bis vier Wochen abheben. Die Zahlungen seien nicht unter dem Druck der Androhung der Zwangsvollstreckung erfolgt. Die Beklagte habe keine Kenntnis vom Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber anderen Gläubigern gehabt. Die bloße Zahlungsverzögerung deute nicht zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hin, sondern lege eine bloße Zahlungsstockung nahe. Aus diesen Erwägungen greife auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) nicht durch.

II.


6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung stand.
7
1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) für die von der Schuldnerin im Zeitraum von Februar bis Oktober 2006 bewirkten Zahlungen abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
8
a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8; vom 1. Juli 2010 - IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 Rn. 9; vom 26. April 2012 - IX ZR 74/11, BGHZ 193, 129 Rn. 20; vom 10. Januar 2013 - IX ZR 28/12, NZI 2013, 253 Rn. 27). Dabei beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn. 13).
9
b) Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz, weil er weiß, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 26. April 2012, aaO Rn. 17). Erkennt der Anfechtungsgegner die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so ist er infolge der damit verbundenen Schlussfolgerung, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern , über den Benachteiligungsvorsatz unterrichtet (BGH, aaO Rn. 20).
10
c) Nach diesen Maßstäben konnte das Berufungsgericht, ohne Feststellungen zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und ihrem Benachteiligungsvorsatz treffen zu müssen, davon ausgehen, dass die Beklagte einen etwaigen Benachteiligungsvorsatz mangels Wissens um die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin jedenfalls nicht erkannt hatte.
11
aa) Im Insolvenzanfechtungsprozess ist die Erstellung einer Liquiditätsbilanz nicht erforderlich, wenn auf andere Weise festgestellt werden kann, ob der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht bezahlen konnte. Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies auch für die Insolvenzanfechtung gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 20). Kennt der Gläubiger die Zahlungseinstellung , ist aufgrund dieser gesetzlichen Vermutung auch seine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit anzunehmen. Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, WM 2009, 2229 Rn. 10) die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (§ 130 Abs. 2 InsO). Dies ist anzunehmen, wenn der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 Rn. 13).
12
bb) Das Berufungsgericht ist, ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden ist, zu der möglichen tatrichterlichen Würdigung gelangt, dass der Beklagten aufgrund der ihr bekannten Umstände ein eindeutiges Urteil dahin, dass die Schuldnerin die Zahlungen eingestellt hatte, nicht möglich war (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009 - IX ZR 201/08, WM 2009, 2322 Rn. 13).
13
(1) Die Kenntnis der Beklagten von der Liquiditätslage der Schuldnerin beschränkte sich auf den Umstand, dass diese über eine Dauer von zehn Monaten die geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge jeweils um drei bis vier Wochen verspätet gezahlt hatte. Zwar bildet die Nichtbegleichung von Sozialversicherungsbeiträgen infolge ihrer Strafbewehrtheit (§ 266a StGB) ein Beweisanzeichen , das den Schluss auf eine Zahlungseinstellung gestatten kann (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 15 mwN; vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rn. 30). In Fällen einer verspäteten Zahlung wird angenommen, dass erst eine mehrmonatige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen eine Zahlungseinstellung umfassend glaubhaft macht (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 187; vom 10. Juli 2003 - IX ZR 89/02, WM 2003, 1776, 1778; vom 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, WM 2006, 1631 Rn. 6; Beschluss vom 24. April 2008 - II ZR 51/07, ZInsO 2008, 1019 Rn. 2). Eine solche Gestaltung war vorliegend nicht gegeben, weil die Sozialversicherungsbeiträge lediglich mit einer Verzögerung von jeweils drei bis vier Wochen beglichen wurden.
14
(2) Das Beweisanzeichen ist überdies auch deshalb als nicht sehr schwerwiegend zu gewichten, weil die Zahlungsrückstände angesichts von Beträgen zwischen 1.300 € und 2.300 € mit Rücksicht auf den Umfang des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin und ihre von dem Kläger mitgeteilten Gesamt- verbindlichkeiten von mehr als 390.000 € keine besonders hohen Summen er- reichten. Auch wenn die Schuldnerin zur Tilgung der Rückstände eine Frist von drei bis vier Wochen benötigte und damit den für eine Kreditbeschaffung eröffneten Zeitraum überschritten hatte, konnte aus Sicht der Beklagten wegen der geringen Höhe der Verbindlichkeiten eine nur geringfügige Liquiditätslücke vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 20. November 2001, aaO S. 187; vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 142; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 43; vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 12; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/09, WM 2012, 1401 Rn. 32). Der Beklagten musste sich, weil die Beitragsforderungen einschließlich der Säumniszuschläge und Mahngebühren vollständig erfüllt wurden, auch nicht zwingend der Schluss aufdrängen, dass Verbindlichkeiten anderer Gläubiger unbeglichen blieben. Da der Beklagten weitere auf eine Zahlungseinstellung hindeutende Beweisanzeichen nicht geläufig waren (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 18), konnte das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung zu der Bewertung gelangen, dass sie die Zahlungsunfähigkeit und damit der Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht erkannt hatte.
15
(3) Eine Kenntnis der Beklagten von einer etwaigen (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin oder von Umständen, die zwingend auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit hätten schließen lassen (§ 130 Abs. 2, § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO), ergibt sich aus dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt ebenfalls nicht. Für die Beklagte waren auch unter Berücksichtigung ihrer eigenen, verspätet beglichenen Forderungen keine tragfähigen Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich die Schuldnerin in existenziellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand. Von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Schuldnerin hatte sie keine Kenntnis; insbesondere wusste sie nicht, dass die Schuldnerin auch anderen Gläubigern gegenüber Schulden hatte, die nicht pünktlich beglichen wurden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, WM 2013, 1361 Rn. 10).
16
2. Aus den vorstehenden Erwägungen scheidet für die Monate November und Dezember 2006 eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO aus. Infolge unveränderter tatsächlicher Gegebenheiten kann auch für den Folgezeitraum nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu den Zahlungszeitpunkten erkannt hat (§ 130 Abs. 2 InsO).

III.


17
Da sich die angefochtene Entscheidung als zutreffend erweist, ist die Revision gemäß § 561 ZPO zurückzuweisen.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer
Vorinstanzen:
LG Koblenz, Entscheidung vom 19.03.2012 - 4 O 185/11 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 31.01.2013 - 1 U 430/12 -
17
a) Für die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldnersgenügt es, wenn der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen und dem Verhalten des Schuldners bei natürlicher Betrachtungsweise den zutreffenden Schluss zieht, dass jener wesentliche Teile, also 10 v.H. oder mehr, seiner ernsthaft eingeforderten Verbindlichkeiten im Zeitraum der nächsten drei Wochen nicht wird tilgen können (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, WM 2006, 2312 Rn. 24; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 130 Rn. 25 f). Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, ZIP 2007, 1511 Rn. 25; vom 20. November 2008 - IX ZR 188/07, ZInsO 2009, 145 Rn. 10; vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253 Rn. 10). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 Rn. 13 f; BGH, Urteil vom 8. Oktober 2009, aaO Rn. 10). Zahlungsunfähigkeit ist auch dann anzunehmen, wenn der Schuldner die Zahlungen eingestellt hat. Kennt der Gläubiger die Tatsachen, aus denen sich die Zahlungseinstellung ergibt, kennt er damit auch die Zahlungsunfähigkeit. Bewertet er das ihm vollständig bekannte Tatsachenbild falsch, kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er diesen Schluss nicht gezogen hat (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 185; vom 19. Februar 2009, aaO Rn. 14). Die Feststellung der subjektiven Voraussetzungen der Anfechtung - hier der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Rechtshandlung (§ 130 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO) - obliegt dabei in erster Linie dem Tatrichter (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 2009, aaO Rn. 15; BGH, Urteil vom 17. Juni 2010 - IX ZR 134/09, ZInsO 2010, 1324 Rn. 9). Erforderlich ist auch im Blick auf die Kenntnis der aufgrund der Zahlungseinstellung vermute- ten Zahlungsunfähigkeit eine Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände, sofern aus ihnen ein zwingender Schluss auf die Kenntnis folgt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, WM 2006, 2312 Rn. 30; vom 15. Mai 2009 - IX ZR 201/08, WM 2009, 2322 Rn. 6; vom 19. Mai 2011 - IX ZR 9/10, WM 2011, 1085 Rn. 15).

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.