Oberlandesgericht München Endurteil, 26. Juli 2017 - 20 U 5009/16

published on 26.07.2017 00:00
Oberlandesgericht München Endurteil, 26. Juli 2017 - 20 U 5009/16
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Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts München I vom 12. Dezember 2016, Az. 34 O 11131/16, aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Bundesvorstands des Beklagten vom 16. April 2016 über den Ausschluss des Klägers als bundesunmittelbares Mitglied des Beklagten nichtig ist und die Mitgliedschaft des Klägers als bundesunmittelbares Mitglied beim Beklagten nicht beendet hat.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es nicht, da ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist, § 313a Abs. 1 Satz 1, § 540 Abs. 2 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten in Gestalt des in der mündlichen Verhandlung vom 26. Juli 2017 zuletzt gestellten Antrags ist begründet. Der vom Bundesvorstand des Beklagten am 16. April 2016 ausgesprochene Ausschluss des Klägers als bundesunmittelbares Mitglied aus dem Beklagten ist aus formellen Gründen nichtig. Der Bundesvorstand war nicht das für den Ausschluss eines bundesunmittelbaren Mitglieds zuständige Organ. Zuständig hierfür wäre vielmehr die Bundesmitgliederversammlung gewesen.

1. Gemäß § 32 Abs. 1 BGB werden die Angelegenheiten eines Vereins, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, grundsätzlich durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. § 40 BGB bestimmt, dass die Übertragung der Zuständigkeit zur Regelung von Angelegenheiten des Vereins durch die Satzung erfolgt.

a) Für den Ausschluss eines Mitglieds besteht nach dem Gesetz keine von der vorstehend geschilderten grundsätzlichen Zuständigkeit der Mitgliederversammlung abweichende gesetzliche Aufgabenzuweisung an den Vorstand oder ein anderes Vereinsorgan, so dass für den Ausschluss von Mitgliedern nach den gesetzlichen Vorschriften die Mitgliederversammlung zuständig ist.

b) Auch die Satzung des Beklagten enthält keine ausdrückliche Regelung zur Zuständigkeit für den Ausschluss eines bundesunmittelbaren Mitglieds. Vielmehr befasst sich der entsprechende Passus in § 5 Abs. 7 der Satzung des Beklagten unstreitig allein mit dem Ausschluss von Mitgliedern bei Gebietsgliederungen.

2. Eine Auslegung der Satzung dahingehend, dass für Fälle des Ausschlusses eines bundesunmittelbaren Mitglieds der Bundesvorstand, der in § 5 Abs. 7 der Satzung als Berufungsinstanz gegen die Ausschlussentscheidung eines Landesvorstands genannt ist, zuständig sein soll, scheidet entgegen der Ansicht des Beklagten aus.

Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei einer Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen, sofern es sich - wie hier - um eine für das Parteileben grundlegende Entscheidung handelt, erforderlich, dass aus der Satzung eine dahingehende Entscheidung des Satzungsgebers klar ersichtlich ist (BGH, Urteil vom 28. November 1988, II ZR 96/88, juris Rn. 12 mwN).

Dies ist hier offensichtlich nicht der Fall. Vielmehr wird zum einen schon die Mitgliedergruppe der bundesunmittelbaren Mitglieder in dieser Satzungsbestimmung überhaupt nicht erwähnt, zum anderen dem Bundesvorstand lediglich die Kompetenz für die Überprüfung der Ausschlussentscheidung eines Landesvorstands zugewiesen.

3. Der von dem Beklagten behauptete Verstoß gegen die Satzungsautonomie liegt schon deshalb nicht vor, weil die Satzung unstreitig keine ausdrückliche Kompetenzzuweisung an den Bundesvorstand enthält. Dass § 5 Abs. 7 der Satzung zwingend so auszulegen wäre, dass der Satzungsgeber einem Gremium, dem er ausdrücklich nicht die Zuständigkeit für die erstinstanzliche Ausschlussentscheidung übertragen hat, stillschweigend die Kompetenz für die erstinstanzliche Entscheidung über die Beendigung der Mitgliedschaft einer in der Satzungsbestimmung nicht genannten Mitgliedergruppe übertragen hätte, liegt fern.

Auch ist es dem Beklagten weiterhin unbenommen, eine von der gesetzlichen Aufgabenverteilung abweichende Satzungsbestimmung zu treffen. Eine solche allerdings liegt bisher nicht vor.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Den zurückgenommenen Antrag, auch die materielle Unwirksamkeit des Ausschlussbeschlusses festzustellen, bewertet der Senat mit lediglich € 500,00, da dieser das primäre Rechtsschutzziel nicht berührt und keine darüber hinausgehenden Rechtsfolgen herbeiführen konnte.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Der Streitwert war nach dem klägerischen Interesse an der Feststellung festzusetzen, § 3 ZPO.

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Annotations

(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist.

(2) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nicht, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten. Ist das Urteil nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.

(3) Der Verzicht nach Absatz 1 oder 2 kann bereits vor der Verkündung des Urteils erfolgen; er muss spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erklärt sein.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen oder wenn zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird.

(5) Soll ein ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe hergestelltes Urteil im Ausland geltend gemacht werden, so gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen entsprechend.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Die Angelegenheiten des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen Vereinsorgan zu besorgen sind, durch Beschlussfassung in einer Versammlung der Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, dass der Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

(2) Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.

(3) Auch ohne Versammlung der Mitglieder ist ein Beschluss gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem Beschluss schriftlich erklären.

Die Vorschriften des § 26 Absatz 2 Satz 1, des § 27 Absatz 1 und 3, , der §§ 28, 31a Abs. 1 Satz 2 sowie der §§ 32, 33 und 38 finden insoweit keine Anwendung als die Satzung ein anderes bestimmt. Von § 34 kann auch für die Beschlussfassung des Vorstands durch die Satzung nicht abgewichen werden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.