A.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
B.
Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache nur teilweise Erfolg.
I.
Das Landgericht hat zu Unrecht einen Anspruch des Klägers auf Schadenersatz aus § 7 I StVG i. Verb. m. § 115 I 1 Nr. 1 VVG im Ergebnis vollumfänglich verneint, indem es die Grundsätze zur Halterhaftung bei sog. „berührungslosen Unfällen“ nicht hinreichend berücksichtigte.
aa) Unstreitig kam es zwischen dem von der Ehefrau des Klägers zum Unfallzeitpunkt am 05.10.2017 gegen 06.00 Uhr geführten Pkw BMW 116 D, amtliches Kennzeichen …98, dessen Halter der Kläger ist und dem vom Beklagten zu 1) geführten und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw Mitsubishi, amtliches Kennzeichen …94, im Kreuzungsbereich der Nördlichen R.straße und G. Straße in I. zu keinerlei Berührung.
bb) Zunächst hat das Erstgericht nicht gegen seine Verpflichtung verstoßen, den ihm zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt auszuschöpfen und sämtlichen Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen von Amts wegen nachzugehen (vgl. BGH VersR 2004, 790; 2008, 1265; NJW-RR 2011, 428 jew. m. w. N.).
Der Kläger führt ins Feld, dass Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachenfeststellungen bestehen, da es das Landgericht unterlassen habe, ein verkehrsunfallanalytisches Sachverständigengutachten einzuholen. Durch ein solches hätte nach Ansicht des Berufungsklägers nicht nur die Geschwindigkeit sondern aufgrund des langen Auslaufs und der angerichteten Schäden an der Ampel, am Stromkasten und an einem Baum, auch die Fahrlinie des klägerischen Fahrzeugs sogar sehr genau rekonstruiert werden können, so dass genügend objektive Anhaltspunkte zur Nachvollziehbarkeit des Fahrwegs, der Auslaufbewegung und der davor erfolgten Nutzung des Fahrstreifens durch das klägerische Fahrzeug vorhanden seien. Schließlich wäre dadurch aufklärbar gewesen, welche der beiden Versionen der Parteien zur Nutzung des jeweiligen Fahrstreifens durch das klägerische Fahrzeug zutreffend seien.
Der Senat übersieht nicht, dass die Klagepartei im erstinstanzlichen Verfahren (Klageschrift vom 13.12.2017 Bl. 3 d.A.) eine verkehrsunfallanalytische Begutachtung des Unfalles beantragt hatte. Gleiches haben die Beklagten in der Klageerwiderung vom 15.02.2018 (Bl. 22 d.A.) vorgenommen. Nach der Rechtsprechung des Senats muss sich in der Regel bei bestehenden Unklarheiten ein Erstgericht zudem von Amts wegen zur Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachten gedrängt sehen (Senat NJW-Spezial 2016, 459; Urt. v. 30.06.2017 - 10 U 3545/14 [BeckRS 2017, 115492]; BGH NJW-RR 2011, 428; NZV 2000, 504; Senat, Urt. v. 14.03.2014 - 10 U 2996/13 [BeckRS 2014, 06114]). Allerdings kann in Einzelfällen der Sachverständigenbeweis ein ungeeignetes Beweismittel darstellen, wenn er die gewünschte Aufklärung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt liefern kann (BGH NJW-RR 2008, 1380; NStZ 2009, 48, dagegen umgekehrt: BGH NStZ 1995, 97). Hierfür ist die Würdigung aller Umstände des Einzelfalles und Begründung, dass dem Sachverständigen keine oder keine zureichenden Anknüpfungstatsachen zur Verfügung stehen, und solche auch unter keinen Umständen zu beschaffen sein werden (BGH, a.a.O.; NStZ 2009, 346), notwendig.
Auch wenn es das Erstgericht unterlässt, eigene Sachkunde darzulegen (vgl. BGH NJW 2015, 1311; VersR 2011, 1432; NJW-RR 2009, 35; 2007, 357; MDR 1997, 779; OLG München, Urteil v. 05.02.2014 - 3 U 4256/13 [juris, Rz. 26-28, 33]), die sich einerseits auch auf die Verfügbarkeit und Wertigkeit von Anknüpfungstatsachen erstrecken müsste (BGH NStZ 1983, 180), kann der Senat als Spezialsenat für Verkehrsunfälle aller Art in eigener Sachkompetenz feststellen, dass hier keinerlei Anknüpfungstatsachen vorhanden sind, welche für die Einholung eines Sachverständigenbeweis ausreichen würden.
Unstreitig kam es zwischen den beteiligen Fahrzeugen zu keiner Berührung. Somit fehlen zwangsläufig jegliche Spuren an den Fahrzeugen. Nicht zielführend trägt der Kläger vor, dass angesichts des Umstandes, dass vom klägerischen Fahrzeug zunächst eine Ampel und dann der mehrere Meter weiter dahinter befindliche Schaltkasten umgefahren wurde, die genaue Fahrlinie rekonstruierbar sei. Denn der Kläger übersieht, dass diese Rekonstruktion mit dem „langen Auslauf des klägerischen Fahrzeugs“ erst ab der ersten Kollision, d.h. mit der Ampel, und der Positionierung des Fahrzeugs kurz davor, beginnen kann. Es mag dann die weitere Fahrlinie bis zum Stillstand des Fahrzeugs rekonstruierbar sein. Allerdings kommt es auf diese Fahrlinie ab bzw. kurz vor der ersten schädigenden Berührung nicht an. Entscheidend ist (aus Fahrtrichtung des klägerischen Fahrzeugs betrachtet) vielmehr die Fahrlinie auf der Nördlichen R. ab Beginn der Einmündung der G. Straße und dann die weitere Fahrlinie des klägerischen Fahrzeugs im Kreuzungsbereich. Hierfür gibt es keine Spuren, da die Kollision mit einer Ampel erst am Ende des Kreuzungsbereichs erfolgt ist. Gleiches gilt für den von der Fahrzeugführerin gewählten Fahrstreifen. Es handelt sich, wie sich aus dem Luftbildausdruck auf Seite 15 der beigezogenen Strafakte 41 Js 22198/17 der Staatsanwaltschaft Ingolstadt ergibt, von der Haltelinie der Nördlichen R.straße am Beginn der Einmündung der G. Straße bis zum Ende des Kreuzungsbereichs um eine erhebliche Fahrstrecke. Diese hat in Anbetracht der insgesamt vier Spuren der G. Straße im relevanten Einmündungsbereich unter Berücksichtigung des Einmündungstrichters eine Länge von mehr als vier Pkw-Breiten. Ein Sachverständiger kann mangels vorhandener Spuren für diesen Fahrbereich auf der Nördlichen Ringstraße keinerlei Aussagen zu evtl. Lenkbewegungen des klägerischen Fahrzeugs und der damit gewählten Fahrlinie im Kreuzungsbereich, vor allem im Bereich des Einmündungsbereichs der Linksabbiegespur von der Nördlichen Ringstraße in die G. Straße (aus Fahrtrichtung des Beklagtenfahrzeugs betrachtet), treffen.
Insoweit hat das Landgericht richtig ausgeführt, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens hier entbehrlich war.
cc) Dem Erstgericht ist kein Fehler in der vom Kläger gerügten unterlassenen Anwendung der Regeln zum Anscheinsbeweis vorzuwerfen. Nach § 9 III 1 StVO muss, wer links abbiegen will, entgegenkommende Fahrzeuge durchfahren lassen. Nach der Rechtsprechung hat der Linksabbieger, wenn er seiner hiernach bestehenden Wartepflicht nicht genügt und es deshalb zu einem Unfall kommt, in der Regel, wenn keine Besonderheiten vorliegen, in vollem Umfang oder doch zumindest zum größten Teil für die Unfallfolgen zu haften, weil an eine Verletzung des Vorfahrtrechts des geradeaus Fahrenden durch den Linksabbieger ein schwerer Schuldvorwurf anknüpft, wobei für das Verschulden des Abbiegenden der Anscheinsbeweis spricht (BGH, Urteil vom 13. Februar 2007 - VI ZR 58/06 = VersR 2005, 702 f. m.w.N.).
Der Anscheinsbeweis ist als Element der Beweiswürdigung von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. etwa Senat, Urt. v. 14.02.2014 - 10 U 2815/13 [juris]; v. 14.03.2014 - 10 U 4774/13 [juris]; v. 25.04.2014 - 10 U 1886/13 [juris]), und nicht von einer Geltendmachung durch den Beweispflichtigen abhängig, wirkt allerdings nur bei „typischen Geschehensabläufen“ (BGH NZV 1996, 277; NJW 2001, 1140; Senat, Urt. v. 22.02.2008 - 10 U 4455/07 [juris]), also wenn sich unter Prüfung und Bewertung aller unstreitigen und festgestellten Einzelumstände und besonderen Merkmale des Sachverhalts nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat (BGH VersR 2007, 557; VersR 2011, 234).
Der genaue Unfallhergang ist nicht geklärt. Damit ist nicht gesichert, ob § 9 III 1 StVO überhaupt zur Anwendung kommen kann. Das Landgericht hat nach Überzeugung des Senats zu Recht eine Unaufklärbarkeit des genauen Unfallhergangs angenommenen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf die vom Senat geteilten Erwägungen des Erstgerichts verwiesen.
dd) Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts haften die Beklagten aus Betriebsgefahr. Das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 I StVG umfasst daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist, mithin dass das Fahrverhalten seines Fahrers in irgendeiner Art und Weise das Fahrmanöver des Unfallgegners beeinflusst hat bzw. dass das Kraftfahrzeug durch seine Fahrweise (oder sonstige Verkehrsbeeinflussung) zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat (vgl. BGHZ 105, 65 [66]; 107, 359 [366]; 115, 84 [86] und VersR 2005, 566 [567], BGH NJW 2017, 1173).
Die Angaben des Beklagten zu 1) sind nicht nachvollziehbar. Im Rahmen seiner Anhörung vom 16.05.2018 gab der Beklagte vor dem Erstgericht an: „Bevor ich abgebogen bin, habe ich gesehen, dass das entgegenkommende Auto so etwas wie ein Ausweichmanöver gemacht hat. … Als ich den Schlenker der Unfallgegnerin gesehen habe, war ich noch auf meiner Fahrspur.“ (vgl. Protokoll S. 2 = Bl. 43 d.A.). Dies kann aber doch nur heißen, dass der Beklagte zu 1) bereits nach seinen eigenen Angaben, ohne Berücksichtigung der Aussagen von der vom Erstgericht einvernommene Zeugin H. H., schon in Richtung nach links unterwegs war. Noch entscheidender ist dann die weitere Aussage des Beklagten zu 1): „Ich habe keinen Grund dafür gesehen, das das entgegenkommende Fahrzeug einen Schlenker macht.“ (vgl. Protokoll S. 3 = Bl. 44 d.A.). Dann habe der Beklagte zu 1) auch noch reagiert und kurz etwas ausgeholt. Weil er nicht gewusst habe, was sei, sei der Beklagte zu 1) etwas weiter rechts gefahren. Dieses Ausweichen nach rechts begründet der Beklagte zu 1) damit, dass es hätte ja sein können, dass ein Tier auf der Fahrbahn sei. Diese Erklärung des Beklagten zu 1) ist nicht glaubhaft. Vielmehr muss aus der eigenen Aussage des Beklagten zu 1) die Verkehrsbeeinflussung des Fahrverhaltens der klägerischen Fahrzeugführerin im Lichte der obergerichtlichen Rechtsprechung geschlossen werden.
ee) In Bezug auf den genauen Unfallhergang stehen sich die beiden Unfallvarianten der Unfallbeteiligten unvereinbar gegenüber. Eine Haftungsverteilung von 50: 50 ist im Falle der hier aus den oben dargestellten Gründen im Lichte der obergerichtlichen Rechtsprechung zu bejahenden Verkehrsbeeinflussung durch den Beklagten zu 1) sachgerecht. Es hat sich die von dem Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1) ausgehende Gefahr auf den Unfall ausgewirkt, das Schadensgeschehen ist durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden. Die beiden Parteien konnten ein Verschulden des jeweilig anderen Unfallfahrers nicht nachweisen, weshalb es nur bei einer Berücksichtigung der jeweiligen, hier gleich hoch zu bemessenden Betriebsgefahren verbleibt.
ff) Die Schadenshöhe ist zwischen den Parteien unstreitig. Unter Beachtung der Haftungsverteilung steht dem Kläger ein Betrag in Höhe von 7.712,56 € zu. Im Übrigen war die Klage in der Hauptsache abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen.
gg) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 I 1, 288 I BGB. Seitens des Klägers wurde unstrittig eine Zahlungsfrist bis zum 09.11.2017 gesetzt.
hh) Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 729,23 € auf Grundlage der berechtigten Klageforderung. Grundsätzlich kann ein Geschädigter, wenn sich der Schädiger oder seine Haftpflichtversicherung ernsthaft weigert, Schadensersatz zu leisten (BGH NJW 2004, 1868; NJW-RR 2011, 910 jew. m. w. N.), was auch in einem entsprechenden prozessualen Verhalten (z. B. einem Klageabweisungsantrag) liegen kann (BGH NJW-RR 2011, 910), vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten verlangen. Entgegen der Ansicht der Beklagten (vgl. Bl. 24 d.A.) muss sich der Geschädigte nicht auf einen Freistellungsanspruch nach § 257 BGB verweisen lassen (BGH NJW 1970, 1122 [wo ein Zahlungsanspruch ohne weiteres angenommen wird]; Senat AnwBl 2006, 768 f., st. Rspr., zuletzt DAR 2014, 673 f. und SP 2015, 6 f.; LG Hamburg SP 2013, 32; AG München, Urt. v. 03.04.2009 - 343 C 15534/08 [juris, dort Rz. 28]; AG Karlsruhe SP 2005, 144; AG Kaiserslautern DV 2014, 238 ff.), weil sich dieser gem. § 250 S. 2 BGB in einen Zahlungsanspruch verwandelt hat (BGH a. a. O.; LG Hamburg a. a. O.).
Nicht zielführend ist der weitere Einwand der Beklagten, wonach der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß § 86 VVG auf den Rechtschutzversicherer übergegangen sei. Die Beklagten haben in keiner Weise dargelegt, weshalb sie berechtigt davon ausgehen durften, dass der Kläger rechtschutzversichert sei.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 I 2 ZPO, 100 II, IV ZPO
III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Ersturteils und dieses Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i. Verb. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.
IV.
Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.