Oberlandesgericht München Endurteil, 12. Jan. 2018 - 10 U 1742/17

bei uns veröffentlicht am12.01.2018
vorgehend
Landgericht München I, 17 O 25391/13, 21.04.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten vom 22.05.2017 wird das Endurteil des LG München I vom 21.04.2017 abgeändert und wie folgt neugefasst:

1. Die Beklagten werden verurteilt, samtverbindlich an die Klägerin 10.312,19 € zu zahlen.

2. Der Beklagte zu 2) wird darüber hinaus verurteilt, an die Klägerin weitere 17.828,84 € zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Gerichtskosten (erster Instanz) tragen die Klägerin 37%, die Beklagten samtverbindlich 34% und der Beklagte zu 2) alleine 29%. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin (bzgl. des Verfahrens erster Instanz) tragen die Beklagten samtverbindlich 34% und der Beklagte zu 2) alleine 29%. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) (bzgl. des Verfahrens erster Instanz) trägt die Klägerin 66%. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) (bzgl. des Verfahrens erster Instanz) trägt die Klägerin 8%. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten (bzgl. des Verfahrens erster Instanz) jeweils selbst.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 31,8%, die Beklagten samtverbindlich 36,6% und der Beklagte zu 2) alleine 31,6%. Von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin bzgl. des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten samtverbindlich 36,6% und der Beklagte zu 2) alleine 31,6%. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) bzgl. des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 63,4%. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten bzgl. des Berufungsverfahrens jeweils selbst.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 2) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 28.204,03 € festgesetzt.

Gründe

A.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten aus übergegangenem Recht Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 29.05.2011 gegen 13.35 Uhr auf der BAB A99, Abschnitt 340, km 3.816, am Autobahndreieck F., Anschlussstelle L. in Richtung Autobahndreieck Süd-West.

Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz sowie der Anträge der Parteien in erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 21.04.2017 (Bl. 223/256 d.A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme der Klage überwiegend stattgegeben. Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses den Beklagten am 05.05.2017 zugestellte Urteil haben die Beklagten mit einem beim Oberlandesgericht München am 22.05.2017 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt (Bl. 267/268 d.A.) und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einem beim Oberlandesgericht München am 04.08.2017 eingegangenen Schriftsatz (Bl. 274/281 d.A.) begründet.

Die Beklagten beantragen,

Das Endurteil des Landgerichts München I vom 21.04.2017 wird mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Klage insgesamt kostenpflichtig abgewiesen wird.

Die Klägerin beantragt,

Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 21.04.2017, Az.: 17 O 25391/13, wird zurückgewiesen.

Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift, die Verfügung des Vorsitzenden vom 09.10.2017 (Bl. 282/284 d.A.), die Berufungserwiderung vom 11.12.2017 (Bl. 288/289 d. A.) sowie den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 20.12.2017 (Bl. 293/295 d.A.) Bezug genommen.

B.

I.

Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Denn das Ersturteil ist dahingehend zu beanstanden, dass die Beklagte zu 1) gem. § 115 I VVG nur hinsichtlich des auf dem eigenen Schaden des Zeugen Dr. F. beruhenden Schadensersatzanspruches, und nicht auch hinsichtlich der weiteren streitgegenständlichen Ansprüche, passiv legitimiert ist. Im Übrigen ist das angefochtene Urteil allerdings nicht zu beanstanden.

1.) Den Beklagten ist zuzustimmen, dass die Beklagte zu 1), entgegen dem Ersturteil, nicht vollumfänglich passivlegitimiert ist. Denn gem. der herrschenden, insb. auch vom BGH geteilten (vgl. z.B. Beschluss vom 27.07.2010, Az.: VI ZB 49/08, BeckRS 2010, 20590; vgl. im Übrigen Knappmann in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Aufl., § 115 VVG, Rdnr. 4 m.w.N.; Langheid in Langheid/Rixecker, Versicherungsvertragsgesetz, 5. Aufl., § 115 VVG, Rdnr. 9 m.w.N.)), und überzeugenden Meinung ist „Dritter“ i.S.d. § 115 I VVG nicht ein Mitschädiger (wie der Zeuge Dr. F.), wenn er gegenüber einem anderen Mitschädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung im Innenverhältnis einen Ausgleichsanspruch geltend macht. Dritter i.S.d. § 115 I VVG ist der Zeuge Dr. F. nur bzgl. seiner eigenen Schäden, nur insoweit kann die Klägerin ihren gem. § 86 I VVG übergegangenen Anspruch gem. § 115 I VVG direkt gegen die Beklagte zu 1) geltend machen.

Bei diesem Anspruch, welchen die Klägerin nicht nur gegen den Beklagten zu 2), sondern – samtverbindlich – auch gegen die Beklagte zu 1) geltend machen kann, handelt es sich um den Schadensersatzanspruch bzgl. der Beschädigung des vom Zeugen Dr. F. geleasten Pkws, soweit er – unter Beachtung des Quotenvorrechts – auf die Klägerin übergegangen ist. Diesbezüglich ist den Beklagten abermals dahingehend zuzustimmen, dass dieser Anspruch auf die Klägerin, entgegen dem Ersturteil, nicht i.H.v. 10.372,19 €, sondern nur i.H.v. 10.312,19 € übergegangen ist. Denn der Selbstbehalt i.H.v. 150,00 €, welchen die Klägerin nicht reguliert hat, ist nach den Regeln des Quotenvorrechts (vgl. z.B. Notthoff in Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 6. Aufl., § 2, Rdnr. 681 ff) von dem anteiligen Schadensersatzanspruch des Zeugen Dr. F. abzuziehen, so dass sich die Berechnung wie folgt darstellt: Netto-Wiederbeschaffungswert i.H.v. 27.478,99 € abzüglich Netto-Restwert i.H.v. 6.554,62 € ergibt 20.924,37 €. 20.924,37 € x 50% ergibt 10.462,19 €. 10.462,19 € abzüglich 150,00 € ergibt 10.312,19 €.

2.) Ansonsten ist das angefochtene Urteil allerdings nicht zu beanstanden. Insbesondere vermögen die übrigen von den Beklagten erhobenen Einwände nicht zu überzeugen.

a) Soweit die Beklagten – im Zusammenhang mit der Frage, ob sich die streit-gegenständlichen Kollisionen bei dem Betrieb des vom Beklagten zu 2) geführten Pkws (§§ 7 I, 18 I StVG) ereignet haben – die Beweiswürdigung des Landgerichts rügen, lässt sich der Berufungsbegründung nicht entnehmen, was daran i.S.d. § 529 I Nr. 1 ZPO zu beanstanden sein sollte, dass das Erstgericht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der Beklagten-Pkw zumindest innerhalb der mittleren Fahrspur unmittelbar vor dem Ausweichmanöver des Zeugen Dr. F. plötzlich und ruckartig um zumindest ca. 0,5 m nach links gelenkt worden war (vgl. EU S. 9 ff). So hat sogar der Beklagte zu 2) selbst eingeräumt, in seiner Fahrspur „etwas nach links gezogen“ zu sein (vgl. S. 2 des Protokolls der erstinstanzlichen Sitzung vom 28.04.2014 = Bl. 36 d.A.). Die Ausweichbewegung innerhalb seiner Fahrspur habe „vielleicht einen halben Meter“ (vgl. S. 3 des Protokolls der erstinstanzlichen Sitzung vom 26.10.2015 = Bl. 178 d.A.) betragen. Das Fahrzeug links neben ihm sei ihm „ausgewichen“ (vgl. S. 3 des o.g. Protokolls der Sitzung vom 28.04.2014 = Bl. 37 d.A.).

Das – insoweit bereits aufgrund seiner eigenen Angaben – nachgewiesene Fahrverhalten des Beklagten zu 2) stellte zwar noch keinen schuldhaften Verursachungsbeitrag dar, wohl aber begründete es eine (für den Zeugen Dr. F.) kritische Verkehrslage i.S.d. Urteils des BGH 22.11.2016, Az.: VI ZR 533/15, NJW 2017, 1173. Denn – entgegen der Ansicht der Beklagten – wäre die Verkehrslage für den klägerischen Fahrer nicht erst dann kritisch geworden, wenn der Beklagte zu 2) begonnen hätte, seine Fahrspur tatsächlich zu verlassen. Vielmehr genügte die plötzliche und ruckartige Ausweichbewegung des Beklagten zu 2) in Richtung der vom Zeugen Dr. F. genutzten Fahrspur, um sich als der Beginn eines Spurwechsels unter Missachtung des sich von hinten mit Geschwindigkeitsüberschuss annähernden klägerischen Pkws darzustellen. Auf die umfangreichen und zutreffenden Ausführungen im Ersturteil zu dieser Problematik (vgl. EU S. 12/13 = Bl. 234/235 d.A.) wird vollumfänglich Bezug genommen.

Soweit die Beklagten weiterhin die Beweiswürdigung des Erstgerichts hinsichtlich der Frage der Kausalität der kritischen Verkehrslage für das Fahrverhalten des Zeugen Dr. F. rügen, zeigen sie nicht auf, was im Einzelnen an der Feststellung des Landgerichts, das Fahrmanöver des Zeugen sei eine Reaktion auf das Fahrverhalten des Beklagten zu 2) gewesen (vgl. EU S. 13 = Bl. 235 d.A.), zu beanstanden sein sollte. So hat das Erstgericht diese Feststellung explizit keineswegs nur auf die entsprechenden Aussagen der Zeugen Dr. F. („Als Herr B. mit seinem Fahrzeug nach links gezogen ist, bin ich reflexartig dem Fahrzeug von Herrn B. nach links ausgewichen; “ vgl. S. 3 des Protokolls der erstinstanzlichen Sitzung vom 28.04.2014 = Bl. 37 d.A.) und W. („Herr Dr. F. ist seinerseits dann auch nach links ausgewichen, weil wir sonst mit dem anderen Fahrzeug kollidiert wären; “ vgl. S. 4 des o.g. Protokolls = Bl. 38 d.A.) gestützt, sondern auch auf die Aussage des Beklagten zu 2) im Rahmen seiner polizeilichen Zeugenvernehmung vom 29.05.2011 („Der auf der linken Spur nachkommende Pkw musste mir ausweichen,…; “ vgl. S. 7 der Anlage K1). Dass sich eine solche Ausweichreaktion mit den Ausführungen des unfallanalytischen Sachverständigen Dr. S. nicht vereinbaren lassen sollte, ist zudem nicht ersichtlich.

b) Weiterhin zutreffend hat das Erstgericht die Haftung des Beklagten zu 2) auf §§ 7 I, 18 I StVG gestützt. In nicht zu beanstandender Weise hat es dabei im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass die Beklagten die Verschuldensvermutung (§ 18 I 2 StVG) nicht widerlegt haben. Im Rahmen der gem. §§ 18 III, 17 I, II StVG vorzunehmenden Haftungsverteilung hat das Erstgericht abermals zutreffend keinen Verschuldensanteil des Beklagten zu 2) berücksichtigt, weil ein solcher nur vermutet, nicht aber, wie im Rahmen der Haftungsverteilung erforderlich, von der Klägerin nachgewiesen worden ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist aber selbstverständlich die allgemeine Betriebsgefahr des vom Beklagten zu 2) geführten Pkws bei der Haftungsverteilung zu berücksichtigen (vgl. auch König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 18 StVG, Rdnr. 3 m.w.N.).

c) Auch soweit das Erstgericht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es den Beklagten nicht gelungen ist, dem Zeugen Dr. F. einen schuldhaften Verursachungsbeitrag nachzuweisen, ist dies nicht zu beanstanden. Insbesondere ist die Feststellung des Landgerichts nicht zu beanstanden, dass die Ausgangsgeschwindigkeit des klägerischen Pkws nicht über ca. 150 km/h lag. Mangels Tempolimits überschritt der Zeuge Dr. F. damit nur die Richtgeschwindigkeit. Entgegen der Ansicht der Beklagten spricht auch nicht etwa der erste Anschein dafür, dass ein Fahrzeugführer, welcher die Kontrolle über den von ihm geführten Wagen verliert, mit unangepasster Geschwindigkeit i.S.d. § 3 I 1 StVO gefahren ist. Denn man muss die Geschwindigkeit nicht dermaßen reduzieren, dass man im Falle eines unvorhersehbaren plötzlichen Ausweichens die Gefahr, die Kontrolle über den Wagen zu verlieren, ausschließen kann. Jede andere Forderung würde praktisch zu einer massiven Behinderung der Verkehrsflüsse, bis hin zu ihrem völligen Stillstand, führen.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ergibt sich etwas anderes auch nicht etwa aus dem Urteil des BGH vom 19.09.1989, Az.: VI ZR 349/88, NJW 1989,3273, in dem der BGH, soweit für den hier streitgegenständlichen Fall relevant, Folgendes ausgeführt hat: „Die Fahrlässigkeit des Beklagten ergibt sich, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei dargelegt hat, nach den Grundsätzen des sog. Anscheinsbeweises. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass einem Kraftfahrer, der mit dem von ihm geführten Kraftfahrzeug von der Fahrbahn abkommt, ein bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt vermeidbarer Fahrfehler zur Last fällt (vgl. etwa Senatsurteil vom 19. November 1985 - VI ZR 176/84 - NJW-RR 1986, 383, 384 m.w.N.). Soweit in Betracht kommt, dass der Beklagte die Kontrolle über das Fahrzeug infolge Straßenglätte verloren hat, könnte dies den Anscheinsbeweis nur entkräften, wenn die Straßenglätte unvorhersehbar gewesen wäre (vgl. Senatsurteil vom 15. Mai 1971 - VI ZR 17/69 - VersR 1971, 842, 843 m.w.N.). Das war jedoch angesichts der auf die Gefahr von Glätte hinweisenden Beschilderung vor der Unfallstelle in Verbindung mit der Tages- und Jahreszeit, zu der sich der Unfall ereignet hat, nicht der Fall.“

Der BGH hat mithin nicht entschieden, dass in jedem Fall des Abkommens von der Fahrbahn dem ersten Anschein nach ein Fahrfehler des Betroffenen vorangegangen sein muss. Insbesondere hat er dies nicht für den hier streitgegenständlichen Sachverhalt befunden, bei welchem sich das Abkommen von der Fahrbahn als Folge einer Ausweichbewegung auf eine plötzliche und ruckartige Ausweichbewegung eines Dritten darstellt. In einem solchen Fall fehlt es vielmehr bereits an der für die Anwendung des Anscheinsbeweises erforderlichen Typizität, so dass es auf die erst sekundär zu prüfende Problematik der Erschütterung des Anscheinsbeweises, wofür die Klägerin die Beweislast trüge, nicht ankommt.

d) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Ersturteil weiterhin auch insoweit zutreffend, als es allein aufgrund der Überschreitung der Richtgeschwindigkeit (130 km/h) um ca. 20 km/h noch von keiner Erhöhung der Betriebsgefahr des klägerischen Pkws ausgeht. Vielmehr entspricht dies der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. das bereits im Ersturteil zitierte Urteil vom 02.02.2007, Az.: 10 U 4976/06, BeckRS 2007, 1330).

e) Soweit die Beklagten schließlich die Ausführungen im Ersturteil bzgl. der Problematik der Kosten des Feuerwehreinsatzes beanstanden, lässt die Be-rufungsbegründung eine Auseinandersetzung mit den im Ersturteil zutreffend zitierten Urteilen des OLG Brandenburg vom 04.11.2010, Az.: 12 U 53/10. BeckRS 2010, 27863, und des BGH vom 15.10.2013, Az.: VI ZR 471/12, NJOZ 2014, 976, vermissen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb diese Entscheidungen hier nicht einschlägig sein sollten und weshalb ihnen nicht zu folgen sein sollte.

4.) Die Kostenentscheidung (bzgl. der Kosten des Verfahrens erster Instanz) beruht auf §§ 92 I 1, 100 IV ZPO und entspricht den Regeln der Baumbachschen Formel (vgl. hierzu z.B. Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 100 ZPO, Rdnr. 5 ff).

II.

Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

III.

Auch die Kostenentscheidung (bzgl. der Kosten des Berufungsverfahrens) folgt aus §§ 92 I 1, 100 IV ZPO. Abermals war die Baumbachsche Formel anzuwenden.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO. Nur dem Beklagten zu 2), nicht auch der Klägerin bzw. der Beklagten zu 1), steht die Abwendungsbefugnis gem. § 711 ZPO zu, weil nur seine Beschwer (28.144,03 €), und nicht auch die der Klägerin (17.951,84 €) bzw. der Beklagten zu 1) (10.312,19 €), den Betrag i.H.v. 20.000,00 € gem. § 26 Nr. 8 EGZPO übersteigt.

V.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen (insb., wie ausgeführt, auch nicht von dem o.g. Urteil des BGH vom 19.09.1989), kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

VI.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 II 1, 47 I 1, 40, 48 I 1 GKG, 3 ff ZPO.

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In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2010 - VI ZB 49/08

bei uns veröffentlicht am 27.07.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 49/08 vom 27. Juli 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja PflVG § 3 Nr. 1 a.F. a) Eine Direkthaftung nach § 3 Nr. 1 PflVG a.F. ist für Regressansprüche selbst haftpflichtig

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2016 - VI ZR 533/15

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 533/15 Verkündet am: 22. November 2016 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 49/08
vom
27. Juli 2010
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Direkthaftung nach § 3 Nr. 1 PflVG a.F. ist für Regressansprüche selbst haftpflichtiger
Schädiger gegen ihnen zum Ausgleich verpflichtete Mitschädiger nicht
gegeben.

b) Wird ein Schädiger über seine interne Haftungsquote hinaus von Geschädigten in
Anspruch genommen, so stellt dies keinen Schaden dar, der den Schutz des
Pflichtversicherungsgesetzes genießt. Er ist vielmehr auf einen Regress nach allgemeinen
Regeln gegen den oder die Mitschädiger beschränkt (im Anschluss an
Senatsurteil BGHZ 177, 141, 144 f.).
BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - VI ZB 49/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Juli 2010 durch den Vorsitzenden
Richter Galke, die Richter Zoll und Wellner sowie die Richterinnen
Diederichsen und von Pentz

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 26. Juni 2008 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird auf bis zu 6.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten über die Kostentragung nach Erledigung der Hauptsache.
2
Am 28. September 2005 füllte der Fahrer eines Tanklastzuges an der E. Tankstelle in G. den angelieferten Dieselkraftstoff in den Erdtank für Superbenzin und das Superbenzin in den Tank für Dieselkraftstoff. Hierdurch kam es zu Motorschäden an Fahrzeugen von Tankstellenkunden. Für den Tankstellenbetrieb bestand bei der Klägerin eine Betriebshaftpflichtversicherung, die für die Schäden der Kunden aufkam. Der Tanklastzug war bei der Beklagten kraftfahrzeughaftpflichtversichert.
3
Mit der Klage hat die Klägerin von der Beklagten Ersatz der aufgewendeten rund 65.600 € und Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden aus übergegangenem Recht verlangt, den Rechtsstreit aber nach Zahlung der Klagesumme für erledigt erklärt. Dem hat die Beklagte zugestimmt und um eine Kostenentscheidung (§ 91a ZPO) gebeten. Das Landgericht und das Oberlandesgericht (OLGR Hamburg 2008, 895) haben der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

II.

4
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
5
1. Das Beschwerdegericht meint, der Klägerin stehe kein Anspruch aus §§ 7, 18 StVG i.V.m. § 3 PflVG a.F. zu, weil der Schaden nicht "bei Betrieb" eines Kraftfahrzeugs im Sinne dieser Bestimmungen entstanden sei. Die Beklagte hafte auch nicht aus § 3 PflVG a.F. i.V.m. anderen Haftungsnormen, weil der eingetretene Schaden nicht unter § 10 AKB falle. Er sei nicht "durch den Gebrauch" des versicherten Kraftfahrzeugs "verursacht" worden. Beruhe nämlich der Schaden allein oder überwiegend auf einer unabhängig von der Funktionsfähigkeit oder Bedienung des Fahrzeugs liegenden Ursache, verwirkliche sich keine fahrzeugtypische Gefahr. Zur höchstrichterlichen Klärung sei aber die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft, weil das Beschwerdegericht sie zugelassen hat und das Rechtsbeschwerdegericht an diese Zulassung gebunden ist. Allerdings hätte es sie nicht zulassen dürfen, weil die Rechtsbeschwerde gegen Kostenentscheidungen nach § 91a ZPO nicht geeignet ist, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es wie hier um Fragen des materiellen Rechts geht. Die Kostenentscheidung nach übereinstimmender Erledigungserklärung ergeht nach "billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes" und erfordert nur eine summarische Prüfung, bei der das Gericht auch im Rechtsbeschwerdeverfahren grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache alle für den Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen abzuhandeln (BGH, Beschluss vom 17. März 2004 - IV ZB 21/02 - VersR 2004, 1578 m.w.N.). Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
7
3. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klägerin im Ergebnis zu Recht die Kosten des Rechtsstreits auferlegt , weil ihr etwaige Schadensausgleichsansprüche jedenfalls nicht gegen die Beklagte zustehen. Auf die Zulassungsfrage kommt es nicht an.
8
a) Die Klägerin hat weder aus eigenem noch aus übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers einen Direktanspruch gemäß § 3 Nr. 1 PflVG i.V.m. § 67 VVG in den jeweils anzuwendenden, bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassungen (künftig: a.F.) gegen die Beklagte.
9
Eine Direkthaftung nach § 3 Nr. 1 PflVG a.F. ist für Regressansprüche selbst haftpflichtiger Schädiger gegen ihnen zum Ausgleich verpflichtete Mitschädiger nicht gegeben. Das Pflichtversicherungsgesetz dient, insbesondere durch Gewährung des Direktanspruchs, dem Schutz von Unfallopfern, nicht dem der Schädiger. Letztere sind daher nicht Dritte im Sinne dieser Vorschrift. Wird ein Schädiger über seine interne Haftungsquote hinaus von Geschädigten in Anspruch genommen, so stellt dies keinen Schaden dar, der den Schutz des Pflichtversicherungsgesetzes genießt. Er ist vielmehr auf einen Regress nach allgemeinen Regeln gegen den oder die Mitschädiger beschränkt (BGHZ 177, 141, 144 f. m. zahlr. N.; Schwintowski/Brömmelmeyer/Huber, Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht § 115 Rn. 26). Dies gilt entsprechend für einen hinter dem Mitschädiger stehenden Versicherer.
10
b) Auch gesamtschuldnerische Ausgleichsansprüche kann die Klägerin weder aus eigenem noch aus übergegangenem Recht geltend machen.
11
aa) Zwischen der Betriebshaftpflichtversicherung einerseits und der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung andererseits kam kein Gesamtschuldverhältnis zustande. Selbst wenn beide Versicherer den Schaden der Geschädigten zu ersetzen und damit eine identische Leistung zu erbringen hätten, würden sie nicht demselben Gläubiger, sondern jeweils ihren Versicherungsnehmern aufgrund der Versicherungsverträge leisten. Im Übrigen kann dahingestellt bleiben , ob ein Gesamtschuldverhältnis zwischen zwei Direktansprüchen ausgesetzten Versicherern entsteht (vgl. Prölss/Martin/Knappmann, VVG, 27. Aufl., § 3 Nr. 1, 2 PflVersG Rn. 11; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 4. Aufl., § 15 Rn. 37; Lemke, r + s 2009, 45, 56), denn gegen die Betriebshaftpflichtversicherung ist gesetzlich kein Direktanspruch eingeräumt.
12
bb) Ebenso wenig kam zwischen der Tankstellenbetreiberin und der Beklagten ein Gesamtschuldverhältnis zustande. Zwar haftet der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer nach § 3 Nr. 2 PflVG a.F. (§ 115 Abs. 1 VVG 2008) neben dem Versicherungsnehmer beziehungsweise Versicherten gesamtschuldnerisch. Dies gilt aber nicht hinsichtlich außerhalb des Versicherungsverhältnisses stehender weiterer Gesamtschuldner, wie hier der Tankstellenbetreiberin (vgl. Prölss/Martin/Knappmann, aaO Rn. 4, 10 m.w.N). Ihnen gegenüber fehlt die für eine Gesamtschuld zu fordernde Gleichstufigkeit der Verpflichtungen (Senat, Urteil vom 28. November 2006 - VI ZR 136/05 - VersR 2007, 198, 199; Schwintowski /Brömmelmeyer, aaO Rn. 28; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl. § 421 Rn. 7).
13
cc) Es bestehen auch keine gemäß §§ 412, 401 BGB analog übergegangenen Ausgleichsansprüche. Zwar kommt zwischen Mitschädigern ein Gesamtschuldverhältnis zustande, so dass bei Übergang der Gläubigerforderung nach § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB auch §§ 412, 401 (analog) BGB anzuwenden sind. Die Versicherungsansprüche des Tanklastzughalters beziehungsweise -fahrers gegen die Beklagte stellen jedoch keine Nebenrechte im Sinne des § 401 BGB (analog) dar, die zusammen mit den Ansprüchen der Geschädigten gegen Halter und Fahrer gemäß § 426 Abs. 2 BGB auf die Tankstellenbetreiberin und über § 67 VVG a.F. auf die Klägerin hätten übergehen können. Es handelt sich vielmehr um selbständige Rechte, die zudem nicht aus demselben Schuldverhältnis stammen, da die Versicherungsansprüche in den Versicherungsverhältnissen , die Ausgleichsansprüche nach § 426 BGB in einer gesamtschuldnerischen Verantwortlichkeit für die Schäden wurzeln.
14
Zwar hat der Senat im Urteil vom 28. November 2006 (- VI ZR 136/05 - aaO) einen Übergang gesamtschuldnerischer Verpflichtungen entsprechend § 401 BGB bei einem Schadensausgleichsanspruch eines Versicherers nicht ausgeschlossen. Wie bereits ausgeführt (s. II. 2. b) bb)) ordnet § 3 Nr. 2 PflVG a.F. eine Gesamtschuld zwischen Halter beziehungsweise Fahrer einerseits und der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung andererseits aber nur im Verhältnis zu den Geschädigten, nicht aber zu außerhalb des Versicherungsverhältnis- ses stehenden Mitschädigern an. Jedenfalls dies stünde einem Anspruchsübergang nach §§ 412, 401 BGB analog auf Mitschädiger entgegen. Galke Zoll Wellner Diederichsen von Pentz
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.02.2008 - 331 O 182/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 26.06.2008 - 15 W 4/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 533/15 Verkündet am:
22. November 2016
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei einem berührungslosen Unfall ist Voraussetzung für die Zurechnung des Betriebs
eines Kraftfahrzeugs zu einem schädigenden Ereignis, dass es über seine
bloße Anwesenheit an der Unfallstelle hinaus durch seine Fahrweise oder sonstige
Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat (Festhaltung
, Senatsurteil vom 21. September 2010 - VI ZR 263/09).
BGH, Urteil vom 22. November 2016 - VI ZR 533/15 - OLG Hamm
LG Paderborn
ECLI:DE:BGH:2016:221116UVIZR533.15.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2016 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Offenloch und die Richterinnen Dr. Oehler, Dr. Roloff und Müller
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. August 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten nach einem Verkehrsunfall auf Schmerzensgeld , Schadensersatz und Feststellung bei einer Haftungsquote von 75 % in Anspruch.
2
Am 10. April 2011 fuhr der Kläger auf seiner Ducati S 2 auf der B 83 von Beverungen Richtung Werden, wobei er dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Motorrad der Beklagten zu 1 folgte. Die Beklagte zu 1 überholte unter Inanspruchnahme der Gegenfahrbahn den Pkw des Zeugen B. Der Kläger wollte sowohl die Beklagte zu 1 als auch den Pkw überholen. Er fuhr weiter außen auf der Gegenfahrbahn und geriet, ohne dass es zu einer Fahrzeugbe- rührung gekommen wäre, in das Bankett. Dort verlor er die Kontrolle, stürzte und verletzte sich schwer.
3
Der Kläger behauptet, er habe die noch hinter dem Pkw des Zeugen B. fahrende Beklagte zu 1 fast schon überholt gehabt, als diese plötzlich ohne Schulterblick und Blinksignal nach links ausgeschert sei, und den Kläger zu einem kontinuierlichen Ausweichen nach links gezwungen habe. Die Beklagten tragen vor, die Beklagte zu 1 habe ordnungsgemäß den Pkw des Zeugen B. überholt und sei kurz vor dem Einscheren nach rechts von dem Kläger in zweiter Reihe verkehrsordnungswidrig überholt worden. Dabei sei er dem linken Fahrbahnrand zu nahe gekommen, ohne dass die Fahrweise der Beklagten zu 1 dazu Veranlassung gegeben habe.
4
Das Landgericht hat durch Grund- und Teilurteil die Haftung der Beklagten dem Grunde nach zu 50 % festgestellt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das Urteil auf die Berufung der Beklagten aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Anschlussberufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , der Kläger habe keinen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG, weil sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen lasse, dass der ihm entstandene Schaden dem Betrieb des Motorrads der Beklagten zu 1 zuzurechnen sei. Ein offenes Beweisergebnis gehe hierbei zu Lasten des Klägers. Er habe nicht den Beweis geführt, dass ein Sach- und Personenschaden adäquat kausal "bei dem Betrieb" des Motorrads der Beklagten zu 1 entstanden sei.
6
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" zwar grundsätzlich weit auszulegen und umfasse alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Ausreichend sei, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr verwirklicht habe und das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden sei. Erforderlich sei aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt werde, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handele, hinsichtlich derer der Verkehr schadlos gehalten werden müsse. Die Schadensfolge müsse in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden sei. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr komme es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs stehe.
7
Ausgehend von diesen Grundsätzen könne die Betriebsgefahr des Motorrads der Beklagten zu 1 nicht dem Schadensereignis zugerechnet werden. Die Zurechnung scheitere zwar nicht schon daran, dass sich die beiden Motorräder nicht berührt hätten. Es lasse sich aber nicht feststellen, dass die Fahrweise der Beklagten zu 1 in einem engen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang auf die Schadensentstehung hingewirkt habe. Allein der Umstand, dass sich die Beklagte zu 1 wegen ihres eigenen Überholmanövers überhaupt auf der Gegenfahrbahn aufgehalten habe, habe keine Reaktion des Klägers im Sinne der angeführten Rechtsprechung ausgelöst.
8
Der Kläger habe nicht den Beweis geführt, dass er nur deshalb auf der Gegenfahrbahn weiter zum Fahrbahnrand geraten sei, weil er dabei auf eine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung der Beklagten zu 1 reagiert und neben dem eigentlichen Überholmanöver eine zusätzliche Ausweich- oder Abwehrreaktion vorgenommen habe. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Fahrlinie des Klägers allein auf seinem aktiven Entschluss beruht habe, die bereits im Gegenverkehr befindliche Beklagte zu 1 in einem Bogen zu umfahren, womit das Motorrad der Beklagten zu 1 ebenso wie das überholte Fahrzeug des Zeugen B. einfach nur auf der Straße gewesen wären. Die erstinstanzlich vernommenen Zeugen hätten weder die Darstellung des Klägers noch diejenige der Beklagten bestätigt. Sie hätten die beiden Motorräder erst zur Kenntnis genommen , als sie bereits nebeneinander auf Höhe des Fahrzeugs des Zeugen gewesen seien. Die Einleitung des jeweiligen Überholmanövers hätten sie daher nicht beschreiben können. Der vom Kläger behauptete Unfallhergang sei auch nicht durch das eingeholte schriftliche Sachverständigengutachten bewiesen. Die zeitliche Abfolge der Fahrmanöver habe sich mangels aussagekräftiger Unfallspuren nicht näher aufklären lassen, so dass sich zwar der Unfall dargestellt haben könne wie vom Kläger geschildert, aber die ebenfalls mögliche Unfallvariante der Beklagten nicht ausgeschlossen sei.

II.

9
Das hält den Rügen der Revision im Ergebnis nicht stand.
10
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Halterhaftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG und die Haftung des Fahrers aus vermutetem Verschulden gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 18 StVG nicht eingreifen, wenn ein in Betrieb befindliches Kraftfahrzeug lediglich an der Unfallstelle anwesend ist, ohne dass es durch seine Fahrweise (oder sonstige Verkehrsbeeinflussung) zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat.
11
a) Das Haftungsmerkmal "bei dem Betrieb" ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist. Ob dies der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden. An diesem auch im Rahmen der Gefährdungshaftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn die Schädigung nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will (Senatsurteil vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04, VersR 2005, 992, 993 unter II 1 a mwN).
12
Für eine Zurechnung zur Betriebsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht. Allerdings hängt die Haftung gemäß § 7 StVG nicht davon ab, ob sich der Führer des im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs verkehrswidrig verhalten hat, und auch nicht davon, dass es zu einer Kollision der Fahrzeuge gekommen ist (Senatsurteil vom 26. April 2005, aaO mwN).
13
Diese weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" entspricht dem weiten Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG und findet darin ihre innere Rechtfertigung. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist sozusagen der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kfz - erlaubterweise - eine Gefahrenquelle eröffnet wird, und will daher alle durch den KfzVerkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kfz entstanden, wenn sich von einem Kfz ausgehende Gefahren ausgewirkt haben (Senatsurteil vom 26. April 2005, aaO mwN).
14
Allerdings reicht die bloße Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs an der Unfallstelle für eine Haftung nicht aus. Insbesondere bei einem sogenannten "Unfall ohne Berührung" ist daher Voraussetzung für die Zurechnung des Betriebs des Kraftfahrzeugs zu einem schädigenden Ereignis, dass über seine bloße Anwesenheit an der Unfallstelle hinaus das Fahrverhalten seines Fahrers in irgendeiner Art und Weise das Fahrmanöver des Unfallgegners beeinflusst hat (Senatsurteile vom 22. Oktober 1968 - VI ZR 178/67, VersR 1969, 58; vom 29. Juni 1971 - VI ZR 271/69, VersR 1971, 1060; vom 11. Juli 1972 - VI ZR 86/71, NJW 1972, 1808 unter II 1 c), mithin, dass das Kraftfahrzeug durch seine Fahrweise (oder sonstige Verkehrsbeeinflussung) zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat (Senatsurteile vom 19. April 1988 - VI ZR 96/87, VersR 1988, 641 unter 1 a; vom 21. September 2010 - VI ZR 263/09, VersR 2010, 1614 Rn. 5; Galke, zfs 2011, 2, 5, 63; Laws/Lohmeyer /Vinke in Freymann/Wellner, jurisPK-StrVerkR 2016, § 7 StVG Rn. 37; Schwab, DAR 2011, 11, 13; Bachmeier in Lütkes/Bachmeier/Müller/Rebler, Straßenverkehr, Stand April 2016, § 7 StVG Rn. 173; Burmann in Burmann/ Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl., § 7 Rn. 13; Eggert in Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts, 6. Auflage, § 2 A Rn. 77 ff.; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 7 StVG Rn. 10).
15
b) So liegt es - jedenfalls nach den bisher von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen - hier aber nicht. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht - anders als das Berufungsgericht in der der Senatsentscheidung vom 21. September 2010 (VI ZR 263/09, aaO) zugrundeliegenden Fallgestaltung - nicht feststellen können, dass der Unfall - auch nur mittelbar - durch die Fahrweise (oder sonstige Verkehrsbeeinflussung) des Motorrads der Beklagten zu 1 verursacht worden ist. Entgegen der Ansicht der Revision genügt dafür der Umstand, dass die Beklagte zu 1 zeitlich parallel zu dem Unfallgeschehen ein Überholmanöver vorgenommen hat und der Kläger selbst nach dem Vorbringen der Beklagten einen Bogen gefahren ist, um in zweiter Reihe zu überholen, allein nicht.
16
aa) Jedes im Betrieb befindliche und an der Unfallstelle (lediglich) anwesende Fahrzeug nimmt parallel zu dem Unfallgeschehen ein - wie auch immer geartetes Fahrmanöver - vor. Aus diesem Grund kann der Unfall immer auch auf die Verkehrssituation in ihrer Gesamtheit zurückgeführt werden. Hier wäre der Unfall zwar auch nach dem Vorbringen der Beklagten ohne das Überholmanöver der Beklagten zu 1 nicht geschehen, weil die Fahrlinie des Klägers dann möglicherweise eine andere gewesen wäre. Das reicht indes für den gemäß § 7 Abs. 1 StVG erforderlichen Zurechnungszusammenhang nicht aus, weil die Zurechnung von dem Unfallgeschehen selbst nicht gelöst werden kann.
17
(1) Es ist im Straßenverkehrsrecht anerkannt, dass maßgeblicher Zeitpunkt für Ursächlichkeit und Zurechnungszusammenhang der Eintritt der konkreten kritischen Verkehrslage ist, die unmittelbar zum Schaden führt. Die kritische Verkehrslage beginnt für einen Verkehrsteilnehmer dann, wenn die ihm erkennbare Verkehrssituation konkreten Anhalt dafür bietet, dass eine Gefahrensituation unmittelbar entstehen kann (Senatsurteile vom 25. März 2003 - VI ZR 161/02, VersR 2003, 783, 784; vom 1. Dezember 2009 - VI ZR 221/08, VersR 2010, 642 Rn. 16, 21). Das gilt auch für die Gefährdungshaftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., Einleitung Rn. 101; § 7 StVG Rn. 13; § 17 Rn. 17).
18
(2) Nach diesen Grundsätzen war - den Vortrag der Beklagten zugrunde gelegt - eine kritische Verkehrslage durch den von der Beklagten zu 1 vorgenommenen Überholvorgang (allein) noch nicht eingetreten. Eine kritische Verkehrslage entstand frühestens dann, als der Kläger sich gleichzeitig mit ihr auf die Gegenfahrbahn begab. Auch dieser Umstand kann der Beklagten zu 1 indes nicht zugerechnet werden. Denn es stellt keine typische Gefahr eines Überholvorgangs dar, dass rückwärtiger Verkehr diesen seinerseits zum Überholen in zweiter Reihe nutzt und dabei - ohne dass eine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung des Überholenden dazu Anlass gegeben hätte - ins Schlingern gerät. Allein der Umstand, dass die Beklagte zu 1 überholte, reicht daher nicht aus, um eine im Rahmen des § 7 Abs. 1 StVG relevante Ursächlichkeit ihrer Fahrweise (oder sonstigen Verkehrsbeeinflussung) für den Unfall zu bejahen.
19
Wäre dies anders, würde letztlich die bloße Anwesenheit eines in Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs in der Nähe der Unfallstelle für eine Haftung gemäß § 7 Abs. 1 StVG genügen. Dies führte zudem zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten , weil nicht nur die das Überholmanöver vornehmende Beklagte zu 1, sondern auch der Zeuge B. mit seinem Kraftfahrzeug die Verkehrssituation gleichermaßen (mit-)geprägt hat. Auch diesem ist der Kläger - unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten - durch sein Überholmanöver letztlich "ausgewichen".
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bb) Insofern liegt es hier nach den (bisherigen) Feststellungen des Berufungsgerichts anders als in den bisher von dem Senat entschiedenen Fällen, in denen stets eine Verursachung des Unfalls durch eine wie auch immer geartete Verkehrsbeeinflussung des gegnerischen Fahrzeugs festgestellt war. So geht auf einer Bundesautobahn von einem verhältnismäßig sperrigen und langsam überholenden Fahrzeug oder auch nur einem Fahrverhalten, das als Beginn des Überholvorgangs oder seine Ankündigung aufgefasst werden kann, eine typische Gefahr für auf der Überholfahrbahn nachfolgende schnellere Verkehrsteilnehmer aus, die durch eine misslingende Abwehrreaktion zu Schaden kommen (Senatsurteil vom 29. Juni 1971, aaO). Eine typisch mit dem Betrieb eines Sattelschleppers verbundene Gefahr wirkt sich aus, wenn ein von diesem überholter Fahrer eines Motorfahrrades unsicher wird und deshalb stürzt (Senatsurteil vom 11. Juli 1972 - VI ZR 86/71, aaO unter II 1 c). In zurechenbarer Weise durch ein Kraftfahrzeug (mit-)veranlasst ist ein Unfall bei seinem Herannahen an entgegenkommenden Fahrradverkehr, wenn der Verkehrsraum zu eng zu werden droht und einer der Fahrradfahrer bei einem Ausweichmanöver stürzt (Senatsurteil vom 19. April 1988 - VI ZR 96/87, aaO unter 1 b). Selbst ein Unfall infolge einer voreiligen - also objektiv nicht erforderlichen - Abwehr- und Ausweichreaktion ist dem Betrieb des Kraftfahrzeugs zuzurechnen, das diese Reaktion - im Streitfall durch einen kleinen Schlenker aus seiner Fahrspur hinaus - ausgelöst hat (Senatsurteil vom 26. April 2005 - VI ZR 168/04, aaO unter II 1 b). Dagegen rechtfertigt die bloße Anwesenheit eines anderen im Betrieb befindlichen Fahrzeugs an der Unfallstelle für sich allein noch nicht die Annahme, dass ein in seinem Ablauf ungeklärter Unfall bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs entstanden ist (Senatsurteil vom 22. Oktober 1968 - VI ZR 178/67, VersR 1969,

58).

21
2. Zu Recht rügt aber die Revision, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung den von den Beklagten geschilderten Unfallhergang zugrunde gelegt hat, ohne sich mit den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen ausreichend auseinanderzusetzen, § 286 ZPO.
22
a) Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten , an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., Senatsurteil vom 16. April2013 - VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 13 mwN).
23
b) Einen solchen Fehler zeigt die Revisionsbegründung hier im Hinblick auf die Feststellungen des Berufungsgerichts auf. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung den von den Beklagten geschilderten Unfallhergang zugrunde gelegt und gemeint, der insoweit darlegungs- und beweisbelastete (§ 7 Abs. 1 StVG) Kläger habe den von ihm behaupteten Geschehensablauf nicht beweisen können. Es ist daher davon ausgegangen, dass das Fahrverhalten des Klägers durch die Beklagte zu 1 in keiner Weise beeinflusst worden sei. Dabei hat es indes den Prozessstoff und die Beweisergebnisse nicht ausgeschöpft.
24
aa) Zwar hatte das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision keinen Anlass, die Zeugen gemäß § 398 Abs. 1 ZPO erneut zu vernehmen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - IV ZR 130/05, NJW 2007, 372, 374 mwN; Voit in Musielak, ZPO, 13. Aufl. 2016, § 529 Rn. 14 f.). Sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht gehen davon aus, dass die Zeugenaussagen für die maßgebliche Frage, ob der Kläger aufgrund des Fahrverhaltens der Beklagten zu 1 ein Ausweichmanöver durchgeführt hatte, unergiebig sind.
25
bb) Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung aber - wie die Revision zu Recht rügt - eine wesentliche Aussage des Sachverständigen unbeachtet gelassen. Der Sachverständige hat ausgeführt, die Spurenlage lasse ein Ausweichmanöver des Klägers aus dem linken Randbereich der linken Fahrbahn (Gegenfahrbahn) weiter nach links mit Einleitung einer Notbremsung erkennen. Das Landgericht hatte, ohne dies zu hinterfragen, festgestellt, der Kläger sei durch das Fahrzeug der Beklagten zu 1 zu einem Ausweichmanöver veranlasst worden.
26
Vor diesem Hintergrund durfte das Berufungsgericht nicht ohne ergänzende Beweisaufnahme wie etwa einer Anhörung des Sachverständigen und gegebenenfalls einer erneuten Anhörung der Parteien in Anwesenheit des Sachverständigen davon ausgehen, dass der Überholvorgang des Klägers durch den der Beklagten zu 1 in keiner Weise beeinflusst worden sei (vgl. Senatsurteil vom 21. September 2010 - VI ZR 263/09, aaO Rn. 8). Dies gilt umso mehr, als die aus der Sicht des Berufungsgerichts entscheidungserhebliche Frage des Vorliegens eines Ausweichmanövers in erster Instanz weder für den Sachverständigen noch für das Gericht von maßgeblicher Bedeutung gewesen ist.

III.

27
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben und mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Galke Offenloch Oehler Roloff Müller
Vorinstanzen:
LG Paderborn, Entscheidung vom 08.10.2014 - 3 O 60/13 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 07.08.2015 - I-11 U 186/14 -

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.