Oberlandesgericht München Beschluss, 28. Jan. 2016 - 4 UF 1698/15

bei uns veröffentlicht am28.01.2016

Tenor

I.

Die Beschwerde der ... gegen den Endbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Augsburg vom 23.11.2015 wird zurückgewiesen.

II.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Verfahrenswert wird für das Verfahren I. Instanz in Abänderung der Ziffer 3. des Endbeschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Augsburg vom 23.11.2015 und für das Beschwerdeverfahren auf jeweils 1.000,00 € festgesetzt.

IV.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I. Die Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin wurde durch Endbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Augsburg vom 27.09.2013 (410 F 2267/11) geschieden. Dabei hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich u. a. dahingehend durchgeführt, dass im Wege der internen Teilung zulasten des Anrechts des Antragstellers bei der ... zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 28,9206 Entgeltpunkten auf deren vorhandenes Konto bei der ... übertragen wurde.

Der Antragsteller bezieht ab dem 01.09.2015 eine Altersrente, die sich nach der Kürzung durch den Versorgungsausgleich auf brutto (OLG Nürnberg FamRZ 12, 1061; OLG Frankfurt FamRZ 14, 1116) 1.232,80 € und ohne dieselbe auf 1.934,18 € beliefe.

Mit Endbeschluss vom 23.11.2015 hat das Amtsgericht die Kürzung des Anrechts des Antragstellers bei der ... für den Zeitraum vom 01.09. bis 31.12.2015 in Höhe von 220,00 € monatlich, für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2016 in Höhe von monatlich 200,00 € und für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.09.2017 in Höhe von 150,00 € monatlich ausgesetzt, nachdem sich der Antragsteller mit gerichtlich protokolliertem auf Vorschlag des Gerichts geschlossenem Vergleich vom 23.10.2015 zur Zahlung entsprechender Unterhaltsbeträge an die Antragsgegnerin verpflichtet hatte.

Dabei führte das Amtsgericht aus, die zeitliche Begrenzung der Aussetzung der Kürzung beruhe darauf, dass die Beteiligten sich einig seien, dass mit Eintritt des Rentenalters der Antragsgegnerin kein Unterhaltsanspruch mehr bestehe.

Die ... rügt mit ihrer Beschwerde die Befristung der Aussetzung der Kürzung, weil die Anpassungsvoraussetzungen zu einem früheren Zeitpunkt wegfallen könnten.

Der Antragsteller trägt vor, die Antragsgegnerin könne vor dem Ende der Befristung keine Regelaltersrente beantragen. Bei einem vorzeitigen Tod der Antragsgegnerin könne der Antragsteller sogar einen völligen Wegfall der Kürzung erreichen. Bei einer Wiederheirat der Antragsgegnerin würde der Unterhalt zwar entfallen. Die Antragsgegnerin würde dann aber sicher unverzüglich einen Antrag auf Wegfall der Aussetzung stellen.

Die Antragsgegnerin schließt sich den Ausführungen der ... an.

II. Die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben, § 58 Abs. 1, § 59 Abs. 1, § 63 Abs. 1, § 64 Abs. 1 u. 2 FamFG, bleibt in der Sache aber ohne Erfolg.

1. Bei dem Anrecht des Antragstellers bei der ... handelt es sich um ein anpassungsfähiges Anrecht, § 32 Nr. 1 VersAusglG.

2. Die Aussetzung der Rentenkürzung ist beschränkt durch die Rentenkürzung selbst, aber auch auf die Höhe des Unterhaltsanspruchs, den der ausgleichsberechtigte Ehegatte bei ungekürzter Versorgung hätte, § 33 Abs. 1 u. 3 VersAusglG.

Unbeanstandet und beanstandungsfrei hat das Amtsgericht insoweit festgestellt, dass dieser für die Zeit seiner Dauer die Rentenkürzung übersteigt.

3. Keinen Bedenken begegnet auch, dass das Amtsgericht die Dauer der Aussetzung der Kürzung auf den Zeitraum beschränkt hat, für den die beteiligten Ehegatten einen Unterhaltsanspruch vereinbarten.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin vermag dieser hieraus kein Nachteil zu erwachsen.

Dies folgt daraus, dass der Antragsteller den Versorgungsträger nicht nur unverzüglich über den Wegfall oder Änderungen seiner Unterhaltszahlungen, sondern auch über den Bezug einer laufenden Versorgung aus einem anpassungsfähigen Anrecht sowie über den Rentenbezug, die Wiederheirat oder den Tod der Antragsgegnerin zu unterrichten hat, § 34 Abs. 5 VersAusglG, und der Versorgungsträger alsdann lediglich für den Fall der Änderung von Unterhaltszahlungen nicht selbst über die Beendigung der Aussetzung entscheiden kann, § 34 Abs. 6 VersAusglG, ihm aber auch bei einer Änderung der Unterhaltszahlungen ein Abänderungsverlangen offensteht, § 34 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG.

Die damit eröffnete Anpassung der Aussetzung der Kürzung erfährt durch die Entscheidung des Amtsgerichts keine Einschränkung.

Aufgrund der eindeutigen Gesetzeslage erfordern deshalb auch Gründe der Rechtsklarheit nicht, von einer Befristung der Aussetzung insoweit abzusehen, als jedenfalls wegen Wegfalls der Unterhaltsverpflichtung bereits ein Endzeitpunkt der Aussetzung der Kürzung feststeht (anderer Ansicht wie von der Beschwerdeführerin zitiert und soweit ersichtlich nicht veröffentlicht OLG Stuttgart Beschluss vom 10.12.2013 - 15 UF 310/13 -).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Verfahrenswertfestsetzung (für beide Instanzen) auf §§ 40, 50 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Satz 2, § 55 Abs. 3 FamGKG (OLG Schleswig NJW-RR 2012, 327; OLG Celle FamRZ 2012, 1812; OLG Stuttgart FamRZ 2012, 1972).

Gegen diesen Beschluss wird im Hinblick auf die abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart die Rechtsbeschwerde zugelassen, § 70 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 28. Jan. 2016 - 4 UF 1698/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Beschluss, 28. Jan. 2016 - 4 UF 1698/15

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht München Beschluss, 28. Jan. 2016 - 4 UF 1698/15 zitiert 7 §§.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 84 Rechtsmittelkosten


Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

Gesetz über den Versorgungsausgleich


Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 34 Durchführung einer Anpassung wegen Unterhalt


(1) Über die Anpassung und deren Abänderung entscheidet das Familiengericht. (2) Antragsberechtigt sind die ausgleichspflichtige und die ausgleichsberechtigte Person. Die Abänderung einer Anpassung kann auch von dem Versorgungsträger verlangt werden

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 32 Anpassungsfähige Anrechte


Die §§ 33 bis 38 gelten für Anrechte aus 1. der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Höherversicherung,2. der Beamtenversorgung oder einer anderen Versorgung, die zur Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgeset

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 55 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Verfahrenswert richten, mit der Einreichung des Antrags, der Einspruchs- oder der Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne

Referenzen

Die §§ 33 bis 38 gelten für Anrechte aus

1.
der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Höherversicherung,
2.
der Beamtenversorgung oder einer anderen Versorgung, die zur Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch führt,
3.
einer berufsständischen oder einer anderen Versorgung, die nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch zu einer Befreiung von der Sozialversicherungspflicht führen kann,
4.
der Alterssicherung der Landwirte,
5.
den Versorgungssystemen der Abgeordneten und der Regierungsmitglieder im Bund und in den Ländern.

(1) Über die Anpassung und deren Abänderung entscheidet das Familiengericht.

(2) Antragsberechtigt sind die ausgleichspflichtige und die ausgleichsberechtigte Person. Die Abänderung einer Anpassung kann auch von dem Versorgungsträger verlangt werden.

(3) Die Anpassung wirkt ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung folgt.

(4) Der Anspruch auf Anpassung geht auf die Erben über, wenn der Erblasser den Antrag nach § 33 Abs. 1 gestellt hatte.

(5) Die ausgleichspflichtige Person hat den Versorgungsträger, bei dem die Kürzung ausgesetzt ist, unverzüglich über den Wegfall oder Änderungen seiner Unterhaltszahlungen, über den Bezug einer laufenden Versorgung aus einem Anrecht nach § 32 sowie über den Rentenbezug, die Wiederheirat oder den Tod der ausgleichsberechtigten Person zu unterrichten.

(6) Über die Beendigung der Aussetzung aus den in Absatz 5 genannten Gründen entscheidet der Versorgungsträger. Dies gilt nicht für den Fall der Änderung von Unterhaltszahlungen.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Verfahrenswert richten, mit der Einreichung des Antrags, der Einspruchs- oder der Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder für den Regelfall kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 54 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Gericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Verfahrensgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen des Hauptgegenstands oder wegen der Entscheidung über den Verfahrenswert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung wegen des Hauptgegenstands Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.