Oberlandesgericht München Beschluss, 09. Jan. 2017 - 25 U 3537/16

published on 09/01/2017 00:00
Oberlandesgericht München Beschluss, 09. Jan. 2017 - 25 U 3537/16
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Gericht

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Tenor

Der Senat schlägt den Parteien gemäß § 278 Abs. 6 ZPO folgenden Vergleich vor:

1. Die Beklagte stellt den Kläger von Kosten der Rechtsanwälte in Höhe von weiteren € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 22.08.2015 frei.

2. Die Beklagte stellt den Kläger von Kosten der Rechtsanwälte in Höhe von weiteren € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.10.2015 frei.

3. Damit sind sämtliche streitgegenständliche Ansprüche abgegolten.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz tragen der Kläger 29% und die Beklagte 71%, von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 34% und die Beklagte 66%.

Gründe

Der Vorschlag beruht auf folgenden Erwägungen:

1. Nach vorläufiger Auffassung des Senats umfasst die Deckungszusage vom 29.07.2015 (Anlage K 10) die Tätigkeit des Klägervertreters betreffend Wettbewerbsverbot, Zeugnis und betrieblicher Altersvorsorge. Die Deckungszusage ist schon vom Wortlaut her nicht auf eine Beratungsgebühr begrenzt; vielmehr stellt die Beklagte zu dieser Thematik lediglich ihre (unzutreffende) Rechtsauffassung dar, dass eine Beratungsgebühr abzurechnen sein wird. Mit der Deckungszusage bestätigt der Rechtsschutzversicherer seine Leistungspflicht für einen bestimmten Versicherungsfall. Sie stellt die Grundlage für das weitere außergerichtliche und gerichtliche Vorgehen dar und ist daher von wesentlicher Bedeutung. Deshalb wird die Deckungszusage nach allgemeiner Meinung als deklaratorisches Schuldanerkenntnis gewertet mit der Folge, dass dem Versicherer Einwendungen verwehrt sind, die er kennt und mit denen er rechnet. Die Deckungszusage erzeugt einen Vertrauenstatbestand, der es dem Versicherer bei einer fehlerhaften Einschätzung des Sachverhalts verwehrt, sich auf die Fehlerhaftigkeit der Deckungszusage zu berufen (BGH, Urteil vom 16.07.2014 - Az. IV ZR 88/13, NJW 2014, 3030).

Darüberhinaus neigt der Senat auch der Auffassung zu, dass vorliegend ein Versicherungsfall vorlag. Der Kläger nahm nicht lediglich anwaltliche Hilfe beim Aushandeln des Aufhebungsvertrages in Anspruch. Vielmehr war die Wirksamkeit des Wettbewerbsverbots, die Verpflichtung der vormaligen Arbeitgeberin zur Erteilung eines (sehr guten) Zeugnisses, die Frage ob, die betriebliche Altersvorsorge übertragen werden kann und muss und ob der Kläger einen Jahresbeitrag zurückzuzahlen hat, rechtlich streitig. Diese Streitigkeiten über Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis wurden in der abschließenden Vereinbarung (E 3) auch geregelt. Die Rechtslage konnte in Bezug auf die genannten Streitpunkte auch von einem Laien nicht ohne Weiteres beurteilt werden. Dass es sich insoweit um strittige Punkte zwischen dem Kläger und seiner ehemaligen Arbeitgeberin handelte, ist unstreitig.

Außer Streit stehen vorliegend die angesetzten Streitwerte und die mittlere Gebühr von 1,5. Damit spricht viel dafür, dass dem Kläger ein Freistellungsanspruch in Höhe von 4.479,16 € zusteht (zur Berechnung vgl. Anlage K 19).

2. Nach vorläufiger Auffassung des Senats kann der Kläger bezüglich der Tätigkeit -Arbeitnehmererfindung - keine Freistellung beanspruchen. Zum Einen neigt der Senat dazu anzunehmen, dass die diesbezügliche Tätigkeit vom Versicherungschutz ausgeschlossen ist; dafür, dass die Ausschlussklausel des § 3 (2) d der vereinbarten Bedingungen (Anlage E 1) vorliegend Anwendung findet spricht, dass diese Klausel den Versicherungschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen, die in ursächlichem Zusammenhang mit Rechten aus geistigem Eigentum stehen, ausschließt und dass das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen -für den Versicherungsnehmer ohne Weiteres erkennbar - das geistige Eigentum des Arbeitnehmers schützt und die Rechtslage regelt. So sind für eine Entscheidung über solche Streitigkeiten grundsätzlich nicht die Arbeitsgerichte, sondern die für Patentsachen zuständigen Gerichte berufen (§ 39 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen). Vorliegend trägt der Kläger vor, er habe ca. 10 Erfindungen gemacht. Eine Erfindung im Sinne des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen ist nur eine solche, die patent - oder gebrauchsmusterfähig ist (vgl. § 2). Auf solche Rechte bezieht sich die § 3 (2) d der vereinbarten Bedingungen (Anlage E 1) ausdrücklich.

Zum anderen ist insoweit nicht ausreichend dargelegt, dass ein Versicherungsfall vorlag. Der Versicherungsnehmer muss einen Sachverhalt vortragen, aus dem sich ein fremder Rechtsverstoß ergibt. Daran fehlt es vorliegend. Der Vortrag, die vormalige Arbeitgeberin des Klägers hätte im Rahmen einer Vereinbarung Ansprüche ausschließen wollen, der Kläger sei damit nicht einverstanden gewesen, impliziert keine Pflichtverletzung der Arbeitgeberin, sondern lediglich den Wunsch, einen Vertrag in einer bestimmten Weise zu gestalten, was rechtlich ohne Weiteres zulässig ist. Insoweit wurde auch in der abschließenden Vereinbarung keine Streitigkeit geregelt, sondern nur vereinbart, dass etwaige Ansprüche von der Vereinbarung nicht umfasst sein sollen (Anlage E 3 § 9).

3. Der Senat ist im Anschluss an die Entscheidung BGH IX ZR 186/07 der Auffassung, dass vorliegend - obwohl der Klägervertreter dem vormaligen Arbeitgeber des Klägers gegenüber nicht aufgetreten ist - nicht lediglich eine Beratungsgebühr abzurechnen ist, sondern eine Geschäftsgebühr sowie eine Einigungsgebühr (vgl. auch LG Mönchengladbach 4 S 222/07).

4. Schließlich neigt der Senat der Auffassung zu, dass der Klägervertreter in Bezug auf das Zeugnis sowohl seine Tätigkeit, die dazu geführt hat, dass die vormalige Arbeitgeberin des Klägers sich verpflichtet hat, ein sehr gutes, wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis mit sehr guter Leistungsbeurteilung und Verhaltensbeurteilung zu erteilen, bei dem ein Entwurf des Klägers zu berücksichtigen war (Anlage E 3 § 3), als auch seine Tätigkeit, die dazu geführt hat, dass dem Kläger letztendlich das Zeugnis so erteilt wurde, abrechnen durfte. Bei der Mitwirkung an der Gestaltung des Aufhebungsvertrages wurde der Rechtsgrund für die Erteilung des Zeugnisses geschaffen, anschließend hat der Kläger anwaltliche Unterstützung bei der Durchsetzung seines Anspruchs in Anspruch genommen. Das stellt gebührenrechtlich eine weitere Angelegenheit dar - insoweit hat das Landgericht dem Kläger auch (rechtskräftig) einen Freistellungsanspruch zugesprochen.

5. Unter Abwägung der dargestellten beiderseitigen Risiken erscheint es nach Auffassung des Senats angemessen, wenn die Parteien sich auf den vorgeschlagenen Betrag einigen.

Beide Parteien haben Gelegenheit zur Stellungnahme zum Vergleichsvorschlag und zu den rechtlichen Hinweisen bis 30.01.2017.

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(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. (2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlun

(1) Für alle Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers sind die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte (§ 143 des Patentgesetzes) ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Vorschriften über das Verfahren in
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published on 16/07/2014 00:00

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR88/13 Verkündet am: 16. Juli 2014 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 242 Ba; ARB § 15 Abs. 2 1.
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(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Für alle Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers sind die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte (§ 143 des Patentgesetzes) ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig. Die Vorschriften über das Verfahren in Patentstreitsachen sind anzuwenden.

(2) Ausgenommen von der Regelung des Absatzes 1 sind Rechtsstreitigkeiten, die ausschließlich Ansprüche auf Leistung einer festgestellten oder festgesetzten Vergütung für eine Erfindung zum Gegenstand haben.