Oberlandesgericht München Beschluss, 14. Aug. 2018 - 18 W 1166/18

bei uns veröffentlicht am14.08.2018

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 28.06.2018, Az. 9 O 14640/17, wird zurückgewiesen.

2. Der Gläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 10.10.2017 die Veröffentlichung folgender Gegendarstellung durch die Schuldnerin angeordnet:

„Der Antragsgegnerin wird geboten, in der nächsten erreichbaren Ausgabe der Zeitschrift „B. “ im gleichen Teil wie die Ausgangsmitteilung unter Ankündigung im Inhaltsverzeichnis mit den Worten „Gegendarstellung H. G.“ und unter Verwendung der Überschrift „Gegendarstellung“ die nachfolgende Gegendarstellung zu veröffentlichen, wobei die drucktechnische Anordnung und Schriftgröße des Gegendarstellungstextes mit der gleichen drucktechnischen Anordnung und Schriftgröße wie der fortlaufende Text des Artikels in der Ausgangsberichterstattung und die Überschrift „Gegendarstellung“ in der gleichen Schriftgröße wie die in der Ausgangsmitteilung enthaltenen Worte „H. G.“ in der Subüberschrift neben dem Bild des Antragstellers erfolgen muss.

Gegendarstellung

In B. vom 29.9.2017 heißt es in einem Artikel auf Seite 26 mit der Überschrift „H. G. . Heimliche Hochzeit.“:

„Das,N.' in K. … Hier war die kleine Hochzeitsgesellschaft zum Essen.“

Hierzu stelle ich fest:

Ich war niemals im „N.“ in K. essen.

Berlin, 29. September 2017

H. G.

Diese einstweilige Verfügung wurde mit Endurteil des Landgerichts vom 15.11.2017 in der im Rubrum berichtigten Fassung bestätigt. Die dagegen eingelegte Berufung der Schuldnerin wurde durch Endurteil des Senats vom 13.3.2018 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Abdruck des Gegendarstellungstextes in der gleichen Schriftgröße wie die Ausgangsmitteilung „Das,N.' in K. … “ angeordnet wurde.

In der Zeitschrift B. vom 15.4.2018 ist die Gegendarstellung in folgender Form veröffentlicht worden:

Gegendarstellung

In B. vom 29.9.2017 heißt es in einem Artikel auf Seite 26 mit der Überschrift „H. G. . Heimliche Hochzeit.“:

„Das,N.' in K. … Hier war die kleine Hochzeitsgesellschaft zum Essen.“

Hierzu stelle ich fest:

Ich war niemals im „N.“ in K. essen.

Berlin, 29. September 2017

H. G.

Der Gläubiger hat mit Schriftsatz vom 8.5.2018 die Verhängung eines empfindlichen Zwangsgeldes beantragt mit der Begründung, die ohnehin kleine Gegendarstellung falle durch das Weglassen der in der einstweiligen Verfügung enthaltenen Leerzeile zwischen „Hierzu stelle ich fest:“ und „Ich war niemals im „N.“ in K. essen.“ noch schlechter wahrnehmbar.

Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 28.6.2018, dem Gläubiger zugegangen am 6.7.2018, abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 20.7.2018, der das Landgericht mit Beschluss vom 24.7.2018 nicht abgeholfen hat.

II.

Die Beschwerde des Gläubigers ist gemäß § 793 ZPO statthaft und auch im Übrigen nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, denn das Landgericht hat den Zwangsgeldantrag zu Recht zurückgewiesen.

Zwar liegen neben den allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen grundsätzlich auch die besonderen Voraussetzungen des § 888 ZPO vor. Das Landgericht war jedoch zu Recht der Ansicht, dass der Anspruch des Gläubigers durch die Veröffentlichung der Gegendarstellung am 5.4.2018 im Sinne von § 362 BGB erfüllt wurde. Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Der Gläubiger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die in der gerichtlichen Abdruckanordnung zwischen „Hierzu stelle ich fest:“ und „Ich war niemals im „N.“ in K. essen.“ eingefügte Leerzeile in der schließlich veröffentlichten Gegendarstellung fehlt.

Zwar hat die gerichtliche Entscheidung auch die Art der Veröffentlichung verbindlich festgelegt. Das Medium darf die Gegendarstellung schon ohne gerichtliche Entscheidung allenfalls in Kleinigkeiten ändern (vgl. Seitz, Der Gegendarstellungsanspruch, 5. Aufl. Kap. 12, Rn. 21). Bei Festlegung der Gegendarstellung durch gerichtliche Entscheidung gilt dies umso mehr. Das Verbot der Einschiebungen und Weglassungen ist streng auszulegen (OLG München, Beschluss vom 13.2.1997 - 21 W 834/97; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 11. Rn. 195).

Jedoch gilt der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung bildet, auch im Gegendarstellungsrecht und hier auch bei Beurteilung der Frage, ob ein erneuter Abdruck verlangt werden kann, wenn die erste Veröffentlichung nicht der gerichtlichen Anordnung entsprach. Ein solches Verlangen kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn die Abweichung in der Veröffentlichung als nur geringfügige Interessenverletzung einzustufen ist, so dass ein Verlangen auf Neuabdruck unverhältnismäßig wäre (vgl. OLG München, Beschluss vom 19.12.2000 - 21 W 3285/00, AfP 2001, 141).

Eine solche unerhebliche Abweichung ist im vorliegenden Fall das beanstandete Fehlen einer Leerzeile. Es beeinträchtigt weder die Übersichtlichkeit der abgedruckten Gegendarstellung, noch wirkt es sinnentstellend, so dass Einwendungen hiergegen die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) unnötig und unverhältnismäßig einschränken würden. Diese Wertung widerspricht nicht der oben zitierten Entscheidung vom 19.12.2000. Dort hat der 21. Senat zwar in einem obiter dictum erklärt, er werde es nicht dulden, wenn der Absatz zwischen der Erstmitteilung und der Entgegnung nicht wiedergegeben wird, dies aber damit begründet, dass die Gegensätze zwischen Erstmitteilung und Entgegnung damit weniger gut zum Ausdruck gebracht werden als in der angeordneten Form. Zudem hat er es ausdrücklich als unbedenklich bezeichnet, dass der Unterschriftsteil nicht, wie angeordnet, in drei Zeilen, sondern fortlaufend, nur durch Kommata getrennt, wiedergegeben wurde.

Im vorliegenden Fall gibt es zum einen in der abgedruckten Gegendarstellung durchaus einen Absatz zwischen den Sätzen „Hierzu stelle ich fest:“ und „Ich war niemals im „N.“ in K. essen.“, zum anderen handelt es sich gerade nicht um einander gegenübergestellte Aussagen wie Erstmitteilung und Entgegnung, sondern allein um letztere. Die bloße Tatsache, dass durch das Zusammenrücken der beiden Zeilen die von der Gegendarstellung insgesamt eingenommene Fläche etwas verringert wird, stellt keine erhebliche Abweichung vom Inhalt der einstweiligen Verfügung dar, zumal in den offensichtlich im gleichen Maßstab verkleinerten Kopien der betreffenden Zeitschriftenseiten die abgedruckte Gegendarstellung mit einer reinen Textfläche von etwa 58 x 40 mm - gemessen an den Rahmenlinien einer Fläche von 63 x 45 mm - immer noch erheblich größer ist als die Erstmitteilung für sich genommen mit einer Fläche von 56 x 9 mm und annähernd so groß wie die Erstmitteilung zusammen mit dem zugehörigen Foto, die eine Fläche von 63 x 50 mm einnehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht München Beschluss, 14. Aug. 2018 - 18 W 1166/18 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 362 Erlöschen durch Leistung


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. (2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 888 Nicht vertretbare Handlungen


(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Hand

Zivilprozessordnung - ZPO | § 793 Sofortige Beschwerde


Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

Referenzen

Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)