Oberlandesgericht München Beschluss, 30. Okt. 2014 - 11 WF 1349/14

bei uns veröffentlicht am30.10.2014
vorgehend
Amtsgericht München, 554 F 12920/12, 15.07.2014

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I.

Der Beschluss des Amtsgerichts München vom 15.07.2014 wird aufgehoben.

II.

Die durch die an den Verfahrensbeistand bezahlte Vergütung ausgelösten Gerichtskosten in Höhe von € 1.100,-- werden niedergeschlagen; die Kostenbeamtin beim Amtsgericht München wird hierzu angewiesen, aus der an die Antragsteller gerichteten Schlusskostenrechnung II vom 09.10.2013 die an den Verfahrensbeistand gemäß KV-FamGKG Nr. 2013 geleisteten Beiträge zu streichen.

Gründe

I.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 22.11.2012 begehrten die Antragsteller (= Großeltern) den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die sorgeberechtigte Antragsgegnerin (= Mutter) wegen Übertragung eines Teilbereiches der elterlichen Sorge für ihre Enkelkinder; die Antragsteller sollten ermächtigt werden, für eine von ihnen für die Kinder und sie angemietete Wohnung Mietzuschüsse zu beantragen. Hierzu beantragten sie ferner die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.

Der Antragsschriftsatz ging am 27.11.2012 beim Amtsgericht München ein. Dieses erließ hierauf noch am selben Tag einen Beschluss, wonach Rechtsanwältin M., für die beiden Kinder zum Verfahrensbeistand bestellt wird; die Verfahrensbeistandschaft werde berufsmäßig ausgeübt und Rechtsanwältin ... wurden die weiteren Aufgaben im Sinne von § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen.

Mit Verfügung, ebenfalls vom 27.11.2012, ordnete das Amtsgericht die Hinausgabe dieses Beschlusses an die Beteiligten an, wobei die Übermittlung an Rechtsanwältin ... per Telefax zu erfolgen habe. Die Geschäftsstelle führte dies am 28.11. 2012 aus.

Ebenfalls am 28.11.2012 ordnete das Amtsgericht die Übermittlung des Gesuches um Verfahrenskostenhilfe an die Antragsgegnerin an.

Mit gleicher Verfügung wies es die Antragsteller darauf hin, es fehle an der Dringlichkeit im Sinne von § 49 FamFG, „zumal im Hauptsacheverfahren bereits am 19.12.2012 Verhandlungstermin sei“. Der Hinweis wurde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller per Telefax am 29.11.2012 um ca. 7.00 Uhr übermittelt, die den Antrag daraufhin noch am gleichen Tag zurücknahm.

Mit weiterem Beschluss vom 29.11.2014 lehnte das Amtsgericht sodann den Antrag auf

Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels Eilbedürftigkeit ab.

Die Antragsgegnerin erhielt den Antragsschriftsatz vom 22.11.2012 erst am 30.11.2012.

Am 09.10.2013 erstellte die Kostenbeamtin den Antragstellern die Schlusskostenrechnung für das vorliegende Eilverfahren:

Diese enthält neben der Kostenposition „Verfahren im Allgemeinen einstweilige Anordnung“ in Höhe von € 19,50,-- auch an den Verfahrensbeistand bezahlten Beträge (KV-FamGKG 2013) in Höhe von 1.100,-- € (pro Kind Vergütung von € 550,--, § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG).

Die Antragsteller legten dagegen mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 21.10.2013 Erinnerung ein und beantragten, nur die Verfahrenskosten, nicht aber die Vergütung des Verfahrensbeistandes, festzusetzen: Sie hätten den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Schriftsatz vom 29.11.2011 sofort zurückgenommen. Gleichwohl sei schon mit Beschluss vom 27.11.2012 für die Kinder ein Verfahrensbeistand bestellt worden, zu einem Zeitpunkt, als der Antrag noch nicht einmal der Gegenseite zugestellt worden sei. Auf die von der Kostenbeamtin hierzu erholte Stellungnahme des zuständige Bezirksrevisors teilte Rechtsanwältin ... mit, sie habe den Beschluss über ihre Bestellung am 28.11.2012, 13.58 Uhr, erhalten; „noch am gleichen Tag“ habe sie die Großeltern sowie die Kindesmutter und den Vater angeschrieben, außerdem am 03.12.2012 mit der Großmutter telefoniert und einen Hausbesuch vereinbart. „Die Rücknahme“ habe sie erst am 06.12.2012 erhalten. Damit sei ihre Vergütung entstanden.

Der Bezirksrevisor vermerkte auf diese Mitteilung, Rechtsanwältin ... sei noch vor Eingang des Rücknahmeschriftsatzes im Kindesinteresse tätig geworden, weshalb die Vergütung in Höhe von € 1.100,-- kostenrechtlich angefallen sei. Auf diese Stellungnahme erklärten die Antragsteller am 03.03.2014, die erhobenen Einwendungen nicht weiter aufrechtzuerhalten.

Mit Schriftsatz vom 06.05.2014 brachten sie gegen die „erst jetzt aufgrund der Anforderung der Landesjustizkasse B. bekannt gewordene Gebührenabrechnung von Rechtsanwältin ...“ erneut Einwendungen vor und wiederholten zur Begründung, auf den per Telefax am 29.11.2012, um 7.12 Uhr, eingegangenen gerichtlichen Hinweis auf fehlende Dringlichkeit habe ihre Anwältin den Antrag noch selben Tage, um 14.28 Uhr, per Telefax zurückgenommen. Das Verfahren sei also noch nicht einmal rechtshängig gewesen, als die Antragsrücknahme erfolgt sei.

Nach Hinweis der Rechtspflegerin, wonach die Einwendungen zwar als Erinnerung gewertet werden könnten, eine solche jedoch bereits zurückgenommen worden sei, beantragten die Antragsteller am 28.05.2014 mit obiger Begründung die Niederschlagung der Kosten für den Verfahrensbeistand gemäß § 20 FamGKG: Unmittelbar nach Anhängigwerden der einstweiligen Anordnung habe es nicht der sofortigen Bestellung eines Verfahrensbeistandes bedurft, schon weil ungeklärt gewesen sei, ob ein Verfahren überhaupt betrieben werde. Es sei widersprüchlich, zum einen den Rat zu erteilen, den Antrag zurückzunehmen, zuvor jedoch bereits einen Verfahrensbeistand für ein Verfahren zu bestellen, das gar nicht zustande kommen solle.

Das Amtsgericht erließ hierauf am 15.07.2014 den angefochtenen Beschluss, mit dem es „die Erinnerung“ der Antragsteller zurückwies und in den Gründen ausführte, der Verfahrensbeistand habe in der Zeit zwischen Beauftragungsfax und Zugang der Antragsrücknahme „Tätigkeiten entfaltet“. Gründe für eine Niederschlagung lägen nicht vor, „da auch bei problematischer Dringlichkeit der Kindeswille durch den Verfahrensbeistand zur Geltung zu bringen“ sei.

II.

Die gemäß § 57 Abs. 3 FamGKG zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg; die Voraussetzungen einer Niederschlagung der durch die Vergütung des Verfahrensbeistandes verursachten Gerichtskosten (§ 158 Abs. 7 Satz 5 FamFG) liegen vor:

1. Das Amtsgericht hat „die Erinnerung“ der Antragsteller vom 21.10. 2013 und 28.05.2014 „zurückgewiesen“, obwohl diese ihre - von der Kostenbeamtin zurecht als Erinnerung ausgelegten - Einwendungen vom 21.10.2013 (auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors) am 03.03.2014 zurückgenommen hatten und es sich bei dem Schriftsatz vom 28.05.2014 nicht um eine Erinnerung handelt, sondern um einen Antrag auf Niederschlagung der Kosten gemäß § 20 FamGKG.

Den Gründen des angefochtenen Beschlusses lässt sich jedoch entnehmen, dass der Antrag auf Niederschlagung abgelehnt werden sollte; dagegen ist die Beschwerde statthaft (Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., § 21 GKG Rn. 66 m. w. N.). Soweit die Antragsteller mit dem genannten Schriftsatz vom 03.03.2014 ihre Einwendungen „nicht weiter aufrechterhalten“ haben, steht dies einem Niederschlagungsantrag nicht entgegen bzw. führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Beschwerde (vgl. Senatsbeschl. v. 15.11.2013 - 11 WF 1693/13, unter II. 1. b).

2. Die Nichterhebung von Gerichtskosten nach §§ 20 FamGKG/21 GKG ist nur dann veranlasst, wenn das Gericht gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat und dieser Verstoß auch offen zutage tritt; es bedarf mithin eines offensichtlich schweren Fehlers (siehe etwa BGH, Beschl. v. 04.05.2005 - XII ZR 217/04 Tz. 4; Hartmann, a. a. O., § 21 GKG Rn. 8; Meyer, GKG/FamGKG, 14. Aufl., § 21 GKG Rn. 5).

Ein offensichtlicher Verstoß in diesem Sinne kann beispielsweise dann vorliegen, wenn das Gericht ohne jede Notwendigkeitsprüfung eine Beweisaufnahme anordnet und hierdurch überflüssige Kosten auslöst (vgl. Senat, Beschl. v. 10.03.2003 - 11 W 891/03, = NJW-RR 03, 1294 f.; OLG Naumburg, Beschl. v. 27.06.2002 - 14 WF 83/02, = FamRZ 03, 385).

Ein einfacher Fehler genügt nicht; zu beachten ist ferner, dass das Kostenniederschlagungsverfahren nicht der Überprüfung richterlicher Sachentscheidungen dient (Hartmann, a. a. O., § 21 GKG Rn. 8 ff.).

3. Ein schwerer und offenkundiger Verfahrensverstoß in diesem Sinne ist hier zu bejahen, weil die Bestellung des Verfahrensbeistandes ohne jedwede Prüfung einer entsprechenden Notwendigkeit und einmal mehr zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, dessen Frühzeitigkeit von der Sache her nicht mehr verständlich ist.

a. In Rechtsprechung und Literatur zu dem hier einschlägigen § 158 FamGKG wird, anknüpfend an die Vorstellungen des Gesetzgebers, durchwegs auch auf den Normzweck dieser Bestimmung und auf das in Absatz 1 ausdrücklich bestimmte Erfordernis der „Erforderlichkeit“ eingegangen (siehe hierzu auch die Regelbeispiele in Absatz 2).

aa) Dabei wird die Notwendigkeit einer konkreten Einzelfallprüfung herausgestellt, d. h. es sind - was der Senat nicht anders beurteilt - Anfangsermittlungen veranlasst, gerade auch um offensichtlich unnötige Bestellungen zu vermeiden (siehe etwa Keidel-Engelhardt, FamFG, 18. Aufl., § 158 Rn. 7, 30 ff.; Münchener Kommentar FamFG-Schlünder, 2. Aufl., § 158 Rn. 13 ff.; OLG Dresden, Beschl. v. 14.01.2000 - 20 WF 608/99 Tz. 34 ff., = FamRZ 00, 1296).

Soweit in der Literatur von einer Prüfung der Erforderlichkeit in dieser Hinsicht die Rede ist, wird teilweise sogar problematisiert, inwieweit diese mit dem Beschleunigungsgebot (§ 155 FamFG) kollidiert; es wird also vorausgesetzt, dass

diese Prüfung so gewissenhaft ausfallen kann, dass sie womöglich eine sachlich gebotene Entscheidung hindert. Hierzu wird teilweise die Auffassung vertreten, bei Unvereinbarkeit mehrerer gesetzgeberischer Anliegen im Einzelfall (Beschleunigungsgebot, Förderung einvernehmlicher Konfliktlösung, Stärkung der Kinderrechte im Verfahren, Vermeidung unnötiger Kosten etc.) dürfe jedenfalls keine schematische Entscheidung zugunsten der Beschleunigung unter Zurückstellung aller anderen Prinzipien fallen (vgl. MüKo-Schlünder, a. a. O., § 158 Rn. 17; Keidel-Engelhardt, a. a. O., § 158 Rn. 31).

Hingewiesen wird im Schrifttum ferner darauf, die Bestellung eines Rechtsanwalts zum Verfahrensbeistand sei in der Regel nur dann veranlasst, wenn es schwerpunktmäßig auf Rechtskenntnisse ankomme (etwa Keidel-Engelhardt, a. a. O., § 158 Rn. 32) - die Wahl eines Anwaltes mithin keineswegs zwingend ist

bb) Darüber hinaus ist den Beteiligten vor einer Bestellung grundsätzlich rechtliches Gehör zu gewähren bzw. sind insbesondere etwa die Eltern zur Notwendigkeit einer Bestellung anzuhören (OLG Dresden, a. a. O., Tz. 34; Musielak/Borth, FamFG, 4. Aufl., § 158 Rn. 11; Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 2. Aufl., § 158 Rn. 28).

cc) Was die Anforderungen an gerichtliche Überlegungen zur Erforderlichkeit der Bestellung eines Verfahrensbeistandes anbelangt, ist nicht zuletzt auch die Rechtsprechung des BGH zum Entstehen einer entsprechenden Vergütung zu berücksichtigen: Eine solche fällt bereits an, wenn der Beistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist, wobei der BGH in großzügiger Weise auf den Gesichtspunkt der vom Gesetzgeber gewollten Mischkalkulation bzw. darauf abstellt, für den Verfahrensbeistand müsse eine „auskömmliche Vergütung“ sichergestellt werden und fiskalische Belange hätten nach dem Zweck von § 158 FamFG hinter der Bedeutung eines effektiven Verfahrensbeistandes zurückzutreten (vgl. näher etwa BGH, Beschl. v. 27.11.2013 - XII ZB 682/12, = FamRZ 14, 373; BGH, Beschl. v. 01.08.2012 - XII ZB 456/11, = NJW 12, 3100; Beschl. v. 19.01.2011 - XII ZB 486/10, = NJW 11, 1451; Beschl. v. 17.11.2010 - XII ZB 478/10, = NJW 11, 455; Leitsatzbeschluss des Senats vom 27.02.2013 - 11 WF 250/13, = FamRZ 13, 966).

b. In grobem Widerspruch zu diesen in § 158 Abs. 1, Abs. 2 bzw. Abs. 3 Satz 1 FamFG enthaltenen Vorgaben ist vorliegend offensichtlich, dass eine Erforderlichkeitsprüfung in dem dargelegten Sinne - sei es in ausführlicher, sei es in eher knapper Form - nicht einmal ansatzweise erfolgt ist. Eine solche Erforderlichkeit ist hier auch von der Sache her - Mietzuschüsse - nicht einmal annähernd ersichtlich. Zumal angesichts des Alters der Kinder und des Antragszieles ist kein Raum für die Annahme eines Interessengegensatzes (siehe etwa OLG München, Beschl. v. 11.02.2000 - 16 WF 1616/99, = FamRZ 02,563; Johannsen/Henrich-Büte, FamR, 5. Aufl., § 158 Rn. 14 m. w. N.).

aa) Der Senat verkennt dabei keineswegs, dass, zumal im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes, für längere Vorermittlungen in der Praxis häufig wenig Raum sein wird.

Hier indes ist erkennbar überhaupt keine Prüfung erfolgt:

Die ersichtliche Eile, mit der - wiederholt - eine ganz bestimmte Rechtsanwältin bestellt wurde, ist vorliegend schon deshalb besonders auffällig, weil dieser die Bestellung sogar per Telefax übermittelt werden musste, während gleichzeitig die Antragsteller darauf hingewiesen wurden, es fehle an der Eilbedürftigkeit, sie mögen ihren Antrag deshalb zurücknehmen. Wozu es in dieser Situation und mit Blick auf das Ziel des Eilantrages eines Verfahrensbeistandes bedurfte - der naheliegenderweise auch sofort vergütungsauslösende Tätigkeiten entfaltete -bleibt offen. § 158 Abs. 3 Satz 1 FamFG, wonach eine Bestellung grundsätzlich so früh wie möglich erfolgen soll, jedenfalls stützt dies nicht. Selbst wenn Arbeitserleichterung der Grund gewesen sein sollte, dürfte eine solche nicht unbesehen auf dem Rücken einer von den entstehenden Vergütungsansprüchen betroffenen Partei bewirkt werden.

Tatsächlich nämlich nahmen die Antragsteller ihren Antrag auf den gerichtlichen Hinweis sofort zurück. Zu Recht weist die Beschwerde daher auf die Widersprüchlichkeit hin, einerseits die mit der Verfahrensbeendigung verbundene Antragsrücknahme zu empfehlen, andererseits jedoch - beschleunigt durch die Übermittlung an den Verfahrensbeistand per Telefax - zumindest objektiv das Anfallen der Beistandsvergütung in Höhe von € 1.100,-- zu ermöglichen (zwei Kinder und sofortige Erweiterung der Bestellung im Sinne von § 158 Abs. 7 Satz 3, Abs. 4 Satz 3 FamFG, wobei nach der im Sinne des Verfahrensbeistandes großzügigen BGH-Rechtsprechung die Vergütung im Eilverfahren gesondert entsteht).

Den finanziell offenbar nur sehr eingeschränkt leistungsfähigen Antragstellern wurde dadurch jedenfalls von vorneherein - insbesondere durch die Übermittlung des Bestellungsbeschlusses sogar per Telefax - die Möglichkeit genommen, durch ihre Rücknahme derart hohe und sinnlose Kosten zu vermeiden.

bb) Überdies erfolgte die Bestellung hier, worauf die Beschwerde ebenfalls zu Recht hinweist, auch noch vor Zustellung des ursprünglichen Antrages an die Antragsgegnerin.

Rechtliches Gehör wurde den Antragstellern vor der Bestellung ebenso wenig eingeräumt wie ihr Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom Gericht zurückgewiesen wurde, ohne zuvor ihre Äußerung zu dem Hinweis auf die fehlende Dringlichkeit abzuwarten.

Dieses Verhalten stellt einen objektiv schwerwiegenden Verfahrensverstoß dar, wie er zuletzt auch im Senatsbeschluss vom 15.11.2013 - 11 WF 1693/13 bejaht werden musste:

Auch dort war die Niederschlagung der Kosten des Verfahrensbeistandes -ebenfalls Rechtsanwältin .... - geboten, weil die Bestellung durch das Amtsgericht ebenso verfrüht und ohne jede Erforderlichkeitsprüfung erfolgt war.

cc) Auch wenn - vor dem Hintergrund des § 158 Abs. 3 Satz 1 FamFG - die Anforderungen an eine solche Prüfung in der Praxis schon im Kindesinteresse nicht überspannt werden dürfen, so muss der Großzügigkeit des BGH-Rechtsprechung hinsichtlich des Anfalles der Vergütung ein Mindestmaß an Überprüfungspflichten des Gerichts korrespondieren, ob und wann ein Verfahrensbeistand und die mit dessen Bestellung verursachten Kosten wirklich erforderlich ist.

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, § 57 Abs. 8 FamGKG.

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Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 20 Nichterhebung von Kosten


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(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen.

(2) Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2.
eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
3.
Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder
4.
eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
Sieht das Gericht in den genannten Fällen von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen.

(4) Die Bestellung endet mit der Aufhebung der Bestellung, mit Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. Das Gericht hebt die Bestellung auf, wenn

1.
der Verfahrensbeistand dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen oder
2.
die Fortführung des Amtes die Interessen des Kindes gefährden würde.

(5) Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(1) Das Gericht kann durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Maßnahme treffen, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.

(2) Die Maßnahme kann einen bestehenden Zustand sichern oder vorläufig regeln. Einem Beteiligten kann eine Handlung geboten oder verboten, insbesondere die Verfügung über einen Gegenstand untersagt werden. Das Gericht kann mit der einstweiligen Anordnung auch die zu ihrer Durchführung erforderlichen Anordnungen treffen.

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen.

(2) Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2.
eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
3.
Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder
4.
eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
Sieht das Gericht in den genannten Fällen von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen.

(4) Die Bestellung endet mit der Aufhebung der Bestellung, mit Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. Das Gericht hebt die Bestellung auf, wenn

1.
der Verfahrensbeistand dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen oder
2.
die Fortführung des Amtes die Interessen des Kindes gefährden würde.

(5) Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind.

(2) Gegen die Entscheidung des Familiengerichts über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Familiengericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Familiengericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Oberlandesgericht vorzulegen. Das Oberlandesgericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Beschwerde ist bei dem Familiengericht einzulegen.

(5) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung und die Beschwerde durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(6) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(7) Entscheidungen des Oberlandesgerichts sind unanfechtbar.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen.

(2) Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2.
eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
3.
Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder
4.
eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
Sieht das Gericht in den genannten Fällen von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen.

(4) Die Bestellung endet mit der Aufhebung der Bestellung, mit Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. Das Gericht hebt die Bestellung auf, wenn

1.
der Verfahrensbeistand dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen oder
2.
die Fortführung des Amtes die Interessen des Kindes gefährden würde.

(5) Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 217/04
vom
4. Mai 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GKG § 21 (= § 8 a.F.); EGZPO § 7; EGGVG § 8 Abs. 2
Zu den Voraussetzungen der Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger
Sachbehandlung (Rücknahme eines bei einem unzuständigen Gericht eingelegten
Rechtsmittels).
BGH, Beschluß vom 4. Mai 2005 - XII ZR 217/04 - LG München I
AG München
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Mai 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, die Richter
Fuchs und Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die Erinnerung gegen den Kostenansatz vom 23. Dezember 2004 (Kostenrechnung vom 30. Dezember 2004 Kassenzeichen: 780041048355) wird zurückgewiesen.

Gründe:

1. Das Amtsgericht hat die Klage auf Schadensersatz wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen. Ziff. 4 des Tenors lautet: "Die Revision wird zugelassen". Gegen das ihnen am 30. August 2004 zugestellte Berufungsurteil haben die Klägerinnen Revision zum Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegt. Mit Beschluß vom 2. November 2004 hat das Landgericht Ziff. IV seines Tenors dahin geändert, "daß die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen wird". Nach Abgabe des Verfahrens an den Bundesgerichtshof haben die Klägerinnen die Revision zurückgenommen. Der Senat hat mit Beschluß vom 22. Dezember 2004 den Klägerinnen die Kosten der Revision auferlegt. Mit Kostenrechnung vom 23. Dezember 2004 hat der Kostenbeamte die Kosten der Klägerin zu 1 mit 73 € angesetzt. Dagegen wenden sich die Prozeßbevollmächtigten der zwischenzeitlich verstorbenen Klägerin zu 1, mit ihrer
Erinnerung, der der Kostenbeamte nicht abgeholfen hat. Sie beantragen von der Kostenerhebung gemäß § 21 GKG abzusehen. Sie machen geltend, das Berufungsgericht habe in seiner Entscheidung zwar die Revision zugelassen, es aber versäumt festzulegen, bei welchem Gericht die Revision einzulegen sei. Die Klägerinnen hätten von Anfang an keine Revision beim Bundesgerichtshof durchführen wollen, deshalb das Rechtsmittel zum Bayerischen Obersten Landesgericht eingelegt und es wieder zurückgenommen, nachdem das Berufungsgericht nachträglich entschieden habe, daß die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen werde. 2. Die zulässige Erinnerung (vgl. Hartmann Kostengesetze 34. Aufl. § 21 GKG Rdn. 65) bleibt ohne Erfolg. Gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG (= § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F.) werden Kosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. Jedoch reicht ein leichter Verfahrensverstoß in der Regel nicht, um von der Erhebung der Kosten nach dieser Bestimmung abzusehen. Um zu verhindern , daß es zu einer Kette nicht endender Nichterhebungsverfahren kommt (Hartmann aaO Rdn. 11), verlangt die Rechtsprechung vielmehr einen schweren Verfahrensverstoß (BGH, Beschluß vom 10. März 2003 - IV ZR 306/00 - NJW-RR 2003, 1294; Hartmann aaO Rdn. 10 m.w.N.). Zwar hätte das Landgericht gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 EGZPO mit der Zulassung der Revision gleichzeitig - und nicht erst später mit Ergänzungsbeschluß - über die Zuständigkeit für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel entscheiden müssen. Hierin liegt aber kein schwerer Verfahrensverstoß. Die Klägerinnen hätten das Rechtsmittelverfahren und die damit entstandenen Kosten durch einen Antrag auf Urteilsergänzung vermeiden können. In solchen Fällen besteht kein ausreichender Grund, die angefallenen Gerichtskosten nicht zu erheben (Meyer GKG 6. Aufl. § 21 Rdn. 9).
Auch die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift kann bei Zurücknahme eines Antrages von der Erhebung der Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht. Die Bestimmung gilt auch bei Rücknahme eines Rechtsmittels (Meyer aaO Rdn. 11). Weil das Landgericht es versäumt hatte, im Urteil über die Rechtsmittelzuständigkeit zu entscheiden, durften die Klägerinnen nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz die Revision sowohl beim Bundesgerichtshof als auch beim Bayerischen Obersten Landesgericht einlegen (BGH, Beschluß vom 26. November 1980 - IVb ZR 592/80 - NJW 1981, 576, 577). Sie konnten aber nicht darauf vertrauen , daß das Landgericht bei der von ihm nachzuholenden Zuständigkeitsbestimmung das Bayerische Oberste Landesgericht als Revisionsgericht bestimmen würde. Sie mußten vielmehr davon ausgehen, daß es den Bundesgerichtshof als Revisionsgericht bestimmen würde. Nach § 8 Abs. 2 EGGVG ist bei Anwendung von Bundesrecht eine Zuständigkeit des Bayerischen Obersten Landesgerichts nämlich nur gegeben, wenn der landesrechtliche Rechtsstoff überwiegt (Zöller/Gummer ZPO 24. Aufl. § 8 EGGVG Rdn. 3). Das war hier nicht der Fall. Bei der Entscheidung des Berufungsgerichts ging es ausschließlich um mietrechtliche Fragen, somit um Bundesrecht und nicht um Landesrecht.
Die Klägerinnen müssen sich das Verschulden ihrer Prozeßbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen (Meyer aaO Rdn. 11).
Hahne Weber-Monecke Fuchs Ahlt Vézina

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

(1) Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.

(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.

(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der verfahrensfähigen Beteiligten zu dem Termin anordnen.

(4) Hat das Gericht ein Verfahren nach Absatz 1 zur Durchführung einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ausgesetzt, nimmt es das Verfahren in der Regel nach drei Monaten wieder auf, wenn die Beteiligten keine einvernehmliche Regelung erzielen.

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen.

(2) Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2.
eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
3.
Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder
4.
eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
Sieht das Gericht in den genannten Fällen von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen.

(4) Die Bestellung endet mit der Aufhebung der Bestellung, mit Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. Das Gericht hebt die Bestellung auf, wenn

1.
der Verfahrensbeistand dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen oder
2.
die Fortführung des Amtes die Interessen des Kindes gefährden würde.

(5) Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 682/12
vom
27. November 2013
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird der Mitarbeiter eines Betreuungsvereins zum berufsmäßigen
Verfahrensbeistand in einer Kindschaftssache bestellt, steht der sich nach § 158
Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG ergebende Vergütungsanspruch entsprechend § 277
Abs. 4 Satz 1 FamFG dem Betreuungsverein zu.

b) Der Anspruch auf die erhöhte Vergütung nach § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG hängt
nicht davon ab, dass der Verfahrensbeistand die ihm nach § 158 Abs. 4 Satz 3
FamFG zusätzlich übertragenen Tätigkeiten bereits aufgenommen hat.
Ausreichend ist vielmehr, dass er in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig
geworden ist.
BGH, Beschluss vom 27. November 2013 - XII ZB 682/12 - OLG Brandenburg
AG Bad Liebenwerda
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. November 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur
und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des 1. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. November 2012 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Beteiligten zu 2 entschieden worden ist, und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst: Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Liebenwerda vom 16. April 2012 dahin abgeändert, dass für die Tätigkeit des Verfahrensbeistands eine Vergütung von insgesamt 1.650 € festgesetzt wird (pro Kind 550 €). Gerichtsgebühren werden nicht erhoben (§ 2 FamGKG). Die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2 werden dem Beteiligten zu 3 auferlegt (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG). Wert: 600 €

Gründe:

I.

1
Die Rechtsbeschwerde betrifft die Frage, ob der Verfahrensbeistand die erhöhte Vergütung nach § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG nur dann erhält, wenn er die ihm gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG zusätzlich übertragenen Tätigkeiten bereits aufgenommen hat.
2
Mit Beschluss vom 29. März 2010 hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 1 als Mitarbeiter eines Betreuungsvereins (Beteiligter zu 2) in einer Umgangsrechtssache zum Verfahrensbeistand für die betroffenen drei minderjährigen Kinder bestellt. Es hat ihm weitere Aufgaben im Sinne des § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen und festgestellt, dass die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt wird. Der Verfahrensbeistand hat die auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antragsschrift gelesen und geprüft sowie die Kontaktdaten der Eltern und des beteiligten Jugendamts ermittelt. Am 31. März 2010 hat das Amtsgericht dem Verfahrensbeistand dann die Erledigung des Verfahrens mitgeteilt.
3
Den Antrag des Beteiligten zu 2, ihm für jedes der betroffenen Kinder eine Vergütung in Höhe von jeweils 550 € zu gewähren, hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Seiner Beschwerde hat das Oberlandesgericht nur teilweise stattgegeben und ihm für jedes der drei Kinder eine Vergütung von jeweils 350 € zuerkannt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 2 seinen ursprünglichen Vergütungsantrag weiter.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
5
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Verfahrensbeistand sei im Kindesinteresse tätig geworden, so dass die Fallpauschale des § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG in Höhe von 350 € je Kind angefallen sei und dem Betreuungsverein gemäß § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG zustehe. Es sei jedoch nicht feststellbar, dass der Verfahrensbeistand auch Tätigkeiten entfaltet habe, die zum erweiterten Aufgabenbereich - der Gesprächsführung mit den Eltern, dem Jugendamt und der Herbeiführung einer Einigung - gehörten, so dass es an den Voraussetzungen für eine Bewilligung der erhöhten Fallpauschale gemäß § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG fehle. Die Ermittlung der Kontaktdaten der Eltern sei bereits zur Erfüllung der Basisaufgaben in einem Umgangsverfahren erforderlich.
6
2. Die gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
7
a) Die für die Tätigkeit seines Mitarbeiters als berufsmäßiger Verfahrensbeistand anfallende Vergütung steht dem Beteiligten zu 2 als Betreuungsverein entsprechend § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG zu.
8
aa) Zwar gilt die vom Beschwerdegericht insoweit zitierte Bestimmung des § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG, nach der die Ansprüche auf Aufwendungsersatz und Vergütung für die Tätigkeit des Mitarbeiters eines anerkannten Betreuungsvereins dem Verein zustehen, unmittelbar nur für die Verfahrenspflegschaft, nicht aber für die hier vorliegende Verfahrensbeistandschaft in einer Kindschaftssache. Die Vorschrift des § 158 Abs. 7 FamFG, die die Vergütung des Verfahrensbeistands regelt, enthält weder eine dem § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG vergleichbare Bestimmung noch verweist sie auf diesen. Nach dem Gesetzeswortlaut stünde ein für die Tätigkeit des Verfahrensbeistands gegebenenfalls angefallener Vergütungsanspruch mithin nicht dem Betreuungsverein zu.
9
bb) Die Norm des § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG ist jedoch entsprechend anwendbar, wenn der Mitarbeiter eines Betreuungsvereins zum Verfahrensbeistand bestellt wird.

10
(1) Die Tätigkeit von Vereinen im Rahmen der Verfahrensbeistandschaft widerspricht nicht der Gesetzessystematik. Denn § 158 Abs. 7 Satz 1 FamFG ordnet für den Aufwendungsersatz des nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistands die entsprechende Anwendung von § 277 Abs. 1 FamFG an, der sich wiederum in seinem Satz 3 unter anderem mit dem Verein als Verfahrenspfleger befasst. Mithin geht das Gesetz von der Möglichkeit aus, dass auch eine Verfahrensbeistandschaft durch einen Verein geführt werden kann. Vereine werden in diesem Bereich aber regelmäßig durch Mitarbeiter tätig (vgl. Keidel/Engelhardt FamFG 17. Aufl. § 158 Rn. 33).
11
(2) Der Verfahrensbeistand nach § 158 FamFG ersetzt den früher in § 50 FGG vorgesehenen Verfahrenspfleger für minderjährige Kinder (BT-Drucks. 16/6208 S. 238). In seiner zuletzt geltenden Fassung nahm § 50 Abs. 5 FGG auf § 67 a FGG Bezug, der wiederum in Satz 1 seines Abs. 4 die heute durch § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG getroffene Regelung beinhaltete.
12
In der ursprünglich vorgesehenen Fassung des § 158 FamFG fand sich als Vergütungsregelung lediglich die Anordnung der entsprechenden Geltung von § 277 FamFG. Erst in der Stellungnahme des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2008 zum Entwurf des FGG-Reformgesetzes war § 158 Abs. 7 FamFG in seiner Gesetz gewordenen Fassung aufgenommen (BT-Drucks. 16/9733 S. 75), die für den Aufwendungsersatzanspruch des nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistands auf § 277 Abs. 1 FamFG verweist (Satz 1) und im Übrigen für die berufsmäßige Verfahrensbeistandschaft eine Vergütung nach Fallpauschalen regelt (Satz 2 bis 4).
13
(3) Diese Entstehungsgeschichte verdeutlicht, dass das Fehlen einer Verweisung auf § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG bzw. das Unterbleiben der Aufnahme einer vergleichbaren Bestimmung in § 158 FamFG nicht auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung beruht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Verfahrensbeistandschaft - anders als bei der Verfahrenspflegschaft nach § 277 FamFG und abweichend von der Verfahrenspflegschaft nach § 50 FGG als Vorgängerinstitut der heutigen Verfahrensbeistandschaft - bei Bestellung eines Vereinsmitarbeiters nicht mehr den Verein, sondern den Mitarbeiter selbst als gegenüber der Staatskasse berechtigt behandeln wollte. Vielmehr liegt nahe, dass bei der Regelung der Fallpauschalen die Aufnahme einer § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG entsprechenden Vorschrift übersehen wurde, und es sich insoweit um eine planwidrige Regelungslücke handelt.
14
(4) Dies entspricht im Übrigen auch der Rechtslage bei Bestellung des Mitarbeiters eines Vormundschaftsvereins zum Vormund. Dort fehlt ebenfalls eine gesetzliche Regelung, die dem Verein einen eigenen Vergütungsanspruch einräumt. Auch dort besteht eine planwidrige Regelungslücke, die nach der Rechtsprechung des Senats die entsprechende Anwendung der für den Bereuungsverein geltenden Bestimmungen zum Vergütungs- und Aufwendungsersatzanspruch gebietet. Nach dem daher für den Vereinsvormund anwendbaren § 7 Abs. 1 und 3 VBVG steht der Anspruch dem Verein, nicht aber dem Mitarbeiter zu (Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2011 - XII ZB 625/10 - FamRZ 2011, 1394 Rn. 22 ff. und vom 13. März 2013 - XII ZB 398/12 - FamRZ 2013, 946 Rn. 11).
15
b) Der Betreuungsverein kann die erhöhte Fallpauschale des § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG für die drei betroffenen minderjährigen Kinder beanspruchen.
16
aa) Zutreffend geht das Oberlandesgericht davon aus, dass der Verfahrensbeistand in einer Kindschaftssache, in der er für mehrere Kinder bestellt ist, für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr nach § 158 Abs. 7 FamFG erhält (Senatsbeschlüsse BGHZ 187, 40, 42 ff. = FamRZ 2010, 1893 Rn. 12 ff. und vom 15. September 2010 - XII ZB 268/10 - FamRZ 2010, 1896 Rn. 13 ff.).
17
bb) Ebenso wenig zu beanstanden ist der rechtliche Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts dazu, wann die Vergütung anfällt. Der Anspruch aus § 158 Abs. 7 FamFG entsteht in dem Moment, in dem der Verfahrensbeistand mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben nach § 158 Abs. 4 FamFG begonnen hat, so dass die Entgegennahme des Bestellungsbeschlusses nicht ausreichend ist. Es genügt jedoch, dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist (Senatsbeschlüsse vom 9. Oktober 2013 - XII ZB 667/12 - juris Rn. 18; vom 1. August 2012 - XII ZB 456/11 - FamRZ 2012, 1630 Rn. 18; vom 19. Januar 2011 - XII ZB 400/10 - FamRZ 2011, 558 Rn. 7 und vom 15. September 2010 - XII ZB 268/10 - FamRZ 2010, 1896 Rn. 30).
18
cc) Die Rechtsbeschwerde wendet sich aber mit Erfolg gegen die Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts, die erhöhte Fallpauschale des § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG sei hier nicht entstanden.
19
(1) Während teilweise gefordert wird, der Verfahrensbeistand müsse die ihm nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG zusätzlich übertragenen Tätigkeiten bereits aufgenommen haben, um die erhöhte Vergütung beanspruchen zu können (vgl. OLG Celle FamRZ 2013, 573, 574; OLG Brandenburg Beschluss vom 14. März 2011 - 9 WF 15/11 - juris Rn. 10; MünchKommFamFG/ Schumann 2. Aufl. § 158 Rn. 49), wird von der Gegenmeinung auch für die erhöhte Vergütung für ausreichend gehalten, dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist (vgl. OLG Frankfurt Beschluss vom 16. August 2010 - 5 UF 236/10 - juris Rn. 8; Prütting/Helms/ Hammer FamFG 3. Aufl. § 158 Rn. 60; Holzer/Menne FamFG § 158 Rn. 144; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 72. Aufl. § 158 FamFG Rn. 1; wohl auch OLG München FamRZ 2010, 1757, 1758).
20
(2) Die letztgenannte Auffassung ist zutreffend.
21
Hierfür spricht bereits der Gesetzeswortlaut des § 158 Abs. 7 FamFG, der (entgegen der Begründung des Rechtsausschusses für die Regelung, vgl. BTDrucks. 16/9733 S. 294) die Vergütungsstaffelung nicht vom Umfang der Tätigkeiten des Verfahrensbeistands abhängig macht. Nach Satz 2 erhält der Verfahrensbeistand für die "Wahrnehmung seiner Aufgaben" gemäß Absatz 4 die Grundpauschale von 350 €. Demgegenüber stellt Satz 3 für die erhöhte Pauschale allein auf die "Übertragung von Aufgaben" nach Absatz 4 Satz 3 ab (vgl. auch Prütting/Helms/Hammer FamFG 3. Aufl. § 158 Rn. 60), und verlangt mithin gerade kein Tätigwerden im erweiterten Aufgabenkreis. Nach der gesetzlichen Regelung stellt das Tätigwerden im Rahmen der gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragenen Aufgaben zudem keinen eigenständigen, von der Grundpauschale unabhängigen Vergütungstatbestand dar. Vielmehr soll (allein) die Aufgabenübertragung eine Erhöhung des ohne sie 350 € betragenden Vergütungssatzes auf 550 € begründen.
22
Darüber hinaus hat der Gesetzgeber sich auch deshalb für die Abrechnung nach Fallpauschalen entschieden, weil sie eine unaufwändige und unbürokratische Handhabung ermögliche und sowohl dem Verfahrensbeistand als auch der Justiz einen erheblichen Abrechnungs- und Kontrollaufwand erspare (Senatsbeschluss vom 9. Oktober 2013 - XII ZB 667/12 - juris Rn. 9; BT-Drucks. 16/9733 S. 294). Dem würde aber widersprechen, wenn die Gerichte für den Anfall der erhöhten Fallpauschale eine Prüfung der - vom Verfahrensbeistand dann auch mit größerem Aufwand darzulegenden - erbrachten Tätigkeiten daraufhin durchführen müssten, ob diese dem erweiterten Aufgabenkreis zuzurechnen sind.
23
Schließlich würde es im Rahmen dieser vertieften Prüfung regelmäßig zu schwierigen Abgrenzungsfragen kommen. Dies belegt der hier zu entscheidende Fall, in dem der Verfahrensbeistand die Kontaktdaten insbesondere der Kindeseltern ermittelt hatte. Dabei handelt es sich aber um eine notwendige Maßnahme, um die Aufgaben nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG erfüllen zu können. Nichts anderes gilt im Übrigen beispielsweise auch für das Aktenstudium oder ein Gespräch mit dem Kind selbst. Letztlich hat jede Tätigkeit, die im Kindesinteresse im Rahmen der von § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG erfassten Aufgaben ausgeübt wird, Relevanz auch für den erweiterten Aufgabenkreis. Eine Aufteilung in "Basisaufgaben" und andere - wie sie das Beschwerdegericht vorgenommen hat - ist mithin weder praktikabel noch durch das Gesetz vorgegeben.
24
(3) In entsprechender Anwendung des § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG steht dem Betreuungsverein daher gemäß § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG für jedes der drei betroffenen minderjährigen Kinder eine Vergütung von 550 € zu, insgesamt also ein Betrag von 1.650 €.
25
c) Der Senat kann gemäß § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG in der Sache selbst entscheiden, weil diese zur Endentscheidung reif ist. Die dem Beteiligten zu 2 als Betreuungsverein zu gewährenden Pauschalgebühren ergeben sich aus dem Gesetz. Weiterer Feststellungen bedarf es hierzu nicht. Dose Schilling Nedden-Boeger Botur Guhling
Vorinstanzen:
AG Bad Liebenwerda, Entscheidung vom 16.04.2012 - 20 F 78/10 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 08.11.2012 - 9 WF 179/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 456/11
vom
1. August 2012
in der Kindschaftssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Verfahrensbeistand, der sowohl in einer Sorgerechts- als auch in der Umgangsrechtsangelegenheit
bestellt worden ist, hat auch dann einen Anspruch, für beide
Angelegenheiten nach § 158 FamFG vergütet zu werden, wenn das Amtsgericht diese
in einem einzigen Verfahren behandelt hat (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse
vom 19. Januar 2011 - XII ZB 486/10 - FamRZ 2011, 467 und vom 17. November
2010 - XII ZB 478/10 - FamRZ 2011, 199).
BGH, Beschluss vom 1. August 2012 - XII ZB 456/11 - OLG Dresden
AG Bautzen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 1. August 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterinnen Weber-Monecke und Dr. Vézina
und die Richter Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 24. Familiensenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2011 wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 2 FamGKG). Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 81 FamFG). Verfahrenswert: 1.100 €

Gründe:

I.

1
Die in einer Sorgerechts- und Umgangsrechtssache zum Verfahrensbeistand bestellte Beteiligte zu 4 begehrt die volle Vergütung gemäß § 158 FamFG für beide Verfahrensgegenstände.
2
Das Amtsgericht hat die Beteiligte zu 4 zunächst in einem Sorgerechtsverfahren zum Verfahrensbeistand für die beiden Kinder bestellt. In dem Beschluss heißt es, dass die Beistandschaft berufsmäßig geführt wird. Gemäß Ziffer 3 des Beschlusses wurden der Beteiligten zu 4 die zusätzlichen Aufgaben übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen der Kinder zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Die Beteiligte zu 4 hat ihre Einschätzung nach Gesprächen mit den Eltern und Kindern in einem Bericht am 10. Februar 2011 niedergelegt. Vor dem Anhörungstermin im April 2011 hat der Antragsteller zusätzlich einen Umgangsrechtsantrag gestellt. In dem anschließenden Gerichtstermin hat das Amtsgericht durch Beschluss die Verfahrensbeistandschaft auf das Umgangsrecht erstreckt. Es hat im Anschluss hieran mit den Beteiligten das Umgangsrecht erörtert und die Kinder nochmals angehört. Schließlich haben die Eltern einen gerichtlichen Vergleich zum Umgangsrecht geschlossen.
3
Dem Antrag der Beteiligten zu 4, die Vergütung auf 2.200 € festzusetzen, hat das Amtsgericht nur in Höhe von 1.100 € entsprochen. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Auf die hiergegen eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 4 hat das Oberlandesgericht die Vergütung antragsgemäß auf 2.200 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 3, vertreten durch die Bezirksrevisorin, mit der von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
5
1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , soweit das Amtsgericht die Verfahrensbeistandschaft auf den Verfahrensgegenstand Umgang erstreckt habe, stehe der Beteiligten zu 4 eine weitere Vergütung in Höhe von insgesamt 1.100 € zu. Die in der Gesetzesbegründung enthaltene Verwendung des Begriffs "Fallpauschale" und die Formulierung "fallbezogene" Vergütung sprächen dafür, dass der Gesetzgeber die Vergütung verfahrensgegenstandsbezogen habe gestalten wollen. Hierfür spreche auch die teleologische Auslegung des § 158 FamFG, weil es dem Gesetzgeber darauf angekommen sei, dem Verfahrensbeistand die verfassungsrechtlich gebotene auskömmliche Vergütung zukommen zu lassen. Es habe verhindert werden sollen, dass dieser durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werde, die für eine effektive Interessenvertretung der Kinder im Verfahren erforderlichen Tätigkeiten zu entfalten. Diesem Anliegen des Gesetzgebers würde eine Auslegung der gesetzlichen Regelung des § 158 Abs. 7 FamFG nicht gerecht werden, die davon ausginge, dass der Verfahrensbeistand in einem förmlichen Verfahren pro Instanz nur eine "Verfahrenspauschale" und keine "Fallpauschale" - je Kind - erhalten solle, unabhängig davon, wie viele und welche Verfahrensgegenstände des § 151 FamFG in dem förmlichen Verfahren zusammengefasst seien. Der Verfahrensbeistand habe als Interessenvertreter des Kindes dessen Interessen im Verfahren im Hinblick auf jeden Verfahrensgegenstand wahrzunehmen und zum Kindeswohl in Beziehung zu setzen.
6
Hier bestehe die Besonderheit, dass die Verfahrensbeistandschaft auf den Verfahrensgegenstand Umgang erst im Anhörungstermin erweitert worden sei, weshalb die Beteiligte zu 4 nach der Übertragung der Verfahrensbeistandschaft nicht mehr gesondert tätig geworden sei. Vielmehr hätten die Eltern sich noch im selben Termin einvernehmlich zum Verfahrensgegenstand Umgang verglichen. Die Beteiligte zu 4 sei im Hinblick auf die Umgangsproblematik aber zuvor schon aktiv gewesen. Ihrem Bericht sei zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin mit den Beteiligten über eine Umgangsregelung gesprochen habe. Sie habe daher auch für diese Tätigkeit die erhöhte Vergütungspauschale nach § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG - je Kind 550 € - verdient.
7
2. Die angegriffene Entscheidung hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
8
Zu Recht hat das Beschwerdegericht der Beteiligten zu 4 eine gemäß § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG erhöhte Vergütung jeweils für beide Verfahrensgegenstände und beide Kinder, also in einer Gesamthöhe von 2.200 € bewilligt.
9
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es für das Entstehen des jeweiligen Vergütungsanspruches nicht darauf an, ob die Sorgerechts - und die Umgangsrechtsangelegenheit Gegenstand zweier formal getrennter Verfahren sind.
10
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass der Verfahrensbeistand in einem Kindschaftsverfahren, in dem er für mehrere Kinder bestellt ist, für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG erhält (s. etwa Senatsbeschlüsse BGHZ 187, 40 = FamRZ 2010, 1891 und vom 15. September 2010 - XII ZB 268/10 - FamRZ 2010, 1896).
11
Ferner hat der Senat für Fallkonstellationen entschieden, in denen der Verfahrensbeistand in einem Sorgerechtsverfahrens und parallel hierzu in einem Verfahren auf Genehmigung der freiheitsentziehenden Unterbringung für das minderjährige Kind bzw. im Hauptsacheverfahren und parallel hierzu im einstweiligen Anordnunsgverfahren bestellt worden ist, dass die Pauschalen für jedes dieser Verfahren anfallen und nicht aufeinander anzurechnen sind (Senatsbeschlüsse vom 19. Januar 2011 - XII ZB 486/10 - FamRZ 2011, 467 und vom 17. November 2010 - XII ZB 478/10 - FamRZ 2011, 199).
12
Nichts anderes gilt, wenn - wie hier - verschiedene Verfahrensgegenstände , für die der Verfahrensbeistand jeweils bestellt worden ist, in einem einzigen Verfahren behandelt werden. Den Gesetzesmaterialien ist nicht zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Norm des § 158 Abs. 7 FamFG die Vergütung des Verfahrensbeistands jeweils nur auf das Verfahren beziehen wollte (vgl. Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 268/10 - FamRZ 2010, 1896 Rn. 15). Dass es für das Entstehen des jeweiligen Vergütungsanspruchs nicht auf die Anzahl der Verfahren, sondern vielmehr auf die der - in § 151 FamFG aufgeführten - Verfahrensgegenstände ankommen soll, ergibt sich im Übrigen aus § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG. Danach kann dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen werden, u. a. am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den "Verfahrensgegenstand" mitzuwirken.
13
Soweit es in den Senatsbeschlüssen vom 17. November 2010 und vom 19. Januar 2011 (XII ZB 478/10 - FamRZ 2011, 199 Rn. 14 und - XII ZB 486/10 - FamRZ 2011, 467 Rn. 14) heißt, dass der Verfahrensbeistand im Rahmen eines konkreten Verfahrens zu bestellen ist, ist damit nicht das Verfahren im förmlichen Sinne gemeint, sondern der Verfahrensgegenstand; die Bestellung bezieht sich also sowohl auf das Kind als auch auf den jeweiligen Verfahrengegenstand, für den der Verfahrensbeistand bestellt ist.
14
Eine Anrechnung der jeweils entstandenen Vergütungsansprüche aufeinander findet mangels entsprechenden Anrechnungsvorschriften nicht statt; das gilt auch für die erhöhte Fallpauschale nach § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG (so schon zum Fall parallel geführter Verfahren Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 - XII ZB 486/10 - FamRZ 2011, 467 Rn. 8, 16).
15
bb) Gemessen hieran warzugunsten der Beteiligten zu 4 sowohl für die Sorgerechts- als auch für die Umgangsrechtssache jeweils die Gebühr nach § 158 Abs. 7 FamFG für jedes Kind zu bewilligen.
16
Der Umstand, dass das Amtsgericht davon Abstand genommen hat, die Umgangsrechtssache als gesondertes Verfahren gemäß § 151 Nr. 2 FamFG zu betreiben, kann nicht dazu führen, die Vergütung des Verfahrensbeistandes, der für beide Angelegenheiten bestellt worden ist, auf ein Verfahren zu beschränken. Würde man dem folgen, hinge es letztlich von der Aktenführung ab, wie umfangreich die Vergütung des Verfahrensbeistandes ausfällt.
17
b) Die Gebühr nach § 158 Abs. 7 FamFG ist auch jeweils entstanden.
18
aa) Der Anspruch aus § 158 FamFG entsteht in dem Moment, in dem der Verfahrensbeistand mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben nach § 158 Abs. 4 FamFG begonnen hat. Das bedeutet zwar, dass allein die Entgegennahme des Bestellungsbeschlusses für das Bestehen der Vergütungspauschale nicht ausreichend ist. Es genügt jedoch, dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist (Senatsbeschlüsse vom 19. Januar 2011 - XII ZB 400/10 - FamRZ 2011, 558 Rn. 7 und vom 15. September 2010 - XII ZB 268/10 - FamRZ 2010, 1896 Rn. 30).
19
bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist der Anspruch der Beteiligten zu 4 auch im Umgangsrechtsverfahren bereits entstanden.
20
Die Bestellung der Beteiligten zu 4 zum Verfahrensbeistand ist im Anhörungstermin auf das Umgangsrecht der Kinder erweitert worden. Im Anschluss hieran hat das Amtsgericht mit den Beteiligten das Umgangsrecht erörtert und die Kinder nochmals angehört. Hierauf haben die Eltern einen gerichtlichen Vergleich zum Umgangsrecht geschlossen.
21
Bereits aus dem Umstand, dass die Beteiligte zu 4 bei der gerichtlichen Erörterung zum Umgangsrecht als Verfahrensbeistand einbezogen war, folgt, dass sie im Kindesinteresse tätig geworden ist. Deshalb kommt es nicht mehr auf die vom Beschwerdegericht bejahte Frage an, ob sich der Verfahrensbeistand auch auf - vor seiner Bestellung ausgeführte - Tätigkeiten berufen kann.
22
c) Ebenso ist die erhöhte Vergütung des § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG entstanden.
23
Ausweislich des Bestellungsbeschlusses hat die Beteiligte zu 4 die Beistandschaft berufsmäßig geführt. Gemäß Ziffer 3 des Beschlusses wurden ihr die zusätzlichen Aufgaben übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen der Kinder zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken.
24
Da sich der Gesetzgeber für eine pauschalierte Vergütung des Verfahrensbeistands und damit gegen eine aufwandsbezogene Entschädigung im Sinne von § 277 FamFG entschieden hat, ist es für das Entstehen der Vergütungspauschale unerheblich, in welchem Umfang der Verfahrensbeistand bereits tätig geworden ist (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 268/10 - FamRZ 2010, 1896 Rn. 30). Ob der Verfahrensbeistand die ihm nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG zusätzlich übertragenen Tätigkeiten schon aufgenommen haben muss, um die erhöhte Vergütung beanspruchen zu können, kann hier dahinstehen, weil die Beteiligte zu 4 durch ihre Mitwirkung bei dem Umgangsrechtsvergleich im Rahmen ihres erweiterten Aufgabenbereichs bereits tätig geworden ist. Dose Weber-Monecke Vézina Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Bautzen, Entscheidung vom 25.05.2011 - 12 F 1002/10 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 01.08.2011 - 24 WF 588/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 478/10
vom
17. November 2010
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei den im Rahmen des FamFG geführten Hauptsacheverfahren einerseits und Eilverfahren
andererseits handelt es sich um verschiedene Angelegenheiten, für die der
- in beiden Verfahren bestellte - Verfahrensbeistand gemäß § 158 Abs. 7 FamFG
jeweils eine Vergütung beanspruchen kann. Eine Anrechnung findet nicht statt.
BGH, Beschluss vom 17. November 2010 - XII ZB 478/10 - OLG Frankfurt am Main
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. November 2010 durch
den Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. September 2010 (2 UF 256/10) wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 2 FamGKG). Die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Rechtsbeschwerdeführer auferlegt (§ 81 FamFG). Verfahrenswert: bis 600 €

Gründe:

A.

1
Die Rechtsbeschwerde betrifft die Frage, ob der Verfahrensbeistand, der sowohl in einem Sorgerechtsverfahren als auch in einem damit zusammenhängenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bestellt worden ist, die in § 158 Abs. 7 FamFG vorgesehene Pauschale für jedes der beiden Verfahren beanspruchen kann.
2
Die Rechtsbeschwerdegegnerin ist mit Beschluss vom 21. Januar 2010 im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie im gleichzeitig anhängig gemachten Hauptsacheverfahren zum Verfahrensbeistand für das betroffene Kind bestellt worden. Ihr wurde die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern des Kindes zu führen.
3
Unter dem 15. Februar 2010 hat die Rechtsbeschwerdegegnerin in beiden Verfahren gleichlautende Stellungnahmen zur Akte gereicht. Das Gericht hat unter anderem für den 19. Februar 2010 einen Anhörungstermin anberaumt , an dem die Rechtsbeschwerdegegnerin teilgenommen hat.
4
Die Rechtsbeschwerdegegnerin hat in beiden Verfahren eine Vergütung in Höhe von jeweils 550 € verlangt. Das Amtsgericht hat ihren Anträgen mit Beschlüssen vom 30. Juli 2010 entsprochen und die Beschwerde zugelassen.
5
Die von der Bezirksrevisorin eingelegten Beschwerden hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Gegen den im einstweiligen Anordnungsverfahren ergangenen Beschluss des Beschwerdegerichts (2 UF 256/10) wendet sich das Land mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

B.

6
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft und auch sonst zulässig.
7
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.

I.

8
Das Beschwerdegericht hat die angefochtene Entscheidung wie folgt begründet : Eine Anrechnung der Gebühr aus dem Hauptsacheverfahren auf die Pauschale im einstweiligen Anordnungsverfahren sehe das Gesetz nicht vor. Mit der durch die Einführung des "Familienverfahrensgesetzes" vom 1. September 2009 eingetretenen Trennung zwischen Eilverfahren und Hauptsacheverfahren bestehe kein Zweifel daran, dass der Gesetzgeber eine Eigenständigkeit beider Verfahren normiert habe. Der Wortlaut der Norm, wonach der Verfahrensbeistand die Rechte des Kindes "im Verfahren" wahrzunehmen habe , spreche für eine Vergütung je Verfahren, und zwar auch dann, wenn diese parallel geführt würden. Es bestehe auch die Möglichkeit, zwei unterschiedliche Verfahrensbeistände in Hauptsache- und Eilverfahren zu bestellen. Daneben entspreche die mit der Pauschalierung einhergehende Mischkalkulation dem verfassungsrechtlichen Gebot, die dem Verfahrensbeistand zu zahlende Vergütung so auskömmlich zu gestalten, dass er die Kindesinteressen tatsächlich mit der gebotenen Sorgfalt vertreten könne. Schließlich gebiete es Art. 12 Abs. 1 GG, dem Verfahrensbeistand eine angemessene Entschädigung zu gewährleisten. Im Übrigen würde auch die Vergütung der Rechtsanwälte verfahrensbezogen gewährt, ohne dass die Anrechnung der in einem einstweiligen Anordnungsverfahren verdienten Gebühren auf die Hauptsachegebühren erwogen werden könne.

II.

9
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Das Beschwerdegericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Hauptsacheverfahren einerseits und dem Eilverfahren andererseits um ver- schiedene Angelegenheiten handelt, für die der - in beiden Verfahren bestellte - Verfahrensbeistand gemäß § 158 FamFG jeweils eine Vergütung beanspruchen kann. Eine Anrechnung findet mangels entsprechender Anrechnungsvorschriften nicht statt.
10
1. Gemäß § 158 Abs. 1 FamFG hat das Gericht dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Nach Abs. 4 dieser Norm hat der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Soweit nach den Umständen des Einzelfalls ein Erfordernis besteht, kann das Gericht gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG dem Verfahrensbeistand die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken. Ausweislich § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach Abs. 4 in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 €, wenn die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt wird. Im Falle der Übertragung von Aufgaben nach Abs. 4 Satz 3 FamFG erhöht sich die Vergütung auf 550 €.
11
a) Eine ausdrückliche Regelung, wie mit der Vergütung des Verfahrensbeistands zu verfahren ist, wenn er - wie hier - im Hauptsacheverfahren und parallel hierzu im einstweiligen Anordnungsverfahren bestellt worden ist, gibt es nicht. Daraus schließt die wohl einhellige Auffassung, dass die Pauschalen für jedes dieser Verfahren anfallen und nicht aufeinander anzurechnen sind (OLG Saarbrücken ZKJ 2010, 378; Johannsen/Henrich/Büte Familienrecht 5. Aufl.
§ 158 FamFG Rn. 29; Menne ZKJ 2009, 68, 74; vgl. auch These 5 des AK 11 des 18. DFGT, Brühler Schriften zum Familienrecht 2010, S. 119).
12
b) Der Senat schließt sich dieser Auffassung an.
13
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass der Verfahrensbeistand in einem Kindschaftsverfahren, in dem er für mehrere Kinder bestellt ist, für jedes der von ihm betreuten Kinder die Pauschalgebühr nach § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG erhält (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 - XII ZB 209/10 - FamRZ 2010, 1893; - XII ZB 268/10 - FamRZ 2010, 1896; - XII ZB 260/10 und XII ZB 289/10 - juris).
14
bb) Entsprechendes gilt, wenn der Verfahrensbeistand in mehreren Verfahren , mögen sie auch parallel geführt werden, für ein Kind bestellt ist. Schon dem Wortlaut des § 158 FamFG, wonach der Verfahrensbeistand das Interesse des Kindes "im gerichtlichen Verfahren" zur Geltung zu bringen hat (Absatz 4), ist zu entnehmen, dass er im Rahmen eines konkreten Verfahrens zu bestellen ist. Dies ergibt sich auch aus Absatz 6, demzufolge die Bestellung mit dem Abschluss "des Verfahrens" endet.
15
Nach § 51 Abs. 3 Satz 1 FamFG ist das Verfahren der einstweiligen Anordnung ein selbständiges Verfahren, auch wenn eine Hauptsache anhängig ist. Die verfahrensmäßige Selbständigkeit ist die Konsequenz aus der "Hauptsacheunabhängigkeit" der einstweiligen Anordnung (so die Gesetzesbegründung zum FGG-RG vom 7. September 2009 BT-Drucks. 16/6308 S. 200).
16
Da es sich bei dem einstweiligen Anordnungsverfahren mithin um ein selbständiges Verfahren handelt, fallen für dieses folgerichtig auch gesonderte Gebühren nach § 158 FamFG an, die mangels entsprechender Anrechnungsvorschriften in voller Höhe auszuzahlen sind.
17
cc) Zu Recht weist das Beschwerdegericht zudem darauf hin, dass der Gesetzgeber eine Gebührenanrechnung in Fallkonstellation der vorliegenden Art nicht erwogen hat. Für das Gegenteil spricht vielmehr die Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 49 FamFG (BT-Drucks. 16/6308 S. 199). Dort heißt es, die Neukonzeption solle das Institut der einstweiligen Anordnung stärken. "Sofern weder ein Beteiligter noch das Gericht von Amts wegen ein Hauptsacheverfahren einleiten, fallen die diesbezüglichen Kosten nicht mehr an." Bezieht man diesen Passus - was naheliegt - auch auf die Kosten des Verfahrensbeistands , bedeutet das im Umkehrschluss, dass der Gesetzgeber eine Anrechnung dieser Kosten ausgeschlossen hat.
18
Der Senat hat zudem in seinen oben genannten Entscheidungen zur Mehrfachvergütung (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 aaO) ausgeführt , die Neuordnung der Vergütung sei ausweislich der Gesetzesmaterialen von dem Gedanken getragen gewesen, dass eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistands verfassungsrechtlich geboten sei.
19
Deshalb hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2449) schließlich § 158 FamFG dahin ergänzt, dass nunmehr nach Abs. 7 Satz 2 die Pauschalvergütung des Verfahrensbeistands für jeden Rechtszug zu bewilligen ist (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 aaO). Wenn der Gesetzgeber damit sogar eine Pauschalvergütung für die jeweilige Instanz innerhalb eines Verfahrens eingeführt hat, erschließt sich nicht, wieso er bei mehreren Verfahren eine Anrechnung hätte ermöglichen wollen.
20
Eine Anrechnung lässt sich auch nicht aus der im Gesetzgebungsverfahren in Bezug genommenen Rechtsanwaltsvergütung herleiten (siehe Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2008 BTDrucks. 16/9733 S. 294 unter Hinweis auf die Stellungnahme des Bundesrates vom 6. Juli 2007 BR-Drucks. 309/07 S. 62). Denn gemäß § 17 Nr. 4 b RVG stellen das Hauptsacheverfahren und das Anordnungsverfahren für die Rechtsanwaltsvergütung verschiedene Angelegenheiten dar. Deshalb wird ein einstweiliges Anordnungsverfahren - wenn auch geringer - gesondert vergütet, ohne dass eine Anrechnung erfolgt (vgl. auch § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG).
21
dd) Ebenso wenig spricht eine teleologische Auslegung des § 158 FamFG für eine Anrechnung der jeweiligen Vergütung.
22
Wie der Senat bereits in seinen oben genannten Entscheidungen ausgeführt hat (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 aaO), entspräche es nicht dem Sinn und Zweck des § 158 FamFG, der dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen einen effektiven Verfahrensbeistand zur Seite stellen will, durch eine restriktive Kostenregelung dessen Aufgabenwahrnehmung zu erschweren oder gar zu verhindern. Hinzu kommt, dass - wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat - in dem einstweiligen Anordnungsverfahren ein anderer Verfahrensbeistand bestellt werden kann als im Hauptsacheverfahren. In diesem Fall wäre ohnehin eine gesonderte Vergütung zu bewilligen.
23
ee) Schließlich ist - worauf der Senat ebenfalls in den vorgenannten Entscheidungen hingewiesen hat (Senatsbeschlüsse vom 15. September 2010 aaO) - bei der Auslegung des § 158 FamFG das verfassungsrechtliche Gebot zu beachten, eine auskömmliche Vergütung des Verfahrensbeistandes sicherzustellen. Dabei ist die mit der Einführung der Pauschalvergütung ermöglichte Mischkalkulation für den Verfahrensbeistand von erheblicher Bedeutung.
24
Zwar ist der Rechtsbeschwerde zuzugestehen, dass in Fällen der vorliegenden Art, in denen beide Verfahren im Wesentlichen parallel geführt werden, ein spürbarer Mehraufwand für den Verfahrensbeistand regelmäßig nicht feststellbar sein wird. Jedoch hängt es letztlich vom Zufall ab, ob das einstweilige Anordnungsverfahren tatsächlich parallel läuft. Vielfach wird das einstweilige Anordnungsverfahren dem Hauptsacheverfahren vorgeschaltet sein (vgl. aber auch § 157 Abs. 3 FamFG), nicht zuletzt auch aus der Erwägung heraus, dass ein späteres Hauptsacheverfahren eventuell gar nicht mehr erforderlich sein wird (vgl. dazu BT-Drucks. 16/6308 S. 199). Wird indes die Erforderlichkeit eines Hauptsacheverfahrens bejaht und dies - im Anschluss an das einstweilige Anordnungsverfahren - eingeleitet, sind in diesem Verfahren regelmäßig weitere Anhörungstermine von dem Verfahrensbeistand wahrzunehmen. Ferner wird er gegebenenfalls zu psychologischen Sachverständigengutachten, Jugendamtsberichten und ähnlichem mehr Stellung zu nehmen haben.
25
Zutreffend hat das Beschwerdegericht schließlich darauf hingewiesen, dass im einstweiligen Anordnungsverfahren teilweise andere Aufgaben als im Hauptsacheverfahren zu bewältigen sind. So stellt sich im einstweiligen Anordnungsverfahren die Frage, welche Eilmaßnahmen unter Berücksichtigung des Kindeswohls wie auch des Elternrechts erforderlich und angemessen sind (vgl. auch Dose Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen 3. Aufl. Rn. 115 ff.).
26
2. Gemessen hieran ist die vom Beschwerdegericht getroffene Entscheidung nicht zu beanstanden.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 30.07.2010 - 512 F 274/10 SO -
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 08.09.2010 - 2 UF 257/10 -

(1) Das Gericht hat dem minderjährigen Kind in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, einen fachlich und persönlich geeigneten Verfahrensbeistand zu bestellen, soweit dies zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes erforderlich ist. Der Verfahrensbeistand ist so früh wie möglich zu bestellen.

(2) Die Bestellung ist stets erforderlich, wenn eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(3) Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
das Interesse des Kindes zu dem seiner gesetzlichen Vertreter in erheblichem Gegensatz steht,
2.
eine Trennung des Kindes von der Person erfolgen soll, in deren Obhut es sich befindet,
3.
Verfahren die Herausgabe des Kindes zum Gegenstand haben oder
4.
eine wesentliche Beschränkung des Umgangsrechts in Betracht kommt.
Sieht das Gericht in den genannten Fällen von der Bestellung eines Verfahrensbeistands ab, ist dies in der Endentscheidung zu begründen.

(4) Die Bestellung endet mit der Aufhebung der Bestellung, mit Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens. Das Gericht hebt die Bestellung auf, wenn

1.
der Verfahrensbeistand dies beantragt und einer Entlassung keine erheblichen Gründe entgegenstehen oder
2.
die Fortführung des Amtes die Interessen des Kindes gefährden würde.

(5) Die Bestellung eines Verfahrensbeistands oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind.

(2) Gegen die Entscheidung des Familiengerichts über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Familiengericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Familiengericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Oberlandesgericht vorzulegen. Das Oberlandesgericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Beschwerde ist bei dem Familiengericht einzulegen.

(5) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung und die Beschwerde durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(6) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(7) Entscheidungen des Oberlandesgerichts sind unanfechtbar.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.