Die Beschwerde betrifft die Frage, ob Rechtsanwältin ... auch in dem vorliegenden Überprüfungsverfahren gemäß §§ 166 Abs. 1 FamFG, 1696 Abs. 1 BGB zum Verfahrensbeistand bestellt und daher vergütungsberechtigt ist.
In dem Ausgangsverfahren des Amtsgerichts Kempten mit dem Az. 1 F 721/09 waren mit Beschluss vom 05.11.2009 Maßnahmen der elterlichen Sorge angeordnet worden.
Auf eine gerichtliche Aufforderung vom 21.10.2015 hinsichtlich der Erforderlichkeit der Fortdauer dieser Anordnungen nahm die im Ausgangsverfahren als Verfahrensbeistand tätige Rechtsanwältin … mit Schreiben vom 29.10.2015 Stellung; sie beantragte darin Anberaumung eines Termines und Aufhebung des Beschlusses vom 05.11.2009.
Das Amtsgericht legte mit diesem, unter dem Aktenzeichen des Ausgangsverfahrens eingereichten, Schriftsatz das neue, nunmehr vorliegende Verfahren 1 F 995/15 an. Nach Erholung einer Stellungnahme des Jugendamtes hob es sodann am 24.11.2015 den Beschluss vom 05.11.2009 im Verfahren 1 F 721/09 auf und berichtigte mit weiterem Beschluss vom 01.12.2015 diese Entscheidung dahin, dass die Aufhebung für beide betroffenen Kinder gelte.
Am 26.11.2015 beantragte Rechtsanwältin … „die Beiordnung der Unterzeichnerin als Verfahrensbeistand im Altverfahren 1 F 721/09 auch auf das aktuelle Verfahren zu erstrecken“. Die hierzu angehörte Bezirksrevisorin äußerte zunächst die Ansicht, es habe kein Anlass zur Anlegung eines neuen Verfahrens bestanden, die beantragte Erstreckung komme daher nicht in Betracht. Demgegenüber vertrat Rechtsanwältin ... die Auffassung, das Verfahren 1 F 721/09 sei formell rechtskräftig abgeschlossen, weshalb die Einleitung eines neuen Verfahrens korrekt gewesen sei. In diesem sei sie „jedenfalls konkludent“ zum Verfahrensbeistand bestellt worden, was sich bereits aus dem Rubrum des Beschlusses vom 24.11.2015 ergebe. Im Übrigen sei die Bestellung eines Verfahrensbeistandes nicht anfechtbar, weshalb die Einholung einer Stellungnahme der Bezirksrevisorin nicht veranlasst gewesen sei. Gleichzeitig beantragte sie die Festsetzung einer Vergütung für zwei Kinder in Höhe von € 700,00 (2 mal € 350,00). Die Bezirksrevisorin blieb bei ihrer Ansicht, wonach kein Raum für die Vergütung sei, da es im Überprüfungsverfahren gemäß § 166 FamFG an einer Bestellung fehle. In einem ausführlichen Aktenvermerk vom 07.06.2016 vertrat der zuständige Familienrichter die Meinung, Rechtsanwältin … sei mit ihrem Schreiben vom 29.10.2015 „technisch“ bereits im Überprüfungsverfahren tätig geworden. Ein zeitlich vorausgehender Bestellungsbeschluss sei „objektiv technisch nicht möglich“ gewesen; Rechtsanwältin … habe „aus Treu und Glauben“ davon ausgehen können, „dass sie auch im Überprüfungsverfahren bestellt wird/ist“. Der Bestellungsbeschluss könne auch konkludent erfolgen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies die Rechtspflegerin den Festsetzungsantrag gleichwohl zurück, da eine Bestellung zum Verfahrensbeistand im Überprüfungsverfahren unterblieben sei. Eine konkludente Bestellung sei nicht möglich, weil der Umfang der Beauftragung im erweiterten Aufgabenkreis wegen § 158 Abs. 4 Satz 4 FamFG festzulegen und zu begründen sei. Dagegen richtet sich die Beschwerde von Rechtsanwältin ., mit der sie weiterhin ihre Ansicht vertritt, insbesondere durch die Aufforderung des Gerichts zu einer Stellungnahme, konkludent zum Verfahrensbeistand bestellt worden zu sein; eine Begründung sei nicht nötig. Eine Erstreckung auf den erweiterten Wirkungskreis sei nicht beabsichtigt gewesen, weshalb im Zweifel die Mindestgebühr von € 350,00 pro Kind angefallen sei. Die umfassende Stellungnahme im Altverfahren genüge zur Herbeiführung des Vergütungsanspruches.
II.
Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg; eine „konkludente“ Bestellung zum Verfahrensbeistand mag in Ausnahmefällen denkbar sein - hier indes ist für eine diesbezügliche Annahme kein Raum.
1. Aus den Akten ist zunächst nicht ersichtlich, dass das Gericht dem Antrag von Rechtsanwältin . vom 26.11.2015 nachgekommen wäre, die Beiordnung als Verfahrensbeistand „im Altverfahren 1 F 721/09“ auch auf das aktuelle Verfahren zu erstrecken. Es mag sein, dass das Gesetz - was nicht verkannt wird - insoweit keinen besonderen Bestellungsakt vorsieht; dennoch lässt sich hier weder in der Aufforderung zu einer bloßen Stellungnahme im Altverfahren eine Bestellungsentscheidung sehen noch sonst eine entsprechende gerichtliche Willensäußerung feststellen.
2. Eine sogenannte „konkludente“ Bestellung zum Verfahrensbeistand, wie sie teilweise für möglich erachtet wird (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 02.03.2015 - 6 WF 14/15 Tz 11 a.E.; OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.11.2014 - 7 UF 1819/13 mit Anm. Menne, FamRB 15, 171) ist, wie der Senat bereits im Beschluss vom 19.08.2015 - 11 WF 1028/15 ausgeführt hat, fragwürdig und auf Ausnahmefälle zu beschränken:
Von dem formellen Aspekt abgesehen, dass bei Kollegialgerichten eine übereinstimmende Willensbildung wohl nur durch einen Beschluss möglich sein dürfte (vgl. Bork/Jacoby/Schwab-Zorn, FamFG, 2. Aufl., § 158 Rn. 26), bedarf die Bestellung klarer Vorgaben.
a) Dies gilt zunächst für die Frage, ob die Verfahrensbeistandschaft beruflich geführt wird oder nicht (siehe § 158 Abs. 7 Satz 1 und Satz 2 FamFG), für die Festlegung der genauen Aufgaben (Erweiterung gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3, 4 FamFG ?), für die Frage, für welches von mehreren Kindern die Beistandschaft bestehen soll und schließlich ist insbesondere deutlich zu bestimmen, in welchem Verfahren genau ein Verfahrensbeistand erforderlich ist, ob etwa auch ein Eilverfahren erfasst werden soll (vgl. hierzu die Notwendigkeit einer entsprechenden Auslegung in dem Beschluss des OLG Zweibrücken vom 02.03.2015 - 6 WF 14/15 Tz 11 f., = FamRZ 15, 1928).
Der Verfahrensgegenstand, auf den sich die Beistandschaft bezieht, ist genau zu bezeichnen (richtig Zorn, a.a.O., § 158 Rn. 30), schon weil der BGH die Vergütungspauschale nach § 158 Abs. 7 FamFG nicht als „Fallpauschale“ sieht, sondern an einen „Verfahrensgegenstand“ knüpft (siehe hierzu Menne, FamRB 12, 338, 339; Senatsbeschl. vom 27.02.2013 - 11 WF 250/13, = FamRZ 13, 966).
Auslegungsfragen wie die von der Beschwerdeführerein aufgeworfene, wonach hier „im Zweifel die Mindestgebühr“ festzusetzen sei, erscheinen überflüssig; Kostenbeamte sollten damit schon deshalb nicht belastet werden, weil ein eindeutiger Gerichtsbeschluss ohne weiteres zumutbar erscheint.
b) Richtiger Ansicht nach ist auch den - später mit den z. T. sehr erheblichen Auslagen für die Beistandschaft belasteten - Eltern vor Bestellung eines Verfahrensbeistandes jedenfalls grundsätzlich rechtliches Gehör zu gewähren (Zorn, a.a.O., § 158 Rn. 28; Menne, FamRZ 16, 161; jew. m. w. N.), was bei einer „konkludenten“ Bestellung unterbleiben wird.
c) Gerade der vorliegende Fall zeigt, dass eine Festlegung der Einzelheiten nicht nur bei einer Aufgabenerweiterung im Sinne von § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG geboten ist. Abgesehen davon, dass die in § 158 Abs. 4 Satz 4 FamFG vorgesehene Festlegungs - und Begründungspflicht von der systematischen Stellung her nicht unbedingt zwingend nur für die Aufgabenerweiterung in Satz 3 dieser Vorschrift zu gelten hat, ist deren Hintergrund nicht zuletzt Klarheit in Bezug auch auf die Vergütung, vgl. BT-Drs. 16/6308 S.240 li. Sp.. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sind die Aufgaben des Verfahrensbeistands strikt auf das konkrete Verfahren, für das er bestellt wurde, beschränkt (BT-Drs. 16/6308, S. 240, li. Sp.) -was eine unmissverständliche Bestimmung dieses Verfahrens voraussetzt.
d) Zumal die vom Senat in letzter Zeit mehrfach zu beurteilenden Fälle von Mißbrauch der Funktion des Verfahrensbeistandes (Aufgabenverlagerung vom Gericht auf diesen, siehe z.B. Beschluss vom 11.08.2016 - 11 WF 889/16; „rückwirkende“ Bestellung, Beschluss vom 19.08.2015 - 11 WF 1028/15; Bestellung immer wieder desselben Verfahrensbeistandes ohne jedwede Erforderlichkeitsprüfung im Sinne von § 158 Abs. 1, 2. HS, Abs. 2 FamFG, Senatsbeschluss vom 30.10.2014 - 11 WF 1349/14) indizieren die Notwendigkeit einer eindeutigen Festlegung der Bestellung durch einen - rechtzeitigen - Beschluss (ebenso Menne, FamRZ 16, 161 a. E.). Dies umsomehr, als die Bestellung nicht anfechtbar ist (§ 158 Abs. 3 Satz 4 FamFG) und dem Verfahrensbeistand eine erhebliche Rechtsstellung verleiht.
e) Durch eine derartige Bestimmung wird das Gericht nicht zuletzt angehalten, auch die -trotz § 158 Abs. 3 Satz 1 FamFG - gesetzlich vorgegebene Prüfung der Erforderlichkeit im Sinne von § 158 Abs. 1, letzt. Halbsatz, Abs. 2 FamFG durchzuführen (s. Keidel-Engelhardt, FamFG, 18.Aufl., § 158 Rn. 30). Dabei ist zu beachten, dass der Verfahrensbeistand von der Aufgabenstellung her in erster Linie „Sprachrohr des Kindes“ ist; es obliegt ihm grundsätzlich nicht und er ist auch nicht dazu da, gleichsam als „Sachverständiger“ Ermittlungen über die Feststellung des Kindesinteresses hinaus anzustellen bzw. Empfehlungen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten und damit in Konkurrenz zu Gericht, Jugendamt oder Sachverständigem zu treten (Senatsbeschl. v. 11.08.2016 - 11 WF 889/16; OLG München, Beschluss vom 11.02.2000 - 16 WF 1616/99, = FamRZ 02, 563; Schulte-Bunert/Weinreich - Ziegler, FamFG, 5. Aufl., § 158 Rn. 32).
3. Anders als das Amtsgericht sieht der Senat hier keinen Anlass, von einer Bestellung der Beschwerdeführerin „aus Treu und Glauben“ auszugehen, denn zumindest ein berufsmäßig tätiger Verfahrensbeistand wird in der Lage sein, auf eine entsprechende Aufforderung, Ladung etc., eine Bestellungsentscheidung anzuregen (eine solche Anregung ist hier übrigens, wenngleich erst später, auch erfolgt). Darauf, ob bzw. inwieweit ein Rechtsanwalt von sich aus auf die Beschränkung seiner Tätigkeit als Verfahrensbeistand auf die vom Gesetz vorgesehenen Aufgaben hinzuweisen hat, kommt es nicht an.
4. Soweit die Beschwerdeführerin die Auffassung vertritt, das Verfahren 1 F 721/09 sei „formell abgeschlossen“ gewesen, hätte sie rechtzeitig eine Neubestellung anregen müssen. Zumal in diesem Bereich benötigen die mit dem Vergütungsrecht befassten Personen klare und eindeutige Vorgaben und kann nur in Ausnahmefällen Raum für Fiktionen bzw. Vergütungsansprüche aufgrund von „Treu und Glauben“ sein.
5. Bei der Kostenentscheidung gemäß §§ 81 ff. FamFG bestand kein Anlass, von der Regelung des § 84 FamFG abzugehen.