Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 11. Apr. 2011 - 13 UF 205/11

ECLI: ECLI:DE:OLGKOBL:2011:0411.13UF205.11.0A
published on 11.04.2011 00:00
Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 11. Apr. 2011 - 13 UF 205/11
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Mayen vom 28. Januar 2011 in seiner Ziffer 2 (Versorgungsausgleich) teilweise abgeändert.

a. Der Ausgleich des Anrechts des Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz - Versicherungsnummer 56 ... S 528 - unterbleibt in Höhe von 1,4855 Entgeltpunkten, bezogen auf den 31.05.2010.

b. Der Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Baden Württemberg - Versicherungsnummer 16 ... S 068 - unterbleibt.

c. Der Wertausgleich findet auch bezüglich der weitergehenden – 1,4855 Entgeltpunkte übersteigenden - Anrechte der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung und ihrer Anrechte bei den Rheinischen Versorgungskassen nicht statt. Ein Ausgleich dieser Anrechte durch einen Ausgleich nach der Scheidung (§§ 20ff VersAusglG) wird hiervon nicht berührt.

2. Gerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Im Übrigen werden die Kosten zwischen den beteiligten Eheleuten gegeneinander aufgehoben. Es bleibt bei der Kostenentscheidung 1. Instanz.

3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2.250,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die am 22. November 2002 geschlossene Ehe der Beteiligten wurde auf den am 02. Juni 2010 zugestellten Scheidungsantrag durch den angefochtenen Beschluss geschieden. Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich wurde dahin durchgeführt, dass die für beide Beteiligte in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehenden Anrechte intern geteilt wurden. Hinsichtlich der Anrechte der Antragstellerin gegenüber den Rheinischen Versorgungskassen wurde der schuldrechtliche Ausgleich vorbehalten, da das Anrecht nicht ausgleichsreif, weil noch nicht unverfallbar, sei.

2

Gegen diese Entscheidung zum Versorgungsausgleich richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin, mit der geltend gemacht wird, der Antragsgegner habe noch Anrechte in der Schweiz erworben, die zu berücksichtigen seien. Im Übrigen habe er während der Ehezeit als überwiegend Selbstständiger keine Altersversorgung betrieben. Aus diesem Grund sei der Versorgungsausgleich insgesamt dem schuldrechtlichen Ausgleich vorzubehalten. Zumindest aber habe ein entsprechender Ausspruch bezüglich der ausländischen Anrechte zu erfolgen.

II.

3

Über das im April 2010 eingeleitete Verfahren ist nach der Übergangsvorschrift des Art 11 FGG-RG nach dem neuen, ab dem 01.09.2009 geltenden Recht zu entscheiden.

4

Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff., 228 FamFG zulässig und begründet.

5

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleichbezüglich der Anrechte beider Beteiligter in der gesetzlichen Rentenversicherung zwar rechnerisch grundsätzlich zutreffend durchgeführt. Es wurde aber die Vorschrift des § 19 Abs. 3 VersAusglG nicht beachtet. Das Anrecht der Antragstellerin bei den Rheinischen Versorgungskassen wurde zu Recht als nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG nicht ausgleichsreif behandelt. Das Anrecht ist ausweislich der Auskunft mangels Erfüllung der Wartezeit von 60 Monaten vom 05.07.2010 noch nicht unverfallbar.

6

Soweit der Vortrag der Antragstellerin auf einen – endgültigen - Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit abzielen sollte (§ 27 VersAusglG), liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor. Auch wenn während der Ehezeit überwiegend die Antragstellerin Anwartschaften erworben hat, weil der Antragsgegner selbstständig war und keine Altersvorsorge betrieben hat, so macht das den Ausgleich nicht im Sinne von § 27 VersAusglG grob unbillig. Es ist nichts dafür vorgetragen, dass diese Verfahrensweise nicht der gemeinsamen Lebensplanung entsprach, insbesondere auch nicht, dass die infolge der unterlassenen Altersvorsorge freien Mittel nicht in den Konsum der Familie überführt wurden.

7

Für die Anrechte, die für den Antragsgegner bei einem schweizerischen Versorgungsträger bestehen, gilt ebenfalls, dass sie nicht ausgleichsreif sind (§ 19 Abs. 1 Nr. 4 VersAusg.G), also zu Recht vom Amtsgericht nicht in den Ausgleich einbezogen wurden. Diese unterliegen jedoch dem Ausgleich nach der Scheidung gemäß §§ 20 ff. VersAusglG.

8

Die Antragstellerin meint nun, im Hinblick auf die ausländischen Anrechte des Antragsgegners – er hat ab Januar 2008 in der Schweiz gearbeitet – sei die Durchführung des Versorgungsausgleichs nach § 19 Abs. 3 VersAusglG unbillig. Dies trifft (teilweise) zu.

9

Generell bewirkt das Bestehen ausländischer Anrechte keine Ausgleichssperre, es ist nur nach § 19 Abs. 3 VersAusglG zu prüfen, ob es der Billigkeit entspricht, dass der Ehegatte mit den inländischen Anrechten der Hälfte dieser Anrechte verlustig geht und gleichzeitig auf den deutlich schwächeren schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen wird (vgl. Borth, Versorgungsausgleich, 5. Aufl. Rn 599). Eine Unbilligkeit wird allerdings immer dann gegeben sein, wenn sich die Höhe des ausländischen Anrechts nicht feststellen lässt, wie das hier der Fall ist (Borth, a.a.O), denn ob ein - grundsätzlich möglicher - teilweiser Ausschluss in Betracht kommt (vgl. das Beispiel bei Borth, a.a.O., Rn 601) lässt sich bei dieser Konstellation nicht ermitteln.

10

Folglich liegen hier die Voraussetzungen für eine Ausgleichssperre gemäß § 19 Abs. 3 VersAusgl G vor, das jedoch nur, soweit nicht auch der Antragsgegner inländische Anrechte hat. Das heißt, es käme unter Billigkeitsgesichtspunkten ein vollständiger Ausgleich der inländischen Anrechte des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung in Betracht und ein Ausgleich in entsprechender Höhe der Anrechte der Antragstellerin. Eine solche Verfahrensweise widerspräche aber dem Grundgedanken des § 18 Abs. 1 VersAusglG, wonach Anrechte gleicher Art nicht ausgeglichen werden sollen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Überdies wäre der Ausgleich für die beteiligten Eheleute insgesamt unwirtschaftlich. Deshalb ist es geboten, insgesamt vom Ausgleich abzusehen, wobei der Ausgleich in Höhe von jeweils 1,4855 Entgeltpunkten nach § 18 Abs. 1 VersAusglG (endgültig) unterbleibt.

11

Im Übrigen, soweit eine teilweise Ausgleichssperre nach § 19 Abs. 3 VersAusglG vorliegt, heißt das nicht, dass der Ausgleich dieser Anrechte der Antragstellerin generell ausgeschlossen wäre, vielmehr findet nach § 19 Abs. 4 VersAusglG insoweit der „Ausgleich nach der Scheidung“ (§§ 20 ff. Vers.AusglG) statt. Dies ist in den Tenor der Entscheidung aufzunehmen (vgl. Borth, a.a.O.Rn 600). Bezüglich der ausländischen Anrechte des Antragsgegners genügt eine entsprechende Dokumentation in den Gründen (vgl. § 224 Abs. 4 FamFG, Borth, a.a.O. Rn 598).

12

Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 FamGKG i.V.m. § 150 FamFG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

9 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG

(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. (2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen. (3) Ein Wer

Annotations

(1) Ist ein Anrecht nicht ausgleichsreif, so findet insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. § 5 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Ein Anrecht ist nicht ausgleichsreif,

1.
wenn es dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist, insbesondere als noch verfallbares Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
2.
soweit es auf eine abzuschmelzende Leistung gerichtet ist,
3.
soweit sein Ausgleich für die ausgleichsberechtigte Person unwirtschaftlich wäre,
4.
wenn es bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger besteht oder
5.
wenn sich bei einem Anrecht aus der betrieblichen Altersversorgung oder der privaten Altersvorsorge nach dem Ende der Ehezeit der Kapitalwert als maßgebliche Bezugsgröße und damit der Ausgleichswert verändert hat, weil die ausgleichspflichtige Person innerhalb der bisher bestehenden Leistungspflicht eine Versorgung aus dem Anrecht bezogen hat, und die ausgleichsberechtigte Person verlangt, dass das Anrecht vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen wird.

(3) Hat ein Ehegatte nicht ausgleichsreife Anrechte nach Absatz 2 Nr. 4 erworben, so findet ein Wertausgleich bei der Scheidung auch in Bezug auf die sonstigen Anrechte der Ehegatten nicht statt, soweit dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre.

(4) Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 26 bleiben unberührt.

Ein Versorgungsausgleich findet ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen.

(1) Ist ein Anrecht nicht ausgleichsreif, so findet insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. § 5 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Ein Anrecht ist nicht ausgleichsreif,

1.
wenn es dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist, insbesondere als noch verfallbares Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
2.
soweit es auf eine abzuschmelzende Leistung gerichtet ist,
3.
soweit sein Ausgleich für die ausgleichsberechtigte Person unwirtschaftlich wäre,
4.
wenn es bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger besteht oder
5.
wenn sich bei einem Anrecht aus der betrieblichen Altersversorgung oder der privaten Altersvorsorge nach dem Ende der Ehezeit der Kapitalwert als maßgebliche Bezugsgröße und damit der Ausgleichswert verändert hat, weil die ausgleichspflichtige Person innerhalb der bisher bestehenden Leistungspflicht eine Versorgung aus dem Anrecht bezogen hat, und die ausgleichsberechtigte Person verlangt, dass das Anrecht vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen wird.

(3) Hat ein Ehegatte nicht ausgleichsreife Anrechte nach Absatz 2 Nr. 4 erworben, so findet ein Wertausgleich bei der Scheidung auch in Bezug auf die sonstigen Anrechte der Ehegatten nicht statt, soweit dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre.

(4) Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 26 bleiben unberührt.

(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist.

(2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen.

(3) Ein Wertunterschied nach Absatz 1 oder ein Ausgleichswert nach Absatz 2 ist gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt.

(1) Ist ein Anrecht nicht ausgleichsreif, so findet insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. § 5 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Ein Anrecht ist nicht ausgleichsreif,

1.
wenn es dem Grund oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist, insbesondere als noch verfallbares Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
2.
soweit es auf eine abzuschmelzende Leistung gerichtet ist,
3.
soweit sein Ausgleich für die ausgleichsberechtigte Person unwirtschaftlich wäre,
4.
wenn es bei einem ausländischen, zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Versorgungsträger besteht oder
5.
wenn sich bei einem Anrecht aus der betrieblichen Altersversorgung oder der privaten Altersvorsorge nach dem Ende der Ehezeit der Kapitalwert als maßgebliche Bezugsgröße und damit der Ausgleichswert verändert hat, weil die ausgleichspflichtige Person innerhalb der bisher bestehenden Leistungspflicht eine Versorgung aus dem Anrecht bezogen hat, und die ausgleichsberechtigte Person verlangt, dass das Anrecht vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen wird.

(3) Hat ein Ehegatte nicht ausgleichsreife Anrechte nach Absatz 2 Nr. 4 erworben, so findet ein Wertausgleich bei der Scheidung auch in Bezug auf die sonstigen Anrechte der Ehegatten nicht statt, soweit dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre.

(4) Ausgleichsansprüche nach der Scheidung gemäß den §§ 20 bis 26 bleiben unberührt.

(1) Endentscheidungen, die den Versorgungsausgleich betreffen, werden erst mit Rechtskraft wirksam.

(2) Die Endentscheidung ist zu begründen.

(3) Soweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nach § 3 Abs. 3, den §§ 6, 18 Abs. 1 oder Abs. 2 oder § 27 des Versorgungsausgleichsgesetzes nicht stattfindet, stellt das Gericht dies in der Beschlussformel fest.

(4) Verbleiben nach dem Wertausgleich bei der Scheidung noch Anrechte für Ausgleichsansprüche nach der Scheidung, benennt das Gericht diese Anrechte in der Begründung.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

(1) Wird die Scheidung der Ehe ausgesprochen, sind die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen gegeneinander aufzuheben.

(2) Wird der Scheidungsantrag abgewiesen oder zurückgenommen, trägt der Antragsteller die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen. Werden Scheidungsanträge beider Ehegatten zurückgenommen oder abgewiesen oder ist das Verfahren in der Hauptsache erledigt, sind die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen gegeneinander aufzuheben.

(3) Sind in einer Folgesache, die nicht nach § 140 Abs. 1 abzutrennen ist, außer den Ehegatten weitere Beteiligte vorhanden, tragen diese ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

(4) Erscheint in den Fällen der Absätze 1 bis 3 die Kostenverteilung insbesondere im Hinblick auf eine Versöhnung der Ehegatten oder auf das Ergebnis einer als Folgesache geführten Unterhaltssache oder Güterrechtssache als unbillig, kann das Gericht die Kosten nach billigem Ermessen anderweitig verteilen. Es kann dabei auch berücksichtigen, ob ein Beteiligter einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem Informationsgespräch nach § 135 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat. Haben die Beteiligten eine Vereinbarung über die Kosten getroffen, soll das Gericht sie ganz oder teilweise der Entscheidung zugrunde legen.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 4 gelten auch hinsichtlich der Folgesachen, über die infolge einer Abtrennung gesondert zu entscheiden ist. Werden Folgesachen als selbständige Familiensachen fortgeführt, sind die hierfür jeweils geltenden Kostenvorschriften anzuwenden.