Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 20. Mai 2003 - 16 WF 69/03

bei uns veröffentlicht am20.05.2003

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Stadtjugendamts gegen die einstweilige Anordnung des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 11. März 2003 wird verworfen.

Gründe

 
Das Stadtjugendamt hatte am 20. Februar 2003 beantragt, der Mutter auch im Wege der einstweiligen Anordnung die Personensorge für das damals noch nicht geborene Kind Me. zu entziehen und dem Stadtjugendamt M. als Amtsvormund zu übertragen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht vorläufig auf einen Pfleger übertragen und zum Pfleger das Stadtjugendamt M. bestellt. Den weitergehenden Antrag hat es zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Stadtjugendamtes, mit welcher es das Ziel verfolgt, nicht nur das Aufenthaltsbestimmungsrecht, sondern die gesamte Personensorge auf das Stadtjugendamt als Pfleger zu übertragen.
Das Rechtsmittel ist unzulässig.
Der angefochtene Beschluss beruht auf § 621 g ZPO. Nach Satz 2 dieser Bestimmung, wo auf § 620 c ZPO verwiesen wird, findet die sofortige Beschwerde statt, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs aufgrund mündlicher Verhandlung die elterliche Sorge für ein gemeinschaftliches Kind geregelt, die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil angeordnet, über einen Antrag nach den §§ 1 und 2 des Gewaltschutzgesetzes oder über einen Antrag auf Zuweisung der Ehewohnung entschieden hat. Im Übrigen sind einstweilige Anordnungen unanfechtbar. In dem Fall der hier allein in Betracht kommenden Regelung der elterlichen Sorge findet die sofortige Beschwerde zwar auch dann statt, wenn nur ein Teilbereich der elterlichen Sorge geregelt wurde (vgl. bereits OLG Hamm, Beschluss vom 20. Oktober 1978 - 5 WF 682/78 - FamRZ 1979, 157; OLG Köln, Beschluss vom 20. November 1978 - 21 UF 242/78 - FamRZ 1979, 320). Dies ist jedoch nur so zu verstehen, dass die sofortige Beschwerde dem Beteiligten zusteht, in dessen Rechte eingegriffen wurde. Von der grundsätzlichen Unanfechtbarkeit einer Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung macht das Gesetz nur in den Fällen eine Ausnahme, in denen ein besonders gravierender Eingriff in die Rechtsstellung eines Elternteils erfolgt und leicht endgültige Verhältnisse geschaffen werden können (vgl. etwa MK-Finger, ZPO, 2. Aufl., § 620 c Anm. 1 unter Hinweis auf den Regierungsentwurf zum Ersten Ehereformgesetz BT-Drucksache 7/650 S. 200 f; OLG Bamberg, FamRZ 1993, 1383 für den Fall der Wohnungszuweisung). Ablehnende Entscheidungen über Anordnungsanträge sind überhaupt nicht anfechtbar (vgl. Hinweise a.a.O.). Hier liegt eine teilweise die elterliche Sorge regelnde, teilweise den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ablehnende Entscheidung vor. Nach dem Vorgesagten kann diese Entscheidung nur von der Mutter, in deren Recht eingegriffen wurde, angefochten werden, nicht jedoch als - teilweise - ablehnende Entscheidung von dem Stadtjugendamt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 20. Mai 2003 - 16 WF 69/03

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 20. Mai 2003 - 16 WF 69/03

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 20. Mai 2003 - 16 WF 69/03 zitiert 4 §§.

Gewaltschutzgesetz - GewSchG | § 1 Gerichtliche Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen


(1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforde

Gewaltschutzgesetz - GewSchG | § 2 Überlassung einer gemeinsam genutzten Wohnung


(1) Hat die verletzte Person zum Zeitpunkt einer Tat nach § 1 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit dem Täter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt, so kann sie von diesem verlangen, ihr die gemeinsam genutzte Wohnung zu

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 20. Mai 2003 - 16 WF 69/03 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 20. Mai 2003 - 16 WF 69/03.

Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 30. Jan. 2004 - 16 WF 201/03

bei uns veröffentlicht am 30.01.2004

Tenor 1. Die Beschwerde des beteiligten Stadtjugendamtes Mannheim wird als unzulässig verworfen. 2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem beteiligten Stadtjugendamt Mannheim auferlegt. 3. Streitwert: 500 EUR 4. Die Rechtsbeschwe

Referenzen

(1) Hat eine Person vorsätzlich den Körper, die Gesundheit, die Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person widerrechtlich verletzt, hat das Gericht auf Antrag der verletzten Person die zur Abwendung weiterer Verletzungen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Anordnungen sollen befristet werden; die Frist kann verlängert werden. Das Gericht kann insbesondere anordnen, dass der Täter es unterlässt,

1.
die Wohnung der verletzten Person zu betreten,
2.
sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung der verletzten Person aufzuhalten,
3.
zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich die verletzte Person regelmäßig aufhält,
4.
Verbindung zur verletzten Person, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, aufzunehmen,
5.
Zusammentreffen mit der verletzten Person herbeizuführen,
soweit dies nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich ist.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn

1.
eine Person einer anderen mit einer Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung widerrechtlich gedroht hat oder
2.
eine Person widerrechtlich und vorsätzlich
a)
in die Wohnung einer anderen Person oder deren befriedetes Besitztum eindringt oder
b)
eine andere Person dadurch unzumutbar belästigt, dass sie ihr gegen den ausdrücklich erklärten Willen wiederholt nachstellt oder sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln verfolgt.
Im Falle des Satzes 1 Nr. 2 Buchstabe b liegt eine unzumutbare Belästigung nicht vor, wenn die Handlung der Wahrnehmung berechtigter Interessen dient.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 oder des Absatzes 2 kann das Gericht die Maßnahmen nach Absatz 1 auch dann anordnen, wenn eine Person die Tat in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit begangen hat, in den sie sich durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel vorübergehend versetzt hat.

(1) Hat die verletzte Person zum Zeitpunkt einer Tat nach § 1 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, mit dem Täter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt geführt, so kann sie von diesem verlangen, ihr die gemeinsam genutzte Wohnung zur alleinigen Benutzung zu überlassen.

(2) Die Dauer der Überlassung der Wohnung ist zu befristen, wenn der verletzten Person mit dem Täter das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück, auf dem sich die Wohnung befindet, zusteht oder die verletzte Person mit dem Täter die Wohnung gemietet hat. Steht dem Täter allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Wohnung befindet, oder hat er die Wohnung allein oder gemeinsam mit einem Dritten gemietet, so hat das Gericht die Wohnungsüberlassung an die verletzte Person auf die Dauer von höchstens sechs Monaten zu befristen. Konnte die verletzte Person innerhalb der vom Gericht nach Satz 2 bestimmten Frist anderen angemessenen Wohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschaffen, so kann das Gericht die Frist um höchstens weitere sechs Monate verlängern, es sei denn, überwiegende Belange des Täters oder des Dritten stehen entgegen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht und das dingliche Wohnrecht.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen,

1.
wenn weitere Verletzungen nicht zu besorgen sind, es sei denn, dass der verletzten Person das weitere Zusammenleben mit dem Täter wegen der Schwere der Tat nicht zuzumuten ist oder
2.
wenn die verletzte Person nicht innerhalb von drei Monaten nach der Tat die Überlassung der Wohnung schriftlich vom Täter verlangt oder
3.
soweit der Überlassung der Wohnung an die verletzte Person besonders schwerwiegende Belange des Täters entgegenstehen.

(4) Ist der verletzten Person die Wohnung zur Benutzung überlassen worden, so hat der Täter alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Ausübung dieses Nutzungsrechts zu erschweren oder zu vereiteln.

(5) Der Täter kann von der verletzten Person eine Vergütung für die Nutzung verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.

(6) Hat die bedrohte Person zum Zeitpunkt einer Drohung nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, auch in Verbindung mit Abs. 3, einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt mit dem Täter geführt, kann sie die Überlassung der gemeinsam genutzten Wohnung verlangen, wenn dies erforderlich ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Im Übrigen gelten die Absätze 2 bis 5 entsprechend.