Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 10. Mai 2007 - 12 W 15/07

published on 10/05/2007 00:00
Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 10. Mai 2007 - 12 W 15/07
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Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der die Bewilligung der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Landgerichts Mannheim vom 30.04.2007 - 9 O 371/06 - aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.

Gründe

 
Die Antragstellerin macht Ansprüche aus einem gekündigtem Lebensversicherungsvertrag geltend. Das Landgericht hat Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, Ansprüche aus abgetretenem Recht kämen mangels rechtzeitiger Anzeige der Abtretung an die Antragsgegnerin nicht in Betracht. Der Lebensversicherungsvertrag sei auch nicht wirksam auf die Antragstellerin übertragen worden, da die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Pfändung noch nicht zugestimmt habe. Zum Zeitpunkt der Zustimmung sei die Forderung bereits gepfändet gewesen und Verfügungen nach der Pfändung der Gläubigerin gegenüber gemäß §§ 136 BGB, 829 ZPO relativ unwirksam.
Die sofortige Beschwerde ist begründet und hat vorläufig Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung an das Landgericht.
Nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Landgericht, dass die Abtretung vom 12.05.2003 der Antragsgegnerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin nicht vor Zugang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 28.06.2006 angezeigt wurde. Das Schreiben der Antragstellerin und ihres Ehemannes vom 14.05.2006 nimmt keinen Bezug auf die frühere Abtretung und zielt auch nicht auf eine bloße Übertragung von Rechten, sondern auf eine Vertragsübernahme ab. Als Anzeige einer Abtretung im Sinne von § 13 ALB kann die Mitteilung nicht verstanden werden (§ 133 BGB).
Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Antragstellerin und ihr Ehemann am 14.05.2006 um die Mitwirkung der Antragsgegnerin an einer Vertragsübernahme nachsuchten, über welche sich beide Eheleute einig waren. Dem Landgericht ist auch darin zu folgen, dass das Schreiben vom 22.05.2006 noch nicht die für die Bewirkung der Vertragsübernahme notwendige Erklärung der Antragsgegnerin darstellte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass eine Zustimmung als Einwilligung oder Genehmigung auch konkludent erteilt werden kann (MünchKomm BGB, 2003, Vorbemerkung zu § 414, RN 8 und § 398 RN 4).
Nicht gefolgt werden kann aber der Auffassung des Landgerichts, dass wegen der am 06.07.2006 erfolgten Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Zustimmungserklärung der Antragsgegnerin in keinen Fall einen (unbelasteten) Vertragsübergang auf die Antragsgegnerin bewirken konnte. Mit der von der Antragsstellerin herangezogenen Vorschrift des § 184 Abs. 1 BGB hat das Landgericht sich nicht auseinander gesetzt.
Bei einer Vertragsübernahme handelt es sich um das Auswechseln einer Vertragspartei durch Rechtsgeschäft. Sie setzt die Mitwirkung von drei Parteien voraus und kann in der Form eines „dreiseitigen Vertrages“ oder durch Vertrag zwischen ausscheidendem und eintretendem Vertragspartner unter Zustimmung der verbleibenden Vertragspartei vorgenommen werden (BGH NJW-RR 2005, 958, 959). Hätten die Antragstellerin, ihr Ehemann und die Antragsgegnerin den Vertragsübergang als dreiseitigen Vertrag ausgestaltet, so wäre der Übergang erst mit der Vertragserklärung der Antragsgegnerin als verbleibender Vertragspartners wirksam geworden. Die der Antragstellerin übertragenen Rechte wären daher durch die vorangegangene Pfändung durch die Rechte der Gläubigerin des Ehemanns geschmälert.
Anders verhält es sich jedoch, wenn hier von einem Vertrag zwischen ausscheidendem und eintretendem Vertragspartner unter Zustimmung der verbleibenden Vertragspartei ausgegangen werden muss. Nach herrschender Meinung unterfällt diese Zustimmung den §§ 182 ff BGB (BGHZ 95, 88; BGHZ 137, 255). Auf die durchaus beachtliche Gegenmeinung (vgl. Bamberger/Roth/Bub, BGB, vor § 182 RN 8) kann eine Versagung der Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht daher nicht gestützt werden (BGH VersR 2006, 718; OLG Karlsruhe, OLGR 2007, 269-270). Nach § 184 Abs. 1 BGB wirkt die Zustimmung regelmäßig auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück. Dass hier anderes bestimmt ist, ist nicht auszumachen. Somit wäre die Antragstellerin im Zeitpunkt der Pfändung am 06.07.2006 hinsichtlich der streitgegenständlichen Lebensversicherung bereits in die damalige gesamte Rechtsstellung ihres geschiedenen Ehemanns eingetreten und materiell Berechtigte gewesen. § 184 Abs. 2 BGB steht einem unbelasteten Rechtserwerb der Antragstellerin nicht entgegen, da nach Maßgabe dieser Vorschrift lediglich Zwangsverfügungen gegen den Zustimmenden ihre Wirkung behalten. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss enthält jedoch kein die Antragsgegnerin treffendes Verfügungs- bzw. Genehmigungsverbot. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Verbindung mit §§ 135, 136 BGB bestimmt ein Verfügungsverbot nur für den Schuldner und steht der Wirksamkeit einer Genehmigung durch die Antragsgegnerin (Drittschuldner) nicht entgegen. Ob die Pfändung der Gläubigerin des Ehemanns damit „ins Leere“ gegangen ist, oder ob die Antragsgegnerin auch dieser gegenüber in der Pflicht steht, bedarf hier keiner Klärung.
Es spricht jedenfalls einiges dafür, dass hier ein Vertragsübergang im Weg des Zustimmungsmodells vorliegt. Die Antragstellerin und ihr Ehemann haben sich als Laien über die rechtliche Einkleidung wohl keine näheren Gedanken gemacht. Entsprechend § 140 BGB wird davon auszugehen sein, dass sie insoweit den einfachsten Weg gewählt haben, der zum angestrebten rechtlichen Ziel führt. Dies dürfte das Zustimmungsmodell sein, das dem im Schreiben vom 14.05.2006 angesprochen Ziel „möglichst sofort“ am besten zu dienen vermag. So dürfte auch die Antragsgegnerin die Erklärungen verstanden haben, da sie im Schreiben vom 13.07.2006 von einer Rückwirkung ihrer Zustimmung ausgeht. Das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe eignet sich jedenfalls nicht zur Feststellung, dass die Beteiligten hier den Weg eines dreiseitigen Vertrages gewählt haben. Eine solche Feststellung könnte allenfalls im ordentlichen Streitverfahren getroffen werden.
Die von der Antragsgegnerin erklärte Anfechtung der Genehmigung lässt die hinreichende Erfolgsaussicht der Klage schon deshalb nicht entfallen, weil sie nach dem bisherigen Vorbringen der Antragsgegnerin nur gegenüber der Antragstellerin, nicht aber gegenüber dem Ehemann als ausscheidendem Vertragspartner erklärt wurde (BGHZ 137, 255).
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Da die Kammer, von ihrem Standpunkt aus folgerichtig, noch nicht die Bedürftigkeit der Antragstellerin geprüft hat, war die Sache zur Klärung dieser Frage zurückzuverweisen. Die bislang vorgelegten Belege und Unterlagen betreffen das Jahr 2005; maßgebend sind aber die gegenwärtigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin. Insoweit hat die Antragstellerin Gelegenheit, diese nachzureichen.
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published on 05/12/2014 00:00

Tenor Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 15.09.2014, Az. 6 O 2947/14, wird zurückgewiesen. Gründe I. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für d
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Annotations

Ein Veräußerungsverbot, das von einem Gericht oder von einer anderen Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht einem gesetzlichen Veräußerungsverbot der in § 135 bezeichneten Art gleich.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

(2) Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind.

(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat das Gericht dem Drittschuldner zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen. Zugleich hat das Gericht an den Schuldner das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. Die Pfändung mehrerer Geldforderungen gegen verschiedene Drittschuldner soll auf Antrag des Gläubigers durch einheitlichen Beschluss ausgesprochen werden, soweit dies für Zwecke der Vollstreckung geboten erscheint und kein Grund zu der Annahme besteht, dass schutzwürdige Interessen der Drittschuldner entgegenstehen.

(2) Der Gläubiger hat den Beschluss dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Der Gerichtsvollzieher hat dem Schuldner den Beschluss mit dem Zustellungsnachweis sofort zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich ist. An Stelle einer an den Schuldner im Ausland zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post, sofern die Zustellung nicht nach unmittelbar anwendbaren Regelungen der Europäischen Union zu bewirken ist.

(3) Mit der Zustellung des Beschlusses an den Drittschuldner ist die Pfändung als bewirkt anzusehen.

(4) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für den Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muss sich der Antragsteller ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren elektronisch bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht elektronisch bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.

(1) Verstößt die Verfügung über einen Gegenstand gegen ein gesetzliches Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt, so ist sie nur diesen Personen gegenüber unwirksam. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.

(2) Die Vorschriften zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung.

Ein Veräußerungsverbot, das von einem Gericht oder von einer anderen Behörde innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht einem gesetzlichen Veräußerungsverbot der in § 135 bezeichneten Art gleich.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.